Seite 5 von 7 « Erste 1234567 Letzte »
Ergebnis 81 bis 100 von 124

Peter Singer erhält Ethik-Preis

  1. #81 Zitieren
    Knight Avatar von Nichtsnutzigergnom
    Registriert seit
    Oct 2009
    Beiträge
    1.894
    Falls dass für die Mitdiskutanten nicht ganz klar geworden ist.
    Es geht nicht darum die Menschenrechte zu definieren,sondern festzustellen wann jemand als Mensch zu bezeichnen ist.
    Singer hat sich in seinen Thesen keinesfalls gegen die Menschenrechte ausgesprochen,er beschäftigte sich nur mit der Frage wann diese Rechte vergeben werden sollten.
    Es ist die Prämise des Privilegs,nicht die Abänderung des Privilegs die hier im Thread beschäftigen sollte.Ich gehe doch wohl stark davon aus dass sich hier alle User über den Wert der Menschenrechte einig sind.
    Nichtsnutzigergnom ist offline

  2. #82 Zitieren
    Veteran
    Registriert seit
    Jan 2010
    Beiträge
    592
    Zitat Zitat von Saleph Beitrag anzeigen
    Ich glaube, da interpretierst du jetzt etwas viel in nagetiers Aussage hinein. So wie ich es verstanden hatte geht es um speziellere Fälle und wie man dann die Ressourcen verteilt. Wenn man bspw einer 86-jährigen Rentnerin für 140.000€ ein neues Hüftgelenk einbaut, damit sie die letzten paar Jahre noch unbeschwert gehen kann (ohne zu wissen, ob sie nur ein halbes Jahr oder noch zehn Jahre lebt) sind das dann Ressourcen, die man anderweitig hätte nutzen können wie zB für die Behandlung eines jüngeren Menschen. Im Moment scheint beides noch zu gehen, aber wenn ich nagetiers Beitrag recht verstanden habe, muss das in Zukunft nicht weiterhin so sein. Und dann muss man eben Prioritäten setzen wem man wie hilft. Das klingt hart, klar, aber das Argument finde ich zumindest nachvollziehbar.
    Wie Seraphin ja schon festgestellt hat, habe ich nagetiers These bewusst auf die Spitze getrieben. Das hat nagetier so natürlich nicht gemeint, aber wenn man es konsequent auf das Problem der Übervölkerung anwendet, dann kommen genau diese Fragen dabei raus. Es kann passieren, dass man irgendwann tatsächlich vor dieser Frage steht, aber Ewek hat ja bereits gesagt, dass die Erdbevölkerung nicht ständig so weiter wachsen muss. In Europa sieht man ja, dass mit steigendem Wohlstand auch die Geburtenrate sinkt (natürlich nicht der einzige Faktor, wir hatten ja vor kurzem einen Thread zu dem Thema). Ich gehe daher davon aus, dass bspw in Indien mittelfristig die Geburtenrate sinken wird, je mehr Inder von wirtschaftlichen Aufstieg profitieren.

    Zitat Zitat von Nichtsnutzigergnom
    Es geht nicht darum die Menschenrechte zu definieren,sondern festzustellen wann jemand als Mensch zu bezeichnen ist.
    Singer hat sich in seinen Thesen keinesfalls gegen die Menschenrechte ausgesprochen,er beschäftigte sich nur mit der Frage wann diese Rechte vergeben werden sollten.
    Besteht da für den Betroffenen ein Unterschied?

    [NAZIVERGLEICH] Die Nazis haben den Juden das Menschsein auf Basis ihrer Rassenlehre abgesprochen, nicht dem Menschen allgemein das Recht zu leben. Hat für 6 Millionen Juden aber keinen Unterschied gemacht [/NAZIVERGLEICH]

    Außerdem finde ich seine Argumentationsbasis da doch ziemlich schwammig. Die Möglichkeit Glück zu empfinden, ist als Entscheidungsbasis völlig bescheuert. nagetiers Affenvergleich ist zwar nachvollziebar, aber ich stelle das Leben eines Menschen über das eines Affen. Konsequenter Weise müsste er eigentlich Vegetarier werden, man kann ja nicht ausschließen, dass die Schweine auch Gefühle haben.
    tobr ist offline

  3. #83 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Seraphin
    Registriert seit
    Dec 2003
    Ort
    Unterwegs.
    Beiträge
    883
    Zitat Zitat von nagetier Beitrag anzeigen
    @Seraphin: Was bringt es denn, darauf zu verweisen, dass es auch Birnen gibt, wenn wir über Äpfel diskutieren?
    DU wirfst mir vor das ich Äpfel mit Birnen vermische? Ich möchte seit zwei Seiten über eine einzige These von Singer sprechen die ich unlogisch nenne - nichts weiter:

    Ich formuliere diese These von Singer jetzt nochmal für dich:

    "Wir müssen erwägen Säuglinge sterben zu lassen um Geld zu sparen."
    DU hast Singer ja mittlerweile zugestimmt. Also DU findest es logisch das wir Säuglinge sterben lassen weil wir keine andere Möglichkeit haben. Stimmts?

    Es gibt Menschen die mehr Geld haben als ein ganzer STAAT. Davon gibt es mehrere Menschen. Es gibt Milliardäre die ihr Geld dadurch verdienen das sie tausende andere Menschen ausgebeutet haben. Verstanden?
    Mit dem Geld was diese Menschen zu Unrecht besitzen kannst du alle Säuglinge der Welt versorgen. Undzwar für die nächsten 100 Jahre.

    Also: Wir können Bill Gates von seinen 50 Milliarden Dollar die Hälfte wegnehmen. (25 MILLIARDEN DOLLAR) und sparen damit Geld.
    Oder: Wir lassen hilflose Babys sterben (1 Million Euro pro MENSCH) und sparen damit Geld.

    Einfache Mathematik. Was davon findest DU ethisch/moralisch besser?


    Das Thema "Ethik gegenüber Menschenaffen" interessiert mich übrigens kein Stück. Aber da du ja nicht bei einem Thema bleiben willst stelle ich dir dazu jetzt eine simple Frage:

    Vor dir auf der Straße liegt ein schwer verletzter Schimpanse und ein schwer verletzter MENSCH.

    Wem hilfst DU zuerst?






    Und jetzt noch was zum Thema "LESEN":

    Ich habe geschrieben:

    Zitat Zitat von Seraphin
    Ich gestehe Menschen die gleichen Rechte zu.
    Daraus "LIEST" du:

    Zitat Zitat von nagetier
    Alle erwachsenen Menschen haben auf dem Papier die gleichen Rechte vor dem Gesetz.
    Bist du mit der elementaren Syntax-Struktur eines deutschen Satzes vertraut?

    Subjekt - Prädikat - Objekt (1) - Objekt (2)

    In meinem Satz ist das Subjekt ICH. Alles klar? ICH kann sich maximal auf eine Person beziehen. Nicht das Gesetz. Und auch nicht auf Papier.
    ICH gestehe Menschen die gleichen Rechte zu. Verstanden?

    Zitat Zitat von nagetier
    Du könntest einfach auch mal nur das lesen, was auch da steht
    Seraphin ist offline Geändert von Seraphin (12.06.2011 um 14:12 Uhr)

  4. #84 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Quartier des Captains
    Beiträge
    6.789
    Zitat Zitat von nagetier
    Ich bitte dich! Lies dir doch die beiden verlinkten Artikel durch. Während der zweite nur neutral über die Hetze anderer berichtet, versinkt der erste schon selbst in diesem abwertenden Grundtenor. Das ist aber beileibe nicht das einzige und nicht das schlimmste, was ich bezüglich Mister Singer lesen musste.
    Ich hab die Artikel gelesen. Und an Wörter wie Hetze oder Rufmord denke ich dabei kein bisschen. Es sind Meinungsäußerungen, polemisch und wertend. Nichts, was einem auch im Hinblick auf Meinungsäußerungen hier im Forum fremd wäre oder besonders hetzerisch. Wo bitte wird dort Rufmord begangen?

    Zitat Zitat von nagetier
    Wow, du argumentierst ja gleich gegen eine ganze Strohmann-Armada.
    Ich habe über Rollstuhlfahrer oder anders körperlich behinderte kein Wort verloren und das haben meines Wissens nach auch weder die G.B.-Stiftung noch Singer.
    Welche Strohmänner? Ich habe aufgezeigt, woher die Empörung der Interessengruppen her rührt, die sich über Singers Thesen beschweren. Welche Rolle spielt es dabei, ob Du über Rollstühle gesprochen hast, bzw. wo nutze ich diesbezüglich Strohmänner? Ich habe Dir nicht vorgeworfen, dass Du etwas zum Wert von Rollstuhlfahrern sagst. Singers Thesen beinhalten jedoch sehr wohl einen Bezug dazu. Einschränkungen in den Fähigkeiten von Menschen stehen nach Singer in einem direkten Zusammenhang mit ihrem Recht auf Leben. Für Menschen, die von dieser Definition betroffen sind (und darunter fallen eben auch körperlich Behinderte) ist das ein klarer Angriff auf ihre Rechte.

    Zitat Zitat von nagetier
    Des weiteren bezeichnet Singer jeden Säugling als nicht gleichwertig mit einem Erwachsenen Menschen und nicht nur Behinderte.
    Singer setzt den Wert eines Säuglings grundsätzlich geringer an als den eines Erwachsenen. Er unterteilt bei Säuglingen aber weiter, eben nach potenziellen Wertungen über deren zukünftiges Leben und deren Fähigkeiten.

    Zitat Zitat von nagetier
    Jemand, der in der Lage ist, das zu verstehen und dementsprechend empfindet, ist bereits nach allen Kriterien ein denkender, fühlender Mensch.
    Einem nicht existenten Menschen musst du aber nicht erklären, warum er als Säugling oder als Ungeborenes getötet wurde, er noch nichts bewusst fühlen und nicht denken konnte.
    Du musst auch keinem nicht existenten Menschen erklären, warum die Samenzelle, die ihn hätte produzieren können, in einem Kondom gelandet ist.
    Solange wir keinen denkenden, fühlenden Menschen vor uns haben, haben wir keine moralischen Verpflichtungen, zumindest keine, die über die Rechte von Tieren hinausgehen. - Das wäre zumindest meine Einstellung zu der Sache.
    Glaubst Du, dass Menschen mit Trisomie 21 oder Spina Bifida nicht verstehen, was es bedeutet, wenn man sagt, dass ihresgleichen eigentlich kein Recht auf Leben haben? Diese Menschen führen ein Leben, und wenn über ihresgleichen entsprechende Thesen aufgestellt werden, dann ist ihnen sehr wohl bewusst, was das bedeutet. Singer stellt keine Thesen über gesichtslose Eizellen auf, sondern über Menschen, die bereits Teil unserer Gesellschaft sind. Er urteilt über deren Rechte in der Zukunft. Nach der Einstellung Singers sollten sie eben mit Blick auf die ökonomische Zukunft kein Teil der Gesellschaft mehr sein. Ein Urteil über das Lebensrecht von behinderten Föten wirkt sich zwangsläufig auf geborene und lebende Behinderte aus.

    Zitat Zitat von nagetier
    Du kommst des Pudels Kern schon näher. Jedoch würde ich nicht von Kind sprechen, sondern von wirklich Neugeborenen. Man würde gewisse Grundkriterien festlegen müssen, die definieren, wann ein Mensch ein Mensch ist, d.h. vor allem er muss ein Bewusstsein haben, denken und fühlen können.
    Ein Säugling hätte diesen Status noch nicht, was bedeutet, dass er nicht als vollwertiger Mensch gilt und auch nicht dieselben Rechte besitzt wie ein Erwachsener (das tut er ja sowieso nicht). Die Wertigkeit des Säuglings würde sich dann vor allem über seine Eltern definieren. Das hieße, dass wenn jemand einen Säugling tötet, das entsprechend der emotionalen Bindung die Eltern zu Babies haben, durchaus hart bestraft werden würde, aber es wäre nicht das gleiche wie ein Mord an einem erwachsenen, denkenden Menschen.
    Äh, wie kommst Du darauf, das ein Säugling kein Bewusstsein hat, nichts fühlt und nicht denkt? Jeden dieser Begriffe musst Du erst mal verbindlich definieren, bevor Du sie dem einen zu und dem anderen absprechen kannst.

    Und nach der Begründung Singers, warum ein Säugling nicht die gleichen Rechte besitzt, trifft des Pudels Kern sehr wohl auch den Vergleich von Kind und Erwachsenen. Ein Erwachsener hat einem Kind an Fähigkeiten einiges voraus. Das Kind muss diese Fähigkeiten noch entwickeln. Ebenso der Säugling.

    Zitat Zitat von nagetier
    Eine Abtreibung ist überhaupt nicht tragisch, solange die Eltern einverstanden sind. Es kann im Gegenteil auch tragisch werden, wenn man nicht abtreibt.
    Im Ernst: inwiefern ist es tragisch für das Embryo, das nicht denken kann, wenn es abgetrieben wird? Kann man über einen Haufen von einigen hundert Zellen, der im Abfluss landet, ein tragisches Drama schreiben? Das Drama würde sich nur bei den Eltern abspielen, hat aber nichts mit dem "Unglück" des Embryos selbst zu tun.
    Diese Wertung zeigt doch, wie beeinflusst du von alteingesessenen Moraldogmen bist, denn du empfindest eine Abtreibung gleich als Tötung eines Menschen, der ein Embryo aber nicht ist.
    Eine Abtreibung bedeutet, dass ein potenzielles Leben verhindert wird. Je nach Situation ist dies der bessere Weg. Gegenstandslos ist es daher noch lange nicht. Das zeigen beispielsweise die psychischen Folgen, mit denen Frauen diesbezüglich zu kämpfen haben. Du vereinfachst dieses Thema auf angebliche Moraldogmen. In der Realität steht hinter einer Abtreibung häufig sehr wohl eine tragische Geschichte.

    Zitat Zitat von nagetier
    Wie bitte? Ich hab doch eindeutig darauf geantwortet. Nicht der "Vorsprung" an Fähigkeit bedeutet Recht auf Leben, sondern das Vorhandensein menschlicher Fähigkeiten macht den Menschen aus, der dann ein Recht auf Leben hat.
    Bei einem Säugling ist das Nichtvorhandensein (mal abgesehen davon, dass ich die Behauptung, er habe kein Bewusstsein nicht teilen würde) bestimmter Fähigkeiten lediglich eine Frage der Zeit. Es wird diese Fähigkeiten entwickeln, wenn man es lässt. Daher geht es eben doch nur um einen Vorsprung.

    Zitat Zitat von nagetier
    Warum das so ist? Nun, das ist meine persönliche humanistische moralische Grundlage, die in Grundzügen bereits den antiken Denkern entsprang und für mich nicht diskutabel ist.
    Die musst du nicht teilen, aber dann musst du dir auch der Tatsache bewusst sein, dass du einen Menschen ethisch ausschließlich über die biologische Artzugehörigkeit definierst. Daraus könnte man dann auch das ein oder andere hypothetische Dilemma ableiten. Das Beispiel einer anderen dem Menschen an Intelligenz und Empfinden ähnlichen Spezies (der Neandertaler ist noch nicht so lange ausgestorben!) hatte ich ja schon genannt.
    Speziesismus ist eben auch nur Rassismus im weiteren Sinne.
    Speziesismus ist durchaus ein Thema, über das noch viel diskutiert werden muss. Dafür ist es allerdings nicht notwendig, einem Säugling das Recht auf leben abzusprechen. Das eine kann man durchaus getrennt vom anderen diskutieren.

    Zitat Zitat von nagetier
    Die andere Möglichkeit wäre, dass du keine Ahnung hast, wovon du redest. Auch das solltest du in Betracht ziehen. Ich bin zur Zeit zu Hause bei meiner Familie und mein Bruder, der Arzt ist, pennt gerade nebenan. Vielleicht sollte ich ihn wecken und ihn fragen. Natürlich spielen Aufwand und Kosten eine Rolle, da viele Dinge ja auch ohne die Kassen bezahlt werden müssen. Und wenn der Arzt sagt, dass es sich nicht lohnt, dann wird es in der Regel auch nicht gemacht.
    Wenn dein Bruder in einer Funktion tätig ist, in der er mit solchen Fragen konfrontiert ist, dann solltest Du ihn tatsächlich fragen, ob er bei der Beratung von Patienten, bei denen es um die Frage nach Leben und Tod geht, an Kassenbeiträge denkt und seine Beratung danach ausrichtet. Ich würde mal stark davon ausgehen, dass er seine Empfehlung danach richtet, welche Situation vorliegt, was medizinisch möglich ist und in wie weit es eine Aussicht auf Erfolg gibt. Ich persönlich habe zwei Ärzte in meinem Bekanntenkreis. Der eine hat als Hausarzt relativ selten Kontakt mit solchen Fragen. Der andere hingegen schon. Der Kostenfaktor rückt erst dann in den Vordergrund, wenn klar ist, dass die Chancen einfach schlecht stehen und ein großer Aufwand nicht zu gewünschten Ergebnissen führt. Und selbst dann kann ein Arzt nicht einfach ein urteil fällen und die Geräte abschalten. Dir ist die komplexe und sehr umstrittene Rechtslage diesbezüglich sicherlich bekannt. Ein Arzt kann sich in Teufels Küche bringen, wenn er hergehen würde, und über Tod und Leben anhand von Zahlen entscheidet.

    Deine jetzige Aussage:

    Natürlich spielen Aufwand und Kosten eine Rolle, da viele Dinge ja auch ohne die Kassen bezahlt werden müssen.
    Sagt etwas entschieden anderes aus, als die vorherige:

    Ärzte entscheiden über Leben und Tod und zwar nach ökonomischen Kriterien.
    Letzteres suggeriert, dass die Kostenfrage hier das Leitmotiv wäre. Und das ist es nicht.


    Zitat Zitat von nagetier
    Das lustige ist, dass du genau wie in deinem letzten Post mir widersprechen willst, ohne mir aber wirklich zu widersprechen. Was hat der "individuelle Fall" denn damit zu tun, ob es um Kosten und Aufwand oder um ... na, um was geht es denn eigentlich deiner Meinung nach?
    Wie gerade gesagt. Es geht um den konkreten Fall. Was hat der Patient, wie stehen seine Chancen, welche medizinischen Möglichkeiten gibt es. Wenn alles nur eine Kostenfrage wäre, dann würden tausende von Operationen und Therapien nie durchgeführt. Rein ökonomisch machen die nämlich wenig Sinn. Wenn jemand schwer krank ist, dann wird er tendenziell immer weniger ökonomischen Wert haben und tendenziell immer mehr Kosten verursachen. Das hält die Medizin aber nicht davon ab, auch schwer Kranke zu behandeln. Die Kostenfrage kommt dann ins Spiel, wenn die Perspektiven sehr schlecht stehen.
    [Bild: enterprise_d.gif]
    __________________________________
    ENERGIE !
    Jean-Luc Picard ist offline

  5. #85 Zitieren
    Knight Avatar von Nichtsnutzigergnom
    Registriert seit
    Oct 2009
    Beiträge
    1.894
    Besteht da für den Betroffenen ein Unterschied?
    Allerdings.Im zweiten Fall würde schlicht und einfach geltendes Recht geändert werden.Jeder Mensch der sich seiner Existenz bewusst ist wäre betroffen.
    Im ersten Fall würde bis zum benötigten Punkt ausortiert werden.Zunächst Menschen die sich ihrer Existenz nicht bewusst sein können.Dann Menschen die unheilbar krank sind usw.

    [NAZIVERGLEICH] Die Nazis haben den Juden das Menschsein auf Basis ihrer Rassenlehre abgesprochen, nicht dem Menschen allgemein das Recht zu leben. Hat für 6 Millionen Juden aber keinen Unterschied gemacht [/NAZIVERGLEICH]
    Ach wein mir doch einen Fluss.Die Tötung der Juden geschah bei den Nazis aufgrund ihrer Ideologie.In diesem speziellen Fall sprechen wir über die Tötung wenn es keine Alternative gibt.Im Detail habe ich das bereits weiter vorne in dieser Diskussion beschrieben.Es wird irgendwann Punkt X geben.Selbst jetzt besteht in manchen Regionen der Erde bereits Ernährungsknappheit.Ein weiterer Anstieg der Bevölkerung mit guter medizinischer Versorgung erfordert seinen Tribut.Entweder jeder Arzt hört sofort mit der Arbeit auf,dann wird sich die Bevölkerung ganz automatisch stabilisieren,oder in ferner Zukunft werden Menschen in Wertekategorieren eingeteilt um Nahrungsknappheit und allgemeines Chaos zu unterbinden.
    Ich finde das doch auch nicht erstrebenswert.Aber es gibt keine Alternative,es sei denn in unserem Sonnensystem taucht urplötzlich eine zweite Erde auf,oder der Mensch wäre in der Lage Terraforming zu betreiben und einen Teil der Menschen auf einem anderen Planeten zu stationieren.Aber selbst dort würde man irgendwann auf Punkt X stoßen der einen gleichen Preis verlangt.Und dann?Noch einen Planeten suchen?Selbst wenn wir dazu in der Lage wären,dieses Limit ist nahezu unausweichlich.
    Nichtsnutzigergnom ist offline

  6. #86 Zitieren
    Veteran
    Registriert seit
    Jan 2010
    Beiträge
    592
    Dieser Punkt X muss keinesfalls kommen. Ich hab weiter oben schon geschrieben, dass mit zunehmendem Wohlstand auch die Geburtenrate sinkt, Saleph hat in einem anderen Thread eine sehr schöne Grafik reigestellt.
    http://forum.worldofplayers.de/forum...1002446&page=4

    Und da einige sehr bevölkerungsreiche Länder momentan wirtschaftlich aufstreben, z.B. Brasilien und Indien, gehe ich davon aus, dass sich auch dort mittelfristig eine verringerte Geburtenrate einstellt.
    Und falls dieser Punkt doch kommen sollte, dann werden mit Sicherheit nicht Menschen nach Werten geordnet hingerichtet, es würde zu Kriegen um Rohstoffgebiete kommen.

    Aber darum gings bei dem Nazivergleich ja gar nicht, sondern es ging um Singers These, bzw dein Verständnis derselben. Das da nämlich lautet, dass der Begriff Mensch neu definiert werden soll, und auch wenn Singer kein Nazi ist, nichts anderes haben diese auch getan, sie haben den Begriff Mensch neu definiert.

    Und die Definition mittels eines schwammigen Begriffes wie Bewusstsein zu bestimmen, ist genauso wilkürlich, wie die Pseudobiologie der Nazis.
    tobr ist offline

  7. #87 Zitieren
    Drachentöter Avatar von nagetier
    Registriert seit
    Sep 2004
    Beiträge
    4.040
    Zitat Zitat von Seraphin Beitrag anzeigen
    Es gibt Menschen die mehr Geld haben als ein ganzer STAAT. Davon gibt es mehrere Menschen. Es gibt Milliardäre die ihr Geld dadurch verdienen das sie tausende andere Menschen ausgebeutet haben. Verstanden?
    Mit dem Geld was diese Menschen zu Unrecht besitzen kannst du alle Säuglinge der Welt versorgen. Undzwar für die nächsten 100 Jahre.

    Also: Wir können Bill Gates von seinen 50 Milliarden Dollar die Hälfte wegnehmen. (25 MILLIARDEN DOLLAR) und sparen damit Geld.
    Oder: Wir lassen hilflose Babys sterben (1 Million Euro pro MENSCH) und sparen damit Geld.

    Einfache Mathematik. Was davon findest DU ethisch/moralisch besser?
    Das ist doch ein völlig anderes Thema. Ja, man kann auch andere Dinge in unserer Gesellschaft optimieren und verändern.
    Mach doch einen eigenen Thread auf, wenn du darüber diskutieren willst. Es wäre garantiert nicht der erste.

    Das Thema "Ethik gegenüber Menschenaffen" interessiert mich übrigens kein Stück. Aber da du ja nicht bei einem Thema bleiben willst stelle ich dir dazu jetzt eine simple Frage:

    Vor dir auf der Straße liegt ein schwer verletzter Schimpanse und ein schwer verletzter MENSCH.

    Wem hilfst DU zuerst?
    Dem Menschen natürlich.

    Und jetzt noch was zum Thema "LESEN":

    Ich habe geschrieben:
    Daraus "LIEST" du:



    Bist du mit der elementaren Syntax-Struktur eines deutschen Satzes vertraut?

    Subjekt - Prädikat - Objekt (1) - Objekt (2)

    In meinem Satz ist das Subjekt ICH. Alles klar? ICH kann sich maximal auf eine Person beziehen. Nicht das Gesetz. Und auch nicht auf Papier.
    ICH gestehe Menschen die gleichen Rechte zu. Verstanden?
    Wo ist dein Problem? Das eine hast du gesagt, das andere ich. Ich hab nicht gehauptet, dass du was anderes gesagt hättest.

    Ich hab die Artikel gelesen. Und an Wörter wie Hetze oder Rufmord denke ich dabei kein bisschen. Es sind Meinungsäußerungen, polemisch und wertend. Nichts, was einem auch im Hinblick auf Meinungsäußerungen hier im Forum fremd wäre oder besonders hetzerisch. Wo bitte wird dort Rufmord begangen?
    Naja, "Tötungsphilosoph" und "menschenverachtend" sind für mich keine Dinge, die man jemandem in einem objektiven Gespräch an den Kopf werfen würde.
    Singers Thesen beinhalten jedoch sehr wohl einen Bezug dazu. Einschränkungen in den Fähigkeiten von Menschen stehen nach Singer in einem direkten Zusammenhang mit ihrem Recht auf Leben. Für Menschen, die von dieser Definition betroffen sind (und darunter fallen eben auch körperlich Behinderte) ist das ein klarer Angriff auf ihre Rechte.
    Ich will nicht ausschließen, dass Peter Singer was dazu gesagt hat, aber ich weiß zumindest nichts davon.
    Ich glaube, dass du das eher falsch deutest. Es soll keine mit den Fähigkeiten linear aufsteigende Wertung vorgenommen werden, sondern es sollen bestimmte Fähigkeiten Vorraussetzung sein, um den Status des vollwertigen Menschen zu bekommen.
    Glaubst Du, dass Menschen mit Trisomie 21 oder Spina Bifida nicht verstehen, was es bedeutet, wenn man sagt, dass ihresgleichen eigentlich kein Recht auf Leben haben?
    Doch, deswegen habe ich das doch geschrieben.
    Ich bezweifle auch ganz stark, dass Singer erwachsenen Behinderten das Recht auf Leben absprechen will.
    Wäre es wirklich so ein Dilemma für Erwachsene mit Down-Syndrom, wenn von jetzt an Föten mit dieser Krankheit nicht mehr ausgetragen werden dürften? Ich glaube, du übetreibst das einfach ein wenig. Es würde sich ja auch nur auf eine Generation beschränken. Für die Schwangere wäre es dann gleichbedeutend mit einer Fehlgeburt.
    Es wird diese Fähigkeiten entwickeln, wenn man es lässt. Daher geht es eben doch nur um einen Vorsprung.
    Ja, aber so lange es diese Fähigkeiten nicht hat, gilt es nicht als vollwertiger Mensch, sondern eben als Säugling.
    Wenn ich zum Beispiel als blosen Lückenfüller jetzt das beliebige Alter von zum Beispiel 3 Jahren nennen würde, würde das das so was ähnliches bedeuten, wie die Strafmündigkeit mit 14 oder die Volljährigkeit mit 18.
    Dann würde man sagen, dass ab diesem Alter das Kind als Mensch zählt und vollwertige, von den Eltern unabhängige Menschenrechte bekommt.
    Speziesismus ist durchaus ein Thema, über das noch viel diskutiert werden muss. Dafür ist es allerdings nicht notwendig, einem Säugling das Recht auf leben abzusprechen. Das eine kann man durchaus getrennt vom anderen diskutieren.
    Mich würde trotzdem deine Definition eines Menschen im ethischen Sinn interessieren.
    Äh, wie kommst Du darauf, das ein Säugling kein Bewusstsein hat, nichts fühlt und nicht denkt? Jeden dieser Begriffe musst Du erst mal verbindlich definieren, bevor Du sie dem einen zu und dem anderen absprechen kannst.
    Das gleiche müsste man für Tiere tun.
    Eine Abtreibung bedeutet, dass ein potenzielles Leben verhindert wird. Je nach Situation ist dies der bessere Weg. Gegenstandslos ist es daher noch lange nicht. Das zeigen beispielsweise die psychischen Folgen, mit denen Frauen diesbezüglich zu kämpfen haben. Du vereinfachst dieses Thema auf angebliche Moraldogmen. In der Realität steht hinter einer Abtreibung häufig sehr wohl eine tragische Geschichte.
    Die psychischen Folgen können aber sehr wohl mit eingeprägten Moraldogmen zusammenhängen. Ich denke, dass eine Frau, die abtreibt und sich der Tatsache bewusst ist, dass es sich bei dem Embryo noch nicht um einen vollwertigen Menschen handelte, weniger damit zu kämpfen hat, als beispielsweise eine christliche Frau, die mit dem Gewissen leben muss, dass sie ein "Geschenk Gottes" in den Abfluss gespült hat.
    Zwischen einer Zwangsabtreibung und einer Fehlgeburt sollte eigentlich für die Betroffene kein Unterschied bestehen.
    Letzteres suggeriert, dass die Kostenfrage hier das Leitmotiv wäre. Und das ist es nicht.
    Bei kritischen Eingriffen/Behandlungen kann man davon ausgehen, dass der Arzt sich nicht persönlich durch private Zuzahlungen bereichern will. Da wird einer günstigeren Behandlung der Vorzug gegeben, auch wenn die Überlebenschancen bei einer teureren, aufwändigeren vielleicht besser wären.

    Wenn jemand schwer krank ist, dann wird er tendenziell immer weniger ökonomischen Wert haben und tendenziell immer mehr Kosten verursachen.
    Du missverstehst das wie auch Seraphin.
    Es geht ja nicht um eine Kosten-Nutzen Gegenüberstellung, sondern um eine Wertkategorisierung in dem Sinne, dass man bei begrenzten Ressourcen entscheiden muss, wem eine Behandlung zusteht und wem nicht. Den wirtschaftlichen Nutzen der betroffenen Personen hab ich mit keinem Wort erwähnt und ich glaube, Singer auch nicht. Ich halte bestimmt nichts von der Pseudo-Religion des Kapitals.

    Also bleibt bitte bei dem, was wirklich gesagt wurde. Du wirfst mir die ganze Zeit Dinge an den Kopf, die ich weder gedacht noch geschrieben habe. Ich sehe auch nicht ein, warum ich dann darauf antworten sollte.

    Dieser Punkt X muss keinesfalls kommen. Ich hab weiter oben schon geschrieben, dass mit zunehmendem Wohlstand auch die Geburtenrate sinkt, Saleph hat in einem anderen Thread eine sehr schöne Grafik reigestellt.
    Du vermischst da zwei eigentlich sehr unterschiedliche Phänomene. Überalterung und Überbevölkerung existieren zwar beide gleichzeitig auf diesem Planeten, aber sie sind eigentlich eher Gegenteile. Das Gesundheitssystem wird durch Überalterung auf Dauer sehr viel stärker belastet. Hätten wir eine hohe Geburtenrate und kurze durchschnittliche Lebenserwartung, könnten wir wahrscheinlich noch fast jedem die maximal nötige medizinische Versorgung zukommen lassen. Da wir jedoch wenig junge Menschen und viele Alte haben werden, wird es garnicht mehr möglich sein, alle Menschen so gut zu versorgen, wie es heute noch der Fall ist.
    nagetier ist offline Geändert von nagetier (12.06.2011 um 18:10 Uhr)

  8. #88 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Quartier des Captains
    Beiträge
    6.789
    Zitat Zitat von nagetier
    Naja, "Tötungsphilosoph" und "menschenverachtend" sind für mich keine Dinge, die man jemandem in einem objektiven Gespräch an den Kopf werfen würde.
    Ich kann sehr gut nachvollziehen, wieso Singers Thesen als menschenverachtend aufgefasst werden. Angefangen damit, dass er bestimmten Menschen ihren Wert abspricht, bis zu dem durchaus treffenden Begriff der Tötungsphilosophie. Wie gesagt, polemisch ja, aber es trifft dennoch zu, denn er philosophiert tatsächlich über das Töten.

    Zitat Zitat von nagetier
    Ich will nicht ausschließen, dass Peter Singer was dazu gesagt hat, aber ich weiß zumindest nichts davon.
    Ich glaube, dass du das eher falsch deutest. Es soll keine mit den Fähigkeiten linear aufsteigende Wertung vorgenommen werden, sondern es sollen bestimmte Fähigkeiten Vorraussetzung sein, um den Status des vollwertigen Menschen zu bekommen.
    Wenn er will, dass wir erkennen, dass nicht alle Menschen den gleichen Wert haben, dann tut er das sehr wohl. Bei der Frage nach der Tötung spielen nicht nur seine Definitionen von Bewusstsein eine Rolle, sondern eben auch der Nutzen, oder der Schaden, den die Gesellschaft davon hat.
    Ich denke nicht, dass Singer sagen würde, dass wir den Wert eines Menschen an seiner Produktivität messen sollte. Seine Begründungen und Überlegungen über das planmäßige Töten von bestimmten Föten führt uns aber direkt zu diesem Denken.

    Zitat Zitat von nagetier
    Doch, deswegen habe ich das doch geschrieben.
    Ich bezweifle auch ganz stark, dass Singer erwachsenen Behinderten das Recht auf Leben absprechen will.
    Wäre es wirklich so ein Dilemma für Erwachsene mit Down-Syndrom, wenn von jetzt an Föten mit dieser Krankheit nicht mehr ausgetragen werden dürften?
    Wenn man ihn fragen würde, ob er Behinderten Menschen das Recht auf Leben absprechen will, dann würde er das gewiss verneinen. Er will es aber bei behinderten Föten und Säuglingen. Konsequent bedeutet das, dass er diese Form von Leben für nicht lebenswert hält.
    Der einzige Unterscheid, der zwischen einem Fötus und einem Erwachsenen in dieser Hinsicht liegt, ist Entwicklungszeit. Ist Dir der Gedanke noch gar nicht gekommen, dass Behinderungen nicht zwangsläufig etwas sein müssen, was ausgemerzt gehört, sondern etwas, das Teil der menschlichen Daseinsform ist – eine Daseinsform mit besonderer Ausprägung? Beispielsweise definieren sich die Besonderheiten bei Trisomie 21 nicht nur über die medizinischen Probleme oder über die eingeschränkten Fähigkeiten. Ebenso weisen viele dieser Menschen ein besonderes Gemüt auf, sehr freundlich und mit hoher Begeisterungsfähigkeit. Wer will darüber bestimmen, ob es diese Form von Dasein nicht mehr geben darf und man sie wegrationalisieren sollte?

    Denken wir das Ganze doch einfach etwas weiter. Die Medizin macht immer größere Fortschritte. Ich bin mir sicher, dass es nicht mehr so lange dauern wird, biss man theoretisch genetische Dispositionen für Neigungen zur Sucht, zur Kriminalität oder psychischen Störungen pränatal feststellen kann. Was machen wir dann mit dieser Diagnose? Bedenke, Singer spricht im Bezug auf Behinderte nicht von mangelnden Fähigkeiten im Bezug auf seine Definition von Menschsein, er leitet die Maxime zur Tötung aus dem Aspekt des Leidens des Kindes und der Gesellschaft ab.

    Zitat Zitat von nagetier
    Ich glaube, du übetreibst das einfach ein wenig. Es würde sich ja auch nur auf eine Generation beschränken. Für die Schwangere wäre es dann gleichbedeutend mit einer Fehlgeburt.
    Was meinst Du mit einer Generation? Und wieso soll eine bewusste Abtreibung auf Grund einer Diagnose gleichbedeutend mit einer Fehlgeburt sein?


    Zitat Zitat von nagetier
    Ja, aber so lange es diese Fähigkeiten nicht hat, gilt es nicht als vollwertiger Mensch, sondern eben als Säugling.
    Wenn ich zum Beispiel als blosen Lückenfüller jetzt das beliebige Alter von zum Beispiel 3 Jahren nennen würde, würde das das so was ähnliches bedeuten, wie die Strafmündigkeit mit 14 oder die Volljährigkeit mit 18.
    Dann würde man sagen, dass ab diesem Alter das Kind als Mensch zählt und vollwertige, von den Eltern unabhängige Menschenrechte bekommt.
    Ja ja, und wann willst Du diese Grenze dann konkret ziehen? Nach drei Wochen oder nach drei Monaten? Wenn das Kind Ich sagen kann oder wenn es seinen Namen schreibt? Wie viel muss ein Menschen denn können, damit er so schützenswert wird, wie ein normaler Erwachsener?
    Bist Du nur deswegen ein schützenswertes Wesen, weil Du ein paar Jahre Zeit zum entwickeln gehabt hast? Und was soll überhaupt vollwertig bedeuten? Wenn nicht vollwertig, dann was?
    Zitat Zitat von nagetier
    Mich würde trotzdem deine Definition eines Menschen im ethischen Sinn interessieren.
    Eine sehr schwierige Frage. Ich würde Menschsein am ehesten über das menschliche Potenzial definieren, die eigene Existenz zu reflektieren und zwar in unterschiedlichster Weise. Aus dieser Reflektion kann wiederum etwas Konstruktives geschöpft werden. Und beim Beispiel von Behinderten Menschen aller Art, ist dieses reflektieren der eigenen Existenz sehr wohl gegeben, auch wenn sie extrem eingeschränkt sind. Tendenziell würde ich eine Definition von Menschsein aber nicht nach einem möglichst klaren Ausschluss von bestimmten Wesen anlegen.

    Zitat Zitat von nagetier
    Das gleiche müsste man für Tiere tun.
    Ja, das müsste man eigentlich. Der heutige Umgang mit der Tierwelt entbehrt jeglicher Moral.

    Zitat Zitat von nagetier
    Die psychischen Folgen können aber sehr wohl mit eingeprägten Moraldogmen zusammenhängen. Ich denke, dass eine Frau, die abtreibt und sich der Tatsache bewusst ist, dass es sich bei dem Embryo noch nicht um einen vollwertigen Menschen handelte, weniger damit zu kämpfen hat, als beispielsweise eine christliche Frau, die mit dem Gewissen leben muss, dass sie ein "Geschenk Gottes" in den Abfluss gespült hat.
    Zwischen einer Zwangsabtreibung und einer Fehlgeburt sollte eigentlich für die Betroffene kein Unterschied bestehen.
    Eine lustige Formulierung. Du möchtest also ein „Dogma“ mit einer subjektiven „Wahrheit“ ersetzen, richtig? Was war noch mal ein Dogma?

    Zitat Zitat von nagetier
    Bei kritischen Eingriffen/Behandlungen kann man davon ausgehen, dass der Arzt sich nicht persönlich durch private Zuzahlungen bereichern will. Da wird einer günstigeren Behandlung der Vorzug gegeben, auch wenn die Überlebenschancen bei einer teureren, aufwändigeren vielleicht besser wären.
    In wie fern willst Du das als verallgemeinert darstellen? Das muss ganz und gar nicht so sein.

    Zitat Zitat von nagetier
    Du missverstehst das wie auch Seraphin.
    Es geht ja nicht um eine Kosten-Nutzen Gegenüberstellung, sondern um eine Wertkategorisierung in dem Sinne, dass man bei begrenzten Ressourcen entscheiden muss, wem eine Behandlung zusteht und wem nicht. Den wirtschaftlichen Nutzen der betroffenen Personen hab ich mit keinem Wort erwähnt und ich glaube, Singer auch nicht. Ich halte bestimmt nichts von der Pseudo-Religion des Kapitals.

    Also bleibt bitte bei dem, was wirklich gesagt wurde. Du wirfst mir die ganze Zeit Dinge an den Kopf, die ich weder gedacht noch geschrieben habe. Ich sehe auch nicht ein, warum ich dann darauf antworten sollte.
    Aber klar hast Du den wirtschaftlichen Nutzen ins Spiel gebracht:

    Intelligente Menschen verdienen mehr, obwohl sie auch nicht mehr arbeiten. Sie sind sie also mehr wert? - Ja, sind sie.
    Was soll dieser Satz aussagen, wenn nicht, dass der wirtschaftliche Nutzen den Wert bestimmt? Und wem stünde denn eine Behandlung zu und wem möglicherweise nicht?

    Singer bringt diesen Aspekt implizit ins Spiel, ob er das nun explizit meint oder nicht. Wenn der Wert und das Recht auf Leben in eine Abhängigkeit zu Vor- und Nachteilen der Gesellschaft gebracht wird, dann ist dieser Aspekt nun mal da.
    [Bild: enterprise_d.gif]
    __________________________________
    ENERGIE !
    Jean-Luc Picard ist offline

  9. #89 Zitieren
    General Avatar von Zhanior
    Registriert seit
    Oct 2005
    Beiträge
    3.782
    Ich weiß wirklich wenig über die Philosophie Peter Singers, insbesondere über seine früheren Positionen. Trotzdem bin ich ein wenig erstaunt darüber, was hier im Thread als vermeintliche These Singers debattiert wurde.

    Singers Ethik wird üblicherweise als Präferenzutilitarismus eingeordnet. Der zentrale Begriff einer solchen Ethik ist der des Interesses. Kurioserweise kommt dieser Begriff in der Diskussion hier praktisch nicht vor. Tatsächlich ist der einzige Slogan, den ich zu "Peter Singer" im Kopf habe, nicht etwa "Töte Behinderte!", sondern "Es gibt keine moralische Rechtfertigung für die Nicht-Berücksichtigung von Interessen.".
    Die theoretische Basis von Singers Ethik dürfte vereinfacht gesagt schlicht sein, dass die ethische Beurteilung einer Handlung sich danach richtet, inwiefern Interessen befriedigt oder missachtet werden.
    Natürlich ist damit eigentlich nichts gesagt, weil der Begriff des Interesses einer Präzisierung bedarf und unklar ist, wie Befriedigung und Missachtung unterschiedlicher Interessen gegeneinander abgewogen werden soll.

    Trotzdem kann man bereits erkennen, dass weder Glück noch Geldwert für Singers Ethik grundlegend sind, wie hier unterstellt wurde. Ferner sehe ich nicht, wie es mit einer präferenzutilitaristischen Position konsistent sein sollte, Menschen zu ihrem Glück zu zwingen oder "die Moral zu ökonomisieren".

    Die vermeintliche Brisanz von Singers Thesen rührt lediglich daher, dass in Singers Ethik die ethische Beurteilung einer Handlung unabhängig von Lebewesen, die keine Interessen haben können, ist. Das heißt aber nicht, dass Handlungen an solchen Lebewesen stets ethisch zulässig sind. Beispielsweise wird die Tötung eines Säuglings unter gewöhnlichem Umständen die Interessen der Eltern missachten und deshalb auch nach Singers Auffassung nicht per se zulässig sein.

    Die Folgen von Singers Thesen für die gesellschaftliche Akzeptanz körperlich oder mental beeinträchtigter Menschen sollte man durchaus kritisch prüfen. Dabei ist es aber wichtig im Blick zu behalten, dass Singer nicht meint, diese Menschen hätten kein Recht auf Leben (in dem Sinne, dass es stets zulässig sei, sie zu töten); schließlich ist ein Mensch mit Down-Syndrom oder ein Mensch ohne Beine nach jedem vernünftigen Maßstab dazu in der Lage, Interessen zu haben.

    Ein Problem, auf das ich noch hinweisen möchte, ist, dass zumindest mir nicht klar ist, was Begriffe wie "Wert" oder "Recht" im Kontext einer (präferenz-)utilitaristischen Ethik überhaupt bedeuten sollen. Mir scheint, dass manche Kontroversen schlicht dadurch entstehen, dass man zunächst vertraute Begriffe in ein ethisches System importiert, das diese von sich aus gar nicht enthält, dann aber argumentiert, als hätten sie noch ihre alte Bedeutung; dass man auf diese Art und Weise bisweilen bizarre Aussagen "schlussfolgern" kann, verwundert nicht.

    Hier noch zwei Links, die ich auf die Schnelle per Google gefunden habe, die aber bereits deutlich machen, dass zumindest Manches, was hier diskutiert wurde, mit Singer eigentlich nichts zu tun hat:
    FAQ Singers auf seiner Website in Princeton
    Spiegel-Interview mit Singer von 2001
    The only thing that will redeem mankind is co-operation. - Bertrand Russell
    --
    Adopt a revolution - den syrischen Frühling unterstützen
    Zhanior ist offline

  10. #90 Zitieren
    Deus Avatar von Sir Ewek Emelot
    Registriert seit
    Feb 2008
    Ort
    Peripatos
    Beiträge
    13.293
    Wenn Singer zwischen Säuglingen und Erwachsenen unterscheidet, so betrachtet er Menschen als geronnene Wesen. Sie sind dann gewordene Dinge. Es ist allerdings fraglich, ob das nicht ohnehin nur eine Abstraktion ist, die sich daraus ergibt, dass sich uns die bloße, materielle Form gewissermaßen aufdrängt, weil sie eben direkt sinnlich erfahrbar ist. In Wirklichkeit hat nämlich diese geronnene, gewordene Form keine Dauer, sondern es gibt nur einen kontinuierlichen Prozess des Werdens, der niemals als abgeschlossen betrachtet werden sollte, weil es bloße Willkür ist, den Prozess ausgerechnet jetzt als abgeschlossen aufzufassen. Es ergibt sich also eine andere Perspektive, nämlich nicht auf den aktualen Zustand (der sich sowieso ständig ändert), sondern auf den Entwicklungsprozess selbst, der für den fraglichen Gegenstand eigentlich charakteristisch ist.
    Es kann nicht Sinn einer vernünftigen Ethik sein, dass man Menschen gemäß eines momentanen Mangels an Fähigkeiten ihrer Fähigkeit beraubt, die relevanten Fähigkeiten überhaupt zu entwickeln. Nehmen wir an, Säuglinge wären keine Personen, keine selbstbewussten Lebensformen usw., und würden eben alle die Vermögen nicht haben, die man haben muss, um als vollwertiger Mensch zu gelten. Sie seien also keine vernunft- und moralbegabten Wesen, und daher aus der Moral mehr oder weniger ausgeschlossen. Kann es denn, selbst unter diesen Prämissen, vernünftig sein, einer Ethik zu folgen, welche den Prozess zur Entstehung solchen vernunftbegabten Lebens untergräbt?

    Übrigens ist Singers Verknüpfung von Leidensfähigkeit und Vernunftbegabung meines Erachtens Unsinn: Der Grund, warum in der Subjektphilosophie die Vernunftbegabung so wichtig ist, liegt in der Fähigkeit, Zwecke zu setzen und Autonomie auszuüben. Leidensfähigkeit spielt dabei keine Rolle. Tiere sind leidensfähig, Säuglinge ebenso. Es wäre übrigens ein Mord, ginge es nur um Glück, gar nicht problematisch, weil man damit ja niemandem Leid zufügt: Wenn ich tot bin, leide ich ja nicht mehr. Es ist ja nicht so, dass ich nicht tot sein will, weil totsein unangenehm ist, sondern weil ich als Toter keine Willensinhalte mehr verfolgen kann.

    Was nun eine Ökonomisierung von Ethik angeht: Hier beschäftigt man sich mit moralischen Problemen unter amoralischen Bedingungen, z.B.: "Wenn man entscheiden muss, ob 100 Menschen sterben, oder nur 10, wofür entscheidet man dann?" Damit aber eine solche Entscheidungssituation schon als gegeben vorausgesetzt. Eine aufklärerische Ethik müsste aber doch gerade darauf aus sein, dass man die Welt nicht einfach so hinnehmen sollte, wie halt gerade ist, sondern dass sie Produkt unseres Handelns ist. Wir sollten nicht einfach hinnehmen, dass man das Leiden mancher Menschen zum Wohle anderer in Kauf nehmen müsse. Die Frage, ob man einen Behinderten sterben lässt, um einen gesunden zu retten, darf sich gar nicht stellen: Wir müssen unsere Welt eben so einrichten, dass es zu so einer Alternative gar nicht kommt.
    Wir nehmen eine extrem ungleiche Verteilung von Ressourcen einfach als gegeben hin. Es ist erstaunlich, dass ein Hedonist wie Singer nicht zuerst auf die Idee kommt, die Ressourcen umzuverteilen. Denn wenn ein Mensch Milliarden hat, ein anderer hingegen nichts, ist das einfach sinnlos: Dem einen nutzen seine vielen Milliarden gar nicht mehr, dem anderen hingegen würde es helfen, wenn er zumindest ein Bisschen was bekäme. Dem Milliardär würde es nicht schaden, eine Million zu verlieren, der arme Schlucker hingegen würde dadurch sehr viel glücklicher werden. Statt sich aber mit so etwas zu beschäftigen, sinniert Singer darüber, ob man Behinderte oder Säuglinge töten solle?

    Aufgabe einer Ethik ist es, die Regeln dafür zu begründen, wie wir miteinander umgehen. Es geht dabei um ein Gemeinschaftsprojekt, um gemeinsame Praxis und Interaktion. Singer, wie übrigens vielen Utilitaristen, schwebt allerdings durchaus eine Ethik von oben vor. Das ist nicht mehr das gleichberechtigte Sicheinigen über gegenseitige Anerkennung und Ansprüche. Sondern es ist eine Selektion: "Du darfst mitmachen, Du auch...Du da nicht...Du bist wieder dabei...usw." Wie will man jemandem, den man ausschließt, erklären, warum das berechtigt ist? Warum sollte so jemand hier zustimmen? Welchen Anspruch also sollte man damit erheben? Es wäre ein Anspruch, der sich nur noch darauf stützt, was man durchsetzen kann. Man könnte also mit Säuglingen und Behinderten anders verfahren, weil die sich nicht dagegen wehren können. Sie können ihre Zustimmung nicht verweigern. Es ist also Ethik, die auf einem Machtgefälle fußt. Das hat nichts mehr mit Ethik zu tun.
    Sir Ewek Emelot ist offline

  11. #91 Zitieren
    Deus Avatar von Sir Ewek Emelot
    Registriert seit
    Feb 2008
    Ort
    Peripatos
    Beiträge
    13.293
    Zitat Zitat von Zhanior Beitrag anzeigen
    Ich weiß wirklich wenig über die Philosophie Peter Singers, insbesondere über seine früheren Positionen. Trotzdem bin ich ein wenig erstaunt darüber, was hier im Thread als vermeintliche These Singers debattiert wurde.

    Singers Ethik wird üblicherweise als Präferenzutilitarismus eingeordnet. Der zentrale Begriff einer solchen Ethik ist der des Interesses. Kurioserweise kommt dieser Begriff in der Diskussion hier praktisch nicht vor. Tatsächlich ist der einzige Slogan, den ich zu "Peter Singer" im Kopf habe, nicht etwa "Töte Behinderte!", sondern "Es gibt keine moralische Rechtfertigung für die Nicht-Berücksichtigung von Interessen.".
    Die theoretische Basis von Singers Ethik dürfte vereinfacht gesagt schlicht sein, dass die ethische Beurteilung einer Handlung sich danach richtet, inwiefern Interessen befriedigt oder missachtet werden.
    Natürlich ist damit eigentlich nichts gesagt, weil der Begriff des Interesses einer Präzisierung bedarf und unklar ist, wie Befriedigung und Missachtung unterschiedlicher Interessen gegeneinander abgewogen werden soll.

    Trotzdem kann man bereits erkennen, dass weder Glück noch Geldwert für Singers Ethik grundlegend sind, wie hier unterstellt wurde. Ferner sehe ich nicht, wie es mit einer präferenzutilitaristischen Position konsistent sein sollte, Menschen zu ihrem Glück zu zwingen oder "die Moral zu ökonomisieren".

    Die vermeintliche Brisanz von Singers Thesen rührt lediglich daher, dass in Singers Ethik die ethische Beurteilung einer Handlung unabhängig von Lebewesen, die keine Interessen haben können, ist. Das heißt aber nicht, dass Handlungen an solchen Lebewesen stets ethisch zulässig sind. Beispielsweise wird die Tötung eines Säuglings unter gewöhnlichem Umständen die Interessen der Eltern missachten und deshalb auch nach Singers Auffassung nicht per se zulässig sein.

    Die Folgen von Singers Thesen für die gesellschaftliche Akzeptanz körperlich oder mental beeinträchtigter Menschen sollte man durchaus kritisch prüfen. Dabei ist es aber wichtig im Blick zu behalten, dass Singer nicht meint, diese Menschen hätten kein Recht auf Leben (in dem Sinne, dass es stets zulässig sei, sie zu töten); schließlich ist ein Mensch mit Down-Syndrom oder ein Mensch ohne Beine nach jedem vernünftigen Maßstab dazu in der Lage, Interessen zu haben.

    Ein Problem, auf das ich noch hinweisen möchte, ist, dass zumindest mir nicht klar ist, was Begriffe wie "Wert" oder "Recht" im Kontext einer (präferenz-)utilitaristischen Ethik überhaupt bedeuten sollen. Mir scheint, dass manche Kontroversen schlicht dadurch entstehen, dass man zunächst vertraute Begriffe in ein ethisches System importiert, das diese von sich aus gar nicht enthält, dann aber argumentiert, als hätten sie noch ihre alte Bedeutung; dass man auf diese Art und Weise bisweilen bizarre Aussagen "schlussfolgern" kann, verwundert nicht.

    Hier noch zwei Links, die ich auf die Schnelle per Google gefunden habe, die aber bereits deutlich machen, dass zumindest Manches, was hier diskutiert wurde, mit Singer eigentlich nichts zu tun hat:
    FAQ Singers auf seiner Website in Princeton
    Spiegel-Interview mit Singer von 2001
    Wenn ich mich recht entsinne, ist der Begriff des Glücks oder Leidensfähigkeit bei Singer aber durchaus vorhanden. Er will ja gerade auch Tieren Rechte verschaffen, was er über deren Leidensfähigkeit erreicht. Er meint aber, dass die Leidensfähigkeit größer ist, je intelligenter das Lebewesen ist, und dass Interessen darum einen besonderen Stellenwert haben, weil jemand mit Interessen nicht nur darunter leidet, dass er jetzt gerade Schmerzen oder Hunger hat, sondern auch darunter, dass er seine Interessen und Ziele nicht verfolgen kann. Hierdurch eröffnet sich also eine Perspektive des Subekts auf seine Zulunft, welche nun begründen soll, dass dieses Subjekt besondere Rechte hat.
    Aber die eigentliche Grundlage war, meines Wissens, durchaus Glück. Es ist also schon eine Art Eudaimonismus.
    Andernfalls würde man ja Tiere nicht mit einschließen, was aber, soweit ich weiß, Singers eigentliches Ziel ist: Es soll eine ökologische Ethik sein, welche Tierrechte begründen soll.
    Dass das Glück eine Rolle spielt, erkennt man daran, dass Singer z.B. Insekten ausschließt, wenn diese kein Nervensystem haben. Dann können die nämlich nicht leiden, und für Interessen haben die nicht genügend Intelligenz, also kann man mit Insekten machen, was man will.
    Dass nach diesem System aber eben Säuglinge durchaus problematische Rechte haben, ist doch eine Folge, oder?

    Ich finde Singers Ansatz irgendwie albern: Es läuft in Bezug auf andere Lebensformen irgendwie auf eine spitzfindige (und teils wohl auch willkürliche) Auswahl hinaus, wer dazugehören darf, und wer nicht. Im zwischenmenschlichen Bereich gibt es weitaus bessere Theorien, die besser durchdacht und leistungsfähiger sind, und den Aspekt des Interesses viel besser integrieren (letztlich ist die ganze Subjektphilosophie daraufhin ausgerichtet). Als ökologische Ethik ist Singers Ethik aber auch nicht so gut, weil es auch hier leistungsstärkere Ethiken gibt, die eine verantwortungsvolle Haltung auf die gesamte Natur begründen, und nicht nur auf leidensfähige Tiere. Diese Ethiken haben zum einen keine Probleme damit, ob z.B. der Hase eher ein Recht aufs Nichtgegessen werden hat, als der Fuchs aufs Nichtverhungern. Zum andern fassen sie überhaupt natürliche Strukturen ein, welche Bedingung der Entwicklung von Leben sind.
    Sir Ewek Emelot ist offline

  12. #92 Zitieren
    Drachentöter Avatar von nagetier
    Registriert seit
    Sep 2004
    Beiträge
    4.040
    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Wenn er will, dass wir erkennen, dass nicht alle Menschen den gleichen Wert haben, dann tut er das sehr wohl. Bei der Frage nach der Tötung spielen nicht nur seine Definitionen von Bewusstsein eine Rolle, sondern eben auch der Nutzen, oder der Schaden, den die Gesellschaft davon hat.
    Ich denke nicht, dass Singer sagen würde, dass wir den Wert eines Menschen an seiner Produktivität messen sollte. Seine Begründungen und Überlegungen über das planmäßige Töten von bestimmten Föten führt uns aber direkt zu diesem Denken.
    hat er das denn wirklich gesagt oder denkst du dir das dazu?

    Der einzige Unterscheid, der zwischen einem Fötus und einem Erwachsenen in dieser Hinsicht liegt, ist Entwicklungszeit.
    Das tut nichts zur Sache. Du entfernst dich immer immer vom Kern. Ein Fötus oder ein Säugling ist in seinem jetzigen Zustand nur sehr eingeschränkt in der Lage, bewusst zu handeln und zu reflektieren, jedenfalls nicht mehr als ein Tier. Dadurch stehen ihm nach Singer nicht die Rechte eines Erwachsenen zu. Er untersteht in dieser Anfangszeit dem Schutz der Eltern. Ein Mord an einem Säugling ist also eine Straftat an den Eltern und nicht am Säugling, da er einfach noch nicht als Person zählen kann.
    Ist Dir der Gedanke noch gar nicht gekommen, dass Behinderungen nicht zwangsläufig etwas sein müssen, was ausgemerzt gehört, sondern etwas, das Teil der menschlichen Daseinsform ist – eine Daseinsform mit besonderer Ausprägung? Beispielsweise definieren sich die Besonderheiten bei Trisomie 21 nicht nur über die medizinischen Probleme oder über die eingeschränkten Fähigkeiten. Ebenso weisen viele dieser Menschen ein besonderes Gemüt auf, sehr freundlich und mit hoher Begeisterungsfähigkeit. Wer will darüber bestimmen, ob es diese Form von Dasein nicht mehr geben darf und man sie wegrationalisieren sollte?
    Na du bist mir aber ein Samariter. Dann stell dir doch einfach mal selbst die Frage, ob du dich, falls du die Wahl hättest, für ein Kind mit Down-Syndrom oder für ein gesundes entscheiden würdest. Da wären wir dann wieder beim Thema der vorgeheuchelten Moral.

    Denken wir das Ganze doch einfach etwas weiter. Die Medizin macht immer größere Fortschritte. Ich bin mir sicher, dass es nicht mehr so lange dauern wird, biss man theoretisch genetische Dispositionen für Neigungen zur Sucht, zur Kriminalität oder psychischen Störungen pränatal feststellen kann. Was machen wir dann mit dieser Diagnose? Bedenke, Singer spricht im Bezug auf Behinderte nicht von mangelnden Fähigkeiten im Bezug auf seine Definition von Menschsein, er leitet die Maxime zur Tötung aus dem Aspekt des Leidens des Kindes und der Gesellschaft ab.
    Ich sage ganz ehrlich und eindeutig, dass das Abtreiben an und für sich, aus welchem Grund auch immer, für mich in keiner Weise eine unmoralische Tat darstellt, da eben kein denkendes Wesen zu Schaden kommt (vorausgesetzt die Eltern werden nicht in Mitleidenschaft gezogen). Außerdem sollten wir nicht so tun, als wären das so dystopische Szenarien, denn auch heute schon wird der größte Teil der Föten, bei denen Down-Syndrom festgestellt wird, nicht ausgetragen.
    Du spinnst den Gedanken wieder viel zu weit. Das Ausmerzen von schweren Erkrankungen und Behinderungen ist nicht mal eben so auf prädestinierte Raucher oder ähnliches erweiterbar. Niemand will eine homogene Klongesellschaft. Da muss man auch einfach trennen können und nicht gleich in Horrorszenarien rumfantasieren.

    Aber wenn wir zum Beispiel zweifelsfrei einen Gendefekt identifizieren würden, der die Empathie abschaltet, sodass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, einen Massenmörder heranzuzüchten, würde ich auch sagen, dass Abtreiben Pflicht ist.
    Du musst es nämlich auch von der anderen Seite betrachten: Wie sollte man verantworten, dass man trotz dieses Wissens nicht abgetrieben hat, und die betreffende Person anfängt, Morde zu begehen. Allein das Wissen über bestimmte pränatal diagnostizierbare Veranlagungen kann uns in eine Mitschuld an dem möglicherweise daraus entstehenden Leid bringen.

    Was meinst Du mit einer Generation? Und wieso soll eine bewusste Abtreibung auf Grund einer Diagnose gleichbedeutend mit einer Fehlgeburt sein?
    Das "eine Generation" muss ich zurücknehmen, da ich gerade gelesen habe, dass man trotz dieser Krankheit dank besserer Behandlungsmethoden inzwischen alt werden kann.

    Bei einer erzwungenen (nicht bewussten) Abtreibung, also per Gesetz, kann sich die Betroffene nicht schuldiger fühlen als bei einer Fehlgeburt, da sie keinen Einfluss auf die Entscheidung hatte.
    Ja ja, und wann willst Du diese Grenze dann konkret ziehen? Nach drei Wochen oder nach drei Monaten? Wenn das Kind Ich sagen kann oder wenn es seinen Namen schreibt? Wie viel muss ein Menschen denn können, damit er so schützenswert wird, wie ein normaler Erwachsener?
    Da müssten sich Mediziner, Neurowissenschaftler und Biologen mal zusammensetzen, um eine Faktengrundlage zu schaffen. Das Gedächtnis setzt ja so in etwa mit 3-4 Jahren ein, das wäre schonmal ein Anhaltspunkt.
    Subjektiv formuliert, würde ich sagen, dass man beim Umgang den Eindruck haben muss, dass man mit einem Menschen interagiert und nicht mit etwas, das sich vergleichbar wie ein Tier verhält, also fast nur über Reflexe handelt.

    Bist Du nur deswegen ein schützenswertes Wesen, weil Du ein paar Jahre Zeit zum entwickeln gehabt hast?
    Ja. Dadurch konnte ich ein denkender Mensch werden.

    Eine sehr schwierige Frage. Ich würde Menschsein am ehesten über das menschliche Potenzial definieren, die eigene Existenz zu reflektieren und zwar in unterschiedlichster Weise. Aus dieser Reflektion kann wiederum etwas Konstruktives geschöpft werden. Und beim Beispiel von Behinderten Menschen aller Art, ist dieses reflektieren der eigenen Existenz sehr wohl gegeben, auch wenn sie extrem eingeschränkt sind. Tendenziell würde ich eine Definition von Menschsein aber nicht nach einem möglichst klaren Ausschluss von bestimmten Wesen anlegen.
    Das Potential ist aber eine heikle Sache, denn das kannst du nicht definieren. Potential hat auch eine Zelle, ob befruchtet oder nicht.
    Außerdem müsstest du Singer ja dann auch darin Recht geben, dass Menschenaffen nicht weniger wertvoll sind als stark geistig behinderte Kinder.
    Ich gehe persönlich davon aus, dass ein Affe eher in der Lage ist, über seine Existenz zu reflektieren als ein menschlicher Säugling mit stark eingeschränkter Hirnfunktion.

    Eine lustige Formulierung. Du möchtest also ein „Dogma“ mit einer subjektiven „Wahrheit“ ersetzen, richtig? Was war noch mal ein Dogma?
    Wenn es im Gesetz steht, wäre es natürlich ein Dogma, ja. Moral kommt nicht ganz ohne Dogmen aus, aber das bedeutet nicht, dass sie in vielen Punkten nicht verhandelbar ist.

    In wie fern willst Du das als verallgemeinert darstellen? Das muss ganz und gar nicht so sein.
    Aber es wird gemacht und es wird moralisch akzeptiert, richtig?

    Aber klar hast Du den wirtschaftlichen Nutzen ins Spiel gebracht:


    Was soll dieser Satz aussagen, wenn nicht, dass der wirtschaftliche Nutzen den Wert bestimmt? Und wem stünde denn eine Behandlung zu und wem möglicherweise nicht?
    Das bezog sich wie auch der Rest des Posts auf die subjektive Wertschätzung, die wir Menschen entgegenbringen, obwohl wir behaupten, dass alle gleich wertvoll wären. Das ist also mehr eine Kritik am gesagten, als eine Befürwortung.
    Singer bringt diesen Aspekt implizit ins Spiel, ob er das nun explizit meint oder nicht. Wenn der Wert und das Recht auf Leben in eine Abhängigkeit zu Vor- und Nachteilen der Gesellschaft gebracht wird, dann ist dieser Aspekt nun mal da.
    Ich glaube, du solltest dich mehr auf Explizites beschränken. Man tut dem Mann nicht Recht, wenn man ihm alles mögliche zuschreibt. Ich habe mir vorgenommen, ihn zu lesen, danach weiß ich genaueres.
    nagetier ist offline

  13. #93 Zitieren
    General Avatar von Zhanior
    Registriert seit
    Oct 2005
    Beiträge
    3.782
    Zitat Zitat von Sir Ewek Emelot Beitrag anzeigen
    [...]
    Übrigens ist Singers Verknüpfung von Leidensfähigkeit und Vernunftbegabung meines Erachtens Unsinn: [...]
    Verknüpft Singer denn Leidensfähigkeit und Vernunftbegabung? Mir ist nur bekannt, dass er Leidensfähigkeit als notwendige Bedingung für die Fähigkeit, Interessen haben zu können, ansieht. Ob ein solcher Interessensbegriff plausibel ist, sei dahingestellt; über Vernunftbegabung ist damit aber erstmal noch nichts gesagt.
    Zitat Zitat von Sir Ewek Emelot Beitrag anzeigen
    Was nun eine Ökonomisierung von Ethik angeht: Hier beschäftigt man sich mit moralischen Problemen unter amoralischen Bedingungen, z.B.: "Wenn man entscheiden muss, ob 100 Menschen sterben, oder nur 10, wofür entscheidet man dann?" Damit aber eine solche Entscheidungssituation schon als gegeben vorausgesetzt. Eine aufklärerische Ethik müsste aber doch gerade darauf aus sein, dass man die Welt nicht einfach so hinnehmen sollte, wie halt gerade ist, sondern dass sie Produkt unseres Handelns ist. Wir sollten nicht einfach hinnehmen, dass man das Leiden mancher Menschen zum Wohle anderer in Kauf nehmen müsse. Die Frage, ob man einen Behinderten sterben lässt, um einen gesunden zu retten, darf sich gar nicht stellen: Wir müssen unsere Welt eben so einrichten, dass es zu so einer Alternative gar nicht kommt.
    Eine Welt, in der man Entscheidungen der von Dir erwähnten Art nicht treffen muss, wäre doch vermutlich auch nach Singers Maßstäben wünschenswert.
    Abgesehen davon kann es doch nicht einziger Inhalt einer Ethik zu sein, eine Utopie zu definieren. Ich würde sehr wohl den Anspruch formulieren, dass eine Ethik die Frage "Was soll ich tun?" beantwortet - und zwar gestellt von einem Menschen der Gegenwart. Und derzeit ist die Welt nunmal so beschaffen, dass wir in moralische Dilemmata geraten. Sonst wäre der Gegenstand der Ethik doch auch ziemlich belanglos - wenn es nur darum ginge, Fragen der Form "Sollen 10 Menschen sterben oder 0?" zu beantworten, würde es erst gar nicht zu ethischen Diskussionen kommen.
    Zitat Zitat von Sir Ewek Emelot Beitrag anzeigen
    Wir nehmen eine extrem ungleiche Verteilung von Ressourcen einfach als gegeben hin. Es ist erstaunlich, dass ein Hedonist wie Singer nicht zuerst auf die Idee kommt, die Ressourcen umzuverteilen. [...]
    Eigentlich fordert Singer genau das. Es ist sogar eines seiner Kernthemen, zu dem er sich mehrfach ausführlich geäußert hat (Wikipedia (EN); vgl. auch die von mir oben verlinkte Website Singers).
    Zitat Zitat von Sir Ewek Emelot Beitrag anzeigen
    Aufgabe einer Ethik ist es, die Regeln dafür zu begründen, wie wir miteinander umgehen. Es geht dabei um ein Gemeinschaftsprojekt, um gemeinsame Praxis und Interaktion. Singer, wie übrigens vielen Utilitaristen, schwebt allerdings durchaus eine Ethik von oben vor. Das ist nicht mehr das gleichberechtigte Sicheinigen über gegenseitige Anerkennung und Ansprüche. Sondern es ist eine Selektion: "Du darfst mitmachen, Du auch...Du da nicht...Du bist wieder dabei...usw." Wie will man jemandem, den man ausschließt, erklären, warum das berechtigt ist? Warum sollte so jemand hier zustimmen? Welchen Anspruch also sollte man damit erheben? Es wäre ein Anspruch, der sich nur noch darauf stützt, was man durchsetzen kann. Man könnte also mit Säuglingen und Behinderten anders verfahren, weil die sich nicht dagegen wehren können. Sie können ihre Zustimmung nicht verweigern. Es ist also Ethik, die auf einem Machtgefälle fußt. Das hat nichts mehr mit Ethik zu tun.
    Ich will nicht bestreiten, dass es gute Argumente gegen utilitaristische Ethiken gibt. Ich würde auch mich selbst nicht als Utilitaristen bezeichnen. Aber was genau ist hier Dein Argument? Mit solchen Lebewesen, die Singer nicht als Person bezeichnet, kannst Du dich nicht gleichberechtigt einigen. Wie soll eine "Ethik von unten", die solche Lebewesen miteinbezieht, aussehen?
    The only thing that will redeem mankind is co-operation. - Bertrand Russell
    --
    Adopt a revolution - den syrischen Frühling unterstützen
    Zhanior ist offline

  14. #94 Zitieren
    Deus Avatar von Sir Ewek Emelot
    Registriert seit
    Feb 2008
    Ort
    Peripatos
    Beiträge
    13.293
    Zitat Zitat von Zhanior Beitrag anzeigen
    Verknüpft Singer denn Leidensfähigkeit und Vernunftbegabung? Mir ist nur bekannt, dass er Leidensfähigkeit als notwendige Bedingung für die Fähigkeit, Interessen haben zu können, ansieht. Ob ein solcher Interessensbegriff plausibel ist, sei dahingestellt; über Vernunftbegabung ist damit aber erstmal noch nichts gesagt.

    Eine Welt, in der man Entscheidungen der von Dir erwähnten Art nicht treffen muss, wäre doch vermutlich auch nach Singers Maßstäben wünschenswert.
    Abgesehen davon kann es doch nicht einziger Inhalt einer Ethik zu sein, eine Utopie zu definieren. Ich würde sehr wohl den Anspruch formulieren, dass eine Ethik die Frage "Was soll ich tun?" beantwortet - und zwar gestellt von einem Menschen der Gegenwart. Und derzeit ist die Welt nunmal so beschaffen, dass wir in moralische Dilemmata geraten. Sonst wäre der Gegenstand der Ethik doch auch ziemlich belanglos - wenn es nur darum ginge, Fragen der Form "Sollen 10 Menschen sterben oder 0?" zu beantworten, würde es erst gar nicht zu ethischen Diskussionen kommen.

    Eigentlich fordert Singer genau das. Es ist sogar eines seiner Kernthemen, zu dem er sich mehrfach ausführlich geäußert hat (Wikipedia (EN); vgl. auch die von mir oben verlinkte Website Singers).

    Ich will nicht bestreiten, dass es gute Argumente gegen utilitaristische Ethiken gibt. Ich würde auch mich selbst nicht als Utilitaristen bezeichnen. Aber was genau ist hier Dein Argument? Mit solchen Lebewesen, die Singer nicht als Person bezeichnet, kannst Du dich nicht gleichberechtigt einigen. Wie soll eine "Ethik von unten", die solche Lebewesen miteinbezieht, aussehen?
    Den Artikel habe ich jetzt auch gelesen, von den Ideen über Ressourcenumverteilung wusste ich noch nichts. Ich habe Singer im Rahmen ökologischer Ethiken kennengelernt, wo es vor allem um Tierrechte ging.

    Moralische Dilemmata sind ein Problem, ja. Nur wird mir zu oft der Fokus darauf gelegt, wie man sich in ihnen verhalten solle, statt darauf aufmerksam zu machen, dass solche Situationen vielleicht gar nicht sein müssten. Darum würde ich darauf höheren Wert legen.

    Was nun eine "Einigung" mit Säuglingen oder Behinderten angeht: Zu den Säuglingen hatte ich ja schon gesagt, dass man diese nicht nur als "gewordenes Ding", sondern als einen kontinuierlichen Prozess des Werdens betrachten soll. Sie haben einen Großteil ihres Lebens ja noch gar nicht gelebt, aber es kann doch nicht vernünftig sein, für eine auf Interessen ausgelegte Ethik, den Prozess der Entstehung von Interessen zu behindern oder abzubrechen.
    Wir mögen uns mit Behinderten und Kindern nicht einigen können, aber es geht ja auch nicht um eine wirkliche Einigung, sondern um die theoretische Einigungsmöglichkeit. Es geht darum, ob eine Sache prinzipiell für die Betroffenen zustimmungsmöglich ist. Wir bestrafen den Dieb ja auch nicht, weil er damit einverstanden ist, sondern weil er grundsätzlich mit dem Rechtssystem einverstanden sein kann, da dieses grundsätzlich auch seine Rechte und Ansprüche anerkennt, und damit grundsätzlich auch seine Interessen wahrt.

    Und was die Verknüpfung von Vernunftbegabung und Leidensfähigkeit angeht: Meiner Erinnerung nach bezeichnet er es als Intelligenz, und nicht als Vernunftfähigkeit. Aber er meint eben, intelligentere Tiere seien leidensfähiger, und hätten darum mehr Rechte. Es ist also nicht ganz passend, das Glück zum Prinzip seiner Ethik zu machen, es scheint eher das Unglück zu sein, bzw. Leid. Es geht also darum, Leid zu vermeiden.
    Sir Ewek Emelot ist offline

  15. #95 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Seraphin
    Registriert seit
    Dec 2003
    Ort
    Unterwegs.
    Beiträge
    883
    Zitat Zitat von nagetier Beitrag anzeigen
    Das ist doch ein völlig anderes Thema.
    Nein. Das ist kein anderes Thema. Es geht um Geld.

    Zitat Zitat von diepresse.com
    Das heißt auch, dass die Tötung eines schwerbehinderten Menschen (mit sehr geringen Aussichten auf Glück) für Singer in manchen Fällen zu rechtfertigen ist. Etwa wenn man mit dem Geld, das für die Pflege eines schwerbehinderten Säuglings nötig ist, in anderen Weltgegenden das Leben vieler Kinder retten könne.

    Die Aussage von Singer ist: Wir brauchen mehr Geld
    Ein Mann wie Bill Gates besitzt mehr Geld als ein gesamter Staat. Das ist nicht gerecht.
    Wenn Singer also GELD sparen will warum nimmt er das GELD dann nicht von Bill Gates?



    Und was die Affen betrifft:

    Täglich werden tausende Menschen geschlagen, vergewaltigt, bedroht und verletzt. Diese Menschen brauchen Hilfe. SOFORT.
    Anstatt diesen Menschen zu helfen kümmert Singer sich um AFFEN.

    Findest du das logisch?




    Zitat Zitat von nagetier
    Wo ist dein Problem? Das eine hast du gesagt, das andere ich.
    Was mein Problem ist? Du beschwerst dich darüber das andere Leute nicht richtig lesen können -

    Zitat Zitat von nagetier
    Wenn du lesen kannst[...]
    [...]du musst nur richtig lesen[...]
    [...]einen Satz bis zum Ende lesen kann,[...]
    Ich bitte dich! Lies dir doch[...]
    Du könntest einfach auch mal nur das lesen, was auch da steht[...]

    - und verstehst nichtmal einen simplen Satz von mir:


    Zitat Zitat von Seraphin
    Ich gestehe allen Menschen die gleichen Rechte zu.
    Zitat Zitat von nagetier
    Alle erwachsenen Menschen haben auf dem Papier die gleichen Rechte vor dem Gesetz.

    Wobei es nicht schlimm wäre wenn du ihn nicht verstehst.
    Aber du verdrehst den Inhalt. Und damit habe ich ein Problem.
    Also unterlass das bitte - ja?


    Hier ein Zitat von Singer aus dem Spiegel-Interview das Zhanior verlinkt hat:


    Zitat Zitat von Peter Singer(Spiegel-Interview)
    Nun, die Geburt ist schon von einer gewissen Bedeutung[...]Trotzdem betrachte ich die Geburt nicht als einen absoluten Wendepunkt, an dem man sagen könnte: Vorher hat der Fötus keinerlei Lebensrecht, nachher hat er dasselbe Lebensrecht wie jeder gesunde erwachsene Mensch.
    Klartext: Ein neugeborener Mensch, ein Kleinkind, hat nicht dasselbe Lebensrecht wie ein gesunder erwachsener Mensch.

    Der Mann hat seinen Ethik-Preis wirklich verdient.
    Seraphin ist offline Geändert von Seraphin (12.06.2011 um 19:56 Uhr)

  16. #96 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Quartier des Captains
    Beiträge
    6.789
    Zitat Zitat von nagetier
    hat er das denn wirklich gesagt oder denkst du dir das dazu?
    Ja, tut er. Bei der Frage, ob ein Säugling das Recht auf Leben hat, sind für Singer nicht die Belange des Säuglings maßgebend, sondern die Frage, wer ein Interesse an dem Fortleben des Säuglings hat. Wenn keiner daran ein Interesse hätte, dann wäre es bedeutungslos und nur sinnvoll, wenn er, der Säugling, nicht lebt.
    Der Säugling muss also, um ein Recht auf Leben zu haben, einem Zweck unterworfen sein, und zwar dem Zweck von jemand, dem Singer ein Recht auf Leben zugesteht.

    Zitat Zitat von nagetier
    Das tut nichts zur Sache. Du entfernst dich immer immer vom Kern. Ein Fötus oder ein Säugling ist in seinem jetzigen Zustand nur sehr eingeschränkt in der Lage, bewusst zu handeln und zu reflektieren, jedenfalls nicht mehr als ein Tier. Dadurch stehen ihm nach Singer nicht die Rechte eines Erwachsenen zu. Er untersteht in dieser Anfangszeit dem Schutz der Eltern. Ein Mord an einem Säugling ist also eine Straftat an den Eltern und nicht am Säugling, da er einfach noch nicht als Person zählen kann.
    Und als Person zählt er nicht, weil er zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestimmte Fähigkeiten nicht aufweist? Verliere ich mit zunehmen Alter dann auch Stück für Stück mein Recht auf Leben? Oder nehmen wir Komapatienten. In einem Moment ist er im Koma und weist bestimmte Fähigkeiten nicht auf. Im nächsten Moment kann er erwachen und „platsch“ er hat wieder seine vollen Rechte?
    Ich entferne mich keineswegs vom Kern, denn diese Fragen sind der eigentliche Kern. Du nimmst es einfach als gegeben hin, dass ein gegenwärtiger Zustand etwas so weit reichendes wie ein Recht auf Leben determinieren soll. Warum? Lautet die Begründung etwa nur, weil es jetzt eben noch so ist? Wo ist denn da der Sinn?

    Zitat Zitat von nagetier
    Na du bist mir aber ein Samariter. Dann stell dir doch einfach mal selbst die Frage, ob du dich, falls du die Wahl hättest, für ein Kind mit Down-Syndrom oder für ein gesundes entscheiden würdest. Da wären wir dann wieder beim Thema der vorgeheuchelten Moral.
    Ja ja, das wird’s wohl sein…
    Es hat weder etwas mit Samariter zu tun, noch mit der Frage, ob ich lieber ein behindertes Kind hätte. Die Frage ist, ob und warum man einer bestimmten Daseinsform die Berechtigung abspricht? Was Du da immer mit Deinem Vorgeheuchelt hast, will mir da nicht wirklich aufgehen. Man heuchelt doch keine Moral vor, wenn man den spezifischen Eigenschaften von bestimmten Personen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen eine Werthaftigkeit ganz einfach aufgrund ihrer besonderen Form des Lebens zugesteht. Und dabei spielen sowohl die Einschränkungen eine Rolle, wie auch die daraus resultierenden Besonderheiten, die sich ergeben. Hätte ich gerne ein blindes Kind? Nein, hätte ich nicht. Trotzdem gibt es bei Blinden Menschen Fähigkeiten und Entwicklungen, die einzigartig sind und die es zu schützen gilt. Was bitte soll daran vorgeheuchelt sein?


    Zitat Zitat von nagetier
    Ich sage ganz ehrlich und eindeutig, dass das Abtreiben an und für sich, aus welchem Grund auch immer, für mich in keiner Weise eine unmoralische Tat darstellt, da eben kein denkendes Wesen zu Schaden kommt (vorausgesetzt die Eltern werden nicht in Mitleidenschaft gezogen). Außerdem sollten wir nicht so tun, als wären das so dystopische Szenarien, denn auch heute schon wird der größte Teil der Föten, bei denen Down-Syndrom festgestellt wird, nicht ausgetragen.
    Richtig, das ist der Fall. Und von entscheidender Bedeutung ist, warum dies der Fall ist? Wenn Eltern mit dem Gedanken an ein behindertes Kind nicht zu Recht kommen und das nicht wollen, dann mache ich ihnen daraus keinen Vorwurf. Allerdings ist dies häufig die Folge der gesellschaftlichen Prägung und eine Folge des Rates der Ärzte. Eine andere Sichtweise auf Behinderung im Allgemeinen kann hieran einiges ändern. Und genau da stellt sich die Frage, ob es moralisch gerechtfertigt ist, Behinderung tendenziell als „besser abtreiben“ zu beurteilen. Du wirst dem Grundgedanken, dass man Behinderte Menschen im vollen Maße (bzw. im bestmöglichen Maße) ins gesellschaftliche Leben integrieren soll zustimmen, denke ich. Wie soll das funktionieren, wenn man auf der anderen Seite diese Form von Leben als Minderwertig behandelt und von der Geburt solcher Kinder abrät?

    Ein behindertes Kind zu haben ist eine enorme Belastung, dass stelle ich in keiner Weise in Abrede. Vieles an dieser Belastung geht aber auf die gesellschaftliche Situation zurück, in der sich Eltern stäöndig Fragen anhören müssen wie: „Musste das denn sein? Oder: „hätte man das denn nicht verhindern können?“ Und genau da zeigt sich eben in aller Deutlichkeit, dass eine grundsätzliche Geringschätzung dieser Daseinsform direkt auf das Wohl dieser Menschen zurück schlägt.

    Zitat Zitat von nagetier
    Du spinnst den Gedanken wieder viel zu weit. Das Ausmerzen von schweren Erkrankungen und Behinderungen ist nicht mal eben so auf prädestinierte Raucher oder ähnliches erweiterbar. Niemand will eine homogene Klongesellschaft. Da muss man auch einfach trennen können und nicht gleich in Horrorszenarien rumfantasieren.
    Es geht nicht um Szenarien, sondern um die Grundsätze der Begründungen, auf denen moralische Entscheidungen gefällt werden. Wenn man das eine zulässt, das andere aber nicht, dann muss man sich Gedanken darüber machen, wieso dies so ist und es nicht einfach als gegeben hinnehmen.

    Zitat Zitat von nagetier
    Aber wenn wir zum Beispiel zweifelsfrei einen Gendefekt identifizieren würden, der die Empathie abschaltet, sodass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, einen Massenmörder heranzuzüchten, würde ich auch sagen, dass Abtreiben Pflicht ist.
    Du musst es nämlich auch von der anderen Seite betrachten: Wie sollte man verantworten, dass man trotz dieses Wissens nicht abgetrieben hat, und die betreffende Person anfängt, Morde zu begehen. Allein das Wissen über bestimmte pränatal diagnostizierbare Veranlagungen kann uns in eine Mitschuld an dem möglicherweise daraus entstehenden Leid bringen.
    Und wie hoch darf die Wahrscheinlichkeit sein? (abgesehen davon, dass man zweifelsfrei wohl nie wird sagen können.) Oder stelle Dir die Frage mal anders. Sollte man, wenn es die Möglichkeiten gibt, solche pränatalen Diagnosen zur Pflicht erheben?

    Man muss bei solchen Fragen automatisch mit Mutmaßungen arbeiten. Und darauf aufbauend Urteile über „darf leben“ und „darf nicht leben“ zu fällen, halte ich für mehr als fragwürdig

    Zitat Zitat von nagetier
    Bei einer erzwungenen (nicht bewussten) Abtreibung, also per Gesetz, kann sich die Betroffene nicht schuldiger fühlen als bei einer Fehlgeburt, da sie keinen Einfluss auf die Entscheidung hatte.
    Bei einer erzwungenen Abtreibung wären die Schädigungen der Psyche wohl ungleich höher…
    Das wäre ein extremer Gewaltakt.

    Zitat Zitat von nagetier
    Da müssten sich Mediziner, Neurowissenschaftler und Biologen mal zusammensetzen, um eine Faktengrundlage zu schaffen. Das Gedächtnis setzt ja so in etwa mit 3-4 Jahren ein, das wäre schonmal ein Anhaltspunkt.
    Subjektiv formuliert, würde ich sagen, dass man beim Umgang den Eindruck haben muss, dass man mit einem Menschen interagiert und nicht mit etwas, das sich vergleichbar wie ein Tier verhält, also fast nur über Reflexe handelt.
    Es kann dazu keine verbindliche Faktenlage geben, höchstens eine, die man eben einfach festsetzt. Ein wissenschaftlicher Fakt wäre es dann aber noch lange nicht. Bewusstsein und Empathie sind keine Gegenstände, die man mit genug Suche im Körper finden kann. Die Definition der Begriffe selbst entscheidet über deren Vorhandensein.

    Aber darüber hinaus, Du würdest also tatsächlich bei einer solchen gezogenen Grenze, meinetwegen 3-4 Jahre sagen, dass die Ermordung eines Zweijährigen weniger strafwürdig ist?

    Zitat Zitat von nagetier
    Ja. Dadurch konnte ich ein denkender Mensch werden.
    Worauf Du aber eigentlich kein Recht hattest? War also Glück, dass die Bedingungen gestimmt haben?

    Zitat Zitat von nagetier
    Das Potential ist aber eine heikle Sache, denn das kannst du nicht definieren. Potential hat auch eine Zelle, ob befruchtet oder nicht.
    Außerdem müsstest du Singer ja dann auch darin Recht geben, dass Menschenaffen nicht weniger wertvoll sind als stark geistig behinderte Kinder.
    Ich gehe persönlich davon aus, dass ein Affe eher in der Lage ist, über seine Existenz zu reflektieren als ein menschlicher Säugling mit stark eingeschränkter Hirnfunktion.
    Ich bin durchaus offen für die Idee, Menschaffen auch Menschenrechte zuzugestehen. Pilotprojekte dazu gibt es auch schon.

    Entscheiden in meiner Definition ist mir, dass ein Mensch sich im Bezug auf sein Menschsein vor allem über eine Entwicklung definiert, sowohl persönlich als auch gesellschaftlich. Diese Entwicklung muss nicht an ein bestimmtes Sollkriterium gebunden sein, damit man sie als schützenswert ansieht.

    Zitat Zitat von nagetier
    Aber es wird gemacht und es wird moralisch akzeptiert, richtig?
    In manchen Fällen wird es gemacht. Moralisch akzeptiert wird es längst nicht von allen.

    Zitat Zitat von nagetier
    Das bezog sich wie auch der Rest des Posts auf die subjektive Wertschätzung, die wir Menschen entgegenbringen, obwohl wir behaupten, dass alle gleich wertvoll wären. Das ist also mehr eine Kritik am gesagten, als eine Befürwortung.
    Ja ist es denn jetzt so gemeint, wie es da steht, oder nicht? Hat ein Mensch Deiner Meinung nach mehr Wert, wenn er etwas besser kann und damit gesellschaftlich zu mehr Wohlstand beiträgt?
    [Bild: enterprise_d.gif]
    __________________________________
    ENERGIE !
    Jean-Luc Picard ist offline

  17. #97 Zitieren
    Drachentöter Avatar von nagetier
    Registriert seit
    Sep 2004
    Beiträge
    4.040
    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Ja, tut er. Bei der Frage, ob ein Säugling das Recht auf Leben hat, sind für Singer nicht die Belange des Säuglings maßgebend, sondern die Frage, wer ein Interesse an dem Fortleben des Säuglings hat. Wenn keiner daran ein Interesse hätte, dann wäre es bedeutungslos und nur sinnvoll, wenn er, der Säugling, nicht lebt.
    Der Säugling muss also, um ein Recht auf Leben zu haben, einem Zweck unterworfen sein, und zwar dem Zweck von jemand, dem Singer ein Recht auf Leben zugesteht.
    Du hattest es oben aber so formuliert, als ginge es nur um volkswirtschaftliche Interessen. Es ist ja auch gewissermaßen ein Zweck, wenn eine Mutter ihr Kind liebt. Aber aus sich heraus hätte der Säugling keinen Wert als Mensch, das ist richtig.
    Und als Person zählt er nicht, weil er zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestimmte Fähigkeiten nicht aufweist? Verliere ich mit zunehmen Alter dann auch Stück für Stück mein Recht auf Leben? Oder nehmen wir Komapatienten. In einem Moment ist er im Koma und weist bestimmte Fähigkeiten nicht auf. Im nächsten Moment kann er erwachen und „platsch“ er hat wieder seine vollen Rechte?
    Ich würde da schon differenzieren, da ein Komapatient quasi schon gelebt hat und sich ein soziales Umfeld aufbauen konnte, er quasi nur kurzzeitig nicht mehr im Besitz seiner Fähigkeiten, sozusagen im Standby, ist.
    Ein Säugling hat noch keine Persönlichkeit entwickelt, er ist eben noch ein potentieller Mensch, der noch nicht existiert hat. Insofern würde man nichts "auslöschen" wenn man ihn tötet, so wie man auch nichts auslöscht wenn man abtreibt oder verhütet. Man verhindert schlichtweg die Entstehung eines Menschen, aber man nimmt nicht einen bereits vorhandenen Menschen aus dem Leben. Ein Komapatient ist immer noch die selbe Entität, die selbe Person, und zwar die, die er auch nach seinem Aufwachen wieder sein wird. Dieser Mensch ist ja da und seine Persönlichkeit existiert, sie ist nur inaktiv. Ich hoffe, man kann ungefähr verstehen, was ich meine^^
    Da ist es schwieriger, ihm die Rechte zu nehmen, die er schon hatte, als bei einem Säugling, der noch nichts ist und noch nie etwas gewesen ist.
    Aber um uns nicht misszuverstehen: Könnte man sicher sagen, dass jemand aus dem Koma nicht mehr aufwacht, wäre in jedem Fall die Tötung sinnvoll.

    Was ich da nebenbei ganz interessant finde, ist besonders bei alten Menschen die Frage, ob ein Mensch das Recht zu sterben hat, und wenn ja, ob man dann durch die Verweigerung von Sterbehilfe dem Menschen nicht seine Mündigkeit, also sein Recht nimmt.
    Ja ja, das wird’s wohl sein…
    Es hat weder etwas mit Samariter zu tun, noch mit der Frage, ob ich lieber ein behindertes Kind hätte.
    Du betonst doch die ganze Zeit, wie wertvoll behinderte Kinder sind, dass sie nicht weniger wertvoll seien als gesunde Kinder.
    Trotzdem wäre es ein Schock und ein Unglück für dich, wenn dein Kind Trisomie 21 hätte. Warum denn? Wenn etwas für mich gleich wertvoll ist, dann macht es keinen Unterschied, ob ich das eine oder das andere bekomme. Warum treiben über 90% der Eltern ein Kind ab, bei dem diese Krankheit pränatal festgestellt wurde?
    Es ist doch wohl völlig offensichtlich, dass für uns ein behindertes Kind weniger wert ist als ein Gesundes, unser gesamtes Verhalten deutet darauf hin, und dennoch behaupten wir "offiziell" das Gegenteil.
    Das ist heuchlerisch.
    Wenn Eltern mit dem Gedanken an ein behindertes Kind nicht zu Recht kommen und das nicht wollen, dann mache ich ihnen daraus keinen Vorwurf. Allerdings ist dies häufig die Folge der gesellschaftlichen Prägung und eine Folge des Rates der Ärzte.
    [...]Vieles an dieser Belastung geht aber auf die gesellschaftliche Situation zurück,[...] Und genau da zeigt sich eben in aller Deutlichkeit, dass eine grundsätzliche Geringschätzung dieser Daseinsform direkt auf das Wohl dieser Menschen zurück schlägt.
    Das Stigmata ist natürlich eine zusätzliche Belastung und da ist es meiner Meinung einfach eine Sache von Höflichkeit, seine möglicherweise vorhandene Geringschätzung nicht zu zeigen, um andere nicht zu verletzen.
    Jedoch ist es doch einleuchtend, dass wenn wir verlangen, dass etwa (unser Standard Beispiel) Kinder mit Down-Syndrom abgetrieben werden müssen, es diese Krankheit nicht mehr geben wird und wir uns auch darüber keine Gedanken mehr machen müssten.
    Behinderte Kinder stellen ja auch an und für sich eine enorme Belastung dar, auch ohne gesellschaftlichen Druck.

    Übrigens: Auch wenn die Einteilung als Krankheit oder Normalität subjektiv ist, sollten wir uns darauf einigen, dass Trisomie eine Krankheit ist, schon gerade wegen der großen Belastung für die Angehörigen und der Organstörungen etc.
    Von daher ist es doch etwas "gutes" wenn wir die Rate der daran Erkrankten verringern, oder nicht?
    Und wie hoch darf die Wahrscheinlichkeit sein? (abgesehen davon, dass man zweifelsfrei wohl nie wird sagen können.) Oder stelle Dir die Frage mal anders. Sollte man, wenn es die Möglichkeiten gibt, solche pränatalen Diagnosen zur Pflicht erheben?
    Man muss bei solchen Fragen automatisch mit Mutmaßungen arbeiten. Und darauf aufbauend Urteile über „darf leben“ und „darf nicht leben“ zu fällen, halte ich für mehr als fragwürdig
    Ich denke schon, dass man das verpflichtend einführen sollte.
    Ich habe ja ganz bewusst gesagt, dass man die Ursache zweifelsfrei nachweisen können muss und das ist ja bei Gendefekten möglich.
    Bei einer erzwungenen Abtreibung wären die Schädigungen der Psyche wohl ungleich höher…
    Das wäre ein extremer Gewaltakt.
    Das kann ich nicht wirklich einschätzen, da ich keine Frau bin.
    Es kann dazu keine verbindliche Faktenlage geben, höchstens eine, die man eben einfach festsetzt. Ein wissenschaftlicher Fakt wäre es dann aber noch lange nicht. Bewusstsein und Empathie sind keine Gegenstände, die man mit genug Suche im Körper finden kann. Die Definition der Begriffe selbst entscheidet über deren Vorhandensein.
    Denkst du nicht, dass man theoretisch ein Kriterium xy finden könnte, von dem man sagen könnte, dass es eindeutig ein Bewusstsein vorraussetzt und bei Fehlen dieses oder eines anderen Kriteriums, dass eindeutig kein Bewusstsein vorhanden ist?
    Ich meine, wenn man auf sämtliche Reize hin keine Hirnaktivität feststellen kann, kann man sich schon verdammt sicher sein, dass kein Bewusstsein vorhanden ist, denn Hirnaktivität ist nunmal die Voraussetzung, um zu denken.
    Aber darüber hinaus, Du würdest also tatsächlich bei einer solchen gezogenen Grenze, meinetwegen 3-4 Jahre sagen, dass die Ermordung eines Zweijährigen weniger strafwürdig ist?
    Ja. Wobei sich das eigentlich nicht groß unterscheiden würde, da man den Eltern dadurch ja auch einiges antut. Die Bindung an die Eltern ist nach 2 Jahren schon enorm.
    Aber hey, es gibt auch Menschen, für die es das denkbar schlimmste ist, wenn man ihnen ihren geliebten Vierpföter nimmt. Das bedeutet ja nicht, dass Hunde Menschenrechte hätten.
    Worauf Du aber eigentlich kein Recht hattest? War also Glück, dass die Bedingungen gestimmt haben?
    Recht und Glück sind in dem Zusammenhang reichlich belanglose Wörter. Nein, ich hatte kein Recht, Ich zu werden. Es ist einfach so wie es ist. Ich bin da, ich denke, ich fühle, also bin ich ein Mensch. Ob das nun Glück, Pech, Recht oder Unrecht war - wen interessiert das?
    Ich bin durchaus offen für die Idee, Menschaffen auch Menschenrechte zuzugestehen. Pilotprojekte dazu gibt es auch schon.
    Manche neigen ja dazu, Affen allzu sehr zu vermenschlichen. Man sollte das nicht übertreiben, aber ein simpler Grundkanon an "Menschenaffenrechten" wäre wünschenswert. Wenn in Indonesien rasierte, geschminkte Orang Utan Weibchen an Ketten als Prostituerte gehalten werden, ist das für mich unmoralisch, auch wenn es keine Menschen sind.
    Entscheiden in meiner Definition ist mir, dass ein Mensch sich im Bezug auf sein Menschsein vor allem über eine Entwicklung definiert, sowohl persönlich als auch gesellschaftlich. Diese Entwicklung muss nicht an ein bestimmtes Sollkriterium gebunden sein, damit man sie als schützenswert ansieht.
    Na gut, aber ein Säugling hat ja nun noch keine Entwicklung durchlaufen und die Bezeichnung "potenzielle Entwicklung" könnte man eben auch für sämtliche anderen Vorstufen menschlichen Lebens benutzen.
    In manchen Fällen wird es gemacht. Moralisch akzeptiert wird es längst nicht von allen.
    Und sollte es deiner Meinung nach gemacht werden?
    Ja ist es denn jetzt so gemeint, wie es da steht, oder nicht? Hat ein Mensch Deiner Meinung nach mehr Wert, wenn er etwas besser kann und damit gesellschaftlich zu mehr Wohlstand beiträgt?
    Wir gestehen ihm mehr Wert zu, was aber an der Gesellschafts- bzw. Wirtschaftsordnung liegt. Das ist vergleichbar mit dem Adel und dem Plebs von früher. Es ist de facto so, dass manche Menschen mehr Wertschätzung bekommen als andere, weil wir alle vom Kapital abhängig sind, aber es sollte idealerweise nicht so sein.
    Wenn wir aber von Menschen sprechen, die wirklich zum Wohl der Gesellschaft beitragen, ohne irgendwem sonst dadurch zu schaden, dann würde ich sagen: Ja, die sind für mich in wertvoller. Das überträgt sich konsequenterweise auch auf die Moral, denn wenn so ein Mensch stirbt, empfinde ich es als schlimmer als bei einem anderen, bei dem es mir egal wäre.
    Ich würde sagen, dass diese Wertung zum Großteil unbewusst passiert.

    Zitat Zitat von Seraphin
    Die Aussage von Singer ist: Wir brauchen mehr Geld
    Geld ist nur ein äquivalentes Wort für Werte. Wenn wir ein europäisches behindertes Kind teuer aufpeppeln und dafür indirekt 3 andere eigentlich gesunde auf der Welt sterben lassen, ist das ein Eingeständnis, dass wir Menschen unterschiedlich werten. Und das ist nach Singers Ansicht eine falsche Wertung, denn nach ihm hätten die 3 Kinder mehr Anrecht darauf, erstens weil es drei sind und zweitens weil sie gesund sind.
    Dass du dich auf das Wort "Geld" versteifst, ist absurd. Darum geht es nicht. Singer ist doch kein raffgieriger Geschäftsmann oder Volksökonom.
    Es geht um den Wertevergleich, und ja, Geld spielt eine enorme Rolle. Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass man heutzutage auch Moral kaufen kann. Wer Geld hat, bekommt eine bessere Versorgung und hat mehr Recht auf Leben. Das ist gerade das, was ich durch Singer in diesem Satz angeprangert sehe, und nicht etwa das Gegenteil, wie du es behauptest.
    Wenn Singer also GELD sparen will warum nimmt er das GELD dann nicht von Bill Gates?
    Oder warum nicht dein Geld?
    Ich erzähl dir mal kurz etwas über das Geld: Bill Gates sitzt nicht daheim auf einem großen Geldspeicher rum. Er besitzt das Geld nicht, sondern er verfügt darüber wodurch er wirtschaftliche Macht ausüben kann. Das Geld befindet sich permanent im Wirtschaftskreislauf. Bill Gates hat lediglich die Macht, zu beeinflussen was damit gemacht wird.
    Du kannst also nicht hingehen und Bill Gates enteignen in der Form, dass du einige Tonnen Goldbarren aus seinem Haus trägst, sondern du kannst ihm nur die Bestimmungsmacht nehmen und das Geld anders anlegen.
    Durch die 50 Mrd (oder wieviel auch immer es gerade sind), die Bill Gates "besitzt", schadet er niemandem, es ist kein Verlust für die Volkswirtschaft, denn sie hat das Geld ja immernoch.
    Bei echten Verlusten, wie zum Beispiel einem Krieg oder einem teuren Gesundheitssystem, müssen echte Werte wie menschliche Arbeit oder Ressourcen dran glauben, die wo anders fehlen können.
    Von daher würde es keinen Sinn ergeben, Bill Gates zu enteignen. das Geld würde dann dort fehlen, wo es angelegt war.
    Außerdem: Warum sollte man überhaupt auf diese Idee kommen? Ich habe mein Windows und mein Office freiwillig gekauft und ich habe eine gute Gegenleistung für mein Geld bekommen. Warum sollte ich ihm das wieder wegnehmen wollen?
    Täglich werden tausende Menschen geschlagen, vergewaltigt, bedroht und verletzt. Diese Menschen brauchen Hilfe. SOFORT.
    Anstatt diesen Menschen zu helfen kümmert Singer sich um AFFEN.
    Und worum kümmerst du dich gerade? Um ein Forum? Geh doch und hilf den Menschen, die SOFORT Hilfe brauchen.
    Ein Denker kann unter Umständen mehr bewirken, als 1000 Menschenleben an Arbeitskraft leisten können.
    Die Aufklärer haben auch nachgedacht und debattiert, anstatt rauszugehen und den Unterdrückten Brot zu schenken. Und ich bin froh, dass sie das gemacht haben.
    Wobei es nicht schlimm wäre wenn du ihn nicht verstehst.
    Aber du verdrehst den Inhalt. Und damit habe ich ein Problem.
    Also unterlass das bitte - ja?
    Ich weiß nicht was das soll. Ich hab deinen Inhalt nicht verdreht. Ich habe eine Tatsachenbehauptung getätigt, nämlich die, dass alle Erwachsenen auf dem Papier die gleiche Rechte haben, und ich habe nirgends behauptet, dass du das gesagt hättest. Ich kann deine Aufregung irgendwie so garnicht nachvollziehen.
    Das hab ich doch im letzten Post schon geschrieben. Somit bleibt immernoch der Vorwurf an dich, dass du richtig lesen sollst. Und das ist keine Beleidigung, sondern eine ernsthafte Aufforderung. Ist echt ein guter Tipp und spart mir vor allem Mühe und Zeit.
    Zitat Zitat von Seraphin
    Zitat von Peter Singer(Spiegel-Interview)
    Nun, die Geburt ist schon von einer gewissen Bedeutung[...]Trotzdem betrachte ich die Geburt nicht als einen absoluten Wendepunkt, an dem man sagen könnte: Vorher hat der Fötus keinerlei Lebensrecht, nachher hat er dasselbe Lebensrecht wie jeder gesunde erwachsene Mensch.
    Klartext: Ein neugeborener Mensch, ein Kleinkind, hat nicht dasselbe Lebensrecht wie ein gesunder erwachsener Mensch.

    Der Mann hat seinen Ethik-Preis wirklich verdient.
    Du bist mir ja einer. Darüber diskutieren wir doch die ganze Zeit.
    Kannst du mir bitte genau erklären, was du an der zitierten Aussage anstößig findest? Die Geburt ist kein Wendepunkt. Oder willst du Lebensrecht von der Position vor oder hinter der Vagina festmachen?
    Also hör doch bitte auf, dich künstlich aufzuregen. An dem Satz ist wirklich nichts schlimmes.
    nagetier ist offline

  18. #98 Zitieren
    Deus Avatar von Sir Ewek Emelot
    Registriert seit
    Feb 2008
    Ort
    Peripatos
    Beiträge
    13.293
    Entschuldigung, aber ist es nicht wirklich völlig absurd, darüber zu debattieren, ob Säuglinge rechtlos sind? Kann es denn wirklich sein, dass einem nicht alleine schon jedes moralische Gefühl sagt, dass man mit so einer Annahme gänzlich auf dem Holzweg ist? Ein Säugling ist immerhin eigenständiges Leben.

    Übrigens weisen Untersuchungen darauf hin, dass Säuglinge bereits im Mutterleib prosodische Merkmale der Muttersprache gelernt haben: Sie haben offenbar schon mehr an menschlichen Eigenschaften, als man meinen könnte.
    Sir Ewek Emelot ist offline

  19. #99 Zitieren
    Drachentöter Avatar von nagetier
    Registriert seit
    Sep 2004
    Beiträge
    4.040
    Ich finde es nicht absurd. Ich finde es eigentlich absurder, dass ein Säugling die gleichen Rechte wie ein Erwachsener haben soll, der alles hat, was einen Menschen auszeichnet.
    Ich denke, dass schon das Erleben der Tat einer Kindstötung ein völlig anderes sein muss als der Mord an einem erwachsenen Menschen, der denkt und fühlt. Ein Säugling und ein Erwachsener unterscheiden sich einfach zu sehr, als dass man ihnen die gleichen Rechte geben könnte und im Gegenzug Tieren garkeine Rechte gibt.
    nagetier ist offline

  20. #100 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Quartier des Captains
    Beiträge
    6.789
    Zitat Zitat von nagetier
    Du hattest es oben aber so formuliert, als ginge es nur um volkswirtschaftliche Interessen. Es ist ja auch gewissermaßen ein Zweck, wenn eine Mutter ihr Kind liebt. Aber aus sich heraus hätte der Säugling keinen Wert als Mensch, das ist richtig.
    Der Begriff ökonomisch ist vielleicht etwas eingeschränkt, wobei eben rein ökonomische Werte ein Teil der Überlegung sind. Es geht darum, dass jemand Bestimmtes, bzw. die Gesellschaft einen Vorteil heraus zieht. Und daran soll der Wert gemessen werden. Dass Du schlicht sagst, dass dies richtig wäre, ist kein Argument. Wieso muss sich der Wert eines Säuglings daran messen, wem er etwas nützt? Wenn wir voraussetzen, dass ein Säugling Kraft seiner Ausstattung und Kraft seines Verhaltens ein Streben nach Überleben aufweist, und das tun Säuglinge, dann ist sein Recht auf Leben ein höchst eigener und von ihm abhängiger Wert und keine Frage nach seinem Nutzen für andere. Wenn diesem Streben nachgekommen wird, entwickelt er sich und entfaltet seine ihm innewohnenden Persönlichkeitsmerkmale. Wenn man dem nicht nachkommt, verweigert man ihn seine Entwicklung.
    Zitat Zitat von nagetier

    Ich würde da schon differenzieren, da ein Komapatient quasi schon gelebt hat und sich ein soziales Umfeld aufbauen konnte, er quasi nur kurzzeitig nicht mehr im Besitz seiner Fähigkeiten, sozusagen im Standby, ist.
    Ein Säugling hat noch keine Persönlichkeit entwickelt, er ist eben noch ein potentieller Mensch, der noch nicht existiert hat. Insofern würde man nichts "auslöschen" wenn man ihn tötet, so wie man auch nichts auslöscht wenn man abtreibt oder verhütet. Man verhindert schlichtweg die Entstehung eines Menschen, aber man nimmt nicht einen bereits vorhandenen Menschen aus dem Leben.
    Und was bitte soll ein Säugling dann sein, wenn er kein Mensch ist? Wenn ich jetzt zusammenfasse, dann komme ich darauf, dass Menschsein für Dich äußerst eingeschränkt ist. Man braucht nach seiner Geburt eine Zeit, bis man ein Mensch ist und mit der Zeit nimmt das Menschsein unter Umständen wieder ab, weil einem im Alter womöglich die nötigen Eigenschaften zum Menschsein wieder abhanden kommen.

    Man löscht natürlich etwas aus, wenn man einen Säugling tötet. Ein Säugling lebt, hat Bedürfnisse und beginnt quasi direkt nach seiner Geburt damit, neuronale Muster zu entwickeln und auf Reize zu reagieren. Menschen werden auch bereits zu frühester Lebzeit für ihr späteres Leben geprägt. Wie soll das möglich sein, wenn der entsprechende Zustand gar kein Zustand von Menschsein sein soll?


    Zitat Zitat von nagetier
    Ein Komapatient ist immer noch die selbe Entität, die selbe Person, und zwar die, die er auch nach seinem Aufwachen wieder sein wird. Dieser Mensch ist ja da und seine Persönlichkeit existiert, sie ist nur inaktiv. Ich hoffe, man kann ungefähr verstehen, was ich meine^^
    Da ist es schwieriger, ihm die Rechte zu nehmen, die er schon hatte, als bei einem Säugling, der noch nichts ist und noch nie etwas gewesen ist.
    Ein Komapatient ist also nach seinem Koma dieselbe Entität wie vorher. Man ist aber als Säugling nicht dieselbe Entität wie zu späteren Lebzeiten? Der Säuglingszustand ist zwingend notwendige Voraussetzung dafür, dass ein Mensch zu dem werden kann, was Du dann als Definition von Mensch gelten lässt. Es ist irrational zu behaupten, dass man zum Zeitpunkt X kein Mensch ist zum Zeitpunkt Y aber schon. Man wechselt doch nicht die Entität, sondern man entwickelt sich. Ein Komapatient kann sein vorheriges Leben auch nur dann wieder aufnehmen, wenn man ihm die Möglichkeit zugesteht, wieder erwachen zu können. Zum Zeitpunkt seines Komas kann er das definitiv nicht. Zu diesem Zeitpunkt müsste er also nach Deiner Logik kein Mensch sein.

    Zitat Zitat von nagetier
    Was ich da nebenbei ganz interessant finde, ist besonders bei alten Menschen die Frage, ob ein Mensch das Recht zu sterben hat, und wenn ja, ob man dann durch die Verweigerung von Sterbehilfe dem Menschen nicht seine Mündigkeit, also sein Recht nimmt.
    Gesetzlich ist das bei uns soweit ich weiß nur teilweise der Fall. Eine Patientenverfügung muss vorhanden sein, damit man in bestimmten Situationen die Geräte abschalten darf.
    Rein ethisch gesehen würde ich schon sagen, dass ein Mensch das Recht hat, sich für seinen Tod zu entscheiden.

    Zitat Zitat von nagetier
    Du betonst doch die ganze Zeit, wie wertvoll behinderte Kinder sind, dass sie nicht weniger wertvoll seien als gesunde Kinder.
    Trotzdem wäre es ein Schock und ein Unglück für dich, wenn dein Kind Trisomie 21 hätte. Warum denn? Wenn etwas für mich gleich wertvoll ist, dann macht es keinen Unterschied, ob ich das eine oder das andere bekomme. Warum treiben über 90% der Eltern ein Kind ab, bei dem diese Krankheit pränatal festgestellt wurde?
    Es ist doch wohl völlig offensichtlich, dass für uns ein behindertes Kind weniger wert ist als ein Gesundes, unser gesamtes Verhalten deutet darauf hin, und dennoch behaupten wir "offiziell" das Gegenteil.
    Das ist heuchlerisch.
    Es wäre ein Schock und ein Unglück, weil ich weiß, was diese Tatsache für mich und für das Kind bedeutet. Nämlich viel Anstrengung, viele Beeinträchtigungen und harte Kämpfe. Das nimmt aber doch dem Kind nicht seinen Wert als Individuum. Das Kind ist doch keine Maschine, die fehlerfrei funktionieren muss, damit man sie auch verwenden kann.

    Die hohe Abtreibungsrate entspringt dem gesellschaftlichen Verhalten gegenüber Trisomie. Wenn sowohl ärztliche Urteile als auch die gesellschaftliche Akzeptanz in hohem Maße gegen das Leben von Menschen mit Trisomie sind, dann ist dadurch ein Klima geschaffen, in dem entsprechend viele Menschen abtreiben. Die Entscheidung für die Abtreibung sagt etwas über das Verhalten der Menschen aus, etwas über die Gesellschaft, etc. Es sagt nichts über den Wert des Lebens von Menschen mit Trisomie aus. Wir sind damit schon wieder an dem Punkt, dass Du ein bestimmtes gesellschaftliches Verhalten als Begründung dafür hernimmst, dass man es auch zur Regel erheben sollte, da eine anders lautende Regel für Dich offenbar heuchlerisch ist. Meinst Du das diesmal auch so, oder geht es wieder um die Empörung über die Empörung?

    Zitat Zitat von nagetier
    Das Stigmata ist natürlich eine zusätzliche Belastung und da ist es meiner Meinung einfach eine Sache von Höflichkeit, seine möglicherweise vorhandene Geringschätzung nicht zu zeigen, um andere nicht zu verletzen.
    Jedoch ist es doch einleuchtend, dass wenn wir verlangen, dass etwa (unser Standard Beispiel) Kinder mit Down-Syndrom abgetrieben werden müssen, es diese Krankheit nicht mehr geben wird und wir uns auch darüber keine Gedanken mehr machen müssten.
    Behinderte Kinder stellen ja auch an und für sich eine enorme Belastung dar, auch ohne gesellschaftlichen Druck.
    Äh, wie? Wir müssen also bestimmte Menschen ganz einfach nur aus der Gesellschaft verschwinden lassen, dann müssen wir uns auch keinen Kopf mehr um den Umgang mit ihnen machen? Das kann jetzt wirklich nicht Dein Ernst sein.

    Zitat Zitat von nagetier
    Übrigens: Auch wenn die Einteilung als Krankheit oder Normalität subjektiv ist, sollten wir uns darauf einigen, dass Trisomie eine Krankheit ist, schon gerade wegen der großen Belastung für die Angehörigen und der Organstörungen etc.
    Von daher ist es doch etwas "gutes" wenn wir die Rate der daran Erkrankten verringern, oder nicht?
    Nein, das ist es eben nicht zwangsläufig. Die Rate verringern geht nämlich nur, wenn man nicht mehr zulässt, dass diese Menschen leben dürfen. Das ist etwas völlig anderes, als ein medizinisches Heilmittel. Man rottet damit keine Krankheit aus, keinen Erreger oder Sonstiges, sondern man rottet bestimmte Menschen aus.

    Zitat Zitat von nagetier
    Ich denke schon, dass man das verpflichtend einführen sollte.
    Ich habe ja ganz bewusst gesagt, dass man die Ursache zweifelsfrei nachweisen können muss und das ist ja bei Gendefekten möglich.
    Du willst Eltern also erst zwingen, Tests zu unternehmen, die pränatal schon mal eine Gefahr für das Kind bedeuten, um sie dann womöglich zu zwingen, das Kind abtreiben zu lassen? Und das soll humanistisch sein?

    Zitat Zitat von nagetier
    Das kann ich nicht wirklich einschätzen, da ich keine Frau bin.
    Du kannst Dir nicht vorstellen, dass es eine psychische Tortur ist, wenn man zu einer Operation gezwungen wird, bei der Dein ungeborenes Kind abgetötet wird, gegen Deinen Willen? Entschuldige, aber man muss doch keine Frau sein, um darüber zu urteilen.

    Zitat Zitat von nagetier
    Denkst du nicht, dass man theoretisch ein Kriterium xy finden könnte, von dem man sagen könnte, dass es eindeutig ein Bewusstsein vorraussetzt und bei Fehlen dieses oder eines anderen Kriteriums, dass eindeutig kein Bewusstsein vorhanden ist?
    Ich meine, wenn man auf sämtliche Reize hin keine Hirnaktivität feststellen kann, kann man sich schon verdammt sicher sein, dass kein Bewusstsein vorhanden ist, denn Hirnaktivität ist nunmal die Voraussetzung, um zu denken.
    Auf der Ebene zwischen einer Unterscheidung von Hirntod oder nicht Hirntod kann man das vielleicht schon. Aber was soll das bringen?

    Zitat Zitat von nagetier
    Ja. Wobei sich das eigentlich nicht groß unterscheiden würde, da man den Eltern dadurch ja auch einiges antut. Die Bindung an die Eltern ist nach 2 Jahren schon enorm.
    Aber hey, es gibt auch Menschen, für die es das denkbar schlimmste ist, wenn man ihnen ihren geliebten Vierpföter nimmt. Das bedeutet ja nicht, dass Hunde Menschenrechte hätten.
    Nicht nur den Eltern tut man damit etwas an, sondern auch dem Kind. Man tötet es nämlich und ich komme mir gerade etwas absurd vor, dass ich das tatsächlich als Erläuterung aufschreibe. Ein Zweijähriges Kind redet, denkt, spielt, freut sich, ist wütend, fantasiert…ich könnte diese Aufzählung lustig weiter treiben. Du wirst jetzt entgegen, dass die zwei Jahre eine Beispielgrenze gewesen sind. Wenn wir ein Jahr weiter zurückgehen sieht es allerdings nicht entscheidend anders aus.

    Zitat Zitat von nagetier
    Recht und Glück sind in dem Zusammenhang reichlich belanglose Wörter. Nein, ich hatte kein Recht, Ich zu werden. Es ist einfach so wie es ist. Ich bin da, ich denke, ich fühle, also bin ich ein Mensch. Ob das nun Glück, Pech, Recht oder Unrecht war - wen interessiert das?
    Das ist keineswegs belanglos. Es ist nämlich nicht einfach so wie es ist, es wurde bewusst so gehandelt, dass es jetzt so ist, wie es ist. Man hätte auch völlig anders handeln können. Und ob man so oder so handelt, hängt genau an den Definitionen, über die wir reden. Dass Du jetzt Du bist, war davon abhängig, ob Dir die Gesellschaft ein Recht auf Dein Leben zugestanden hat.
    Zitat Zitat von nagetier
    Na gut, aber ein Säugling hat ja nun noch keine Entwicklung durchlaufen und die Bezeichnung "potenzielle Entwicklung" könnte man eben auch für sämtliche anderen Vorstufen menschlichen Lebens benutzen.
    Ein Säugling hat schon jede Menge Entwicklung durchlaufen, und er tut es auch weiter, wenn man ihn lässt. Aber ja, potenzielle Entwicklung trifft auch auf andere Vorformen zu. Ein Säugling hat aber bereits eine konkrete Entwicklung, er ist geboren und hat alles Nötige dafür entwickelt.

    Zitat Zitat von nagetier
    Und sollte es deiner Meinung nach gemacht werden?
    Manchmal ja, manchmal nein, es kommt auf die Situation an.
    [Bild: enterprise_d.gif]
    __________________________________
    ENERGIE !
    Jean-Luc Picard ist offline

Seite 5 von 7 « Erste 1234567 Letzte »

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •