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" ... Der Schönen haupt so wunderfein,
klong!
die Haut ganz seidig zart und weich,
klong!
als wie aus einem fernen Reich,
klong!
sie wird nur nie die meine sein ..."
klong!
"Na! Dich hat der Dichter bestimmt nicht als Vorbild genommen mein Freund. Du taugst gerade noch als Zeitvertreib für müde Füße.", erklärte Sheila dem alten, vergilbten Schädel vor ihrem staubigen rechten Stiefel und blieb stehen.
"Und selbst damit hast du jetzt ausgedient, das war keine überzeugende Vorstellung!" Erklärte sie mit entschuldigendem Blick, als wolle sie sich für das Kommende entschuldigen. Kurz darauf ließ sie ihren Fuß nach vorne schnellen. Ein letztes, lautes klong! und das knöcherne Stück Menschenrest flog in hohem Bogen über die Dünen und hinterließ nur eine kleine Staubwolke, die sich alsbald ebenso verflüchtigte.
Stille kehrte ein und ohne sich weiter aufzuhalten zog die Assassinen weiter ihre Spuren durch den Sand.
Die Vergangenen Tagen, nein nein nein, die vergangenen Monate waren hart gewesen. Müde und geplagt von zumeist ziellosem Reisen hatten in Shei das leise Verlangen geregt, mal wieder so etwas wie zuhause zu sein.
Nach Stunden schließlich hob sie die ersehnte Sillouette der Assassinen Hochburg aus der staubigen Weite Varants. Weit breitete die Stadt ihre Arme aus, wobei unmöglich zu erahnen war, ob diese Geste in einer innigen Umarmung oder einem festen Würgegriff enden würde. Man konnte nur hoffen, dass es eine halbwegs angenehme Mischung aus beidem sein würde.
"Sieh an, sieh an, sieh an. Sie steht tatsächlich noch!", bemerkte Sjadu mit anerkennender Miene, um kurz darauf mit einem schiefen Grinsen in Mucks Richtung hinzuzufügen. "Muss wohl daran liegen, dass wir lange nicht mehr hier waren, hm?!"
Geändert von Sheila (03.09.2010 um 18:32 Uhr)
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Es war nicht nur für Ceron eine erholsame Nacht gewesen. An ihm hatte die magische Kraft gezehrt, die er für Jils Rettung aufwenden musste, aber auch Angelina hatte die letzten Nächte kaum ein Auge zu getan.
An diesem wunderschönen Morgen nach dem Frühstück in der Taverne wollte die kleine Magierfamilie ihre Reise Richtung Bakaresh fortsetzen. Shaheen war immer noch nicht aufgetaucht und wenn Angelina ehrlich war, legte sie auch keinen Wert drauf. Natürlich war sie ihr dankbar das sie Jil gerettet hatte, aber das rechtfertigte nicht das ganz mit ihr verschwunden war.
„Was passiert eigentlich mit den Satteltaschen?“, fragte sie, als sie versuchte das Gepäck zu verstauen. „Ach du meinst die Bücher? Die nehmen wir mit. Vielleicht taucht sie ja irgendwann im Kastell auf und wenn nicht... dann eben nicht.“ „Hm, na gut wie du meinst.“, antworte Angelina. „Deshalb bekomme ich trotzdem nicht alles unter...“, flüsterte sie vor sich hin. Irgendwann schaffte sie es dann doch alles in Amatos Satteltaschen zu quetschen. Wäre ja auch komisch, denn zuvor gings ja auch.
Dann konnte es endlich los gehen. Ceron schwang sich mit neuer Kraft auf seinen Schimmel und Jil saß vor Angelina im Sattel des Rappen. Die Pferde waren gut versorgt worden und deshalb trabten sie ohne müde zu werden durch die Wüste. Ben Erai hatten sie gegen Mittag erreicht und dort einen kleinen Zwischenstopp eingelegt. Das Angebot in der Taverne dort war spärlich, aber störte die Reisenden nicht weiter, denn bald würden sie wieder die Köstlichkeiten des Refektoriums genießen können. Nachdem Jil noch ein wenig herum getollt war, eine Wüstenblume gepflückt und sie ihrer Mama geschenkt hatte, ritten sie weiter Richtung Süden.
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Olirie war wirklich einer der schlausten und begabtesten Menschen, die Ormuss in dieser öden Welt bisher kennengelernt hatte. Seine Weltkenntnis und Kombinierungsgabe waren beeindruckend. Natürlich sprechen Vorurteile gegen die anderen Menschen, mit denen er nicht so lang verweilt hatte und die ebenso insgeheim einen gewissen Intellekt besitzen konnten. Aber der Exmagus gab sich auch nicht mit jedem beliebigen Geiste ab, der ihn aufsuchte - er war es in der Regel, der den Menschen die Chance gab, sich zu bewähren. Und Olirie schlug sich bisher gut.
Sie waren weiter gezogen, nach Süden, wo sie sich erhofften, alsbald eine große Tempelanlage und eine noch prächtigere Oase zu sehen. Und Pflanzen, es waren garantiert Pflanzen, die für die folgende Prüfung, würde es zu einer ausarten, entscheidend waren. Hier in der Wüste wuchsen in der Regel nur wenige Pflanzen und die, die die sengende Hitze überstanden, hatten allesamt gewisse Schutzmechanismen entwickelt. Zu Dornen umgewandelte Blätter schützten vor Transpiration und boten zugleich Schutz vor hungrigen Tieren; manche bargen zudem gefährliche Gifte. Palmen wuchsen so hoch, dass das Vieh nur seinen Leib am harschen Stamm reiben konnte, nicht aber an Blätter oder Früchte gelangte. Agaven bildeten dicke, kräftige Blätter zur Wasserspeicherung. Ormuss stellte sich mit leichtem Unbehagen eine Unmenge dieser Gewächse vor, die aus welchem Grund auch immer Al Shedim überwuchert hatten.
Sie überquerten eine Düne. Es war mühsam, das angeschlagene Trampeltier nicht zurück und seinem Schicksal zu überlassen, doch eher noch starb Ormuss mit ihm. Daher kamen sie nur entsetzlich langsam voran, konnten aber eben über alles sinieren, was war, was ist und was werden wird.
"Ihr seid ein schlauer Mensch, Olirie", sagte Ormuss, als sie die nächste Düne erklimmen wollten, "Sagt, habt ihr die Flora in eurer Oase gut kennengelernt? Es ist möglich, dass wir es bald mit pflanzlichem Übel zu tun bekommen, wenn meine Vision der Wahrheit entspricht."
Ehe Olirie antwortete, hatten sie den Hügel erklommen. Weit in der Ferne konnte man einen großen, dunklen Fleck zwischen Dünen und Gestein aufragen sehen. Und davor eine Oase des Lebens...
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Ein wenig geschmeichelt fühlte olirie sich schon von Ormuss Kompliment, doch anmerken ließ er es sich nur durch ein leichtes lächeln. Sicher für die Verhältnisse dieser grausamen Welt und besonders dieser öden Wüste konnte man ihn durchaus als belesen bezeichnen, wusste hier doch kaum einer ein gutes Buch anständig zu würdigen. Viel zu viele dachten eher mit dem kalten und geschärften Stück Metall, welches sie mit sich rumtrugen, als mit ihrem Kopf.
olirie wollte gerade beginnen, von der Flora seiner kleinen Oase zu berichten, da erschien sie vor ihnen. Der Gipfel des Hügels, den sie soeben noch bestiegen, war erreicht. In der Ferne sah man zwischen den Dünen der Wüste eine Art alte Siedlung mit Oase. „Eine wahrlich grüne Stadt“, bemerkte olirie. Doch Ormuss Blicke sahen alles andere als Glücklich aus, sie schienen eher besorgt. Selbst Exile schien unruhig und war sich dem Anschein nach nicht sicher, ob es besser wäre direkt zur Oase zu trotten oder doch besser Kehrt zu machen. Das verstand olirie nicht. Er war überzeugt, beim ersten Sichtkontakt mit Al Shedim freudige Reaktionen der beiden zu sehen. Stattdessen schienen beide sehr angespannt.
„Ihr habt mich eben nach der Flora meiner Oase gefragt, bezüglich einer pflanzlichen Bedrohung. Erkennt Ihr sie etwa schon? Ich sehe vor mir nur eine wunderschöne Stadt, deshalb frage ich lieber ob der Schein auf die Entfernung vielleicht trügt.“ Bei diesen Worten deutete olirie mit seinem Zeigefinger in Richtung der vor ihnen liegenden Oase. „Doch muss ich euch auch enttäuschen. Die Pflanzen meiner Oase sind allesamt friedlich und stellen keinerlei Bedrohung dar. Es gibt nicht einmal mehr ein Problem mit Unkraut. Das kleine Ökosystem reguliert sich selbst, sodass ich nie gezwungen war groß einzugreifen. Doch bin ich mir sicher, hätt ich es getan, so wäre dadurch das empfindliche Gleichgewicht gestört gewesen und der gesunde Fortbestand des Wäldchens abhängig vom Menschen. Greift man einmal in ein derartiges System ein, so können die Konsequenzen vielfältig sein. Pflanzen und Tiere sind auf eine optimale Symbiose miteinander angewiesen. Ist ein Aspekt gestört, so kann das Gesamte System in Mitleidenschaft gezogen werden. Doch schweife ich langsam vom Thema ab. Lasst uns weitergehen, mich reizt es, diese beeindruckende Stadt aus der Nähe zu betrachten.“
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"Mich verwundert es ein wenig, dass sie den Wargen nicht gefolgt ist", meinte Ceron nach einiger Zeit. "Wahrscheinlich hatte sie gefühlt, dass die Skelette von mir kontrolliert worden waren und..." - "Jil dann in Sicherheit geglaubt", ergänzte Angelina seinen Gedanken. "Vielleicht", murmelte der Hohepriester, dem dieses fadenscheinige Argument zwar nicht gänzlich behagte, aber dennoch genügte. Ehe er seinen Schimmel jedoch Amato nachtraben liess, warf er noch einen letzten Blick über die Schulter in Richtung Pass und Braga.
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Mora Sul
„Oh... mach mal ein bißchen schneller. Mir brennt der Arsch und jeder Knochen schmerzt“.
Der Berg war erklommen und das Ziel der ersten Etappe endlich in naher Sicht, Bardasch wohl bald am Ende seiner körperlichen Kräfte und Ravenne wohl bald am Ende ihrer Gedult. Ihm ging es weniger schlecht, als kurze Zeit zuvor in Al Shedim noch, aber die wenige Belastungsfähigkeit des Mannes schürte bei Diesem nicht nur den Gedanken an die Sorge um die eigene Gesundheit, sondern auch den Zorn.
Es war eben nicht einfach erkennen zu müssen, das die goldigen Zeiten bald Geschichte sein würden und ihm wohl eine Zukunft bevor stand, bei der man sich am Liebsten den Dolch zwischen die Rippen stach. Aber das änderte nichts an der Tatsache an dem Zustand nichts ändern zu können. An diesem Zustand nichts ändern zu wollen und dem Alkohol auf lange Sicht, oder gar für immer zu entsagen. So war es wohl bei den meisten Alkoholikern, die bei jeder eintretenden Besserung – und war sie auch nur so gering – gleich vergassen, auf welch dünnem Eis sie sich bewegten.
Und wenn die Realtität wie wieder hart traf, quitierten sie es mit mitleidigem Einsehen, welches keinerlei Wert besaß und letztendlich mit Erklärungen, die nicht nur andere von der Wirklichkeit ablenken, sondern auch den eigenen Geist verarschen sollten.
„Ich schlage vor, wir peilen als erstes die Taverne an. Da kannst Du mir wärend wir essen von Deinen Erkenntnissen berichten“, meinte der Nomade, doch seine Gedanken meinten eher den Alkohol, auf den er nicht mehr länger verzichten konnte.
„Das was Du sagtest, war etwas dürftig. Ich brauche schon mehr Informationen. Fang am besten nochmal von vorne an und berichte... von vorne“, eine Aufforderung, die daraus resultierte, das der Nomade sich nicht mehr erinnerte. Lücken in seinem Gehirn, die ihm erneut Kopfzerbrechen bereiteten, doch nicht so vordergrundig, wie die Gier nach einem guten Schnaps.
„Hey hey!“, nahm Bardasch den Kameltreiber wahr, doch der reagierte kaum, daß die folgenden Worte der Stummen galten.
„Hilf mir mal runter. Schnell... der haut ab. Halt ihn auf. Na... mach schon. Simún braucht nen Platz für die Nacht!“.
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Küstengebiet kurz vor Al Shedim
»Neue Lande, neue Luft.«
»Und wärmer als ich dachte«, warf Tayon ein und machte sich bereit, das Anlegemanöver zu befehligen. Al Shedim war von Deck aus schon gut auszumachen und bot ein eher ungewohntes Bild für die Seefahrer. Das grüne Myrtana lag hinter ihnen und das grau-gelbe Varant drückte sich ihnen förmlich auf. Mit einer Brise fegte es ihnen die ersten Sandkörner entgegen und hieß sie in den eher kargen Landen willkommen. Doch hie und da am Meeresufer zeigten sich hochgewachsene Palmen, welche die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zogen.
»Hauptsegel reffen«, rief Tayon, stand breitbeinig auf dem Achterdeck und schaute ihrem Ziel entgegen. Sofort wurden die Matrosen geschäftig und trappelten über Deck. Die Maera machte gute Fahrt und hatte mit einem Starken Südwind zu kämpfen, der ihnen das Anlegen nicht vereinfachte. Die Gischt der Welle kletterte die Bordwand hoch, machte aber rechtzeitig halt um ihnen keine nassen Füße zu bescheren.
Suzuran stand, mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht an der Reling und spähte über die Wassermassen. Sie hatte ihren Bestimmungsort schnell erreicht, wenn man es mit der Zeit verglich, die sie für einen Fußmarsch brauchen würde. Ganz abgesehen von den Gefahren, die man auf dem Wasser so spielend leicht umschiffen konnte. Mit wiegendem Schritt näherte sich ihr der Kapitän, ließ aber seine Pfeife stecken, auch wenn es ihn in den Fingern juckte, wenn er so eine spontane Feuerquelle neben sich zur Verfügung hatte. Er wusste nicht wie sie es machte und es war ihm auch egal. In jedem Fall verdammt praktisch.
»Endlich sehe ich mal diesen Fleck Land wieder«¬, sprach Cotton und stellte sich neben sie. »Hoffe du findest dich hier zurecht, denn wenn du nicht heute oder morgen zurückwillst, wirst du deinen Weg alleine nach Hause finden müssen.«
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Mora Sul
Die Taverne, wie fast schon zu erwarten war. In letzter Zeit wurde Bardasch schnell mürrisch, sie kamen nicht gut voran in der Wüste, offensichtlich nicht so gut, wie er wollte. Er wollte noch mal, dass sie alles erzählte, mittlerweile schon zum dritten Male. Ihr blieb nichts anderes übrig, wie sonst. In den letzten Tagen war auch sie launisch geworden, was weniger an Bardasch als an der Reise als solche lag. Alles, was sie hatte tun können, war gewesen, Tael hastig einige Aufträge zu geben, was er in ihrer Abwesenheit machen sollte, das war der erste nervtötende Punkt, die erste Sache, die ihr auf der Seele lag. Sorge um ihre Goldschmiede. Und der zweite Punkt war die Tatsache, dass es sich in Bewegung einfach nur schlecht schreiben ließ, und viele Andeutungen, irgendeine Nachricht übermitteln zu wollen, waren in Missverständnissen oder Nichtbemerken untergegangen. Letztendlich hatte sie beim letzten Teil der Reise nach Mora Sul nur die Hände still gehalten und bei schlechter Laune den einen oder anderen bösen Blick geworfen.
"Schnell... der haut ab. Halt ihn auf. Na... mach schon. Simún braucht nen Platz für die Nacht!"
Sie warf Bardasch einen kurzen Blick zu und folgte dem Kameltreiber in die Menge. Er war schnell und wendig, doch durch einen Trick beim Fangen-Spiel konnte sie ihn festhalten, als er einen Bogen laufen wollte. Beinahe gewaltsam zog sie den Kameltreiber zu Bardasch zurück, konnte ja schlecht die Tafel ziehen und schreiben, ohne ihn loszulassen. Sollte Bardasch das doch regeln, er war ja des Redens mächtig. Derweil legte sie sich die Worte zurecht, mit denen sie ihm die Lage erklären wollte, zum dritten Mal. Gut, beim ersten Mal hatte sie wohl zu viele Abkürzungen verwendet und beim zweiten Mal hatte er wegen des Schwindels kaum lesen können.
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Mittlerweile hing der Nomade halb auf dem Boden und erreichte den erleichternden Grund in dem Moment, in dem Ravenne mit dem Flüchtenden zurück kehrte.
„Was bei Beliar...“, begann Bardasch, doch bisher war es erst ein Bein, welches den Stand sicher erreicht hatte. Das andere hing noch halb an dem Steigeisen.
Der passende Moment die Stumme um Hilfe zu bitten, doch dem Nomaden war eher danach, sich nach wütender Manier aus der Falle zu befreien.
„Scheiße... Scheiße und nochmals Scheiße!“, fluchte es aus Munde des Prothesenträgers, dessen hängendes Ersatzteil sich endlich durch einen kräftigen Ruck löste,... der den Nomaden allerdings auch fast zu Fall brachte.
„Dafür sollte ich Dir!...“, gebrüllt, pausiert und schließlich nur noch gedacht ... die Fresse polieren.
„Hast Du mich nicht gehört?“, die Antwort darauf war aber auch egal. Es war genug Zeit vergeudet und die Not des Nomaden mittlerweile auch noch eine Andere.
Endlich verhandelte man und es konnte weiter gehen.
„Geh mit ihm“, entschied Bardasch und drückte dem Vöglein eine Kette, sowie ein Schloss in die Hand, welches der Goldschmiedin sicherlich bekannt sein durfte.
„Leg das Pferd an die Kette. Der Abschaum hier verarscht einen am Ende nur. Simún ist schließlich mehr wert als das Gold, welches ich für das Abstellen zahle.
Wir treffen uns dann bei der Taverne“, war die letzte Instruktion, mit der Bardasch die Stumme nun einfach zurück lies. Er würde sich bis dahin schonmal die ersten Schnäpse gönnen.
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Küstenregion kurz vor Al Shedim
Warme Luft umhüllte ihren Körper. Der Ort roch anders, weit und breit keine Wälder, nur Wasser seit Tagen und jetzt die ewig weite Wüste, die sie in ihrem Leben noch nie erblickt hatte.
Al Shedim lag vor ihr, das Ziel, das sie einfacher erreicht hatte als am Anfang gedacht. Was jedoch in der Wüste schlummerte, was auf Suz zukommen würde und wie ihre fremde Gestalt bei den Wüstenmenschen ankommen würde, stand noch in den Sternen.
Bisher war die Gesandte noch in sicherer Entfernung auf der Maera, gab sich leicht schwankend unter brechenden Wellen dem Bild hin, das sich vor ihr aufgebaut hatte, als sich Cotton Gray, der hilfsbereite Kapitän der Maera, der ihr die Überfahrt ermöglicht hatte, näherte.
"Ihr ward schon einmal hier?", fragte Suzuran. "Wie sind sie so? Kennt ihr euch aus?..."
Mit leicht gerunzelter Stirn blickte sie den Bärtigen an, bloß nicht sein Glasauge anstarren...
Sie würde den Weg alleine gehen müssen, hatte keinen bekannten Ansprechpartner mehr, wenn sie erstmal einen Fuß auf das fremde Land gesetzt hatte. Höchstens Aniron war ihr ein Begriff, die Schülerin Ornlus, deren Heiratsantrag sie in Silden miterlebt hatte.
"Wohl oder übel muss ich ohne euch den Weg nach Hause antreten müssen, in so kurzer Zeit werde ich die Dinge nicht erledigen können, die mich veranlassten hier zu sein..."
Cotton schien zu überlegen, was er antworten konnte, so schob Suzuran noch die Antwort auf seine Frage hinterher, ehe sie ihn fragend anblickte.
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Das raffinierteste Schloss, das sie je hergestellt hatte, und nun sollte es statt Tür und Tor ein Pferd halten! Sie fühlte sich in ihrer Ehre als Goldschmiedin gekränkt. Vor allem auch dank der Tatsache, dass Pferdediebe, wenn sie Simún wirklich stehlen wollten, bestimmt ein Mittel fanden, ihn der Kette zu entledigen. Egal, wo sie die Kette festmachen würde, an Zaumzeug oder an seinem Hals, oder gar den Beinen oder sonstwo. Rätselnd blickte sie auf Kette und Schloss und folgte dem Kameltreiber. Das zweite Problem folgte auf dem Fuße: Es gab keinerlei Möglichkeit, Simún irgendwo festzubinden. Ratlos schaute die Goldschmiedin sich um, nach irgendeiner Möglichkeit, Bardaschs Befehl nachzukommen. Simún direkt anzurühren, wagte sie nicht, und die Stalltür zu verriegeln, wäre unklug. Allerdings bemerkte sie, dass es einiger Kletterarbeit bedurfte, die Boxentür zu überwinden.
Nach getaner Arbeit betrat sie die Taverne, ging zu Bardasch, der Kette und des Schlosses entledigt. Dann zückte sie die Tafel.
Simún sollte nun sicher sein.
Was die Sache mit dem Diebesgut angeht, so habe ich Hinweise bekommen, es hier zu suchen. Die Keramiksachen werden wohl unrettbar verloren sein und der Dolch müsste sich als Mordwerkzeug bei der Stadtwache befinden. Außerdem sollen wir bei Sklaven nach dem Schmuck Ausschau halten, glaube ich, war es. Der Informant neigte zu seltsamer Umschreibung.
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»Dann hoffe ich, dass du findest was du suchst. Aber lass dir einen Tipp geben. Durchquere die Wüste nicht alleine, wenn du die Gegend hier verlässt. Nimm dir einen Führer, auch wenn er dir ordentlich Gold dafür abzwacken wird. Ist nur zu deinem Besten, sonst verschwindest du noch in einem der vielen Treibsandstellen, ohne dass es jemand mitbekommt. Ich sag dir… als ich früher mal hier war, da habe ich diesen Ort verflucht, weil mich keiner dieser Banausen hier herausführen wollte. Alle beschäftigt – zumindest so viel, um einen Typen wie mich zu übersehen. Aber dieses Mal muss ich mir darüber keine Sorgen machen.«
Tayon rief einen Befehl und die Maera drehte hart bei, um parallel zur Anlegestelle zu stehen. Mit dem Restschub näherte sie sich langsam dem Pier. Leider war es nicht wie in größeren Häfen, dass Arbeiter an Land die Taue entgegennehmen konnten und es sicherten. Das Manöver dauerte ein wenig länger als erwartet, doch schien es weder dir Crew, noch ihr einziger Gast sehr eilig zu haben.
»Und da sind wir. Ich hoffe die Überfahrt war zu ertragen. Mir ist nichts aufgefallen, aber du wärst nicht die erste, die seekrank geworden wäre. Habe schon reiche Bonzen kotzen sehen, das glaubst du garnicht.«
Suzuran lachte – wahrscheinlich weil sie nicht erwartet hatte, solche Worte aus dem Mund des Kapitäns zu hören. Er selbst war auch erstaunt, wie gesprächig er bei ihr war. Er hatte zumindest das Gefühl, dass sie ihm auch zuhörte, wenn er von sich und seiner Vergangenheit erzählte. Ein alter Mann, der seinen Erinnerungen Flügel verleihen muss.
»Mir geht’s gut«, sagte sie und gab ihm die Hand.
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„Ich glaube, Dein Informant war ein armer Irrer, der sich wohl vor dem weiblichen Geschlecht interessant machen wollte. In diesem Falle vor Dir. Glaubst... glaubst Du diesen Schwachsinn wirklich?“, nun hob der Nomade seinen Blick und durchbohrte damit die Augen der Frau.
„Diese Information ist einen Dreck wert, Ravenne. Was sollte der Schmuck in den Händen von Sklaven und wie kommt Dein Informant auf die Idee, das der Dolch ein Mordwerkzeug wäre?
Er muss Dir doch mehr gesagt haben, das Du seinen Worten Glauben schenkst!“.
Irgendwo sollte Ravenne aber die Möglichkeit haben, ihren Willen diesem Hinweis zu folgen, zu erklären. Vielleicht besaß die Frau ja Gedankengänge, die dem Mann noch im Verborgenem blieben.
„Wer ist dieser Mann?... Namen. Wer ist er, daß er in so kurzer Zeit, auf solch eine Distanz mit solchen Informationen kommen kann?“.
Das neue Getränk war im Anmarsch, aber dieses Mal stellte Bardasch den geleerten Becher nicht auf dem Nachbartisch ab.
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Na toll, schon wieder verärgert. Wie immer, wenn sie etwas unternahm. Die Quelle war möglicherweise nicht vertrauenswürdig, aber ihr einziger Hinweis gewesen, was, bitteschön, hatte Bardasch denn diesmal wieder auszusetzen?
Dass ich seinen Worten Glauben schenke, habe ich niemals behauptet, um genau zu sein, habe ich dir auf das Pergament, das dem Schloss beigelegt war, geschrieben, dass ich hier herreisen würde, um mich der Aussage des Mannes zu vergewissern. Der Informant, ein in verdrehter Sprache sprechender Gnom und sein Kumpel, ein Dieb anscheinend, sind sich recht sicher gewesen, dass die Diebe nach Mora Sul abgehauen sind. Ich kann mich nicht an den allzu langen Namen erinnern, ich glaube, der Gnom nannte sich Arvides oder so. Wie dem auch sei, du verlangest von mir, sofort einem Hinweis nachzugehen, und nun machst du mich dafür verantwortlich? Der Hinweis war wie folgt, der Schmuck müsste unter Sklaven zu finden sein, unter "jenen, die sich selbst verkaufen mussten", das Keramik sei verloren und der Dolch wird als Waffe mehr Nutzen gehabt haben denn als Schmuckstück und daher wohl bei einer Stadtwache aufzufinden sein, wenn er noch nicht als Tatwaffe eines Mordes verwendet wurde.
Wütend schob sie Bardasch die Tafel hin. Hatte erdenn Hinweise über den Diebstahl bekommen? Irgendwelche nützlichen Informationen? Oder war er nur beschäftigt gewesen, ihr diesen Bunny zu schicken?
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„Siehst Du?... Siehst Du?... Du entwertest diese Aussage des Unbekannten gerade selber.
Sieh hier...“, ereiferte sich der Ergraute, der die Tafel nahm und näher an Ravenne heran rutschte.
„...sind sich recht sicher gewesen, dass die Diebe nach Mora Sul abgehauen sind. Heißt nichts Anderes, als das der Kontakt vor all dem statt gefunden hat, was Dein Bekannter da behauptet hat. Wie sollte er also dann davon wissen?
Dein Verehrer hat sich da eine wundersame Geschichte ausgedacht, mit der er Dir imponieren wollte und damit gelangte diese Information zu mir und stahl mir damit meine wertvolle Zeit. Ich hätte große Lust, dem Kerl dafür alle Zähne einzelnd auszuschlagen“, regte der Nomade sich auf, „... jeden einzelnen Zahn aus diesem verlogenem Maul“, ergänzte der Ergraute und schlug dabei mit der Faust so auf den Tisch, das der leere Becher zur Seite kippte.
Ein tiefes Schnaufen später packte der Einbeinige mit seiner Pranke nach der Schulter der Stummen.
„Nicht Deine Schuld. Du wolltest nur etwas richtig machen, was leider wieder mal in die Hose gegangen ist, aber das wirst Du schon noch lernen.
Wirt!... Schnaps!“, mit einem Wink orderte der Ergraute Das, von dem er annahm, es könnte ihn mehr mehr Wohlbefinden verhelfen und schon war jegliche Sorge um die Gesundheit vergessen.
Aber an den Hunger erinnerte sich der Ergraute und orderte gleichzeitig noch etwas Essbares.
„Frag den Kerlen Löcher in den Bauch. Aber ja... kann ja nachvollziehen, daß Du aufgrund Deiner Behinderung Dich lieber auf Gesehenes oder Gehörtes verlässt. Is ja als Stumme auch nicht einfach, Lügenbolde zu entlarven. Zumindest mit der Stimme. Schonmal dran gedacht, Deinen Körper sprechen zu lassen?“.
DAS... konnte man jetzt so und so verstehen, wobei der Nomade es gerade auch so und so meinte.
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Sein Glück, dass er den Gnom nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, sonst hätte sie seine Aussage Lügen gestraft. Den Körper sprechen lassen ... natürlich. Das konnte dreierlei bedeuten: gestikulieren, verprügeln oder ... lassen wir das.
Nur zu deiner Information: Es war so dunkel, dass man die Hand vor Augen nicht sah, gestikulieren hätte nichts gebracht. Außerdem war der Informant ein alter, silberhaariger Gnom, und ich bin keine solche Schlampe, wie du von mir zu erwarten scheinst. Der Greis hatte bestimmt alles im Sinn, aber sicher nicht, mir zu imponieren. Möglicherweise doch, aber wieso sollte er mich dann wegschicken?
Dieses Geschreibsel wurde von äußerst finsteren Blicken begleitet. Noch eine andere Sache lag ihr auf dem Herzen, doch das konnte Bardasch nicht wissen. Bei der Verfolgung des Kameltreibers vorhin meinte sie, ihre Mutter gesehen zu haben - das kam vor, sie war ab und an in Mora Sul, wie Ravenne wusste. So, wie sie ihre Mutter kannte, würde sie morgen in die Taverne kommen, oder zumindest nach der Tochter Ausschau halten. Und so, wie sie Bardasch kannte, würde er durch irgendeinen Zufall zu verhindern wissen, dass Mutter udn Tochter sich trafen, sei es, weil er ihr irgendwelche beknackten Aufträge gab oder sonstwie.
Was hättest du in jener Situation gemacht, Meister der Verhörkunst? Stumm, im Dunklen, mit einem greisen Gnom und einem Dieb.
Auffordernd schob sie die Tafel zurück.
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„Lass mich überlegen...“, meinte der Nomade und griff nach der Tafel. Anschließend nach der Kreide.
Ich würde gerne mehr erfahren...
schrieb der Einbeinige auf die Tafel. Dann lächelte er die Stumme an, veränderte seinen Blick so, als wären es Gedanken, die ihn gerade davon abhielten, das Schreiben fort zu setzen.
... es wäre nicht Dein Schaden...
Dann reichte er der Stummen die Tafel und fuhr mit der Kreide die Lippen entlang, bevor er die Kreide schließlich im Mund versenkte.
„Eine Möglichkeit...“, nur für den Moment hatte das Schreibutensil im Munde des Mannes verweilt, wußte der Ergraute um die Gefahr einer empörten Reaktion.
„Für so etwas musst Du keine Schlampe sein. Viel wichtiger ist aber – und das meine ich damit – musst Du Dich auf Dein Gegenüber einstellen. Dir ein Bild von ihm machen und in Deinem Gegenüber das Bedürfnis wecken, Dir jede Aufgabe und jede Aussage ungefragt und ungebeten zu leisten.
Schlampen wie Du sie nennst, sind übrigens ziemlich erfolgreich in dem, was sie tun, weil sie auf Moral scheißen, wenn es die Situation erfordert. Wäre in Deinem Geschäft sicherlich auch kein unerheblicher Faktor.
Und ich meine nicht, daß Du bescheißen und Dir damit Dein Geschäft ruinieren sollst.
Wirt!...“, unterbrach der Ergraute die Unterhaltung, um mehr Schnaps zu ordern.
Dann wandte er sich erneut Ravenne zu.
„Jetzt verschon mich mit Deinem Gekritzel und lass mich in Ruhe saufen“.
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Die Kreide war schreibunfähig gemacht, sie damit wieder einmal rückversetzt. Wie sehr sie diese seinen Manöver mittlerweile hasste! Eines Tages, dachte sie sich, da werd ich eine allgemein gültige Zeichensprache erfinden, damit sich Menschen wie Silelen und ich nicht mehr zum Affen machen müssen. Jaa ... eine Zeichensprache, die jeder Mensch wenigstens "lesen" konnte, die Handel und Umgang erleichterte. Momentan - ein Traum. Momentan plagte sie sich mit Tafel, Kreide und Bardasch ab. Er verlangte von ihr, zu lernen, einen Menschen zu manipulieren, einen Menschen so zu beeinflussen, dass er ihr sagte, was sie wissen wollte. Sie hatte mal von Menschen gehört, die es beherrschten, jemandem seine Gedanken und Gefühle am Körper anzusehen. Vielleicht konnte sie jemanden ausfindig machen, der das beherrschte, doch wie wahrscheinlich war es, dass sie wen fände? Das Festland war groß, sie selbst kannte nur die Wüste - und das nicht einmal vollständig, denn ihre Mutter hatte Bakaresh immer gemieden, sie hatte Montera gesehen und war im Begriff, nach Vengard zu reisen. Außerdem wäre sie in Mora Sul imer unter Bardaschs Fuchtel. Na, sollte er doch saufen, sie musste es ihm ja nicht nachtun. Der Kerl war immerhin nicht ihr Vater oder sowas.
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Fein. Endlich war sie 'ruhig', wobei das mittlerweile schon nicht mehr ausreichte. Bardasch erinnerte sich an seinen Freund in Vengard und für einen kurzen Augenblick lang auch an Begebenheiten, die sich zwischen beiden Männern zugetragen hatte. Und da war irgendwo das aufkommende Gefühl, Mora Sul einfach nicht schnell genug verlassen zu können.
Zeitverschwendung. Alles Zeitverschwendung hier. Was interessiert mich mein Plunder? Was interessiert mich der Dolch, von dem Ravenne behauptet, es wäre ihrer oder was interessieren mich irgendwelche Kerle, die sich angeblich meiner Habe ermächtigt haben?
Was interessiert mich das noch, wo meine Zeit knapp wird?
Es war im Moment weniger die Angst davor zu sterben, als mehr die Angst davor, dem Freund bald nicht mehr unter die Augen treten zu können. Bardasch wurde weder ansehnlicher, noch gesünder, noch erfolgreicher. Am Ende war es nur noch Entfremdung und Mitleid, die Sir Ulrich für ihn empfinden konnte.
„Wirt. Mach mal ein Zimmer klar“.
„Ein, oder zwei Zimmer?“.
„Eines... für uns Beide“, deutete Bardasch mit einem Seitenblick auf die Dame.
Und dann wandte er sich Selbiger zu.
„Guck nicht so, Mädchen. Nachdem sich die Meinung der Anderen – ich wäre Dein Vater – genug in mein Hirn gepresst hat, wäre ich nicht mal in der Lage Dich anzupacken. Selbst wenn ich es wollte. Geh dann schonmal vor“.
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Ein Zimmer, für sie beide? Es verwunderte sie, es verwunderte sie überaus. Und seine Erklärung erst! Dass in Al Shedim die halbe Welt glaubte, sie wären Vater und Tochter, musste doch nicht heißen, dass in Mora Sul auch solch Gedankengut verbreitet war! Sie hatte sich eher darauf gefreut, das nicht mehr zu hören zu kriegen, und nun? Es verfolgte sie, es verfolgte sie beide. Und ihr ging es mittlerweile nur noch tierisch auf die Nerven!
Sie tat, was er sagte, ließ ihn mit dem Schnaps allein. Sollte er sich doch um sein Leben trinken. Sie trug nicht die Verantwortung für seine Entscheidungen, sie war entgegen anderer Meinungen nicht mit ihm verwandt und wollte es auch nicht sein. Ein Wrack, das war er ...
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