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Die Hitze war beinahe unerträglich, nicht eine Wolke war heute am Himmel und die Sonne hatte bereits jetzt einen höheren Stand, als sie ihn in Vengard je erreichte. Zusätzlich wehte noch ein unangenhemer, heisser Wüstenwind, welcher an den Kräften der beiden Wanderer zehrte.
Der Waffenknecht fühlte sich, als wäre er geradewegs in der Hölle gelandet, direkt in Beliars Lagerfeuer. Jeder einzelne Knochen tat ihm weh vom Training, seine Lippen waren trocken und aufgesprungen, er litt Hunger und vor allem Durst. Zweimal hatte er seit ihrem Aufbruch, aus Aruns Wasserschlauch getrunken. Er war ganz bewusst sparsam mit dem kostbaren Nass umgegangen, schließlich musste es für beide Kämpfer ausreichen, doch jetzt wurde dieser Durst übermächtig und er setzte den Schlauch das dritte mal an die Lippen. Mit gierigen Zügen trank Gwendor und der Varantler musste den Schlauch mit sanfter Gewalt seinen Finger entwinden, sonst hätte er ihn wahrscheinlich schon jetzt komplett geleert.
"Nicht so viel, mein junger Freund. Wir brauchen es noch!" Der Innosler nickte und sah seinen Lehrmeister bewundernd an. Wie machte Arun das? Er hatte lediglich heute früh ein einziges Mal einige vorsichtige Schlucke aus dem Wasserschlauch genommen, der Löwenanteil ihres Vorrates war an Gwendor gegangen. Der Körper eines Varantlers schien deutlich weniger Wasser zu benötigen, als der eines Mittelländers.
Sie liefen weiter. Gwendor setzte einen Schritt vor den anderen, behielt seinen Lehrmeister dabei jedoch immer im Auge. Jederzeit musste er mit einem Überraschungsangriff rechnen und er wollte sich nicht wieder überrumpeln lassen, wie letzte Nacht.
Der Waffenknecht stolperte über etwas, das im Sand lag. Neugierig schaute er nach, was es war und musste feststellen, dass es sich um einen menschlichen Knochen handelte. Der junge Soldat ging in die Knie und grub mit den Händen im lockeren Wüstensand. Ein komplettes menschliches Skellett kam zum Vorschein, offenbar ein Wanderer, welcher sich in der Wüste verirrt hatte. Ein Gegenstand, den der Mann (oder die Frau?) offenbar bei sich getragen hatte, war relativ gut erhalten. Es handelte sich um einen alten Kurzbogen. Gwendor nahm die Waffe näher in Augenschein. Der Bogen hatte natürlich keine Sehne mehr und das Holz war vom Sand glatt geschliffen worden, aber ansonsten schien er noch einigermaßen funktionstüchtig zu sein. Sicherlich würde er nicht die Durchschlagskraft eines neuen Bogens haben, aber für Übungszwecke wäre er durchaus ausreichend. Ein äußerst nützlicher Fund, schließlich hatte der Waffenknecht ehe vor, in absehbarer Zeit das Bogenschießen zu erlernen und solche Waffen waren auf dem Markt immer teuer.
"Das trifft sich gut!", sagte Gwendor erfreut. "Den würde ich gern behalten." Arun antwortete mit einem hinterhältigen Grinsen: "Ach ja? Dann stell dir jetzt einfach mal vor, ich wäre ein Räuber und würde ihn dir abnehmen wollen. Zeige mir, wie gern du den Bogen behalten würdest!" Mit diesen Worten zog der Turbanträger sein Kurzschwert und stürzte sich auf Gwendor. Doch der junge Soldat war dieses mal auf den Angriff vorbereitet. Blitzschnell zog er sein eigenes Schwert aus der Scheide und parierte den ersten Schlag seines Lehrmeisters.
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"Okay, den Bogen hast du dir verdient, ausnahmsweise. Setzen wir uns erstmal hin, eine kurze Pause wäre jetzt nicht schlecht, will ja nicht, dass du umkippst"
Sogleich hockte sich sein Schüler in den Sand, Arun nahm einen kleinen Schluck aus dem Wasserschlauch und bot ihn Gwendor an, welcher mit gierigen Zügen trank. Ja, man musste erst einmal eine Zeit lang fast ohne Wasser auskommen, um die in seinen Augen kostbarste Flüssigkeit schätzen zu können. In Myrtana gabs da keine Probleme mit Durst, davon hatte sich der Nomade schon selbst überzeugen können. Überall Flüsse, Seen, Teiche, Fässer, die den Regen aufsammelten...So etwas kannte man nur am Meer, nicht aber mitten in Varant. Da gabs nur wenige Oasen und so gut wie keine größere Menschenansammlungen, ein einsamer Ort.
Stillschweigend saßen nun die zwei Kämpfer einfach nur da, der Soldat stützte schon mit einer Hand seinen Kopf, Arun gähnte einmal herzhaft, auch er war nicht mehr ganz so fit wie zu Beginn der Reise.
"Komm schon, genug pausiert, weiter ge...warte mal, siehst du das Vieh dort drüben? Ein Sandcrawler, alleine, selten, normalerweise kommen die nur in Gruppen vor. Den wirst du jetzt in den Hintern treten. Los, Bewegung!"
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Gwendor stand zwischen den Dünen, sein Lehrmeister war einige Meter von ihm entfernt und beobachtete ihn mit seinen eisblauen Augen. Gwendor ging auf den Sandcrawler zu. Das riesenhafte Insekte zischte bösartig. Noch einmal blickte der Waffenknecht zu Arun zurück. Der Turbanträger hatte die Arme vor der Brust verschränkt und stand unbewegt da. Offenbar war er nicht gewillt in den kommenden Kampf einzugreifen.
Der Soldat konzentrierte sich wieder auf seinen monströsen Gegner. Er hatte sein Schwert gezogen und einen lockeren Stand angenommen aus dem er in alle Richtungen springen konnte, wenn er es musste. Gegen Tiere zu kämpfen war etwas völlig anderes, als gegen einen menschlichen Gegner. Gegen die Zangen des Sandcralers war eine Parade mit dem Schwert nutzlos, Gwendor würde ausweichen müssen. Zischend kam jetzt das Biest mit seinem spinnenartigen Gang auf ihn zu. Der Waffenknecht schwang seine Klinge, doch das Schwert prallte an dem harten Chitinpanzer der Bestie ab. Gerade eben konnte er der zusammenklappenden Schere des Sandcrawlers ausweichen.
Er musste sich eine andere Taktik überlegen, sein Kurzschwert war offenbar zu leicht um die harte Rückenpanzerung des Tieres zu durchschlagen. Gwendor beschloss, dass er sich, sobald sein Training in Al Shedim beendet war, eine bessere Nahkampfwaffe zulegen würde. Aber für diesen Moment musste ihm das Kurzschwert reichen. Wieder entkam er den natürlichen Waffen seines Feindes mit einem beherzten Sprung zur Seite. Der Waffenknecht überlegte, wo er den Crawler verletzen konnte. Sein Blick fiel auf die Gelenke der dünnen Beine. Eindeutig ein Schwachpunkt in der natürlichen Panzerung des Wesens! Beim nächsten Angriff des Rieseninsekts schlug der Innosler mit aller Kraft auf eines dieser Gelenke. Dabei musste er es in Kauf nehmen, das eine der messerscharfen Scheren seinen Arm striff und einen langen blutigen Kratzer hinterließ. Aber der Treffer hatte sich ausgezahlt. Der Crawler knickte ein. Gwendor verpasste ihm jetzt noch einen kräftigen Fußtritt, der das Biest auf den Rücken warf, so dass es nun hilflos wie ein Käfer mit den Beinen zappelte. Dann nahm er sein Klinge in beide Hände und stieß sie in den fast ungeschützen Bauch des Viehs. Der Sandcrawler zuckte noch ein paar mal mit den Beinen und hauchte dann sein Leben aus.
Gwendor keuchte erschöpft. Der Sand der Wüste färbte sich von dem aus seiner Wunde tropfenden Blut rot.
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Neuling
Er flüchtete und rannte in Richtung Pass… Ein neuer Anfang.
Tostian, welcher von seiner Tat selbst erschrocken war, fand sich selbst auf irgendeiner Weise erleichtert in der Nähe eines Weges nahe der Oase, in welcher er über die vielen Jahre lebte.
Er hatte Glück, da er keinem der blutrünstigen Tiere begegnete, die in den Weiten der Wüste lebten. Sie hätten ihn ohne Gnade zerfetzt und gefressen. Er war erschöpft. Er wusste, dass im Osten eine Stadt namens Braga lag. Sein Vater, als dieser noch lebte, erzählte oft von seinen Handelspartnern in diesem Ort. Er erinnerte sich an einem verzweifelten Gespräch zwischen Vater und Mutter, in welchem das Rückenkehren der Handelspartner von der Stadt Braga thematisiert wurde.
„Yrenos wird mir die Warantrophäen nicht mehr abnehmen. Eine weitere wichtige Geldquelle ist damit verschwunden. Anderswo werde ich die Trophäen nicht zu respektablen Preisen verkaufen können“, meinte der Vater.
Tostian wusste, wie groß die Verzweiflung war. Er bekam die Folgen zu spüren. Es wurde nur noch einfachstes Essen gekocht. Teilweise musste er sich Tage von Reis ernähren, wovon jedoch genug vorhanden war.
Doch das war nun Vergangenheit. Jetzt ist er auf sich ganz alleine gestellt. In der Zeit, als er von seinem Onkel kontrolliert wurde, wusste er zumindest wie er Nahrungsmittel bekam. Er musste die ihm gestellten Aufträge erfüllen. Es war ein reichliches Essen, das er erhielt. Es wunderte Tostian, da sein Onkel Einelan ihn sonst verachtete und misshandelte. Jetzt, da er wusste, dass Einelan Tostians Eltern umgebracht hatte, dachte er, dass das schlechte Gewissen Einelan dazu brachte, ihn so reich zu ernähren. Verzeihen konnte Tostian trotzdem nicht. Die Kindheit wurde schlagartig zu einem Überlebenskampf unter der Führung Einelans, und das nur, weil Einelan seine Eltern umgebracht hatte. Es waren die liebsten Menschen Tostians, zu welchen er ein sehr gutes Verhältnis hatte.
Tostian hatte schon einen relativ langen Weg von der Oase bis zum Weg hinter sich gehabt, doch er wusste nicht, wie lange er noch laufen müsste, um Braga zu erreichen. Es hätten noch mehrere Stunden des Laufens sein können. Und dazu war er sicherlich nicht in der Lage gewesen.
Schakale und Warane konnte er förmlich riechen, denn sie lauerten überall.
Geändert von Tostian (25.06.2009 um 21:40 Uhr)
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"So, Gwendor, ich denke, du hast viel dazugelernt, du hast bewiesen, dass du auch gegen Bestien bestehen kannst und ich habe dir einen kleinen Eindruck gegeben, wie es dir manchmal in Varant ergehen kann. Deine Wunde hast du schon abgebunden, ausgezeichnet. Lass uns wieder zurückgehen, wobei, gehen ist nicht das passende Wort, nennen wir es Sprinten", Aruns Magen knurrte in diesem Moment lautstark, wie sehr er sich nach einer gut durchgebratenen Fleischkeule, einer Suppe, einenn Laib Brot, eigentlich jeder essbaren Substanz sehnte. Außer Sandcrawlerfleisch, das Zeug ist wie ein Stiefel, zäh und geschmackslos.
"Und damit du dich auch wirklich anstrengst, kommt noch ein kleiner 'Bonus'. Der Verlierer muss dem Gewinner ein Bier spendieren und fünfzig Liegestützen absolvieren. Bei Los gehts...los!"
Der Nomade musste grinsen, da er der einzige der beiden war, der den Weg zurückkannte und somit einen kleinen Vorteil hatte, aber vielleicht überraschte ihn ja sein Schüler. Unwahrscheinlich, aber möglich.
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Neuling
2# Er flüchtete und rannte in Richtung Pass… Ein neuer Anfang.
Tostian schlenderte nach Osten in der Hoffnung das Gemäuer von Braga zu sehen.
Er hatte etwas Wasser bei sich, das seinen Durst bis zu diesem Zeitpunkt stillen konnte. Müdigkeit machte sich bemerkbar.
Einige hundert Meter weiter zerrte etwas an seinem Unterbein. Es war ein kleines Schakaljunges. Der Kiefer des Tieres schien noch nicht ausgewachsen, denn den Biss konnte er kaum spüren.
Da er wusste, dass die ausgewachsenen Tiere nicht weit von den Jungtieren sind, hatte er große Angst. Jeden Moment könnte er von einem Rudel umzingelt sein. Aber da er so gut wie keine Erfahrungen im Kampf gegen Wildtiere besaß, könnte ein einziger halbausgewachsener Schakal zum Verhängnis werden. Er versuchte das junge Tier abzuschütteln. Leider hatte er dabei keinen Erfolg, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als seinen Dolch zu ziehen und das Tier zu töten oder zu verletzen. Mit einem kraftvollen Hieb stach er den Dolch in das Haupt des Tieres.
Es war für Tostian ein grauenvoller Anblick. Früher hatte sein Vater einen Schakal großgezogen, und mit auf seine Jagd genommen. Tostian hatte das Tier auch sehr lieb gewonnen, und so eine gewisse Verbundenheit zu Tieren aufgebaut, denn mit viel mehr Menschen als seinen Eltern hatte er keinen Kontakt. Doch die Zeit unter der Obhut des Onkels, für welchen er mehr oder weniger ein Sklave war, schien ihn abgehärtet zu haben. Vor dieser Zeit hätte er Tiere nicht verletzen können.
Doch da er nun um sein eigenes überleben bangte, und mit hoher Wahrscheinlichkeit Braga nicht mehr ohne einer Rast erreichen würde, schlachtete er das Tier und verpackte einige Fleischreste in Leinen, die er bei sich trug. Plötzlich hörte er ein wolfsähnliches Knirschen. Der Schauer lief Tostian über dem Rücken. Ohne nachzudenken lief Tostian um sein Leben. Doch schon nach wenigen Metern holte das Tier Tostian ein. Das Tier knirschte ihn wieder an.
Geändert von Tostian (25.06.2009 um 21:36 Uhr)
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