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25.10.2014 16:36
#261
Noch eben hatte Shakuras regungslos und mit einem düsteren Schatten auf seinem wettergegerbten Gesicht dagessen, während der Schleier der Ungewissheit nun auf einmal weggeblasen war wie ein trockenes Blatt im Herbstwind. Harivald, noch immer sehr erschrocken über diese Anwandlung seines Lehrmeisters, ließ die Anspannung , welche ihn überkommen hatte, allmählich fallen, atmete ruhig ein und aus. Dann schielte er vorsichtig zu ihm, Shakuras, hin, doch der alte Magus schien nicht darauf bedacht zu sein, weitere Theologiedebatten auszufechten, sondern sah eher so aus, als wolle er nur noch schlafen.
Ein wenig entmutigt verließ Harivald ihren Lehrplatz, den ein kleiner Hain aus Nadelbäumen auf einer seichten Anhöhe beschrieb, und gestattete Shakuras seine wohlverdiente Ruhe. Wenn er den Ausführungen seines Meisters richtig gefolgt war, so blieb Harivald nunmehr nichts weiter zu tun, als das übliche Prozedere eines alltäglichen Innosdieners zu tun. Arbeiten und beten. Beten und Arbeiten. Vorsorglich an seiner eigenen Frömmigkeit und Hingabe zu Innos. Sonst waren auch all die schönen Worte Shakuras' umsonst. Denn er konnte seine Schüler nur auf das vorbereiten, was sie selber zu tragen hatten, nicht vermochte er es hingegen, ihre eigene Entscheidung zu fällen. Diese oblag alleine Harivald.
Der Adlatus hielt inne, als er vor ihm einen merkwürdigen Schrein erblickte, der inmitten einer kreisförmigen Steinformationen prangte. Weder kunstgefertigte Eingravierungen, noch irgendwelche Runen konnten Aufschluss über den Zweck dieses Ritualplatzes geben und so entschloss sich Harivald dazu, hier und heute niederzuknien und zu beten. Der erste Schritt musste gemacht werden und wenn er auch mit eingeknickten Beinen und auf steinernem Geröll stattfand.
»Innos!«
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Es war bereits früher Abend. Die Sonne verschwand schon langsam am Horizont.
Er wusste nicht genau, wo er sich befand, doch er musste auf dem Weg nach Setariff sein. Schon am frühen Morgen hatte er seine wenigen Sachen gepackt und Thorniara verlassen.
Seine Reise nach Setariff war bis dahin ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen. Doch plötzlich nahm der erschöpfte Dieb ein Geräusch im Busch am Wegesrand war.
Es war eine Art Rascheln gemischt mit einem leisen Knurren. Sofort hatte er seinen kleinen Dolch gezückt.
Er war kampfbereit. Bereit zu töten, falls es nötig sei.
Mit scharfem Blick musterte Astragon den Busch. Er nahm ein paar glimmender Augen war. Angst durchströmte jetzt seinen Körper.
Er wusste nicht, mit was für einer Kreatur Beliars er es zu tun hatte. Er machte einen zögernden Schritt auf den Busch zu.
Das, was sich in dem Gebüsch versteckt hatte, flüchtete. Der Dieb beruhigte sich.
Doch dann wurde ihm klar, dass er sich schnellstens ein Nachtlager suchen musste.
Dieses... Etwas... würde früher oder später zurückkehren, im Schutze der Nacht.
Doch er schien mitten im Nirgendwo zu sein. So suchte er sich eine kleine Kuhle im Boden, in welcher er sich einen kleinen Unterstand errichtete.
Astragon hatte sich bei einem nächtlichen Ausflug einen kleinen Topf ergaunert, welchen er bei sich trug.
Er entzündete aus gesammeltem Holz ein kleines Feuer. Gewärmt vom Feuer füllte er ein wenig Wasser aus seinem Trinkschlauch in den Topf und kochte in diesem einige
Pflanzen, von denen er wusste, dass sie essbar und nicht giftig waren.
Er trank den heißen, wohlriechenden Trunk. Er wärmte von innen und verlieh dem Taschendieb neue Kraft.
Dennoch beschloss er sich schlafen zu legen. Er legte so viel Holz auf, wie er konnte, in der Hoffnung es würde die ganze Nacht brennen, und somit alle möglichen
Kreaturen von seinem Lagerplatz fernhalten.
Astragon legte sich auf seine improvisierte Matratze und schloss die Augen. Kurz darauf war er eingeschlafen.
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Mit wachsamen Augen sah er wie Bruder Harivald sich wieder von der Gruppe löste. Natürlich, es brauchte oft Ruhe und Konzentration sich ins Gebet zu begeben. Aber das Land und auch dieser Platz galten nicht länger mehr als gesichert. Und dahin, wohin sein Bruder nun gedachte hinzugehen - wo auch immer das sein mochte - und zwar alleine, da fehlte überhaupt jeglicher Schutz, den sie nur als Truppe im Stande waren gemeinsam und füreinander zu leisten.
"Ordensbruder Avik! Bitte geht ihm nach, leise und unauffällig. Nicht, dass ihm etwas zustößt." Der Arm der Kirche nickte und erhob sich. Gewand fand seine Rechte zu seinem Schwert. Er würde Harivalds Schatten sein.
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Es war ein ungewöhnliches Leben so unter Novizen. Estepho und Avik waren das Leben unter Soldaten gewöhnt, ob in Gotha, oder auch in Vengard, sie schliefen Seite an Seite mit ihren Brüdern und Kämpfen mit ihnen, verbrachten die Tage beim Training und Abends in der Marktschänke miteinander. Sie waren nie alleine und nun, hier im östlichen Argaan zwischen Thorniara und dem Feindes Land, waren sie auf sich gestellt. Sie waren für alle Belange zuständig, die etwas mit Sicherheit und Verteidigung zu tun hatten, keine wirklichen Vorgesetzten und keine klaren Anweisungen.
Es fühlte sich großartig an! Es war gut sein eigener Herr sein zu sein, selbst Entscheidungen zu treffen und schlicht selbst alles Überschauen zu dürfen, anstatt wie so oft mit Scheuklappen von Befehl zu Befehl beordert zu werden. Avik war sich nun sicher, dass er alles daran setzten würde eines Tages ein Ritter zu werden um dieses Gefühl der Eigen Verantwortung wieder zu erlangen.
Nun eines nach dem Anderen. Erst einmal mussten sie für Schutz und Sicherheit ihrer Brüder sorgen, dann ihren Auftrag erledigen und zuvor noch Harivald finden...
Estepho blieb bei den anderen zurück, während Avik langsam in die Richtung Schritt in welche der Jüngste "entflohen" war um einen Moment der Ruhe zu haben. Diesen würde Avik ihm auch geben. Unweit ihres Haines, fand er den Adlatus betend vor und leisen Schrittes stellte sich der Ordensbruder in den Schatten einer der Bäume und lauschte, während er wachte und den Diener Innos` sein Gebet sprechen ließ.
Es war gut, sie taten das richtige, für Innos und für Rhobar. Sie würden den Drachen besiegen und das Böse, wie schon so oft, wieder verbannen. Auch diese Prüfung würden sie Meistern.
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Mit einem scharfen Blick bedachte Narzuhl den obersten Wassermagier und blickte anschließend zu der Truppe rund um den König. Nach wenigen Augenblicken entspannten sich die Züge des Bleichen wieder zu gewohnter Ruhe und Kühle. Könige konnten im Zweifel ersetzt werden, vielleicht sogar durch einen fähigeren, stärkeren Kandidaten, oder gar einen Magier. Der Fall König Ethorns wäre für Narzuhl keinen Verlust, noch ein Schlag gegen die Kampfmoral. Zahlreiche Mitstreiter aus Setarrif würden dies wohl anders sehen, also signalisierte der Bleiche seine Zustimmung lediglich mit einem knappen Nicken. Wenn Ethorn das Ganze überleben sollte, dann sollte er auch niemals vergessen wer an seinem Schutz beteiligt war.
Wortlos, für Plaudereien mit Tinquilius war später noch Zeit, wandte sich der Hüter des Kastells samt seinem dämonischen Diener Asqarzhal in Richtung des Königs. Die Reste des Dämonentrupps folgte ebenso, begierig darauf nach dieser viel zu langen Unterbechung, gefüllt mit unnützem Menschengeschwätz, wieder in den Kampf einzugreifen. Die Anhänger Beliars schlossen sich jedoch nicht direkt der Leibwache des Königs an, sondern agierten als mobile Plänkler. Immer wieder fingen sie so hernstürmende Trupps ab oder setzen selbst zu kurzen aber wirkunsvollen Anstürmen gegen die Formationen der Echsen an. Am Durchbruch gab es für Narzuhl überhaupt keinen Zweifel wenn sie weiter so in Bewegung blieben wie bisher. Dank dem imposanten Erstschlag hatten sie einen unschätzbaren Vorteil erlangt, den sie konsequent ausnutzten...
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26.10.2014 02:09
#266
»Innos«, wiederholte er. »Weise mir den rechten Weg! Leite mich mit deiner göttlichen Allmacht und lehre mich, deinen Weisungen zu folgen. Alles Widernatürliche, das der Ordnung, die du uns zuteil ließest, im Wege steht, wende ab von mir und mache mich zu einem wirksamen Bekämpfer des Bösen.
Lasse du mich teilhaben an deiner Heiligkeit, wenn dies dein Wille ist. Ich vermag nicht, reinen Herzens vor dich zu treten, doch ich weiß, dass ich mich bessern kann und werde, bis ich mit ruhigem Gewissen eingehen kann in dein göttliches Reich.«
Plötzlich war es dem Adlaten, als erhebe sich ein leichtes Beben der Erde, gepaart mit einer unerklärlichen Erschütterung seines Herzens, die ihn ebenfalls zum Stocken brachte. Kalt fühlte sich auf einmal der Stein an, auf dem Harivald sich gekniet hatte. Kalt und hart.
»So nimm mich an deiner rechten Hand, führe mich hinein ins Licht und geläutert wieder heraus, sodass meine Seele allen Angriffen des Feindess trotzen kann. Fülle in mich einen Teil deiner Macht, oh Herr. Sie soll... soll mich dazu verleiten, Gutes mit Gutem zu belohnen und Böses mit Bösem zu vergelten, denn das Gute steckt in jedem von uns Menschen, doch das Böse erweist sich als zu stark und tritt ans Tageslicht. Möge ich die Kraft dazu besitzen, deinen Willen auf dieser Erde durchzusetzen, gepriesener Herr. Regiere du! Durch deinen demütigem Diener. So sei es!«
Leider hatte der zweite Teil des Gebetes nicht dazu beigetragen, dass Harivald sich sicherer fühlte. Im Gegenteil. Etwas Dunkles war momentan im Inbegriff, seinen Geist zu bannen und ihn ins Verderben zu stürzen. Bald hätte das Böse dieses Ortes ihn gänzlich in seine Fänge bekommen. Der Adlatus spürte bereits, wie seine Blutgefäße langsam zu eisigen Bahnen einfroren. Es gab kein Entrinnen.
Und dann sah er sie. Schatten, die aus den Grabsteinen emporsteigen wie Rauchsäulen, ihre Schwaden links und rechts ausbreitend. Schatten mit verzerrten Gesichtern, direkt aus Beliars Reich. Sie lachten. Und mit jedem dieser höllischen Lachgeräusche entwich ein Stück Leben aus Harivalds Körper. Er sank, am ganzen Leib zitternd, zu Boden. Gerade noch konnte er die verschwommene Gestalt des Ordenskriegers Avik wahrnehmen, dann verschwand auch dieses Bild aus seinem geistigen Auge.
Geändert von Harivald (26.10.2014 um 15:14 Uhr)
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Auf der Flucht
Verzweifelt und vollkommen erschöpft versuchte Manuele in der Gruppe derer zu bleiben, die durch das Südtor Setarrifs gestürmt waren und jetzt versuchten in Richtung Weissaugengebirge zu flüchten. Die Tränke der Magier hatten ihm zwar für die letzten Tage erneute Kraft geschenkt, doch er spürte wie die Wirkung nach liess. Müdigkeit und Schwäche durchströmten seine Glieder und hinderten ihn daran schneller voran zu gehen. „Herr, ich halte euch!“ Eine der Klingen näherte sich ihm von der Seite und nahm seinen linken Arm über die Schulter. Hoffentlich würden sie es schaffen. Das haarsträubende Getöse der Echsen die ihnen in den Nacken fallen wollten war unerträglich geworden. Mit letzter Kraft hielten die Soldaten Ethorns ihre Gegner in Schacht, doch es würde nicht mehr lange dauern und man würde sie überrennen. Nie hätte er gedacht, dass er für diese Fremde Stadt sein Leben lassen könnte, doch jetzt würde sich sein Schicksal zeigen...
Das klirren der Äxte und Klingen widerhallte in seinen Ohren, wie ein schreckerfülltes Lied des Todes, immer und immer wieder, ohne Pause.
Vor ihm in der Menge erkannte er bekannte Gesichter, Drakk der Krieger,Nigel aus der Akademie, Sarpedon, der Wirt der Sturmkampfmöve, war auch mit ihnen, Tinquilius der Magier, Lee allen voran und Viele mehr. Sie alle waren im Kampf vereint und versuchten zu überleben.
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Narzuhls Dämonen, so schaurig sie auch aussehen mussten, waren für die Setarrifer ein Segen. Nicht nur, dass sie weitere Kampfkraft bedeuteten, die sie dringend nötig hatten. Nein, vielmehr waren es auch ihr Auftreten und ihre Gestalt, die dafür sorgten, dass die Echsen weit weniger aggressiv vorgingen. Natürlich hatten sie sich vom ersten Schock erholt, doch auch sie schienen zumindest im Ansatz eine Aversion den Dämonen gegenüber zu spüren. Keine solche Angst, wie sie bei Menschen üblich war, das wäre aber auch zu viel des Guten.
Des Königs Entscheidung, sich mit den Schwarzmagiern zu verbünden, haben sich ausgezahlt. Jetzt müssen wir nur noch schauen, dass wir zum Tunnel gelangen.
„Zwei dort hin und zwei hierhin“, meinte Tinquilius zu seinen Magierkameraden, „der Rest folgt mir. Hathon“, rief er zum Obersten Hofmagier hinüber, der sogleich zu ihm herüber schaute. „Wir müssen zum Tunnel. So schnell wir können.“
Ein Eisgeschoss flog aus Tinquilius Hand zwischen zwei Dämonen und auf eine kleine Gruppe Echsen zu, die sich an den dunklen Wesen vorbei zu schleichen gedachten. Kurz nachdem das Geschoss die letzten Verteidiger passiert hatte, vollführte der Oberste Magier eine schnelle Geste und es zerbrach in viele hundert kleine Stücke, die auf die Echsen einschlugen und sie für einen Moment aufhielten. lange genug, sodass die Dämonen den Abstand zwischen ihnen zu verringern und sie niederzustrecken wussten.
„Dort vorne“, kam es von Hathon zurück und deutete auf einen Teil des beginnenden Dschungels, der sich an den Hang des Weißaugengebirges schmiegte. „Kaspan ist bereits mit ein paar Hofmagiern und Klingen durchgedrungen.“
Tinquilius nickte nur, wollte noch etwas erwidern, als eine Echsenklinge auf ihn zugeflogen kam. Nur dadurch, dass seine Magie bereits entfacht war, konnte er rechtzeitig einen Schutzschild erschaffen, der die Waffe machtlos zu Boden fallen ließ. Der Magier suchte nach der Echse und erblickte sie einige Meter entfernt und mit erhobener Axt auf ihn zulaufen. Sogleich sammelte der Oberste Magier mehr Macht in seiner Hand, zapfte Reserven an, und sandte einen Strahl eisiger Kälte gegen den Oberkörper des Angreifers. Sogleich hörte man ein lautes Knacken, dann ein Knirschen und damit zerbrach die Echse in zwei Stücke. Kurz zischte sie noch, dann war es vorbei mit ihr.
Keine Freude, kein Gefühl der Macht erfüllte ihn. Nur Leere und das beklemmende Gefühl, allmählich vor Erschöpfung nicht mehr weiter zu können. Und dieses vermaledeite Pochen, das nur ein Anzeichen des Giftes sein kann. Bitte, Adanos, lass mich noch so lange durchhalten, bis wir uns in der Silberseeburg befinden. Bis alle sicher sind. Dann begebe ich mich in deine Hände, egal was dies bedeutet. Die Magier und Krieger um ihn, schlossen zum König und den anderen Kriegern und Magiern auf, und preschten weiter durch die Reihend er Echsenwesen. Schreie und Gestöhne, Blut und Dreck vermischten sich je weiter sie sich von der Stadt entfernten und je näher sie dem Tunnel kamen. Dann stieg ein silbrig-weißes Licht in den Himmel auf, zeigte den Ort an, an dem sich der Tunnel befand. Kaspan. Er hatte es also dorthin geschafft.
„Da müssen wir hin, los, das schaffen wir!“
Eisgeschosse und Bodenwellen, Pfeile und Schwerthiebe. Auch wenn die Echsenmenschen klar im Vorteil waren, so gaben sie nicht auf. Weder die Krieger noch die Magier. Sie waren Setarrifer, durch Geburt oder Wahl, und als solche würden sie bis zum letzten Mann kämpfen.
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Brom war müde, hatte nur wenige Stunden geschlafen. So langsam realisierte er was überhaupt geschehen war. Die Stadt war verloren, sie hatten sie aufgegeben. Beliar hatte dem Jungen eine weitere Heimat geraubt. War es überhaupt noch ein Junge? Nein. Er war vielleicht noch ein wenig naiv und neugierig, allerdings hatte er schon so viel Schrecken erlebt, ihn würde so schnell nichts mehr erschrecken. Seine Angst hatte sich aufgelöst in glühenden Hass. Die Echsen sollten sterben. Gemeinsam mit den Orks, dem Drachen, und jeder anderen Missgeburt des Bösen.
Ein provisorisch zugenähter Spalt verlief von über seiner linken Augenbraue bis in seine Frisur. Seine Haare hingen verschwitzt, blutgetränkt und dreckig in seinen Nacken. Die gesamte Kolonne stank nach Blut, Verwesung und Schweiß. Es war schrecklich.
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Müde klopfte sich Dlugosz den angestauten Dreck von seinen Klamotten, die in letzter Zeit viel zu viel durchmachen mussten. Kritische Blicke warf er vor allem seinem linken Mantelärmel zu, welcher nun schon diverse Risse und Löcher aufzuweisen hatte.
Diese beschwerliche Reise durchs östliche Argaan war doch Mist, befand der junge Okkultist. Anstatt, wie die eigentlich Planung vorsah, zur Silberseeburg zu marschieren, drängte der Zug weiter Richtung Norden zur Hauptstadt Thorniara. Und das war so der letzte Ort, an dem Dlugosz verweilen wollte. Eine Stadt voller ätzender Anhänger des Ordens Innos', Kriegsknechte wie Magier, die das Recht und die Ordnung repräsentierten. Nicht so Dlugosz. Er hielt an dem Glauben zum Gott Beliars fest. Das hieß, er verkörperte so gut wie alles, was Innos widerstrebte. Chaos, Hass und Gewalt.
Deswegen war der junge Mann auch nicht sonderlich erpicht darauf, der Flüchtlingsgruppe weiterhin zu folgen. Nur waren sie mittlerweile weit in das Umland vorgestoßen und der Weg zurück konnte unmöglich alleine bewältigt werden. Nein, Dlugosz hatte einen anderen Plan. Doch jener Plan sah es vor, dass er den Mut aufbringen musste, mit einem ihrer Führer zu sprechen, die die Gruppe begleiteten. Dort vorne stand einer, der aussah, als könnte er weiterhelfen.
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27.10.2014 01:23
#271
Was danach geschah, war nicht irdischen Ursprungs, so schien Harivald später gewiss zu sein. Anfangs fiel er in einen kurzen, traumlosen Schlaf, ehe er aufwachte und ihn nur noch tiefste Dunkelheit empfing. Schnell sprang der Adlatus wieder auf die Füße. Dann lichtete sich das Dunkel ein wenig, gerade so, dass er noch mit zusammengekniffenen Augen die Umgebung beobachten konnte. Nur eines war anders als zuvor. Jede Bewegung, die nicht von ihm selbst ausging, lief in Zeitlupe ab. Das Wiegen der Tannen im Wind, die Flügelschläge der schwarzen Krähen über ihm und der davoneilende Körper Aviks. Was machte der junge Ordenskrieger überhaupt hier? Hatte Shakuras ihn hierher geschickt, um über Harivalds Schicksal zu wachen, oder war er womöglich selbst mit dem Bösen im Bunde, weswegen er seinen Ordensbruder jetzt im Stich ließ?
Harivald blieb keine Zeit mehr, dem Anliegen des Kriegers nachzusinnen, denn eben jetzt erhob sich eine menschenunähnliche Stimme aus dem Nichts, sprach direkt den ahnungslosen Adlaten an.
»Wie kannst du es wagen, du Wicht? Ich kann mich nicht an Zeiten erinnern, in denen Muttersöhnchen in Novizenröcken Zuflucht beim dunklen Gott gesucht haben. Leider wirst du auch nicht der Erste sein, der diesen Fehler begeht. Wir werden dich zermalmen, du Kerzenlicht im tosenden Sturm, du flüsternde Stimme in schreiender Menschenmasse, du kleines Getier im Kreis des Lebens. Tritt nun deinem Schöpfer entgegen!«
Zumindest in einem Punkt besaß die unbekannte Stimme ohne Besitzer Unrecht. Harivald flüsterte nicht, sondern schrie wie am Spieß, als die Schatten die Form von geflügelten Dämonengeistern annahmen und ihre behaarten Finger nach ihrem Opfer ausstreckten. In diesem Moment fühlte der panische Adlatus etwas Warmes, dass seinen Körper durchströmte, seine Sinne benebelte und ihm die Zuversicht verlieh, die er für diese Glaubensprüfung brauchte. Es war, als stünden seine Innereien in Flammen reinigender Kraft.
»Innos«, schrie Harivald, mit neuem Selbstbewusstsein gestärkt, den schattenartigen Wesen entgegen. »Weichet von mir!« Und immerzu, immer lauter werdend, wiederholte er diese Parole. »Innos! Weichet von mir! Innos! Weichet von mir!«
So lange und so intensiv führte er diesen inneren Kampf, dass der Adlatus gar nicht bemerkte, wie Avik in Begleitung Shakuras' hinter seinem Rücken auftauchte. Sofort erfasste der lebenserfahrene Novize die brenzlige Lage und sprintete zu seinem Schützling.
Geändert von Harivald (27.10.2014 um 01:27 Uhr)
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Wie die Form eines jeden Lebewesens unverkennbar ist, so gibt es auch in der Magie Strukturen, die eine gewisse Reaktion heraufbeschwören. Obwohl dem magischen Gewebe kein bestimmtes Muster zugrunde gelegen ist, so haben die Anwender arkaner Energien durchaus die Fähigkeit diesen Zustand zu ändern. Die Sphäre Innos‘, aus der die Priester ihre Macht beziehen, gleicht einem chaotischen Druck, der unablässig zu entweichen droht. Auch wenn der oberste Gott gleichwohl Herr über Ordnung ist, so unstrukturiert scheint doch seine Essenz zu sein. Häretiker würden behaupten, die heilige Kirche nutzte die Leichtgläubigkeit der Menschen, um ihnen ein System aufzuzwängen, gerechtfertigt durch Behauptungen über Innos‘. Doch sind dies Ungläubige, Ketzer, deren geistiger Horizont nicht zu fassen vermag, dass die göttliche Kraft ihrer eigenen Ordnung unterliegt. Wir Menschen sind nicht in der Lage, die Struktur dahinter zu erfassen und doch gab uns Innos die Fähigkeit, sie zu decodieren und in etwas Greifbares zu wandeln, welches auf Morgrad existieren kann.
Angenommen, die gesamte göttliche Macht würde in unsere Sphäre eindringen, würde sie sich durch den enormen Druck, der dahinterliegt, in einer Explosion entladen, der die Welt nicht würde standhalten können. Eben deshalb ist die Gabe der Magie mit Vorsicht zu verwalten und nur im Sinne des Guten, im Sinne Innos‘ einzusetzen.
Mit schmerzenden Augen legte Braoin das Schriftstück beiseite, welches er nun seit einiger Zeit studierte. Noch immer kam er nur quälend langsam voran und doch erschien ihm das Tempo genau richtig zu sein, entpuppte sich der Inhalt der Abschrift als – zumindest für ihn – hochgradig anspruchsvoll. Wenn er richtig verstand, gab es laut dem Autoren neben dem Hier und Jetzt, in dem er lebte und arbeitete, weitere Welten, in denen nichts weiter als Magie existierte. Diese Energie schien unablässig gegen die Grenze der Sphären zu drücken, darauf harrend, in sie einzudringen.
Um sich also Magier nennen zu dürfen, war es notwendig, diese Grenze für einen Moment zu öffnen, sodass die göttliche Macht die Struktur erfüllen konnte, welche sich der arkane Schmied erschaffen hatte. Doch was war mit dem, was der Adlatus zuvor gelesen hatte? Die Magie durchdränge alles, hatte der Autor geschrieben und nun behauptete er, dass die göttliche Kraft eigentlich von ganz wo anders her kam. Wie passte das zusammen? Um dies zu erfahren, blieb ihm wohl nichts anderes, als weiterzulesen, in der Hoffnung, eine Antwort auf seine Fragen zu erhalten.
Zuvor jedoch sollte er etwas trinken und sich bewegen, schmerzten ihm die Knochen doch schon vom langen Sitzen. Während er gelesen hatte, war seine Umgebung in den Hintergrund seines Bewusstseins gerückt und so überraschte es ihn sehr, dass er allein an ihrem Lagerplatz auf der Lichtung des Mischwaldes verblieben war. Die Glut ihres Feuers war beinahe erloschen und die Habseligkeiten seiner Begleiter lagen verstreut herum, fast so, als wären sie soeben noch gebraucht worden.
Es gab nicht viel, was der Witwer nun tun konnte, kam es doch nicht in Frage, dass er das Lager unbeaufsichtigt zurückließ. Von den Wölfen die in diesen Wäldern lebten, war zu erwarten, dass sie sich in einem günstigen Moment über ihre Vorräte hermachen würden. Glücklicherweise war das Jahr noch nicht so weit fortgeschritten, dass die Rudeltiere vor Hunger sogar Menschen anfielen, weshalb zumindest in der Hinsicht wenig Gefahr bestand.
Nach dem Trinkschlauch greifend, der neben der Feuerstelle auf dem Boden lag, horchte der Bauer auf die Geräusche der Natur. Etwas störte ihn ungemein. Das Rascheln der Blätter im Wind, wie sie tanzten und sprangen, war unverändert, doch waren die Vögel verstummt. Kein herbstliches Zwitschern, kein kicherndes Schnattern und kein beruhigendes Schuhu hallte zwischen den Stämmen und Baumkronen hervor. Düstere Stimmung lag breitete sich wie wabernder Nebel aus und ließen die Haare des betagten Wanderers zu Berge stehen.
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Das Feuer loderte von neuem und spendete Wärme gegen die unnatürliche Kälte, welche sich über den Wald gelegt hatte. Noch immer schwiegen die Vögel und als hätte das Fehlen ihrer schlagenden Flügel dem Wind die Möglichkeit gegeben aufzubrausen, war er stärker geworden. Die Bäume buckelten unterwürfig vor der plötzlichen Kraft, die dem Unsichtbaren entsprang und auch die Flammen des Feuers tanzten wild und schienen ihr nahrhaftes Holz nur umso schneller zu verschlingen. Braoin fror trotz der heißen Flammen und versuchte, sich auf seine Abschrift zu konzentrieren, die immer wieder zerknitterte, sobald eine neuerlich starke Böe aufkam.
…bedarf es der Kanalisierung der arkanen Energien die volle Konzentration des Magiers, wobei es die…
Polternd stürzte der große Reisebeutel, der Shakuras‘ Utensilien beherbergte und zumeist von Harivald getragen wurde, erfasst von einem Windstoß, und gab dem Wald seinen Inhalt preis. Proviant, zwei sorgsam zugebundene Schriftrollen und ein Wasserschlauch drohten mit dem nächsten Aufbegehren des Windes fortgeblasen zu werden.
Schnell stopfte der Adlatus seine Unterlagen in die Tasche seiner Robe, wobei sie noch mehr zerknitterten, als ohnehin schon. Er meinte gar, gespürt zu haben, wie eines der Schriftstücke gerissen wäre, doch erlaubte die Situation ihm nicht, dies zu überprüfen. So schnell es seine steifen Glieder zuließen sprang er auf und eilte zu den Habseligkeiten des Novizen. Die Äpfel und trockenen Scheiben Brot hob er als erstes auf, da sie ihm am Wichtigsten schienen. Er stopfte sich sogleich zurück in den Beutel, den er an einen geschützten Platz stellte, um einem neuerlichen Umfallen vorzubeugen. Danach schnappte er sich den Wasserschlauch und spürte, wie eine weitere Böe sich ankündigte. Ein Sturm, wie er es erst wenige Mal erlebt hatte, war aufgezogen und er hatte es nicht bemerkt, wo er doch sonst kaum falsch lag, wenn er das Wetter zu deuten versuchte. Allerdings war dies kein gewöhnlicher Sturm, brachte er doch sprichwörtliche Grabeskälte mit sich.
Es war ein Fehler gewesen, dass er die Schriftrollen bis zum Schluss hatte liegen lassen, waren sie doch die leichtesten Gegenstände gewesen, welche sich nun, getragen vom Wind auf der Flucht befanden. Panisch rannte der Witwer hinter ihnen her, hinein ins Unterholz, fort von der Lichtung und dem Lagerplatz.
Über Wurzeln und Zweige stolpernd suchte er unter dem lauten Getöse des Windes und dem drohenden Rascheln der Blätter nach Shakuras‘ Papieren. Dornengestrüpp verhedderte sich in seiner Robe und zog etliche Fäden heraus, ehe er die Schriftstücke ausmachte. In einem Beerenbusch gefangen trotzen sie dem Sturm, warteten nur darauf, von ihm aufgesammelt und zurück zum Lager gebracht zu werden.
Ein kleiner Satz brachte ihn direkt vor das Gebüsch, ehe der Wind abschwächte. Just in diesem Moment, in dem sein Gehör nicht mehr umblasen wurde, hörte er das Knacken des Geästs, weshalb er erschrocken nach oben blickte. Kaum einen Augenblick später schlug lediglich einen halben Schritt neben ihm ein schwerer Ast auf, der ihm womöglich das Leben hätte aushauchen können. Mit rasendem Herzschlag und den Schriftrollen klaubte er die Schriftrollen aus dem Busch und merkte erst einen Gedanken später, dass seine Finger feucht wurden. Nicht einmal auf den zweiten, sondern gar den dritten Blick stellte der Bauer fest, dass sich Raureif auf die Pflanzen gelegt hatte, fast so, als wäre es ein Wintermorgen. Etwas war hier absolut nicht, wie es sein sollte und so lief er mit deutlich erhöhtem Puls zurück zum Lager, hoffend, dass der Sturm keinen weiteren Tribut gefordert hatte.
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Nigel war kaputt, alle, erschöpft, fertig, müde, abgestumpft, kraftlos, erledigt, deprimiert und einfach nicht mehr in Stimmung. Sein Kopf drehte sich unaufhörlich, Übelkeit hatte ihn längst übermannt und so recht stehen wollte er auch nicht mehr. Die Beine zitterten wie auch seine Arme, die kraftlos auf seinem Zweihänder ruhten, der mehr als Stütze diente als Waffe. Wie viele Kameraden sie verloren hatten auf ihrer Flucht, vermochte Nigel nicht zu sagen. Er hatte keinerlei Überlick mehr, er wusste nur, dass sie es geschafft hatten. Hinaus aus der Stadt, durch die Reihen des Feindes hindurch zum Fuße des Gebirges. Der befestigte Tunnel, der als Versorgungsroute zwischen der Stadt, die verloren hinter ihnen lag und der Burg, die verheißungsvoll vor ihnen lag, diente, lag unmittelbar vor ihnen. Wohl war dem Krieger bei der Vorstellung, mit all den Menschen um ihn herum unter Tage zu verschwinden, nicht. Doch er sah kein anderen Weg. Und dort drin waren sie sicher vor dem Drachen, dieser Kreatur, der sie so wenig entgegen zu setzen hatten. Alles, was ihnen dort drin entgegenkommen sollte, war sicherlich nur halb so schlimm, wie dieses Flugungeheuer.
Während die ersten Flüchtlinge im Weißaugengebirge verschwanden, so wartete Nigel an einem Felsen angelehnt und versuchte so etwas wie die Stellung zu halten. Dabei schaffte er es gerade einmal sich selbst zu halten, und das auch nur mit der Hilfe der Steinwand hinter ihm und des Zweihänders, auf den er sich stützte. Immer wieder fielen ihm die Augen zu, doch die Geräusche um ihn herum hielten ihn letztendlich wach. Der Schwarzhaarige sehnte sich nur noch das Ende von all dem herbei, während er die Rauchsäulen über der Stadt Setarrif sah. Es blieb nur zu hoffen, dass sie in der Burg noch Schutz finden konnten und diese nicht schon längst verloren war...
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Raad war schlecht. Schweiß rann ihm das Gesicht herunter. Seine schwarzen Haaren klebten schwer an der Stirn. Ein Schnitt an seiner linken Wange pulsierte in heuchlerischer Wärme. Seine Muskeln schrieen vor Schmerz. Doch die Missgeburt lag am Boden. Die schuppige Haut an ihrem Schädel aufgeplatzt. Die Augen leer und der Körper in den letzten Zuckungen.
Beim dreißigsten Tod dieser Art hatte der Leiter der Akademie aufgehört zu zählen. Und schon beim zwanzigsten hatte er die Orientierung verloren, wo überhaupt er sich befand. Er wusste, dass Viraya noch immer in seiner Nähe war. Wie eine Katze, die darauf lauerte, irgendetwas zu tun und doch nichts tat.
Sie befanden sich mitten im Strom jener die flüchteten. Es waren gleichsam jene, die kämpften. Aber er hatte noch kein bekanntes Gesicht. Es war, als sei die ganze dreckige Stadt auf der Flucht. Und als ihm dies bewusst geworden war, war die Übelkeit in ihm aufgestiegen. Er hatte die Stadt verlassen, um zu schützen. Um sie besser… nein… überhaupt noch schützen zu können. Und dem Augenblick, da er nicht da war, ist sie angegriffen und in Stücke gerissen worden. Als sei, welcher Gott auch immer dafür verantwortlich war, dies zugelassen zu haben, ein alter, blinder Wahnsinniger, der schallend lachend auf diesen Augenblick gewartet hatte. Den Augenblick, da er ihn in aller Bitternis, welche die Allmacht eines Gottes mitbringen musste, das Schicksal auf den Hals hetzte und ihn vor seinem Gewissen anklagte, die Stadt verlassen zu haben.
„Weiter.“, blaffte der Leiter der Akademie Viraya an und schob sie vorwärts. Er hatte endlich die Richtung der Menschenmenge erkannt. Indes blitzte Verwirrung in den Augen der Frau auf. „Ja, zurück ins Weißaugengebirge!“, sprach Raad scharf, die Frage im Blick der Schwarzhaarigen erratend, „Willst du ernsthaft noch in die Stadt zurück? Wenn Darjel noch dort ist, werde ich die Schlampe erschlagen, der ich meinen Sohn anvertraut habe. Und wenn er hier ist, überlege ich mir das Gleiche mit ihr zu tun!“
Zorn flackerte in die Augen des ehemaligen Assassinen auf. So brennend und heiß, dass er ihn kaum kontrollieren konnte. Für einen Augenblick hegte er den Gedanken, mit Viraya zu beginnen. Hatte sie doch, trotz all ihrer Einmischungen, den Sohn nicht gerettet. Sollte er… Raad verdrängte den Gedanken. Das konnte er immer noch entscheiden, wenn es keine Hoffnung mehr gab.
In der Ferne sah er einen Mann an einem Felsen lehnen. Das erste Gesicht, von dem er glaubte, es tatsächlich wieder zu erkennen. Es verschwamm nicht wie viele andere vor seinem Blick im Rausch des Kampfes.
Der ehemalige Assassine stapfte auf den anderen Mann zu. Viraya folgte ihm noch immer. Zu dumm, um es nicht zu tun. Trotzdem war Raad ihr dafür insgeheim dankbar. Auch, wenn er sie dies niemals wissen lassen würde.
Die Flüchtenden rauschten an dem am Felsen Lehnenden vorbei und achteten ihm kaum eines Blickes, obgleich er wohl einer derjenigen gewesen war, der ihr Leben bewahrt hatte.
„Nigel. Hey.“, brummte Raad und klatsche dem anderen Mann die flache Hand ins Gesicht. „Wach auf. Heute ist nicht der Tag zum Sterben!“
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Nördlicher Waldrand, Süd/östlich von Thorniara
Starke magische Wogen lagen in der Luft. Von weit her zogen sie in Richtung des Gebirges unweigerlich auch an dem Wald vorbei in dem sich Felizianus befand. Im Tiefschlaf merkte der Bursche jedoch davon allenfalls ein Kribbeln in der Nase. *Gesundheit* nur ein kurzer Nieser unterbrach die sanfte Stille der Nacht. Das Geräusch eines Nieselregens und der Blätter begleitete die Szenerie. Im südwesten Erstreckte sich das Gebirge. Klar zu erkennen verschwomm es in der Nacht dennoch zu einem dunklen Schatten. Tiefe Furchen bildeten unheimliche Kluften und Winde pfiffen brachial durch jede Öffnung, sei sie noch so klein.
Auf der Ebene am Fuße dieser Naturgewalt kauerte der Beschauliche Hain in dem sich Felizianus befand. Nun regte sich der verdreckte Körper des Jungen mühsam aus der schmerzhaften Starre denn der Boden war hart und rau. Mit Kopfschmerzen erwachte er unter dem Moosbedeckten Stamm , welchen er sich als Versteck herausgesucht hatte. Doch sofort hielt er inne da er realisierte dass sich draussen etwas bewegte, doch zum glück hatte er den Spalt, den er als Eingang nutzte mit möglichst vielen, größeren Blättern gut verdeckt.
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Auf der Flucht, am Rand des Weissaugengebirges
Seine schweren Stiefel knirschten bei jedem kraftlosen Schritt über den steinigen Pfad der sie durch das Weissaugengebirge gen Tunnel nach Westen führte.
Ein eisiger Wind pfiff durch die kargen Felsen, wehte durch ihre Kleidung und laugte die sowieso erschöpften Flüchtlinge weiter aus.
Joe war mehr in Trance als bei Sinnen, stammelte immer und immer wieder wirre Dinge vor sich her, während ihn Pete grimmig und treu stützend mitschleifte.
Der Tooshooer machte sich ernsthafte Sorgen um seinen Kameraden, wissend, dass das Fieber das Joe heimsuchte kombiniert mit der Erschöpfung seinen Tod bedeuten konnte.
Auch hatte die Wunde an seiner Schulter, die sie notgedrungen mit glühendem Eisen verschlossen hatten, eine üble eitrige und entzündete Fläche entstehen lassen.
Von den Verbänden die sich mit Blut bereits mehr als getränkt hatten wollte er gar nicht sprechen.
Joe brauchte einen Heiler und zwar bald!
Doch sie hatten noch ein gutes Stück vor sich und hätten die Dämonen, ausgekotzt von einem magischen Portal wie es Pete noch nie zuvor erblickt hatte, nicht eingegriffen…nun, dann wären diese Flüchtlinge ihrem Namen nicht würdig gewesen.
Pete blickte mürrisch zu Günar der den hageren Mann Lukar mit sich schleifte, dicht gefolgt von Slicer der Joes Schild und Schwert bei sich trug.
Sie hatten überlebt. Irgendwie hatten sie verdammt nochmal überlebt.
Bei der Menge an Echsenmenschenkrieger die die Stadt wortwörtlich überrannt und weggespült hatten und des Drachens der über ungeheure Kräfte verfügte, ein wahres Wunder.
Black würde ihnen sagen, dass es Beliar war, der ihnen die Gunst des Lebens schenkte, doch Pete war sich dessen nicht sicher.
Worte die er gegenüber seinem alten Freund niemals aussprechen würde…
Sollte er zu Beliar beten? Sollte er ihn bitten Joes Leben zu verschonen?
Immerhin war Black ein treuer Diener des dunklen Gottes und hatte sich dessen Gunst verdient oder?
Aber Pete war nie jemand gewesen der zu den Göttern gebetet hatte.
Eigentlich war er aber auch nie jemand gewesen, der sich an einer solch gewaltigen Schlacht beteiligt hätte. Er war ein Dieb, ein Halunke und Schmuggler….
Der Toshooer grinste verwegen und blickte in das sabbernde bärtige Gesicht Blacks zu seiner rechten.
Ächzend rückte er dessen linken Arm weiter über seine linke Schulter und umfasste seine Hüfte mit der rechten fester.
„Komm schon Black, du musst mir schon etwas helfen mein Freund.“ keuchte er erschöpft
Wie viele hatten eigentlich überlebt? Angesicht der Menge an Menschen die in der Stadt lebte ein winziger Bruchteil wie es Pete erschien. Doch hatte er gesehen, dass der König und seine engsten Gefolgsleute noch immer bei ihnen waren. Sie führten sie an, ebneten ihnen den Weg.
„Hey Pete! Bei den Blaukutten habe ich eine Schwarzkutte gesehen. Hast du nicht gesagt, dass Joe einmal zu ihnen gehört hat? Vielleicht können sie seine Wunden heilen?“ grunzte Günar von vorne nach hinten ohne seinen Kopf zu drehen.
Der Tooshooer biss sich nachgrübelnd auf die Unterlippe und wog die Frage ab.
Günar hatte Recht. Dieser Mann, der sich mit diesem Tinigrubius oder wie die Blaukutte hiess zusammengetan hatte, musste ein Magier des Kastells gewesen sein. Womöglich wusste er wie er Joe helfen konnte. Sicherlich würde Black auch lieber von einem erwählten eines Gottes behandelt werden als von einem der Heiler Adanos…
Doch die kalte Realität holte Pete schnell wieder ein.
Er schüttelte den Kopf und entgegnete kalt:
„Selbst wenn… Heilung beansprucht Ruhe und Zeit. Beides haben wir nicht….
Schauen wir, dass wir es in die Tunnel schaffen. Womöglich ist dort die Möglichkeit gegeben…“
Günar nickte grimmig und zog Lukar schwungvoll nach vorne. Der Typ Namens Slicer folgte dicht, wohl sehr besorgt um das Wohl seines Kumpanen.
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„Ein Drache, wie aus irgendeinem kitschigen Märchen für kleine Blaggen, kommt, mit einem Heer aus Echsenmenschen her; tut alles, um auch den letzten schwächlichen Menschen Setariffs niederzumetzteln und seine sterblichen Überreste in Flammen aufgehen zu lassen... und eine Horde Dämonen, angeführt von den Schwarzkutten Beliars aus dem Süden, kommt in letzter Sekunde und rettet uns den Arsch... so langsam weis ich nicht mehr, wo mir der Kopf stehen soll. Wer zum Beliar kämpft hier eigentlich gegen wenn? Müssten die Dämonen den Echsenmenschen nicht eigentlich eher beistehen als sie freudig auseinander zu nehmen?“
Slicer erwartete von keinem seiner gefährten eine ernsthafte Antwort auf die seeinfach in die Luft gestellte Frage.
Angewidert spuckte er einen klumpen Speichel aus, der sich während der schnellen Flucht in seinem Mund gesammelt hatte und schüttelte verständnislos den Kopf.
Das während dem verzweifelten Ausfall erlebte, stellte seinen sachlichen Verstand auf eine harte Probe. Er war nicht sonderlich aufgeklärt in den Geschichten über die drei Götter und hatte auch nie vorgehabt sein Wissen über diese spirituellen Dinge zu vertiefen: Wenn die Götter den in die Geschickter der Welt eingriffen, so hatte er sich bis vor wenigen Tagen niemals von ihnen beeinflust gefühlt. Aber rein spontan war der Schmuggler doch davon ausgegangen, dass der Drache und sein züngelnder Anhang ebenso Kreaturen Beliars waren, wie diese unbeschreiblichen Dämonen die die Echsen so selbstverständlich Zerfleischt hatten. Das sie also nun von Schwarzmagiern des ominösen Kastells gerettet worden waren, das irgendwo in den schwarzen Schluchten Thronte, erschien ihm leicht widersinnig, aber angesichts des Gesehenen musste er sein bisheriges Wissen über die Götterwelt wohl über den Haufen werfen.
Nicht, dass es für ihn sonderlich von Belangen war, ob ihnen die Echsenmenschen nun im Namen von Innos, Adanos oder Beliar an den Kragen wollten...
So im Gedanken versunken blickte er zum kräftigen Günar hinüber, der seinen sichtlich lädierten Schützling mit sich schleifte. Jeder Heiler noch so mittelmässige hätte sie mit ziemlicher Sicherheit ungehalten angefahren, dass die Art und Weise, mit der sie den angeschlagenen Lukar und den noch viel schlimmer zugerichteten Joe Black vorwärts zwangen, völlig inakzeptabel war. Doch die Not kannte in ihrer Eile keine Schonung. Zurückfallen war mit einem Heer blutrünstiger Echsen im Nacken völlig undenkbar und bedeutete ein noch viel sichereres Todesurteil für die beiden, als es die vielleicht etwas ruppige Stützhilfe ihrer Freunde war.
Sein Blick schweifte hinüber zum benommenen Joe Black.
Der mächtige Krieger, der selbstbewusst und tapfer ihre Abwehr im Lagerviertel angeführt, sie vor der sicheren Vernichtung bewahrt und zum Palast geführt hatte, war nunmehr zu einem temporären Zerrbild seiner selbst geworden. Schwach, an unzähligen Stellen übel verwundet, und nun auch nochbedenklich fiebernd, war er angreifbarer und hilfebedürftiger als viele der Verwundeten, denen die Setariffer Flüchtlinge kameradschaftlich zur Seite standen.
Dennoch fand Slicer fast, dass er für das, was er im Nahkampf gegen die vermaledeiten Echsen geleistet hatte, noch zu gut aussah.
Das er überhaupt noch lebte, war einer ungeheuren Mischung aus Zufall, Glück und seiner unermesslichen Selbsterhaltungstrieb geschuldet, und der Kriminelle war beinahe bereit, zu glauben, dass auch eine gewisse höhere Macht ihre schützende Hand über den stolzen Krieger hielt.
Er hoffte für diesen bemerkenswerten Mann, dass das Schicksal, die Götter oder wer auch immer bisher verhinderte, dass der Tod seinen stark angesengten Lebensfaden durchtrennte, auch weiterhin so nachsichtig mit ihm sein würde...
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Lehrling
Dort vorn sah er sie, wie sie Ameisen gleich in die Tunnel ihres Baus flohen. Nur dass es nicht ihr Bau war, in den sie strebten, sondern das Weißaugengebirge, seinem Bau. Der Boden des Felds, welches sich vor der ehemaligen Südmauer Setarrifs erstreckte, war übersät von Kadavern. Hauptsächlich lagen dort Echsen, aber auch die Leichen einiger Menschen waren zu sehen. Es war dem Drachen unbegreiflich, wie so viele seiner Krieger hatten sterben können, sah er doch nichts, was dieses Phänomen erklären konnte. Lediglich ein feiner magischer Nebel lag über dem Schlachtfeld, ein Anzeichen für immense Mengen an arkaner Kraft, die hier gewütet haben mussten. Doch welcher Wurm dieses niederen Volkes vermochte derartige Macht zu entfesseln, dass es seine Diener in Scharen dahinraffte?
Wütend brüllte er so laut, dass sich der Schall an den Hängen des Gebirges fing. So schnell es seine mitgenommene Schwinge zuließ hielt er auf die Flüchtenden zu, ein heißes Brennen in den kalten Augen.
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 nomina nuda tenemus
»Bleibt hinter mir«, schrie Esteban aufgrund seiner von ihm selbst noch nicht bemerkten Taubheit zu Nicolei.
Nachdem der Weltenriß nahezu phänomenale Ergebnisse gezeigt hatte, war der Schwarzmagier ein wenig euphorisch. Soweit es seine Countenance zuließ jedenfalls.
»Wir wollen den Zug der Flüchtigen erreichen und dort nach dem Rechten sehen«, schrie er weiter.
Natürlich würde das nicht ohne Weiteres gelingen, schließlich waren noch mehr als genug von den seltsamen Echsenwesen übrig geblieben, der Weltenriß hatte letztendlich nur einen geringen Teil des Heeres vernichtet, obgleich viele derjenigen, die nicht von den niederregnenden Brocken erschlagen worden waren, in Panik versetzt worden waren und wild umher liefen, nicht wissend, was sie tun sollten.
Doch in weiser voraussicht nutzte Esteban die augenblicke der ruhe, um seine Kraft wieder zu sammeln und einen steinernen Golem zu rufen. Gestein polterte plötzlich aufeinander zu, während er, anders als er dachte, die Beschwörungsworte laut ausrief und die Hände in die Richtungen des steinernen Materials streckte, gleich einem Dirigenten, der ein Orchester anleitete. Hier links lauter, und nun rechts ein Crescendo. Und ehe man sich versah, war aus einigen unförmigen Brocken ein fast ebenso unförmiger Golem entstanden. Esteban trat auf ihn zu, der steinerne Mann beugte seinen Körper, so daß der von einer kleinen Fichte bewachsene Fels, der als Kopfersatz auserkoren war, fast auf die Höhe des Hauptes des Hohepriesters hinab glitt. die zweige des kleinen Baumschößlings erzitterten bei jeder Bewegung. Der Magier presste die Handfläche gegen die angenommene Stirn des Golems und flüsterte -- und nun wirklich --- die letzten und wichtigsten Worte, die dem Steinwesen Sinn, Ziel und Richtung gaben.
Der Golem richtete sich ächzend auf und stapfte voran, immer in Richtung des Flüchtlingszuges. Esteban und Nicolei folgten ihm. Bald hatten sie den Hügel, dessen Spitze ihnen so vortreffliche Übersicht geboten hatte, verlassen und ließen seine Flanken hinter sich. Und schon tauchten sie in das Lager des Echsenheeres ein. Der Golem richtete sich auf und begann, seine Pranken zu schwingen. vor allem die linke, die ungleich größer ausgefallen war, als ihr Gegenstück. War es Absicht oder war es Zufall, bestimmt durch die ungleichmäßige Verteilung der zu seiner Erschaffung benutzten Felsblöcke? Er wichste mit der Linken, die fast auf der Erde schliff, ohne daß er sich Bücken mußte, die Echsen beiseite wie lästige Schmeißfliegen. Sie hoben ihre ungeschlachten Waffen, stumpf gegen ihn anrennend und wurden im selben Moment weggewischt, purzelten durch die Luft und schlugen dutzende Schritte entfernt krachend auf der Erde auf. Und selbst wenn sie einen Schlag zur Ausführung brachten, so richtete dieser keinen sichtbaren Schaden an, prallten doch die groben Klingen der Echsen klirrend von dem harten Fels, aus dem der Golem bestand, ab und schlugen höchstens Funken dabei.
Und so bahnte sich die kleine Gruppe ihren Weg durch die gegnerischen Horden.
»Wartet, bis meine Magie erlischt, ehe Ihr Eure eigene zündet«, lautete die Anweisung an seinen Begleiter Nicolei. Doch zum Glück reichte der magische Atem des Hohepriesters bis weit in die Ebene, wo sie den Zug der Vertriebenen erreichten.
»Suchen wir den König!«, rief der Nekromant seinem Begleiter zu, wie immer lauter als nötig. Sein geplatztes Trommelfell hatte er noch immer nicht bemerkt.
»Wo ist der König?«, rief er fragend die Menschen im Treck an, doch alle deuteten nach vorn. Und so bahnten sich die beiden Schwarzmagier unaufhaltsam den Weg an die Spitze des Zuges, wo Ethorn vermutet wurde. Und tatsächlich erblickte er den König an der Spitze der Schar. Sobald er vor ihn getreten war, beugte der stolze Schwarzmagier sein Haupt.
»Ich stehe zu Diensten, mein König«, rief er, lauter als angemessen, doch drangen Geräusche aus bekanntem Grund nur dumpf an sein Ohr.
»Wie der Vertrag, den wir einst schlossen, es vermutlich gebietet -- ich habe ihn mir nie richtig durchgelesen und seinen Wortlaut nicht im Sinne -- stehe ich hier, um Argaan zu unterstützen mit meinem Wissen und meiner Macht.«
Der König schien der Meinung zu sein, diese Unhöflichkeit angesichts der Situation zu übersehen und nickte gnädig, anstatt etwas zu entgegnen. Vielleicht war er angesichts der Katastrophe auch mit seinen Gedanken woanders.
»Wenn ich Eurer Majestät mit meinem Rat, meiner Magie oder mit etwas anderem zur Verfügung stehen kann, so werde ich dies gern tun«, behauptete der Magier formvollendet und meinte es wohl auch zum großen Teil ernst.
Ethorn bedeutete ihm, sich zu entfernen und nickte huldvoll.
»Nicolei«, wandte sich Esteban an seinen Begleiter, »wenn Ihr mir folgen wollte, so tut das, jedoch wisst, daß Ihr Eure Ausbildung in der Magie des zweiten Kreises vollendet habt. Mit eurer letzten Beschwörung habt Ihr gezeigt, daß Ihr in der Lage seid, die Magie Beliars dieses Grades anzuwenden. Also geht, wenn dies Euer Wunsch ist oder bleibt, wenn Ihr dies vorzieht. Ich kann Euch nichts mehr für diesen Kreis der Magie beibringen, was Ihr nicht durch Übung und Wiederholung selbst erfahren könntet. Doch ich werde das Volk von Setarrif begleiten.«
Vor ihnen gähnte das dunkle Loch des Tunnels unter dem Gebirge. Ein Weg, den heutzutage nur wenige nahmen, obwohl er in früheren Zeiten als sichere Passage zwischen Westargaan und Ostargaan galt, das durch das passlose Weißaugengebirge der Länge nach geteilt war. In den dunklen Tiefen lauerten nun viele feindliche Kreaturen, seien es lästige Goblinstämme, giftige Riesenspinnen oder die alles mit ihren Exkrementen und Brutröhren überwuchernden Minecrawler. Und wer wußte schon, was noch alles dort unten in der Dunkelheit auf sie wartete.
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