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So ein Schaf war schon eine feine Sache. Es blökte, es gab Wolle und im Zweifel konnte man es sogar essen. Angeblich gab es sogar welche, die Milch gaben. Würde es jetzt noch Eier legen, so wäre dieses Tier wohl allen anderen Nutztierarten überlegen.
Vielor konnte es kaum glaube, dass Curt das Schaf gekauft hatte. Was hatte er mit ihm vor? Er war doch allergisch gegen das Fell und als besonderen Tierfreund schätze Vielor ihn auch nicht ein. Den kleinen Hund wertete der Fischer eher als Utensil als wie als geliebtes Haustier des Lehrers. Doch vielleicht war die Einschätzung ja auch falsch. Wie dem auch sei, zumindest der Hund Sandow machte aus seiner Begeisterung für das Schaf namens Amaretto keinen Hehl. Dies jedoch zum offensichtlichen Missfallen Curts, da es den Hund nicht zu interessieren schien, dass das Schaf Mitglied einer vollkommen anderen Spezies war. Vielor hingegen fand die Annäherungsversuche des Schipperke eher drollig. Zumindest die Fellfarbe der beiden Tiere stimmte überein.
„Der will doch nur spielen“, versuchte Vielor seinen Reisebegleiter zu beschwichtigen.
Ihre Reise neigte sich dem Ende entgegen, die Mauern Thorniaras erstreckten sich von Feuerschein, Sternen und Mond erhellt vor ihnen. Nur noch wenige Schritte und die Reisegruppe stand vor den Stadtwachen. Ohne großartige Probleme ließen sie alle passieren. Weshalb hätte es auch Probleme geben sollen? Schließlich konnte sich jeder von ihnen mit ausreichenden Papieren ausweisen.
Innerhalb der sichernden Stadtmauern überkam Vielor ein Gefühl der Erleichterung. Sie hatten es geschafft, sie waren heil zurück gekehrt und konnten an diesem Abend wieder im eigenen Bette schlafen.
„Was hab Ihr jetzt eigentlich mit Schatz und Schaf vor? Ich gehe nicht davon aus, dass dies der Beginn einer Karriere als Bauer sein sollte.“
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Thorniara - endlich angekommen!
Eigentlich der Moment, sich des leidigen Ballasts zu entledigen und seiner eigenen Wege zu gehen. Schnurstracks zum Tempelviertel und um eine Aufnahme in den Orden bittend. Doch dieses Unterfangen würde nicht von Erfolg gekrönt sein. Curt würde von seinen Schätzen noch irgendetwas verkaufen und gegen Goldmünzen eintauschen müssen. Außerdem gab es noch wesentlich mehr, was er sich kaufen wollte, ehe er in die billige Tracht der Adlati schlüpfen sollte. Einen Karren beispielsweise, am besten mitsamt Esel oder Pferd. Kleider und Schuhe, damit er dem anrückenden Winter trotzen konnte. Vielleicht auch einen edleren Wanderstab. Für all das war die Zeit heute schon zu fortgeschritten. Alles, was er tun konnte, war, die Schätze und das Schaf zunächst bei dem geschätzten Fürst Thorn unterzubringen mit der Bitte, darauf aufzupassen bis er sie morgen abholte. Und weil dieser einverstanden war, beließ es Curt bei einigen Goldmünzen in der Tasche für eines der besten Zimmer, was die Taverne zu bieten hatte und lud zur Feier des Tages auch Vielor ein, mit ihm zu trinken und zu speisen. Alkoholfrei, versteht sich. Dieser willigte auch ein und keine Stunde später fanden sie sich an einem reichlich gedeckten Abendtisch wieder.
"Und Vielor", begann Curt zwischen zwei Speisegängen, "Was macht eigentlich dein Buchstabensalat? Kannst du mir inzwischen ein paar Selbstlaute vortragen?"
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„Oh ja“, antwortete Vielor und begann das erlernte vorzutragen:
„AAAA“ Kaum hatte der Fischer mit dem Buchstaben begonnen, verzog Curt auch schon sein Gesicht. Hatte Vielor etwa den falschen Buchstaben genannt? War er womöglich gar kein Selbstlaut? Währen Vielor kurz nachdachte, schluckte er das noch im Mund befindliche Essen herunter. Den Grund für den angewiderten Gesichtsausdruck Curts konnte er trotzdem nicht finden und fuhr deshalb mit seinem Vortrag fort:
„EEEEE“
„IIIII“
„ÖÖÖÖÖ“
„HAAAAA“
„ÄÄÄÄÄHHH“
„UUUUUU“
„OOOOOOO“
„KUHHHHH“
„Weeeeeee“
„Ich denke, das waren sie alle. Sind aber mehr als acht, wenn ich mich nicht verzählt habe. Kann es sein, dass es doch mehr Selbstlaute gibt?“
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Auf den Anblick der Fischreste zwischen Vielors Zähnen hätte Curt gut verzichten können. Wie konnte er überhaupt Fisch bestellen? Hing ihm das nicht langsam zum Halse raus? Aber auch auf den Rest, der aus dem Mund des jungen Mannes kam, ließ den Adligen seinen Traubensaft aufstoßen. Nur mit Mühe konnte er diesen hinter dem Gaumen halten.
"Neinnein, falsch. Zumindest die Letzten. Mach den Mund bitte zu und die Ohren auf!"
Vielor gehorchte, immerhin. Schließlich bezahlte Curt den ganzen Spaß hier, da konnte er auch vollstes Gehör fordern.
"A, E, I, O, U! Das sind die wichtigsten Selbstlaute und du hast sie alle in deiner Aufzählung gehabt. Ö, Ä und Ü, das letzte fehlte noch, sind Mischselbstlaute. Aber sie sind erstmal nicht so wichtig. Was völlig falsch war, war WEEE und KUUUH. Also wirklich! Du hast mir wohl nicht zugehört, was? W und K sind Mitlaute, du kannst sie nicht mit geöffnetem Mund aussprechen, ohne zwei Buchstaben zu verbinden. Ich demonstriere es dir: KUUU und UUU. Da merkst du doch einen Unterschied. Bei den Selbstlauten wird der Bereich im Mund, der beim KUUU angestrengt wird, nicht eingesetzt. Und deine Lippen dürfen sich bei Selbstlauten auch nicht berühren. Ich muss zugeben, es zu erklären ist recht schwierig. Ich will ungern deinen Mund aufreißen und dir praktisch zeigen, was ich meine. Stattdessen sagst du mir jetzt, welcher von den beiden Mitlauten ein weicher und welcher ein harter Mitlaut ist. Denk dran, die harten Mitlaute lassen sich nur knapp aussprechen, so wie P. Die weichen lassen den Ton lange halten. Wie Rrrrrr. Also?"
Geändert von Curt (29.09.2012 um 00:24 Uhr)
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Curt und Vielor spazierten an diesem kühlen Spätsommerabend gerade vom Hafenviertel in die Oberstadt. Zwei Menschen, zwei Orte. Jeder hatte seinen Platz, das sah man auch, wenn man Curt mit seiner neuen, modischen Robe sah, wie er vor Vielor daher stolzierte, welcher einen Handkarren für ihn zog. Dafür, dass Curt ihn unterrichtete, musste er auch einmal etwas mit anpacken! Und so schwer war ihr Gepäck gar nicht.
Ihr Ziel waren die restlichen Amulette und Ringe, die noch bei Bastan Thorn lagerten. Curt hatte in den letzten Tagen so viel verkauft, dass er nun 1200 Goldmünzen in bar besaß. Den Rest seiner Besitztümer wollte er in einen Lagerraum im Hafenviertel sperren, den er über drei Ecken für einen guten Preis gekauft hatte. Weil er dem Schloss nicht traute, hatte er außerdem einen Schlosser beauftragt, ihm ein Neues zu machen. Das war heute fertig geworden, daher konnte Curt endlich mit dem Umzug beginnen. Und wenn das geschafft war, könnte er auch endlich seinen Eintritt in den Orden beantragen, ehe seinem Schaf noch zu viele der Allergie auslösenden Haare wuchsen!
"Komm komm, nicht so langsam. Du kennst den Weg!"
Es dauerte nicht lange, da waren die beiden bei der Villa Thorn angekommen. Curt richtete seinen Saum noch einmal, ehe er anklopfte. Der Lakai machte auf.
"Verzeihung. Ist Fürst Thorn zu sprechen? Ich komme, um meine... Waren abzuholen."
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„Hoheit, zwei Gäste sind eingetroffen und wünschen Einlass auf Grund von undefiniert gebliebenen Waren. Wenn ich mir ein Urteil erlauben darf, sehen sie nicht aus, als hätten sie Geschäfte mit Euch, mein Fürst“, sprach der Diener vor, der ausgesandt worden war, um den Hausherren über Besuch zu informieren.
„Du darfst dir kein Urteil erlauben. Entferne dich!“, wies Bastan seinen Diener an und erhob sich aus dem weichen Sessel, in dem er sich von der strapazenreichen Reise hatte erholen wollen.
Er schritt zur Eingangshalle und breitete einladend die Arme aus, als er Curt und Vielor erblickte, die mit einem Handkarren bewaffnet seine Eingangstür belagerten und darauf warteten, eingelassen zu werden.
„Guten Abend, werter Herr und natürlich Vielor“, begrüßte er seine Gäste herzlich, „Kommt nur herein.“
Die beiden machten Anstalten, über die Türschwelle zu schreiten – Vielor mitsamt dem Karren.
„Das Holzgefährt sollte jedoch draußen bleiben. Vielor, wärst du so nett?“, fragte der Fürst freundlich und schaute zu, wie der Fischer den Karren an den Fuß der Treppe stellte und zügig zu dem in feinste Roben gewandten Mann aufschloss, der bereits eine leichte Verbeugung als Begrüßung losgeworden war.
„Wie ich sehe, ist es Euch gut ergangen, seit wir den Hof dieses...freundlichen Bauern verlassen haben“, meinte der Edelmann und musterte anerkennend die Gewandung des Bärtigen.
Einige höfliche Floskeln wurden ausgetauscht, Vielor zu seiner gesunden Gesichtsfarbe beglückwünscht und schließlich die Tür geschlossen, „Kommt doch mit herein, während ich besagte Ware heranschaffen lasse.“
Thorn läutete die kleine goldene Glocke, woraufhin ein Bediensteter erschien – ohne jedoch eine sichtbare Tür genutzt zu haben.
„Bring mir bitte die Schatulle, welche mit den Dingen befüllt worden ist, die sich in der Kutsche befunden haben.“
Der Laufbote verbeugte sich tief und verschwand ebenso unauffällig, wie er erschienen war.
„Wir können im Garten Platz nehmen, nachts riechen weiße Rosen so intensiv, man könnte meinen, dass man in einem ganzen Meer von Blütenblättern badet. Folgt mir.“
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Curt war von der Gastfreundschaft des Fürsten Thorn ausgesprochen entzückt und stolz darauf, endlich jemanden gefunden zu haben, der mit ihm eine Unterhaltung auf seinem Niveau führen konnte. Während die beiden Geschäftsmänner sich sogleich in den Garten begaben, um den Geruch der erwähnten Rosen zu genießen, wies Curt den Fischer an, dem Lakaien dahin zu folgen, wo das Schaf untergebracht war.
"Wir nehmen es mit. Bring es schon mal vor die Tür und lade meine Güter bitte auf den Karren. Wenn Fürst Thorn es erlaubt, darfst du danach in den Garten kommen und uns zeigen, welche Fortschritte du in meinem Sprach- und Schreibkurs bereits gemacht hast."
Der Hausherr schien einverstanden und mit einem Hauch von Missmut machte sich Vielor an die Arbeit. Curt und Bastan setzten sich derweil hinaus auf eine sonderbare, aber gemütliche Schaukelbank.
"Diese Robe ist aus feinster Seide aus Geldern. Kein Hauch von Wolle und damit auch keine Allergien. Ich muss aber auch sagen, die Auswahl eurer Blumen weiß mich zu erfrischen. Ebenfalls keine lästigen Stäube und Niesattacken."
Sie plauderten dann weiter über Innos und die Welt bis Vielor schließlich im Garten auftauchte. Und WIE er auftauchte...
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Vielor wusste selbst nicht, weshalb er sich von Curt immer wieder zu allerlei Hilfsarbeiten einspannen ließ, doch mochte er auch irgendwie nie nein sagen, wenn ihm ein Job angeboten wurde. Allerdings musste Vielor so langsam zusehen, dass sein Fischerhandwerk dabei nicht auf der Strecke blieb. Nun zumindest war er zum Schäfer abkommandiert. Eigentlich eine Aufgabe, die ihm gar nicht so missfiel, er hatte seinen Gefallen an dem blökenden Schaf gefunden. Schwarz wie die Nacht war es und ein Außenseiter unter der sonst weißen Herde. Vielor stellte sich vor, wie es als kleines Lamm wohl von den anderen Lämmern gemieden wurde, von dem Bock als Sandsack genutzt und von der Aue verstoßen. Es musste sich wohl in dieser harten, grausamen Welt allein zurecht finden und aufwachsen ohne die Chance je Teil der Hofweiten Schafs-Gemeinschaft zu werden. Ein trauriges Schicksal das ihm widerfahren war. Und nun, hier in dieser fremden Stadt, ohne Grünflächen oder genießbares Stroh auf steinigem Boden gefangen. Kein Wunder, dass sich das Tier nun mit Leibeskräften gegen das Fortschaffen durch Vielor sträubte. Zu gerne hätte dieser ihm den freien Willen gelassen und es irgendwo hingebracht, wo es auf sonnigen Wiesen genüsslich das frische Gras fressen konnte.
Schließlich war es geschafft, das widerspenstige Schaf war am Wagen angekommen und einer der Lakaien des Lords knotete die Leine am Wagen fest. Erleichtert atmete Vielor tief durch und half noch dabei die Schätze aufzuladen. Doch als er sich zum Gehen wandte, erschrak der Fischer. Die Tür zum Haus war nur angelehnt gewesen und stand nun ein breites Stück weit offen, während sich ein schwarzes Schaf durch den Spalt zwängte. Wie hatte es sich befreit? Hatte der Lakai den Knoten nicht anständig fest gemacht? Nein, das war es nicht, denn die Leine war noch am Wagen festgebunden, doch die andere Seite, die dem Tier zuvor schon so lange stand halten musste hatte nun offensichtlich nachgegeben. Überhastet stürzten die Lakaien sowie Vielor selbst dem Schaf hinterher. Sie hofften das Schaf schnell einfangen zu können, bevor es Schäden an oder im Haus verursachte. Ein brauner Haufen auf einem der wertvollen Teppiche wäre eine Katastrophe und würde wohl zu erheblichen Schadensersatzforderungen führen. Doch sie hatten Glück, das Schaf entkam zwar seinen Häschern, doch verließ es auf seiner Flucht auch gleich wieder die inneren Räume des Gebäudes. Doch ob es wirklich Glück war? Man konnte eher schon davon reden, dass sie vom Regen in die Traufe gingen, denn das Schaf flüchtete in den Innenhof. Geradewegs dorthin, wo Curt und Lord Thorn sich unterhielten. Als Vielor und die Lakaien in den Hof eilten, sahen sie gerade noch wie sich das Schaf über die sorgfältig gepflegten Blumen hermachte.
Was hat das Schaf eigentlich in den Tagen hier in Thorniara zu fressen bekommen?, frage sich Vielor bei dem Anblick des genüsslich speisenden Tieres.
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"Amaretto, um Himmels Willen!"
Machtlos und fassungslos starrten die beiden Edelmänner auf das Unglücksschaf, das sich genüsslich über die weißen Rosen hermachte. Das Halsband war nicht mehr dran, jemand hatte es frei gelassen.
"Vielor!?", rief Curt laut. Der Fischer und die Lakaien betraten auch sogleich die Szenerie und wussten ebenso wenig, wie sie sich durch die dornigen Rosen zu dem Schaf durchschlagen sollten. Fürst Thorn war kurz vor davor zu Schreien, auf seiner Schläfe pulsierte eine dicke Ader. Doch Rettung war zur Stelle.
"WAUWAUWAU!"
"Sandow!", rief Curt, der Hund kam wie aus dem Nichts und wollte seinem Instinkt nachgehen. Das hatte Curt schon bei den Schäfern von Setarrif gesehen. Sie bildeten ihre Hunde aus, ganze Schafherden über die Weiden zu lenken.
"Guter Junge! Treib das Schaf aus dem Dornenbusch, ehe es noch mehr Rosen zerkaut!"
Der Hund starrte erst Curt an und dann das Schaf. Er näherte sich dem schwarzen Tierkameraden und... begann auch an den Blüten zu knabbern.
"AUS! Bei Innos! Das werde ich euch entschädigen, Fürst Thorn, darauf habt ihr mein Wort. Vielor, jetzt steh da nicht so herum! Hol die Leine, wir binden es an und dann nichts wie weg mit ihm!"
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Eigentlich hatte Rod sich ein paar neue Erkenntnisse durch den gestrigen Ausritt erhofft, aber stattdessen hatten sich nur noch mehr Fragen aufgetan. Was konnte da jenseits des Meeres sein? Oder überhaupt, handelte es sich nur um ein großes Missverständnis und in Wirklichkeit deuteten die Steine auf rein gar nichts?
Er zermarterte sein kleines Kämpferhirn auf der Suche nach einer Antwort. Wäre nicht die Vision in der Schmiede gewesen, nach der sich ihm die Steine überhaupt erst offenbart hatten, er hätte sie wahrscheinlich schon als Hokuspokus abgetan und irgendwo verstaut, wo sie ihm keine Sorgen mehr gemacht hätten. So musste er einfach fest davon ausgehen, dass hinter all dem etwas Größeres steckte. Es musste einfach so sein.
Sie sagten ihm etwas. Nur was?
Es dauerte noch etwas bis er zu dem Schluss kam, dass er Hilfe brauchte. Ansonsten blieb ihm wohl nur noch übrig ein Schiff zu nehmen, gen Osten zu segeln und auf Innos' Führung zu vertrauen. Es war ja nicht so, als wäre dies das erste Mal gewesen. An den letzten Abstecher erinnerte er sich aber noch zu gut. Auch wenn am Ende eine Paladinweihe dabei rumkam, ein weiteres Mal konnte er darauf verzichten.
Mit dem Sack voller Steinchen in der Hand stand er nun also vor der großen Eichenholztür und überlegte noch einmal, ob er nicht doch lieber einfach Hagen fragen sollte. Er wusste, wie er mit Hagen umzugehen hatte, aber immer wenn er mit der obersten Feuermagierin zu tun hatte, beschlich ihn immer das Gefühl, dass er plötzlich in Flammen aufgehen konnte oder, noch schlimmer, am nächsten Tag aufstand und nur noch Sopran sang. Es war keine Angst, sondern eher gesunder Menschenverstand der ihm davor abriet.
Wie so oft hörte er aber nicht darauf. Stattdessen klopfte er an die Tür und ahnte Böses.
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Abermals beschäftigte sich Françoise mit dem Reif, den man von der Expedition zurückgebracht und der Lopadas bereits Rätsel aufgegeben hatte. Und je mehr sich die Priesterin damit befasste, desto deutlicher zeichnete sich der weitere Weg ab. Um hinter seine Geheimnisse zu kommen musste sie -
Es klopfte. Eine Selbstverständlichkeit, wenn Françoise in eine Sache vertieft war. Und wie sonst auch, ließ sie von ihrer Beschäftigung ab und widmete sich dem unangekündigten Besuch. Insgeheim hoffte sie, dass es sich um Iwein und den jungen Milizsoldaten handelte, die aus Setarrif Nachricht brachten. Als sich die Tür öffnete trat zwar ein Paladin ein, doch es war nicht Iwein. Françoise kannte diesen Streiter. Er hatte Solveg gefangen und vor sie gebracht. Eine weise Entscheidung, wie sich letztlich herausgestellt hatte.
»Ich grüße dich, Paladin. Was führt dich zu mir?«, sagte die Priesterin und warf einen neugierigen Blick auf den Sack, den der Paladin bei sich trug.
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„Grüß dich“, tauschte auch er die üblichen Gepflogenheiten aus, bevor er die Tür hinter sich schloss.
„Ich brauche einen Rat“, begann er sein Anliegen vorzutragen. „Einen Rat bezüglich komischer Magie, wenn es gerade passt.“
Er überlegte, wie er es am besten schildern konnte. Bald schon fiel ihm ein Ansatz ein.
„Hier“, sagte er und warf das Säckchen mit den Steinen gerade nach oben. Er konnte in den Augen der Feuermagierin sehen, dass sie sich keinen Reim darauf machen konnte. Rod konnte nur hoffen, dass sein Problem damit verständlicher wurde.
Mit einem lauten plopp landete das Behältnis ein paar Schritt vor ihm wieder auf den Boden.
„Dies hier, der besser gesagt den Inhalt davon, habe ich vor ein paar Monaten in einem Vorraum der heiligen Schmiede gefunden.“
Er hob den Beutel wieder auf, öffnete ihn und holte einen der kleinen schwarzen Steine hervor, um ihn Françoise zu zeigen.
„Mir ist erst kürzlich klar geworden, dass irgendwas komisch an ihnen ist. So, wenn sie ruhig liegen, tut sich auch da nichts, aber sobald man sie in Bewegung setzt, machen sie sich scheinbar selbstständig. Sie scheinen sich in die Richtung von irgendetwas zu bewegen, irgendetwas im Osten. Es ist nicht auf dieser Insel, so viel weiß ich schon, aber darüber hinaus bin ich ratlos. Entweder sie wollen mir etwas zeigen oder es handelt sich dabei um einen riesigen Hokuspokus. Ich hatte gehofft, du könntest mir dabei helfen, Licht ins Dunkel zu bringen.“
Geändert von Rodeon (02.10.2012 um 19:21 Uhr)
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Françoise nahm den kleinen schwarzen Stein entgegen und besah ihn im Licht. Ihrer Meinung nach recht unscheinbar. Um klassische Runensteine schien es jedenfalls nicht zu handeln.
»Und du sagst, sie deuten in eine Richtung, sobald man sie in Bewegung versetzt? Nur wenn alle zusammen sind oder auch einzeln?«
Sie legte den Stein auf den Tisch und stupste ihn mit dem Zeigefinger an, um zu sehen, was passierte.
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„Auch einzeln“, erläuterte Rod, auch wenn es ziemlich überflüssig war, immerhin probierte es die Magierin gerade selbst aus. „Die Wirkung scheint aber stärker zu sein, wenn sie alle beisammen sind. Glaub ich zumindest. Ich hab zur Sicherheit nur noch mit allen Steinen gut verschnürt im Beutel herumgespielt. Ein einzelner Stein war mir schon einmal aus dem Fenster geplumpst und ich hab eine halbe Ewigkeit gebraucht, bis ich ihn wiedergefunden hab. Einen Beutel verliert man wenigstens nicht so schnell.
Du hast also so etwas noch nie gesehen?“
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»Nein. Gesehen hab ich so etwas noch nicht. Vielleicht handelt es sich nur um ein magisches Spielzeug.« Die Priesterin schnappte den Stein, bevor er seinen Weg über die Tischkante vollendete.
»Aber in dem Fall würde ich vermuten, dass es kaputt ist, wenn es wirklich nur in eine Richtung rollt. Und ein Zeiger? Nein, viele Zeiger. Weshalb sollte jemand so viele Steine verzaubern, die alle dasselbe tun?«
Für Françoise ergab es keinen Sinn. Es sei denn, die Steine sollten sich nicht im Besitz eines Einzelnen befinden, sondern vielen.
»Es könnte im Grunde alles mögliche sein. Eine Möglichkeit wäre natürlich, immer weiter in die Richtung zu reisen, in die diese Steine rollen. Wenn du die Zeit dafür hast. Denn es kann durchaus sein, dass sie einfach nur rollen und dort gar nichts zu finden ist. Wer weiß. Vielleicht hat sich der Erschaffer dieser Steine einen Spaß gemacht, und deshalb auch gleich so viele von ihnen verzaubert. Damit möglichst viele auf seinen Scherz hereinfallen. Ich weiß es nicht. Eine direkte Bedrohung geht jedenfalls nicht von ihnen aus.«
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„Ich hatte schon soviel befürchtet“, sagte er. „Wahrscheinlich ist es wirklich nur dein dummer Hokuspokus. Dennoch, sie stammen aus der heiligen Schmiede. Es kann doch nicht sein, dass es sich nur um eine Spielerei handelt. Es muss doch mehr dahinterstecken.“
Rod steckte den Stein zurück in den Beutel und verschnürte ihn wieder sicher.
„Sonst gibt es niemanden, der mir weiterhelfen könnte, oder?“
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»Nur eine Schmiede. Sie ist nicht heilig.«, korrigierte die oberste Feuermagierin den Paladin. Zweifellos handelte es sich um ein imposantes und faszinierendes Bauwerk. Doch erinnerte sich Françoise an Lopadas' Bericht. Er hatte die Schmiede mit eigenen Augen gesehen und war sich trotzdem nicht sicher, ob sie Innos oder überhaupt einer Gottheit geweiht war. Von daher erschien es der Priesterin das beste zu sein, es erst einmal als gewöhnliche Schmiede zu sehen.
»Ich kenne niemanden in Thorniara oder dem Rest der Insel, der sich mit diesen Dingen beschäftigt. Und in unserem Orden besitze ich die meiste Erfahrung mit magischen Artefakten. Das heißt, dass dir selbst der hohe Rat kaum weiterhelfen kann. Ich sehe zwei Möglichkeiten. Entweder du folgst der Richtung, in die die Steine deuten, oder du suchst dich durch sämtliche Archive unseres Ordens. Beides hat wohl die gleichen Erfolgsaussichten und beansprucht gleich viel Zeit.«
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Er musste sich schütteln. Es wäre aber wohl zu einfach gewesen, wenn ihm des Rätsels Lösung einfach zufliegen würde.
„Gut, dann hab ich zumindest einen Ansatz. Beides klingt nicht besonders prickelnd, ich werde mir wohl einfach in den nächsten Tagen überlegen müssen, ob es die Mühe wert ist. Ja, ich denke das war es dann auch. Ich bedanke mich.“
Er machte einen Schritt zur Tür, nur um dann kurz innezuhalten.
„Oh, eins noch“, sagte er. „Die Schmiede ist eindeutig heilig, wenn ihr mich fragt. Ich habe Innos' Präsenz dort ganz deutlich gespürt. Das ist ja auch der Grund, warum mich die Steine so beschäftigen.“
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»Tatsächlich?« Françoise runzelte die Stirn. Wie konnte es sein, dass einem Priester Innos' diese Präsenz nicht aufgefallen war, einem Paladin hingegen schon? Das gab ihr zu denken. Vielleicht musste sie selbst einen Blick darauf werfen. Aber dazu war im Augenblick keine Zeit. Zu viele Dinge standen auf dem Plan.
»Vielleicht hat sich Innos dir durch diese Steine offenbart.«, sagte die Priesterin. »Selbst ich kann nicht jeden seiner Schritte nachvollziehen. Wenn du dir deines Gefühls wirklich sicher bist, rate ich dir, dem Rätsel der Steine auf den Grund zu gehen. Innos' Segen möge dich auf deiner Suche begleiten.«
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»...un hier sin 'n paar Münzen extra. Danke für die große Hilfe, ihr zwei! Un ihr seid wirklich sicher, dass ihr nisch weiter auffer 'Corinna'[/I] dienen wollt? Seit'n paar tüchtige Seebär'n!«[/I] Seit Tagen bereits schmierte der erste Maar des kleinen Schiffs dem Orak und in Teilen sogar dessen wenig nützlicher Begleitung Honig um's Maul, um sie irgendwie davon überzeugen zu können, noch eine Zeit lang an Bord der Corinna zu bleiben. Sie beide schienen entgegen jeder Erwartung ein wirklich passables Team an Bord abgegeben zu haben. Während Rok Shar meist die einfachen, aber körperlich anstrengenden Aufgaben verrichtet hatte, hatte der Schwarzmorra sich lange Zeit mit den höheren Matrosen auf dem Schiff unterhalten und über verschiedenste Dinge gefachsimpelt, die einem echten Landork wie Rok Shar sowieso egal waren.
Wortlos schüttelte der Grüne bloß den Kopf und verabschiedete sich, indem er das kleine Säckchen voller Goldmünzen an sich nahm und wegging. Er hatte keinerlei Interesse daran, sein Leben nur eine Sekunde länger als maskierter Kranker zu verbringen. Und er hatte erst Recht keine Lust, auf hoher See zu arbeiten. Er war ein Landork, er lebte auf festem Boden und dort fühlte er sich am sichersten. Wasser war nicht sein Element. Er fühlte sich unwohl und würde sich wohl immer unwohl fühlen, wenn er gezwungen war auf einem winzig kleinen Stück Holz über das Meer zu schippern.
Außerdem - und das war ein mindestens genauso wichtiger Grund - hatte er Hunger und wollte endlich wieder in seine Heimat zurück. Obwohl er bezweifelte, dass irgendeiner seiner Stammesbrüder ihn vermissen würde, so wollte er doch zurück. Endlich seine Erkenntnisse mit dem Schamanen Melog teilen und seine Ausbildung fortsetzen.
Mit festen, schnellen Schritten, eilte der Bandagierte durch die Hafenstadt der Innosler. Mit möglichst unschuldig wirkender Körperhaltung, gestützt auf seinen Holzstab und weit nach vorn gebeugt, eilte er durch die Stadt und hoffte inständig, dass bloß niemand auf die Idee kam, einen Bandagierten und dessen merkwürdige Begleitung anzusprechen.
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