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"Nein nein, ich werde ihn bei Gelegenheit einmal abholen kommen. Wir werden wohl morgen schon so früh wie möglich wieder weiterziehen", erklärte Maris lächelnd.
"Ich wohne in Setarrif mit meiner Familie, Schwarzwasser würde mir also nicht allzu viel bringen. Und dass du nach Setarrif kommen musst - das musst du dir ja nicht antun."
Teleport? Das war eine interessante Idee, musste er zugeben. Früher in Al Shedim hatte er schon Magier aus dem Nichts auf dem Tempelvorplatz erscheinen sehen, doch dass ein Mann, der die Magie in gewissem Rahmen beherrschte, zum Teleport fähig war, daran hatte er ja gar nicht gedacht. Das musste er sich im Hinterkopf behalten.
"Doch am Markt also. Danke für die Hilfe, Ravenne - es ist schön, jemanden zu treffen, der auch die Luft Al Shedims geatmet und die Freiheit dort genossen hat. Und danke dafür, dass du dir die Zeit mit uns genommen hast. Bis bald, und möge Adanos' Segen auf dir liegen."
Solch eine Frau konnte ihn sicher irgendwann einmal gebrauchen, wenngleich sie ihren Platz in der Welt gefunden zu haben schien und wenngleich er kein Priester und somit nicht in der Position war, irgendeinen Segen zu erteilen. Maris glaubte bestimmt stärker an Adanos und seine Schöpfung, als es so mancher Wassermagier tat. Von denen glaubten viele ja nur noch an die Magie und die Kraft, die sie durch ihr Studium erlangten.
"Und nun ruhe wohl, einstige Schwester."
Mit einem Grinsen wandte er sich um und verließ Ravennes Behausung. Der Nomade mochte solche Titulierungen einfach - sie versprühten Verbundenheit, und davon gab es leider viel zu wenig im Leben.
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Die nördlichen Klippen, Steilküste von Thorniara
Alles schien grau in grau und wüst.
Es war, als erwachte er aus einem Traum.
Genau in dem Moment in dem er aus dem Nebel der ständigen Flucht vor der Vergangenheit, seiner und der anderer, hervortrat und einen Blick auf die Realität wagte, konnte er schon nicht mehr mehr erkennen als wabernde Schatten und dem pelzigen bitteren Nachgeschmack auf seiner Zunge.
Sein Haar war fettig und würde es wohl in nächster Zeit auch bleiben.
Es war trocken und sogar recht warm für eine Nacht in einem Herbst der zunächst sehr winterlich begonnen hatte. Aber das änderte nichts. Der Winter war im Anmarsch.
Die Aufmarschplätze waren abgesteckt, der Entsatz schon um Nasenlänge voran, der Würfel geworfen und die Karten verteilt. Nur irgendjemand hatte es versäumt ihm mitzuteilen, welches Spiel hier gespielt wurde und sein Blatt sah verdammt beschämend aus. Irgendjemand konnte hier nicht mischen.
Und Tavik? Er wusste immer noch nicht was den geritten hatte. Gut jeder verspürte irgendwann mal den Drang etwas absolut unüberlegtes, dummes, halsbrecherisches zu unternehmen, im besten Wissen und Gewissen der Gesundheitsabträglichkeit.
Es war ein Wunder, dass er immer noch auf beiden Beinen stand. Yared konnte es selbst kaum fassen.
Er war ein Spielball der Wellen geworden. Reagierte nur noch. Selbst, was als Aktion geplant war, entpuppte sich doch nur als Reaktion.
Wie war es früher einmal gewesen?
Yared der Soldat, Yared der Deserteur, Yared der Lagermeister, Yared der Sippenführer, Yared der Seefahrer. Und nun: Yared der Getriebene, Yared der Ziellose?
Er wusste nicht, wie das funktionierte. Getrieben, aber ohne Ziel, hin und hergeworfen von den Gezeiten, verloren in den Weiten der Zeit und preisgegeben der Einsamkeit. Der Kapitän war ein Schatten seiner Selbst, mehr als jemals zuvor - und dabei hatte er noch nicht mal die Grippe.
Es war alles nur eine Frage der Zeit.
Er hatte keine Zeit. Aber er wusste auch nicht wohin.
Drei Wochen hatte er sich bedeckt gehalten, dann hatte Albrecht ihn entmachtet. Der von Hagen eingesetzte Stadtvogt hatte die Militärverwaltung an sich gerissen, wie ein Hund ein großes Stück Pansen und hatte mit scharfen Zähnen zerfleischt und es unter den Seinen aufgeteilt.
Yareds Quartiermeisterfeldbinde wedelte hinfort im auffrischenden Nachtwind. Er war nur noch ein Marinekapitän ohne Aufgabe, bei einer Stadtwache ohne Führung, in einer Stadt ohne Zukunft, in einem Reich ohne Hoffnung, unter einem Herrscher ohne Zurechnungsfähigkeit.
Erst steckte man ihn in einen Sumpf aus Arbeit und ließ ihn ausmisten, bevor jemand anders sich die Lorbeeren einheimste. Dann steckte er selbst in einem Sumpf aus Lügen und die Götter erwarteten, dass er sich selbst am eigenen Schopfe herauszog, während niemand bedachte, dass seine Hände in dem fettigen Haardickicht unweigerlich ausglitten und der Sumpf weit über seinen Horizont hinausreichte. Niemand markierte ihm ein Ziel, dass er anzünden konnte.
Das alles war aus Scheitern geboren und zum Scheitern sollte es zurückkehren.
Der Kapitän sah schwarz.
Innos' Ordnung war ein Raub der Flammen geworden. Beliars Freiheit hatte sich in der Dunkelheit verloren. Adanos' Gleichgewicht war aufgedunsen wie ein nasser Schwamm und dann geschmolzen und im Boden versickert. Der Mutter Leben vegetierte stumpf und regungslos vor sich hin. Die Welt war aus den Fugen geraten und Yared Opfer, Täter und teilnahmsloser Zuschauer in einem.
Er wollte schreien, wollte die Welt - Nein, sich selbst wissen lassen, dass hier etwas gewaltig schief hing. Die Binsen bogen sich unter dem Realitätsdruck, doch die Gezeiten der Macht wollten ihn nicht freigeben und das Wissen versank in leuchtend grauer Umnachtung.
Das durfte doch alles nicht wahr sein!
Was tat er da eigentlich? Gab Mordaufträge? Wo war nur seine Integrität geblieben? Achja Zynismus hatte sie durchlöchert.
So konnte es nicht weitergehen.
Der Wagen ohne Räder und Pferde ließ sich trotzdem nicht aufhalten, denn er schlitterte keinen Hang hinab - nein, er befand sich in freiem Fall und der Boden des Schachtes war noch lange nicht abzusehen.
Aber es war sicher, dass dies alles ein Ende finden würde, und wenn es nur ein recht endgültiges Ende sein mochte.
Zum Kuckuck mit dem verdammten Pflaumenschnaps.
Der Kapitän schwang müde die Flasche in die Luft und hörte wie sie kurz danach auf den Klippen zerschellte.
Er trank nicht - meistens.
Yared wusste nicht, warum er nicht gleich hinterher sprang.
Es widersprach einfach seinem Wesen. Seinen Prinzipien.
Noch ein Wunder, dass es die überhaupt noch gab, nachdem er so gut wie alles verraten hatte - zumindest glaubte er das.
Die Realität sah besser aus, als er es wahr haben wollte.
Seine Eltern hatten ihn gut erzogen.
Er wusste nicht, was er mehr bereuen würde. Oder eigentlich wusste er es sehr genau und vielleicht existierte irgendwo in ihm noch ein Funken göttlicher Vernunft.
Er wandte sich ab von der Kante und wankte, mehr erschöpft von der Depression, denn aufgrund des wenigen Alkohols, dem er zugesprochen hatte, zurück zu seinem Quartier.
Dem letzten Ort, wo er noch Meister und nicht obsolet zu sein schien.
Wie hieß es gleich noch in den heiligen Schriften?
"Ein böser Knecht, der still kann steh'n, sieht er voran den Feldherrn geh'n."
Johannes Scheffler (1624–1677)
Geändert von Yared (31.10.2012 um 20:11 Uhr)
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Das Leben im Tempelviertel ging seinen gewohnten Gang, zum Leidwesen von Curt Savant. Der bärtige Adlatus war so kurz davor gewesen, bei Meister Daron die Magie zu studieren, da bekam er zu hören, dass der Magier einen Auftrag von göttlicher Dringlichkeit angenommen und die Stadt für mehrere Tage verlassen hatte. Verdammt! Und da sich sonst niemand verantwortlich fühlte und die Zeit für langwierige Selbststudien viel zu knapp war, blieb dem ungeduldigen Edelmann keine Wahl. Er würde einfach ausharren und in der Zwischenzeit zusehen, dass er gute Kontakte pflegen und anstrengende Aufgaben meiden konnte. Das waren im Speziellen:
- Staubwischen, denn er war allergisch gegen Feinstaub
- Schafe hüten, denn er war allergisch gegen Wolle
- Kinder erziehen, denn insgeheim war er auch allergisch gegen sie.
Ihm blieben daher vorrangig Abschriften bei Meister Vestos und das Sammeln von Spenden in der Stadt. Ein Novize namens Melman leistete ihm bei dieser Aufgabe Gesellschaft und zeigte ihm die Leute, von denen er Geld erwarten konnte und jene, die fürchterliche Sturköpfe waren. Als es dann an Curt ging, Fremde zum Spenden zu überzeugen, wünschte sich dieser bereits, die Magie auf die Bürger richten zu können und sie willenlos zum Auszahlen des Goldes zu zwingen. Aber sein Mundwerk war ja auch so recht geschickt, daher gelang es Curt schon nach wenigen Tagen Summen zu verdienen, die an Melmans Erträge heranreichten, wenn sie sie nicht sogar übertrafen.
Jeden Morgen und jeden Abend hatte er dann auch noch Zeit für einen Spaziergang mit seinem Hund Sandow, doch dem ging es seit ein paar Tagen nicht mehr gut. Er heulte ständig herum und zerrupfte sich das schöne Fell - er hatte Flöhe. Vielleicht würde sich jemand finden, der sich mit so etwas auskannte, Curt war nicht sonderlich scharf darauf, selbst welche zu bekommen. Eher würde er sich die Haare abrasieren! Eine Übergangslösung war erst einmal, eine lange Leine zu nehmen und das Tier jeden Abend kräftig einzuseifen und auszubürsten.
"Heul nicht so herum", schimpfte der Edelmann, während er den Kopf des Zieres erneut in den Zuber tauchte und ihm dann die Haupthaare schrubbte, "Ich könnte auch heulen bei dem Gedanken, dass ich das hier tue, statt weiter die Magie zu erforschen, aber das können wir uns beide anscheinend nicht aussuchen. Jetzt halte still!"
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Lehrling
Die letzten paar Tage hatte Mauk von seinen Ersparnissen gelebt und sich nach den örtlichen Minen erkundigt. Zu seinem Leidwesen gab es hier keinen größeren Betreiber, der ihn vermutlich anstellen würde. Die meisten Bergwerke in der Umgebung schienen entweder privat betrieben zu werden oder verlassen zu sein.
Das schmeckte Mauk gar nicht da es hieß, dass er sich auf eigene Faust zu einem der Bergwerke aufmachen musste um dort entweder einen Arbeitgeber zu finden oder sich mehr oder weniger selbstständig zu machen. Beides barg ein gewisses Risiko, da er sich auf jeden Fall allein in die Wildnis begeben musste. Er hoffte wenigstens bei den Minen Leute anzutreffen, wenn sie verlassen wären oder dort Monster hausen würden, daran mochte er nicht einmal denken.
Aber sein Entschluss Thorniara trotz all der Widrigkeiten zu verlassen stand fest, denn wenn er nicht bald zu Geld kam würde er den Winter ohnehin nicht überstehen. Da empfand er es als geringeres Übel sich für ein paar Tage außerhalb der Stadt zu befinden als in der Kälte qualvoll in den Straßen der Stadt zu verhungern.
Da Mauk keine größeren Besitztümer hatte machte er sich einfach auf zu dem westlichen Stadttor, denn man hatte ihm gesagt, dass es in einem südwestlich liegenden Tal einige Minen geben sollte. Er ärgerte sich über sich selbst, dass er so lange gewartet hatte aufzubrechen, denn es wurde bereits dunkel. Lieber wäre er in der Marktschänke geblieben, doch dafür war sein Geld bereits zu knapp geworden, da er seinen Aufbruch immer weiter hinausgezögert hatte.
Als er das Stadttor passierte kam es ihm so vor als ob ihn die Wachen mit einem mitleidigen Ausdruck bedachten. Wahrscheinlich glauben sie ich würde draußen nicht überleben, dachte Mauk und ihn überkam ein eisiges Schauern. Egal, ich muss gehen, sonst ist es eh bald um mich geschehen, sagte Mauk sich wiederholt um nicht doch zurück zu rennen.
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"Maître Renard, Gustave R öh n aaa rr d." "Gibts nicht auf der Liste", beteuerte der Wachmann, der dem Ganoven seine Waffen aushändigen sollte. "Darf ich einen Blick auf die Liste werfen?", fragte Gustave und fischte den Zettel aus den Händen des Wachpostens. "Hier - Güschtaf Röhnard" - "Das soll ich euch glauben? Dieser Güschtaf ist schon seit Wochen hier" - "Und er hat seinen Aufenthalt in der wunderschönen Stadt Thorniara beendet und gedenkt nun, die Stadt auf dem Seeweg zu verlassen. Richtig. Dafür benötige ich aber meine Waffen, die ich hier am Stadttor abgegeben habe."
"Nun, ich kenne keinen Güschtaf. Also ist es mir egal wenn seine Waffen verschwinden" - "Sehr gut", meinte Gustave und war froh, als er seine Waffen tatsächlich wieder entdeckt hatte. "Ich kann damit also nun zum Hafen marschieren ohne aufgehalten zu werden? Ich benötige keinen temporären Waffenschein, der mir das Tragen einer Waffe während einer vordefinierten Anzahl von Stunden erlaubt?" Der Wachmann schaute ihn an, als hätte er orkisch gesprochen. Als auch nach einigen Augenblicken noch kein Wort gefallen war, packte Gustave seine Waffen und verliess den Wachposten.
Am Hafen suchte er sogleich die Taverne auf. Wer eine sichere Passage suchte, tat gut daran zu studieren, wieviel die jeweiligen Deckhände soffen. Nachdem er mit ein paar Trunkenbolden Wortfetzen getauscht hatte, kämpfte er sich zu einem bärtigen Seebären vor und fragte diesen: "Gibt es ein Schiff, das gen Süden ablegt?"
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"Mir wurde gesagt, dass ich dich hier finde, aber nicht wie ich dich hier finde.", sagte Daron erstaunt, als er dabei zu sah, wie der Adlatus mit aller Kraft versuchte einen Hund oder etwas ähnliches in einem Waschzuber zu ertränken, "Diese Zuber sind nicht dazu gedacht, um darin Tiere zu waschen. Adlati und Novizen wie du reinigen sich in diesen."
Mit einem Fingerzeig orderte der Feuermagier einen Novizen heran, der das Pech hatte genau in diesem Moment zu der Szenerie zu schauen.
"Bring das Tier so oder von mir aus auch im Zuber zu einem der Brüder, die sich um unsere Tiere kümmern. Er soll ich solang darum kümmern bis Adlatus Curt wieder Zeit für es hat.", befahl Daron und schloss die Sache damit ab, der Rest war Teil der Aufgabe des Novizens, "Du, Curt, hast dich hoffentlich in meiner kurzen Abwesenheit mit der Lektüre beschäftigt, die ich dir aufgetragen habe. Wenn nicht, dann sieh diese Lehre als beendet an, denn ich kann keine Schüler gebrauchen, die nicht den Willen dazu haben oder einfach nur zu faul sind."
Kurzerhand erklärte der Adlatus ihm, dass er in der Bibliothek gewesen war und dort das Einführungsbüchlein gelesen hatte, was Vestos ihm wohl empfohlen hatte. Daron dachte kurz über die Unnötigkeit eines solchen Büchleins nach. Zu seiner Zeit mussten die Schüler sich noch tagelang durch dicke Wälzer schlagen. Heute gab es diese weichen Lehrmeister, wie Lopadas einer war, die den Schülern alles vorkauten. Der Tempelvorsteher würde ihm wahrscheinlich antworten, dass so der Weg zur Magie und ins intensive Studium leichter gemacht werden könnte, um noch mehr Niederrängige für das Studium der Magie zu begeistern. Daron selbst sagte dazu, dass Schüler ohne das nötige Niveau einfach nicht für eine Lehre geeignet waren.
"Gut, es sind sinnvoll, dass du dich ersteinmal auf drei einfachere Zauber beschränkst. So hast du einen guten Einstieg in das Studium der Magie.", antwortete Daron und hatte im Hinterkopf, dass er Lopadas nicht öffentlich in den Rücken fallen sollte, was dessen Lehrmethoden betraf - soetwas besprachen sie lieber unter vier Augen, "Beginnen wir gleich mit dem Lichtzauber. Er eignet sich hervorragend, um ein Gefühl für die magischen Ströme und das Wirken von Magie zu bekommen. Magische Energie umgibt uns, aber kann auch von uns selbst hervorgebracht werden, dafür muss allerdings dein Geist stark genug sein und du musst einen Weg gefunden haben, geistige Inhalte in Magie umzuformen. Es gibt wahrscheinlich soviele Möglichkeiten dazu, wie es verschiedene Magier gibt. Einige verknüpfen sich selbst mit der äußeren Magie, andere konzentrieren ihre Gedanken so stark, dass sie Magie entwickeln und andere wiederum greifen auf ihre Gefühle zurück et cetera. Kein Buch und kein anderer Magier kann dir bei deinen ersten Schritten helfen. Du musst deinen Weg zu deiner inneren Magie finden. Viele probieren es über Meditation, andere gehen ein bisschen spazieren und ich habe schon von Leuten gehört, die ihr Glück im Alkohol gesucht und gefunden haben. Nutze Kräfte, die deinem Geist und deinem Körper am ähnlichsten sind, so wirst du den größten Zugriff zur Magie bekommen. Der Anfang ist deshalb schwer, weil du nicht nur deine eigenen magischen Kräfte herausholen musst, sondern sie auch gleich mit der äußeren Magie zu verknüpfen hast. Nur so wirst du in der Lage sein, ein Licht erstrahlen zu lassen.
Einen kleinen Tipp möchte ich dir noch auf den Weg geben, bevor du dich erstmal in die Ruhe oder wohin auch immer zurückziehst. Die Verbindung über deine Gefühle ist sehr leicht zu bekommen, da gerade starke Gefühle Einfluss auf die magischen Ströme nehmen können. Aber ist dieser Weg nicht der beste. Gefühle sind weder geordnet noch kannst du sie richtig kontrollieren. Menschen, die über Gefühle Magie wirken, neigen dazu sich selbst zu verlieren und mit den magischen Strömen nur Unheil anzurichten, weil sie diese nicht festhalten können. Also auch wenn du meinst, dass es sich einfacher anfühlt, wenn du mit starken Gefühlen Magie beschwörst, lass trotzdem die Finger davon.
Wenn du es geschafft haben solltest, einen Weg zu deiner Magie zu finden, dann komm wieder zu mir. Wir kümmern uns dann um den Rest. Ich will dich jetzt nicht mit irgendwelchen Theorien langweilen, außerdem habe ich noch zu tun."
So wandte sich Daron von Curt ab und verließ das Tempelviertel. Die tägliche Pflicht rief nach ihm. Er folgte aber nicht dem Ruf, sondern nur seiner Bestimmung, die genau dieser Position im Orden entsprach.
Lopadas
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„Diesmal ein anderes Spiel“, kündigte er gegenüber Kerdric an und klatschte voller Vorfreude in die Hände. „Heute wirst du dich auch mal mit einem richtigen Gegner messen, nicht mit irgendwelchen dahergelaufenen Halbstarken. Ich persönlich werde dein Gegner sein. Vielleicht lernst du ja was, wenn du dem Meister zusiehst.“
Er nahm Übungsschwert und Schild in die Hand. Als Kerdric ebenfalls seinen Schild in die Hand nehmen wollte, wurde er rüde von Rod unterbrochen.
„Ho, das lass mal lieber. Du wirst dein dünnes Ärmchen nicht hinter einem Schild verstecken, sondern hinter deinem Rücken. Ebenso sollst du nicht draufhauen, sondern versuchen mich durch gezielte Stiche zu verletzen. Halt so, wie du es schonmal gemacht hast, nur diesmal mit einem Arm. Ob's was bringt sei mal dahingestellt, es sieht aber anstrengender aus als wenn du mit deinem Arm die ganze Zeit rumfuchteln darfst wie du willst.“
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Ohne Schild?, dachte Kerdric überrascht und stellte das Ding wieder zurück. Er kämpfte immer mit dem Schild, der Umgang damit war das erste, was er gelernt hatte, nachdem ihm von Avik die Grundlagen des Schwertkampfes beigebracht worden waren. In jedem ernsthaften Kampf war sein Schild dabei und hatte ihm schon einige Male das Leben gerettet, immer wieder war er allein von Solveg zertrümmert worden. Aber vielleicht konnte er wirklich besser lernen, mit dem Schwert umzugehen, wenn er sich nicht so auf den Schild verließ.
»Dann los«, sagte er also und griff sogleich an. Der erste Stich richtete sich auf Rodeons Kopf und wurde von dessen Schild abgewehrt, während im selben Moment schon der Gegenangriff kam, den der Ordensbruder an seinem Schwert abgleiten ließ, um dann tiefer zuzustechen. Wieder blockte der Paladin die Attacke ab und drängte dann nach vorne, so dass Kerdric schnell zurückwich, sein Gegenüber mit raschen Stichen ein wenig hinhaltend. Ohne Schild musste er sich viel mehr auf seine Füße verlassen, wenn er unbeschadet bleiben wollte. Und er musste schnell sein – immerhin das fiel einem ohne Schild leichter, wie er auch bei diesem Gustave bemerkt hatte.
Noch mal. Wieder stach er zu, zog das Schwert aber sofort wieder zurück, griff stattdessen weiter unten an und fügte gleich eine dritte Attacke hinzu. Schneller. Noch eine Finte folgte, dann sprang Kerdric zur Seite, um auf die dem Schild abgewandte Seite zu gelangen und machte einen Ausfallschritt, um Rodeon vielleicht mit einem tiefen Stich zu treffen.
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Das war also die erste Lektion gewesen, die der ach so große Meister Daron ihm gegeben hatte. Und welch herrliches Zeichen von Ignoranz, welch prächtige Ahnung von Unwissen er Curt vermittelte
- Theorie.
Stumpfe Theorie ohne praktischen Bezug. Und dann erdreistete er sich auch noch, ihn nicht mit derselben langweilen zu wollen. Klar, ein paar Hinweise, wie man sich der Magie nähern konnte, hatte Curt auch bekommen, aber den Rest hätte ja wohl jeder kleine Bauer auswendig lernen können. Das Argument, jeder müsse seinen Weg zur Magie selbst finden, ließ den Nutzen von Lehrmeistern doch ohnehin wie ein Herbstblatt im Winde verwehen. Wozu war ein Meister gut, wenn er seinen Schüler allein lernen ließ? Er scherte sich anscheinend einen Dreck um Curt und so würde sich dieser auch nur das Positive aus dem Gespräch nehmen. Er hatte also offizielle Genehmigung, sich mit damit zu beschäftigen und keiner würde ihn mehr behelligen, wenn er sagte, er stünde unter Meister Darons Obhut und lerne die Magie.
Genau mit dem Argument wollte er das Tempelviertel für eine Weile verlassen, um an einem ruhigeren Ort heraus zu finden, was die Wurzel seiner eigenen Magie war. Die Runensteine waren es nicht mehr, soviel stand fest. Doch was war es dann?
So wie er seinen Spaziergang an diesem kalten, nebeligen Herbstabend tätigte, rannte ihn ein junger Mann beinahe um. Er hatte lange, dunkle und wüste Locken und erschien gänzlich zerrupft, also eine Sorte Mensch, die der Erleuchtete in der Regel mied. Doch der Kerl mied ihn nicht.
Stattdessen fragte er keuchend: "Die Marktschänke, wo finde ich die bitte?"
"Bei Innos, ja habt ihr keine Manieren, einen Heiligen so von der Seite anzuplaudern?!"
"Entschuldigt... ich muss nur... ich bin Kenneth und ich suche dringend nach mutigen Abenteurern, die mit mir kommen. ZUm Bergwerk meines Vaters."
"Bergwerk sagst du?", Curt hatte noch nicht davon gehört, dass auf dieser Insel Bodenschätze gefördert wurden, das Weißaugengebirge sollte diesbezüglich sehr gefährlich sein. Eigentlich brauchte ihn das auch nicht zu interessieren. Aber vielleicht...
"Ja", antwortete Kenneth, "Unsere Mine wurde von Ungeziefer heimgesucht."
"Was fördert ihr denn?"
"Eisenerz. Gute Qualität! Könnt ihr uns vielleicht helfen?"
Curt grinste erst, dann lachte er und klopfte Kenneth im Vorbeigehen auf die Schulter, ehe er den jungen Mann mit seinen Sorgen im Nebel stehen ließ. Der Bärtige hatte eine famose Idee und musste diese sogleich seinem Freund Bastan Thorn unterbreiten. Vielleicht stellte dies eine bislang kaum genutzte Nische zum Geldverdienen dar. Wenn sie jetzt schnell genug waren, konnten sie sicher ein paar Söldner anheuern, die das Ungeziefer verscheuchten und dann in Zukunft Unmengen an Minenanteilen verdienen. Curt war gespannt, was der Fürst dazu sagen würde.
Geändert von Curt (23.10.2012 um 22:46 Uhr)
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Villa Thorn
„Eisenerz sagt Ihr? Hier auf Argaan? Hätte ich das früher gewusst, wären mir Unmengen von Transportkosten erspart geblieben. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie viel Scherereien man mit diesen verbohrten Wüstenbewohnern hat“, freute sich der Fürst sichtlich und toastete seinem Freund Savant zu, mit dem er an diesem lauen Herbstabend im Garten der Villa Thorn saß.
Die Rosen waren zu Bastans Zufriedenheit ersetzt worden und eben deshalb hatte er sich sehr über den Besuch des derzeit viel beschäftigten Mann gefreut. Mittlerweile hatte er sich auch daran gewöhnt, ihn in der Kluft eines Adlatus zu sehen und war gewissermaßen Stolz, dass Curt seinen Weg gefunden hatte, wo er selbst doch nach wie vor nur sein Talent zum Gold verdienen für den Allmächtigen einsetzen konnte. Der Bärtige jedoch würde Großes bewirken können, wenn er – und das würde zweifelsohne in kürzester Zeit der Fall sein, da war sich der Adlige sicher – in der Hierarchie des Ordens aufstieg und in Innos' Namen predigen durfte.
Doch der Gedanken sollte genüge getan werden und die Zukunft würde bringen, was Innos' für sie vorgesehen hatte. Nun war es zunächst an den beiden Edelmännern, einen Plan zu entwerfen, der es ihnen ermöglichen würde, die Minen zu übernehmen und sich gleichzeitig die unendliche Dankbarkeit der Arbeiter dort zu sichern. Es würde die Suche nach benannten Helfern ersparen und als Bonus kannten sich die Bergleute dort schon aus – ein Rundumpaket also.
„Wenn wir es intelligent angehen, wird bald kein Brocken Eisenerz des myrtanischen Hoheitsgebietes hier auf Argaan mehr ohne unser Wissen und unsere Beteiligung daran eingeschmolzen, mein Freund!“, frohlockte Thorn mit Visionen gefüllten Augen und stieß erneut mit Savant an, woraufhin sie ihre Kelche leerten.
Sogleich kam ein Diener herbei und schenkte nach, auch wenn sich die Wangen des Fürsten schon leicht rot färbten. Es war ein Anlass zum Feiern, wenn der eigene Reichtum sich bald vergrößern würde. Schließlich musste man in diesen Zeiten sehen wo man bleibt. Der Krieg war unberechenbar und konnte für jeden in Sekunden den Ruin bedeuten. Da war es nur gut, wenn man ein paar...kleinere Reserven beiseite legen konnte.
„Ihr erwähntet Ungeziefer in den Stollen“, erinnerte sich Bastan, „Wir sollten weise wählen, wen wir ausschicken, um dieses Problem zu lösen. Wenn die Söldner von der Säuberung nicht zurückkehren, wirft es gleich ein schlechtes Licht auf das Bergwerk. Die Leute werden behaupten, dass es dort nicht mit rechten Dingen zu sich geht. Äußerste Diskretion ist gefragt“, warnte er, wobei ihm der Wein wohl die Zunge gelockert hatte.
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„Sieh nur, dort vorn!“, raunte Lobedan begeistert und deutete auf die massiven Mauern, die nach und nach aus dem Dunst des Tages wuchsen. Ihr Ziel rückte in greifbare Nähe, Thorniara lag vor ihnen. „Hab ich doch gewusst, dass du das schaffst!“ Stolz fuhr er Seraph durch die Mähne, der tapfer schnaubend offenbar seine Bereitschaft für das letzte Stück kenntlich machte. Er spürte garantiert, dass er bald schon von seinen Qualen erlöst wurde.
Der inzwischen mindestens zwei Wagenbreiten messende, von tiefen Furchen der Wagenräder gezeichnete Weg führte in einem leichten Bogen auf das mächtige Tor der Stadt hin, das fast schon einladend offen stand und von bekannten rot-goldenen Bannern flankiert wurde. Im Torraum selbst erwarteten ihn einige Soldaten, die an diesem trüben Tag vermutlich ebenso sehr das Dienstende herbeisehnten, wie Lobedan das Ende seiner Reise. Er konnte es ihnen nicht verübeln.
„Grüße!“, rief er den Männern entgegen und bewegte Seraph kurzerhand dazu, sich hinzulegen, damit er seinen Huf kurz vor dem Ziel noch einmal schonen konnte. Er selbst erwartete ein ähnliches Prozedere, wie es in Khorinis und auch in Vengard üblich gewesen war, weshalb er sein Gepäck ebenfalls absetzte. Sein Scimitar hing deutlich sichtbar in einer gekrümmten Schwertscheide an seiner Seite, das würde er ebenso hier zurücklassen müssen, wie das alte Langschwert, das sich aus früheren Tagen noch immer in seinem Gepäck befand, eingewickelt in ein öliges Tuch, das nochmals von Leder und trockenen Tüchern umgeben war. Ebenfalls verborgen trug er ein Stilett an seinem Körper, von dem er sich im Zweifelsfall auch trennen würde, wenn es die Wachsoldaten forderten.
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„Für Innos!“, schallte es ihm entgegen – ein für ihn ungewohnter Gruß, nicht zuletzt, weil er sich in den vergangenen Jahren bestenfalls Adanos hingezogen gefühlt hatte, was aber in erster Linie auch nur daran lag, dass in Al Shedim ausschließlich Wassermagier gelebt hatten, die den Innosglauben nicht verbreiteten. Lobedan war nie ein übermäßig gläubiger Mensch gewesen, stattdessen war er oftmals mit dem zufrieden, was ihm der Tag brachte. Nicht alles ließ sich seiner Ansicht nach auf das Wirken eines oder mehrerer Götter zurückführen. Oder etwa doch?
„Was ist mit dem Gaul?“, fragte einer der Wachposten skeptisch, woraufhin Lobedan ihn über die Beschwerden des Tieres und damit den Grund seines Besuches aufklärte. Mehr als ein „verstehe“ hatte sein Gegenüber dafür nicht übrig, stattdessen begann er mit seiner Belehrung, die er wohl jedem Fremden zumutete. Geduldig hörte der ehemalige Nomade sich Wort für Wort an, vieles war für ihn selbstverständlich, einiges kannte er sogar irgendwie auswendig. Nickend stimmte er zu und platzierte das in seiner Schwertscheide steckende Scimitar, das eingewickelte Langschwert sowie sein Stilett auf dem kleinen Tischchen. Genaustens notierte die Wache sämtliche ihres Erachtens notwendigen Details dazu, verschnürte die drei Waffen mit einem Stück Seil und klemmte die Notiz daran fest. „Ich hab das mit dem Gaul dazugeschrieben, dann ist es eindeutiger“, tönte der Soldat auf eine Weise, als würden sich in ihrem Lager hunderte Waffen bis unter die Decke stapeln, sodass es ein Unding war, drei bestimmte in diesem Haufen wieder zu finden, wenn nicht jedes Detail über den Besitzer daran vermerkt war. „Angenehmen Aufenthalt!“ Dankbar nickend holte Lobedan sein Gepäck und passierte mit Seraph das Torhaus. Auf eine eigentlich berechtigte Diskussion, dass das kein Gaul war, wollte er sich lieber nicht einlassen.
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Im Kerker
Die Zeit verging ohne dass Manuele sich wirklich dessen bewusst wurde. Er wusste nicht was fuer ein Tag war, geschweige denn welche Stunde zulezt geschlagen hatte. Wie ein Haufen Elend lag er da in seiner Zelle, angekettet und vergessen. Die Wache hatte ihm zwar zugesagt sie wuerde mit einem der Magier sprechen, doch bis jetzt hatte ihn niemand mehr, ausser dem fetten Koch, aufgesucht. Das einzige was ihn jetzt noch am Leben hielt waren seine Traeume.
Jedes mal wenn er vor lauter Erschoepfung einknickte kam Trike zu Besuch und ermutigte ihn weiter zu machen. Irgendwie half es, doch viel laenger wuerde er es nicht mehr durch halten. Er spuerte wie seine Muskeln langsam schwanden und er immer duenner wurde. Kein gutes Zeichen fuer einen Krieger...
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Thorniara war nicht Setarrif, daran lag kein Zweifel. Selbst einem Blinden wäre wohl irgendwie aufgefallen, dass man hier im Norden der Insel nicht auf Prachtbauten und platzbeherrschende Gebäude stand, dass die Straßen und Plätze hier weniger großzügig ausfielen und auch die Stimmung eine andere war, als in der Stadt im Urwald. Thorniara unterschied sich zwar architektonisch auch von den Städten Myrtanas und hob sich auch deutlich von Khorinis ab, dennoch wirkte alles in allem sehr viel vertrauter und überschaubarer, ja teilweise auch bescheidener, als das pompöse Setarrif. Verstecken musste die Stadt sich deswegen nicht. Ihre Größe war beeindruckend und es herrschte ein reges Treiben, ebenso boten sich unzählige Plätze zum Verweilen – kurz: die Stadt war auf ihre Weise schön, ohne dabei aufdringlich zu wirken.
Im Handwerkerviertel fand Lobedan nicht, wonach er suchte, ein Hufschmied erklärte ihm jedoch den Weg zu den städtischen Stallungen, wohin er sich hoffnungsvoll wandte. Dass er als Fremder bei den Stallburschen und Knechten der Ritter und Soldaten Hilfe bekam, glaubte er kaum, jedoch musste es ja auch irgendwo einen Ort geben, wo das normale Volk seine Reittiere unterbringen und pflegen konnte. Was sprach dagegen, dass sämtliche Stallungen nicht einfach zentral an einem Ort lagen und dort nur untereinander abgetrennt waren? Letzten Endes ging es doch schließlich auch nur um einen verletzten Huf. Er wollte weder eine eigene Box für Seraph, noch sollte ihm jemand die Obhut seines Tieres abnehmen. Ein trockenes Fleckchen Stroh sowie ein fachkundiges Auge waren eigentlich alles, worauf er im Moment wert legte.
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Curt schien, und das konnte nicht mal er leugnen, von einer Heiterkeit befangen, wie man sie normalerweise nur von Alkoholikern kannte. Die Wangen gerötet von der Kälte draußen doch auf den Lippen ein verschmitztes, fast schon hämisches Grinsen, das seine Zuversicht für die Zukunft reflektierte. Mit vor Stolz verschränkten Armen stand der Adlatus in der großen Eingangshalle der Villa Thorn, neben ihm der Hausherr, Fürst Thorn, und gegenüber drei große, kräftige Gestalten, unterschiedlich bewaffnet mit Schwerter, Speer und Bogen. Das war die auserwählte Elite, die Curt, Bastan und natürlich die Lakaien des Fürsten in den letzten Tagen aufgespürt hatten. Sie sollten sich für einen großzügigen Lohn um die Probleme in der Mine kümmern. Und die beiden Edelmänner würden sich vom Besitzer des Stollens Anteile an der Ausbeute sichern, wenn dieser ihnen dankend die Füße küssen würde.
Curt nickte abschätzig: "Sie sehen gut aus. Kräftige Burschen. Ich hoffe mehr Mannskraft bedarf es nicht."
Nach eingehender Visite wurden die drei Söldner nach Hause geschickt, sie sollen sich noch ein bisschen ausruhen und morgen zum Sonnenaufgang an der Villa erscheinen. Da Curt derzeit den selbstständigen Studien der Magie nachging und im Tempelviertel nicht gebraucht wurde, durfte er in einem der Gästezimmer der Villa Thorn nächtigen. Auch er musste ins Bett, aber ob er schlafen konnte, das war fraglich. Morgen jedenfalls würde der Tag kommen, an dem er seinen ersten Schritt tat, wieder ein wahrlich reicher Mann zu werden!
"Hallelujah", freute er sich bei dem Gedanken leise.
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„Mhm … sieht entzündet aus“, murmelte der bärtige, sympathisch wirkende Alte, als er den Huf untersuchte. „Hat er sich kürzlich verletzt? Oder nein, warte Junge …“ Nacheinander ging der alte die Hufe des Hengstes durch und schüttelte schließlich mit kritischem Blick den Kopf. „Wann hast du die Beschläge das letzte Mal wechseln lassen? Hier, schau dir das an!“ Er drängte Seraph dazu, den verletzten Huf zu heben. „Genug Rost, um alle Schwerter der Rebellen unbrauchbar zu machen. Junge, sowas kannst du dem Tier doch nicht antun! Die Eisen sind durchgerostet, die Nägel wahrscheinlich inzwischen auch und das frisst sich nun in den Huf. Ein Wunder, dass es bisher nur der eine ist.“ Vorwurfsvoll betrachtete der Bärtige Lobedan, ein ähnliches Gefühl ging plötzlich von seinem Pferd aus. „Runter damit, ein, zwei Wochen Ruhe für das Tier und danach frische Eisen. Kannst von Glück reden, dass er dir noch so treu ist. Sowas tut man seinem Pferd nicht an.“
Betroffen trat der ehemalige Nomade an den schwarzen Hengst heran, um ihm übers Fell zu fahren und den Kopf zu streicheln. „Tut mir leid, Großer. Ich mach das wieder gut.“ Die schnaubende Antwort war nicht wirklich eindeutig, aber er hoffte das Beste. An den Alten gewandt fuhr er schließlich fort: „Kann ich ihn dann solange hier lassen oder muss ich mir einen eigenen Platz suchen? Ich kann auch bezahlen, zur Not fange ich deswegen irgendwo als Tagelöhner an.“ Brummend ließ er den Bart wackeln, sodass es aussah, als würde er nicken, ohne den Kopf zu bewegen. „Platz haben wir schon noch. Und ein Tier mehr oder weniger bekommen wir auch versorgt. Wenn dir aber wirklich was an ihm liegt, lass ihn nicht die ganze Zeit allein. Dann versteht er auch, dass es dir wirklich leid tut. Und Kopf hoch. Ich hab schon Pferde gesehen, die waren so zugerichtet, dass ich keine Hoffnung mehr hatte. Und später sind sie mit ein paar Rittern in die Schlacht gezogen.“ – „Ja … danke. Ich schulde euch jetzt wohl was …“
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Villa Thorn
Erfüllt von Tatendrang erwartete Basten Curt, der soeben den Weg zur Eingangshalle hereintrat, ein erwartungsvolles Lächeln auf den Lippen.
Die drei angeheuerten Söldner waren schon bereit und überprüften gerade ihre Waffen; sie schienen gewappnet zu sein.
„Ah, da seid Ihr ja. Dann können wir ja gleich aufbrechen. Wie weit sagtet Ihr, sind die Stollen entfernt?“, begrüßte der Fürst seinen Gast, der ihm zu verstehen gab, dass es ein Katzensprung wäre.
„Gut gut, dann können wir auch auf die Kutsche verzichten“, hakte der Adlige diesen Punkt auf seiner geistigen Liste mit Dingen, die es zu beachten galt, ab. Weiterhin umfasste diese das edelmütige Angebot ihrerseits den Stollen von jeglichem Ungeziefern zu reinigen und natürlich die Verhandlungen über die natürlich freiwillig abzugebende Belohnung.
„Es wird höchste Zeit, dass wir diese bisher unerschlossenen Minen mit Innos' Licht erhellen und zu seinem Wohl den Abbau des Eisenerzes in unsere, aus seinem Willen geformten, fähigen Hände zu geben“, umschrieb der Edelmann den Hintergrund der bevorstehenden heiligen Mission, denn nichts anderes konnte es mit so gottesfürchtigen Hintergedanken sein.
Der letzte Schliff über die blanke Klinge, der letzte prüfende Blick auf die Pfeile im Köcher, die letzte pflegende Lederbehandlung des hölzernen Schafts des Speers.
„Sehr schön, dann können wir ja aufbrechen. Savant, kennt Ihr den Weg?“
Der Bärtige bedeutet ihm, dass ein gewisser Kenneth, der vor der Marktschänke auf sie wartete, sie zu den Minen führen würde.
„Nun gut, dann lasst uns eilig zu ihm aufschließen, damit wir diese Sache bei den Wurzeln packen können!“, meinte der Fürst mit heroischer Miene und trat als erster aus der Villa ins Freie, wo ein grauer Himmel ihn begrüßte.
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Es war Abend. Die Taverne, in welcher Curt den hilfsbedürftigen Bergarbeiter namens Kenneth vermutete, war zu dieser Tageszeit immer gut besucht und strahlte ein Aroma des Niedergangs jeglicher Kultur aus. Da prostete man sich zu und löschte dabei nichts ahnend den letzten Funken Sinn und Verstand mit minderwertigen Spirituosen aus. Und ein jeder, der dieser Versuchung Beliars nicht widerstand, wurde mit einem innigen Verlangen infiziert, noch viel mehr Menschen in den Bann des Alkohols zu ziehen. Es war ein Kreislauf, dessen Ende meist ein vorschneller Tod darstellte.
Curt hasste diese Orte. Am Liebsten wäre er draußen in der Kälte geblieben und hätte sich mit Gymnastik warm gehalten. Doch er war nunmal der Einzige, der schon mit Kenneth in Verbindung getreten war und daher wusste, wie dieser Bursche aussah. Auch wenn man eigentlich erwarten konnte, einen rußverschmierten Minenarbeiter mit Spitzhacke zu erkennen.
Egal.
Nur die beiden Edelmänner betraten die Taverne und gingen nach Augenkontakt mit dem Gesuchten zielstrebig in dessen Richtung.
"Ihr!", rief Kenneth erschrocken.
"So ist es. Ich bin gekommen, euch meine Hilfe anzubieten. Für eine entsprechende Entlöhnung werden wir eure Mine von dem Ungeziefer befreien."
"Entlöhnung? Pah", man merkte, dass der Kerl betrunken war, "Ihr ward sooo... unhöflisch zu mir, habt misch stehe gelasse und globt jetze, dass i eusch noch brauche, eh? Isch find schon so Hilfe. Und isch werd euch auch nisch sahn, dass das Bergwerk im Nordwesten vom Bluttal liegt. Bleib da bloß ferne von, ihr Luschen!"
Dass er dabei Bastan Thorn gleich mit in den Dreck zog, ließ diesen nur kalt abwinken.
"Wir haben die Informationen, die wir brauchen", knirschte Curt, "Machen wir uns auf den Weg, ich halte es hier drinnen keinen Moment mehr aus. Verstumpftes Pack!"
Damit begann ihre Reise doch später und unerfreulicher als erwartet. Aber sie würde sich letzten Endes auszahlen.
Ganz bestimmt.
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Die letzte Woche war wie im Fluge vergangen, bei dem, was Rognor so an Arbeit hatte. Zum einen gab es kleinere Aufgaben, wie das Reparieren einer Goldhalskette oder auch mal eine Frau die einen Edelstein gefunden hatte und diesen Einsetzen lassen wollte. Diese Tätigkeiten beherrschte er jetzt. Das Einsetzen war ihm zwar zwei-, dreimal misslungen doch jetzt wusste er, was er falsch gemacht hatte und konnte diese Fehler in dem Arbeitsvorgang ausmerzen. Die filigranen Arbeiten wie das Ziselieren beherrschte er zwar nicht so gut wie ein Schmied, der dies schon sein ganzes Leben machte, aber die Ergebnisse konnten sich sehen lassen. Langsam wurde er zum Goldschmied, oder zumindest zu jemandem, der wusste, was er mit Gold anfangen sollte und wie er das machte. Doch seit letzter Woche lernte er auch nichts mehr neues, sondern festigte eher seine Kenntnisse. Und deswegen, würde er Ravenne fragen ob seine Lehre zu Ende war und er wieder nach Setarrif, zu seiner Mine und zu guter letzt weg von diesen Fanatikern gehen konnte.
Als Ravenne, dann wieder die Werkstatt betrat, fragte er sie diesbezüglich. "Ahh Meisterin. Entschuldigt die Störung aber zeigt ihr mir in der Zukunft noch weitere neue Sachen, die ich als Goldschmied gebrauchen könnte oder kann ich meine Lehre als beendet ansehen?"
Geändert von Rognor Hammerfaust (26.10.2012 um 22:58 Uhr)
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Die letzten Tage war es ruhig gewesen, wenn sie die Schmiede betreten hatte. Keine Gäste mehr wie Maris und Bartimäus, und Rognor hatte sie nicht stets mit Fragen bestürmt. Wollte heißen, nicht sofort. Etwas Ruhe brauchte man ja auch, wenn man zurückkehrte. Sie ließ ihn warten, bis sie ihre Sachen weggestellt und sich gesetzt hatte, wenn es nicht drängte, wollte sie in Ruhe schreiben.
Ich habe letztens nachgefragt, was die hiesigen Vertreter der Goldschmiedezunft verlangen, um einen neuen Meister zu ernennen. Dir wird ja sicher nicht entgangen sein, dass es für die Prüfung ein Meisterstück erfordert, und ich habe meine Prüfung auf dem Festland gemacht, mit anderen Anforderungen.
Jedenfalls wirst du aufgefordert, einen goldenen Ring mit Steinen, eine goldene Dose und ein silbernes Schmuckstück deiner Wahl als Hauptstück anzufertigen.
Jetzt musst du beweisen, wie viel du gelernt hast.
Sie reichte Rognor die Tafel und gähnte leise. Die Wärme des Feuers wirkte einlullend auf sie, aber die Arbeit ging erstmal vor. Einnicken konnte sie auch später noch.
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