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Neuling
Einführung Sermons
“Deine Flucht muss ein Ende haben, Sermon."
Wie oft hatte Sermon diesen Satz in den vergangenen Tagen, wenn nicht sogar Wochen gehört? Beziffern kann er es nicht. Einerseits weil er schlicht und ergreifend nicht zählen kann, andererseits weil es unzählige Male waren. Die Stimme in seinem Kopf hörte er ja schon seit Jahren, doch in letzter Zeit häuften sich diese Ereignisse. „Meine Flucht muss ein Ende haben. Wieso hier, wieso jetzt?“ dachte er bei sich. Doch seitdem er die eisigen Ebenen im Norden, deren Namen er nicht kannte, verließ, hatte Sermon das ungreifbare Gefühl, dass diese Wälder, durch die er nun seit Jahren streift, anders sind. Seltsam und anders.
Wie so häufig zog Sermon an diesem frühen Frühlingstag aus seinem Versteck los, um sich Nahrung zu beschaffen. Die vergangenen Tage waren, was die Jagd betraf, alles andere als erfolgreich. Normalerweise erlegte er mindestens alle zwei Tage ein Stück Großwild, doch in dieser Gegend war nicht Vieles so wie Sermon es gewohnt war. Das Schlimmste an dieser Gegend war, dass Sermon sich ständig beobachtet fühlte. Als hätte der Wald Augen. Und wenn ihn der Wald beobachtete, dann befahl der Wald seinen Tieren womöglich auch, sich von ihm fernzuhalten. Bei dieser Vorstellung schauderte es ihn. Ein Wald der beobachtet und kommandiert.
Nach Stunden der erfolglosen Pirsch konzentrierte sich Sermon dann doch lieber auf pflanzliche Nahrung. Scheinbar ist in dieser Gegend tatsächlich nichts zu holen. Der Gedanke daran, dass er die kommenden Tage nur Pflanzen zu Essen bekam ließ Sermon abermals schaudern und außerdem regte er zum Weiterziehen an. Am Fuße einer robusten Eiche fand Sermon ein paar sonderbare Pilze, die er vor einiger Zeit bereits gesehen, gegessen und für essbar erklärt hatte. Ein kleiner Erfolg.
Während er die Pilze verschlang – die lange und erfolglose Jagd machte ihn bloß hungriger – sah Sermon sich um: Der Wald hier war von einer eigenartigen Schönheit. Er hatte das Gefühl, dass dieser Wald im Einklang mit sich selbst ist und noch wenig bis gar nicht von der Zivilisation auseinander genommen wurde. Die Vorstellung eines gänzlich unberührten Waldes gefiel ihm, jedoch wenn er an seine erfolglosen Jagden und die seltsamen Blicke in seinem Rücken dachte, sehnte er sich schon ein wenig an besiedeltere Gebiete zurück.
Sermon wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sein Blick an einem Kraut, dass sich unter einem Farn versteckte hängen blieb. Dieses Kraut hatte er schon lange nicht mehr gesehen, doch er konnte sich noch genau daran erinnern, wann er es das letzte Mal gefunden und geraucht hatte. Er steckte den Rest der Pilze – es waren nur noch ein ganzer und ein angeknabberter – hastig in seinen Lederbeutel und hechtete förmlich zu diesem Kraut. Hatten ihm seine Augen ein Schnippchen geschlagen oder war es tatsächlich das ersehnte Kraut? Doch es war kein Fehlalarm. Dies war exakt das, wonach er sich schon so lange sehnte. Die trüben Gedanken an die ertraglose Jagd waren wie weggeblasen, als sich Sermon dessen bewusst wurde. Hatte er noch irgendetwas um das Kraut zu rauchen? Hatte er noch einen Feuerstein? Er kramte wie wild durch seinen Beutel auf der Suche nach Papierresten oder ähnlich brauchbarem Material. Fehlanzeige. Seine Laune stand bedrohlich auf der Kippe; er wollte jetzt unbedingt und dringend dieses Kraut genießen! Doch dann stießen seine Finger auf einen harten Gegenstand aus Holz. „Das wird doch wohl nicht... wie konnte ich das vergessen?“ Er fasste den Gegenstand und holte ihn aus dem Beutel. Wie er vergessen konnte, dass er noch eine Pfeife im Rucksack hatte, war ihm unbegreiflich, schließlich war dies so ziemlich sein einziges Hab und Gut. (Die Pfeife nahm er einem mehr als unvorsichtigem Wegelagerer ab, der ihm in eine seiner Höhlen folgte. Anfängerfehler.) Als wollte ihn eine höhere Macht daran hindern, sich diesem Kraut hinzugeben. Diesen absurden Gedanken verwarf er jedoch sofort wieder, schließlich galt es nun Feuer zu finden. Er hatte keine Feuersteine mehr, nachdem er sie einige Tage zuvor benutzt hatte um eine kleine Gruppe von Scavengern zu verjagen. Traurig war, dass es nicht wirklich half. Und, dass seine Feuersteine flöten waren. Alle, bis auf... Wie hatte er noch gleich das Lagerfeuer an seinem Unterschlupf angezündet? Sein Gedächtnis glich einem Sieb mit gigantischen Löchern. Eher wie ein Fass ohne Boden. Natürlich! Einen Stein hatte er noch an seinem Schlafplatz liegen. Er lief so schnell wie seine Beine ihn trugen zurück zu seinem Unterschlupf. Dort angekommen fing er endgültig an, an seinem Verstand zu zweifeln. Das Lagerfeuer glühte noch mehr als ausreichend um damit wieder ein kleines Feuerchen zu machen. Der Tag war gerettet! Er setzte sich ans Feuer, zerpflückte das Kraut und stopfte es in die Pfeife. Sermon entzündete einen nahe liegenden trockenen Ast und steckte die Pfeife an. Schon nach einem kurzen Augenblick entfaltete das Kraut seine Wirkung und Sermon trieb in eine fantastische Traumwelt ab...
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Tropfen barsten in alle Richtungen als der Templer mit einer weiten Armbewegung durch die Wasseroberfläche stieß und deutlich hörbar seine Lungen mit einem fast panischen Atemzug füllte. Nur mühsam normalisierte sich die Atmung des Kriegers, als dieser mit vor Erschöpfung unbeholfen gewordenen Schwimmbewegungen Richtung Ufer paddelte. Erleichtert und doch mit einer wachsamen Hand am Heft seines Einhänders zog er sich an Land, ließ den Blick nach Feinden spähend durch das Unterholz wandern und sackte erst, als er sich absolut sicher war sicher zu sein, im feuchten Gras zusammen. Gor Na Jan schloss die Augen, atmete tief durch und durchdachte die letzten Wochen während seine Finger über die raue Oberfläche des Gegenstandes in seiner rechten Hand tasteten. Die Reise in den Norden, den Erhalt der allersten Rune, die beschwerliche Wanderschaft durch die Wälder um Silden und schlussendlich die vergessenen Ruinen der Wächter und die verschlossene Pforte.
Vier Teile, oder zumindest hoffte der Templer, dass es nur vier waren. Ein zerborstenes Amulett, wieder zusammengesetzt, um das Tor zu öffnen, dass er bei seinem letzten Besuch übersehen hatte. Wie ein lebhafter Traum flimmerten die Bilder vor seinen Augen. Er hatte nach langer und ebenso beschwerlicher Suche wie vor einigen Jahren den Hain des Waldgeistes wiedergefunden und diesen gründlich nach Anhaltspunkten abgesucht. Der alte Lebensbaum stand noch immer dort, unberührt und überaus gewöhnlich, wie der Zweihandmeister enttäuscht feststellte. Dann entdeckte er diese Pforte. Eigentlich war es ein Wunder, wie sie ihm das letzte mal entgangen sein konnte. Davor die Leiche eines Wanderers, vielleicht ein Waldläufer, Todesursache unbekannt und bei ihm zwei Teile eines Amulettes und eine Karte mit vier Kreisen, zwei davon durchgestrichen. Man musste keine sonderliche Leuchte sein, um sich die Zeichen zu erklären.
Gor Na Jan konnte sich ein abfälliges Schmunzeln heute wie damals nicht verkneifen. Aber selbst wenn er ein Amulett als Schlüssel zu einer geheimnisvollen Tür in einer noch geheimnisvolleren Ruine für ebenso unkreativ wie abgedroschen hielt, war es überdies immer noch ein äußerst effektiver Schutzmechanismus. Und, das musste man dieser Prüfung anrechnen, sie war immerhin einfallsreicher als seine erste Aufgabe. Ein mit Fallen gespickter Tempel in den eisigen Felsöden von Nordmar? Tolles Ambiente aber lausige Originalität. Dann drifteten seine Gedanken ab, die Bilder verzerrten sich. Schlaf. Endlich mal wieder.
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Callindor hatte sich nun also dem Trio angeschlossen und war dabei herzlicher empfangen worden, als er es selbst erwartet hatte. Der Priester Lopadas lud ihn ja regelrecht zu dieser Pilgerforschungsreise ein, je mehr, desto besser.
Doch wäre er lieber mit Nero allein gewesen.
Mizaki war unglücklich darüber. Denn je mehr Augen auf ihn gerichtet waren, desto vorsichtiger würde er vorgehen müssen. Denn so sah ihr Plan aus. Oder eher Mizakis Plan, doch Callindor fügte sich dem geistigen Befehl seines Symbionten. Es hatte ja sowieso keinen Zweck. Außerdem gab der Geist Ruhe, solange sich der Magier hörig verhielt.
Trotzdem musste Callindor auch bei Nero Vorsicht walten lassen. Offenbar war er auch von einem Geist heimgesucht worden, und nach Mizakis Ausführungen war dieser gut für Nero und damit gefährlich für *uns*, wie er es zu sagen pflegte.
Es hatte den Anschein, dass es innerhalb der verlorenen Seelen diverse Lager gab und Neros Geist und Callindors Geist gehörten nicht dem selben an.
Das hatte er inzwischen verstanden, nachdem sein Partner ihn in der Nacht und bis jetzt die gesamte Wanderung dies eingebläut hatte. Callindor würde es nicht vergessen.
Und obwohl - oder gerade deswegen, dass sie so verschieden waren, sollte Callindor so viel wie möglich in Erfahrung bringen, bevor sie an das Ritual überhaupt erst denken konnten. Denn Mizaki wollte seinen Konkurrenten kennen und wenn es nur eine Personenbeschreibung wäre, einen Namen brauchte es nicht, wäre aber auch nicht zu verachten.
Also hatte Callindor seine Instruktionen erhalten und machte sich fügsam daran, sie zu erfüllen.
Es war indessen Glück, dass der Frühling so forsch und unnachbiebig rumorte, sodass sie nicht so eng schlafen mussten, und sein abnormes Verhalten des Nachts zumindest Lopadas und der Frau nicht auffiel. Zumindest gab sich Callindor in seinen helleren Momenten Mühe, nicht zu sehr aus dem Rahmen zu fallen.
Und so kam denn also der günstige Moment, in dem er Neros zur Seite nehmen konnte, da die anderen an einem der Gebirgsbäche, deren Ausläufer weit ins Landesinnere vorstießen, eine Rast einlegten, um frisches Wasser für die Reise nachzufüllen.
"Nero, kann ich dich mal sprechen? Allein, wenn's geht ...", meinte Callindor nur verschwörerisch und zog seinen Halbbruder praktisch von den anderen fort. So fiel es ja gerade erst richtig auf, dass er was auszuhecken schien. Mizaki sah ihn vorwurfsvoll an und gleich darauf war ein Kopfschmerz die Bestrafung.
Dennoch gab sich der Magier tapfer.
"Ich hoffe, Lopadas lässt mich dich kurz entführen. Er hat dich wohl unter seine Fittiche genommen, oder nicht?"
Callindor gab sich Mühe, es so ernst und interessiert wie möglich klingen zu lassen, doch wirklich wissen wollte der Magier es nicht. Oder besser, sein Geist gaukelte ihm vor, ers wäre uninteressant. Es gab Wichtigeres als Magielehren. Nämlich, herauszufinden, wessen Geist Zuflucht in seinem Bruder gesucht und gefunden hatte.
Mizaki meinte noch, dass er hoffe, dass die Bande zwischen ihm und dem Geist weniger intensiv wären und dass sein Magierkollege so weniger Informationen über alles hätte. Aber das würden sie ja bald sehen.
Und kaum hatte Nero freudig angefangen zu erzählen, da wedelte Callindor nur wirsch mit der Hand und schnitt ihm praktisch das Wort kaum im ersten Satz ab, bevor er überhaupt erzählen konnte.
"Ja, ja, dass ist sicher alles toll und so, aber sag mir doch mal, belastet dich das nicht, so von einem anderen belagert zu sein? Ist es ein er? Oder eine sie? Weißt du etwas darüber? Was sagen er? Wie sieht sie aus? Nun sag schon, Bruder, ich möchte es so gern wissen, denn ich geh daran bald kaputt ..."
Callindor hate sich vorher überlegt, dass er dem Heilungsmagier auf der emotionalen und bedürftigen Schiene am besten beikommen konnte, und so spielte er das arme, verängstigte Wesen, damit sich Nero als Beschützer und Macho würde aufspielen können. Er sah in seinem Anverwandten ja schon immer eher die Weichwurst, als alles andere. Das galt es nun geschickt zu nutzen.
"Erzähl mir davon, Bruder. Ich höre so gerne eine gute Geschichte ..."
Callindor lächelte, seufzte und warf seinen Kopf nach hinten, um in die wärmenden Sonnenstrahlen über ihm einzutauchen. Es würde wie früher sein, wenn seine Mutter Sylleste ihm eine Gute-Nacht-Geschichte verlas. Ob Nero sich noch daran erinnerte, als er klein war?
Er seufzte erneut.
"Ach Gott, jetzt werd bloss nicht pathetisch. Das ist ja zu erbärmlich. Zeig ein wenig Rückgrat ..."
Callindor sah Mizaki aus dem Augenwinkel und schickte ihm eine missbilligende Botschaft mit seinen Augen, ehe er sie wieder schloss und auf Neros Beginn wartete. So er denn etwas dazu sagen würde.
Geändert von Callindor (07.04.2010 um 18:55 Uhr)
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Nero zog eine Augenbraue hoch und sah Callindor schief an, alles was er von sich gab war mehr als gespielt und gekünstelt, doch das würde der Magier ihm austreiben. So nahm er sich zusammen, versetzte Callindor eine deftige Ohrfeige und eine Zweite gleich hinterher.
"Fang dich mal wieder! Du wirst doch kontrolliert! Es ist mir immer so als stünde jemand neben dir, der dir Kommandos gibst denen du folgst, kleiner Soldat! Ja, es ist ein er, nein ich weiß nicht wer es ist, er spricht nicht mit mir und es scheint als beobachtete er mich in meinen Träumen, nicht mehr nicht weniger, ich weiß nicht was das soll!"
Callindor wollte gerade zu einer Ohrfeige ausholen, als Nero ihm eine weitere verpasste.
"Zu langsam, kleiner Bruder!"
Er grinste und half dem gestolperten Callindor wieder auf die Füße. Dank ihm hatte er seine Übung abbrechen müssen, eigentlich hätte er ihn im Dreck liegen lassen sollen, doch so war er eben.
"Wieso willst du das überhaupt wissen?"
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"Wenn du dich daran erinnerst, dann hast du gestern davon angefangen, dass du belagert wirst. Nicht ich, das will ich hier mal klarstellen. Also tu nicht so, als wären hier überall Verschwörungen im Gange. Derzeit hab ich Ruhe, als benimm dich gefälligst etwas besser mir gegenüber. Ich hab dir schließlich nix getan."
Callindor wandte sich enttäuscht ab und tat beleidigt, drehte sich dann jedoch abrupt um und lachte und machte große Gesten.
"Oder besser noch: Ja du hast Recht, Bruder. Ja, ich werde kontroliert. Ja, ich soll für jemanden spionieren und ja, dein Geist ist böse, genau wie meiner. Und ja, ja, ja, du hast mal wieeder so, so , so Recht. Kannst stolz auf dich sein, hast deine Aufgabe erfüllt. Hast deine Pflicht deiner Familie gegenüber getan. Guter., braver Sohn. Sylleste wäre sicher stolz auf dich, wie rührend du dich um mich kümmerst."
Callindor überspitzte dabei fast jedes Wort und zeigte damit, wie paranoid Nero sich hier aufführte, auch wenn er mit seinen Vermutungen mehr als richtig lag. Vielleicht würde Callindor so alles ein wenig zerstreuen können. Aber sicher war es nicht.
"Und überhaupt, was pflaumst du mich hier so voll und haust mich andauernd? Ich mag ja vielleicht jünger sein, aber das gibt dir nicht das Recht, so mit mir umzugehen. Wo hast du bloß deine Manieren? So verhält sich kein Bruder. Und das willst du doch unbedingt sein, auch wenn wir nicht mal übers Blut miteinander was zu tun haben. Ich und du, wior haben nichts, aber rein gar nichts gemein, also spiel dich hier nicht als großen Beschützer auf, denn diese Rolle ist ein paar Größen zu gewaltig für dich und nötig ist es auch nicht. Ich bin auch schon vor unserem Kennenlernen gut allein zurecht gekommen. Wenn du mich also weiter so anpampen willst, such dir gefälligst ne neue Familie, oder bleibe bei der Sache."
Callindor hatte sich mal wieder in Rage geredet und fand nun kaum daraus heraus.
"Du kennst also den Kerl nicht, gut. Aber was will er? Du musst doch was wissen! Die führen was im Schilde und wir können nichts dagegen tun. Jetzt sag schon, was du weißt, verdammt! Alles könnte wichtig sein. Du musst doch was gehört haben."
Mizaki, der die ganze Zeit still auf einem der Steine saß, applaudierte nach diesem Schmierentheater herzlichst und schien beeindruckt von der Leistung des Magiers zu sein. Nero hörte es, wie auch sonst niemand, natürlich nicht. Wie auch ...
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Nero klatschte seinem Bruder gleich noch eine.
"Was zum.... wofür war das denn jetzt?"
"Keine Ahnung, deine Wange macht einfach so ein lustiges Geräusch wenn man draufhaut... Aber nun zu deiner Frage..."
Nero wich einem neuen Versuch Callindors aus ihm selbst nun eine zu kleben, lachte leicht und setzte sich dann auf einen Stein.
"Er macht einfach garnichts, er redet nicht mit mir, er verfolgt mich einfach nur und beobachtet mich stumm in meinen Träumen, woher bei Beliar soll ich da wissen, dass er böse ist oder nicht? Und zu dir: Ich glaube dir aufs Wort, du stehst unter einem Fremden Einfluss, und wenn ich dir dafür dein Gehirn rausnehmen muss, dann werde ich nicht zögern mein Bruder."
Nero entflammte sich eine Zigarette, dabei versuchte er seine ganze hand lodern zu lassen, verbrannte sich bei dem Versuch aber unschön und fluchte während Callindor lachte, welcher sich, aufgrund der Tatsache, dass er sich gerade herunterbeugte um sich die Verletzung anzusehen, erneut eine Maulschelle erhielt. Vielleicht, wenn man nur oft genug zuschlug....?
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Wenigstens fühlte er noch etwas.
Auch wenn die Schläge Neros unangenehm waren, so zeigten sie ihm, dass er noch zu Empfindungen fähig war. Ganz hatte er sich also noch nicht verloren. Wie lange würde er dem Marthyrium wohl stand halten können?
Er wusste es nicht und es graute ihm davor, auch nur daran zu denken.
In Gedanken versunken, setzte er sich neben seinen Bruder, der mit seiner Heilungsmagie seinen kleinen Fauxpas zu behandeln suchte.
"Ich vermisse ihn.", meinte Callindor plötzlich und seufzte so innig und herzerschütternd, dass es selbst Nero auffiel. Dieser sah von seiner Hand zu seinem Bruder an der Seite. Sein Blick blieb unschlüssig, fragend, als erwarte er eine aufschlussreichere Erklärung.
"Vic. Ich vermisse ihn so sehr. Wir hatten uns doch gerade erst gefunden und trotzdem bin ich jetzt hier. Ohne ihn. Das ist nicht richtig. Oder doch? Wenn ich wirklich etwas für ihn übrig hätte, aufrichtig wäre, dann würde ich doch Vic nicht allein lassen. Was bin ich nur für ein Mensch? Ich bekomm ja nicht mal das Einfachste auf die Reihe. Ob es ihm gut geht? Kommt er klar?"
Callindor sah zu Nero herüber und war sich bewusst, welch angreifbaren, verletzlichen Zustand er hier offenbarte. Manchmal brach es eben aus ihm heraus wie eine Flutwelle.
"Bestimmt. Denn er ist stark, oder nicht? Er hat so viel erlitten, so viel über sich ergehen lassen müssen. Er kommt bestimmt klar damit, dass ich nicht bei ihm bin. Vielleicht will er mich auch gar nicht mehr haben und hat inzwischen Ersatz gefunden. Wer will auch schon mit mir zusammen sein? Was kann ich schon bieten? Eine verweichlichte Schwuchtel, die für jeden die Beine breit macht, der es nur ernst genug meint. Vic hingegen hat es mit einem leibhaftigen Dämon aufgenommen und hat den Kampf gewonnen. Er ist so unglaublich stark. Sicher stärker als du und ich. Vielleicht sogar stärker als wir beide zusammen. Da kann ich nicht mithalten. Er ist in so Vielem besser als ich. Wenn nicht sogar in Allem. Ich habe ihn gar nicht verdient. Ich werde ja nicht mal mit einem Geist, einer nervenden Halluzination fertig.
Vielleicht ..."
Callindor stöhnte kurz auf und dann sah auch Nero, wie aus der Hand seines Bruders ein rötlicher Strich seinen Weg gen Erdboden suchte. Callindor hatte sich mit seinem Messer in die Handfläche geschnitten und betrachtete erregt den Springbrunnen, aus dem es fortwährend empor quoll. Es faszinierte ihn.
Und es zeigte ihm an, dass er tatsächlich noch lebte, auch wenn er mit jedem Augenblick mehr und mehr abzustumpfen schien.
Geändert von Callindor (07.04.2010 um 20:33 Uhr)
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Neuling
Vengard lag hinter ihnen, nurnoch ein matter Fackelschein in der Dunkelheit, ein helles Glimmen am Horizont, von unzähligen Ölkerzen, Lampen und Feuern hervorgerufen, von denen eins nach dem anderen erlosch, wenn die Bewohner sich langsam aber sich zur Nachtruhe begaben. Sie hatten es geschafft, unbemerkt aus dem Haus zu verschwinden, die schweren Haustüre leise zu schließen und sich dann ihren Weg durch die Gassen zu suchen, die Gerbergasse entlang, bis sie schließlich die Hauptsstraße erreichten, ihr folgten und schließlich durch das imposante Stadttor schritten, hinter dem für Theia Freiheit zu warten schien. Und Amo folgte ihr, aus Pflichtgefühl und mit der vagen Hoffnung, dass auch auf ihn etwas warten würde. Doch sicher würde er jetzt nicht mehr darauf warten, dass sie jemand finden und zurückbringen würde. “Noch ein paar Schritte, ich will zumindest die Stadt außer Sichtweite haben.“
Er biss sich auf die Lippen. Zwar wusste er, dass es Theia nicht störte, doch war es stets unangenehm für ihn, wenn er etwas von ‚Sehen’, ‚Sicht’, oder ‚Augen’ erzählte. Woher sollte sie auch wissen, wann die Stadt außer Sichtweite war?
Er ächzte leise, als er über eine Wurzel stolperte, die er im Zwielicht nicht sehen konnte. Wie kam seine Schwester damit nur zurecht? „Okay, Schluss“ motzte er. „Ich mag heut nicht mehr weiter, Vengard ist weit genug weg, lass uns lieber überlegen, wo du jetzt hinwillst.“
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Lehrling
Theias Schritte waren sorgfältig und bedacht, jeder einzelne; man gewöhnte es sich mit der Zeit an, die Füße nicht hektisch hochzureißen, wenn man nicht sah worin man sich verfangen konnte. Sie stand immer sicher auf den Füßen, um nicht aus dem Gleichgewicht gerissen zu werden, wenn sie abrutschte. Natürlich funktionierte das nicht immer, auf ungepflasterten Wegen legte sich die junge Frau regelmäßig hin, aber ernsthaft getan hatte sie sich dabei noch nie etwas.
Diese nebensächlichen Gedanken gingen durch ihren Kopf, als sie ihren Bruder stolpern und fluchen hörte. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, sie mochte die raue Art Amorphius'.
»Gut, dann lass uns hier rasten, wenn sich die Stelle anbietet. Auf freier Straße möchte ich nicht bleiben, sonst hält man uns noch für räudiges Räuberpack und schleppt uns noch zurück in die Stadt. Aber wir sollten auch aufpassen, nicht selber überfallen zu werden, also such einen guten Flecken aus. Am besten sichtgeschützt.«
Ja, sichtgeschützt. Bei ihr hatte der Trick beim Versteckenspielen, nämlich dass man nicht gesehen wurde wenn man selbst nichts sah, noch nie geklappt.
Sie hatten Decken dabei, Zunder zum Feuermachen und genug Proviant für eine lange Reise.
»Tut mir leid, aber jetzt musst du mir wirklich helfen.«
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Am Treliser Hafen:
Es war schon dunkel, als Manuele auf die Maera einkehrte. Die letzten Tage hatte er in der Kneipe am Hafen verbracht, ziemlich angetrunken Torkelte er übers Pier. Alte Gedanken hatten ihn in der Arbeitspause eingeholt und so neigte er wieder mal zum Alkohol. Er konnte seine Vergangenheit einfach nicht auf die Seite legen, jedes mal wenn er Zeit für sich hatte musste er an sie denken und somit wurde seine Laune immer schlechter. An deck war noch Licht an, komisch dachte er sich wehrend er näher kam.
Nebel war aufgezogen und es wurde ein wenig frischer. Im fahlen Laternenlicht sah der Nordmann eine Gruppe Seemänner die sich an Deck versammelt hatten.
In ihrer Mitte stand Cotton, der wohl etwas wichtiges zu sagen hatte. Manuele trat in den Kreis und schaute durch die Runde. Cotton sah ziemlich ernst aus, so entschloss er auf seine Worte zu warten ohne was zu sagen.
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08.04.2010 00:49
#171
Dunkel war es, ein angenehmer Wind umfuhr ihn, als sie draußen vor der Stadt trainierten und daran merkte man doch, dass der Sommer vor der Tür stand und jene warmen Sommernächte, die in unzähligen Geschichten Erwähnung fanden, näher rückten und man nicht Gefahr lief zu erfrieren. Lasseko mochte das warme Klima im Zweifelsfalle doch mehr, als die Kälte, aber stöhten Mensch und Ork, wenn es zu warm war und sehnten sich nach der Kälte und umgekehrt geschah es dann im Winter. Man will eben das, was man nicht hat und ist mit dem, was man hat nicht zufrieden, so war das eben.
Noriko hatte wohl bereits gemerkt, wie sich die ungewohnten Bewegungen bemerkbar machten und wo es wie zog. Daran müsste sie sich gewöhnen und daran würde sie sich auch gewöhnen, das kommt mit der Übung und der Routine.
"Die Grundbewegung ist natürlich gleichbleibend, diese wirst du dir merken und verinnerlichen müssen, was verhältnismäßig schnell gehen kann.
Wichtig ist, wie du gemerkt hast, dass man sein Gleichgewicht behält, denn wenn man umkippt oder plötzlich einen unkontrollierten Schritt machen muss, damit man stehen bleibt, nun, das wäre vorstellbar schlecht.
Das Behalten des Gleichgewichts steht sozusagen im Einklang mit der Grundbewegung, beides bedingt einander und steigert sich gemeinsam.
Du wirst versuchen zu schleichen, die Bewegung zu verinnerlichen und dabei das Gleichgewicht zu halten. Achte noch nicht darauf, ob du lautlos bist, denn man brauch natürlich erst die Grundlagen, also die Bewegung, um den Zweck, das Vermeiden der Geräusche, zu erreichen.
Ich werde derweil versuchen dich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mal gucken, vielleicht beschmeiße ich dich mit kleinen Steinen oder schiebe dich mit Ästen. Du musst konzentriert und ruhig bleiben."
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„Alleman zu mir. Los kommt schon, ich habe nicht den ganzen Abend Zeit.“
Mit einer Fackel in der Hand stand Cotton auf Deck und sah in die Runde der Matrosen, die ihn neugierig anschauten. Was auch immer sie nun zu hören erwarteten – ihren Gesichtern war anzusehen, dass sie mit einer fröhlichen Überraschung rechneten. Er würde sie enttäuschen müssen.
„Ich möchte euch von einem Mann erzählen, der innerhalb der letzten Wochen und Monate zu einem guten Freund geworden ist. Man sieht ihn so gut wie immer in geschäftiger Eile umherlaufen, ob mit einem Stück Pergament und einer kritzelnden Feder in der Hand oder mit erhobenem Schwert und sicherer Stimme. Ein Pfeifenliebhaber wie ich, ein stets bereitwilliger Gesprächspartner und ein treuer Wegesgenosse. Er weiß seine Leute zu führen, er weiß ein gutes Mittelmaß zwischen barschem Befehlston und freundlicher Bitte zu finden. Zudem wollte er nicht, dass ich ihn mit solchen Worten heute Abend einleite. Gebt mir einen saftigen Applaus für euren Kapitän.“
Etwas zurückhaltenden und verwirrt klatschten die Männer, bis Cotton sie so lange anspornte, dass sie in Jubelsschreie ausbrachen. Yared erschien an Deck und brachte die sie mit einer Handbewegung zum schweigen.
„Ich will es kurz machen. Hier in Trelis werde ich euch und Maera verlassen. Ich habe persönliche Gründe dafür, die allerdings schwer in Worte zu fassen sind. Lasst mich aber sagen, dass keiner von euch mit je enttäuscht hat. Es war einzig und allein meine Entscheidung. Hiermit lege ich das Amt des Kapitäns nieder. Nun begrüßt euren neuen Kapitän Cotton Gray.“
Betretenes Schweigen in der Runde. Niemand wollte so recht wahrhaben, was gerade geschehen war. Es passierte nicht alle Tage, dass der Kapitän eines Schiffes, die treibende und prägende Kraft, einfach abdankt und in der Versenke verschwindet.
Cotton trat vor. „Nehmt euch Zeit für den Abschied, Männer. Wir laufen in einer halben Stunde Richtung Silden aus. Stellt euch darauf ein.“
Langsam schipperte die Maera über den Fluss. Das Deck dunkel, nur die Laterne am Bug leuchtete schwach und wies ihnen den Weg durch die schwarzen Fluten. Auf der Treppe zum Achterdeck saßen Cotton und Manuele und sinnierten über den vergangenen Tag, der einen so rasanten Wechsel mit sich brachte. Den einen Moment scheint die Welt noch auf soliden Säulen zu stehen, den anderen balanciert sie über ein Hochseil und wirft dabei jene festen Prinzipien über Bord.
„Wer hätte das gedacht?“ Cotton, nun nicht mehr Steuermann, sondern zum Kapitän befördert, schaute sich um und betrachtete Planke um Planke, die nun unter seinem Befehl stand. Es fühlte sich nicht so an, wie er es sich eh und je erträumt hatte. „Und wer weiß“, fuhr er fort. „Vielleicht stehst du, Manuele, auch irgendwann an dem Steuer eines großen Schiffes.“
Der Nordmarer lachte und schüttelte den Kopf. „Es ist ein wenig früh, sich solchen Gedankenspielchen hinzugeben, oder nicht?“
„Man weiß es nicht.“
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In den Wäldern um Vengard
Aufmerksam verfolgte Thorwyn die Spur, die sich quer durch den Wald zog. Hufe hatten den Boden aufgewühlt und gut sichtbare Fährten hinterlassen. Mittlerweile hatte er sich schon ein gutes Stück von Vengard entfernt, doch der Ehrgeiz und das Vertrauen auf Sicherheit im Hoheitsgebiet des Königs ließ ihn dennoch weitergehen. Dies war seine erste richtige Jagd – zumindest hatte er vor, aus diesem Ausflug eine zu machen, denn nun, da er schon recht gut mit dem Bogen umgehen konnte, brauchte er sich nicht mehr darauf zu beschränken, Schlingen für Kaninchen auszulegen, sondern konnte sich auch an größeren Tieren probieren. Es musste ja kein Troll sein, aber ein Reh oder Hirsch wäre ebenso ein sehr guter Anfang.
Der Jäger gelangte in eine spärlich bewachsene Senke, auf dem feuchten Waldboden waren die Hufabdrücke gut zu sehen. Doch nicht nur Hufabdrücke. Stirnrunzelnd beugte der Anwärter sich nach unten und nahm die Spuren näher in Augenschein. Hier war nicht nur Rotwild vorbeigekommen, sondern auch … etwas anderes. Kopfschüttelnd richtete Thorwyn sich auf. Er war sich nicht sicher, welches Tier es gewesen war, dafür reichten seine Kenntnisse noch nicht aus. Jedenfalls hatte es keine Hufe gehabt, denn die Abdrücke waren nicht so tief wie die der Rehe und Hirsche. Vielleicht ein Wolf, der mit seinen Pfoten leicht auftrat und die Herde ebenfalls verfolgte.
Nervös kratzte sich Thorwyn am Kinn. Wo ein Wolf war, waren in aller Regel noch weitere, Einzelgänger waren diese Tiere jedenfalls nicht. Ob er die Spuren dennoch weiter verfolgen sollte? Geriet er an ein hungriges Wolfsrudel, hätte er jedenfalls ein ernsthaftes Problem. Andererseits war er seit Stunden unterwegs und wollte jetzt nicht einfach aufgeben. Kurz entschlossen packte er seinen Bogen fester und machte sich auf den Weg. Er musste eben vorsichtig sein.
Auf der anderen Seite der Senke angekommen, stieg er den Hang wieder hinauf, folgte der Fährte, die sich durch den Wald schlängelte und auch durch abgebrochene Zweige erkennbar war. Der Jäger trat zwischen die oberhalb des Hangs wieder dichter stehenden Bäume. Aus den Augenwinkeln nahm er plötzlich eine Bewegung war. Erschrocken sprang er zurück, als er die Gestalt eines Menschen erblickte, der an einen Baum gelehnt dastand, mit dem Rücken zu der Bodensenke, so dass Thorwyn ihn vorher nicht hatte sehen können.
Schnell legte er die Hand an den Griff seines Messers – nicht dass ihm das weiterhelfen würde, wenn dieser Mann etwas vom Kämpfen verstand – und blickte sich gleichzeitig nach dem bestmöglichen Fluchtweg um, während er auf eine Reaktion seines Gegenübers wartete.
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Die myrtanischen Wälder. Unendliche Weiten.
Friedlich.
Still.
Menschenverlassen.
Schattengreif setzte sich zufrieden auf einen von der Sonne gewärmten Stein und genoss den Frühling. Die Baumwipfel rauschten über ihm und unter ihm kämpften Gras und Moos um den besten Platz unter seinen baren Füßen. Der Gardist legte den Kopf in den Nacken und gestattete sich ein Lächeln. Friedlich, stillt und menschenverlassen. Einfach wundervoll. So konnte es bleiben.
Doch leider blieb es das nicht, denn plötzlich knackte ein Zweig. Schattengreif lauschte und hörte... Stiefelschritte. Jemand lief durch den Wald, betont leise und vorsichtig.
Schattengreif seufzte. Na ja, dachte er. Zwei von drei ist auch nicht schlecht.
Er rutschte von seinem steinernen Sitzplatz, griff nach Bogen und Speer und huschte in die Schatten. Weder Stille noch Frieden mussten schließlich gestört werden, er konnte sich einfach verflüchtigen, wenn der Ankömmling nach Ork oder Ärger aussah. Oder nach beidem, aber das war bei einem Ork sowieso immer der Fall. Ärger war Teil ihres verdammten Wesens.
Die Schritte kamen näher, und zumindest war ihr Verursacher kein Ork. Es war ein junger Bursche in abgetragener Kleidung, bewaffnet mit einem Bogen. Doch trotz der Bewaffnung sah der Mann auch nicht nach Ärger aus.
Ohne einen richtigen Grund für sein Tun trat Schattengreif aus der Deckung, ohne eine Waffe zu ziehen, aber in sicherem Abstand.
"Auf der Jagd?", fragte er betont fröhlich und ignorierte das Messer in den Händen seines Gegenübers.
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Neuling
Obwohl er es nie nötig hatte, mit Feuersteinen umzugehen, oder nur mit Holz Feuer zu machen hatte er es irgendwie geschafft, ein kleines Feuerchen in einer winzigen, Sicht- und Windgeschützten Ecke zu entfachen. Wie er das geschafft hatte, und wie er es hingekriegt hatte, dass nicht gleich der ganze Wald abfackelte, war ihm immer noch ein Rätsel, war er doch durch und durch Stadtmensch und es irgendwie gewohnt, dass das Feuer im Kamin eher selten ausging.
Er gähnte, räkelte sich herzhaft und merkte, dass er auf Waldboden lag. Weicher Waldboden, der Duft von Harz lag in der Luft, ein Teppich von kleinen, weißen Blüten streckte sich über ganze Flächen, wie ein Blütenmeer. Und die Vögel sangen und zwitscherten in einem unerträglich lautem Chor, dass sich Amo wunderte, wie er so lange schlafen konnte. Im Hintergrund plätscherte ein Bach oder kleiner Fluss, der wohl irgendwann in den Vengard-Fluss mündete. Das Licht, von den Baumkronen grünlich und diffus gebrochen gab dem Wald eine Atmosphäre, die der Händler noch nicht oft gespürt hatte. Friede. Ruhe. Einsamkeit. Ein krasser Gegensatz zu der Stadt, wo schreiende Händler, Lärm und Gedrängel das normale Bild waren. Und so begann Tag 1 nach der überstürzten Flucht.
„Na, wach?“ fragte er seine Schwester, die etwas abseits lag, die sich nun ebenfalls aufrichtete und streckte. „Gut, dann können wir uns jetzt mal überlegen, was wir jetzt machen sollen.“
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Der Anwärter nickte nervös, während er sein Gegenüber von Kopf bis Fuß musterte. Ähnlich wie Thorwyn war der Mann groß und schlank, doch trug er auch langes, dunkles Haar und einen Bart sowie eine Lederrüstung, die schon älter zu sein schien, aber immer noch in gutem Zustand war. Bewaffnet war er mit Bogen, Speer und Dolch – möglicherweise ein Jäger, ziemlich sicher ein wesentlich besserer Kämpfer als Thorwyn, der auch nach der freundlichen Begrüßung seine Vorsicht beibehielt. Auch Banditen konnten sich als Freund ausgeben, nur um einem später ein Messer in den Rücken zu stoßen. Allerdings waren Räuber in aller Regel an Beute interessiert und bei Thorwyn gab es nichts wirklich Wertvolles zu holen.
„Ich … verfolge diese Fährte“, erwiderte er zögernd, behielt dabei die ganze Zeit die Hände seines Gegenübers im Blick. „Rotwild … hoffe ich.“
„Futtersuche für die Orks?“, fragte der Mann und sein Tonfall hatte mit einem Mal etwas lauerndes. „Oder Nachschub für die Rebellen? Was soll es denn werden?“
Wenn sich der Anwärter nach der Begrüßung ein wenig entspannt hatte, so wurde dies durch die folgenden Fragen wieder zunichte gemacht. Offensichtlich wollte der Dunkelhaarige gleich für klare Verhältnisse sorgen. Nervös leckte Thorwyn sich die Lippen und dachte schnell über seine Antwort nach. In dieser Gegend war es eigentlich wahrscheinlicher, einem Anhänger des Königs als einem Söldner der Orks zu begegnen. Zudem war nicht abzusehen, welche verwirrenden Folgen zu erwarten waren, wenn sich der Anwärter als Orksöldner ausgab, selbst wenn er einem eben solchen gegenüberstand. Er räusperte sich und bemühte sich um eine möglichst feste Stimme, als er antwortete.
„Ich arbeite für König Rhobar …“
Mehr wusste er nicht zu sagen und so brach er ab und wartete angespannt, bereit, jeden Moment davonzulaufen.
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Talamon war schon früh aus Silden aufgebrochen, um noch am heutigen Tag in Geldern anzukommen. Da er die Strecke noch nie gereist war, wusste er aber nicht genau, ob er es wirklich schaffen würde. Auf der Karte jedenfalls war die Strecke nicht allzu lang. Wenn niemand während seiner Reise hinter den Bäumen darauf wartete ihn anzugreifen oder ihn zu bestehlen, dann sollte der Magier die Strecke eigentlich ohne Probleme bewältigen können.
Aber Talamon war sich nicht sicher, ob nicht vielleicht doch irgendwo irgendjemand auf ihn wartete. Seine Augen blickten, während er lief, von einer Seite des Weges zur anderen und oft auch direkt in den Wald hinein. Der Schock von gestern Abend saß noch tief in ihm. Er hatte auch in der Nacht nicht gut schlafen können, da er bei jedem kleinsten Geräusch dachte, dass der zwielichtige Kerl in sein Zimmer schlich, um ihn umzubringen. Der alte Magier wusste jetzt noch genauer, warum er damals dem Orden beigetreten war, um solchen Begegnungen aus dem Weg zu gehen. Wahrscheinlich traf man auf der Straße viele solcher Gestalten und man musste nur etwas falsches sagen, um einen Dolch an der Kehle zu haben. Im Orden gab es sowas zum Glück nicht. Aber gerade weil er soetwas nicht gewohnt war, fürchtete er sich umso mehr davor.
Seine Schritte wurden schneller, auch wenn er sich eigentlich seine Kraft einteilen wollte. Doch der Gedanke daran, dass der Kerl ihn vielleicht verfolgen würde, weil Talamon zu viel geredet hatte, ließ ihn schneller gehen.
"Innos, lass mich heil in Geldern ankommen und führe auch dort meine Geschicke zu einem guten Ende. Ich bin ein dein Diener und führe deinen Willen aus, lass mich nicht im Stich."
Talamon zog den Mantel fester und wanderte weiter.
Lopadas
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Lehrling
»Wie auch anders bei dem Gezwitscher«, fragte Theia, rieb sich die Augen und öffnete sie, noch im Halbschlaf. Kein Unterschied machte sich bemerkbar, Sonnenlicht war kein Indiz dafür, dass es Tag war. Nur die warme Luft und ihr Aufwachen zeugten davon, dass die Nacht vorüber war.
Sie erinnerte sich in der Nähe einen Bach gehört zu haben und folgte dem zaghaften Plätschern, tastete sich an einzelnen Bäumen vorbei und fand schließlich das milde dahinfließende Gewässer, schöpfte ohne Schlamm aufzuwirbeln Wasser mit beiden Händen und wusch sich das Gesicht und den letzten Schlaf aus den Augen.
»Wohin führt denn der Weg?«, fragte sie Amorphius, der ihr unüberhörbar gefolgt war. »Irgendwann werden wir doch an einer anderen Stadt oder an irgendeiner Siedlung vorbeikommen, in der wir unterkommen können. Du kennst doch die Karten.«
Sie selbst kannte nur die grobe Anordnung der Städte auf der Karte, wusste Nordmar im Norden und Varant im Süden und sich selbst küstennah bei Vengard, kannte einige größere Ortschaften in Myrtana. Aber ihre genaue Position konnte sie, ohne je die Karte gesehen zu haben, nicht bestimmen, würde nicht hinfinden. Nicht ohne Hilfe eines anderen, der sie führen konnte.
»Wie gesagt, ich finde wir sollten uns auf dem Weg halten und schauen wohin er uns bringt. Man sollte dem Schicksal eine Chance geben.«
Komisch, woher hatte sie den Spruch nur? Aus einem Buch, einer Geschichte, die man ihr vorgelesen hatte? Von ihr selbst stammte er zumindest nicht.
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Für den Bruchteil eines Augenblicks geriet Schattengreif in Versuchung. In Versuchung, sein Gegenüber bitterböse mit gefletschten Zähnen anzuschauen und zu schreien: "Für den König? Jungs, schnappt euch diesen Rebellen und kocht ihn langsam über einem großen Feuer!". Das schien witzig.
Aber es war nur der Bruchteil eines Augenblicks. Eigentlich zählte es gar nicht.
"Dann ist ja gut.", sagte er stattdessen. "Denn wir haben den gleichen Arbeitgeber."
Ohne die Waffen zu ziehen sprang er von seiner erhöhten Position zu dem Mit-Rebellen herunter und wandte sich der Fährte zu, von der dieser erzählt hatte. Dabei ließ er den anderen jedoch für keinen Moment aus den Augen. Schließlich waren Orksöldner ohnehin schon Verräter und Verleumder, eine kleine Lüge käme ihnen wohl ohne Mühe über die Lippen. Und selbst wenn der Mann die Wahrheit sagte, gab es noch genügend zweigesichtige Bastarde in der Wache, die kaum besser waren als die Drecksarbeiter der Orks. Allerdings traute er dem Fremden auch nicht zu, ihn ohne Weiteres zu überwältigen.
"Ich würde sagen...", meinte er "..., dass Rotwild eine gute Vermutung ist. Ich habe die selbe. Aber hast du auch diese Spuren hier schon bemerkt?"
Und er deutete auf eine zweite Fährte, viel schlechter zu erkennen und erheblich gefährlicher in ihrem Ursprung.
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Yngvar hatte viel trainiert in letzter Zeit. Erst hatte er keinerlei Fortschritte gemacht, er hatte noch so viel und noch so hart trainieren können aber es wollte einfach nicht klappen.
Verschiedene Faktoren hatten dabei eine Rolle gespielt, das hatte Yngvar allerdings erst nach und nach herausgefunden.
Die Beinstellung war eine davon, dann war es eben auch sehr wichtig den Spee richtig zu halten und diesen auch im richtigen Augenblick loszulassen.
Erst wenn das alles stimmte konnte man den Speer so werfen, dass man überhaupt etwas treffen konnte. Fast schon demoralisiert war der Jäger gewesen, der Speer landete entweder neben dem Baum oder auch davor, inzwischen hatte der Wächter das aber im Griff und es machte sogar Spaß.
Die Füße standen etwas versetzt, der Linke vorne und der Rechte schräg dahinter, der Oberkörper war dabei etwas verdreht. So hatte Yngvar einen festen Stand und konnte so die Kraft, die er benötigte optimal umsetzen.
Sein Ziel hatte er immer fixiert, Yngvar ließ es nicht aus den Augen, solange er den Speer noch nicht geworfen hatte. Es war nicht einfach die Kraft so in den Wurf zu bringen, dass der Speer auch das tat was man wollte, Yngvar hatte doch recht lange gebraucht um das erst einmal zu verstehen und dann auch zu lernen. Eine leichte Drehung des Oberkörpers nutzte der Nordmann inzwischen auch um die Wucht noch zu verstärken. Es war ein gutes Gefühl, wenn der Speer die Hand verließ und dann in dem Baum stecken blieb. Es war einfach wichtig, das alles stimmte, jede Bewegung fügte sich in die Andere, fast schon wie eine Symbiose, nur wenn die Bewegungen in sich harmonierten konnte der versuch auch erfolgreich enden.
Sein Training war nun aber unterbrochen worden, sie zogen weiter, weiter über den Pass nach Varant. Yngvar fühlte sich in der Wüste nicht sonderlich wohl, für eine eile konnte er es aber aushalten und da sein Lehrmeister den Weg ging, ging er ihn mit, das war selbstverständlich.
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