Seite 1 von 18 12345812 ... Letzte »
Ergebnis 1 bis 20 von 348
  1. #1 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Dieses Thema ist all denen gewidmet und zu freien Nutzung bestimmt, die gern Geschichten schreiben oder es versuchen wollen. Eine Bitte hätte ich. Wenn Ihr kleine Fortsetzungen schreibt, dann verlinkt die Teile doch und benutzt die Titelrubrik für eine Überschrift. Also lasst uns lesen, was der »Fereldische Bote« so alles an Neuigkeiten, Tratsch, Abenteuererlebnisse in Schrift oder Wort und Bild bereithält.

    Und den zahlreichen Kritikern möchte ich ins Stammbuch schreiben, Eure Meinung ist willkommen, aber haltet Maß. Es gibt für Eure Meinung nun auch einen Diskussionsbereich Teil I, Teil II und derzeit Teil III. Also traut Euch. Damit sind die Schreiber und die Kritiker gemeint

    Autorenverzeichnis:

    - Reding -
    Kapitel I - IV ->PDF
    Kapitel IEines Vaters Leiden Kapitel IIEine ehrenhafte Verpflichtung Kapitel IIIKind des Waldes Kapitel IVVerbundene Schicksale

    - Thendra -

    - VRanger -
    Kapitel I & II ->PDF

    - Jannik der Spieler -

    - Fawks -
    Jaina Cousland - Kampf um ein Leben
    #1 • Das Willkommen #2 • Ostagar – Die Rekruten #3 • Ostagar – Die Wildnis #4 • Ostagar – Der Beitritt
    #5 • Ostagar – Der König #6 • Ostagar – Die Schlacht #7 • Neuanfang #8 • Lothering
    #9 • Der Weg nach Redcliffe #10 • Redcliffes Problem #11 • Die Familie des Arls #12 • Probleme über Probleme
    #13 • Die Befreiung #14 • Was nun? #15 • Erste Entscheidungen #16.1 • Die dunkle Bedrohung
    #16.2 • Die dunkle Bedrohung #17 • Unerwartete Wendungen #18 • Wiedervereinigung #19 • Die nächste Anlaufstelle
    #20 • Das Geständnis #21 • Prüfungen #22 • Heilung #23 • Denerim
    #24 • Rache #25 • Das Gefängnis #26 • Fortschritte #27 • Das Landthing
    #28 • Die beste Lösung #29 • Das Geheimnis #30 • Hilfe von außen #31 • Treffen in Redcliffe
    #32 • Ein dunkles Ritual #33 • Vorbereitungen für den Kampf #34 • Der große Kampf #35 • Ein neuer König
    #36 • Der große Moment #37 • Vision oder Illusion? #38 • Unglaubliches Leid ... #39 • Möglichkeit der Unmöglichkeit
    #40 • Rückkehr nach Highever #41 • Konkurrenz #42 • Überraschung #43 • Streit unter Frauen
    #44 • Rachsucht #45 • Ersehnte Hinweise #46 • Tod #47 • Willensstärke
    #48 • Hintergedanken #49 • Suche nach Gefühlen #50 • Hochverrat #51 • Strafe
    #52 • Planungen #53 • Suche #54 • Unerwartetes Wiedersehen #55 • Botschaften
    #56 • Eine Nacht in Orlais #57 • Ein Entschluss #58 • Weg der Veränderung #59 • Undurchsichtige Wege
    #60 • Das Unglück #61 • Noch mehr Ärger #62 • Ratlosigkeit #63 • Eine verschlafene Führerin
    #64 • Uneinigkeit #65 • Der Calenhadsee #66 • Trauer #67 • Die ausweglose Situation
    #68 • Trost #69 • Der Exorzismus #70 • Auf ein gerettetes Leben #71 • Eine anstehende Hochzeit
    #72 • Ein gemeinsames Leben #73 • Die Entführung #74 • Die Verschwörung #75 • Politische Manöver
    #76 • Frieden #77 • Die frohe Botschaft #78 • Langeweile #79 • Vorboten
    #80 • Geburt #81 • Traditionen I #82 • Traditionen II #83 • Ein ambivalenter Vorfall
    #84 • Rückblick #85 • Aussicht (Epilog)

    - Seregil -

    Die Geschichte von Yuri und Kalyo
    - Kapitel 1 - - Kapitel 2 - - Kapitel 3 - - Kapitel 4 -

    - Andauril -


    - Naamah -

    - NeriadieElfin -

    - face32 -


    Kurzgeschichten
    Lelianas erstes Lied

    - Marci95 -

    - Rene Aeducan -

    - Emerahl -

    - Perry Cox -

    - Leyla Hawke -

    - Arturas -

    - ThoraEightySix -
    Fairbrook - ein Dorf im Wandel (Erstfassung)
    #1 • Prolog

    - Kritker2 -

    - Xallan -


    - Annalena -

    Ein Wintermärchengeschrieben für den Weihnachtskalender 2013


    - Eliano Hawke -

    - Schakal95 -

    - Shanea -
    Im Glanz des Erbauers - Das Leben und die Leiden der Andraste
    Prolog #1 | K1 • Ein Dorf im Reich von Tevinter

    - Yvaine Lacroix -

    - RedThorns -

    - Dawnbreaker -
    #1 • Jeder ist ein Held 297 Seiten ->PDF
    Erbauer, rette uns!
    #1 • Nichts wie weg! #2 • Seeluft ist gesund ... #3 • Der große Knall #4 • Willkommen bei der Inquisition!
    #5 • Auf Augenhöhe #6 • Nachts sind alle Höfe grau ... #7 • Nachtkälte #8 • Die Sturmküste
    #9 • Standgut #10 • Auf die Hunde, fertig, los! #11 • Avaarad # 12 • Hintern an Hintern
    # 13 • Ein fast fatales Missverständnis # 14 • Elions Wut # 15 • Nächtliche Ruhestörung # 16 • Ein Magister, Dorian und Tante Eleni …
    # 17 • Tuchfühlung # 18 • Griffon # 19 • Sturm # 20 • Wärme
    # 21 • Von der Freiheit, zu sein ... # 22 • Hoch zu Ross # 23 • Zeig, was Du hast ... # 24 • Wer die Nachtruhe stört ...
    # 25 • Hausbesuch # 26 • Was wäre wenn ... # 27 • Ungestüm # 28 • Felix
    # 29 • Schwimmunterricht # 30 • Aufbruch # 31 • Das letzte Aufgebot # 32 • Unter Stein begraben
    # 33 • Im Nirgendwo # 34 • Verzweiflung # 35 • Familie # 36 • Das Amulett
    # 37 • Ein Flüstern in der Nacht # 38 • Ein neuer Morgen # 39 • Nichts steht in Stein geschrieben # 40 • Schlammschlacht in Kammwald
    # 41 • Die Wächter # 42 • Währenddessen ... # 43 • Anders als gedacht ... # 44 • Getrennte Wege
    # 45 • Getrennte Wege II # 46 • Verkehrte Welt # 47 • Verdammtes Herzklopfen # 48 • Eine bunte Truppe
    # 49 • Von Hexen und Krähen # 50 • Ein Palast voller Wahnsinniger … Teil I # 51 • Ein Palast voller Wahnsinniger … Teil II # 52 • Ein Palast voller Wahnsinniger … Teil III
    # 53 • Der Winterpalast … das katastrophale Finale # 54 • Bleib bei mir ... # 55 • ein ruhiger Morgen # 56 • »Raubzug« durch Halamshiral
    # 57 • Auf Reisen # 58 • Cole # 59 • Neuigkeiten # 60 • Was für eine Nacht!
    ~

    - Lucifer95 -

    - RainStorm -

    Ciri, grauer Wächterl
    #1 • 1 grauer Wächter #2 • Der Anfang eines langen Weges #3 • Der Turm #4 • Säuberung
    #5 • Der Weg nach Redcliffe

    Ciris Schicksal
    #1 • Einleitung #2 • Heaven #3 • Wegkreuz
    ~

    - numberten -
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (21.12.2018 um 06:56 Uhr) Grund: Beiträge aktualisiert
  2. #2 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    K1 #1 • Gefunden

    »Komm, lasse uns nachsehen gehen,« sagte die Ältere zu der jüngeren Frau an ihrer Seite und fügte beim Aufstehen noch an: »Ich glaube, wir können es riskieren und gehen hinunter.« Als darauf hin die von den vielen Jahren ihres einfachen Lebens gekennzeichnete Frau begann den Hang unter Zuhilfenahme eines kräftigen Haselnussstab hinabzusteigen, richtete sich auch die Jünge auf. Sie strich die Kleider glatt, nahm einen Stab gleicher Machart und antwortete: »Du wirst recht haben!« Sie schaute beim Hinabgehen des Hanges zu dem Pilgerpfad noch auf die rote Sonne, die seit einer Stunde hinter den Hügeln des vor ihnen liegenden Talwegs aufgestiegen war. Sicher schritt die Frau die mit Gras bewachsene Anhöhe hinab. Dabei überholte sie schnell die Ältere, deren graues Haar in der aufsteigenden Sonne blassgolden schimmerte, trotz einer größeren Kiepe und witzelte: »Mach, mach, sonst lasse ich Dir nichts übrig!« »Ach, geh! Entweder reicht es für uns beide oder es gibt überhaupt nichts!« grantelte die Ältere.

    Die beiden hatten schon vor dem Morgen die überfallene Handelskarawane entdeckt, aber die blaue Stunde und den Sonnenaufgang abgewartet. Sie mussten vorsichtig sein in dieser Zeit, wo Räuber, Banditen sowie versprengte Soldaten in den Costlands marodierend die Gegend tyrannisierten. Es war bisher ein zuweilen einträgliches Geschäft sich solche Überfälle im Nachhinein, wie hier am Pilgerpfad, anzusehen. Der Wagenzug war von Amaranthine gekommen. »Sie wollten sicherlich zur Nordstraße zu Vigils Wacht und vielleicht auch weiter nach Denerim«, sagte sie zu sich.

    Bald hatte die Jüngere den ersten Wagen erreicht. Die Deichsel war ohne Gespann und ragte suchend in den Weg hinein. Die Pferde oder andere Zugtieren waren längst davon oder mitgenommen. Sie griff zu der ersten Kiste, beschlagen mit Eisenriegeln. »Leer!« »Diese auch!« antwortete die Ältere vom anderen Ende der Wagen. Enttäuschung breitete sich bei den beiden Frauen aus, als sie erkannten, dass selbst die Toten ihrer Schmucksachen, Waffen und Habe beraubt waren. Selbst Gürtel oder fast alle Stiefel hatte man ihnen abgenommen. In einer Truhe fan die Ältere wenige Teller aus Zinn und steckte diese in den Tragekorb. So war es schließlich kein Wunder, dass die Jüngere voller Zorn mit ihrem einfachen Schuh aus Wildleder einen vor ihr liegenden größeren Mann trat und schimpfte: »Du wirst mir auch nichts geben, wie all die anderen hier!«

    »Ahh! Hilfe!« hörte die Jüngere und setzte sich vor Schreck auf ihr Hinterteil. »Lebt da noch einer?« wollte die Ältere wissen. »Scheinbar ja,« antwortete die andere und stupste mit dem Haselnussstab an die Seite des Mannes. »Ahh, gebt doch Wasser!« Die schwach gesagten Worte hörten die beiden.

    Und tatsächlich beugte sich die Ältere nach unten, ergriff den Kopf des Mannes. Sie hatte kurz innegehalten und überlegte. Denn in der Morgensonne konnte sie gut die trotz seines mittleren Alters weichen Gesichtszüge sowie sein rosenblondes Haar sehen. Sie griff an ihrem Gürtel und gab ihm zu trinken. Begierig schluckte er das Angebotene. Doch es war kein Wasser, sondern ein dicklicher, bitter schmeckender Saft. Nach zwei Schlucken zog sie den ledernen Beutel weg und legte seinen Kopf auf ein Stück herumliegenden Stoff. »Er wird gleich ruhig sein und er könnte es schaffen,« sagte sie, ohne zu der anderen zu schauen und fügte an: »Wir können ihn hier nicht liegen lassen.« »Was! Du willst ihn mitnehmen?« erschrak die andere. »Wenn er einer von den Banditen ist?« betonte sie noch. Dabei schob sie vorsichtig und mit Neugierde mit dem Stab den robenähnlichen Umhang zur Seite und ein solide gefertigtes Kettenhemd zeigte sich dem Betrachter. Doch etwas Wertvolles. »Soll ich es ihm ausziehen?« fragte die Jüngere.

    »Papperlapapp!« entgegnete die Ältere. »Wir nehmen ihn mit! Kannst ihn ja als Erste tragen.« Bei diesen Worten zog die grauhaarige Frau den Mann, der nach dem Trunk tatsächlich einen friedlichen Gesichtsausdruck angenommen hatte, der ruhig und gleichmäßig atmete, mit einer nicht alltäglichen Geschicklichkeit in die Höhe. Dabei sagt sie sehr deutlich zu der Jüngeren: »Nun komm endlich, pack zu! Dann haben wir eben jetzt eine lebende Beute!«

    Nächste -> K1 #2 • Heimweg
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:24 Uhr) Grund: Ein Danke an Thendra | geographische Ergänzung | zeitliche Einordnung
  3. #3 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #1 • Gefunden

    Die Frauen hatten eine überfallene Karawane gefunden und vergeblich nach Beute gesucht. Dafür haben die beiden jetzt einen Überlebenden als Prise. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #2 • Heimweg

    Die Jüngere vernahm die Worte, weil so gewohnt und erzogen, griff sie zu. Die Ältere hob ihr dabei den großen Mann auf den Rücken. Nicht nur weil sie das Gewicht richtig ausbalancieren wollte, sackte die Frau in die Knie. Nein, sie wurde von der Last überrascht. Instinktiv schüttelte sie über ihre ältere Begleiterin den Kopf. Denn diese hatte den rosenblonden Mann nicht mit dieser jetzt fühlbaren Schwere angehoben. Aber war ihr das Tragen vertraut. Denn die ein oder andere Fundsache an der Küste, wo sie Treibgut aufsammelten, hatte sie schon huckepack getragen. Sie wusste zudem, dass der erste Weg mit dem Mann auf dem Rücken nur von kurzer Dauer war. »Wenn ich oben auf dem Hang bin, wird eine Trage gebaut«, sagte sie zu sich. Aber der Hang wollte bezwungen sein. Und so schimpfte sie schon nach wenigen Schritten und machte ihrem Herzen Luft, aber das mehr, um sich zu motivieren. Der Älteren von den beiden schien der Anstieg nichts anzuhaben. Sie nahm beide Kiepen sowie die Stäbe aus Haselnuss und antwortete mit einem Lächeln an den Mundwinkeln: »Spare Dir die Luft!« Dann erklomm die Grauhaarige den Hang mit einer erstaunlichen Behändigkeit.

    Die Jüngere war dabei, das ungewohnte Gewicht auszugleichen. Die Steine und Wurzeln am Hang drückten durch ihr leichtes Schuhwerk. Auch das Kettenhemd, welches der Mann unter der Robe trug, behinderte sie. An den Auflagestellen scheuerten die metallenen Ringe. Doch eins wunderte sie schon. Es störte kein sonst dem nahen Tode anhaftender Geruch die feine Nase der Frau. Gleichwohl sie sich große Mühe gab, es duftet eher nach Mandelholz als nach Tod. Dieser wohlfeine Duft erstaunte die Frau und lenkte sie gleichwohl ab. Noch in Gedanken erreichte sie die Hangkuppe und wurde mit den Worten: »Ich dachte schon, Du kommst überhaupt nicht an«, empfangen.

    »Ob er von edler Geburt ist?« fragte sie. »Papperlapapp! Lasse uns eine Trage bauen und hier weg kommen!« vernahm sie die Anweisung. Mechanisch legte sie ihre Last in das Gras. Aber nicht nur dabei bekam sie Hilfe von der Älteren. Gemeinsam bauten die beiden Frauen eine stabile Trage aus ihren Stäben. Sie ergänzten diese mit Tannenstäben, Lederriemen, Gras und Reisig. Die Ältere schaute sich beim Sonnenlicht auf dem Hang am Pilgerpfad die Blessuren des Mannes an. Neben dem Unterbinden einer Blutung, verband sie eine starke Platzwunde am Kopf und richtete die Finger der rechten Hand nebst Arm mit einer Schiene aus Zweigen, Moos und Lederriemen. Dann hoben die beiden den Mann auf die Trage. Er schien einen ruhigen Schlaf zu haben nach den zwei Schlucken aus dem ledernen Beutel.

    Die beiden Frauen gingen stumm mit dem Verletzten. Manchmal setzten sie die Trage ab, verschnauften ein wenig oder wechselten die Positionen, indem die eine oder andere an der Spitze führte. Die Sonne stand bereits in der elften Stunde, als die Ältere sagte: »Steh still, wir werden verfolgt!« »Ich weiß,« antwortete die Jüngere. »Es folgt uns schon eine Weile. Wollen wir warten?« »Ja! Wir werden sehen, wie es ausgeht, mache Dich bereit!« weist die Ältere ihre Begleiterin an. Beide legten die Trage in der Nähe eines Baumes ab, die Jüngere nahm ein Messer aus dem Gewand und machte sich bereit, wobei eine von den beiden rief: »Komm! Komm! Zeig Dich! Habe keine Angst!«

    Nächste -> K1 #3 • Erzwungene Rast
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:27 Uhr) Grund: Grund: Ein Danke an Thendra | zeitliche Einordnung
  4. #4 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #2 • Heimweg

    Die beiden Frauen haben eine Überlebenden auf einer Trage bei sich. Doch zu dem Zeitpunkt als die Sonne in der elften Stunde erreichte, wollen sie Klarheit, denn sie werden verfolgt. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    #3 • Erzwungene Rast

    Es ist die Ältere, die so mutig den Verfolger herausforderte. Aufrecht stand sie, die Hände ohne Waffen bewehrt. Leicht streift der Wind durch ihr graues Haar. Sie hat sich in die Richtung des bisher absolvierten Weges gedreht. Die Sonne, die den Rücken mit ihren Strahlen anschmeichelt, lässt einen blassgoldenen Glanz an ihrem Haupt aufleuchten. Die Jüngere sah diese Laune der Natur. Doch bevor diese sich auch aus dem Schatten des Baumes begeben konnte, stürmte etwas seitlich aus einem größeren Gebüsch. Sie erkannte zuerst nur schemenhaft die Dimension.

    Hüfthoch, dunkles Braun, blutverkrustet, knurrend, Zähe fletschend anstürmend und dann anhaltend stand ein Tier nur wenige Meter vor ihrer Begleiterin. »Ein Mabari!« rieft die Jüngere überrascht. »Still! In dieser Redepause streckte die Ältere die linke Hand nach unten, spreizt dabei die fünf Finger und sagte flüsternd zu der Jüngeren: »Lege das Messer weg!« Und dann fügte sie etwas lauter an: »Habe Vertrauen!«

    Die Grauhaarige begab sich ohne den Kriegshund aus den Augen zu lassen in die Hocke und wische ihrerseits die Hände durch das Gras, richtete sich langsam wieder auf und stützte die Hände in die Hüften. Die Jüngere folgte ihrem Vorgehen und legte in gleicher Gelassenheit ihre einzige Wehr danieder.

    [Bild: VR_Klecks_1.png] Der Mabari knurrte immer noch. Doch statt seiner beachtlichen Zähne bewegte er nur leicht den Kopf. Die Ältere machte einen ersten Schritt auf ihn zu und öffnete ihre Hände nach vorn, so wie man ein Handtuch reichen würde. Dabei sagte sie keinen Ton, ging aber Schritt für Schritt auf den Hund zu. Dann stand sie vor dem Tier und sah deutlich die Spuren eines harten Kampfes. Langsam sagte sie in einem sehr ruhigen Ton, dabei jedes Wort betonend: »Folgst Du Deinem Herrn? Bist ein braves Tier! Willst Du etwas Wasser?« Dabei drehte sie vorsichtig den Kopf nach hinten und sagte zu der Jüngeren nur: »Komm! Mach!« Die hatte verstanden und holte aus einer der Kiepen ohne hastige Bewegung einen flachen Zinnteller und nestelte aufgeregt von ihrem Gürtel einen ledernen Wasserschlauch. Anschließend ging sie bedächtig zu dem Tier, legte in die Hocke gehend den Teller vor diesem ins Gras und kippte etwas Wasser darauf. Der Duft des Wassers beruhigte den Kriegshund, aber er trank nicht. Die Ältere sagte: »Schau, ein Mabari mit Manieren, aber jetzt trink! Komm und trink, Du Dicker!«

    Die beiden Frauen hören ein Winseln, sahen, wie der Hund alle Viere von sich streckte und mit großer Sorgfalt den Teller leer schleckte. Dabei musterte die Ältere das Tier und bemerkte: »Er sieht schlimm aus, aber er wird wieder. Doch hier können wir nicht viel tun. Komm! Wir sollten weiter gehen.« Als wenn der Mabari es verstanden hatte, richtete er sich auf und lief vorsichtig zu der Trage. Die beiden ließen ihn gewähren. An der Trage winselte das Tier herzzerreißend und begann das Gesicht des Mannes zu schlecken, zuckte aber zurück. Die Ältere griff mit zwei Fingern dem Mann an den Hals und stellte dabei fest: »Er schläft nur!« »Wuff, wuff!« antwortet der Kriegshund und riss beim Bellen den Kopf in die Höhe. Ohne noch große Worte zu wechseln, nahmen die beiden Frauen die Trage auf und begannen den Heimweg fortzusetzen. »Komm Dicker!« forderte die Ältere. »Du willst doch diesen Flohknäuel nicht mitnehmen?« wollte die Jüngere wissen, die endlich ihre Sprache wiedergefunden hatte. Der Mabari antwortete mit einem Winseln. »Papperlapapp!« schallte es von der Spitze der Trage. Und recht forschen Schrittes eilte die Ältere los. Die andere Frau von dem Tempo überrascht kam ins Stolpern, aber sie fing sich.

    Nächste -> K1 #4 • Zu Hause
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:31 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  5. #5 Zitieren
    Veteranin Avatar von Thendra
    Registriert seit
    Nov 2010
    Ort
    Glücksbärchiwolkenschloss
    Beiträge
    579
    Versagt



    Sie wusste sofort, dass sie versagt hatte, als der erste Schrei durch den nächtlichen Wald hallte. Trotzdem zuckte sie nicht zusammen, nur eine leichte Drehung ihres Kopfes ließ erkennen, dass sie überhaupt etwas wahrgenommen hatte. Lauschend stand sie im dunklen Schatten des dichten Unterholzes, wartend, wissend.

    Aber wie hatten sie nur…doch das war jetzt nicht mehr wichtig. Wichtig war nur, dass es geschah, und zwar jetzt. Ein zweiter Schrei drang in ihre empfindlichen Ohren, doch diesmal war es kein Schrei des Erschreckens, der Verzweiflung, sondern der Ruf zu den Waffen. Alles in ihrem Blut schrie danach, ihm zu folgen, die plötzliche Stille des Waldes, der sich, gestört durch die unnatürlichen Geräusche, in sich selbst zurückzuziehen und den Atem anzuhalten schien, trieb sie fast gewaltsam voran. Absolute Stille bedeutete in ihrer Welt Gefahr, tödliche Gefahr. Doch sie widerstand, hielt sich an das, was sie in so mühevollen Jahren und unter großen Verlusten und Schmerzen gelernt hatte. Vorsichtig, langsam, prüfend setzte sie einen Fuß vor den anderen und bewegte sich in einem großen Bogen auf den Mittelpunkt des Lärms zu, der nun weit entfernt durch die Bäume drang. Die kleinen ängstlichen Bewohner des Waldes konnten sie nicht mehr verraten, wie es in jeder anderen Nacht der Fall gewesen wäre, und selbst wenn die Fremden die Zeichen eines furchtsam geduckten Waldes hätten lesen können, was sie bezweifelte, so wäre es nicht mehr von Bedeutung. Wer sie auch zuerst entdeckte, sie würde sterben.

    Licht drang nun durch die tiefhängenden Zweige, zu viel Licht. Feuer. Jetzt konnte sie es riechen. Qualm trieb durch die flackernden Zungen, die das Laub der Bäume von unten beleuchteten. Soviel Licht in einem Teil der Welt, in dem bei Nacht tiefste Dunkelheit zu herrschen hatte, in dem selbst die tastenden Finger eines Vollmondes den Boden kaum erreichten. Schatten jagten Schatten durch das Unterholz, durch das sie verstohlen schlich, und täuschten ihre Sinne. Alles wirkte unwirklich fremd, so falsch. Der Ursprung der grausamen Störung des Friedens dieses vergessenen Teiles der Welt war nahe. Sie ließ sich mit den Schatten treiben, wurde eins mit ihrem unsteten Fluss. Kampfeslärm, das Klirren von Stahl auf Stahl, wurde lauter, gemischt mit reißendem Stoff, lautem Stöhnen und gellendem Gebrüll in einer fremden, unverständlichen Sprache. Kein Zweifel mehr, sie waren es. Ein dumpfes Dröhnen, gefolgt von einem blendenden orangen Aufleuchten kündete von der Anwesenheit einer noch viel größeren Gefahr. Sie hatten also nicht nur ihre Bluthunde geschickt, sondern waren selbst gekommen. Wenn das Jagdglück ihr gewogen war und sie weiter unentdeckt blieb, dann konnte sie vielleicht wenigstens einen von ihnen mitnehmen in den Tod.

    Voll grimmiger Entschlossenheit zog sie ihre Waffen, lautlos glitten sie aus den Scheiden auf ihrem Rücken. Sie musste nur nah genug herankommen, um einen einzigen perfekten Schlag zu landen. Das wusste sie zwar nicht aus eigener Erfahrung, aber sie vertraute wieder auf das, was ihr gelehrt worden war.

    Behutsam schlängelte sie sich durch die letzten Sträucher, die sie noch von ihrem Ziel trennten, und hatte dann auf einmal einen unverstellten Blick auf das Geschehen. Es war noch viel schlimmer, als sie erwartet hatte. Die kleine Lichtung strotzte nur so vor glänzendem Metall, die vertrauten dunklen, erdigen Braun- und Grüntöne gingen in dieser geballten Demonstration von Waffengewalt gänzlich unter. Unter den beißenden Qualm mischte sich ein unheilvollerer Gestanke, der Geruch von Blut und Leid quälte ihre witternde Nase.

    Es herrschte ein unvorstellbares Chaos. In den schützenden Ring der umstehenden Bäume war eine grausige Wunde geschlagen worden, die durchdachte Ordnung des Lagers war völlig zerstört und in eine groteske Landschaft aus spitzen Winkeln, flatternden Bahnen und speienden Ausbrüchen des Feuers verwandelt worden. Ungetüme in dunkelblau und silber stampften durch die Überreste hindurch, warfen sich auf unscheinbare, schlanke Schemen, rangen sie zu Boden, stachen und schlugen auf sie ein oder zerrten sie stießen sie grob in die Lücke zwischen den Bäumen zu.

    Ein Gesicht blitze auf, bekannt und vertraut. Sie erstarrte. Ihre Gedanken wurden leer, zerrannen in den aufsteigenden Schwaden ihrer brennenden Heimstatt. Sie hatte nach etwas gesucht, hatte nach einer unverkennbaren Silhouette Ausschau gehalten, aber gefunden und gefangengenommen hatten sie diese unendlichen weisen, tiefgrünen Augen, in denen sie sich verlor. Vielleicht nur den Bruchteil einer Sekunde, vielleicht die Länge ganzer Lebensalter. Liebe und Wärme umfing sie, kurz, viel zu kurz, und dann stahl sich in diese so friedliche Zuflucht Schmerz und ein unbeugsamer Wille. Verständnis. Sie verstand, wieder zu spät, wieder unvorbereitet, wie zuvor, im Wald. „Nein,“, dachte sie, „nein, das kann sie nicht tun, das wird sie nicht tun!“ Es durfte nicht sein. Nicht bei ihr, nicht für sie. „Tu es nicht!

    Wie eingefroren in der Zeit sah sie die Schatten des Waldes auf sich zuwirbeln, ihr Körper erstarrte, ihre Gegenwehr erlosch, noch bevor sie einen Finger rühren konnte. Dunkelheit drang in sie ein, schwarze Nebel legten sich vor ihre Augen, der Lärm wurde gedämpft wie durch ein weiches Kissen. Wie sanfte Arme umfing sie die Macht, die ihren Ursprung irgendwo in den leuchtenden grünen Augen hatte, und langsam glitt sie auf den moosigen, noch unverletzten Boden am Rande der tobenden Schlacht.

    Kurz bevor ihre Sinne ganz schwanden, meinte sie, ein wohlbekanntes Zischen, ein gepresstes Ausatmen und dann eine sich überschlagende Stimme zu hören, die ihren Namen schrie, doch ihr Geist war nicht mehr imstande, sich an diesem letzten Fetzen Realität festzuklammern. Die Welt um sie herum überschlug sich, kippte aus den Angeln, und dann…
    war…
    nichts mehr…



    Sie erwachte durch ein Trillern, den ersten Gruß eines vorwitzigen Waldvogels an einen neuen Tag. Sie schlug die Augen auf und hob den Kopf.
    Nichts als Zerstörung, Überreste eines wahnhaften Albtraums. Das Lager gab es nicht mehr. Eine Wüste aus Dreck und Unrat ergoss sich von der Lichtung durch die Schneise zwischen den Bäumen in den Wald. Alle waren fort, tot, ausgelöscht. Sie war als einzige noch hier, alleine, unversehrt. „Wieso hat sie es getan.“, dachte sie. Es war nicht richtig, es war ungerecht, es war auf so schmerzhafte Weise einfach falsch. Sie hätte die erste sein sollen, die starb.

    Denn sie hatte versagt.
    Thendra ist offline
  6. #6 Zitieren
    Drachentöter Avatar von Reding
    Registriert seit
    Nov 2006
    Beiträge
    4.317
    Eintrag #4
    Ankunft in Redcliffe


    Nachdem wir in Lothering erfuhren das Arl Eamon erkrankte und dem Tode nahe war, begaben wir uns ohne zu zögern dort hin. Ohne seine Hilfe konnten wir den Bürgerkrieg gegen Loghain und den anschließenden Kampf gegen die dunkle Brut nicht gewinnen. Weder ich noch Alistair würden wissen, wie wir eine Armee in den Kampf führen würden. Wir brauchten seine Unterstützung einfach.[Bild: 6-entering%20Redcliffe.png]Kurz nachdem wir Redcliffe betraten, nahm Alistair mich beiseite um mir etwas anzuvertrauen. Er schien sehr nervös und über das was er mir sagen wollte mit sich zu kämpfen. Schließlich erzählte er mir, warum Eamon in aufzog. Erst da wurde mir bewusst, dass ich ihm diese Frage nie gestellt habe und es eigentlich eine ziemliche Lücke in seiner Geschichte über seine Kindheit war. Er erzählte mir, er sei ein Bastard, doch bevor ich richtig zu lachen beginn konnte fuhr er fort. Er erzählte mir, seine Mutter sei eine Dienerin auf Schloss Redcliffe gewesen und der Grund warum ihn Eamon zu behütet hat sei der gewesen, dass sein Vater König Maric gewesen ist und er somit Cailans Stiefbruder sei. Ich war ziemlich geschockt als ich das hörte aber nicht sonderlich verwundert, denn Alistair strahlte etwas königliches aus. Er mochte vielleicht keine Führungsqualitäten haben, aber er hatte etwas an sich das man zu ihm aufschaute und ihm vertrauen konnte. Beinahe die selbe Ausstrahlung wie Cailan. Alistair machte mir mehr als deutlich klar das er keine Intentionen hatte, den Thron zu besteigen. Die hatte er nie. Doch ein Teil von mir wusste, dass wir die Karte des Thronerben möglicherweise ausspielen mussten.
    Ob es ihm gefiel oder nicht...
    Reding ist offline
  7. #7 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #3 • Erzwungene Rast

    Die beiden Frauen hatten die gesuchte Klarheit erlangt. Es war ein Mabari-Kriegshund, der sie verfolgt hatte und nun bei ihnen beliebte zu bleiben. War er seinem Herrn gefolgt? So entwickelte sich die Geschichte weiter:
    K1 #4 • Zu Hause

    »Kommt! Kommt!« vernahmen der Mabari und die Jüngere und dann lief die kleine Gruppe mit dem Mann auf der Trage weiter. Die erzwungene Rast hatte den beiden Frauen gut getan. Sie erholten sich in dieser Zeit, gewannen neue Kräfte und ihr neuer Begleiter bedeutete auch mehr Schutz. Somit konzentrierten sie sich mehr auf den Weg und kamen so schneller voran.

    Die Landschaft wechselte von dem hügelreichen Landstrich am Pilgerpfad, wo der Überfall stattgefunden hatte, hoch zu einem bewaldeten Plateau. Hohe dicke Stämme säumten den ansteigenden Weg. Die Kronen der Eichen, Buchen und die Spitzen der einen oder anderen Tanne brachen das Licht. Nur ab und zu blinzelte die Sonne auf den Waldweg. Ein kleiner Bach kreuzte mehrfach den Anstieg. Weil das Wasser spitze Steine über die Zeit ausgewaschen hatte, verzog die Jüngere ohne jedoch wie sonst zu klagen ihr Gesicht. Eigentlich könnte sie den Steinen ausweichen. Jedoch die Trage versperrte ihr den Blick nach unten. Deshalb waren ihre Schuhe nass und ihre Fußsohlen brannten. Sie schaute auf die gebräunten Arme der Trägerin vor ihr. Obwohl sie stetig ihrem Ziel entgegen schritten, lief die Ältere aufrecht, man sah den festen Griff, aber auch die Konzentration. Denn die angespannten Sehnen und die blau schimmernden Adern an den Händen verrieten dies einem aufmerksamen Beobachter. »Noch schläft er,« dachte die Jüngere, als sie von einem Sonnenstrahl gelenkt auf das Gesicht des Mannes vor ihr schaute. »So alt scheint er ja nicht zu sein,« stellte sie prüfen fest und schätzte das Alter des Mannes auf etwa 40 Jahre. Der robenähnliche Umhang, der etwas auf der linken Seite von der Trage hing, war guter Machart und nicht aus der Gegend. Im Brustbereich zeigte sich das brünierte Kettenhemd und die Schulterpartie war mit Pelz besetzt. »In Orlais hatten sie solche Stoffe. Ob der Umhang von dort stammt?« grübelte sie.

    Dem Mabari indessen schien der Anstieg willkommen zu sein. Er trank aus dem Bach frisches Wasser, umkreiste die Trägerinnen, schnappte nach einem aufgescheuchten Vogel. Doch er war wachsam. An mancher Weggabelung eilte er ohne jegliches Wort voraus, prüfte die Witterung und bellte. Die Ältere schmunzelte dabei immer wieder über das so besorgte Verhalten des Tieres, wenn es ein solchen geben sollte. Sie ist sich fast sicher, dass der Mann, den sie jetzt seit mehreren Stunden trugen und der Hund zusammengehörten. Denn sie hatte schon des Öfteren vor Hunden jeglicher Rassen gestanden und diese mit ihrem Willen geprüft.

    Mittlerweile sah die Gruppe die Quelle des Baches. Es war ein Weiher, über dessen Wasserablauf ein einfacher Steg führte. Dicke Pfosten wurden vor geraumer Zeit in die Erde geschlagen. Daran verbundene Pfetten trugen Bohlen. Die Konstruktion war etwas in die Jahre gekommen. Aber die Frauen kannten das Geknarre des Holzes und schritten ohne Bedenken über die kleinen Brücke. Sie brauchten den vorhandenen Handlauf nicht. Dabei stürmte der Mabari ausgelassen durch den Weiherrand. Das davon aufspritzende Wasser traf auch die Trägerinnen. Während die Ältere keinen Ton von sich gab, eher ein Schmunzeln über ihr Gesicht zog, platzte der Jüngeren buchstäblich der Kragen. »Du Flohknäuel, Miststück, mich so nass zu machen,« wetterte sie. Doch sie wurde von der Grauhaarigen unterbrochen.

    »Nun beruhige Dich! Schau wir sind da!« sagte die Grauhaarige und richtete dabei den Kopf auf. Tatsächlich vor ihnen öffnete sich eine Waldlichtung. An deren Rande stand ein ländlich anmutendes Anwesen. Es schien solide gebaut. Eine Holzständerkonstruktion mit Lehmgefache, so wie es die Bauern selbst errichten konnten, verbunden mit etwas Nebengelass, lag in greifbarer Nähe.

    »Dem Erbauer sei Dank!« sagte die Jüngere. »Gut, dass wir es mit dieser Last geschafft haben,« fügte die andere an. Weiter sprach diese: »So mein Dicker, Du kannst hier Wache halten. Ich bringe Dir gleich etwas Futter.« Der Jüngeren wies sie ohne von der Trage abzulassen an: »Wir schaffen ihn in die obere Kammer!«

    »Was! Du willst den Mann mit ins Haus nehmen?« entrüstete sich diese. »Wenn er doch einer von den Banditen ist?« erneuerte sie ihren Vorwurf. »Papperlapapp! Willst Du ihn so verletzt bei den Schweinen schlafen lassen? Es wird so gemacht. Kommt jetzt!«

    Nächste -> K1 #5 • Versorgt
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:34 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  8. #8 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #4 • Zu Hause

    Die kleine Gruppe war auf einer Waldlichtung angekommen und der Mann sollte ins Haus gebracht werden. Dagegen hatten die Einwände der Jüngeren nichts ausrichten können. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    #5 • Versorgt

    [Bild: VR_Magaritt_1.png] Die Jüngere von den beiden Frauen zog den Kopf ein und fügte sich, so wie es all die Jahre schon geschah. Die Trage mit dem Mann wurde kurz abgelegt, die Haustür aufgeschlossen und dem Mabari eine Schüssel mit Wasser hingestellt. Dann erhielt die Jüngere die Aufgabe, so wie am Hang den Schlafenden die Treppe zur Kammer hochzutragen. Sie war es leid auf ihre Einwände ein »Papperlapapp« zu hören und hob die Last auf die Schulter und lief zu Treppe. Diese war eher von einfacher Konstruktion. Zwischen zwei Lehmwänden hatte man Wangen befestigt und auf diesen Bohlen angebracht. Den Handlauf brauchte die Frau aufgrund der Enge des Aufganges nicht zu nutzen. Doch war der Treppenwinkel steil. Deshalb ging sie bedächtig Schritt um Schritt. Das Geknarre der Dielen Stufen begleitete sie dabei. Erneut spürte sie das Kettenhemd an ihren Schultern, die Ringe aus Metall drückten und sie musste ebenso an ihre Füße denken. »Mach! Mach!« drängelte von hinten die Ältere. Als sie fast oben war, fiel ihr ein, wie oft sie sich schon an dem niedrigen Durchgang den Kopf gestoßen hatte. Deshalb sank sie in die Knie und fragte die Grauhaarige: »Reicht es?« Die Ältere antwortete: »Ja, Du kommst durch. Mach jetzt!« Anschließend schafften sie den Mann zu einem Bett. Es war ein üblicher Holzkasten, gefüllt mit Stroh und einem Leinentuch darüber. Die ältere Frau schlug eine gröbere Wolldecke zur Seite und nahm ein kleines Kopfkissen weg. Dann sagte sie: »So, ich nehme seine Füße und dann legen wir ihn auf das Bett. Du könntest dann warmes Wasser, Tücher und Binden holen. Ach, vergiss die Pasten nicht.« »Ja, mache ich,« antwortete die andere. Es war dem Tonfall anzumerken, dass sie nach diesem anstrengenden Tag nur noch ihre Ruhe haben wollte.

    [Bild: VR_Isilde_1.png]Als die Als die Jüngere wieder in die Kammer kam, stutzte sie für einen Moment und stellte dann die Schüssel mit warmen Wasser auf einem kleinen Tisch am Fußende des Bettes ab. Der Mann war fast vollständig entkleidet. Seine Sachen, Kettenhemd, Robe, Schuhe lagen auf einem Haufen in der Nähe der Kammertür. »Schau Dir nicht die Augen aus dem Kopf. Hast Du noch nie einen Mann gesehen?« wollte die Ältere wissen. »So jedenfalls noch nicht,« antwortete die Jüngere und musste dabei sogar etwas Lachen. »Komm, schaffe die Sachen in die Waschstube, bringe ein Hemd mit und dann hilf mir beim Verbinden.« So lauteten die nächsten Anweisungen, in sie sich einfügte und den Raum verlies.

    »Du hast einen harten Kopf,« stellt die grauhaarige Frau fest, als diese die größere Platzwunde bei dem Mann untersuchte. »Es wird nachwachsen,« sagte sie noch und schnitt diesem einen Teil der rosenblonden Haare weg, damit die Wunde freigestellt wurde. Sie prüfte mit ihren Händen die Platzwunde und murmelte etwas von einem kräftigen Schlag mit einem Streitkolben oder Ähnlichem. Er bekam von dem Hantieren nichts mit.

    Als die jüngeren Frau wieder kam sagte die andere: »Halte den Kopf! Ich will einen Verband anlegen.« Dann griff sie nach eine der Pasten und einen Spatel, bestrich die Wunde. Dabei spürten beide das Zittern, welches durch den Körper des Mannes lief. Doch sein Kopf wurde gut fest gehalten. Schließlich legte die Jüngere, nach dem ein bräunliches Leinenhemd über den Kopf gezogen wurde, diesen auf das Kopfkissen behutsam ab. Bei den Fingern der rechten Hand schüttelte sie den Kopf, nachdem der Verband vom Vormittag abgenommen war. »Er muss sich diese gequetscht haben. Ob er die Hand je wieder gebrauchen kann?« wollte sie wissen. »Es kann die gleiche Waffe gewesen sein, die den Kopf getroffen hatte,« sagte die Grauhaarige. »Das weiß man am Anfang nie. Aber ich denke schon. Doch erst sollten wir die Schwellung abklingen lassen«, ergänzte sie noch und bereitete das Schienen der Finger vor. Auch die Finger der Hand wurden mit einer Salbe bestrichen. »Schau,« sagte die Grauhaarige und zeigte auf eine lange, rosafarbene Narbe am linken Unterarm, »unser Fundstück hat schon vorher den einen oder anderen Kampf ausgestanden. Aber lasse uns nach untergehen. Er wird bald aufwachen. Ja, das wird er!« sagte sie und stellte die Armschiene fertig.

    Nächste -> K1 #6 • Erwachen
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:37 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  9. #9 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #5 • Versorgt

    Im Haus hatten die beiden die Verletzungen des Mannes untersucht und behandelt. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #6 • Erwachen

    Nach dem die Wunden und Verletzungen behandelt waren, begaben sich die beiden Frauen ins Erdgeschoss. Sie wussten, dass die Wirkung des betäubenden Trankes bald verfliegen würde und beide wollten beim Aufwachen des Mannes vorbereitet sein. Während die Ältere sich noch einmal um den Mabari kümmerte, erwärmte die Jüngere eine Fleischbrühe aus Gemüse und Hühnerfleisch. Von dieser hatte sie am Beginn des Erwärmens vorsichtig das Fett mit einer Kelle abgeschöpft. Am Vortag war so wie öfters ein Huhn gekocht, die Brühe reduziert und anschließend in die nur zum Siedepunkt erwärmte Brühe vor allem Wurzelgemüse, wie Möhren, Knollensellerie, Petersilienwurzel, etwas Lauch sowie eine Zwiebel, gegeben worden. Und wie sie fast fertig mit ihrer Arbeit war, kam die ältere Frau in die Küche. Die Jüngere sagte zu Ihr: »Würde die Brühe durch ein Tuch gießen. Es ist besser, diese zu entfetten.« »Ich hole Dir ein Tuch,« sagte die andere.

    In diesem Moment schlug etwas krachend zu Boden, etwas splitterte, ein Stöhnen »Ahhh!« und dann war Ruhe. »Komm!« rief die Grauhaarige mit dem Tuch in der Hand, »lasse die Brühe, wir sollten hoch!« Zwei Stufen in einem Schritt nahm sie zugleich und die andere eilte ihr hinterher, dachte aber an den niedrigen Türrahmen. Der Mann mit dem rosenblonden Haar, welches fast von einem Verband verdeckt wurde, lag mit dem bräunlichen Leinenhemd bekleidet bäuchlings am dem Dielenboden. Beim Fallen hatte er auch Glas und Schüssel, welche auf einem niedrigen Schrank neben dem Bett gestanden hatten, mitgenommen.

    Normalerweise würde man versuchen vorsichtig die Scherben aufzuheben. Doch die Ältere hatte keine Zeit dazu. Entschlossen war sie zu dem Liegenden geeilt und sah an einer Stelle des Kopfverbandes eine sich rot färbende Stelle. Zu der Jüngeren sagte sie: »Vorsicht Glas!« Dann versuchte sie den Mann aufzurichten. Die Jüngere überlegte, wo sie hintreten konnte und fasste dann mit zu. Beide hoben den Mann zurück auf das Bett.

    »Hehe! Wie geht es Euch?« sprach die Grauhaarige ihn an, doch er reagierte nicht. Sie prüfte mit der Hand die Temperatur auf seiner Stirn. »Sie ist heiß! Hole Wasser, schnell!« stellte sie fest. Als die Jüngere mit dem Wasser zurückkam, war der Verband am Kopf bereits abgewickelt. Sie reichte der Älteren ein nasses Tuch. Dieses legten sie in das Gesicht des Mannes. »Ahhh!« hörten die beiden. »Na geht doch,« stellte die Grauhaarige fest und nahm das Tuch wieder vom Gesicht. Als sie dann noch einen Aufschlag seiner Augenlieder feststellte, wollte sie wissen: »Könnt Ihr mich hören? Ihr seid in Sicherheit!« Beide hörten nach einer längeren Pause, in der der Mann versuchte Wörter mit dem Mund zu bilden, ein sehr leises »Ja!«

    »Wer seid Ihr?« wollte sie als nächstes von ihm wissen. Doch der Mann antwortete nicht. Stattdessen schüttelte er ein wenig den Kopf. »Verstehe, wenn Ihr zu etwas zustimmt, nickt einfach mit dem Kopf oder senkt die Augenlieder. Ich habe unten eine gute Brühe. Möchtet Ihr etwas davon?« wollte sie wissen. Der Mann nickte nur. Die Ältere drehte sich zu der anderen Frau, die mittlerweile die Scherben und Splitter des Glases beseitigt hatte, und sagte leise: »Es scheint, er hat von dem Schlag das Gedächtnis verloren. Geh und hole die Suppe.«

    In dieser Zeit sprach sie in einer ruhigen, sanften und sehr langsamen Weise zu dem Mann. Erklärte ihm in wenigen Worten, dass sie ihn gefunden hatten, er in einem Waldhaus war und ein Mabari sich vor dem Haus befand. Alles das hörte sich der Mann an, ohne überhaupt zu reagieren. Nur seine graublauen Augen zeigten, dass er wach war. Mit zunehmender Zeit wurde es schwerer für ihn, munter zu bleiben. Nach dem er wenige Löffel von der Brühe zu sich genommen hatte, erneuern die beiden den Verband am Kopf. »Schlaft jetzt«, sagte die Ältere. Der Jüngeren wies sie an: »Wir werden uns für die nächsten Stunden abwechseln und bei ihm bleiben. Denn die Hitze will vom Kopf nicht weichen.« Und nach einiger Zeit des Nachdenkens sagte sie noch »Möge ihm der Erbauer beistehen, dass bei dem Schlag auf den Kopf keine Knochensplitter in das Gehirn gedrungen sind!« Die Jüngere nickte und schaffte die Scherben hinunter in das Erdgeschoss. Die Ältere fühlte hingegen seine Temperatur und legte das Tuch leicht feucht auf die Stirn des Mannes, der seine Augen schloss und bald in einen tiefen Schlaf versank.

    Nächste -> K1 #7 • Schlafwache
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:39 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  10. #10 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #6 • Erwachen

    Die Frauen hatten sich aufgrund des Krankheitsbildes entschlossen, bei dem Mann in der Kammer zu wachen. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #7 • Schlafwache

    [Bild: VR_Tobias_1.png] »Er schläft,« sagte die Grauhaarige und stand auf. Seit mehreren Stunden hatte sie am Bett des Mannes gesessen und ihn beobachtet, aber auch den Kopf gekühlt so gut es ging. »Das ist gut, frisches Wasser,« nickte sie anerkennend zu der Jüngeren, nahm die Steingutschüssel von dem kleinen Schrank neben dem Bett und ging aus den Raum.

    Die Jüngere setzte sich in ihrer satt auf den Hocker und wechselte auch den Umschlag auf dem Kopf des Mannes. »Ja,« sagte sie zu sich, »er atmet ruhig.« Sie fühlte den Puls an seinem Hals und richtete sich so gut es ging auf dem Holzschemel ein. Denn auch sie hatte jetzt Wache an dem Bett. Darin schlief ein Mann, den sie nach einem Überfall auf eine Karawane nördlich der Stadt Amaranthine als einzigen Überlebenden gefunden hatten. Sie schaute in dessen Gesicht. Das Haupthaar war fast von dem Verband verdeckt, der aber nicht mehr durchnässte. Sie überlegte, wer es sein könne, den sie da aufgelesen hatten. Die Robe und besonders das Kettenhemd, welches sie mehrfach auf ihrem Rücken beim Tragen gespürt hatte, sagte ihr: »Es ist ein Mann der Waffen.« Doch die Robe, die möglicherweise aus Orlais stammte, passte einfach nicht zu einem hiesigen Krieger. Den Stoff hatte sie vor einer guten Stunde gesäubert und zum Trocknen auf eine Leine in die Nachmittagssonne gehangen. So einen feinen Zwirn hatte sie lange nicht mehr zwischen den Fingern gehabt. Besonders hatten ihr die Farben des Ornats gefallen auch eine kleine Stickerei, gleich eines Monogramms, waren ihr aufgefallen. Nun konnte sie in aller Ruhe den Träger studieren und wurde nicht wie bei der Trage durch spitze Steine aus ihren Betrachtungen gerissen.

    Auch der Bart, der den Mann schmückte, war von rosenblondem Haar. Auf jeden Fall war der Bart sehr gepflegt und von längerer Dauer, wie der fast als Pflaum anmutende Haarwuchs über der Oberlippe, stellte sie fest. Auch die Augenbrauen machten einen gepflegten Eindruck. Das war schon ungewöhnlich für einen Mann. Denn sie hatte schon manches Mannsbild gesehen, bei dem die Brauen wie Bürsten aussehen. »Doch bei diesem ist kein Haar zu lang, schon verwunderlich,« stellte sie fest. Ein Seufzer aus seinem Munde erinnerte sie an ihre Pflichten und holte sie aus den Gedanken. Sie wechselte das Tuch auf der Stirn. »Er scheint zu fiebern,« mutmaßte sie. Doch dann vertiefte sie sich wieder ihrer Betrachtungen. Ebenso erstaunte sie der blasse Teint. Fast war es so, als wenn die Adern an den Wangenknochen ein blass schimmerndes Blau hinzufügten. Auch die Nase wohlgeformt und die Form seiner Lippen, bekräftigten ihre spontane Schätzung des Alters von um die Vierzig Jahre auf dem Weg zum Waldhaus. »Ob er sich seines Aussehens und dessen Wirkung auf Frauen bewusst ist?« fragte sie sich. »Oder ist er ein Mann des Schwertes und an Frauen überhaupt nicht interessiert?« sagte sie sich beim Erinnern an die gesehene Narbe am linken Arm zu sich.

    »Wie es auch sei,« sprach sie weiter, »er wird für eine längere Zeit hier verweilen.« Und mit diesen Gedanken begann sie die mitgebrachten Kräuter zu zerteilen, um sie für ein Trocknen vorzubereiten.

    Nächste -> K1 #8 • Namen
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:41 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  11. #11 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #7 • Schlafwache

    Die Frauen umsorgten den Mann, den sie nach einem Überfall gefunden hatten. Mehrere Wochen waren seit dem Überfall auf die Karawane bereits vergangen. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #8 • Namen

    »Wisst Ihr heute, wer Ihr seid?« wollte die Jüngere von dem Mann mit dem rosenblonden Haar wissen. Sie hatte ihm das Essen gebracht und er saß aufrecht im Bett. Den Kopf schmückte nur noch ein Verband und die gequetschte Hand ruhte in einer Schiene. Auch dieses Mal sagte er wie in den letzten Tagen »Nein«. »Gut,« dachte sie sich, »zumindest hatte er die Sprache wieder gefunden.« Denn es war erst wenige Tage her, wo er zu ihrer Überraschung von einem Kopfschütteln zum Sprechen gewechselte.

    »Wie … Euer Name?« hörte sie deutlich und freute sich, war aber zugleich überrascht. So sehr, dass sie einfach ohne großes Nachdenken antwortete: »Isilde!« »Schön,« antwortete er nach einer Pause und sie verstand, dass er damit ihren Namen meinte und eine rötliche Freude zierte ihr Gesicht. »Und … Name … Grauhaarige?« fragte er nach einer weiteren, längeren Pause. »Ihr meint Mutter?« wollte sie wissen. Verblüfft über ihre eigene Frage fügte sie noch an: »Magaritt!« Wie ihr der Name über die Lippen kam, war sie von sich selbst überrascht. Denn sie selbst hatte den Namen ihrer Mutter seit einer Ewigkeit nicht mehr gesprochen oder den Ihrigen. Denn hier in der Einsamkeit des Waldes brauchte man keine Namen. »Besonders Mutter benutzte keine Namen. Meist reichte ein ‘komm’ oder ‘papperlapapp’ oder ‘mach dies’, ‘tue das’,« erinnerte sie sich.

    Doch dann fing sie sich und wollte selbst wissen: »Wollt Ihr mit nach unten kommen? Draußen scheint die Sonne und etwas Bewegung an der Luft würde Euch gut tun.« Der Mann sagte: »Ja!« und versuchte zugleich aufzustehen. »Langsam, langsam!« zügelte sie seinen Elan. »Ich helfe Euch und wir haben Zeit. Wir sollten mit Bedacht vorgehen, denn Ihr liegt jetzt seit mehreren Wochen im Bett und habt die Kammer nicht verlassen. Und die wenigen Schritte in den letzten Tagen sollten nicht zum Übermut führen.« Er überlegte einen Moment und antwortete mit: »Ja, … langsam« und versuchte dabei sie anzulächeln.

    Sie öffnete die Kammertür und rief nach unten: »Wir kommen gleich die Treppe herunter. Er möchte es.« Dann half sie ihm beim Aufstehen und beim Ankleiden. Als sie dann endlich vor der Kammertür standen, trugt er eine wollene, grünliche Hose, ein bräunliches Leinenhemd und eine Stoffweste. Sie drehte sich mit dem Rücken zur Treppe, nahm eine Stufe nach unten, reichte ihm beide Hände und sagte: »Wir gehen jetzt so Stufe für Stufe nach unten. Sagt, wenn es zu viel wird. Ach, und passt an der Tür auf, Ihr müsste bei Eurer Größe den Kopf einziehen.« Er nickte, griff nach den Händen, hielt kurz inne, senkte den Kopf und setzte vorsichtig das rechte Bein auf die obere Stufe. So gingen die beiden Stufe für Stufe begleitet vom Knarren des Holzes hinunter und die ältere Frau stand unten bereit einzugreifen. Doch sie musste es nicht.

    Als der Mann endlich unten stand, leuchteten seine Augen und er sagte: »Danke!« Die Ältere schob ihm einen Stuhl zu und erklärte: »Setzt Euch und trinkt ein Glas Milch. Kommt zu Kräften und dann wollen wir vor die Tür.« »Ja, Magaritt … vor die Tür,« antwortete er und griff nach dem Glas mit Milch. Die beiden Frauen schauten sich verdutzt an, als der Name fiel. Nach einer Weile sagte die Angesprochene: »Wenn Ihr wollt, können wir nach draußen gehen. Dort wartet möglicherweise eine Überraschung auf Euch.«

    Nächste -> K1 #9 • Eine Überraschung
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:43 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  12. #12 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    K1 #8 • Namen

    Nach der sorgsamen und guten Pflege mehrerer Wochen stand der Mann im Erdgeschoss des Waldhauses und wollte dieses erstmals verlassen. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #9 • Eine Überraschung

    »Ja, ... nach draußen!« antwortete der Mann und erhob sich. Dabei stützte er sich mit der unversehrten Hand sich am Tisch ab. An seinen aufgerissen Augen war abzulesen, wie er sich in diesem Moment bewusst wurde, was er an Kraft in den Tagen der Bettruhe er verloren hatte. Etwas unsicher schaute er sich um und suchte mit den Augen Isilde. »Kommt,« sagte diese und reichte ihm, als wenn es völlig verständlich sei, ihren Arm. Er hakte sich ein, seine Augenlider senkten sich ein wenig, er holte tief Luft und dann begaben sich beide zu der Eingangstür des Hauses.

    Die Ältere war den beiden vorausgegangen, öffnete diese und sagte: »Na dann, nur Mut, die Welt steht Euch offen!« Erfreut über den Zuspruch, aus dem ihm innewohnenden Willen nicht klein beizugeben und den warmen Strahlen des Lichtes, welche in das auch im Sommer kühle Fachwerkhaus drangen, trat er ins Freie. Doch es waren nur wenige Schritte. Dann blieb er stehen und seufzte. Vor ihm erstreckte sich eine Waldlichtung. An dem satten Gras fraßen sich zwei braun gefleckte Kühe satt. Sein Blick erhaschte einen Schmetterling, der in Richtung Schilfrand flatterte. Vielleicht zogen den Falter auch die hellgelben Seerosen an, die in dem daran angrenzenden Weiher blühten. Sein Blick schweifte über einen Weg zu hohen, alten Bäumen, mit einem hölzernen Steg, weiter über zwei Lärchen bis zu dem Nebengelass des Anwesens. Und er sah vor sich, nur wenige Schritte entfernt, einen Tisch und zwei Bänke. »Schön … wie schön,« sagte er und drückte die Hand von Isilde. Sie lächelte zurück und antwortet ihm: »Wollen wir uns an den Tisch setzten?« Er nickte und beide gingen langsam die wenigen Schritte. Sie half ihm auch beim Hinsetzen. Er fasste mit den Fingern seiner linken Hand nach der massiven Tischplatte aus Holz. Die Kerben und Verfärbungen an dem Holz zeigten ihm, dass hier nicht nur gegessen wurde. Die rechte Hand, immer noch in einer Schiene, legte er vorsichtig nach.

    Isilde setzte sich zu ihm und sagte: »Ja, es ist schön hier. Freue mich, dass es Euch hier gefällt. Habt Ihr an irgendetwas eine Erinnerung?« Er überlegte eine Weile, schüttelte dann aber den Kopf und sprach: »Nein.« In diesem Moment des Bedenkens wurde er von etwas an seiner rechten Seite in den Rücken gestupst und ein leises Winseln begleitete die Aktion. Weil er sich noch nicht so schnell umdrehen konnte, folgte noch ein zweiter Stupser. Er fasste mit der linken Hand unter seinem rechten Arm hindurch und ergriff eine Nase. Beide erstarrten für einen Moment. Dann sagte der Mann, so wie wenn man etwas Altes, was man schon längst vergessen glaubte, spontan gebraucht: »Klecks?!« Das Winseln wechselte in ein freudiges »Wuff !«, »Wuff!« und der Mabari sprang mit Kraft zur Seite, legte seine Vorderpfoten auf den Tisch und schaute dem Mann in dessen Gesicht und hechelte vor Freude.

    »Oh, Ihr könnt Euch also doch an etwas erinnern,« stellte die Ältere fest, die das Ganze beobachtet hatte. Der frohe Ton ihrer Frage erfasste auch deren Tochter. Diese drückte die linke Hand des Mannes und sagte: »Ich freue mich für Euch.« Doch dieser blieb stumm bei dem gerade Geschehenen und schaute auf die um ihn Stehenden. Dann erklärte er nach einigem Zögern: »Um … ehrlich zu sein, Berührung … Erinnerung wachgerufen. Hund … kennt Namen. Ich … weiß nichts … weiter. Tut mir … leid.«

    »Ach, nun kommt,« sagte die Frau an seiner Seite. »Dieses eine Wort ist Eure Zukunft!« Auf den erstaunten Blick des Mannes fügte sie an: »Ein Mabari sucht sich seinen Herrn aus. Er hat Euch erkannt. Das eine Wort zeigt, dass der gewaltige Schlag, den Ihr am Kopf erhalten habt, nicht Euer gesamtes Wissen ausgelöscht hat. Ihr könnt Euch erinnern.«

    Nach einer Pause ergänzte Magaritt noch: »Einen Mabari-Kriegshund erhalten in Ferelden nur Personen mit Ansehen und Rang. Also dürfte es uns auch gelingen Eure Vergangenheit zu erkunden, damit Ihr Euch erinnern könnt. Zudem ist die von den Wölfen abstammende Rasse, die dem Helden Dane schon gedient hat, sehr geschätzt. Ihr habt einen treuen Freund wiedergefunden und er Euch.« Weiter sagte sie: »Der Mabari hat Euch auf dem Weg hierher begleitet. Er ist die gesamte Zeit bei uns und seine Wunden sind bereits verheilt!«

    Nächste -> K1 #10 • Eine Karausche
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:52 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  13. #13 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #9 • Eine Überraschung

    Der junge Mann hatte seinen Hund beim Namen gerufen und scheinbar kann er sich doch an bestimmte Dinge erinnern. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #10 • Eine Karausche

    »Ja, … ja, ich danke … Euch,« sagte der Mann nach Worten ringend. »Ich ... Geduld haben, wird sich richten. Können wir noch an … Wasser gehen?« fragte er. »Gehe Du mal mit, ich muss ins Haus« wies Magaritt ihre Tochter an. So gingen Isilde und der Mann bedächtig, bis sie an dem kleinen See ankamen. Der Mabari umkreiste die beiden, schnappte nach Mücken, bellte, wie er wollte und war wie aus dem Haus. »Klecks, komm,« sagte der Rosenblonde. Und wie aufs Wort stand der Kriegshund an seinem Bein. Der Mann löste sich von seiner Begleiterin, beugte sich etwas nach unten und klapste dem Hund mehrfach auf den Rücken. »Bist … guter Bursche.« Der Mabari wälzte sich vor Freude auf dem Rücken und wirbelte mit seiner Kraft auch Sand auf. »Muss das sein,« schimpfte sie die beiden aus. »Seht, wie jetzt meine Bekleidung aussieht!« Dabei dachte sie auch daran, mit welcher Freude der Mabari-Kriegshund durch den Bachlauf gestürmt und ihre Kleidung durchnässt hatte.

    Ihr Begleiter antwortete: »Ach, … er hat Freude. Nach einer Pause will er wissen: »Wie … habt Ihr … Klecks gerufen?« »Wie wir ihn gerufen haben?« dabei dachte sie einen kurzen Moment an all die Schimpfwörter, wie Flohknäuel, die sie bei seinen Bachdurchläufen gebraucht hatte, und sagte dann: »Mutter hat ‘Dicker’ gerufen.« Bei dem Wort »Dicker« schüttelte der Mabari den Kopf und knurrte dabei leicht. »Was, Dicker? Ha, ha … ha, ha!« Der Mann lachte aus freien Stücken, und das Lachen löste scheinbar eine Blockade. Denn danach sprach er schon besser und benötigte immer seltener eine Pause.

    Bald sind die Seerosen auszumachen. Sie haben ihre Blüten in der Sonne geöffnet, so dass man im Inneren gelbe Flecke sehen kann. Diese von größeren weißen und schließlich grünen Blättern eingefassten Fruchtblätter ergaben mit dem Dunkel der Wasseroberfläche und ein paar sich spiegelnden Wolken einen wunderbaren Kontrast. Doch den Schmetterling von erst sahen die beiden nicht mehr. »Sind Fische im See?« fragte er Isilde, als sie an den Steg kommen, der über den Ablauf des Weihers führte. »Ja, Fische sind im See. Hauptsächlich Karauschen. Oder kennt Ihr diese vielleicht unter dem Namen Bauernkarpfen, Moorkarpfen oder Gareisle?« wollte sie wissen. Er überlegte eine Weile, strich sich dabei mit den Fingern der linken Hand mehrfach über seine Wange und erklärte dann: »Ich glaube Moorkarpfen kommt mir bekannt vor. Wenn ihre Oberseite bräunlich mit grünlichem Glanz versehen, die Schwanzflosse nur geringfügig eingekerbt und die Unterseite hell ist, dann sollte es ein Moorkarpfen sein.« »Ja, Ihr beschreibt den Fisch sehr gut. So kann man ihn kennzeichnen und er hat große Schuppen und wächst nur sehr langsam,« fügte sie noch an. »Ich habe schon welche mit einer Größe von 60 Zentimetern gesehen und in Orlais sagt man Schneiderkarpfen zu dem Fisch,« rutschte es aus ihm heraus.

    Beide schauten sich an, schwiegen und sagten eine Weile nichts. Er verstand ihr Schweigen nicht und grübelte, ob er etwas falsches gesagt hatte. Sie wusste nicht, wie sie mit dem Gesagten umgehen sollte. Denn sie hatte von Mutter manches über die Besatzung durch Orlais gehört, war aber zugleich von den herrlichen Stoffen fasziniert und dann fragte sie doch nach: »Ich möchte Euch nicht aushorchen, Ihr kennt Orlais?« »Jetzt, wo Ihr mich fragt,« dachte er laut, »kenne ich das Wort. Aber wenn es so wie der Name ‘Klecks’ aus mir hervor kommt, werde ich wohl einen Bezug dazu haben. Aber ich weiß es nicht.« In diesem Moment fasste er sich an den Kopf und suchte anschließend mit der Linken Halt am Geländer der kleinen Brücke.

    »Ich sehe schon,« erkannte sie und versuchte ihn zu stützten: »Es war ein anstrengender Tag voller Erlebnisse für Euch. Wir sollten langsam zum Haus zurückgehen. Wenn Ihr möchtet, können wir jeden Tag wieder hier hergehen.« Er nickte, hakte sich bei ihr unter und beide gingen langsamen Schrittes auf das Fachwerkgebäude zu. Der Mabari stutzte, warum man schon wieder zum Haus wollte. Er umkreiste die beiden, so wie auf dem Hinweg. Dabei war es dann auch um die eine oder andere Mücke geschehen, die seinen Weg kreuzte. Vor dem Haus strömte ein Duft von einem gerade gebackenen Gugelhupf in die Nasen. »Oh, es gibt Kuchen,« freute sich der Mann und öffnete die Tür des Fachwerkhauses.

    Nächste -> K1 #11 • Planungen
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:48 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  14. #14 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> #10 • Eine Karausche

    Nach einem Spaziergang an den Weiher und einem Gespräch über Karauschen lockte der Duft eines Gugelhupf aus dem Haus. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #11 • Planungen

    Tatsächlich, auf dem Tisch der Küche stand ein Napfkuchen. Er zeigte sich gepudert, sah aus wie eine Kapuze und ließ sogar Rosinen erkennen. Die Grauhaarige griff nach einem Messer, dessen Stahl über die Jahre von dem Schleifen am Stein dünn geworden war, schnitt schmale Streifen aus dem Gugelhopf und freute sich mit einem Schmunzeln: »Entweder habt Ihr ein vortreffliches Gespür für eine Situation oder eine feine Nase.« »Nein, nein,« versuchte der Mann den Scherz zurückzugeben. »Ich hatte einfach nur Kopfschmerzen und Eure Tochter hat geraten, zurück ins Haus zu gehen.« »Ach hat sie das,« entgegnete die Ältere. »Nun, ihre Nase kenne ich. Sie ist auch ein Leckermäulchen. Das war und wird sie wohl auch bleiben.« Isilde errötete bei der ihr eigentlich gewohnten Stichelei der Mutter. Denn bisher waren die beiden Frauen allein gewesen. Doch jetzt in Gegenwart des Fremden, deren Herkunft sie sich nicht sicher sein konnte, fand sie diese Hinweise nicht so schön. Doch sie sagte nichts dazu. Sie stellte ein paar Gläser auf den Tisch, holte einen Krug Milch und forderte den Mann auf sich zu setzen: »Kommt schon und setzt Euch. Sonst ist der Kuchen weg, denn Mutter ist diesen auch gern.«

    Sie setzten sich an den Küchentisch, aßen schweigend, tranken die Milch dazu. Er lobte den Geschmack, griff noch zu einem zweiten Stück und ließ sich erklären, dass der Kuchen aus Mehl, Eiern, Milch, Butter, Rosinen und Hefe geknetet und anschließen im großen Herd gebacken wurde. »Ihr habt den Ofen sicherlich draußen gesehen,« fügte Isilde noch an. Der Mann nickte nur, bedankte sich und wollte schon nach oben gehen.

    Doch Magaritt wollte über die nächsten Tage sprechen und sagte: »Jetzt, wo Ihr einigermaßen wieder auf den Beinen stehen könnt und Eurer Wissen nach und nach zurückkommt, sollten wir noch über die kommenden Tage reden.« Er nickte. Deshalb fuhr sie fort: »Zum einen sollten wir etwas für Eure körperliche Verfassung tun. Ihr müsst das, was Ihr an Kraft, Beweglichkeit und an Vertrauen hattet, zurückgewinnen. Vorher könnt Ihr Euch nicht als genesen ansehen. Zum anderen möchte ich morgen die Schiene abnehmen und damit beginnen Eure rechte Hand zu trainieren, aber nur wenn Ihr es möchtet.« Isilde sagte noch dazu: »Ihr seit zu nichts verpflichtet, aber es ist ratsam, auf Mutter zu hören.«

    Der Mann überlegte einen Moment und antwortete anschließend: »Zum einen möchte ich mich bei Euch bedanken für die umsichtige, gewährte Hilfe. Ich hoffe, ich kann es irgendwann vergelten.«

    Der Dank des Mannes war aufrichtig gesprochen und verfehlt seine Wirkung nicht auf die beiden Frauen. Denn Lob brauchten die beiden scheinbar nicht in der Einsamkeit des Waldes, doch empfänglich waren Mutter und Tochter doch dafür. Er fügte weiter an: »Zum anderen nehmt Ihr mir eine weitere Last von den Schultern. Ich habe auf dem Weg vom Weiher hierher schon überlegt, wie ich meine frühere Verfassung wieder erlange,« und nach einer Pause sagte er noch etwas traurig, »wenn es überhaupt gelingt.«

    Nächste -> K1 #12 • Besinnung
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:55 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  15. #15 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #11 • Planungen

    Ein Gugelhupf wurde verkostet und Planungen für die nächsten Tage vorgenommen. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #12 • Besinnung

    »Kommt, ich helfe Euch die Treppe hoch und vergesst nicht,« sagte Isilde, »oben ist die Tür nicht so hoch.« Dabei reichte sie ihm ihren Arm, er hakte sich ein und beide begannen die Treppe zu seiner Kammer hochzugehen. Wie er zu der ersten Stufe kam, fiel ihm etwas ein und er stoppte.

    Er drehte sich zu Isilde und wollte wissen: »Habt Ihr etwas zum Lesen im Haus, ein Buch zum Beispiel?« »Ihr könnt lesen?« fragte überrascht Isilde. »Ich denke schon, obwohl nach den letzten Ereignissen müsste man es ausprobieren«, antwortete er ohne zu zögern. Sie drehte sich zu der grauhaarigen Frau und fragt: »Haben wir Bücher im Haus?« »Vielleicht, mal von meinem Kräuterbuch abgesehen. Vielleicht ist von einem der letzten Streifzüge noch eins da«, antwortete Magaritt. Doch nur wenige Augenblicke später fügte sie an, ohne ihren Platz am Herd zu verlassen: »Ich werde nachschauen. Doch jetzt sollte er nicht lesen. Er hatte einen erlebnisreichen Tag. Gerade ist die schwere Gehirnerschütterung im Abklingen. Da sollte man es nicht übertreiben. Es ist noch genug Zeit dazu«, sagte sie etwas bestimmend im Ton.

    Der Mann zog aufgrund der Belehrung etwas den Kopf ein, war aber zu höflich, um laut etwas in der Art, »Ich wollte ja nur wissen, ob es Bücher in dem Haus gibt,« zu entgegnen. Weil er bei der Frage sich von seiner Begleiterin gelöst hatte, begann er eigenständig auf die nächste Stufe begleitet von einem Geknarre des Holzes zu steigen. Dabei zog er sich mit seiner Linken am Handlauf hoch und wiederholte das noch bei weiteren Stufen. Ein dickes Grinsen zierte sein Gesicht. Er war stolz auf sich, dass er allein diese Stiege zu der Kammer hoch zu kommen schien. Seine Begleiterin erkannte seinen Willen und folgte sorgsam hinter ihm. »Nur für den Notfall, falls ihm die Beine müde werden«, dachte sie sich und bereitete innerlich ein Abstützen eines schwankenden großen Körpers vor. Bei der vorletzten Stufe sagte sie: »Passt auf«, doch weiter kam sie nicht. Aus Übermut schnitt er ihr das Wort ab: »Ich weiß, passt auf die niedrige Tür auf.« In diesem Moment reuten ihn seine Worte. Doch gesagt war gesagt. Sie übersah die Antwort und schrieb es dem Tag zu: »Er hat heute wirklich, auch im Vergleich zu den letzten Tagen, deutliche Fortschritte vollzogen.«

    Sie war ihm behilflich beim Umkleiden und fragte noch, ob er etwas bräuchte. Er könne ja auch rufen, erklärte sie. Weiterhin sagte sie noch: »Werde jetzt zu Mutter gehen, es ist eine Menge Arbeit liegen geblieben.« Er bedankte sich noch einmal für den erlebnisreichen Tag und dann schloss sie die Tür.

    Er lies sich auf sein Bett fallen. Das Stroh war und ist kein gutes Polster und so krachte der hölzerne Bettkasten deutlich. Denn Mann störte es nicht. Er überlegte, was er so erlebt hatte. Und er sah sich die Treppe hinabgehen, den Tisch vor der Tür, auf dem nicht nur Gläser gestanden hatten. Er dachte an den Schmetterling, der zu den Seerosen wollte. Auch seinen Mabari fügte er der Aufzählung bei. Beim Zuschauen, wie der Napfkuchen angeschnitten wurde, fielen ihm die Augen zu und er versank in einem tiefen erholsamen Schlaf.

    Nächste -> K1 #13 • Nachdenken
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 18:57 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  16. #16 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #12 • Besinnung

    Nach einem für ihn anstrengenden Tag voller Überraschungen war der Mann in der Kammer eingeschlafen. Die Frauen versuchten die für sie verplauderten Stunden aufzuholen. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #13 • Nachdenken

    Während dessen waren die Frauen in der Küche zugange. Schälten Kartoffeln, putzten Gemüse, weichten getrocknete Pilze im Wasser ein. Sie bereiteten schweigend das nächste Essen vor. Und vermutlich wäre es auch so weiter gegangen, bis Isilde wissen wollte: »Was ist mit Orlais?«

    Nach einer Weile antwortet Magaritt: »Warum willst Du das wissen?« Isilde sagte dazu: »Wir haben am Weiher über den Fischbesatz besprochen. Ich habe ihm erklärt, was eine Karausche ist.« »Und kennt er den Fisch?« fragte die Grauhaarige, ohne von ihrer Arbeit abzulassen. »Ja,« erwiderte die Jüngere. »Er hat ihn sogar trefflich beschrieben. Die Oberseite bräunlich mit grünlichem Glanz versehen, die Schwanzflosse nur geringfügig eingekerbt und die Unterseite hell,« so hatte er die Karausche charakterisiert und sie Moorkarpfen genannt.«

    »Schau an«, äußerte die Ältere, »das ist wirklich eine passende Beschreibung. Hätte ich ihm nicht zugetraut, dass er solche gewöhnlichen Dinge kennt. Aber was hat das mit Orlais zu tun?« wollte sie wissen. »Nun, er hat später angefügt, in Orlais sagt man Schneiderkarpfen zu dem Fisch. Der Name kam derart flüssig, dass dieser mich schon überrascht hatte,« rechtfertigte sich Isilde. »Und weiter? Lasse Dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen«, grantelte Magaritt, die das Thema Orlais sichtlich zu nerven schien. »Ich habe ihn gefragt, was er von Orlais wisse?« so die Jüngere. »Und?« wurde sie unterbrochen. Isilde schaute darüber hinweg holte Luft, erzählte weiter und versuchte im Ton ruhig zu bleiben. Denn sie wusste aus früheren Gesprächen, wenn sie jetzt aufbrausend wurde, war es mit dem Gespräch vorbei. »Er hat gesagt, es ist für ihn derzeit ein Wort, wie der Name seines Hundes. Er weiß nichts dazu. Noch nicht, denke ich,« fügte sie an. »Deshalb wollte ich mit Dir reden, weil ja auch seine Robe aus Orlais zu stammen scheint. Deshalb meine Frage: Was ist mit Orlais?«

    Nach einer weiteren Weile des Schweigens und Nachdenken erklärte Magaritt ihrer Tochter: »Lasse uns hier das Essen vorbereiten. Dabei wird nicht über ihn oder ihn betreffende Fragen gesprochen. Ich halte schon einiges von ihm, aber man kann nie wissen. Er wird in den nächsten Tagen mehr und mehr wissen. Ob es wieder zusammenkommt, wissen wir nicht.« Sie schaute eindringlich zu ihrer Tochter und sagte dann: »Lasse uns nachher in den Speicher gehen und nach einem Buch schauen. Dort können wir auch absprechen, wie wir weiter vorgehen wollen.« »Ja!« antwortete mit einiger Enttäuschung Isilde. Es ist nicht das erste Mal, dass ihr eine Frage zu den Ereignissen vor dreißig Jahren nur ausweichend oder überhaupt nicht beantwortet wurde. »Aber Mutter hat recht. Wir sollten bestimmte Dinge auch so besprechen, dass man allein ist. Zumindest, bis ein Vertrauen hergestellt wurde«, dachte sie bei ihrer Küchenarbeit. Jedoch nahm sie sich vor, nicht locker zu lassen. Denn es interessierte sie schon, warum man über Stoffe aus Orlais reden konnte, aber über die anderen Dinge nicht.

    Nächste -> K1 #14 • Im Speicher
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 19:00 Uhr) Grund: zeitliche Eindordnung
  17. #17 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> #13 • Nachdenken

    Endlich war das Essen vorbereitet und so konnten die beiden Frauen einen Platz für ein ungestörtes Gespräch suchen. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #14 • Im Speicher

    Die beiden Frauen waren in den Speicher des Gebäudes gegangen. Dieser Raum hatte den früheren Besitzern als große Küche gedient. Jedenfalls war ein Kamin vorhanden, auf dem manches Wild zu einem schmackhaften Essen zubereitet worden war. Die Frauen nutzen den Raum hingegen überwiegend als Lager. Während Magaritt im Kamin ein Feuer entzündete, um besser suchen zu können, legte sich ein blassgelber Lichtschimmer über die Truhen, Fässer, Säcke und Regale. Dieser Schein erfasste auch die Zwiebelzöpfe, die von der Wand herabhingen. »Es ist ein warmes Licht,« dachte Isilde und setzte sich auf eine Truhe und wartete. Denn Mutter würde ein Buch heraussuchen und dann könne man reden, nahm sie sich vor. Doch es sollte alles anders kommen.

    »Das trifft sich gut,« sagte die Ältere und lief quer durch den Raum. Sie erfasste den ledernen Griff eines Stiletts. Dieses wurde vor einiger Zeit mit einiger Kraft in eine Tischplatte neben der Speichertür gestoßen. Zumindest deutete die Tiefe, mit der die Klinge in das Holz eingedrungen war, auf dieses hin. Magaritt holte die Stichwaffe ohne große Mühe aus dem Tisch, wog diese in der Hand und wiederholte sich: »Das trifft sich gut!« »Was willst Du mit dem alten Dolch?« fragte interessiert die Tochter. »Ich werde dieses Stilett morgen unserem Gast überreichen,« antwortete die Ältere.

    »Was? Was, willst Du tun?« entgegnete Isilde in einem ziemlich aufgebrachten Ton. »Du kennst ihn doch nicht. Sein Kettenhemd kennzeichnet ihn als einen Mann der Waffen. Wenn er einer von denen ist, die die Karawane überfallen haben?« erklärte sie noch mit weit aufgerissenen und von Angst gekennzeichneten Augen.

    »Papperlapapp!« Das war die Antwort. Und als Magaritt sich umdrehte, um nach den Büchern zu schauen, setzte die Tochter nach: »Was soll er mit dem Dolch?« »Üben, Kind. Er soll üben.« Das Wort Kind und die Art wie die Ältere sprach, brachte die Tochter in eine noch größere Erregung. »Soll er üben, wie er mich abstechen kann!« schrie sie ihre Mutter an. Diese setzte sich nun auf einen der Mehlsäcke und begann laut zu lachen. Das erzürnte Isilde noch mehr. Voller Wut sprang sie auf und war im Begriff zu gehen.

    In diesem Moment befahl Magaritt: »Setze Dich!« und zeigte mit ihrem rechten Zeigefinger auf die Truhe, auf der Isilde gerade gesessen hatte. Weiter erklärte sie ihrer Tochter, ohne innezuhalten: »Schau, ich werde das Stilett draußen in die Tischplatte rammen. Er kann an dem Griff üben, seine Finger um diesen zu schließen. Einen Finger, zwei und schließlich alle. Er soll auch versuchen die Stichwaffe aus dem Holz zu ziehen. Er kann die Klinge schleifen. Das wird seine Beweglichkeit verbessern und er wird sich erinnern.«

    Sie schaute in die Augen ihrer Tochter, legte die Waffe zu Seite und offenbarte ihr dann: »Ich vertraue ihm. Er hat so gute Augen. Hast Du das nicht gesehen? Auch seine Gesichtszüge sind mild, aber auch von erlittenem Leid gekennzeichnet. Er hat ein höfliches Auftreten und das unterscheidet sich doch deutlich von einem der hiesigen Bauern oder eines Banditen. Hast Du nicht gesehen, wie aufrecht er gesessen hat, als er von dem Gugelhupf gekostet hat?« Die Tochter senkte bei den Worten den Kopf. »Ja,« antwortete sie, »ich habe es gesehen, so wie Du. Aber muss man ihm eine Waffe geben?« »Er kann Dich auch mit einem Stuhlbein erschlagen, wenn er seine einst ihm eigene Kraft wiedererlangt hat,« entgegnete Magaritt. »So nun ist aber gut,« fügte sie noch an und geht zu einem Regal. Dort lagen einige, wenige Bücher. Sie hatten diese bei einem Schiffsfrack gefunden. Aber so durchnässt, wie die Schriften damals waren, hatten die Frauen auf dem Markt keinen Käufer gefunden.

    Das nun trockene, aber an vielen Stellen anhaftende Papier knisterte, als Magaritt das erste Buch vom Regal nimmt. Sie drehte es etwas in den Schein des Feuers und las laut: »Andraste: Braut des Erbauers. Aus der Predigt von Justinia II. Nein,« meinte sie und legte es zur Seite. Beim nächsten Band las sie »Das Reich von Orlais,« kommt aber nicht weiter. »Zeig her,« erklärte die Jüngere und steht plötzlich neben ihr, griff nach dem verschlissenen Werk. »Auszug aus ‘Hinter den Frostgipfeln’, von Bann Teoric von Westhügel,« las sie und forderte: »Das nehme ich!« »Du willst lesen? Wo Du seit ewigen Zeiten kein Buch mehr anfassen wolltest,« schmunzelte die Mutter. »Doch auch gut, dann kann ich ja das Gespräch zu Orlais verschieben,« belächelte sie den laut gesagten Gedanken. »Das ist wieder mal typisch,« rutschte es der Tochter heraus. Sie ärgerte sich insgeheim, dass sie die Sache nicht abwarten konnte.

    »Ja,« hörte sie. »Ja, das ist gut,« las die Mutter beim nächsten Buch. »Auf der Suche nach Wissen: Die Reisen eines Scholaren der Kirche, von Bruder Genitivi!« Wenn er sich nicht an dem schlechten Zustand stört, kann er lesen. »So und da jetzt alles für Erste geklärt ist, können wir auch zu Bett gehen,« beendete sie das Gespräch, drückte der Tochter eine Laterne in die Hand, löschte das brennende Feuer und schob die erstaunte Tochter vor die Tür des Speichers.

    Nächste -> K1 #15 • Messerübungen
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 19:02 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  18. #18 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> #14 • Im Speicher

    Sie hatten für den Mann einige Dinge aus dem Speicher geholt, darunter auch ein Stilett. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #15 • Messerübungen

    »So nun kommt,« sagte Magaritt zu dem Mann mit dem rosenblonden Haar und lächelte ihm zu. Sie möchte ihm Mut zusprechen. Er geht gestützt durch Isilde noch etwas vorsichtig, kommt aber gut voran. Draußen vor dem Anwesen war es zwar noch früh am Morgen, doch die Sonne hatte um diese Zeit bereits mächtige Kraft und wärmte. Am Tisch mit den dicken Holzdielen angekommen, erklärte die Ältere: »So nun werden wir sehen, wie es um Eure rechte Hand bestellt ist. Nur Mut,« fügte sie noch an und begann den Verband abzuwickeln, der bisher eine Schiene und die Hand nebst Unterarm stabilisiert hatte. Der Mann blickte in die Ferne der Lichtung. Er war sich bewusst, dass er seine Hand ansehen musste. Aber er wollte beim Entfernen des Verbandes nicht auf jedes Detail schauen. Manchmal zuckten seine Augenlider zusammen. Dann war die Leinenbinde fest durch Geronnenes an der Haut. Aber er versuchte keinen Mucks von sich zu geben. Er spürte, wie seine Hand leichter wurde und einen leichten Luftzug an den Fingern.

    »Hier ist das Wasser,« sagte Isilde und stellte eine tönerne, große Schüssel auf den Tisch und legte noch einige Tücher dazu. »Nun schaut schon hin, es sind noch alle Finger an der Hand!« witzelte sie. Er drehte seinen Kopf und erschrak deutlich. »Ah … oh!« seufzte er. Dann schaute er genauer auf seine rechte Hand. Er spreizte die Finger, in dem er probierte den Handballen nach innen zu drucken und schüttelte den Kopf. »Was habt Ihr?« wollte Isilde wissen. »Ich erkenne meine Hand nicht,« antwortete er. »Blau unterlaufende Fingernägel, dünne Finger, eine Steifheit und ich vermisse die mir gewohnte Kraft etwas anzufassen und es nicht loszulassen und meine Hand kommt mir so leicht vor.« »Das wird sich geben,« beruhigte ihn Magaritt. »Woher wollt Ihr das wissen?« entgegnete der Mann mit trauriger Stimme. Die Ältere tat so, als wenn sie es nicht gehört hätte, erwidert aber: »Leicht ist Eure Hand, weil die Last des Verbandes nebst Schiene genommen ist. Die Finger können wir trainieren und die Fingernägel werden auswachsen und die Kraft wird kommen. Doch dazu müsst Ihr üben, aber Geduld aufbringen,« erklärte sie. Und um die Worte zu bekräftigen, stützte sie ihre Linke auf die Tischplatte, holte mit der rechten Hand aus dem Gewand ein Stilett. »Seht!« sagte sie und schlug es mit grober Wucht in das Holz. Der Mann spürte die Kraft des Stoßes an der Tischplatte und schaute die Ältere mit großen Augen an. Isilde, selbst überrascht, rief: »Mutter!«

    Diese lächelte über das Kunststück und verdeutlichte dem Mann: »Versucht die Finger um den Griff zu legen. Nehmt die andere Hand zur Hilfe. Wenn es dann besser wird, übt mit den einzelnen Fingern. Doch nicht mehr als zehn Übungen, dann eine Pause. Ihr könnt auch versuchen, das Stilett aus dem Tisch zu ziehen. Doch jetzt lasst mich die Hand waschen.« Gehorsam ohne noch etwas anzumerken, reichte er ihr den rechten Arm entgegen und sie geträufelte die Hand mit dem bereitstehenden warmen Wasser. Weiterhin entfernte sie letzte Reste der Salben und lies Vorsicht walten. Er verzog kaum Miene und versuchte die Schmerzen auszuhalten. Dann war die Hand gesäubert und trocken. »Nun versucht es doch, Eure Hand um den Griff zu legen,« forderte sie ihn auf. »Werde es versuchen,« antwortete er. Dann legte er seine rechte Hand an den Griff aus Leder und konnte seine Finger nur gering und sehr langsam schließen. »Helft doch mit der anderen,« ermutigte Magaritt und führte seine Linke zu den Fingern der rechten Hand. Langsam schloss er die Hand zu einer Faust und der Griff schaut nur noch mit dem silberanmutenden Griffende aus der Hand. Er verharrte eine Weile, doch er versuchte nicht, die Stichwaffe aus dem Tisch zu ziehen. Dann öffnete er seine Finger, konnte aber die Hand nicht richtig gerade strecken.

    »Das habt Ihr gut gemacht,« lobte Isilde und fügte dann an: »Wenn ihr vom Üben genug habt, können wir anschließend an den Weiher zu den Seerosen gehen.« Er schaute sie über die Schulter an. Sie erinnerte sich an die Frage ihrer Mutter, ob sie sich seine Augen schon angesehen habe, und sie gab ihr recht. Er hatte einen freundlichen Blick. Dann antwortete er: »Gern, ja ich würde gern an den See gehen. Doch lasst mich noch etwas meine Hand trainieren.« Dabei umfasste er langsam mit seiner Hand den Dolch und nahm, so wie es im die Ältere gezeigt hatten, seine Linke zur Hilfe. Der ein oder andere Seufzer zeigte den Frauen, dass es ihm nicht leicht von der Hand ging. Der genaue Beobachter hätte zu dem gesehen, dass er dabei seine Augen geschlossen hatte.

    Nächste -> K1 #16 • Ein Buch
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 19:04 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  19. #19 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> K1 #15 • Messerübungen

    Sie hatten ihm die Schiene an der rechten Hand abgenommen und ihm eine Stichwaffe zum Üben der Fingerfertigkeit in den Tisch gerammt. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #16 • Ein Buch

    Nach den ersten zehn Übungen waren Isilde und der Mann zu dem Mabari-Kriegshund gegangen. Er wollte ihn sehen. »Klecks, mein Alter«, hatte er zu ihm gesagt und noch vorsichtig seine Rechte auf das Fell seines Hundes gelegt. Er hatte die so vertraute Wärme und Kraft des Tieres spüren können. Der Mabari wälzte sich anschließend und die Staubwolke führte zu einem den Beteiligten bekannten Geschimpfe. Anschließend nahm er sich die nächsten zehn Übungen vor. Gleichsam wie die ersten mit geschlossenen Augen und wenn man es hätte sehen können, auch mit einem festen Aufeinanderbeißen der Zähne.

    Doch jetzt stand er an dem geliebten Weiher. Er betrachtete die Seerosen und freute sich über die Wärme der Sonne. Er zog die Luft mehrfach tief ein und atmete auch bewusst aus. »Geht es Euch besser?« fragte Isilde den Mann. Er nickte mit seinem rosenblonden Haupt und lächelte sie an und antwortete: »Ja, es geht mir gut und Danke!« Nach einer Weile sagte er noch: »Ich hoffe, ich werde es vergelten können, was Ihr für mich hier tut.« Sie senkte leicht den Kopf, strich zugleich mit den Händen ihre Schürze glatt und antwortete: »Keine Ursache. Ihr würdet sicherlich das Gleiche tun.« Dann ging sie ein Stück auf ihn zu, legte ihre Hand auf seine Schulter und sagte: »Habt Geduld, es wird schon werden. Doch schaut,« dabei zeigte sie auf die Sonne, »Wir sollten zurück. Denn bald gibt es Mittag.« »Was wird es denn geben?« wollte er wissen. »Dicke Suppe,« lautete die Antwort. Ohne weiter noch etwas zu sagen, ergriff sie seinen Arm und begann mit ihm in Richtung des Hauses zu gehen.

    »Dicke Suppe? Was ist das?« wollte er wissen. »Ja, dicke Suppe. Mit etwas Lauch, Kartoffeln, reichlich Erbsen, ein wenig Knoblauch, Hühnerbrühe, ein paar Kräutern, Rauchspeck und wenig Salz. Kennt Ihr das nicht? Ist doch hier ein übliches Gericht,« erklärte sie noch. »Oh,« antwortete er. »Ich kenne die Zutaten. Aber weil ich, so wie ich mich erinnere, nicht selbst gekocht habe, bedeutet mir der Name nichts.« »Ihr habt nie selber kochen müssen?« bat sie um Antwort. »Nein, habe ich nicht. Es war so wie hier. Ich habe mein Essen bekommen, denke ich,« ergänzte er noch. Sie liefen weiter in Richtung Haus. Dabei mutmaßte sie, dass er doch eines gehobenen Standes sein könnte. Und sie grübelte, ob man es je erfahren würde und wann.

    Vor dem Haus lag auf dem Tisch neben dem in die Dielen gerammten Stilett ein Buch. Sie zeigte es ihm: »Das hat Mutter für Euch herausgesucht. Ihr wolltet doch ein Buch zum Lesen, richtig?« »Ihr habt es nicht vergessen. Oh, wie aufmerksam,« freute sich der Mann. Doch bevor er zugreifen konnte, sagte sie noch: »Es ist aber nicht völlig in Ordnung. Es hat im Wasser gelegen.« »Wie das denn?« wollte er wissen. »Nun,« begann sie zu erklären, »nicht einen halben Tagesmarsch von hier in östlicher Richtung ist die Küste. Und bei schwerer See zerschellt schon mal ein Schiff auf dem Weg nach Amaranthine. Da gehen wir hin und bergen, was die See uns schenkt. Denn eigentlich können wir uns keine Bücher leisten.« »Es ist trotzdem sehr aufmerksam von Euch und Eurer Mutter. Lasst es mich doch einmal anschauen.« Dann ergriff der Mann langsam das vor ihm liegende Buch. Es war in rotes Leder gebunden. An den Ecken des Buchdeckels waren einst zum Schutz Metallkappen angebracht, von denen jedoch nur noch zwei vorhanden sind. Der Titel wurde einst in den Buchrücken geprägt. Er drehte es in die Sonne und las laut »Die Reisen eines Scholaren der Kirche.« Dann schlug er es auf und erkannte weitere Angaben. »Es ist von Bruder Genitivi, … oh, eine Karte ist auch enthalten,« stellte er fest. »Sicher einige Seiten kleben zusammen, vielleicht kann man es richten,« sagte er mehr zu sich. Er freute sich über das Buch, drückte seine Begleiterin an sich, die errötete über die unerwartete Wendung. »Danke, danke! Ich freue mich, da habe ich zwischen den Übungen für meine Finger eine willkommene Abwechslung,« hörte sie noch. Dann gingen beide in das Haus, um von den erlebten Dingen zu berichten und die Suppe zu kosten.

    Nächste -> K1 #17 • Weitere Lektionen
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 19:06 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  20. #20 Zitieren
    Deus Avatar von VRanger
    Registriert seit
    Dec 2010
    Ort
    Alte Militärbasis
    Beiträge
    25.794
    Vorherige -> #16 • Ein Buch

    Auf dem Weg zum Mittagstisch, es sollte dicke Suppe geben, hatte er ein bereitgelegtes Buch gefunden. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #17 • Weitere Lektionen

    Die nächsten Tage, es können aber auch mehrere Wochen gewesen sein, verliefen nach einem gewissen Schema des Übens der Fingerfertigkeit, dem Lesen und Spaziergängen. Bei den Letzteren brauchte der Mann eigentlich nicht mehr ihren Arm, doch er hatte seine frühere Beweglichkeit und Ausdauer noch nicht zurück. Beim Lesen kam er nur wenige Zeilen weit. Nicht, weil der Zustand des Buches zu schlecht war. Nein, einige der Erlebnisse von Bruder Genitivi, eines Scholaren der Kirche, hatte er schon lesen können. So auch die Geschichte von Anderfels, einem Land der extremen Gegensätze. Er hatte erfahren, dass es das Land mit den frömmsten Priestern und den tödlichsten Soldaten, aber auch das ärmste Land der Welt und das gefürchtetste sei. Nein, er fand das Erkennen der Buchstaben, des Wortinhaltes und der Satzaussage als sehr schwer. Ihm schmerzte der Kopf nach wenigen Zeilen und so kam es, dass er immer weniger zu dem Buch griff, wenn die zehn Übungen für seine Finger vorüber waren. Das Stilett steckte noch immer in den Holzdielen des Tisches. Jedoch hatte er unter Lob damit begonnen, jeden einzelnen Finger um den Griff zu legen. Er benötigte keine zweite Hand mehr als Hilfe, wenn er seine Rechte um die Stichwaffe legen wollte.

    Und so kam es, dass der Mann Isolde eines frühen Morgens fragte: »Kann ich Euch etwas helfen oder etwas tun?« »Warum wollt Ihr das?« wollte sie wissen und setzte sich dazu zu ihm an den Tisch. »Ich glaube, wir sollten den Ablauf ändern. Es gibt keinen Zugewinn an meiner körperlichen Verfassung und zum anderen binde ich Euch stark,« sagte der Mann mit dem rosenblonden Haar. Sie überlegte einen Moment und antwortete: »Ihr stört hier nicht, falls Ihr das meint. Ihr könnt hier solange bleiben, wie Ihr wollt.« »Nein, das ist es nicht,« entgegnete er. »Ich komme mir nur so unnütz vor. Für eine gewisse Zeit waren diese ruhigen Tage sehr erfrischend, doch es ist in meinen Augen Müßiggang!« Er zeigte ihr seine rechte Hand und erläuterte: »Ich kann sie jetzt schon ganz gut gebrauchen. Das Dunkelblaue unter den Nägeln wächst heraus, so wie es Eure Mutter sagte. Doch nur an dem Stilett zu üben ist arm an neuen Möglichkeiten. Kann ich nicht noch andere Dinge tun und dabei Euch etwas zur Hand gehen, etwas Sinnvolles ausführen?« wollte er von ihr wissen.

    Isilde lächelte ihm zu und erhob sich dabei, forderte ihm mit einer Handbewegung auf Gleiches zu tun. Sie lief wenige Schritte um das Wohngebäude und erklärte: »Schaut, hier ist eine Axt, ein alter dicker Baumstumpf dient mir als Hackklotz und dort liegt Windbruch, den Mutter und ich sammeln. Wenn Ihr den in Scheite hacken könnt, ist uns allen geholfen. Wollt Ihr?« fragte sie noch. Er nickte und wollte sofort zur Axt greifen. Doch sie hielt hin zurück. »Nicht so schnell,« bremste sie ihn. »Da wären noch einige andere Dinge.« Er hält inne und legt die Axt zurück an dem Baumstumpen. »Dieses Holz hier,« erklärte sie, ergriff einen der Äste vom Stapel und hielt ihm diesen vor die Nase. »Das Holz ist Eiche und hat im Wasser gelegen und ist jetzt steinhart. Lasst dieses Holz für den Anfang aus. Und dann gibt es noch etwas, aber das zeige ich Euch lieber vor dem Haus,« ergänzte sie noch und nahm einige Stangen zur Hand, die an der Hauswand angelehnt waren. »Ihr könnt Euch auch eine nehmen und bringt bitte die Axt mit.« Er tat wie aufgetragen und folgte ihr mit Stange und Axt.

    Beide gingen in Richtung Weiher. Sie legte die Stangen bis auf eine ab und bat ihn mit der stumpfen Seite der Axt diese in den Boden zu schlagen. Die Erfahrung des Hebens und Schwungholens mit einem schweren Gegenstand über den Kopf war neu für ihn. Und so traf er das faustdicke Holz nicht. »Ha, ha! Ihr wollt doch nicht nochmals daneben hauen,« munterte sie ihn auf. Er konzentrierte sich und diesmal traf er mit der Axt. Doch die Kraft fehlte, um die Stange deutlich in den Boden zu treiben. Nach fünf weiteren Schlägen sagte sie zu ihm: »Lasst mich weitermachen, sonst ist es nicht gut für Euch. Ihr habt noch keine Ausdauer darin und schnell habt Ihr Euch verletzt.« Er nickte, überreichte ihr die Axt und erklärte mit einer ansteigenden Röte im Gesicht: »Ihr habt recht, aber wie konnte ich glauben, dass es nichts mehr zu tun gäbe.« »Ach, sorgt Euch nicht,« antwortete sie. »Mutter und ich haben bereits in den letzten Tagen darauf gewartet, dass Ihr fragt und uns diese Dinge für Euch ausgedacht. Doch lasst uns jetzt die anderen Stangen aufstellen.« Dann packte sie die Axt und trieb mit kräftigen Schlägen die von ihm gehaltenen Stäbe in die Wiese vor dem Weiher. Er spürte beim Umfassen durch die Vibrationen in dem Holz die Energie, die hinter den Treffern steckte.

    Als dann die sechste und letzte Stange in einer Gerade mit einem Abstand von ungefähr zwei Metern unter einem alten Baum eingeschlagen wurde, erklärte sie ihm den Grund ihres Aufbaues: »Ihr könnt zwischen den Stangen zuerst gehen, später von einem Bein auf das andere hüpfend um sie tänzeln, mit einem Stock sie berühren und viele andere Dinge üben. Ich zeige es Euch.« Er nickte. Denn er hatte verstanden. Mit der Axt konnte er beim Holzspalten seine Kraft aufbauen und mit einem Slalom seine Beweglichkeit, das Geschick und Ausdauer erwerben. Als er die Axt aufnahm, fragte er: »Aber zum See gehen wir doch noch gemeinsam?« Sie schmunzelte und antwortete: »Wenn Euch daran liegt, gern.«

    Nächste -> K1 #18 • Ein Schleifstein
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 19:08 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
Seite 1 von 18 12345812 ... Letzte »

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •