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    Deus Avatar von VRanger
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    Vorherige -> K1 #23 • Geografischer Überblick

    Tobias wusste nun, wie weit er bei seiner Reise zu seinem Vater gekommen war. Er hatte es auf der etwas lädierten Karte zum Arltum gesehen. So entwickelte sich die Geschichte weiter:

    K1 #24 • Einblicke

    Magaritt erinnerte ihn im weiteren Gespräch mit einem Schmunzeln im Gesicht: »Tobias, wolltet Ihr mir nicht zeigen, wie Ihr mit mehr Gewicht durch die Stangen laufen könnt? Macht schon, scheut Euch nicht, denn der Tag ist noch jung.« Der Mann mit dem rosenblonden Haar erfasste den gemeinten Spaß und antwortete lachend: »Stimmt, wo ich jetzt mehr an Gewicht habe, sollte ich es wagen können. »Komm Klecks, komm, wir gehen rennen!« rief er mit etwas Übermut und begab sich in Begleitung des Mabari-Kriegshundes in Richtung der Stangen, um dort das Lauftraining fortzusetzen.

    Nach dem darauf folgenden Training war wieder Ruhe eingezogen. Tobias saß an dem Tisch vor dem Haus und löffelte mit einer nach außen strahlenden Ruhe eine »Dicke Suppe«. Er aß sie so wie immer. Das bereitliegende Brot hatte er in kleine Brocken zerstückelt und in die Suppe getaucht. Er dachte über den Vormittag und seine Übungen nach. Im Geiste lief er noch einmal den Stangenparkour hindurch. Dabei wich er bewusst durch einen Ausweichschritt dem pendelnden Sack an der letzten Stange aus. Bei diesen Gedankenspielen bewegte er leicht den Kopf, als wolle er auch hier den Stäben oder dem Sack ausweichen. Dieses Vorgehen wiederholte er weitere Male und erinnerte sich dabei an die einzelnen Laufübungen.

    Bei den ersten drei Durchläufen bewirkte das ungewohnte Gewicht des Kettenhemdes noch nichts. So meinte er. Aber er hatte nicht auf seine Schultern geachtet. Obwohl gut verarbeitet und ein ordentliches Hemd darunter tragend, begannen die genieteten kleinen Metallringe die Haut zu reizen. Aus dem Reiz wurde ein Scheuern und aus diesem schließlich ein brennender Druck. Beim sechsten Durchlauf hätte er aufhören sollen. Doch er konnte es nicht. Er wollte und musste sich beweisen. Dabei unterschätzte er die lange Ruhephase und auch so die Wirkung von zusätzlichen 15 Kilogramm an Gewicht. Er hatte es den anderen nicht gezeigt, welche Sorgen jede weitere Runde bereitete und wie sich der Schmerz weiter aufbaute. So hatte er auch kein richtiges Gespür für das Lob, welches er von Isilde für seine Laufleistung bekam. Nun saß er vor seinem Mittag, bemühte sich gerade zu sitzen und zwang sich nicht überhastet einen Becher mit Wasser, der neben dem Teller stand, mit einem Zug zu leeren.

    Isilde spielte mit dem Mabari »Fang das Stöckchen«. Wobei das Stöcklein einer dieser aus dem Wasser geholten Eichenäste war. Sie hatte schon ihre Mühe, das etwa armstark dicke Holz deutlich von sich zu schmeißen. Der Mabari hatte Gefallen gefunden den Wurfgegenstand zu apportieren. Doch es war nicht mehr der erste Ast. Einen hatte er bereits mit seinem starken Gebiss halbiert. Sie schaute ab und zu auf Tobias und wunderte sich, dass er auch nach dem Laufen so gerade sitzen konnte. »Er hat Manieren,« sagte sie zu sich und würdigte so, dass er den Löffel zum Munde führte und nicht umgekehrt verfuhr. Gleichfalls erstaunte sie, wie er in dem schweren Kettenhemd so gelassen dasitzen konnte. Sie hätte längst zu dem Wasser gegriffen und einige große Schlucke davon getrunken. Denn es war ein warmer Sonnentag, noch stand die Sonne hoch und die Schatten der Bäume reichten nicht über die Wiese vor dem Haus. Als der Mabari sie winselnd aus den Gedanken holte, weil er schon wieder mit dem Eichenast vor ihr stand, sagte sie: »Klecks, lass gut sein. Du hast Isilde völlig geschafft. Lauf und fange doch ein paar von den Mücken!« Der Kriegshund schien den Scherz zu verstehen oder ahnte er, dass sie etwas anderes vor hatte, er rannte auf der Wiese herum und schnappte in die Luft.

    »Klecks! Nicht so wild!« hörte sie Tobias rufen. Doch Klecks machte weiter. Und sie musste lachen über den Übermut des Tieres, das scheinbar keine Erschöpfung kannte. Sie beschloss zu dem Tisch zu gehen. »Und schmeckt es?« fragte sie, als sie sich zu Tobias setzte. »Welche Frage,« antwortete er und schaute sie mit seinen graublauen Augen an. »Es ist die beste Suppe, die ich je gegessen habe,« fügte er an. Sie dankte das Lob mit einem Lächeln und fragte mit einem Blick auf den fast leeren Teller: »Sagt, warum teilt Ihr das Brot in Stückchen und werft es in die Suppe? Wird es nicht etwas sauer dadurch?« Er hielt mit dem Essen inne und antwortete: »Es ist eine alte Gewohnheit von mir eine Suppe so zu essen, wenn Brot dabei ist.« Tobias dachte eine Weile nach und berichtete dann davon, warum er das Brot so zur Suppe in kleine Brocken teilte. »Wisst Ihr,« sagte er, »die ersten Tage, als ich verschleppt wurde, gab es nur wenig zu essen. Meist war es altes, trockenes Brot und eine dünne Suppe. Ich war als Sohn eines Arl so ein Essen nicht gewohnt. Wollte dieses auch die ersten Tage nicht anrühren. Doch der Hunger hatte letztlich meinen Willen besiegt. Um das Brot kauen zu können und für die Illusion, in der klaren Brühe seien Fleischstücke, habe ich das Brot so in Stückchen gebrochen.« »Und das habt Ihr bis heute so beibehalten?« fragte Isilde. »Sagt,« begann sie eine Frage, die ihr seit seinen Läufen durch den Stangenparkour auf der Zunge lag, »wie haltet Ihr es in diesem schweren Kettenhemd überhaupt aus?«

    »Wenn ich ehrlich sein soll,« sagte er, »überhaupt nicht. Ich wollte mir nicht eingestehen in meinem Willen und Stolz, dass zwei Durchläufe schon des Guten genug waren. Jetzt scheuert das Kettenhemd auf den Schultern und es brennt höllisch.« Die Wortkette von Isilde begleitete das Hochheben des Kettenhemdes: »Lasst mich mal sehen« … »Beim Erbauer, wie seht Ihr den aus!« … »Ich werde mal Mutter holen, die hat sicherlich eine Salbe für die Blasen!« Er war froh, nachdem die Rüstung abgelegt war, dass Hilfe kommen würde.

    Nächste -> K1 #25 • Zweifel
    VRanger ist offline Geändert von VRanger (18.07.2011 um 19:34 Uhr) Grund: zeitliche Einordnung
  2. #62 Zitieren
    Halbgöttin Avatar von Fawks
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    25) Das Gefängnis

    Jaina erwachte. Sie spürte kalten Steinboden unter sich und kam langsam auf die Knie. Sie hatte nur ihre Leinensachen an, das Hemd war zerrissen, es fehlte ein breiter Streifen, der den Bauch bedecken sollte. Sofort kniete Alistair neben ihr, der auch nur seine kurzen Leinenhosen trug, sein athletischer Oberkörper hatte einige Schrammen abbekommen.
    „Ist alles in Ordnung? Wie fühlst du dich?“ „Seltsamerweise ziemlich gut. Und dass trotz der Schläge, die ich abbekommen habe. Wenn ich Anora wiedersehe, erwürge ich sie!“ „Darf ich sie festhalten, und treten?“ Alistair zog sie an den Armen hoch und stand direkt vor ihr, sogar ein kleines Grinsen auf den Lippen. Er wirkte ungemein erleichtert.
    „Also, wie kommen wir hier heraus?“ „Na, wir befreien uns. Ruf die Wache – ich bin ab jetzt krank.“ Jaina legte sich in einer verkrampften Haltung wieder auf den Boden, holte tief Lust und fing an, Schmerzensschreie zu simulieren. Alistair klopfte gegen die Holztür und rief nach einer Wache. Tatsächlich öffnete sich die Tür und eine einzelne Wache trat ein. „Was ist hier los?“ Jaina jammerte und schrie weiter, während Alistair auf sie deutete „Sie ist krank. Ich weiß nicht was sie hat.“ Mit dem Arm den er in Richtung Jaina gestreckt hatte, nahm er Schwung und knallte ihm den Wächter ins Gesicht, der fiel genau auf Jaina, die nur darauf gewartet hatte und ihn mit einem gewaltigen Tritt empfing. Er wurde quer durch die Zelle in eine Ecke geschleudert und krachte gegen die Wand, man hörte vielfaches Knacken von Knochen. Jaina stürzte sich auf den Wächter und durchsuchte ihn – und fand den Schlüsselbund, den sie suchte.
    „Los, komm.“ Die beiden Grauen Wächter rannten aus ihrer Zelle und fanden am Ende der großen Halle eine Truhe – Jaina schloss sie auf und darin lagen all ihre Sachen. Sie kleideten sich an und schlichen eine Treppe hinauf. „Wo gehen wir eigentlich hin?“ wisperte Alistair in Jainas Ohr. „Keine Ahnung, hoffentlich nach draußen. Halte Ausschau nach einer Waffenkammer.“ flüsterte Jaina zurück. Tatsächlich stand die Tür des nächsten Raumes weit offen, darin funkelten Rüstungen, Waffen, Schilde und allerlei andere Sachen.
    Jaina zog Alistair hinein und schloss die Tür hinter den beiden. „Komm, wir verkleiden uns wieder. Und dann versuchen wir auf Patrouille zu gehen.“ Alistair sah sie erst erstaunt an, dann grinste er. „Du bist unglaublich.“ „Dann würde ich gerne wissen, was du sagst, nachdem ich mit dir fertig bin…“ hauchte Jaina ihm breit grinsend zu – und es verfehlte die Wirkung nicht. Alistair wurde – mal wieder – rot wie der frühe Sonnenaufgang.

    Tatsächlich verkleideten sich die beiden und fanden das Zimmer des Feldwebels, der sie anwies, ihre Kameraden zu holen und bei ihm vorstellig zu werden. Sie fanden ihre beiden Begleiter, verhalfen ihnen zu ordentlichen Waffen und meldeten sich wieder beim Feldwebel, der sie auf ihre erste Patrouille schickte.

    Die Tore des Gefängnisses öffneten sich vor Jaina und Alistair und sie musste sich zusammen reissen um nicht laut zu lachen. Sie spazierte einfach aus einem Kerker heraus… man sollte nicht glauben, wie leichtgläubig manche Soldaten waren.

    Morrigan und Leliana stießen die Tür zu Arl Eamons Gemach auf und Anora ging direkt auf Eamon zu. „Etwas Schreckliches ist geschehen! Sie haben Jaina und Alistair gefasst!“ Leliana sprach direkt an Eamon gewandt.
    „Was?!“ Eamon sah in die Runde. „Wie kam das?“ Anora antwortete: „Nun, ihr diplomatisches Geschick lässt einiges zu wünschen...“ „Tatsächlich hat SIE hier uns verraten.“ Die Hexe deutete auf Anora. „Kaum hat man sie gerettet, fällt sie einem in den Rücken. Weibstück.“ Morrigan legte soviel Verachtung in ihre Stimme wie sonst nur gegenüber Alistair und blitzte Anora wütend an, die aber Morrigans Blick standhielt. „Wir müssen sie befreien.“ „Das dürfte wohl keine gute Idee sein, sonst lasst Ihr Euch nur wieder einsperren.“ Leliana schürzte die Lippen. „Zudem traue ich Jaina zu, dass sie alleine da raus kommt. Warten wir, bis es dunkel wird.“

    Im selben Moment hörten sie von draußen ein ohrenbetäubendes Bellen, das lange anhielt und immer näher kam – die Tür wurde erneut aufgestoßen und da standen Jaina, Alistair und um sie herum sprang Jag, immer noch bellend. Jaina beachtete Anora nicht und antwortete auf Eamons besorgte Frage wie es ihr ginge.
    Anora aber wandte sich an Jaina. „Es tut mir wirklich Leid, dass es anfangs so schiefgelaufen ist mit uns. Ich wollte nicht, dass man mich erkennt, sie hätten mich getötet. Hattet Ihr ganz vergessen, warum ich die Rüstung angezogen habe? Deswegen musste ich Euch als Sündenbock nehmen. Verzeiht mir.“ „Oh, tatsächlich. Irgendwie nehmen mich viele Leute gerne als Sündenbock. Reiht Euch nur ein. Aber was wolltet Ihr sagen? Etwa, dass Ihr unsere Hilfe benötigt? Nun, wenn Ihr ein Zimmer wollt müsst ihr schon den Arl fragen. Sonst noch etwas?“ Jainas Stimme triefte nur so vor Sarkasmus, Anora aber ging gar nicht darauf ein. „Ja, ich brauche Hilfe, und zwar dabei, meinem Vater das Handwerk zu legen. Ich habe eine Spur, die ins Gesindeviertel der Stadtelfen führt. Irgendwas geht dort vor. Sie alle sind seit einiger Zeit unruhig, und das nicht wegen der Verderbnis. Ich weiß nicht genau was dort vorgeht, aber einer meiner Informanten sagte, dass einige der Bewohner verschwunden seien. Ich glaube, dass mein Vater dahinter steckt.“ Eamon nickte. „Wir werden dieser Spur folgen, Anora. Doch was, wenn wir Euren Vater ruhigstellen konnten? Ferelden braucht einen König.“
    Anora sah ihn irritiert an. „Nun, und ich bin die Königin. Glaubt Ihr etwa, Cailan hätte das Land fünf Jahre lang regiert? Wohl kaum. Ich war die eigentliche Herrscherin. Alistair hat ohnehin keine Erfahrung als König. Es ist nur vernünftig, dass er bei den Wächtern bleibt und die Verderbnis bekämpfen kann...“ „Und Ihr damit Euren Thron sichern könnt.“ Jaina sah sie finster an. „Wir werden den Hinweisen nachgehen. Dann sehen wir weiter.“ Sie verneigte sich vor Eamon und der Königin, und ging ohne Anora eines weiteren Blickes zu würdigen aus dem Raum in ihr Zimmer,

    In ihrem Zimmer stellte Jaina sich vor einen mannshohen Spiegel und wäre fast erschrocken. Eine blutige Platzwunde zierte ihre Stirn und dort wo die Rüstung im Kampf verrutscht war, befand sich ein tiefer Schnitt, nahe am Hals.
    Sie suchte sich ein sauberes Leinentuch, befeuchtete es mit ein wenig Wasser aus einem Krug, der auf dem Tisch stand und setzte sich damit auf ihr Bett. Vorsichtig tupfte sie die Wunden ab und sah an der Färbung des Leinens, dass sie das Blut weggewaschen hatte.
    Leise öffnete sich die Tür, erst flitzte Jag durch den Türspalt, dann trat Alistair hindurch und verschloss sie sorgsam hinter sich.

    Jaina dreht den Kopf und lächelte ihre beiden engsten Freunde an. „Anora geht mir gewaltig auf die Nerven.“ „Nicht nur dir... gib mir mal das Tuch.“ Alistair hatte ihr das Tuch aus der Hand genommen, ging zum Wasserkrug und befeuchtete es erneut. Er ließ sich neben Jaina auf dem Bett nieder, fasste ihr vorsichtig unters Kinn um es zu sich zu drehen. Behutsam tupfte er die Platzwunde ab und betrachtete dabei eingehend Jainas schönes Gesicht, die grünen Augen, die keck geformte Nase und die schwarzen Ponyfransen, die ihr immer über das rechte Auge hingen. „Die Wunde sieht schon wesentlich besser aus. Er hat dich ordentlich erwischt.“ „Und er hat bekommen was er verdient hat. Ich hab dir noch gar nicht dafür gedankt, dass du mir wieder das Leben gerettet hast. Ich hoffe, ich kann mich revanchieren.“ Alistair lachte. „Gelegenheit werden wir genug haben. Aber du solltest nicht ins Gesindeviertel. Du musst dich ausruhen. Morrigans Trank wirkt nur noch bis spätestens heute Abend. Schick die anderen.“ „Und du?“ Jaina musterte Alistairs Gesicht, das nahe bei ihrem war. Er lächelte unsicher. „Nun, ich kann sie begleiten.“ „Nein, bleib bei mir. Wir suchen morgen deine Schwester. Ich habe es dir versprochen.“
    Alistairs Augen strahlten wie der junge Morgen. Die verletzte Kämpferin verscheuchte alle warnenden Gedanken, beugte sich zu Alistair und küsste ihn auf die Wange. Dann schob sie den verwirrten Wächter von der Bettkante. „Liebster Alistair, darf ich dich bitten den anderen alles zu sagen? Ich bin hundemüde.“ Jaina warf ihm einen treudackeligen Blick zu. Er nickte, etwas unsicher, und ging ohne ein weiteres Wort zur Tür. Jag kam an Jainas Bett gelaufen und rieb seine Schnauze an ihrem Arm. Sie streichelte ihn und legte sich bequem in ihr großes Bett. Nach wenigen Sekunden war sie eingeschlafen, ihr Arm baumelte noch über der Bettkante.
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    Halbgöttin Avatar von Fawks
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    26) Fortschritte

    Alistair hatte Zevran, Leliana und Morrigan unterrichtet, außer Morrigan hatten sich alle bereiterklärt, das Gesindeviertel zu untersuchen. Sie würden am nächsten Morgen aufbrechen.

    Es war erst Spätnachmittag. Alistair hatte sich im Innenhof an den Brunnen gesetzt. Zevran kam gerade grinsend aus dem Eingang und gesellte sich zu Alistair, der seine Chance ergriff. „Zevran, dürfte ich Euch eine persönliche Frage stellen?“ Der Elf ließ sich auf dem Brunnenrand nieder. „Natürlich dürft Ihr fragen, aber ich muss nicht antworten.“ „In Ordnung. Hattet Ihr schon sehr viele Frauen? Ich meine, seid Ihr die Art Mann, die...“ Zevran unterbraach ihn grinsend. „Ich habe von Zeit zu Zeit gefrönt, wenn mein Interesse nicht auf etwas anderem lag.“
    „Verstehe. Also, wie habt Ihr sie... umworben? Gibt es da eine Technik, oder...“ „Sie umwerben? Ist das euer Ernst?“ Zevran sah Alistair gespannt an, der unsicher grinste. „Ähm, ja. Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll.“ „Lasst mich das noch mal zusammenfassen: Ihr habt noch nie jemanden umworben? Nicht einmal?“ Zevrans Grinsen reichte bis zu seinen elfischen Spitzohren. Alistair wandte sich von ihm ab. „In Ordnung. Schlechte Idee. Vergesst es.“ Alistair begab sich wieder in das Anwesen und ging in Jainas Zimmer, wo auch er schlief.

    Dort sah er seine Wächter-Freundin schlafen, ein Arm baumelte aus ihrem Bett und schwebte über ihrem Mabari, der auf dem Fellvorleger schlief. Alistair schob Jainas Arm unter die Bettdecke, suchte ein frisches Tuch und begann die Wunde an ihrer Schulter zu säubern. Er wollte sich gar nicht vorstellen, dass sie hätte sterben können. Was war er froh gewesen, dass er rechtzeitig bemerkt hatte, dass Howe Jaina erwischt hatte. Er dankte im Stillen dem Erbauer, dass er sie hatte retten können.
    Sie hatte einen Platz in seinem Leben eingenommen, den noch niemand vor ihr belegt hatte. Und er wollte sie nicht wieder aus seinem Leben lassen, doch das konnte er ihr schlecht sagen. All diese Gefühlsbekundungen kosteten ihn schreckliche Überwindung, er konnte sich nicht erklären warum. Jaina wimmerte im Schlaf, als er etwas zu fest auf ihre Wunde drückte. Erschrocken hielt er inne, dann strich er ein paar Mal über ihren Kopf.
    Als die Wunde ausgewaschen war, legte er sich in seinen Teil des Bettes und dachte nach. Morgen würde er seine Schwester hoffentlich finden. Vielleicht kannte sie sich mit Frauen aus und konnte ihm einen Tipp geben. Er kam sich unbeholfen vor, aber wusste wirklich nicht, was er in Bezug auf Jaina machen sollte.

    Er überlegte hin und her und beschloss, Leliana zu fragen. Sie war eine Frau, sie würde wissen was zu tun war. Er ging leise aus dem Zimmer und fand Leliana in ihrem Zimmer, das sie mit Morrigan und Zevran teilte. Sie war alleine und untersuchte einige Fläschchen, in denen grünliche Flüssigkeit schwappte. Als Alistair eintrat, lächelte sie ihm freundlich zu, er deutete auf die Fläschchen. „Was ist das?“ Leliana grinste leicht. „Gift. Unterschiedliche Sorten. Zevran hat mir einiges erklärt. Zwar glaube ich nicht, dass die Glaubensschwestern so etwas gutheißen würden, aber politische Intrigen können immer gut mit Gift vorangetrieben werden – und genau das haben wir vor uns.“
    Misstrauisch sah Alistair die Fläschchen an. „Solange keine davon in meinem Getränk landet... oder in dem von einem aus unserer Gruppe.“ Leliana lachte und schüttelte den Kopf. „Also, Leliana, ihr seid doch weiblich, richtig?“
    Leliana sah ihn heiter an. „Bin ich das? Was für eine Neuigkeit. Wann ist das nur geschehen?“
    Alistair beachtete die Ironie nicht. „Ich wollte nur einen Ratschlag. Was sollte ich tun, wenn ich eine Frau … außergewöhnlich finde und...“ „Und Ihr wollt sie umwerben? Ein guter Tipp: Stellt ihre Weiblichkeit nicht infrage.“ Alistair errötete etwas. „In Ordnung, ja. Gutes Argument.“
    „Wieso fragt Ihr? Habt Ihr Angst davor, dass es sich nicht von selbst ergibt?“ „Wie sollte es das? Besonders wenn ich Frauen frage, ob sie weiblich sind.“ Alistair zog eine Grimasse.
    „Das macht Euren Charme aus, Alistair. Ihr seid ein wenig unbeholfen. Das ist sehr einnehmend.“
    „Also soll ich unbeholfen sein? Sagtet Ihr nicht gerade, dass ich das nicht tun soll?“
    „Seid einfach Ihr selbst. Ihr wisst ja wohl wie das geht, oder?“ Leliana sah ihn stirnrunzelnd an.
    Alistair wandte sich in Richtung Tür. „In Ordnung. Vergesst, dass ich gefragt habe.“

    Ungehalten ging er aus dem Zimmer. Dass Frauen auch immer so in Rätseln sprechen mussten. Er fragte sich, ob Jaina das auch so perfekt beherrschte wie Leliana.
    Er beschloss, das Thema vorerst ruhen zu lassen und ging zu Riordan. Der hatte einen Medicus gefunden, sich gewaschen und frisch angekleidet und er freute sich Alistair zu sehen. Die beiden begannen sich gegenseitig von ihren Abenteuern zu erzählen und Alistair erzählte alles von Ostagar und ihrer bisherigen Reise.
    So schwatzten sie bis spät in den Abend hinein, ließen sich zwischendurch eine Mahlzeit servieren, bis sich Alistair irgendwann gähnend verabschiedete.
    Es war längst dunkel draußen, durch das einzige Fenster in seinem Zimmer fiel kaum Mondlicht. Er tastete nach seinem Bett da er eine Kerze vergessen hatte. Er fand es auch ohne irgendwelche Lärm zu machen und legte sich hinein. Seine Augen gewöhnte sich langsam an die Dunkelheit und neben sich, in der anderen Hälfte des großen Bettes erkannte er Jainas Gestalt.
    Glücklich lächelnd schlief er ein.

    Als Alistair am nächsten Morgen erwachte, war das Bett neben ihm leer. Doch als er sich aufrichtete entdeckte er Jaina, die in der Mitte des Raumes auf einem Fell saß und frühstückte, nebenbei ihren Mabari fütterte, der ihr gegenüber saß. Alistairs Magen knurrte ebenfalls und er sprang aus dem Bett, griff sich ein weites Leinenhemd, das im geräumigen Schrank hing und schlüpfte hinein ohne sich mit den Knöpfen abzugeben. Seine Shorts hatte er nachts anbehalten.
    Jaina hatte ihn bemerkt und lächelte ihm zu. „Komm her, du kriegst auch was. Ich hätte heute Morgen ganz deiner Erzählung nach eine ganze Speisekammer leerräumen können.“ Sie reichte ihm ein ordentliches Stück Brot und wies auf eine Platte, auf der die unterschiedlichsten Obstsorten lagen, sogar ihm unbekannte Kugelhälften, die eine Art weißes Fleisch an den inneren Wänden haften hatten.
    Bald waren beide gesättigt, nur Jag konnte nicht genug bekommen. Er stand auf und senkte den Kopf zu dem Tablett um die braunen Kugelhälften auszuschlecken.
    Alistair lehnte sich entspannt zurück und stützte sich auf beiden Armen ab, das nicht geschlossene Hemd gab den Blick frei auf seinen durchtrainierten Oberkörper und Jainas Blick blieb auffällig lange, zu lange daran hängen. Sie selbst trug ihre Rüstung, doch ihre Wunde an der Schulter rieb sich am Lederstoff. Sie ging zum Schrank, holte ein kleines Leinentuch hervor und bat Alistair, ihre Schulter zu verbinden.
    Der platzierte das Leinen genau auf der Schnittwunde und schob die Ränder unter der Rüstung hindurch und verknotete sie und Jainas Arm. „Das sollte halten, für einige Zeit.“ „Danke dir. Also, suchen wir deine Schwester?“
    Alistair nickte eifrig. „Bisher kam ich noch nicht dazu, alle Häuser nahe des Gesindeviertels zu überprüfen, aber so viele sollten das nicht sein.“
    Jaina schnappte sich ihren Rucksack – man wusste nie - und ging mit Jag vor die Türe und wartete bis Alistair sich angekleidet hatte. Nach kurzer Zeit trat er in seiner Rüstung heraus, schloss die Tür hinter sich und schob das im Schild befestigte Schwert auf den Rücken.

    Gemeinsam traten sie aus dem Anwesen und begaben sich in Richtung des Gesindeviertels. „Du hast eine Beschreibung des Hauses, nehme ich an?“ Alistair nickte. Sie waren noch nicht lange gegangen, da blieb Alistair plötzlich stehen. Die Häuser hier sahen alle gleich aus, es waren halbwegs gut gebaute Häuser, etwas schäbig und man konnte erraten, welche Bürgerschicht darin wohnte.
    „Das ist es. Dort drüben. Ich bin mir ganz sicher.“ Er wies auf ein Haus, das aus gelblichen Wänden bestand, eine grobe Holztür als Haustür hatte und ein schmutziges Holzdach.

    Jaina lächelte. „Na dann?“ „Ähm, wir könnten auch - ich meine haben wir überhaupt Zeit für so etwas?“ Jaina hob die Brauen. „Willst du alleine gehen?“ Alistair schüttelte schnell den Kopf. „Wirke ich nervös? Ich bin es. Ich weiß gar nicht, was ich erwarten soll. Ich hätte dich gerne dabei, wenn das geht. Wird sie überhaupt wissen wer ich bin? Meine Schwester. Das klingt sehr seltsam. Oder ob sie mich mögen wird. Mist, ich plappere herum. Das ist gar nicht gut. Wir sollten lieber wieder gehen…“ Jaina lachte in sich hinein und nahm Alistair an der Hand – sie spürte wie er schwitzte – und zog ihn in Richtung des Hauses. Ihr Mabari sprang fröhlich hinterher.

    Sie stieß die Tür auf und schob Alistair herein. „Ähm, hallo? Ist jemand da?“ rief Alistair unsicher in den Raum. Hinter eine Wand kam eine Frau hervor, älter als Alistair und sie, ein eigentlich hübsches, aber irgendwie verbrauchtes Gesicht. Die roten Haaren wirkten stumpf und hingen auf die Schultern herab. Ihr Kleidung war schäbig. „Ja, bitte? Habt Ihr Leinen zu waschen? Ich verlange nur 5 Silber pro Stück.“
    Alistair sah sie verwirrt an. „Nein, ich bin nicht hier weil Ihr etwas waschen sollt. Mein Name ist Alistair. Ich, nun das mag jetzt seltsam klingen, aber seid Ihr Goldanna? Wenn ja, dann bin ich Euer Bruder.“ „Mein was? Ja, ich bin Goldanna - woher wisst Ihr meinen Namen? Was treibt ihr hier für einen Schabernack?“
    „Unsere Mutter, sie arbeitete als Dienstmagd auf Schloss Redcliffe – vor langer Zeit, bevor sie starb. Wisst Ihr davon?“ Alistairs Unsicherheit klang langsam ab. Auf seine Frage reagierte Goldanna mit Entsetzen.
    „Du! Ich wusste es! Sie sagten, du seist tot! Dass du mit Mutter gestorben wärst – ich wusste sie würden mich anlügen!“
    Alistair sah sie schockiert an. „Sie sagten ich sei tot? Wer? Wer hat dir das erzählt?“
    „Die im Schloss. Ich sagte, dass es das Kind des Königs gewesen sei und sie sagten mir es sei tot. Gaben mir ein paar Münzen und verscheuchten mich. Ich wusste es!“ Goldanna wirkte überaus verärgert.
    „Das tut mir Leid, das wusste ich nicht…“ Alistair sah sie betroffen an. „Das Kind ist nicht gestorben, ich bin es, ich bin dein Bruder.“
    Goldanna schnaubte. „Und was nützt mir das? Du hast Mutter getötet, und ich musste zusehen wie ich klarkomme. Das Geld war bald weg und als ich zurückging schickten sie mich fort.“

    Jaina sagte vernehmlich „Und, hast du sie dir so vorgestellt?“ Goldanna sah sie hochnäsig und verächtlich an. „Und wer seid Ihr? Eine Hure, die hinter seinem Reichtum her ist, nehme ich an?“
    Alistair mischte sich ein: „Hey! Rede nicht so mit ihr! Sie ist meine Freundin und ein Grauer Wächter, ebenso wie ich!“ wies er sie scharf zurecht.
    Goldanna lachte höhnisch. „Oooh, ein Prinz und ein Grauer Wächter, verstehe. Wie darf jemand wie ich schlecht über jemand so Mächtigen im Vergleich zu mir denken? Ich kenne dich nicht, Bursche. Dein königlicher Vater hat mir meine Mutter weggenommen, und was habe ich jetzt davon? Die haben mich sauber reingelegt. Ich hätte es jedem erzählen sollen.“

    Jaina wandte sich an Alistair. „Sieht so aus, als sei sie nur hinter deinem Geld her.“ Alistair nickte. „Sieht ganz so aus, ja. Ich dachte nicht, dass meine Schwester… ich fange an mich zu fragen, warum ich überhaupt hier bin.“
    „Ich weiß auch nicht warum du hergekommen bist oder was du finden wolltest. Was immer es ist, es ist nicht hier. Jetzt verschwindet aus meinem Haus, alle beide!“ Goldannas Stimme war eine Oktave gestiegen und sie schrie fast. Jag legte die Ohren an und knurrte drohend. Jaina pfiff ihm durch die Zähne zu und trat aus dem Haus.
    Die drei entfernten sich ein gutes Stück von Goldannas Haus, Jag setzte sich auf seine Hinterläufe und begann, seine Vorderpfoten zu lecken. Alistair sah kopfschüttelnd zurück. „Nun, das war sicherlich nicht das was ich erwartet hatte. Vorsichtig ausgedrückt. Das ist die Familie, über die ich mein Leben lang nachgedacht habe? Diese Zicke ist meine Schwester? Ich kann es einfach nicht glauben.“ Er holte tief Luft um sich zu beruhigen. „Ich dachte, sie würde mich einfach akzeptieren wie ich bin. Ist dafür nicht eine Familie da? Ich… ich fühle mich wie ein Vollidiot.“
    Jaina legte ihm die Hände auf die Schulter. „Nein, du bist kein Idiot. Aber du solltest lernen, dass die meisten Leute immer zuerst an sich denken.“ Er sah sie traurig an, und irgendwie sah er sie auch nicht an. „Wahrscheinlich hast du Recht. Verschwinden wir hier einfach.“ Er drehte sich um und marschierte in Richtung Eamons Anwesen davon. „Alistair, warte!“ Jaina war stehengeblieben und wartete bis Alistair wieder heran war. „Ich schlage vor, wir gehen aus Denerim raus. Wenn wir jetzt ins Anwesen zurückgehen, bläst du nur Trübsal. Komm mit.“ Sie drehte sich in Richtung Haupttor und ging darauf zu, Alistair und Jag im Schlepptau.

    Sie führte die beiden aus der Hauptstadt. Als sie den letzten Türme und Mauern passierten, fiel ihnen auf, wie viele Soldaten mehr als Wachen abgestellt waren. Die Wachen trugen vertraute Rüstungen – solche hatte Jaina in der vergangenen Tagen zwei Mal angehabt.
    Die Tore Denerims lagen schon etwas hinter den Dreien, langsam gewann die Ebene wieder den Großteil des Bodens. Nördlich von Denerim war ein kleines Wäldchen, darauf steuerte Jaina zu. Sie war noch nicht dort gewesen, aber sie sehnte sich nach Ruhe nach dem ganzen Treiben und sie war sich sicher, dass es Alistair nicht anders ging.
    Der kleine Laubwald war durchzogen von einem Trampelpfad, den einige Leute hier in den Boden gestampft hatten. Er war gesäumt von Büschen und Bäumen, und in der Nähe hörte man einen kleinen Bach gluckern. Jaina verließ sich auf ihr Gehör und drang tiefer in das Wäldchen ein, bis sie tatsächlich vor dem kleinen Bach stand, der an dieser Stelle eine Stromschnelle bildete, ansonsten aber weniger ein Bach als viel eher ein Rinnsal war.

    Jaina kniete sich an den Bach und schöpfte mit der hohlen Hand Wasser, um sich abzukühlen. Alistair hatte sich auf einen nahe gelegenen Stein gesetzt, der über und über mit Moos bewachsen war. Die Mittagssonne musste heiß brennen, aber inmitten des Waldes waren sie geschützt und hier war es angenehm kühl.

    „Jaina, ich habe nachgedacht.“ Alistair sprach sachlich und nicht so, als wäre er geistesabwesend. „Über was hast du denn nachgedacht?“
    „Als wir bei Goldanna waren hattest du mir gesagt, ich solle mich mehr um mich selbst kümmern als bisher. Ich fange an zu glauben, dass du Recht hast. Ich muss aufhören andere Leute für mich entscheiden zu lassen und mich selbst für mein Wohl einsetzen – sonst werde ich nie glücklich sein.“ Jaina erhob sich und sah im klaren Taglicht an. „Lass dich nicht von mir beeinflussen.“ Alisair schüttelte den Kopf. „Was du sagtest, ergibt Sinn. Du liegst doch richtig. Ich muss mich mehr um mich selbst kümmern. Oder habe ich das falsch verstanden?“ „Du hast mich richtig verstanden, aber das heißt nicht, dass du auf mich hören musst.“
    Alistair winkte ab. „Ich muss nicht, aber ich will. Es stimmt alles was du sagtest. Ich hätte das schon vor einer ganzen Weile machen sollen. Ich… wollte dir nur danken. Bei dir zu sein ist der einzige Lichtblick bei allem was passiert ist.“
    Sein Blick sagte mehr als tausend Worte, und Jaina spürte, wie ihre Knie weich wurden. Schnell setzte sie sich wieder hin, bevor sie drohte umzukippen.

    „Jaina. Bleiben wir. Für heute. Ich will nicht zurück. Ich brauche Abstand. Das Landthing steht an und ich… habe noch etwas zu überdenken. Haben wir Proviant dabei?“
    Jaina überprüfte ihren Rucksack. „Hm, ein paar Brocken Brot. Mehr nicht. Aber wir können was jagen. Bleibst du hier und machst Feuer?“ Alistair nickte. Jaina ließ den Rucksack liegen und legte ihr Schwert daneben. „Komm, Jag.“ Sie rannte voran und ihr Hund hetzte ihr hinterher, bald waren sie hinter den dichtstehenden Bäumen verschwunden.

    Alistair sammelte etwas trockenes Holz und kramte die Feuersteine aus dem Rucksack. Als er sie im Hauptfach nicht fand, überprüfte er die Seitentaschen. Er langte hinein und berührte etwas Weiches. Überrascht zog er sein Geschenk an Jaina nach draußen. Er betrachtete die Rose, die nur etwas angetrocknet war. Er seufzte. Er würde keine bessere Gelegenheit bekommen. Sein Entschluss war gefasst.

    Jaina kehrte fröhlich mit einem toten Hasen zurück. Sie hatte ihn schon ausgeweidet und schob das Fleisch über einen Stock und hängte ihn in die grobe Vorrichtung aus zwei Stöcken über das Feuer.
    „Sag mal Jaina, was hältst du von Morrigan? Glaubst du wirklich, dass sie uns nicht in den Rücken fällt?“ Jaina lachte. „Ihr mögt euch nicht besonders oder?“ „Abgesehen davon, dass sie eine komplette und blöde Zicke ist – nein, ich mag sie nicht. Du etwa?“ Alistair sah sie entrüstet an.
    Jaina kicherte immer noch. „Ich muss sie nicht mögen. Sie ist nützlich.“ Alistairs Blick hellte sich nur wenig auf. „Sieh doch mal, ich will sie nicht in Schutz nehmen müssen, aber wäre ich noch Leben ohne sie? Da ist es mir lieber sie redet viel Unsinn und beschwert sich als dass ich tot aufgefunden werde. Dir nicht?“ Nun sah Alistair besänftigt aus. „Hm, du hast ja Recht…“

    Gemeinsam drehten sie den Hasenbraten über dem Feuer. Das Fleisch brutzelte und duftete köstlich. Jag saß sabbernd so nahe am Feuer wie ihm möglich.
    Endlich war der Braten fertig und die drei ließen es sich schmecken. Jaina kramte ihre Decke aus dem Rucksack, warf sie auf den Boden und stillte ihren Durst am Bach. Als sie sich erhob bemerkte sie hinter sich Alistair, der sie merkwürdig ansah. „Was denn?“ Jaina blickte ihn an wie ein Fragezeichen.
    „Also gut, ich weiß wirklich nicht, wie ich dich das fragen soll.“
    Jaina grinste. Wenn er so etwas sagte wurde es meistens lustig – oder todernst. „Schwitzt du?“ neckte sie ihn.
    „Nein! Das heißt, ja, ich bin natürlich etwas nervös, nicht weil es schlimm oder beängstigend wäre, oder… naja. Wie soll ich das ausdrücken? Ich hatte mir das leichter vorgestellt, aber in deiner Nähe fühle ich mich immer als würde mein Kopf explodieren. Ich kann nicht mehr klar denken.“
    „Oh… ähm… danke?“
    „So meine ich das nicht. Lass mich noch mal anfangen. Also, es ist so: In deiner Nähe zu sein, macht mich wahnsinnig. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen ohne dich zu sein. Nie mehr. Ich weiß nicht wie ich es sonst sagen soll. Ich möchte die Nacht mit dir verbringen. Hier im Lager. Mag sein, dass ich zu sehr vorpresche, aber ich weiß was ich empfinde.“

    Jaina war nun tatsächlich überrascht. Von ihr aus war das gar keine Frage, aber sie dachte nicht an sich. Sie sorgte sich um Alistair. Sie selbst hatte sich nicht wirklich eingestehen wollen, was sie für ihn empfand. Vor allem wie es dazu gekommen war. Natürlich konnte sie es nicht leugnen. Aber andere Umstände wären ihr so viel lieber gewesen… Sie konnte es ihm nicht sagen. Das würde warten müssen. Und es war schon wesentlich besser geworden. „Bist du dir wirklich sicher?“
    Alistair seufzte. „Ich wollte auf den richtigen Zeitpunkt warten, den richtigen Ort. Aber wann soll das sein? Wenn alles perfekt wäre, hätten wir uns nicht mal kennengelernt. Wir sind eher… übereinander gestolpert und obwohl es der denkbar ungeeignetste Zeitpunkt war, habe ich mich mitten in den Kriegswirren und allem anderen ich dich verliebt. Ich will nicht länger warten. Ich habe so etwas noch nie vorher getan. Das weißt du. Ich will mit dir zusammen sein solange es möglich ist – denn möglicherweise…“ Alistair musste nicht weitersprechen. Sein Blick sagte alles und er war voller Verzweiflung. „Sag sowas nicht. Es wird immer ein Danach geben,“ murmelte Jaina.
    „Wird es das?“fragte Alistair bitter. „Du weißt es nicht. Ich weiß es nicht. Ich will wenigstens einmal sagen können, dass ich alle Vorsicht in den Wind geschlagen habe.“
    Jaina nickte. „Wenn es das ist was du willst – gut.“ Alistair sah sie eindringlich an. „Ich glaube es. Ich hoffe es.“ fügte er zärtlich hinzu.
    Der junge Wächter ging einen Schritt auf Jaina zu und schloss sie in seine Arme. Er schmiegte sein Gesicht in ihr Haar, an ihren Hals und Jainas Lippen fanden seinen Mund. Sich leidenschaftlich küssend sanken die beiden Wächter auf Jainas Decke, mit ein paar Griffen löste Alistair Jainas Schultergurt, der den Dolch hielt. Er fiel ins weiche Gras, wo er den leichten Feuerschein reflektierte, er blinkte leicht in der immer stärker werdenden Dunkelheit.
    Der Abend war hereingebrochen, und für Jaina und Alistair schien die Zeit stehen zu bleiben.


    Eine ganze Weile später lag Jaina auf dem Rücken, Alistair auf den Ellenbogen gestützt neben ihr. Das Feuer wärmte sie beide und sie hatten die Decke über sich gebreitet. Diesmal war sie alles andere als zu klein, Jaina kuschelte sich an Alistair. Er lächelte und strich ihr sanft über die Hüfte. „Wenn die Schwestern in der Kirche Recht hätten, müsste mich schon längst der Blitz erschlagen haben.“
    Jaina grinste. „Wirklich?“ „Jap. Zuerst der Blitz, dann das Ende aller Zivilisation wie wir sie kennen. Ich bin ein böser, böser Mann.“ „Ach was, nicht nach dieser Leistung.“ Jaina lächelte ihn mit einem eindeutigen Blick an und brachte Alistair zum Lachen. „Dir ist aber schon klar, dass der Rest unserer Gruppe darüber sprechen wird, oder? Das werden sie nämlich.“
    „Wirst du es ihnen sagen?“
    „Das muss ich nicht. Morrigan wird mir DEN Blick zuwerfen, ich weiß es genau. Du solltest ihr wirklich mal von mir in den Hintern treten. Was gäbe ich um diesen Kampf zu sehen…“
    Jaina schlang ihre Arme um seinen Rücken. „Beim ersten blöden Kommentar verfüttere ich sie an die Dunkle Brut.“ Während sie das sagte wirkte sie so gefährlich wie ein Kuscheltier, derart an Alistair gedrückt und im leicht flackernden Feuerschein. Alistair lachte laut auf. „Siehst du? Genau deswegen liebe ich dich. Also, was tun wir jetzt?“
    Jaina rückte ein Stück von ihm ab und sah ihn ernst an. „Was glaubst du denn? Wir bleiben zusammen.“ Alistairs Blick war so warm und leidenschaftlich wie das Feuer, das neben ihnen brannte. „Damit komme ich gut klar. Hoffe ich. Bevor wir jetzt all das hinter uns lassen und gehen – sagte ich schon dass ich dich liebe? Ja? Naja, es wird dich nicht umbringen es noch mal zu hören, oder?“
    Jaina schluckte. „Ich liebe dich auch.“ Alistair strich ihr sanft über die Wange. „Siehst du?“ wisperte er. „Das war doch nicht so schwer, oder?“ und gab ihr einen langen Kuss.
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    27) Das Landthing

    Sie beschlossen so schnell wie möglich zum Anwesen zurückzukehren. Es war noch nicht mitten in der Nacht, aber es war schon dunkel. Sie schlüpften in ihre Rüstungen, die verteilt neben dem Feuer lagen, schnallten sich ihre Waffen um und traten das Feuer aus.
    „Jag!“ Nach wenigen Sekunden kam der Mabari aus dem Wäldchen gesprungen – wann er dort hingegangen war, hatte keiner der beiden Wächter bemerkt. „Führ uns zurück zum Anwesen, ja?“ Sie rubbelte sein Nackenfell und er bellte vergnügt. Im fahlen Sternlicht folgten sie dem Mabari zurück nach Denerim und zurück ins Anwesen. Dort war alles dunkel – alle anderen schienen schon zu schlafen.
    Jaina und Alistair betraten ihr Zimmer, das von einer einzelnen Kerze erhellt wurde und entdeckten Leliana, die auf dem Sofa eingeschlafen war. „Sie hat auf uns gewartet. Wir sollten sie wecken, wahrscheinlich haben sie etwas Wichtiges herausgefunden.“ flüsterte Jaina Alistair zu. Der nickte und im gleichen Moment keuchte Leliana auf, zog einen kleinen Dolch aus ihrer Rüstung und richtete ihn auf etwas am Fußende des Sofas. Dort hatte Jag seine Vorderpfoten auf die Kante gestützt und an Lelianas Beinschienen gezerrt.
    „Jag!“ rief Jaina ihren Mabari zur Ordnung, ohne sich das Grinsen verkneifen zu können. „Verzeiht, Leliana, er ist zuweilen… etwas stürmisch.“ Leliana hatte ihre gute Laune schon wiedergefunden. Sie steckte den Dolch wieder weg und stand auf.
    „Macht nichts. Ihr wart lange weg… wir warteten seit Nachmittag auf Euch.“ Verlegen sahen sich die beiden Wächter an und nun war es an Leliana, ihr Grinsen zurückzuhalten.
    „Wir haben herausgefunden was im Gesindeviertel vor sich geht. Loghain hatsich von einem Sklavenhändler bezahlen lassen, dass der Elfen entführt und zu seinem Zweck verwenden kann. Warum Loghain das wollte: Nun, irgendwer muss den Krieg finanzieren, den er angezettelt hat. Wir haben nach einem schweren Kampf die Beweise für Loghains Verrat bekommen.“ Sie hatte sich hitzig geredet als sie das Schicksal der Elfen beschrieb. Nun zog sie ein Blatt Pergament aus ihrer Rüstung und reichte es Jaina. Alistair beugte sich über ihre Schulter und las mit. Tatsächlich war eine Vereinbarung getroffen worden, in der Loghain dem Sklavenhändler namens Caladrius gegen Bezahlung freie Hand im Gesindeviertel gestattete. „Dieser Mistkerl!“ Alistair hatte zu Ende gelesen und begann im Zimmer auf und ab zu laufen. „Es gibt nur eine Möglichkeit. Das Landthing muss möglichst schnell abgehalten werden. Morgen gehen wir zu Eamon. Hoffen wir, dass die Adeligen einsehen, dass Loghain verrückt ist.“
    „Vielleicht sollten wir auch noch mal mit Anora sprechen.“ gab Jaina zu bedenken. Sie mochte Anora nicht, überhaupt nicht, aber die Königin hatte Erfahrung und vor allem kannte sie ihren Vater. „Ich will eigentlich keine Hilfe von dieser… Frau, aber wenn es uns hilft Loghain aus dem Weg zu räumen – oder sie…“ Schnell unterbrach sie sich. „Leliana, danke Euch vielmals. Wir sehen uns morgen früh.“ Leliana nickte den beiden lächelnd zu und verschwand aus dem Raum.

    Kaum dass sie draußen war, drehte sich Alistair ruckartig zu Jaina um. „Was wolltest du sagen? Wir räumen sie aus dem Weg – und dann?“ Sein Blick war unergründlich.
    „Alistair. Beruhige dich, bitte. Ja, das würde heißen, dass du König werden müsstest. Aber ganz ehrlich – du bist mein Freund, und ich werde wesentlich lieber von dir regiert als von dieser Schlampe, die uns allesamt verraten hat. Wahrhaft die Tochter ihres Vaters. Diplomatie hin oder her. Sei ehrlich, wovor hast du solche Angst? Davor König zu sein? Deine erste Aufgabe wäre die eines Grauen Wächters – die Verderbnis beenden. Das kannst du. Und du weißt es.“ Jaina hatte ruhig auf ihn eingesprochen und Alistair hatte zustimmend genickt. Nun sah er verlegen aus.
    Jaina nahm das als Antwort. „Es geht dir nicht um die Königswürde. Du hast Angst um uns.“ Sie betonte das letzte Wort. Alistair seufzte tief. „Und wieder hat sie mich durchschaut.“ Er hob den Kopf und sah Jaina störrisch an. „Natürlich habe ich Angst um uns. Selbst wenn wir nicht vom Erzdämon gefrühstückt werden, wie soll das gehen wenn ich König wäre?“ Er zog sie fest in seine Arme und murmelte in ihr Haar. „Ich habe dich gerade erst gewonnen, ich kann dich nicht wieder verlieren.“

    Zum dritten Mal seit ihrer Ankunft in Ostagar spürte Jaina ein Bröckeln in sich. Und diesmal ging es langsam und kontrolliert von statten. Dahinter lauerte nicht die dunkle Schlammwelle, die bisher dort gewesen war. Dahinter schien eine einzelne Flamme zu glimmen und Hoffnung zu verströmen. Sie drückte sich an Alistair und war froh ihn bei sich zu haben.


    Der nächste Tag brach an und Jaina erwachte von einem Zerren an ihrer Unterkleidung. Sie richtete sich grummelnd auf und sah Jag vergnügt auf dem Bett liegen und an ihrer Hose ziehen. Alistair war nicht im Raum.
    „Guen Morgen, du Racker.“ Jaina umarmte ihren Mabari. „Ich hoffe doch, dass ich nicht verschlafen habe.“ Schnell sprang sie aus dem Bett und legte ihre Rüstung an, nahm Dolch und Schwert und befestigte sie auf ihrem Rücken am Schultergurt.

    Auf dem Tische neben dem Wasserkrug stand wieder eine Platte mit Obst und Brot und Jaina bediente sich. Natürlich kam ihr Mabari angelaufen, mit einem Gesichtsausdruck als hätte er als einziger eine Hungersnot überlebt. Jaina gab ihm ein paar Beeren, etwas Brot und stellte ihm wieder eine der braunen Halbkugeln vor die Füße, die er sofort ausschleckte.

    Jaina frühstückte in Ruhe, dann ging sie zur Tür, wartete bis ihr Mabari hindurch war und schloss sie hinter sich. Sie machte sich auf den Weg zu Arl Eamons Gemach, es war direkt gegenüber von ihrem. Bevor sie aber die Tür aufstieß, überlegte sie es sich anders und rannte in Anoras Zimmer, wo sie die Königin auch fand.


    Nach kurzer Zeit begab sie sich wieder vor das Zimmer des Arls und diesmal trat sie auch ein. Dort standen Eamon und Alistair gemeinsam mit Leliana, Zevran und Morrigan und diskutierten.
    Der Arl musterte Jaina als sie eintrat. „Guten Morgen! Wie fühlt ihr Euch?“ Jaina nickte lächelnd. „Gut. Keine Spur mehr von Verletzungen. Dank Euch, Morrigan.“ Die nahm den Dank mit einem knappen Nicken entgegen.

    „Die Zeit ist gekommen. Ich habe das Landthing einberufen. Kommt mit.“ Arl Eamon ging voran, aus seinem Anwesen heraus und durch die Straßen von Denerim. Sie brauchten nicht lange, da standen sie vor einem eindrucksvollen Gebäude aus hellen Steinen gebaut, es wirkte groß und mächtig.
    Der Arl drehte sich kurz zu Jaina um. „Ihr habt noch etwas Zeit. Ich gehe durch den Hintereingang. Ihr geht hier vorne hinein.“ Jaina nickte und sah dem Arl nach, der das Gebäude umrundete.

    Jaina wandte sich an Alistair. „Bist du bereit?“ Alistair zog eine gequälte Grimasse. „Ich fasse das als „ja“ auf.“ scherzte Jaina, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und beugte sich an sein Ohr: „Bald hast du es hinter dir. Folge deinen Gefühlen. Ich bin bei dir – und ich bleibe auch bei dir.“ Alistair wollte sie an sich drücken, aber sie wand sich aus seinem Griff und stieß die Tür zur Eingangshalle auf.
    Vor ihr stand Ser Cauthrien, die sie nicht passieren lassen wollte. Doch Jaina gelang es, mithilfe aller Beweise die sie gegen Loghain hatte, Cauthrien zu überzeugen, sie Loghain aufhalten zu lassen.
    So öffnete sie die zweite Tür, die in die Landthing-Kammer führte. Es war ein großer Vorplatz, von dem aus an jeder Seite des Raumes eine Art Empore stand. Zwischen den Emporen verlief ein sehr breiter Gang, der vorne auf eine Art steinernes Podest führte. Auf der rechten Empore stand Arl Eamon und kam gerade am Ende seiner feurigen Rede an, die Adeligen, die überall versammelt standen, im unteren wie oberen Bereich jubelten ihm verhalten zu.

    Jaina drängte sich durch ein paar der Leute, die plötzlich verstummten. Von vorne drang eine vertraute Stimme. „Schöner Auftritt, Eamon. Doch keiner hier ist davon ergriffen. Ihr wollt eine Marionette auf den Thron setzen und jeder hier weiß das. Die wichtigere Frage lautet – wer zieht dann die Fäden?“ Er erblickte Jaina, der die Adeligen Platz machten, und sie trat nach vorne. „Ah, und da haben wir den Puppenspieler.“ Er blickte verächtlich auf Jaina. „Sagt uns, Wächter, wie werden die Orlaisianer unser Land übernehmen? Senden sie ihre Truppen, oder lassen sie ihre Befehle einfach von diesem Möchtegern-Prinzen verkünden? Wieviel von Fereldens Blut kann man derzeit mit orlaisianischem Gold kaufen?“
    Jaina trat, ihre Freunde hinter sich wissend, Loghain gegenüber.
    „Nicht die Orlais ist die Bedrohung, sondern die Verderbnis.“ Sagte sie mit lauter und klarer Stimme. Hinter sich hörte sie einige Adeligen murmelnd zustimmen. Sie war sich sicher, dass sie diesen General überzeugen konnte – wenn er tatsächlich Ferelden diente, musste er die Beweise gegen ihn akzeptieren. Wenn nicht – nun, sie hatte keinerlei Problem damit, nach Howe auch Loghain einen Kopf kürzer zu machen.

    Arl Wulff, den Jaina kannte, erhob das Wort. „Der Süden ist gefallen, Loghain. Soll die Dunkle Brut das ganze Land überfallen, weil Ihr Orlais fürchtet?“
    Loghain wandte sich an den Arl: „Die Verderbnis ist in der Tat real, Wulff, doch brauchen wir die Grauen Wächter, um sie zu bekämpfen? Sie behaupten nur sie könnten die Verderbnis beendetn, und dennoch haben sie gegen die Dunkle Brut bei Ostagar nachgerade spektakulär versagt. Und jetzt wollen sie vier Legionen Chevaliers mitbringen. Und wenn wir denen erst mal die Grenzen geöffnet haben, werden sie nach dem Kampf einfach so in ihre Heimat zurückkehren?“
    Jaina spürte wieder Wut in sich hochzüngeln angesichts dieses Verräters, aber sie konnte sich fast mühelos beherrschen. Einen kleinen Moment lang fragte sie sich warum, dann wandte sie sich an Loghain. „Ihr habt zugelassen, dass Rendon Howe Unschuldige einkerkert und foltert.“ Bann Sighard erhob augenblicklich das Wort. „Was der Wächter sagt, stimmt. Mein Sohn wurde bei Nacht entführt und was ihm angetan wurde überschreitet zum Teil die Fähigkeiten meines Chirurgius!“
    Loghain sah von Sighard zu Jaina – teilnahmlos. Er hätte genauso gut die Schultern zucken können. „Howe hat eigenverantwortlich gehandelt. Er wird sich vor dem Erbauer für alle Fehltritte seines Lebens verantwortlichen müssen. So wie wir alle. Aber das wisst Ihr ja. Schließlich habt Ihr ihn ermordet. Was Howe auch getan haben mag, man hätte ihn vor den Truchsess bringen müssen. Gerechtigkeit ist nicht, einen Mann in seinem Heim zu ermorden.“
    Jaina fühlte sich gedrängt, Howes Verrat an ihr zu schildern, aber sie unterließ es. Hier ging es um etwas viel größeres.
    Schlag ihn mit seinen eigenen Mitteln, flüsterte eine Stimme in Jainas Kopf… sie klang ein wenig wie die von Fergus. Jaina gab ihr nach.
    „So? Warum habt ihr dann einen Blutmagier ausgesandt, um Arl Eamon zu vergiften?“
    Loghain sah sie verächtlich an. „Ich versichere Euch, Wächter, wenn ich jemanden aussende, dann meine eigenen Soldaten. Ich würde nie der Verschwiegenheit eines Abtrünnigen trauen.“
    „Mein Bruder Irminric stellt das aber ganz anders dar.“ Bann Alfstanna erhob das Wort. Jaina hatte einen Templer aus Howes Kerker befreit – er war ihr Bruder. „Er sagt, Ihr hättet einen Blutmagier vor der Rechtssprechung durch die Kirche bewahrt. Zufall?“

    Die Ehrwürdige Mutter sagte in einem Tonfall, der Metall hätte schneiden können: „Die Kirche wird nicht einfach darüber hinwegsehen, Teyrn Loghain. Die Störung der heiligen Pflicht eines Templers ist Verrat am Erbauer!“

    Auch das beeindruckte Loghain nicht im Mindesten. Er wandte sich an alle Adeligen. „Für alles, was ich getan habe, werde ich mich später rechtfertigen. Doch zunächst will ich wissen, was dieser Wächter mit meiner Tochter gemacht hat!“
    Nun wandte er sich, offensichtlich böse, an Jaina und funkelte sie an. Jaina blieb gelassen. „Wovon redet Ihr überhaupt?“
    „Ihr habt meine Tochter – unsere Königin - gewaltsam entführt und ihre Wachen getötet. Was habt Ihr getan, damit sie bei Euch blieb? Lebt sie überhaupt noch?“ polterte Loghain.

    „Ich kann durchaus für mich selbst sprechen.“ Aus einem Gang vor dem Podest kam Anora, würdevoll und mit majestätischer Stimme. Jaina beschlich ein ungutes Gefühl.
    „Lords und Ladys von Ferelden. Hört mich an! Dieser Wächter hat Fereldens größten Helden diffamiert, nur um einen Hochstapler auf Marics Thron zu setzen.
    Jaina hörte, wie Leliana und Alistair zeitgleich nach Luft schnappten, sie selbst hatte im gleichen Moment fast damit gerechnet, dennoch entkam ihr ein „Was?!“
    Alistair murmelte sarkastisch: „Oh, sie wendet sich gegen uns. So ein Schock! Und dabei dachte ich, sie wäre eine so nette Despotin!“
    Anora schritt auf Jaina zu. „Mir ist klargeworden, Wächter, dass die wahre Bedrohung Fereldens in Euch liegt. Ich lasse nicht zu, dass Ihr den Thron zerstört, den Cailan und ich innehatten.“
    Loghain stellte sich demonstrativ neben seine Tochter. „Wer hier kann behaupten, dass Anora dieses Land nicht regieren kann? Und wer kann behaupten, das Alistair dazu in der Lage ist? Wir wissen nur, dass er vielleicht königlichen Blutes ist. Anora aber war fünf Jahre lang Königin und hat sich des Namens Theirin würdig erwiesen. Sie kann unser Volk durch diese Krise führen und ich befehlige ihre Armeen!“
    Anora erhob wieder das Wort – Jaina hätte fast lachen müssen ob dieser skurilen Familien-Unterstützung, die dort vorne ablief.
    „Lords und Ladys, unser Land wurde schon früher bedroht. Es wurde zahllose Male verloren und wieder zurückerobert.“ Loghain unterbrach sie. „Wir aus Ferelden haben bewiesen, dass niemand unser Land erobern kann, solange wir vereint sind. Wir dürfen jetzt keine Spaltung zulassen. Haltet zu mir!“
    Damit stieß Loghain die gepanzertete Faust in die Höhe.

    Jaina blickte sich um.
    „Südhang unterstützt die Grauen Wächter!“
    „Die Wache See hält zum Grauen Wächter!“
    „Drachengipfel steht zu den Wächtern!
    „Die Westhügel bauen auf die Grauen Wächter!“
    „Ich halte zum Wächter…!“
    „Loghain, ich halte zu Loghain! Er ist unser Held…!“

    Nacheinander bekundeten die Adeligen ihre Treue, Jaina zählte aufgeregt mit – nur einer hielt zu Loghain, er war gnadenlos überstimmt.
    Sie wandte sich an Loghain. Herablassend sagte sie: „Ich wusste, das Volk würde das Richtige für Ferelden tun.“
    Loghain bebte vor Zorn. „Verräter!“ schrie er die Versammelten an. „Wer von Euch hat sich gegen den Kaiser von Orlais gestellt, als seine Truppen Euer Land verwüsteten und Eure Frauen vergewaltigten?“
    „Loghain, Ihr seid überstimmt.“ Jaina konnte den drohenden Kampf in der politischen Institution förmlich riechen und sie wollte es verhindern. „Ruft Eure Männer zurück, dann klären wir die Sache ehrenhaft!“

    Loghain sah sie kurz hochnäsig an, winkte dann aber seinen Soldaten, die die gezückten Waffen wieder verstauten. „Dann lasst es uns beenden. Wir wussten wohl beide, dass es dazu kommen würde. Der Wert eines Manner ergibt sich aus der Größe seiner Feinde. Das sagte Maric einmal zu mir. Ich frage mich, ob es eher für Euch oder für mich ein Kompliment ist. Das Landthing soll die Regeln des Duells erklären!“
    Jaina hatte es geschafft keinen höhnischen Kommentar abzugeben und konzentrierte sich nun auf Bann Alfstanna, die die Regeln aufzählte:
    „Ein Kräftemessen im direkten Zweikampf, bis einer aufgibt. Alle hier Anwesenden werden das Ergebnis akzeptieren.“
    „Stellt Ihr Euch mir persönlich, oder habt Ihr einen Steiter?“ Loghain sah von Jaina zu Alistair, zu Morrigan, zu Leliana und zu Zevran, seine Miene änderte sich keinen Deut.
    „Ich werde selbst kämpfen.“ Kurz hatte sie überlegt, Alistair das zu überlassen, aber wenn das hier gut ausging konnten sie vielleicht zusammen sein – wenn nicht, musste er König werden. Sie hoffte, dass er das verstand. Sie warf ihm einen Blick zu und er erwiderte ihn voller Wärme und Hoffnung.

    Sie würde ihn nicht enttäuschen.
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    28) Die beste Lösung

    „Die Männer werden Euch oder mir folgen. Macht Euch bereit.“ Loghain wandte sich ab und trat einige Schritte zurück. Die Adeligen bildeten einen breiten Kreis, keiner wollte dieses Spektakel verpassen. Jaina atmete tief durch. Sie wusste was sie konnte. Langsam umkreisten sich die beiden Kämpfer, Loghains Rüstung klapperte bei jedem Schritt, Jaina bewegte sich behutsam und leise. Langsam zog Loghain sein Schwert.
    Jaina wartete. Es war riskant, aber sie musste es darauf ankommen lassen. Mit einem mächtigen Kriegsschrei stürmte Loghain auf sie los, Schild und Schwert vor sich gebracht, holte zu einem mächtigen Schlag aus, und im letzten Moment zog Jaina nur ihren Dolch, sprang über seinen Schild hinweg und verpasste ihm einen tiefen Schnitt über den linken Brustkorb. Loghain keuchte auf, sodass Jaina Zeit hatte, ihr Schwert auch zu ziehen und verpasste Loghain einen Hieb gegen das Schienbein.
    Der hatte sich wieder gefangen und hieb mit dem Schild nach Jainas Waffen, um einen Treffer mit dem Schwert landen zu können. Jaina durchschaute seine Taktik und ließ ihn kommen. Zum Schein ließ sie sich das Schwert in die entgegen gesetzte Richtung schlagen, parierte mit der Spitze des Dolchs den auf sie zurasenden Schild und nutzte den Schwung des Schwertes um Loghain eine tiefe Wunde am Arm zu verpassen.

    Loghain brüllte auf wie ein wild gewordener Stier und hieb mit seinem Schwert durch die Gegend. Jaina konnte der Klinge ausweichen, doch der erneut ankommende Schild erwischte sie an der Hüfte und sie flog zwei Schritt von Loghain weg. Oh oh, nicht gut, dachte sie.
    Loghain kam klappernd hinter ihr an und wollte ihr den Todesstoß versetzen, doch Jaina rollte sich nach links, versetzte Loghain einen Tritt gegen seinen Oberschenkel und schwang ihr Schwert herum, das mit einigem Glück Loghains gut gerüsteten Bauch traf, was den erschreckte.

    Jaina rollte sich nach hinten ab und kam mit einer Rückwärtsrolle sicher auf die Beine, nur um direkt danach über die schneidende Klinge des Generals zu springen. Sie nutzte den Schwung und ließ ihr Schwert im Sprung auf Loghain niedersausen, der den Schild hob und parierte. Jaina war wesentlich schneller als er, sie drehte sich vom Schild weg und hieb mit dem Dolch nach seiner Hüfte – sie war überrascht, dass sie traf, ein Schwall Blut spritzte ihr entgegen.

    Loghain tobte wie ein verwundetes Tier, er triefte vor Schweiß, seine gesamte Rüstung war blutig und er hatte einige sehr tiefe Wunden die ihn zusehends schwächten. Er nahm nun richtig Fahrt auf, stürmte wie eine ganze Herde Ochsen auf Jaina zu, die sich einen Moment zu lange diesem Anblick hingab – dann wurde sie zurückgestoßen und das Schwert schlug mit aller Macht gegen ihren Arm. Sie schrie schmerzerfüllt auf, wieder konnte sie ihr Blut fließen spüren, sie hatte Glück im Unglück, dass ihr Arm nicht abgetrennt worden war. Sie stolperte rückwärts, blind vor Schmerz und konnte nur eine schemenhafte Gestalt vor sich erkennen. Sie riss sich zusammen und sprang nach links, wedelte mehr zufällig mit einer Waffe in die Richtung der Gestalt und hörte ein Kratzen. Das musste die Rüstung gewesen sein. Ein ohrenbetäubernder Schrei brachte ihre Sinne wieder zum Arbeiten, ihr Blick klärte sich und sie sah das Schwert genau auf ihren Bauch zukommen – er würde sie aufspießen wenn sie nichts täte! Sie überließ sich völlig ihren Gefühlen, sprang mit einem gewaltigen Satz in die Luft und stieß ihm Fallen mit ihrem getroffenen Arm scheinbar ihr Schwert Richtung Loghain Hals, der natürlich mit dem Schild parierte, dadurch hatte er aber seine Deckung am Oberkörper vernachlässigt und Jaina hieb den Dolch durch die Rüstungsschlitze in seine Rippen.

    Loghain blieb stehen, röchelte tief, sank auf die Knie und ließ seine Waffen fallen.
    Jaina trat keuchend zurück und tastete nach ihrem Arm.
    „Ich gebe auf, Wächter. Ich habe Euch unterschätzt. Ich dachte, Ihr seid wie Cailan, ein Kind, das nur Krieg spielen will. Ich habe mich getäuscht. In Euch wohnt eine Stärke wie ich sie seit Marics Tod nicht mehr gesehen habe.“

    Immer noch schwer atmend knirschte Jaina: „Ihr werdet für Eure Missetaten sterben!“
    „Wartet!“ Riordan, der Graue Wächter aus Orlais trat vor. Jaina hatte ihn gar nicht bemerkt. „Es gibt noch einen anderen Weg. Der Teyrn ist ein Krieger und anerkannter Feldherr. Er kann uns nützlich sein. Lasst ihn das Beitrittsritual durchlaufen.“
    „Was?! Das ist Wahnsinn!“ Jaina sah vollkommen schockiert zu Riordan, sie vergaß sogar ihre Wunden. Morrigan und Leliana hatten sich daran gemacht, Jainas Blut abzutupfen ohne sie dabei zu stören, Morrigan gab Jaina wieder ein kleines Fläschchen, das sie hinunterstürzte.
    „Jaina, Schwester. Wir sind zu wenige. Es geht nicht darum was wir wollen, sondern was wir tun müssen. Unsere Pflicht besteht darin den Erzdämon zu erschlagen.“ Riordans Stimme war ruhig und sachlich, auch wenn er anscheinend Jainas Lage nachvollziehen konnte. Sie fühlte sich besser. Was auch immermorrigan da zusammenbraute – es half.
    „Wir sind derzeit zu dritt in ganz Ferelden. Es gibt gute Gründe, so viele Wächter wie nur möglich zu haben, wenn es gegen den Erzdämon geht. Ob Karta-Diebe, Schurken, Blutmagier oder Verräter – es spielt keine Rolle, solange sie fähig sind und sich unserem Ziel verschreiben.“
    Anora trat an die Seite ihres verwundeten Vaters, der sich wieder aufgerappelt hatte. „Der Beitritt verläuft oft tödlich, nicht wahr? Wenn er überlebt, bekommt Ihr einen General. Wenn nicht, habt ihr Eure Rache. Das müsste Euch doch genügen?“
    Alistair, der sich nicht mehr zurückhalten konnte, fuhr sie an: „Überhaupt nicht! Riordan, dieser Mann hat unsere Brüder im Stich gelassen und uns dafür die Schuld gegeben. Er hat uns gejagt wie Tiere. Er hat Euch gefoltert. Wie können wir das einfach vergessen?“ Jaina nickte zustimmend und sah Riordan an.
    Anora bekam es mit der Angst zu tun. „Das könnt Ihr nicht tun! Mein Vater mag Fehler gemacht haben, aber für sein Volk ist er immer noch ein Held!“ Jainas Miene war unerbittlich.

    Loghain sah das und wandte sich an seine Tochter: „Anora. Lass gut sein. Es ist vorbei.“
    Die wies ihn zurecht: „Behandle mich nicht wie ein Kind! Das ist eine ernste Sache.“
    Loghains Gesicht zeigte die Andeutung eines Schmunzelns. „Töchter werden nie erwachsen, Anora. Sie bleiben immer sechs Jahre alt mit Zöpfen und aufgeschlagenen Knien.“ Anora begriff nun endlich.
    Schluchzend sank sie ihrem Vater in die Arme. „Vater…!“
    Der drückte sie kurz, schob sie dann von sich. „Macht schnell, Wächter. Mit dem Wissen, dass Ferelden in Euren Händen ist, kann ich dem Erbauer gegenübertreten.“
    Jaina nickte. Sie warf Alistair einen Blick zu, der sie gespannt ansah. Dann nickte er leicht. Jaina hob ihr Schwert für einen Moment – dann schlug sie zu und trennte Loghains Kopf ab.

    Weinend stürzte Anora auf die Leiche Ihres Vaters.
    Arl Eamon erhob das Wort. „Dann ist es entschieden. Alistair wird den Thron seines Vater übernehmen.“ Alistair dreht sich überrascht von Jaina zu Eamon. „Was? Wann wurde das entschieden? Das hat doch gar niemand gesagt!“
    Anora, die sich wieder aufgerichtete hatte, sagte mit einem kühlen Unterton: „Alle haben es gehört. Er verweigert den Thron!“
    Eamon sah sie scharf an. „Ihr seid hierbei wohl kaum eine geeignete Vermittlerin, Anora. Jaina, werdet Ihr uns helfen?“ Die nickte und bat darum erst mit Alistair sprechen zu dürfen.
    „Was soll ich deiner Meinung nach tun?“ „Mach mich zum König. Ich mag nicht so viel von Politik verstehen, aber ich weiß was getan werden muss. Anora darf nicht wieder Königin sein.“ Jaina blinzelte ihn an. „Bist du dir sicher?“ Alistair seufzte leise. „Du hast mir doch gesagt, ich soll mehr nach mir selbst sehen – und wenn ich König bin, ist das die beste Lösung für alle Beteiligten. Ich bin bereit – so bereit wie man es sein kann.“ Alistairs Augen beherbergten aber auch eine Traurigkeit und Jaina wusste genau, woher die kam. Aber in ihrem Kopf hatte ein Plan Gestalt angenommen. Sie wandte sich an Eamon, das ganze Landthing und ignorierte Anoras Versuche, mit ihr zu reden.
    Arl Eamon gebot Anora Stille und fragte Jaina: „Als Vermittler in diesem Disput, wie lautet Eure Entscheidung? Wer wird Ferelden führen?“
    Jaina antwortete kraftvoll, mit Blick auf den Mann, den sie so sehr lieben gelernt hatten: „Alistair. Und ich regiere an seiner Seite.“
    Leliana lächelte, sie schien geahnt zu haben, was Jaina vorhatte. Zevran flüsterte grinsend morrigan etwas ins Ohr, sodass selbst sie ein kleines Lächeln auf den Lippen hatte. Alistair dagegen sah aus, als hätte ihn ein Pferd getreten. „Wirst du? Wirklich?“ Langsam schien er zu begreifen und die Traurigkeit in seinen Augen verschwand und anstelle davon trat eine ungemeine Freude.
    Arl Eamon drehte sich zu Anora: „Anora, das Landthing hat sich gegen Euch entschieden. Ihr müsst nun euren Thronanspruch und den all Eurer Erben aufgeben und unserem König die Treue schwören.“ Doch die erwiderte zickig: „Wenn Ihr glaubt, dass ich diesen Eid schwöre, Eamon, dann kennt Ihr mich schlecht.“
    Jaina fuhr sie an: „Nehmt endlich Vernunft an, Anora!“ „Vernunft hatte mit Eurer Entscheidung auch nichts zu tun!“ „Ferelden darf nicht im Zustand des Bürgerkriegs bleiben. Wir brauchen Einigkeit. Wenn sie ihre Thronansprüche nicht aufgibt, ist sie eine Gefahr!“ Eamon hatte sich an Alistair gewandt.
    Der nickte. „Bringt sie erst einmal in den Turm. Wenn ich gegen die Verderbnis falle, kann sie ihren Thron haben. Wenn nicht… sehen wir weiter.“ Anora war überrascht. „Das ist unerwartet klug von Euch, Alisatir.“ Der nickte. „Aber sagt es nicht weiter, ich habe einen Ruf zu verlieren. Wachen, bringt sie weg!“

    Alistair trat vor und sprach zum Landthing: „Bereitet Euch alle auf den Marsch vor! Alle Stärke Fereldens wird nötig sein, um die Verderbnis zu beenden!“ Die Adeligen jubelten laut.
    Alistair drehte sich zu seinen Kameraden um. „Wir gehen besser. Ferelden verlässt sich auf uns.“
    Und während die Adeligen das Ereignis feierten, verließen der Arl, Jaina, Alistair und ihre Freunde das Gebäude. Jaina hinkte und mit einem Mal war der ganze Schmerz da. Sie konnte sich ein Stöhnen nicht verkneifen. Alistair winkte Zevran zu sich, und gemeinsam trugen sie Jaina, die sich nicht mehr auf ihren Beinen halten konnte.

    Sie kamen bald an Eamons Anwesen an. Eamon nannte einen Zeitpunkt ein paar Stunden später, zu dem sie sich im Speisesaal treffen wollten. Alistair nahm Jaina alleine auf die Arme, nickte den anderen zu und trug seine Freundin in ihr Zimmer. Morrigan folgte ihm und stellte wortlos zwei Fläschchen auf den Tisch. „Flößt Ihr das ein, Majestät. Und vergesst nicht – sie braucht jetzt etwas Ruhe!“ Morrigans Blick war so scharf wie eine Sense und voller Spott. Alistair errötete leicht und bettete Jaina sanft auf ihren Schlafplatz. Jag sprang winselnd auf das Bett und legte sich neben Jaina, während er besorgt jaulte.
    „Ruhig Jag. Sie kommt wieder in Ordnung.“ Alistair griff nach den Flaschen und träufelte den Inhalt in Jainas Mund.


    Jainas Wimpern flatterten. Sie blinzelte, über sich sah sie Helligkeit – es musste mitten am Tag sein, eine feuchte Zunge schlappte ihr über die Handrücken. Sie erinnerte sich langsam an das Landthing. Sie hatte Alistair zum König gemacht. Sie selbst würde seine Königin werden. Langsam wurde sie munter und sie war dankbar, dass ihr der Gedanke gekommen war, dass sie adeligen Blutes war und dementsprechend eine Heirat mit Alistair möglich machen konnte.
    Endlich schien sich alles aufzudröseln. Howe war tot – und es war gut so. Rache hatte sie befreit, aber die ernsthafte Beschäftigung mit Fereldens Einigkeit hatte das Band zwischen ihr und Alistair belastet. Nun war sie tatsächlich frei. Howe war tot, Loghain war tot. Zwar hatte man ihre Familie entehrt, dafür würde sie aber bald auf dem königlichen Thron sitzen. Sie zog eine Grimasse, als sich daran erinnerte, dass sie als Kind viel lieber Soldatin als Herrscherin sein wollte.

    Sie setzte sich langsam auf und sah an sich herunter. Ihre Rüstung lag neben dem Bett, sie hatte ihre kurze Leinenhose und ein weites Hemd an. Ihr Arm war verbunden worden, durch die Bandage sickerte kein Blut, alles wirkte sauber und ordentlich. Sie streichelte ihren Mabari. Der sprang auf, rannte zur Tür, öffnete sie gekonnt – scherte sich diesmal nicht darum sie zu schließen - und sie hörte entferntes Gebell.
    Nach kurzer Zeit stand Alistair – alleine - in der Türschwelle und trat ein. Er sah, dass sie wach war und lächelte breit während er die Tür hinter sich schloss.
    „Dir scheint es gut zu gehen. Das freut mich. Hör mal, kennst du diese seltsame Geschichte: Junger Mann wird König und verlobt sich, beides am gleichen Mittag.“
    „Ach, ja?“Jaina kicherte. Alistair nickte. „Ich habe gar nichts mehr dagegen König zu werden. Vielleicht kann ich sogar etwas Gutes bewirken. Ähm, viel gespannter bin ich auf die Verlobung, weißt du. Die Idee gefällt mir aber – bist du dir sicher?“ Jaina sah ihn liebevoll an. „Ob ich sicher bin, dass ich dich heiraten will? Ja!“
    Alistair lächelte glücklich, wurde aber gleich wieder ernst. „Sie werden einen Erben erwarten. Wegen der Verderbtheit in unserem Blut ist es schwer für einen Grauen Wächter Kinder zu haben. Aber bei zwei Grauen Wächtern… Jeder Wächter den ich kannte, der Kinder hatte, hat das vor dem Beitritt gemacht. Einen Erben zu haben ist vielleicht… gar nicht möglich.“
    Jana grinste. „Aber versuchen will ich es gerne und oft!“ Alistair lachte und setzte sich neben sie auf das Bett. „Na dann ist es ja gut, dass wir früh angefangen haben zu üben. Wie fühlst du dich?“ Jaina sah ihn mit leuchtenden Augen an. „Putzmunter.“
    Sie legte ihre Arme um Alistair und zog ihn an sich. Der wehrte sich kein bisschen, im Gegenteil, er legte sich halb auf Jaina und küsste sie, während sie mit seiner tatkräftigen Hilfe seine Rüstung abstreifte.

    Einige Zeit später lagen die beiden glücklich aneinander gekuschelt da. „Wir sollte zum Arl. Es müsste fast Zeit sein. Du hast ein oder zwei Stunden geschlafen.“ murmelte Alistair in ihr Haar.
    „Tja, siehst du, du hast jetzt auch geschlafen… in gewisser Hinsicht.“ Jaina lachte und setzte sich auf. Ihre Unterkleidung und Rüstungsteile lagen neben dem Bett verstreut, sie sammelte sie zusammen und kleidete sich an. Alistair tat es ihr nach.
    Als sie fertig waren gingen sie gemeinsam in die Küche. Dort saßen schon fast alle versammelt – außer Zevran. Der trat kurz nach Alistair und Jaina ein, ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Er zwinkerte Jaina spitzbübisch zu und setzte sich neben Leliana.
    Jina zögerte nicht lange. „Morrigan. Lasst mich hier und jetzt Euch danken, im Namen aller in unserer kleinen Gemeinschaft. Wir verdanken Euch viel – ich verdanke Euch mehr als nur ein Leben. Ich hoffe, wir können uns revanchieren.“ Morrigan wurde tatsächlich ziemlich rot im Gesicht und nickte wortkarg. Doch Jaina konnte ihre Verunsicherung förmlich spüren. Sie würde mit ihr darüber reden.

    Arl Eamon trat in die Küche und alle Anwesenden setzten sich an den Tisch.
    Eamon legte je Jaina und Alistair eine Hand auf die Schulter. „Glückwunsch, ihr beiden. Ich freue mich für Euch. Ferelden kann sich kein besseres Königspaar wünschen. Womit wir beim Thema wären. Wir müssen zurück nach Redcliffe. Riordan meint, alles deutet darauf hin, dass die dunkle Brut dort angreifen wird. Ich bitte Euch, schon mal in diese Richtung zu reisen – aber lasst Euch Zeit. Sollte es falscher Alarm sein, könnt ihr den entscheidenden Schritt schneller im Norden sein. Richtet es so ein, dass ihr in 5 Tagen in Redcliffe seid. Bis dahin, meint Riordan, sollten wir mehr wissen.
    Zuletzt: Ich danke Euch allen. Jedem Einzelnen von Euch. Ihr habt Ferelden vor einem Bürgerkrieg bewahrt. Der Sieg kann errungen werden.“
    Zusammen speisten sie und lachten und tranken und erzählten sich gegeseitig Geschichten und Witze. Jaina, die kaum Wein trank, beobachtete wie Zevran immer mehr mit Leliana tuschelte und sie – wie zufällig - berührte. Das hatte er auch bei ihr getan. Aber Leliana war keine einfache Kirchenschwester. Sie war eine Bardin, Jaina wettete, dass Leliana Zevran durchschauen konnte. Im Moment allerdings lehnte sie sich lachend an ihn, während er mit seinem Messer demonstrierte, was für unglückliche Unfälle dadurch passieren könnten.

    Irgendwann war Alistair der Trubel zuviel und er ging etwas frische Luft schnappen. Seine Verlobte lächelte ihm zu und redete weiter mit Leliana.

    Alistair schlenderte durch den Innenhof, unschlüssig was er machen sollte, als Zevran aus dem Eingang kam. „Alistair, mein guter Freund, dürfte ich Euch einen guten Rat geben?“ Alistair sah auf. Er war immer noch nicht begeistert von diesem Elfen. „Ich mag meine Haare wie sie sind, danke sehr.“ „Wirklich? Nun, wie Ihr wünscht. Aber mein Rat betrifft etwas vollkommen anderes. Er hat etwas zu tun, mit den... Leibesertüchtigungen von euch und Jaina....“ „Mit...? Oh.“
    „Es scheint ganz so, als seid Ihr erst in Fahrt gekommen, als es schon wieder ruhiger wurde. Es geht Euch hoffentlich gut. Seid Ihr nicht erschöpft?“
    „Darüber jeden wir jetzt nicht wirklich, oder? Habe ich meinen Kopf irgendwo angeschlagen?“ Alistair wusste nicht ob er lachen sollte oder nicht. „Ich habe da Wurzeln aus meiner Heimat, die Ihr kauen könntet, die Euch helfen wenn es Euch an Energie mangelt. Und was die Größe angeht könntet Ihr versuchen...“ „Oh oh, unangenehm!“ Alistair wandte sich ab. „Ihr aus Ferelden seid so prüde. Wie wollt ihr jemals lernen Spaß miteinander zu haben wenn Ihr nicht darüber redet?“
    Zevran lachte und kicherte vor sich hin, während Alistair auf und ab lief. Als der Elf sich beruhigt hatte, fragte er Alistair in sachlicherem Ton: „Es scheint, als hätte das… Umwerben doch noch funktioniert. Meinen Glückwunsch. Ich kann Euch versichern, auf diesem Gebiet kenne ich mich gut aus, sie passt zu Euch. Auch wenn die Umstände offensichtlicherweise… naja, lassen wir das. Aber Ihr habt einen guten Fang gemacht.“ Alistair sah ihn mit hochgezogenen Brauen an. Dann wurde sein Blick weicher.
    „Ja, ich bin dankbar. Wirklich dankbar dass ich sie habe. Und vor allem dass wir eine Zukunft haben.“
    Zevran sprang vom Brunnen auf und spöttelte: „Eine Zukunft voller kleiner Alistairs? Das will ich mir nicht vorstellen. Habt Ihr eigentlich schon herausgefunden, worauf sie besonders reagiert? Manche Frauen lieben es, etwas geohrfeigt zu werden, ich könnte mir vorstellen, dass gerade Jaina als die wilde Furie die sie zuweilen ist…“ Alistair war stehengeblieben und starrte Zevran fassungslos an, der aufgrund des Gesichtsausdrucks schon wieder in Lachen ausbrach. Der künftige König konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und ging mit dem Elfen wieder in den Speisesaal.
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  6. #66 Zitieren
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    Der Fluch verderbten Blutes

    # Kapitel 3

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    „Was würde ich jetzt geben für ein Pferd“, murmelte Maellyn erschöpft. Durch dieses unwegsame Gelände zu marschieren war, wenn die letzte Rast bereits mehrere Stunden zurücklag, alles andere als angenehm.
    „Das bringt mich auf etwas“, begann Zevran, der neben ihr herging und zu ihrem Ärger kaum erschöpft wirkte. Wie machte er das? Waren Meuchelmörder allgemein ausdauernder oder was…? „Du bist doch Magierin, oder etwa nicht?“
    „Natürlich bin ich Magierin“, erwiderte Maellyn erschöpft. „Daran ändert sich nicht so schnell etwas. Ich kann mich nicht dazu entscheiden, keine Magierin mehr zu sein.“
    „Das meinte ich nicht.“ Zevran furchte die Stirn. „Was ich fragen wollte, ist: Wenn du doch eine Magierin bist, warum benutzt dann deine Magie nicht dafür, uns einfach in diesem Ort abzusetzen?“
    „Weil es nicht geht.“ Maellyn fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. „Das sind die Grundregeln der Magie. Erstens, du kannst Magie nicht dazu nutzen, dir einen anderen Weg zu schaffen als den, den du mit eigenen Füßen zurücklegen kannst. Zweitens, wenn du ins Nichts gehst, bleibt dein Körper zurück. Und drittens, der Tod ist das Ende. Ich könnte einen Sterbenden ins Leben zurück holen, oder jemanden, dessen Herz und Atmung bereits nicht mehr arbeiten, dessen Geist diese Welt aber noch nicht verlassen hat. Aber sobald die Seele ins Nichts gegangen ist, gibt es kein Zurück mehr.“
    „Ah, interessant. Wenn das so ist, bin ich froh, dass mir dieses… Talent völlig abgeht.“ Auf ihren fragenden Blick hin lachte er. „Siehst du, es ist doch so: All die Dinge, die wirklich nützlich wären, kannst du mit Magie doch nicht machen, richtig? Stattdessen sperrt man dich wie die holde Jungfer aus den alten Märchen bereits in jungen Jahren in einen Turm, wo du deine Magie nicht einmal anwenden kannst, jedenfalls nicht so, wie es vernünftig wäre. Und jedes Mal, wenn du schläfst, könnte dich ein Dämon im Schlafe heimsuchen und versuchen, dir die Kontrolle über deinen Körper zu entreißen.“
    „So gesehen ist es wirklich nicht erstrebenswert.“ Maellyn knirschte mit den Zähnen. „Aber ich wurde so geboren. Das ist nicht das, was ich mir ausgesucht habe.“
    „Mit Sicherheit. Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum du so ein Leben freiwillig wählen solltest.“
    Maellyn antwortete nicht, sondern fuhr sich nur erschöpft über die schwitzige Stirn. Sie griff nach ihrer Trinkflasche und nahm einen Schluck, seufzte als das kalte Wasser ihr die Kehle hinunter rann, wohlig. Durstig hob sie die Flasche erneut an ihre Lippen…
    „Maellyn! Zevran! Kommt schnell her!“
    Maellyn fuhr zusammen und spuckte ihr Wasser in weitem Bogen aus, während die Flasche ihr vor Schreck beinahe den Händen entglitt. Hastig stöpselte sie selbige zu und raste los, wobei ihr Atem schnell wieder zu keuchen begann. Zevran hatte sie bald überholt.
    „Was ist…?“, fragte Maellyn keuchend – und riss die Augen auf. Gütiger Erbauer! „Das… nein, das… unmöglich.“
    „Für mich sieht das ziemlich eindeutig aus“, bemerkte Zevran. Er kniete sich hin und furchte die Stirn. „Nein, keine Sinnestäuschung, soviel ist sicher. Das hier ist tatsächlich ein… ein Hurlock?“
    Maellyn starrte auf die Fratze des Monsters und nickte. Sie hatte das Gefühl, ihr gebräunter Teint verliere gerade schlagartig an Farbe. Ihre Knie fühlten sich weich an. Das Ungeheuer war eindeutig tot, irgendetwas oder irgendjemand hatte ihm die Brust von Hals zum Bauch aufgeschlitzt, und das Biest schwamm in einer Lache seines eigenen, verderbten Blutes. Dennoch…
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    Der Fluch verderbten Blutes
    # Kapitel 4

    Vorschau:
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    „He! Jetzt betrügt Ihr aber!“
    Der rothaarige Zwerg kniff die Augen zusammen und starrte die ältere Dame an, die mit einem nachsichtigen Lächeln ihre Karten auf dem Tisch ausbreitete und erneut ihr makelloses Blatt enthüllte, als wolle sie ihn damit verhöhnen.
    „Ihr wart es, der mich unbedingt herausfordern wollte, Oghren.“
    „Beim haarigen Arsch meiner Ahnen…“ Oghren tastete frustriert nach seinem Bierkrug, um sich mit einem kräftigen Schluck zu trösten. Beim Kartenspielen besiegt! Von einer alten Frau! Einer Magierin zwar, aber dennoch…
    „Nein, Oghren… das kann ich nicht zulassen.“ Wynne streckte die Hand vor und brachte den Krug vor dem durstenden Zwerg in Sicherheit.
    „Ihr wollt den doch nur für Euch selbst“, knurrte dieser.
    „Möglich. Aber in diesem Fall kann ich es nicht zulassen, dass Ihr betrunken vor unseren König tretet.“
    „Hmpf. Gebt es doch zu, Wynne, Ihr wollt mein berühmtes Gebräu kosten. Alistair hat es noch nie etwas ausgemacht, na ja, glaube ich jedenfalls.“
    „Er ist krank, wollt Ihr ihn da wirklich mit Eurer Bierfahne belästigen?“, tadelte Wynne ihn strengen Blickes.
    Oghren starrte sehnsüchtig auf den Krug, der außerhalb der Reichweite seines dummerweise zu kurzen Armes geschoben worden war, und knirschte vernehmlich mit den Zähnen. „Bei meinen Ahnen, wenn Ihr drauf besteht…“, knurrte er und sprang auf. „Können wir das jetzt hinter uns bringen? Ich hasse es, zu warten.“
    Wynne seufzte und strich, kopfschüttelnd, die Karten zusammen. „Also gut. Aber benehmt Euch.“
    „Ich benehme mich, wenn er sich auch benimmt.“
    Die Magierin seufzte vernehmlich und es hörte sich resignierend an. Sie hob an, etwas zu sagen, schüttelte dann jedoch den Kopf und ließ es bleiben. Oghren sprang von seinem Stuhl auf, kam hart auf den Füßen auf und stolperte beinahe vornüber. Er stieß einen wüsten Fluch aus, der Wynne sofort etwas erblassen ließ. Oghren grinste grimmig.
    „Ich hoffe, das werdet Ihr unterlassen, sobald wir den König treffen.“
    „Ach was, Alistair findet das sicher lustig“, brummte Oghren. Er drängte sich an der ältlichen Magierin vorbei und stapfte aus dem Gästezimmer hinaus auf den Gang.
    „Äh, wo geht’s lang?“ Das war jetzt peinlich. Er war so besessen gewesen von seinem Bestreben, es hinter sich zu bringen, dass er den Weg vergessen hatte.
    „Hier entlang.“ Wynne bedeutete ihm, ihr zu folgen. Oghren brummte etwas und stapfte ihr hinterher. Dabei hatte er das Gefühl, dass sein Gesicht gerade die Farbe seines Bartes annahm. Bei den Arschhaaren seiner Ahnen, wehe, sie erzählte irgendetwas davon weiter… ein Zwerg, der sich verirrte… Die Oberfläche macht dich weich, Oghren.
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  8. #68 Zitieren
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    Der Fluch verderbten Blutes

    # Kapitel 5

    Vorschau:
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    Ein Geräusch, fast zu leise, um es überhaupt zu bemerken, ließ ihn aufschrecken. Augenblicklich spannten sich all seine Muskeln an und er griff in einer fließenden Bewegung den Dolch vom Nachttisch. Die Augen verengend, misstrauisch, spähte er ins Dunkel.
    Lautlos glitt er aus dem Bett, dabei leicht in der Kälte fröstelnd, und lauschte angespannt in die Stille, die sich nun im ganzen Zimmer ausgebreitet hatte. Alles war ruhig – gefährlich ruhig. Er wäre ein schlechter Meuchelmörder gewesen, wenn er die Zeichen nicht zu deuten gewusst hätte. Irgendjemand war hier…
    In dem Augenblick pfiff irgendetwas an seinem rechten Ohr vorbei und traf mit vernehmlichem Knall genau die Stelle, an der er wenige Augenblicke zuvor gelegen hatte.
    Zevran presste die Lippen zusammen. So, da wollte jemand also spielen, was? Und dann auch noch mit dem Einsatz ihrer beider Leben? Schön, wenn er es so wollte… Flink wie eine Katze schoss er vor, rammte irgendetwas mit der Schulter und fuhr herum, um den Dolch in was oder wem auch immer zu versenken. Süße Befriedigung durchströmte ihn, als wer oder was auch immer einen kurzen Schmerzensschrei ausstieß.
    Zevran setzte nach und fegte dem nächtlichen Angreifer schwungvoll die Beine unter dem Körper weg. Dieser landete mit vernehmlichem Krach auf dem Fußboden, heulte dabei auf und begann, wild um sich zu stechen. Zevran entging nur durch Glück einer hässlichen Verletzung.
    „Geh beiseite!“, hörte er jemanden rufen, eine Frau – Maellyn.
    „Was…?“
    „Ich will nicht den falschen treffen, also geh beiseite!“, wiederholte die Stimme, schärfer nun, hinter ihm. Zevran seufzte und rollte sich zur Seite ab. Fuße rutschten über den Boden, vermutlich versuchte dieser Anfänger jetzt, aufzustehen, und offensichtlich stürzte er jetzt in Richtung Maellyn.
    Dann erklang ein harter Aufprall und ein vernehmlicher Fluch aus dem Mund eines Mannes. Zevran stieß ein abfälliges „tsts“ aus und bewegte sich vorsichtig durch den Raum auf den Angreifer zu. Anfänger. Amateur. Stümper.
    Funken stieben auf und kurz darauf entflammte der Docht des Talglichtes auf dem Nachttisch. Maellyn legte Feuerstein und Zunder weg und sprang aus dem Bett. Sie war noch immer nackt. Das Kerzenlicht hob ihre reizvollen Kurven schmeichelnd hervor. Sie war unverletzt, dem Erbauer sei dank. Keine noch so kleine Wunde verunzierte diesen herrlichen Körper.
    „Könntest du deine Aufmerksamkeit bitte wieder auf unseren Besucher richten?“, zischte Maellyn ihm zu.
    Ach ja… Zevran seufzte frustriert. Immer wenn es am schönsten war… Er trat auf den Fremden zu und kniete sich neben diesem hin. Er bewegte sich nicht, obwohl er atmete und seine Augen gehetzt im Raum hin und her schossen.
    „Meuchelmörder“, kommentierte Zevran. „Und ein miserabler noch dazu.“
    Maellyn zischte missfällig.
    Andauril ist offline Geändert von Andauril (13.05.2011 um 13:54 Uhr)
  9. #69 Zitieren
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    # Kapitel 6

    Vorschau:
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    Im Schein des Lagerfeuers drehte sie das Siegel, dessen Farbe ihr nun wie die von vergossenem Blut vorkam, zwischen den Fingern. Die Linien, die ein geflügeltes Wesen formten, das sie als Griffon identifiziert hatte, faszinierten und erschreckten sie. Was bedeutete dieses Symbol? Zu wem gehörte es? Ein Schauder kroch ihr über den Rücken und ließ sie, ungeachtet der Hitze des Feuers, frösteln.
    Er hatte es gewusst! Aber wie? Wie konnte er so etwas spüren? Er war kein Grauer Wächter, und gehörte ebenso wenig zur Dunklen Brut. Wäre er etwas davon gewesen, so hätte sie es wahrgenommen. Sie zog die Schultern zusammen und erinnerte sich mit einem Mal an den Mann vor der Kirche von Lothering… auch er schien es gespürt zu haben, hatte es ihr ins Gesicht geschrien. War es möglich, dass…?
    Seit sie Rosenweiler vor vier Tagen hinter sich gelassen hatten, grübelte sie fast ununterbrochen darüber nach und kam dennoch zu keinem befriedigenden Ergebnis.
    Maellyns Hände ballten sich zu Fäusten und umschlossen das Siegel so fest, dass seine scharfen Kanten sich in ihre Haut gruben, sie durchschnitten, aufrissen. Sie stieß ein Zischen aus und beobachtete, wie ihr Blut ihre Finger und das Siegel besudelte.
    „Verdammt!“
    Leliana, die neben ihr am Lagerfeuer saß, hob den Kopf und sah sie neugierig an. „Stimmt etwas nicht?“
    Maellyn stieß einen gereizten Seufzer aus, und gab keine Antwort. Sie hatte nicht das Bedürfnis, sich jetzt jemandem mitzuteilen, auch wenn es die beste Freundin war. Genau genommen jedoch… es gab zwei Personen, mit denen sie jetzt hätte sprechen wollen. Doch die eine war nach der Schlacht spurlos verschwunden, und der andere befand sich viele, viele Meilen weit entfernt von hier, in Denerim.
    Sie wischte sich die blutende Hand am Gras ab und stand auf. Die Nacht, die Dunkelheit, jenseits des Lagers, übte mit einem Mal eine ungeheure Anziehungskraft auf sie aus. Das Bedürfnis, alleine zu sein, wurde übermächtig. Es zog sie hinaus in die Nacht.
    Ihre Füße trugen sie wie von selbst vom Lager fort. Sie folgte dem leisen Plätschern eines Baches und erreichte schließlich dessen Ufersaum. Im Dunkeln war das Rinnsal kaum auszumachen, und doch glitzerten die wenigen, in dieser Nacht sichtbaren Sterne auf dem Wellensaum. Maellyn blieb stehen und betrachtete den Tanz der Wellen. Es erinnerte sie ein wenig an den Calenhad-See, daran, was sie hauptsächlich gesehen hatte, wenn sie von den Fenstern des Turmes aus nach draußen sah.
    Ihre Lippen wurden zu einer schmalen Linie. Wie lange noch, beim Erbauer? Wie lange sollte dieses Schweigen noch andauern? Wie lange konnte sie es noch verantworten, zu schweigen? Wie lange, bis sie dadurch alles verlor, woran ihr lag?
    Maellyn stieß einen leisen Fluch aus und bückte sich, um einen der Kieselsteine vom Ufersaum aufzuheben und ihn in den Bauch zu schleudern, der unbekümmert dahinströmte, als wäre niemals etwas geschehen. Ihre Finger umschlossen den harten Stein so fest, dass erneut Blut aus der aufgerissenen Handfläche quoll. Ein Zittern überlief ihren Körper.
    Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, schleuderte sie den Kiesel von sich und vernahm kaum den Aufprall, als der Stein in weitem Bogen über den Bach hinweg flog und irgendwo auf der anderen Seite aufschlug. „Genug! Schluss damit!“
    Andauril ist offline Geändert von Andauril (13.05.2011 um 13:54 Uhr)
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    # Kapitel 7

    Vorschau:
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    Es hämmerte an der Tür, mit nicht enden wollender Vehemenz penetrierte es sein Trommelfell und riss ihn unsanft aus dem, von grausamen Albträumen heimgesuchten, Schlaf. Alistair fuhr aus den Kissen, ein wütendes Fluchen ausstoßend, sogleich jedoch von Schwindel durchgeschüttelt, und fiel erneut in die Kissen zurück.
    „Erbauer!“, ächzte er, die Verderbtheit verfluchend, die ihn heimsuchte, ihn auslaugte. Mühsam quälte er sich aus dem breiten Himmelbett und schleppte sich zur Tür, die Tatsache missachtend, dass er außer der leinenen Unterhose nichts trug, und riss die Tür weit und schwungvoll auf.
    Vor der Tür stand ein Junge, vielleicht dreizehn oder vierzehn Lenze alt, der ihn anstarrte und dann verlegen den Kopf senkte, stur gen Boden starrte und dann, beinahe kreischend, hervorstieß: „Der Graue Wächter ist eingetroffen!“
    Schon wollte der Jungspund sich davon machen, da packte Alistair den Knirps am Arm und hielt ihn auf. „Was sagst du da? Wann ist das geschehen?“
    „V-vor einer halben Stunde, ungefähr!“ Der Junge starrte noch immer gen Boden. „B-bitte, Herr, darf ich jetzt… gehen?“
    Alistair, schwer atmend, gegen die Schwäche ankämpfend, stieß einen Seufzer aus und ließ den Knaben los. „Lauf zu ihr Junge, und sag, sie soll in mein Arbeitszimmer kommen. Ich, äh…“ Alistair biss sich auf die Lippen. „.. komme dann nach, sobald ich etwas vorzeigbarer aussehe.“
    Der Junge, bereits im Wegrennen begriffen, schrie ihm ein „Mach ich, Herr!“ zu und huschte um die Gangbiegung, verschwand alsbald aus dem Blickfeld und ließ Alistair allein. Dieser atmete tief durch, sammelte sich, fuhr sich über die Stirn, die klebrig von Schweiß war.
    Sie war hier. Sie war eingetroffen, und rechtzeitig. Er lebte noch, wie lange, war eine andere Frage, zumindest konnte er jetzt mit etwas mehr Hoffnung in die Zukunft sehen. Und wenn nicht, so würde sie gewarnt sein, was auch bereits viel wert war.
    Alistair trottete in seine Kammer zurück, zog sich an, was mehr schlecht als recht gelang, und starrte danach in den Spiegel, jener unglaublich teuren Anschaffung, die ihm sein käsiges, bleiches Angesicht entgegen warf. Ein hartes Schlucken kratzte seine Kehle. Maellyn würde es auch so ergehen, wusste er, in einigen Monaten würde auch sie von Schwäche gebeutelt sein, von Albträumen gequält, mit einem grausigen Schicksal vor Augen… Sie hatte ein Recht, es zu erfahren. Sie vor allen anderen…
    Müde schleppte er sich ins Arbeitszimmer, welches an sein Schlafzimmer angrenzte, starrte auf den runden Tisch in dessen Mitte, auf welchem, genau mittig, ein schmiedeeiserner Kerzenhalter stand, eine einzige Kerze in die Höhe stemmend, deren kleine, zarte Flamme wie eine Schlangenzunge gierig die Luft leckte. Alistair sank auf einen der Stühle, sein Kopf berührte die Tischplatte, während er der Flamme zusah, sich sehnte nach einem Bissen zu essen oder einem Tropfen zu trinken, war sein Mund doch wie ausgedörrt.
    Die sich öffnende Tür ließ ihn aufschrecken, beinahe sprang er aus dem Stuhl, wankte dann jedoch, von Schwäche geschüttelt, und klammerte sich an der Tischkante fest, während er sich der Tür langsam entgegen wandte.
    Maellyn betrat den Raum, hinter ihr konnte er ihren Geliebten erspähen und Leliana, sowie Wynne und Oghren – dem Erbauer sei Dank waren sie wohlauf. Sein Blick fiel jedoch erneut auf Maellyn, deren wohl geschwungene Lippen sich zu einem kleinen Lächeln formten, während sie näher trat. Die Besorgnis in ihren Augen strafte das Lächeln jedoch Lügen und gab ihre Beunruhigung preis.
    „Alistair“, sagte sie nur, neigte den Kopf grüßend, wie vor einem Ebenbürtigen, und schwieg dann.
    „Sag denen, sie sollen draußen warten. Das hier geht nur Euch und mich etwas an.“ Alistair war entsetzt zu hören, wie heiser seine Stimme klang.
    Er beobachtete, wie ihre Züge Schauplatz widerstreitender Gefühle und Zweifel wurden. Ein schwerer Seufzer hob ihre Brust, die Lippen wurden schmal und verengten sich. „Wir holen sie später dazu… wenn ich denke, dass es… nötig sein sollte.“
    Alistair stieß einen Seufzer aus. „Was verlangt Ihr als nächstes von mir? Dass ich in Unterwäsche vor Euch tanze?“
    „Es ist nicht zuviel verlangt, Alistair“, zischte sie frostig.
    „Schön“, schnaubte er gereizt und warf einen wütenden Blick auf die vor der Tür Wartenden. „Schließt bitte die Tür, in meinen jetzigen Zustand hätte ich nicht einmal die Kraft, einen Kieselstein aufzuheben.“
    Maellyn, die Augen verdrehend, tat, wie ihr geheißen und lehnte sich hiernach gegen die Tür, die Arme vor der Brust verschränkend. „Ihr wolltet mich sehen, und hier bin ich. Ich bin gekommen.“ Sie stieß sich von der Tür ab, trat auf den Tisch zu und ließ sich neben ihn an der Tafelrunde nieder. Ihre Finger fuhren die Maserungen des Holzes nach. „Was wolltet Ihr nun, Alistair?“


    Anmerkung der Autorin: Als ich diese Fanfiction geschrieben habe, hatte ich noch keines der Bücher gelesen und wusste daher nicht, was laut der Lore/den Büchern mit den Wächtern geschieht, wenn diese 30 Jahre um sind. Auf diese Informationen, die mir erst danach bekannt worden, habe ich daher in meiner Fanfiction keine Rücksicht genommen.
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    Veteranin Avatar von Naamah
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    Also dann stell ich meine Alistair-Schnulze auch mal hier rein.
    Wie schon erwähnt, fängt die Geschichte erst NACH der Schlacht gegen den Erzdämon statt.
    Awakening und Dragon Age 2 hab ich nicht gespielt, keine Bücher gelesen.
    Ich poste erstmal was ich schon hab, rest folgt dann hier.
    Hab mir gar keinen Titel ausgedacht, hm, schnell was überlegen *nachdenk*

    Liebe

    Die Schlacht gegen den Erzdämon hatte uns alle sehr mitgenommen, einige der Verbündeten fielen, aber wir waren siegreich! Das Gefühl, als ich Alistair Marics Schwert aus der Hand riss, auf den Erzdämon zulief und ihm die Klinge in sein verdorbenes Herz ramtte, werde ich niemals vergessen.
    Aber noch im selbigen Moment zweifelte ich daran, ob es klug war Alistair dazu zu zwingen, das dunkle Ritual mit Morrigan zu vollziehen.
    Es war töricht und eigennützig. Ich wusste nicht was Morrigan mit dem Kind vor hatte. Würde es überhaupt ein normales Kind sein?
    Aber obgleich ich wusste, das Alistair als König niemals eine Magierin lieben dürfte, wollte ich das wir Beide überlebten. Ich hoffte inständig, das unsere Liebe weiter existieren würde.
    Aber nach der grossen Schlacht wurde Alistair in einer prunkvollen Zeremonie zum König gekrönt und ehelichte Anora.
    Es war für Ferelden bestimmt das Beste.
    Ich wurde zur obersten Befehlshaberin über Alistairs Armeen ernannt und bekam ein Quartier im Schloss, um die Ritter auszubilden und zu befehligen.
    Und Alistair gewahr mir einen Wunsch. Pah! Einen Wunsch!
    Was ich mir mehr als andere auf der Welt wünschte stand nicht zur Wahl.
    Ich sehnte mich zurück nach den Nächten am Lagerfeuer. Arm in Arm, einander in die Augen sehend.
    Eine Träne lief über mein Gesicht, die Leute bejubelten das Königspaar und die Heldin Fereldens.
    Aber das war keine Freudenträne oh Erbauer!
    Wütend, so fest ich konnte umklammerte ich meinen Stab.
    Aber ich musste mich zusammenreissen.
    Als Grauer Wächter diente ich den Menschen.
    Wynnes Worte hallten seit dem dunklen Ritual in meinen Ohren.
    Warum hatte ich mich nicht selbst geopfert? Warum!?


    Ich wünschte mir Freiheit für die Magier.
    Wenn ich schon nicht so frei leben konnte, wie ich es wollte, sollten wenigstens meine Brüder und Schwestern frei sein.
    Es vergingen einige Tage, im Schloss herrschte reges Treiben.
    Alle waren aufgrund der Ereignisse immernoch in Aufruhr und gewöhnten sich nur schwerlich an die neue Situation.
    So auch ich.
    Ich reiste nun nicht mehr durch das Land, mit einer Gruppe illustrer Gefährten.
    Nein, ich hatte wieder einen festen Schlafplatz, befehligte eine Armee königlicher Ritter und meine Gefährten waren fort.
    Sie verfolgten ihre Träume, meine waren bis auf einen erfüllt.
    Das Land war gerettet, die Verderbnis besiegt, die Magier waren frei und mein Herz war schwer.
    Ich selbst riet Alistair einst dazu, an sich selbst zu denken und niemals ahnte ich, das er plötzlich König werden wollte und dafür unsere Liebe opferte.
    Aber nun saß ich hier, allein in meiner Kammer und erinnerte mich jede nacht an die Geschehnisse des vergangenen Jahres.
    Es war zermürbend, aber ließ uns alle erstarken und gebahr etwas so wundervolles und zartes, das ich beinahe all den Schweiss, die Tränen und das Leid vergaß. Liebe.

    Nur halbherzig kümmerte ich mich um meine neuen Aufgaben, aber es war auch ruhiger in Ferelden geworden.
    Nur im Schloss war es nicht mehr still, immer häufiger schallten Streitigkeiten zwischen Alistair und Anora durch das Schloss.
    Sie waren sich uneins oder stritten um den Tod Loghains.
    Alistair und ich stritten nie, es gab nur eine kurze Disskusion über die Mitnahme Zevrans, aber wir waren mehr als ein Liebespaar!
    Mehr als Graue Wächter! Wir waren eins!


    Wie häufig in Ferelden regnete es auch an diesem Abend.
    Der einzige Gefährte der mir noch geblieben war, war mein Mabari Aron.
    Und selbst ein Kriegshund hatte vor dem zu Bett gehen noch "Geschäfte" zu erledigen...
    Nass bis auf die Haut kehrte ich in meine Kammer zurück, zündete eine Kerze an und ging zugleich zu Bett um mich aufzuwärmen.
    Mitten in der Nacht riss mich plötzlich ein Klopfen aus meinen Träumen.
    Es kam von der Tür.
    Zögerlich stieg ich aus dem Bett um sie zu öffnen.
    Träumte ich noch?
    Dort stand Alistair, von dem Gang über den Hof zu meiner Kammer völlig durchnässt.
    Ich starrte ihn an und brachte nicht einen Ton heraus.
    Plötzlich schwang er mich auf seine Arme, trug mich zu Bett und küsste mich.
    Eine wohlige Wärme durchzog meinen Körper, meine Stimme versagte, mein Atem stockte.
    Langsam glitten Alistairs Hände unter mein Nachtkleid und er riss es mir mit einem kräftigen ruck von Leib!
    Die Regentropfen fielen von seinen nassen haaren auf meinen unbedeckten Körper.
    Seine Lippen wanderten jede Stelle ab und ich spürte, wie sich jeder einzelne Kuss in meine Haut einbrannte.
    Ich sah Alistair in die Augen als meine Hände über seinen stattlichen Körper glitten und wie einst schonmal geschehen verlor ich mich darin...
    Wir liebten uns die ganze Nacht und ich wünschte mir das sie niemals enden würde.
    Oh Erbauer!

    Aber die Nacht endete, sie endete viel zu schnell.
    Als der erste Sonnenstrahl durch das Fenster schien und mich weckte, war ich allein.
    Alistair war weg, nur sein geruch lag noch in der Luft.
    Ich atmete tief ein und ein Gefühl der Scham überkam mich, als ich die Augen schloss und jede Berührung der vergangenen Nacht erneut spürte.
    Was in des Erbauers Namen hatten wir getan?
    Hatten wir das Recht das zu tun?
    Immerhin hatten wir tiefe Gefühle füreinander, aber Alistair war mit Anora vermählt, obgleich aus anderen Gründen.
    Nein, solche Gedanken waren Unrecht! Wir hatten keinerlei Recht das zu tun!
    Ich stieg aus dem Bett um mir eine kräftige Ladung Wasser in das Gesicht zu schleudern, aber was war das?
    In meiner Waschschüssel schwamm eine Rose, eine rote Rose mit Blättern wie aus Samt.
    Eine ähnliche schenkte Alistair mir einst im Lager, es war der Anfang unserer Liebe.
    Aber ich hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken, ich hatte für den heutigen Tag eine Übung für die Ritter vorbereitet und war schon bald zu spät.
    Ich nahm die Rose und steckte sie an den Gürtel meiner Robe.
    Rasch rannte ich über den Hof zum Übungsplatz. Die Ritter warteten vermutlich schon auf mich.
    Auf halbem Wege stiess ich mit jemendem zusammen, es war Alistair.
    regeungslos standen wir uns gegenüber und er schaute mich mit diesem Hundeblick an.
    Alles in mir zog sich zusammen, mein herz raste wie wild.
    Früher empfand ich Freude wenn er mich so ansah, nun empfand ich Schmerz.
    "Nein! Ich will nicht das ihr mich so anseht! Ich will nicht eure heimliche Geliebte sein! Ich will kein Befehlshaber sein und ich will auch kein Grauer Wächter mehr sein!", schrie ich Alistair an.
    Ich riss die Rose aus meinem Gürtel und warf sie zu Boden. Es begann erneut stark zu regnen.
    Der Regen mischte sich mit meinen Tränen.
    Alistair versuchte mich zu umarmen, aber ich schleuderte ihm den heftigsten Kettenblitz entgegen, den ich wirken konnte und rannte davon.
    Ich rannte hinüber zu den Ställen, sprang auf ein Ross und ritt, als ginge es um mein Leben.
    Und irgendwie tat es das ja auch...
    [IMG][Bild: l_6002a95720ec47858b2b39bc50df66cb.gif][/IMG]


    Ich ritt solange, bis das Ross nicht mehr konnte.
    Ich wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war.
    An einer Wasserstelle machte ich halt und ließ das Ross trinken.
    Ich atmete schwer und lehnte mich an einen Baum.
    Ein stechender Schmerz durchzog meinen Körper und ich sackte langsam an dem Baum hinunter zu Boden.
    Starke Erschöpfung erfüllte mich, ich versuchte aufzustehen um etwas wasser zu trinken, aber mir wurde schwarz vor Augen und ich fiel.

    Meine Erinnerung setzte erst wieder ein, als ich die Augen öffnete und Wynne vor mir stand.
    Sie war ebenfalls auf dem Weg zum Zirkel und fand mich bewusstlos an der Wasserstelle und brachte mich zum Turm.
    Ich hatte für einige Tage das Bewusstsein verloren, aber Wynnes Heilkräfte hielten mich am Leben.
    Ich erzählte ihr nicht, das ich Alistair niederstreckte und aus dem Schloss floh.
    Ob ich ihn schwer verletzt hatte? Was hatte ich bloß getan?
    Aber es war nunmal geschehen und ich war froh jetzt im Turm zu sein.
    Wynne blickte mich seltsam an und fragte mich über Veränderungen aus. Veränderungen meines Körpers.
    Natürlich fielen mir Veränderungen auf. Schon vor der Schlacht gegen den Erzdämon.
    Aber das waren Begleiterscheinungen des Beitritts.
    Alistair hatte mir bereits früh von dem wachsenden Appetit erzählt, also wunderte ich mich nicht, das er in den letzten Wochen noch weiter wuchs und einige Roben eng wurden.
    Meine Blutungen blieben aus.
    Aber das war doch alles kein grund zur Besorgnis!
    Nebenwirkungen des Beitritts und der Strapazen der reisen und Kämpfe.
    Wynne lächelte.
    Wie konnte sie lächeln, während ich berichtete, wie das grausame Ritual der Grauen Wächter Einfluss auf meinen Körper nahm?
    "Das sind keine begleiterscheinungen des Beitritts. Ihr erwartet ein Kind."
    Ein Kind!? Nein, es war durch die Verderbtheit als Wächter unmöglich ein Kind zu bekommen!
    "Zu dem Zeitpunkt als es passierte wart ihr noch nicht sehr lange verdorben.
    Das Kind wächst schon eine weile in euch. wie lange genau kann ich nicht sagen."
    Es passierte auf Reisen? Wann? Wie? Ich glaubte es nicht.
    "Sagt Dahlia, ist Alistair der Vater?"
    Vater!? Nein, dieses Kind hatte keinen Vater!


    Es dauerte noch ein paar Tage, bis ich genug Kraft hatte um aufzustehen.
    An meinen "Zustand" hatte ich mich immernoch nicht gewöhnt.
    Ich war immernoch ungläubig das es möglich ist.
    irving gab mir eine leichte Aufgabe in der Bibliothek des Zirkels.
    Ich sortierte Bücher und half den Schülern Bücher zu finden die sie brauchten.
    Ich hatte wenigstens eine Aufgabe und dachte somit nicht ständig an Alistair und daran, das SEIN Kind in mir heranwuchs.

    Nachdem wieder 3 Wochen vergingen, konnte ich nicht mehr verbergen was war.
    mein bauch wölbte sich unter meiner Robe hervor, es sah nun nicht mehr wie ein bauch voller Eintopf aus, es sah aus wie ein Bauch indem ein Kind wuchs.
    Aber niemand sprach mich darauf. Ob Irving dies verboten hatte?
    Nun mir war es ganz Recht, so musste ich keine lästigen Fragen zum Vater des Kindes beantworten.
    Ich fand ganz hinten im letzten Regal beim aufräumen eine anzügliche Notiz, die wohl ein Schüler dort versteckt hatte.
    Sie war schon etwas alt und staubig und obwohl es nicht mein Recht war, las ich sie.
    Und was dort geschrieben stand, erinnerte mich an etwas.
    An eine Nacht im Lager vor einigen Monaten.
    Es war ein langer, harter Tag mit vielen Kämpfen.
    Alle waren müde und verschwanden rash in ihren zelten um sich auszuruhen.
    Alistair und ich waren nun schon ein paar Wochen ein Liebespaar und hatten auch schon die ein oder andere Nacht zusammen verbracht.
    Wir gingen ein Stück weg vom Lager, zu einem kleinen Bach.
    Der Mond schimmerte auf dem Wasser und wir setzten uns unter einen Baum.
    Wir redeten über den tag und über uns.
    Ich versprach ihm, das wir zusammen bleiben würden, egal was passiert und er schien glücklich über meine Worte zu sein.
    Wir küssten uns, Alistair zog mich auf seinen Schoß und schob seine Hand unter meinen Rock.
    Es war anders als sonst, denn Alistair war eher schüchtern und gehemmt, aber nicht in dieser Nacht.
    Seine Küsse, seine Berührungen, alles fühlte sich noch schöner, noch intensiver an und ich wusste, das unsere Liebe stärker geworden war.
    Ich sah in seine Augen, diese unglaublich schönen, treuen Augen und es gab nur noch uns Beide!
    Wir vergaßen die Verderbnis, wir vergaßen das wir Graue Wächter sind, wir vergaßsen das nur wenige Meter von uns entfernt ein Lager voller Gefährten war. Wir vergaßen einfach alles.
    Wir liebten uns unter den Augen des Mondes, so wie wir uns vorher noch nie geliebt hatten.
    Alistairs Arme umschlangen mich fest und ich wünschte mir, das ich eines Tages in diesen Armen sterben würde.
    Das war die Nacht, in der du gezeugt wurdest mein Sohn, ich bin mir sicher.
    Aber mein Wunsch bleibt mir verwährt. Ich bin keine Närrin, ich habe bei deiner Geburt zu viel Blut verloren. Ich weiss das meine Zeit gekommen ist.
    Ich danke dem Erbauer, das er mir Zeit gab, dich in meinen Armen zu halten und dir diese Geschichte zu erzählen.
    Ich gebe dir einen Kuss auf die Stirn, auf das du niemals vergisst, das deine Mutter dich liebt mein Sohn.
    "Nein!" Alistair stand die ganze Zeit über vor der Tür und lauschte Dahlias Worten an ihren Sohn. Wynne schickte ihm vor einigen Tagen eine Nachricht und er eilte zum Turm. Er geht auf seine Geliebte zu und drückt sie ganz fest in seine Arme.
    "Ich liebe euch Alistair Theirin." Ich liebe euch Dahlia Amell." Alistair drückt die Hand Dahlias an seine tränennasse Wange, ihr Kopf fällt zur Seite,sie schliesst ihre Augen und ist tot. Alistair gibt ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, entnimmt seinen Sohn den leblosen Armen seiner Mutter und spricht mit tränenerstickter Stimme zu ihm:
    "Du hast sehr wohl einen Vater mein Sohn.
    Ich werde dir von deiner Mutter erzählen, von ihrer Schönheit, ihrem Mut und ihrer Grossherzigkeit.
    Und ich werde dir von der Liebe erzählen. Von wahrer Liebe und das du sie niemals aufgeben darfst wenn du sie gefunden hast.
    Denn keine Traditionen und keine Pflichen der Welt sind wichtiger als die Liebe."

    Ende
    Naamah ist offline Geändert von Naamah (14.05.2011 um 13:13 Uhr)
  12. #72 Zitieren
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    Der Fluch verderbten Blutes

    # Kapitel 8

    Vorschau:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Maellyn träumte. Sie wusste immer, wann sie träumte, eine Gabe, die ihr als Magierin gegeben war, erlebte sie jeden Traum doch genauso bewusst, wie das Wachen. Eine Gabe, und – seit sie zum Grauen Wächter geworden war – auch ein Fluch.
    Sie stand inmitten eines riesigen Getummels an Dunkler Brut, gedrungene Genlocks, sehnige Hurlocks, schattenhafte Kreischer und hünenhafte Oger umgaben sie, kreischten in ihrer unverständlichen Sprache wild und schwangen die Schwerter, die Äxte, die Dolche und Bogen. Die Luft stank entsetzlich nach der Verderbtheit, die sie ausdünsteten.
    Maellyn hörte die Schreie nicht nur mit ihren Ohren, sie nahm sie mit ihrem gesamten Wesen wahr, und eisigstes Entsetzen durchschoss sie, trieb ihr Herz an, so dass es wild und heftig gegen ihre Rippen hämmerte.
    Die Horde setzte sich in Bewegung, und riss sie mit sich, das Stakkato war ohrenbetäubend, als Kettenhemden und schwere Stiefel, Gekreisch und Geheul sie peinigten. Sie kam nicht dagegen an, es riss sie mit sich fort. Der Boden unter ihr schien zu beben und sich aufzuwerfen, als wolle er sie hinabziehen in seine Tiefen, sie verschlingen.
    Maellyn kämpfte vergebens gegen den Sog, der sie eine Talsenke hinan trug, kämpfte vergebens gegen das Brennen in ihren Adern und die entsetzlichen Schmerzen, die sie durchschossen, wie Pfeile, wie Gift. Sie sah an sich die Klauen eines Kreischers, zu dem sie langsam transformierte, je näher sie dem Zentrum kam, dem die Horde entgegenstrebte.
    Auf einer Anhöhe erspähte sie schließlich eine Gestalt, und das Blut gefror ihr vollends, sie wollte hinan eilen, sich der Kreatur zu Füßen werfen, und gleichzeitig schrie ihr alles zu, zu fliehen, zu laufen, sich dem Gruppengeist zu widersetzen.
    Kein Erzdämon. Nein, das, was da auf jenem Hügel sich erhob, war zehnfach schlimmer. Es entsetzte sie mehr als alles, was sie jemals zuvor gesehen hatte, es ließ sie schreien, es schnitt in ihr Herz. Sie verkrampfte, schrie und schrie, und stolperte rückwärts, fiel zu Boden, während sie weg kroch, nicht glauben wollte, was sie sah.
    Das Wesen, die Kreatur, richtete den Blick auf sie und stieg den Hügel hinab, näherte sich ihr. Maellyn riss die Augen auf, Schmerzen sengten ihr Fleisch, und ihr Blut, die Verderbtheit in ihr brannte wie Säure, hinderte sie daran, zu fliehen. Nun hatte die Kreatur sie erreicht, beugte sich über sie, und seine Hände packten ihre Schultern, fuhren von dort hinauf zu ihrem Hals, streichelten ihn beinahe liebevoll, wanderten hinab an ihrer Brust zu ihrem Bauch.
    Sie hörte seine Worte in ihrem Kopf, und sie schienen ihren Verstand in Fetzen zu reißen, ihn zu zerstören und zu verschlingen. Sie wollte ihn anflehen, aufzuhören, doch ihre Lippen bewegten sich nicht und ihr Geist schwieg, während er ihn vernichtete…
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  13. #73 Zitieren
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    Der Fluch verderbten Blutes

    # Kapitel 9

    Vorschau:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Den ganzen Morgen schon glaubte Maellyn, wachsame Blicke auf sich zu spüren. Doch immer, wenn sie sich umsah, verflüchtigte sich das Gefühl, geschweige denn, dass sie absolut niemanden sah, der sie auch nur entfernt zu beobachten schien. Dennoch wollte das Gefühl einfach nicht verschwinden.
    Je näher sie den Ufern des Calenhad-Sees kamen, desto größer wurde zudem auch ihre innere Unruhe, die sie aufwühlte und innerlich aushöhlte. Dort, auf einer Insel inmitten dunklen, tiefen Wassers, erhob sich der Turm des Zirkels, jener Ort, der für sie beinahe zwanzig Jahre Gefängnis bedeutet hatte.
    Maellyn wusste, dass allein ihr Status als Grauer Wächter sie davor bewahrte, als Abtrünnige zu gelten. Obwohl sie dem Zirkel selbst nicht feindselig gegenüber stand, hatte sie entschieden, dass sie nicht dorthin zurückkehren würde. Nichts triebe sie dazu, erneut eine Gefangene zu sein, eingesperrt wegen eines Vergehens, dass keines war, und allein darin bestand, dass sie mit Fähigkeiten gesegnet – oder verflucht? – worden war, die die meisten Menschen und Elfen nicht ihr Eigen nennen durften.
    Zeitlebens hatte sie es dort gehasst, und nun war sie frei. Niemals wieder würde sie sich dem Joch der Kirche beugen.
    „Was ist mit Euch?“, hörte sie Leliana fragen.
    „Wir erreichen den See jetzt sehr bald.“
    „Oh…“ Leliana schien sofort zu verstehen. Natürlich. Leliana kannte sie inzwischen besser als die meisten anderen, eingeschlossen derer, mit denen sie nahezu zwanzig Jahre zusammen gelebt hatte. „Wir haben doch nicht vor, den Turm aufzusuchen, Maellyn. Wir müssen nicht einmal in seine Nähe kommen.“
    „Ich weiß. Es ist bloß…“ Maellyn atmete tief durch, suchte nach den rechten Worten. „… lange Zeit war der See alles, was ich von der Welt außerhalb des Turms kannte. Ich war sehr klein, als man mein… Talent entdeckte und mich meiner Familie wegnahm. Meine frühesten, wirklich klaren Erinnerungen sind vom Turm, nicht von meinen Eltern. Aber das Gefühl von Familie seitdem nie wieder… bis ich aus dem Turm fort ging.“
    „Ihr meint mich?“ Leliana strahlte. „Ich bin Eure Familie geworden?“
    „Ja.“ Maellyn presste die Lippen aufeinander. „Ihr, Zevran, Alistair und Morrigan… ja, so seltsam es scheint, Morrigan.“
    „Das ist nicht seltsam“, erwiderte Leliana. „Morrigan war stets Außenseiterin, aber Ihr beiden… das ist eine ganz andere Art von Freundschaft als die zwischen uns.“
    „Ja, ganz ohne amouröse Vergangenheit.“
    Ein schmerzvoller Schatten glitt über Lelianas Gesicht. „Das meinte ich nicht, und das wisst Ihr…“ Die Bardin lenkte ihr Pferd näher an Maellyns heran. „Morrigan und Ihr wart auf einer Ebene Schwestern, die keines gemeinsamen Blutes bedarf. Und in gewisser Hinsicht symbolisierte sie Euch eine Freiheit, die Ihr erst durch sie kennen lerntet. Es ist völlig verständlich, dass sie Euch ebenso Familie war wie… Zevran, Alistair und ich.“
    „Da könntet Ihr Recht haben…“
    Schweigen senkte sich über sie wie eine dicke, schwere Decke. Maellyn konzentrierte sich auf ihren eigenen Herzschlag und versuchte herauszuhören, ob er stolperte… suchte nach ersten Anzeichen des schleichenden Verfalls, der sie dahinraffen würde. Doch ihr Herz schlug noch immer kräftig und regelmäßig in ihrer Brust. Was immer auch das Leben der Wächter bedrohte, sie war vielleicht noch nicht lange genug eine von ihnen, als dass es ihr Leben bereits akut aufzehrte.
    Trotzdem kam sie sich vor wie entzweigeschlagen. Als hätte etwas einen wichtigen Teil von ihr entfernt. Ein leises Seufzen quälte sich über ihre Lippen und schien noch Augenblicke später nachzuhallen.
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  14. #74 Zitieren
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    Der Fluch verderbten Blutes

    # Kapitel 10

    Vorschau:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Das Fläschchen erschien unscheinbar, die Flüssigkeit darin war blutrot und klar, als hätte jemand es tatsächlich mit dem Lebenssaft angefüllt. Doch davon abgesehen schien nichts Besonderes an jener Flasche zu sein oder ihrem Inhalt. Es schien fast unglaublich, dass diese Phiole eine Kraft enthalten sollte, die groß genug war, ein Leben zu retten… zumindest für einige Zeit.
    Die Schritte hinter sich nahm er, versunken in den Anblick jener Phiole, kaum wahr, und erst als die Stimme der alten Frau seine Gedanken zerstieben ließ, konnte er den Blick davon losreißen.
    „Ich muss zugeben, dass ich Euch anders eingeschätzt hatte“, vernahm er die Stimme Wynnes.
    „Soll ich darüber in Freudentränen oder doch in solche der Trauer ausbrechen?“
    „Als ich Euch kennenlernte… dachte ich, Ihr seid lediglich aus einem Grund an ihr interessiert.“
    „Wer sagt denn, dass dem nicht so war?“ Zevran erhob sich aus seiner sitzenden Haltung und wandte sich der alten Magierin zu. „Ja, ich gebe es zu, als wir anfingen, das Lager zu teilen, hatte ich nichts weiter als etwas Spaß im Sinn. Ein paar angenehme Stunden, verbracht in einer zweifellos wunderschönen Frau, um sich von dem abzulenken, was so auf uns zukäme.“ Er zuckte die Achseln. „Und was spricht denn dagegen? Die eingefahrene Meinung einiger Leute, Sex solle lediglich der Fortpflanzung dienen, oder Ausdruck der innigen Gefühle zwischen zwei Personen sein?“
    „Mag sein, dass es so angefangen hat, aber seither hat sich einiges verändert, nicht wahr?“ Wynnes Gesichtsausdruck war nachsichtig und freundlich, nicht vorwurfsvoll. „Tatsache ist aber, dass es sich geändert hat. Ihr seid ihr gefolgt, selbst, als die Notwendigkeit dafür nicht länger bestand. In die Schlacht gegen den Erzdämon, und darüber hinaus.“
    „Das ist ja wohl offensichtlich.“ Zevran missfiel das Thema. Über Maellyn nachzudenken war in letzter Zeit nicht eben angenehm. Sie würde vielleicht sterben, und aus irgendeinem Grund machte ihm dies mehr aus, als gut für ihn war. Und, um das ganze noch besser zu machen, hatte sie ihn zurückgewiesen und nur Leliana mitgenommen, um nach der Hexe zu suchen. Trotz seiner ernstgemeinten Beteuerungen, er würde ihr ohne jedes Zögern folgen, wohin ihr Weg sie auch führen mochte.
    „In der Tat, dennoch hegte ich gewisse Zweifel in Bezug auf Euch, Zevran. Bis heute. Es ist offensichtlich, dass Ihr bei all Eurer Erfahrung mit Frauen keine Erfahrung mit Liebe habt.“
    „Ich rate Euch davon ab, dieses Gespräch noch länger in diese Richtung zu lenken“, zischte Zevran. „Ich habe sehr viel Erfahrung damit. Ich kann lieben wie kein zweiter diesseits und jenseits des Wachen Meeres, wie Euch hunderte schöner Damen – und stattlicher Herren – sicherlich glückselig strahlend erläutern würden… hätte ich nicht beinahe ebenso viele umgebracht.“
    „Das meinte ich.“ Wynne schüttelte leicht den Kopf. „Wenn Ihr all diese Personen tatsächlich geliebt hättet, hättet Ihr sie auch nicht getötet. Sex und Liebe sind zwei unterschiedliche Dinge, die sich gegenseitig ergänzen, aber getrennt voneinander möglich sind.“
    „Mir ist vollkommen schleierhaft, worauf Ihr hinauswollt.“
    „Ich denke, Ihr wisst es sehr genau.“ Wynnes Blick wurde scharf und streng. „Beantwortet mir eine Frage, Zevran: Wäret Ihr dazu fähig, Maellyn zu töten?“
    „Mein sagenhaftes Scheitern damals, als ich es tun sollte, zeigt wohl eindeutig, dass ich es nicht bin.“
    Wynne seufzte, schüttelte den Kopf. „Ich sehe, es hat keinen Sinn, mit Euch darüber sprechen zu wollen.“ Sie schürzte missbilligend die Lippen und wandte sich ab, tat einige Schritte zurück in das kleine Lager.
    „Nein.“
    Wynne hielt inne, wandte sich ihm langsam zu. „Nein?“
    „Nein. Die Antwort auf Eure Frage ist Nein. Ich wäre nicht dazu fähig.“
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    Dea
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    # Kapitel 11

    Vorschau:
    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    „Das ist es also? Ich nuckele nur an diesem Fläschchen und mir geht’s besser?“ Alistair beäugte kritisch besagte Phiole, die vor ihm auf dem Tisch stand, und deren Inhalt ihn an Blut gemahnte. „Mir gefällt es nicht, etwas zu trinken, das von einem Maleficar hergestellt wurde.“
    „Aber wenn Ihr es nicht tut, werdet Ihr sterben. Mir gefällt es genauso wenig wie Euch, aber es ist vielleicht Eure letzte Hoffnung, Alistair.“
    „Nein“, brummte Alistair. „Aber deswegen muss es mir noch lange nicht gefallen.“
    „Wir werden immer wieder gezwungen, Dinge zu tun, die uns nicht gefallen, Alistair“, erinnerte ihn Wynne abermals.
    „Hmpf… ja, wie den Thron zu besteigen, zum Beispiel.“ Er spürte, wie erneute Schwäche ihn durchschüttelte, ein heiseres Husten quälte seine Kehle. „Aber sterben will ich noch nicht.“
    Er stöpselte fahrig die Phiole auf. „Also dann, auf… mein Wohl.“ Und hob sie an die Lippen, trank die Phiole gut zur Hälfte aus, würgte das abscheulich schmeckende Gebräu hinab.
    Ein heftiger Krampf durchfuhr ihn, Schwindel schüttelte ihn, seine Finger krallten sich in die Tischplatte, keuchend ging sein Atem. Er krümmte sich zusammen, ein dumpfer Schlag an seinem Schädel… Von ferne hörte er Stimmen, die schrien, in Panik, oder aus einem anderen Grund? Es schien belanglos. Seine Welt löste sich auf, zerfaserte, zerfiel…
    „Alistair!“ Jemand rüttelte ihn.
    „Jedenfalls wissen wir jetzt, dass Avernus uns hereingelegt hat.“
    „Wie könnt Ihr so tatenlos danebenstehen! Holt Hilfe!“
    „Nein, ich denke, ich sehe mir das etwas länger an… wenn er jetzt wirklich stirbt, ist es ohnehin zu spät. Außerdem seid Ihr hier die Heilerin, nicht ich.“
    „Hmpf… sieht nicht gut aus.“
    „Ja, eine sehr unelegante Art, zu sterben… vielleicht sollte ich es einfach beenden?“
    Betretenes Schweigen senkte sich gleich einer schwarzen Decke hernieder und verschlang jedes Geräusch außer Alistair Keuchen und Würgen vollends. Eine Ewigkeit anzudauern schien es, bis schließlich erneut eine Stimme die Stille zerriss.
    „Ich denke… es gefällt mir nicht. Aber wenn er wirklich stirbt…“
    „Dann lasst den Meister ans Werk, Wynne. Ich weiß, es zerreißt auch mir das Herz, er war ein stattlicher Mann… nun, zumindest, bevor das da passiert ist… aber das kann man sich nun wirklich nicht ansehen.“
    Etwas presste sich gegen seine Kehle… und Alistairs Faust fuhr nach hinten, als seine Lebensgeister sich aufbäumten, ihm Kraft für diesen Schlag verliehen…
    „He, was soll das! So tot bin ich auch wieder nicht.“
    Er fuhr herum und warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf den blonden Elfen, der nicht mehr rechtzeitig genug zurück weichen konnte, was vielleicht auch daran liegen mochte, dass er nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte. Jedenfalls begrub Alistair ihn unter sich.
    „Wisst Ihr, Alistair, ich wusste, dass es dazu eines Tages kommen würde“, bemerkte Zevran mit einem leicht gequälten Grinsen auf den Lippen. „Ihr müsst aber nicht gleich so stürmisch über mich herfallen, eine einfache Frage hätte ausgereicht…“
    Alistair hatte das unangenehme Gefühl, dass sein Gesicht gerade die Farbe einer reifen Tomate annahm. „Was faselt Ihr da?“
    „Ihr liegt auf mir. Und mir ist die Vorstellung weitaus angenehmer, dass Ihr es hier auf dem Boden mit mir tun wollt, als die… andere.“
    „Ihr seid krank.“ Alistair stemmte sich hoch und kroch hastig von dem Elfen weg. „Hat es danach ausgesehen? Wynne, Oghren? Also bitte, ich... Ihr… warum sollte ich andere Männer denn…?“
    Zevran sammelte seinen Dolch vom Boden auf und erhob sich mit derselben fließenden Geschmeidigkeit, die er sonst auch immer an den Tag legte. Alistair begann es bereits jetzt schon zu bereuen, dass er dem Meuchelmörder nicht eine Lektion erteilt hatte, als er noch die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Allein die Vorstellung… Er verzog das Gesicht.
    „Geht es Euch jetzt besser?“, erkundigte sich Wynne und unterbrach damit seine immer noch leicht schockierten Gedankengänge.
    „Ihr meint, abgesehen davon, dass ich mich gerade vor versammelter Mannschaft blamiert habe? Ja… mir geht es sogar… erstaunlich gut.“
    „Dann scheint die Tinktur gewirkt zu haben.“ Wynne betrachtete ihn eingehend. „Ihr seht jedenfalls viel gesünder aus. Dennoch befürchte ich, dass dies nur eine vorübergehende Besserung darstellt.“
    „Ich bin nicht geheilt. Ich fühle mich momentan in etwa so wie ich mich während der Verderbnis fühlte – gesund, kräftig. Aber die Verderbtheit ist immer noch da.“ Alistair seufzte. „Nun denn… ich schätze, wir müssen zum Kern des Problems vordringen, etwas in der Art? Reizend. Und dabei hatte ich mich auf etwas Ruhe gefreut… vielleicht ein schönes Picknick am Strand mit meiner liebreizenden Gemahlin… aber nein!“
    „Tsts… ich bitte Euch, Anora ist ja wohl kaum liebreizend… zumindest in Euren Augen“, spottete Zevran.
    „Müsst Ihr darauf herumreiten?“
    „Nein, aber ich tue es so gerne. Euch zu erzürnen, Majestät, ist mir der liebste Zeitvertreib…“
    „Und ich dachte, Euer liebster Zeitvertreib wäre es, Euch durch die Betten von ganz Ferelden zu schlafen.“
    „Ich fühle mich geschmeichelt. Das der König mir so etwas zutraut… aber nein, momentan genügt es mir völlig, mich ein bisschen auf Eure Kosten lustig zu machen.“
    Alistair stöhnte. „Ich weiß nicht, was Maellyn an Euch findet. Ihr seid ein böser Mann.“
    „Wir haben dringendere Probleme als eure Streitereien“, mischte sich Wynne in den Wortwechsel. „Die Verderbtheit wird Euch, Alistair, dennoch dahin raffen, wenn wir nicht ein Mittel dagegen finden. Darauf sollten wir uns jetzt konzentrieren.“
    „Aye“, brummte Oghren. „Hat jemand was zum Trinken? Ich weiß ja nicht, wie es Euch da geht, aber so was lässt sich viel besser bei einem Fass Bier besprechen… oder zwei.“
    „Ein Fass?“ Alistair starrte den kleinen Mann entgeistert an. „Ist das Euer Ernst.“
    „Aye.“
    „Das Schlimme daran ist, dass ich es mir tatsächlich vorstellen kann“, merkte Zevran mit leicht angewiderter Stimme an. „Diese Bierfahne wird man noch in Anderfalls riechen.“
    Alistair wusste nicht, woher es kam, aber ausnahmsweise stimmte er mit dem blonden Elfen vollständig überein. Es geschahen doch noch Zeichen und Wunder.
    „Tut man das nicht bereits?“, murmelte er dem Meuchelmörder zu, der daraufhin die Schultern zuckte.
    „Ich wünsche mir einen Schnupfen“, brummte Alistair. „Damit ich das nicht riechen muss.“
    Zevran zuckte erneut die Achseln. „Und ich wünsche mir, dass Maellyn zurückkehrt. Wir bekommen eben nicht immer alles, was wir uns wünschen.“
    „Wie wahr“, ächzte Alistair missgestimmt. „Wie wahr.“
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    Dea
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    # Kapitel 12

    Vorschau:
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    Mit hochgezogenen Brauen, einen leisen Pfiff auf den Lippen, sah sich Zevran in der kleinen Taverne um, welche in Hafennähe gelegen, Heimstatt von Bier und billigen Hafendirnen war, die ihre mageren Leiber in aufreizende Kleider gehüllt zur Schau stellten. Auch die Mädchen stanken nach dem billigen Fusel, der hier in rauen Mengen genossen zu werden schien – Oghren hätte seine helle Freude gehabt an diesem Ort, wäre er jetzt hier gewesen.
    Die magere Wirtin, die hinter dem Schanktisch stand und soeben einem bärtigen Seemann gelben Gerstensaft in einen Humpen goss, hob kurz den Kopf, als er näher trat, zuckte hiernach die Schultern und schenkte ihm keine weitere Beachtung mehr, bis der Humpen des Mannes voll gefüllt und dieser, schon leicht wankend, davon gezogen war.
    Erst da wandte sie sich, die schmalen Lippen verkniffen in einem Gesicht, das – wenn nicht so verbrämt – durchaus recht hübsch gewesen wäre, ihm zu.
    „Ja?“, kam es wenig erfreut von ihren Lippen. „Was kann ich für Euch tun?“
    Durchaus hübsch, wenn sie lächeln würde. Doch diese verkniffenen Lippen schienen es nicht zu kennen, sahen so aus, als hätten sie das letzte Mal vor tausend Jahren ein Lächeln geformt.
    „Ein Vögelchen zwitscherte mir zu, wenn ich einen Ort suche, an dem man ungestört ein paar Geschäfte zu regeln hat, wäre das der rechte Platz.“
    „Ach ja? Welcher Vogel?“ Argwohn stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    „Der Buntspecht“, kam es wie von der Bogensehne abgeschossen.
    „Ich habe Euch hier noch nie gesehen… aber, nun ja, hier kommen allerlei seltsame Gestalten vorbei? Warum also nicht…“ Sie winkte ihm zu, ihr zu folgen. Zevran kam der Aufforderung nach, Anspannung kroch ihm in die Glieder. Dennoch, er war entschlossen, dies hier zu Ende zu bringen. Für… für Maellyn.
    Durch einen schmalen, hinter dem schmutzigen Vorhang – welcher den Schankraum vom Rest des Hauses abzutrennen suchte – gelegenen Korridor, dessen mit altem Holz verkleidete Wände Staub überhaucht waren, folgte er der Wirtin zu einer niedrigen Tür, welche ihm verschlossen vorkam und beinahe mit der umliegenden Wand zu verschmelzen schien.
    Sie stieß die Tür auf, nickte ihm knapp, und verschwand dann wieder in den Schankraum. Zevran stieß einen leisen Seufzer aus. Also dann… Er betrat das Hinterzimmer.
    An einem schmalen Tisch, der vergeblich sich mühte, der Mittelpunkt des Zimmers zu werden, war er doch grob gezimmert und keinesfalls bemerkenswert, saß auf einem wackeligen Schemel ein Mann. Dieser hob den Blick, zuerst schien Langeweile seine Züge zu beherrschen, doch dann weiteten seine Augen sich vor Überraschung.
    Im nächsten Augenblick war er aufgesprungen, gleißend sprang das Schwert ihm in die Hand, weißsilbern blitzte das Silberit der Klinge auf. Knallend fiel die Tür hinter Zevran ins Schloss, er vernahm das Klicken, als die Tür sich verriegelte. Ein Magier. Zudem einer, der in Schwertkunst bewandert schien.
    „Du bist tatsächlich vom Glück gesegnet, Zevran“, murmelte er und die Dolche sprangen ihm beinahe von selbst in die Hände.
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    # Kapitel 13

    Vorschau:
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    „Beim Erbauer, ich weiß, dass es spät ist!“, fauchte Maellyn streitlustig der Wache ins bärtige Gesicht. Sie war müde, ihre Knochen schmerzten noch immer von dem Gewaltritt, den sie unternommen hatte, um Denerim so schnell wie möglich zu erreichen, und sie brauchte dringend ein Bad und eine Massage. Aber vor allem, und das kam noch vor ihren Bedürfnissen, musste sie jetzt mit Alistair und am besten noch dem gesamten Rest sprechen. „Und nein, es kann nicht bis morgen warten. Es kann unmöglich bis morgen warten.“
    „Herrin, Seine Majestät schläft, es wäre äußerst ungehörig, Ihn jetzt zu wecken“, versuchte die Wache es erneut, und sprach dabei so langsam und deutlich, als rede er nicht mit einer durchaus gebildeten Magierin, sondern mit einem begriffsstutzigen Kind.
    „Und wenn er der Erbauer selbst wäre“, fauchte Maellyn ihn gereizt an. „Ich muss ihn sprechen, und zwar nicht morgen, oder in drei Stunden, sondern jetzt. Sofort.“
    „Ich wiederhole es jetzt zum letzten Mal: Vor morgen kann ich Euch unmöglich…“
    „Also schön“, zischte Maellyn, der letzte Geduldsfaden zerriss ihr. „Ihr seid offenbar genauso stur wie dumm, was?“ Ihre Fingerspitzen kribbelten, als sie ihre Verbindung zum Nichts anzapfte und einen steten Strom der Macht daraus zog, ihn in Form eines Blitzes zu manifestieren, der sodann die Wache gegen die Brust traf. Die ächzte auf, griff sich an die Brust, entgeistert starrte sie auf Maellyn.
    „Bei allen Dämonen des Nichts, was soll das!?“
    „Holt den König. Sofort. Ich kann noch viel mehr als nur das tun, ich schwöre es Euch“, forderte Maellyn.
    Die Wache, erbleichend, nickte und hastete ohne ein weiteres Wort los, verschwand im Gewirr jener Korridore, die den Palast durchwanden wie unterirdische Stollen einen Berg auszuhöhlen verstanden. Maellyn, noch immer unruhig auf- und abschreitend, bewegte die angespannten Schultern, die ihr brannten als wären Nägel hinein gestoßen worden, und blinzelte gegen die bleierne Schwere der Lider, die sich über ihre Augen herabzusenken drohten.
    Nach einiger Zeit des Wartens, es schien hundert Jahre gedauert zu haben, ja Zeitalter, so kam es Maellyn vor, tauchte die Wache wieder auf, forsches Schrittes, doch leise Beunruhigung meißelte sich in die Züge des Mannes, so er Maellyn in die Augen sah.
    „Der König empfängt Euch. Kommt.“
    „Nicht im Thronsaal?“
    „Nein. Kommt.“
    Maellyn, die Achseln zuckend, folgte dem Wachmann durch die Eingeweide des Palastes, Treppen hinan und Korridore entlang, vorbei an Türen, die, je näher sie den königlichen Gemächern kamen, immer mehr und mehr von aufwendigen Schnitzereien geziert wurden. Bald schon fühlte Maellyn kostbaren Teppich unter den Füßen, der ihre Schritte auf dem harten Steinboden dämpfte, und erspähte hie und da Wandteppiche – keine grob gewobenen, zweckmäßigen, sondern wahre Kunstwerke der Webekunst, die heroische Schlachten zeigten. Die Fackeln an den Wänden staken in Bälde aus vergoldeten Halterungen hervor.
    Die Tür zu Alistairs Gemächern spottete dem Prunk in ihrer Schlichtheit Hohn, doch Maellyn schenkte jenem Detail keine Beachtung, sondern hob noch vor der Wache, die sie geleitete, die Faust, um zu klopfen. Noch bevor ihre Faust gegen das Holz schlug, öffnete sich die Tür und Alistairs Gesicht erschien im Spalt.
    „Kommt rein“, war alles, was er zu ihr sagte, öffnete sodann die Tür etwas weiter, gerade weit genug, als dass Maellyn hindurch zu schlüpfen vermochte. „Ihr könnt gehen.“
    „Jawohl, Euer Majestät!“ Die Wache salutierte zackig, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand alsdann aus Maellyns Blickfeld. Alistair schloss die Tür.
    „Ihr seht viel besser aus.“ Und dem war so, im Gesicht des jungen Königs war wieder Farbe, nicht länger gebeugt und entkräftet stand er da, sondern aufrecht, die Schultern straff und gerade.
    „Avernus’ Tinktur“, erwiderte er knapp.
    „Also hatte Zev Erfolg.“
    „Wynne und Oghren waren daran auch nicht ganz unbeteiligt“, erinnerte Alistair sie.
    „Wann werdet Ihr endlich lernen, ihm zu vertrauen?“
    „Fragt mich das in zehn Jahren wieder.“ Er neigte den Kopf zur Seite. „Ihr wolltet mit mir sprechen?“
    Maellyn presste die Lippen aufeinander, den guten Freund scharf betrachtend. „Ich brauche Eure Hilfe, Alistair. Es geht um Leliana.“
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  18. #78 Zitieren
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    # Kapitel 14

    Vorschau:
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    Sanft streichelten Maellyns Finger die zarte Haut des Mädchens, das auf dem Bauch gerollt, das blasse Gesicht in den Kissen vergraben, die rotbraunen Haare wie züngelnde Flammen über den Rücken und die Decken verteilt, da lag und schlief.
    Sie konnte den Atem Zevrans spüren, der ihren Nacken kitzelte, und wie seine Hände in schlafwandlerischer Aktivität ihren nackten Körper kosten. Sie konnte nicht sagen, ob er wach war oder schlief, vielleicht dämmerte er auch zwischen Wachen und Träumen dahin? Sein Atem jedenfalls ging ruhig und entspannt.
    Maellyn selbst schreckte vor dem Schlaf zurück, war er doch von Albträumen angereichert und quälte sie damit. Am schlimmsten schien ihr das Gesicht zu sein, das sie in ihren Träumen anstarrte. Der Erzdämon war ihr schlimm erschienen, obgleich jene Träume denen, die jetzt hatte, nicht gleichgekommen waren. In diesen neuen Träumen lag entsetzliches Grauen, tiefgreifend und sie aufwühlend.
    Stöhnend stemmte sie sich aus den Kissen hoch, kroch langsam dem Bettende zu und schlüpfte fröstelnd aus den Decken. Ihre Füße berührten den weichen Teppich, der – aus dem fernen Rivain stammend – den Boden bedeckte. Im Dunkeln tappte sie hinüber zu jenem Mantel, der ausgebreitet über der Stuhllehne vor dem Arbeitstisch hing, und schlüpfte hinein. Der weiche Stoff schmiegte sich an ihre Haut, koste sie wie die zärtlichen Hände eines Liebhabers. Maellyn schlüpfte gleichfalls in die Pantoffeln, die am Bettende standen, und verließ alsdann ihre Gemächer.
    Leise, von den Wachen, die auf den Gängen patrouillierend ihre Runden gingen, unbeachtet, schlich sie durch die Korridore, ziellos irrend. Vor einem der Fenster, die hinaus auf das schlafende Denerim schauten, wie die Augen eines stummen Wächters, blieb sie stehen, sah hinaus in die Nacht. Kaum nahm sie die Schritte wahr, die leise sich ihr näherten.
    „Albträume, stimmt’s?“, hörte sie Alistairs Stimme neben sich erklingen. „Kenne ich.“
    „Nein, keine Albträume“, entgegnete sie. „Ich kann – oder will – nur nicht schlafen.“
    „Wie ich sagte: die Albträume.“
    Maellyn wandte dem jungen König ihr Gesicht zu, betrachtete schweigend das fast noch knabenhaft anmutende Konterfei Alistairs, sein Profil, dass sich, vom schwachen Sternenlicht übergossen, schattenhaft vor ihr abhob.
    „Das Gefühl kennt Ihr, nehme ich an“, sagte sie schließlich, die Stille mit Worten zerreißend.
    „Ja, es ist ganz reizend. Und so erfrischend. Es geht doch nichts über ein paar nette kleine Albträume zur Abwechslung.“
    „Das ist nicht witzig.“
    „Nein, aber dafür bin ich ja da. Um unpassende Witze zu machen und Euch auf die Nerven zu gehen.“ Alistair schnitt eine Grimasse, die vielleicht ein Grinsen darstellen mochte, doch war es kaum zu erkennen.
    „Ja, dafür seid Ihr allemal zu gebrauchen“, gab Maellyn trocken zurück.
    „Steht Ihr? Ich wusste, dass wir das ähnlich sehen.“ Alistair starrte hinaus in die Nacht, schwieg für Augenblicke, für Herzschläge, die er nur da stand, still und stumm, fast so, als wäre er zu Stein geworden. „Ich frage mich gerade… was aus Duncan geworden wäre, wenn er nicht bei der Schlacht um Ostagar gefallen wäre.“
    „Duncan war ein Monster. Er wäre zu einem geworden.“
    „Er hat Euch vor Aeonar gerettet.“
    „Und wie gerne wäre ich dorthin gegangen, wenn ich gewusst hätte, dass er mich nur vor Gefangenschaft bewahrte, um mich danach zu verdammen“, fuhr Maellyn den jungen Mann an. „Dreißig Jahre, verdammt, Alistair! Und jetzt habe ich nicht einmal mehr diese Zeit. Seht mich an, ich bin… ich habe gerade erst angefangen, wirklich zu leben. Ich ging mit Duncan in der Hoffnung, endlich den verdammten Turm hinter mir lassen und frei sein zu können, aber statt Freiheit erwartete mich… Verdammnis. Tod.“ Sie kniff die Augen zusammen, voller Zorn in das Gesicht des jungen Königs stierend. Er wich wie ein geprügelter Hund vor ihr zurück, während neuerliche Schuldgefühle seine Züge beutelten. Argwohn stieg in ihr auf, sah sie doch, dass es wohl noch mehr gab, wovon sie niemals erfahren. „Gibt es noch irgendetwas, das man mir nie gesagt hat, um mich zu schonen, weil man dachte, es wäre ohnehin nicht so wichtig? Irgendeine Wächtersache, über die ich Bescheid wissen sollte?“
    Alistair, den Kopf wie ein geschlagenes Tier senkend, schien nahe davor zu sein, wie ein ebensolches zu winseln. „Nein“, brachte er mühselig hervor, doch es klang nicht überzeugend.
    „Ihr verschweigt mir etwas“, stellte Maellyn fest, die wohl geschwungenen Lippen zu Strichen aufeinanderpressend.
    „Ich… vielleicht… kann sein…“, druckste Alistair herum, noch immer zu Boden starrend, als läge dort etwas, dass seine Aufmerksamkeit über alle Maßen zu fesseln verstand.
    „Raus damit“, zischte Maellyn, alarmiert den jungen König anstarrend. Ein ungutes Gefühl ballte ihren Magen zu einem Klumpen zusammen und trieb Messer hinein. Die Geduld begann ihr zu schwinden.
    „Also…“ Der junge König straffte die Schultern, doch wirkte er nicht sehr selbstbewusst dabei. „Ihr könnt vermutlich keine Kinder bekommen“, platzte es aus ihm heraus.
    „Was!?“ Ärger und Wut stiegen tosend in ihr auf und brachen, einem unheilvollen Donnergrollen gleich, aus ihr hervor. Ihre Hand schlug klatschend auf Alistairs Wange auf, hinterließ einen roten Flecken darauf, der feuerrot im Fackelschein aufleuchtete.
    „Die Verderbtheit in Euch… es ist fast unmöglich, dass Ihr jemals…“, stammelte Alistair, sich schockiert die Wange reibend, die wahrlich wie Feuer brennen musste, hatte Maellyn doch alle Kraft in diesen Schlag gelegt.
    „Und wann, beim Erbauer, hattet Ihr vor, mir das zu sagen?“, fauchte sie ihn an.
    „Ich habe es jetzt gesagt“, verteidigte Alistair sich schwach.
    „Ja“, schäumte Maellyn, wutentbrannt. „Nachdem ich es Euch erst zweimal danach fragen musste! Ihr verdammter, schwachsinniger, hirnloser Arsch!“
    Alistair zuckte zusammen, als hätte sie ihn erneut geschlagen. „Es tut mir leid“, brachte er schwach heraus. „Ich dachte, es wäre Euch ohnehin nicht so wichtig.“
    Maellyn spürte, wie der Zorn erneut in ihr explodierte. Alistair, aufkeuchend, die Augen weit aufreißend, flog von einer unsichtbaren Kraft geworfen zurück, stieß sich hart die Stirn an der Wand und ächzte gequält, so er zu Boden sank.
    „Macht so etwas nie wieder!“, fauchte sie ihn an, giftspritzender Zorn in den Worten, die eine Drohung waren. „Oder, ich schwöre Euch, ich vergesse mich.“
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    # Kapitel 15

    Vorschau:
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    Der Wind griff ihr unbarmherzig ins Haar, fuhr unter ihre Robe und kribbelte um ihre Brustwarzen, als suche er an ihnen zu saugen wie ein Säugling oder ein allzu übermütiger Liebhaber. Maellyn, die an der Spitze der kleinen Gruppe ritt, warf nur selten einen Blick über die Schulter, dieweil wirre Haarsträhnen ihre Augenwinkel pieksten, und sie sich ein wärmeres Kleidungsstück herbeisehnte als diese Robe.
    Sie kam sich verloren vor, trotz ihrer Begleiter, und musste unweigerlich an die Worte des Grauen Wächters denken, den sie vor gar nicht so langer Zeit gar nicht so weit von hier angetroffen hatte… war es wahr, dass die Einsamkeit sie zu sich rief? Die Schatten?
    Starr blieb ihr Angesicht gen Horizont gerichtet, und mit jedem Schritt, den das Pferd auf der Straße tat, Staub und Steine aufscharrend, wuchs ihre Unruhe, die sie bereits seit dem Aufbruch quälte. Wiederholt kam die Frage in ihr auf, wie lange ihr Körper der Verderbtheit noch standzuhalten vermochte… Ihr Beitritt lag nun bereits über ein Jahr zurück, nur sechs Monate nach dem Alistairs. Und Alistair war dem Tod möglicherweise nur um Haaresbreite entronnen. Blieben ihr Monate, Wochen oder vielleicht Tage nur, ehe sie dem Tod genauso ins Auge blicken musste, wie Alistair es getan hatte?
    Schwelender Hass brannte wütend in ihren Eingeweiden. Duncan hatte sie nicht gerettet – er hatte sie verflucht. Und sie stand kurz davor, dies mit ihrem Leben zu bezahlen. Wenn sie nicht von der Brut träumte, träumte sie von Jory. Sie sah seine weit aufgerissenen, entsetzen Augen, als er zurückwich, sein Schwert zog und verzweifelt flehte, Duncan an seine Frau und das Kind, das sie erwartete, erinnerte… und wie Duncan dennoch zuschlug, diese Einwände gänzlich missachtend, und seine Klinge in Jorys Körper versenkte.
    Maellyn betrachtete ihre Hände. Sie wollte kein solches Monster wie Duncan werden. Sie hatte vieles getan, weil es einfach notwendig war und weil ihr Pragmatismus stärker wog als ihre Moral, doch eines solchen Verbrechens wie das, das Duncan an Jory beging, hatte sie sich niemals schuldig gemacht.
    Die Sonne küsste bereits den Horizont, Dunkelheit senkte sich über das Bannorn, mit seinen kleinen Wäldchen und Baumgruppen, seinen weitläufigen Feldern. Maellyn zügelte ihr Pferd, erneut griff der Wind ihr an die Brust und sie schauderte in der Kälte. Etwas ungeschickt, war das Reiten doch niemals ihre größte Stärke gewesen, glitt sie vom Sattel ihres Rappen und führte diesen zum Wegrand.
    „Wir schlagen das Lager auf“, sagte sie, an ihre Begleiter gewandt. Sie sprach unverwandt, abweisend, dieweil sie zu einer näheren Baumgruppe hinüber eilte und ihr Ross festband. Gedankenverloren rieb sie das dampfende Fell des Tieres ab, kraulte es zwischen den kleinen, wachsamen Ohren. Nur mit halbem Ohre vernahm sie Oghrens Murren und Wynnes leisen Tadel, die kurze zynische Bemerkung ihres Geliebten, und Alistairs sarkastische Erwiderung darauf. Sie seufzte leise.
    Ihre Stirne berührte den Hals des Rappen, und tief sog sie den Pferdegeruch in die Lungen ein. Das Ross schnaubte und scharrte am Boden. Unruhig warf es den stolzen Kopf hin und her. Sie griff in seine Mähne, „Ruhig!“, und seufzte erneut. Ihr war kalt.
    „Ihr friert ja.“ Es war Alistairs Stimme.
    Sie gab keine Antwort, öffnete stattdessen einen Futtersack und ließ den Rappen fressen.
    „Ihr habt erreicht, was Ihr wollt: Ich leide. Darin bin ich gut. Im Leiden, meine ich“, fuhr Alistair in ihrem Rücken fort. „Ihr könnt also wieder mit mir sprechen.“
    Maellyn ignorierte ihn. Wortlos schob sie sich an ihm vorbei, erspähte Zevran, der gerade ihr Zelt aufbaute, und eilte zu ihm hin. Schweigend ging sie ihm zur Hand. Er war klug genug, keines Wortes zu erwähnen, was in seinen Augen blitzte.
    Nach einiger Zeit schließlich erhob sich das kleine Zelt in die einbrechende Nacht, und ein Feuer, von Oghrens Hand entfacht, flackerte munter vor sich hin. Maellyn starrte einige Zeit in jene Flammen, die wie hungrige Zungen die Nachtluft leckten.
    „Er schmachtet dich die ganze Zeit schon an“, murmelte Zevran ihr amüsiert ins Ohr.
    „Es ist mir egal.“ Maellyn spähte aus dem Augenwinkel zu Alistair hinüber. Noch immer schwelte die Wut auf ihn in ihr. Sie konnte – wollte – ihm nicht verzeihen. Er hatte sie schäbig um einen Teil der Wahrheit betrogen, wie konnte sie ihm das nachsehen?
    „Ah… geistige Gewalt. Interesse Methode.“
    „Ich hätte nichts verschwiegen… nicht so wie er.“
    „Du hast sehr viel vor mir verschwiegen. Jetzt wirfst du ihm dasselbe vor.“
    „Den Moralprediger zu spielen liegt dir nicht. Lass es bleiben“, zischte sie.
    Zevran hob gespielt erstaunt die Brauen. „Ich predige also. Seltsam, dabei dachte ich, nur Tatsachen festzustellen.“
    „Dann lass das bleiben“, fuhr sie ihn an. „Ich brauche mich nicht vor dir zu rechtfertigen. Ich hatte meine Gründe, nichts zu sagen. Er nicht.“
    „Meinst du?“ Zevrans Stimme klang skeptisch. „Es fällt mir schwer zu glauben, dass ausgerechnet du es nicht bemerkt hast… tsts, du lässt nach.“
    „Wovon, beim Erbauer, redest du da?“
    Zevran grinste. „Nun, er mag es vielleicht aus selbstsüchtigen Gründen verschwiegen haben, aber Gründe hatte er durchaus…“
    Maellyn riss die Augen auf. Erbauer! Das durfte jetzt unmöglich wahr sein. Das letzte, wonach ihr nun der Sinn stand, war… war… „Es ist absurd!“, wehrte sie ab. „Ich bin eine Elfin. Er kann mich nicht…“
    „Nun, die meisten Menschen halten Elfen durchaus für attraktiv.“
    „Wenn das stimmt, erklärt das wirklich einiges“, murmelte Maellyn und starrte Alistair argwöhnisch ins Profil. Als hätte er ihren Blick gespürt, wandte er sein Gesicht ihr zu. Kalt erwiderte sie ihn.
    „Ich hätte nichts gegen eine kleine Ménage à trois, aber das musst du entscheiden“, murmelte Zevran ihr amüsiert blitzenden Auges zu.
    „Halt den Mund“, murmelte sie und sprang auf, das Feuer umrundend, und packte Alistair am Handgelenk. Schnellen Schrittes zerrte sie ihn aus dem Feuerschein, hinüber zur Baumgruppe, an der die Pferde sanft in der jungen Nacht den Boden scharrten.
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    29) Das Geheimnis

    Der nächste Morgen brach an, die kleine Gruppe zog mit vollgepackten Rucksäcken durch Denerim und aus der Hauptstadt heraus. Leliana hatte sich zu Jaina gesellt. „Jaina, ich möchte Euch etwas fragen. Ich… nun, Ihr kennt Zevran. Er kann sehr liebenswürdig sein, aber er kann auch… anders sein.“ Jaina nickte.
    „Zevran hat eine ganz eigene Art. Er ist wie er ist, und entweder man mag es, oder eben nicht. Ich… war für Alistair bestimmt, deswegen wollte ich nicht auf ihn eingehen. Aber ich weiß, dass er mich mochte. Das muss bei ihm nicht viel heißen. Aber ich sehe, dass er Euch auch mag. Wo liegt Euer Problem?“
    Leliana seufzte. „Er will alles über meine Vergangenheit wissen. Aber ich finde, dass ich mich damit ihm viel eher hingebe, als wenn ich mit ihm schlafe. Und das möchte ich vielleicht nicht. Ich weiß es nicht. Er ist so unbeständig. Was habe ich davon, wenn ich ihm mein Tiefstes offenbare und er lässt mich für eine andere im Stich? Nicht, dass Ihr glaubt, ich würde meine Freiheit nicht zu schätzen wissen. Ich habe schon vieles probiert, und auch mit Zevrans…Lebens- und Liebesstil komme ich gut zurecht. Solange nicht so etwas wie die eigene Vergangenheit im Weg steht.“

    „Leliana, erst mal – darf ich du sagen? Das 'Ihr' nervt mich… das kriege ich bei Hof bald nur noch zu hören.“ Die Bardin nickte erfreut. „Also, ich schätze Zevran treuer ein, als er es zugeben würde. Das ist mein Gefühl. Gefühle können falsch sein. Es liegt an dir. Er lässt auch ernsthaft mit sich reden. Versuch das doch mal.“ Leliana nickte und begann Jaina, von sich zu erzählen – und Jainas Vermutung bestätigte sich. Sie war alles andere als eine brave Kirchenschwester gewesen. Sie war eine Spionin, eine ausgebildete Kämpferin und Diebin – und beherrschte alle anderen möglichen und unmöglichen Künste. Die Bardin schüttete ihr ihr Herz aus und Jaina nahm sie in den Arm und versuchte ihr hilfreiche Ratschläge zu geben. Doch es führte nichts an einem Gespräch mit Zevran vorbei.

    Leliana war alles andere als eine weinerliche Frau, nur war sie empfindlich wenn es um ihre Vergangenheit ging. Jaina wollte nicht, dass Zevran das auf irgendeine Art ausnutzen würde.

    So wanderten sich gemächlich den ganzen Tag. Jaina gesellte sich noch zu Morrigan und sprach mit ihr. Sie die immer so wortkarg war, schien wirklich überrascht und erfreut, dass Jaina sich um sie sorgte. Sie gestand ihr, nie einen Freund gehabt zu haben, aber dass sie auch nicht wüsste, ob es das wert sei.

    Gegen Abend rasteten sie. Es war noch hell. Leliana ging los um ein Abendessen zu jagen, begleitet von Jag. Morrigan hatte sich ein paar Fläschchen von Zevran geliehen und war auf Kräutersuche.

    Zevran, Alistair und Jaina saßen um die kreisförmig gelegten Steine, in deren Mitte sie einen Holzhaufen geschichtet hatten.
    „Sag mal, Jaina – hast du ihm eigentlich die Ironie der Sache schon erzählt?“ Zevran sah die Wächterin interessiert an, die ihn verständnislos anblickte. „Was denn?“ „Also komm. Muss ich das nun für dich machen? Dein Bruder natürlich.“ Jaina schüttelte den Kopf. „Alistair weiß, dass ich meinen Bruder gesucht habe. Es wäre ihm wohl aufgefallen, wenn ich fünf Tage lang wie vom Erdboden verschluckt gewesen wäre.“ Alistair sah den beiden zu und fragte sich, worauf das hinaus lief. „Soll ich euch zwei alleine lassen?“

    Zevran lachte leise und schüttelte den Kopf. „Nur keine Umstände, Eure Majestät.“ Er ignorierte Alistairs ungehaltenen Ausdruck und wandte sich wieder an die schöne Wächterin: „Jaina, bitte. Hältst du mich für so oberflächlich? Aber ich bekomme den Eindruck, dass er es nicht weiß. Wenn ich dir einen Rat geben darf – wenn du ihn liebst, sagst du es ihm früher oder später. Eher früher, da sich die Gelegenheit gerade bietet.“ Nun war Alistair neugierig geworden. Es klang nicht unbedingt gut, was immer die beiden da sprachen. Jaina war aufgestanden und langsam auf Zevran zugegangen. „Danke für den Rat, aber ich lebe mein Leben selbst! Endlich kann ich das tun! Tu mir den Gefallen und halte dich da raus! Woher weißt du überhaupt davon?!“ Jainas Stimme war schneidend geworden. Zevran hob beschwichtigend die Arme. „Ist ja gut, ist ja gut. Und woher ich das weiß – das ist offensichtlich. Ich bin ein Menschenkenner – schließlich musste ich viele in Situationen umbringen, die meiner Einschätzung unterlagen.“
    Alistair war in die Hocke gegangen. „Jaina, was soll das? Was ist los?“ Jaina schüttelte den Kopf. „Nichts. Es spielt keine Rolle mehr.“ „Wenn das so ist... Dann könntest du es ihm eigentlich sagen.“ Zevran sah sie prüfend an. „Du hast Angst.“
    „Zevran, ich habe gesagt, du sollst es sein lassen!“ Jaina packte ihn an den Schultern und stieß ihn einen Schritt nach hinten. Alistair war nun heran und nahm Jaina an beiden Armen. „Was wird hier gespielt?“ Jaina funkelte immer noch böse Zevran an, der beleidigt und sehr verärgert schien.
    Er motzte Jaina an: „He, Missy, ich versuche dir zu helfen! Und wenn du deine Beziehung zerstören willst, bitte. Aber er hat ein Recht darauf es zu wissen. Andernfalls spielst du ihm was vor. “ Zevran wandte sich an Alistair. Jaina wusste was kommen würde und eine Wut auf sich selbst, die sie auf Zevran projizierte, schlug sich Bahn. Ihr Blut kochte wie Wasser über einem Feuer.
    „Ich tue das, weil Ihr alleine nie darauf kommt, Euer Durchlauchtigkeit. Sie hat sich in dich verliebt, weil sie in dir...“ Weiter kam er nicht, der verwirrte Alistair hatte sich auf Zevran konzentriert und dabei seinen Griff gelockert und Jaina war direkt auf Zevran losgesprungen.
    Alle Waffen lagen beim Gepäck, so versetzte Jaina dem Elfen einen Hieb in die Magengrube, sodass er sich krümmte. Wutschäumend trat sie ihm mit aller Macht ins Gesicht. Blut spuckend wich der Elf zurück. „Hau ab! Verschwinde!“ schrie Jaina dem Elfen entgegen, vollkommen außer sich. Der wischte sich über die Nase, sah die kochende Jaina und den nun in Bewegung geratenden Alistair und seine Instinkte sagten ihm klar was zu tun war: Flucht. Er nahm die Beine in die Hand und floh in Richtung Denerim.
    Fawks ist offline
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