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Der Spieltisch - Brettspielrezensionen für jedermann

  1. #1 Reply With Quote
    Forentroll Harbinger's Avatar
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    Hallo miteinander,

    ihr befindet euch nun am "Spieltisch", dem Thread für Rezensionen zu Brett- und Kartenspielen. Hier könnt ihr die Meinungen von anderen Usern zu diversen Titeln nachlesen oder eure eigenen abgeben. Dazu sollte man lediglich ein paar simple Formatierungsregeln beachten, dazu aber gleich mehr.

    Eure Meinung und eure Kommentare zu den einzelnen Reviews bitte in den dazugehörigen Diskussionsthread damit eine Übersicht gewahrt bleibt.

    Hier jetzt ein paar Worte zur Struktur der einzelnen Reviews. Sie sollten folgendermaßen aufgebaut sein:

    Kopfdaten

    01. Name des Spiels
    02. Cover (das aber bitte hier hochladen, da sonst immer wieder Bilder verschwinden und das mühseelig nochmal eingefügt werden muss)
    03. Kategorie (Brett- oder Kartenspiel, bzw. Brettspielerweiterung)
    04. Spielfokus (Aufbauspiel/Wargame/Handelssimulation/was auch immer)
    05. Erscheinungsjahr (nachlesbar unter www.boardgamegeek.com)
    06. Designer (ebenfalls unter www.boardgamegeek.com einsehbar)
    07. Auf Deutsch erhältlich? (Ja/Nein)
    08. Sprach-Dependenz (Wie stark ist der sprachliche Einschlag auf das Spiel? Kann man es theoretisch auch in einer englischen Version spielen, wenn man in Englisch nicht so fit ist?)
    09. Spielerzahl (die vom Hersteller angegebene Anzahl und danach möglicherweise noch eine persönliche Empfehlung)
    10. Spieldauer (grober Zeitrahmen umrissen)

    Anschließend sollte der Reviewtext folgen, der - je nach persönlichem Stil - dem Interessierten einen Einblick ins Spiel bietet. Ob das jetzt über Erklärung der Regeln und/oder Beschreiben der persönlichen Spielerfahrung funktionieren soll ist jedem selbst überlassen.

    Fußdaten

    Jeweils eine Wertung von 1-10 Punkten in den Kategorien:

    01. Spielmechanik (wie gut funktionieren die Regeln, wie konsequent sind sie aufgebaut)
    02. Einsteigerfreundlichkeit (wie gut kommt man in's Spiel rein, möglicherweise auch die Qualität der gedruckten Anleitung)
    03. Qualität der Komponente (Artwork, Materialien, etc. kommt alles hier rein)
    04. Spielspaß (wieviel Laune macht das Spiel an sich denn während dem Spiel)
    05. Wiederspielbarkeit (und wieviel Laune macht's noch beim zwölften mal)

    Anschließend noch ein paar Worte zu folgenden Punkten:

    01. Interaktion zwischen den Mitspielern (wieviel Einschlag hat das Vorhandensein anderer Spieler, spielt man eher "zusammen" oder jeder für sich)
    02. Zufälligkeit (hat man hier die absolute Kontrolle über jeden Spielzug oder hängt vieles von Würfeln und/oder zufälligen Gegebenheiten wie Karten ab)
    03. Komplexität (eher Beer & Pretzels-Niveau oder ein Hirnverdreher)
    04. Preis/Leistung (wieviel kriegt man für das gezahlte Geld geboten)

    Schließlich noch eine abschließende Wertung von 1-10 Punkten.
    Und wer anschließend möchte, der kann noch einen Link angeben, zu einer Quelle, wo man das Spiel kaufen kann, sowie einen zum BoardGameGeek-Profil, das auch immer recht interessant zu lesen ist.

    Eine Vorgabe, wieviele Zeichen ein Review enthalten muss, gibt es selbstverständlich nicht. Wer ein Spiel in zehn Sätzen erklären und bewerten kann, der ist hier genau so willkommen wie jemand, der dafür zwölf Seiten braucht. Ach ja, und die Signatur ist bitte auszuschalten.

    Brettspiele:

    Arkham Horror (Count / Gesamteindruck: 09/10)
    Last Night On Earth: The Zombie Game (Count / Gesamteindruck: 09/10)
    Okko: Die Asagiri Ära (Count / Gesamteindruck: 07/10)

    Kartenspiele:

    Dominion - Was für eine Welt! (Munir / Gesamteindruck: 10/10)

    Erweiterungen:

    -
    Harbinger is offline Last edited by Harbinger; 14.05.2011 at 22:36.

  2. #2 Reply With Quote
    Forentroll Harbinger's Avatar
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    Kategorie: Brettspiel
    Spielfokus: Abenteuer
    Erscheinungsjahr: 2005
    Designer: Richard Launius/Kevin Wilson
    Auf Deutsch erhältlich: Ja
    Sprach-Dependenz: Sehr hoch
    Spielerzahl: 1-8 (persönliche Empfehlung 3-6)
    Spieldauer: 120-300 Minuten

    Heutzutage muss man ja quasi unter einem Felsen leben, um noch nie vom Cthulhu-Mythos gehört zu haben, dem von Howard Philips Lovecraft erfundenen fiktiven Universum angefüllt mit alten Göttern, fremdartigen Wesen und finsteren Monstern, die in den dunklen Ecken unserer Welt und darüber hinaus leben, auf die Ahnungslosen lauern und danacht trachten, sie in den Wahnsinn zu treiben oder schlimmeres. Auch wenn Lovecraft zu Lebzeiten nicht so besonders mit Erfolg protzen konnte, hat seine Arbeit doch auf jeden Fall heutzutage einen nicht zu verachtenden Einfluss auf die moderne Horror-Popkultur. Bücher und Filme werden durch seine Geschichten inspiriert, Rollen- und Computerspiele, wer heutzutage etwas Horror-mäßiges macht klaut garantiert ein wenig von Lovecraft (oder von jemandem, der von Lovecraft geklaut hat), wenn auch unterbewusst. Also ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Lovecrafts Mythos irgendwann die Welt der Brettspiele erobern würde. Und wenn der allmächtige BoardGameGeek sich nicht irrt, dann war das erste wirkliche Brettspiel mit diesem Hintergrund "Arkham Horror". Natürlich nicht die hier vorliegende, 2005 erschienene Version von Fantasy Flight Games, nein, schon im Jahr 1987 fand sich eine illustre Runde von Spieledesignern (darunter auch einer der beiden Entwickler des "Remakes", Richard Launius, der im Augenblick am von mir heiß erwarteten "Pirates vs. Dinosaurs" arbeitet) zusammen und versuchte, die Atmosphäre des Cthulhu-Mythos in ein Brettspiel zu prügeln. Gesagt, getan. Das alte "Arkham Horror" war ein weitestgehend kooperatives Brettspiel mit ein paar kompetitiven Aspekten, eher minimalistischen Production Values und wenig Komplexität. Auch der Erfolg war eher überschaubar. Aber immerhin legte es den Grundstein für die neue Edition.
    In "Arkham Horror" übernimmt jeder Spieler die Rolle eines "Ermittlers", einer von 16 Personen, die sich aus dem einen oder anderen Grund im Jahre 1926 in der neuenglischen Kleinstadt Arkham aufhalten, während einer von acht verschiedenen "Großen Alten", ein übermächtiges uraltes Wesen, das jenseits unserer Vorstellung von Zeit und Raum lebt, langsam aus seinem ewigen Schlummer erwacht und anschließend unweigerlich mit seiner Anhängerschar über die ahnungslosen Erdenbürger herfallen wird. Das Ermittlerteam hat nun irgendwie Wind von der Sache bekommen und ist wild entschlossen, den kosmischen Kataklysmus zu verhindern, weswegen sie sich auf den Straßen von Arkham herumdrücken, Hinweise auf Aktivitäten der Anhänger des großen Alten suchen, Monster, die die Stadt heimsuchen, zur Strecke bringen und hin und wieder auch mal durch ein Portal in eine fremde Dimension stolpern. In "Arkham Horror" steckt eine ganze Menge drin.
    Wobei ich den Namen "Arkham Horror" letzten Endes etwas irreführend finde. Denn wirklich viel Horror steckt hier nicht drin. Klar, die Ermittler kriegen es mit grauenhaften Wesen zu tun (dessen bloßer Anblick den jeweiligen Charakter schon in den Wahnsinn treiben kann) und erleben an den verschiedenen Orten von Arkham und in den anderen Welten teilweise wahrlich haarsträubende Dinge, aber allgemein ist die Atmosphäre des Spiels eher von klassischen Abenteuergeschichten geprägt, als wirklich gruselig oder unheimlich. Was nicht unbedingt schlecht ist, "Arkham Horror" ist dadurch ein wirklich sympathisch-spaßiges Spiel, das eine sehr enge Bindung an den eigenen Charakter erlaubt, da man immer mal wieder mitfiebert, wenn eine Begegnungskarte gezogen wird (zur kurzen Erklärung, in jeder Runde bewegt jeder Ermittler sich zu einem anderen Standort in Arkham und zieht dort zufällig eine Karte, auf der dann steht was ihm widerfährt und was er zu tun hat), in was für eine seltsame Situation der Ermittler mal wieder gerät. Egal ob Fortschritte auf dem Weg zur Weltenrettung oder herbe Rückschläge, jede Begegnung spinnt die persönliche kuriose Geschichte des eigenen Charakters fort.
    So wird "Arkham Horror" tatsächlich auf Dauer ein wenig zum Rollenspiel, wozu auch die generellen Mechaniken beitragen. Ich will jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen, was die Spielregeln betrifft, aber ein wenig sollte ich schon dazu sagen, um die Sache zu verdeutlichen. So etwas wie einen Spielleiter gibt es dabei nicht, prinzipiell läuft die ganze Chose automatisiert ab. Im Regelheft ist festgelegt, wann neue Tore in andere Welten erscheinen, wann Monster auftauchen, wann sogenannte "Verderbensmarker" auf die "Verderbensleiste" des großen Alten gelegt werden (gleichzeitig eine Art Zeitanzeiger für die Ermittler, wann der große Alte erwacht, sowie Lebenspunkte für den großen Alten, wenn es zum Endkampf kommen sollte), wie sich die Monster, die auf den Straßen von Arkham unterwegs sind, bewegen, was den Ermittlern passiert und was sie bei den verschiedenen Begegnungen und Kämpfen tun müssen. Gewürfelt wird dabei mit sechsseitigen Würfeln, auf denen im Normalfall jede 5 und jede 6 ein Erfolg ist (kennt man als Rollenspieler aus Systemen wie "Shadowrun 4.0" oder "Welt der Dunkelheit"), modifiziert wird immer nur die Anzahl an Würfel, die der Spieler hat, wobei diese sich normalerweise aus dem Fähigkeitswert des Charakters (den man in gewissen Grenzen relativ frei modifizieren kann, wobei es pro Charakter drei "Fähigkeitenpaare" gibt, die immer gleichzeitig beeinflusst werden... wenn man eine Fähigkeit steigert wird die andere dafür gesenkt) plus Boni durch Gegenstände, Fähigkeiten, Verbündete, Zauber oder was weiß ich errechnet, letzten Endes je nach "Probe" noch einmal modifiziert wird et voilà. Wenn man dann die jeweilige Probe tatsächlich verkackt, dann kann man immer noch seine hart erarbeiteten Hinweismarker auf den Kopf hauen. Nach jedem Wurf darf man für das Einsetzen eines Hinweismarkers einen zusätzlichen Würfel werfen. Und wenn's dann immer noch nicht klappt, dann noch einen. Und noch einen. Und... You got the point... Das Bedürfnis, die eigentlich recht wichtigen Hinweismarker (die man auch braucht, um Tore in andere Dimensionen zu versiegeln) für nichts und wieder nichts ins Nirvana zu blasen ist übermächtig. Wie auch immer, das mag jetzt alles ein wenig kryptisch klingen, aber da diese sehr rollenspielartige Würfelmechanik normalerweise die wichtigste Regel des kompletten Spiels ist und alle Nase lang zum Einsatz kommt (egal ob man jetzt versucht ein Schloss zu knacken, sich durch die Silberloge der Dämmerung zu schleichen, mit dem Besitzer des alten Zauberladens zu verhandeln oder ganz klassisch einfach einem fiesen Sternengezücht mit der Schrotflinte ins Gesicht tritt...) findet man sich da nach kurzer Eingewöhnungsphase ziemlich gut zurecht. Wenn man erst mal den Zugang zum Regelsystem gefunden hat, dann spielt sich "Arkham Horror" sehr flott und angenehm.
    Was letzten Endes nicht heißt, dass es einfach wäre. Ganz im Gegenteil, schon die Grundversion des Spiels ist bockschwer und das wird durch die diversen Erweiterungen (sieben Stück gibt es bislang, drei Große mit zusätzlichen Spielbrettern, neuen Charakteren und weiterem Gedöns, sowie vier kleine mit subtileren Neuerungen, soweit ich weiß soll die aktuelle "Tor des Verderbens" aber die letzte sein, jetzt wird die Serie ja mit "Mansions of Madness" fortgesetzt, auf das ich schon ziemlich heiß bin) nur noch verschärft. "Arkham Horror" hasst die Spieler. Kämpfe werden durch Würfelglück (oder viel öfter durch "Würfelpech") abgehandelt, Hinweismarker sind absolute Mangelware und nicht selten kommt es vor, dass man während einer Begegnung unweigerliche Ausdauer oder geistige Gesundheit (die beiden "Lebenspunkttypen") verliert und nichts dagegen tun kann. Am Ende jeder Runde wird eine Mythoskarte aufgedeckt, die anzeigt, wo neue Tore und Monster auftauchen, wie sich Monster bewegen, ob eine "Monsterflut" entsteht (was passiert, wenn ein Tor dort auftauchen würde, wo schon eins ist, dann kommt auf einen Schlag eine ganze Menge neuer Monster nach Arkham) und oft genug sorgt eine Mythoskarte auch dafür, das ein ziemlich fieser Effekt die Spielregeln beeinflusst, bis die Ermittler etwas bestimmtes getan haben. Bei "Arkham Horror" kriegt man nichts geschenkt, ganz im Gegenteil, hier gibt's permanent mächtig auf's Maul.
    Und es ist wundervoll. Während bei anderen kooperativen spielen wie "Pandemie" am Anfang einer Spielrunde eigentlich ziemlich klar ist, wie die Sache jetzt läuft, und da auch nichts mehr dazwischen kommen kann, verändert sich die Spielsituation bei "Arkham Horror" ständig. Wenn beispielsweise am Anfang der Runde Absprachen getroffen werden wie "Geh ins Geschäftsviertel und knall den Flugkraken da ab, damit ich im Warenhaus einkaufen gehen kann", dann klingt das schön und gut. Aber was wenn Kollege Würfelpech zuschlägt und besagter Flugkraken den Ermittler mit der Schrotflinte zum Frühstück verspeist oder durch sein schauriges Aussehen in den Wahnsinn treibt? Oder man - was zugegebenermaßen selten vorkommt - plötzlich ein ungläubiges "Fuck, ich bin ja tot" von sich geben muss (normalerweise werden Ermittler nur vorübergehend in den Wahnsinn getrieben oder bewußtlos geschlagen, wenn eine ihrer Lebensleisten auf 0 sinkt, außerhalb des Endkampfes komplett zu sterben ist eine seltene Kunst und selbst dann steigt man einfach mit einem neuen Charakter ein). Schon ist die Panik groß, lange gehegte Pläne werden im Sekundentakt über den Haufen geworfen und heilloses Chaos bricht aus. Auf dem Brett wie auch um den Spieltisch. Das ist auch der Grund, wieso man "Arkham Horror" - trotz Möglichkeit des Solospiels - auf jeden Fall mit mehreren Leuten spielen sollte. Der Spaß und die Freude an den ständigen Absurditäten der Begegnungen und sonstigen Spielentwicklungen ist einfach um ein vielfaches größer, wenn man im Kollektiv in nervöses Lachen ausbrechen kann. Das Spiel skaliert auch ziemlich gut, je nach Spielerzahl gibt es andere Maxima für die mögliche Anzahl von Monstern, die gleichzeitig in der Stadt sein dürfen, Tore, die gleichzeitig offen sein dürfen, Erfolge, die nötig sind, um dem großen Alten im Endkampf einen seiner Lebenspunkte abzuziehen etc. pp. Trotzdem sollte man sich mit keiner Gruppe, die kleiner als drei Ermittler ist, daran wagen, dann fehlt einfach immer irgend jemand, für eine der diversen Aufgaben, die man so übernehmen sollte. Je mehr Spieler man hat, um so mehr Freiheit für Abenteuer abseits der drängenden Ziele hat man natürlich auch, aber ab sieben Spieler kann es recht konfus werden, weswegen ich persönlich Gruppen von drei bis sechs Spielern bevorzuge.
    Bleiben eigentlich nur noch die Komponente. Und während die einerseits einen großen Teil zur absoluten Grandiosität von "Arkham Horror" beitragen, sind sie auch gleichzeitig der größte Schwachpunkt. Der Flavour-Text auf den Karten ist kompetent geschrieben, das Material ist solide, die Auswahl groß. Das Artwork auf den Charaktersheets, den Bögen der großen Alten, den Monstermarkern und Gegenstandskarten und auch sonst überall ist schlicht fantastisch, das Grafikdesignerteam hat sich echt ins Zeug gelegt. Und auch wenn die Figuren auf dem Brett nur durch Pappaufsteller mit Plastikfüßen dargestellt werden (Miniaturen sind verfügbar, kosten aber extra, sehen dafür auch extrem cremig aus) ist "Arkham Horror" optisch ein Hochgenuss. Ich meine, alleine die Geldmarker (kleine Papp-Geldscheine) sind mehr als nur grandios. Auf der anderen Seite ist es letzten Endes aber einfach zu viel. Es gibt Marker für jeden Scheiß, grob geschätzte zwölftausend verschiedene Kartenstapel und jeder davon ist ungefähr so groß wie alle Teile von "Herr der Ringe" zusammen (ich finde es schade, dass Wilson und Lanius sich nicht dazu entschieden haben, ähnlich wie bei "Tales of the Arabian Nights" ein Buch mit allen Begegnungen beizulegen und eine alternative Methode zum Auswählen derselben einzuführen... das hätte Platz, Zeit und Nerven gespart... andererseits hapert's dann etwas an der Erweiterbarkeit). Das sorgt einerseits für Variation im Spiel, andererseits dafür, dass "Arkham Horror" unendlich viel Platz auf dem Spieltisch (oder eher auf dem Boden...) in Anspruch nimmt (mit Erweiterungen sogar noch um einiges mehr... mit Dunwich und Innsmouth krieg ich's schon nicht aufgebaut, es graut mir davor, jetzt auch noch Kingsport dazu zu kaufen) und andererseits der Auf- und Abbau des Spiels entsetzlich lange dauert. Selbst wenn man schon alles vorsortiert hat. Da man dann aber - je nach Spielerzahl - etwa zwei bis fünf Stunden Spaß damit hat (was manch einer auch wieder als Negativpunkt sehen könnte, ja, "Arkham Horror" ist unter Umständen ein wirklich langes Spiel) geht das etwas in Ordnung.
    Jetzt bliebe wohl nur noch ein Fazit zu ziehen, das mir allerdings ein wenig schwer fällt. Denn hier im Review geht es ja letzten Endes nur um das Grundspiel von "Arkham Horror", ohne die sinnvollen Erweiterungen, die Dunwich (Geistesstörungen und Invalididtätskarten) oder Innsmouth (persönliche Hintergrundgeschichten) hinzugefügt haben, ohne die wahnsinnige Masse an großen Alten oder Ermittlern, aus denen man wählen kann (ich besitze inzwischen 46 verschiedene spielbare Charaktere, in der Kingsport-Erweiterung sind wohl noch ein paar und es gibt eine gewaltige Internet-Community, die mit dem "Strange Eons"-Programm ständig neue Ermittler mit neuen Fähigkeiten bastelt... genau so auch große Alte)... "Arkham Horror" kann durch die Erweiterungen zu einem sehr modularen Spiel werden, weil man sich entscheiden kann, was man jetzt daraus dazu nimmt, und so kann man sich - wenn man die alle besitzt - quasi das perfekte Brettspiel daraus häkeln (auch wenn das Hinzufügen der Erweiterungen nicht gerade zur Überschaubarkeit des Materials beiträgt). Darum geht's hier aber nicht und dazu äußere ich mich vielleicht an anderer Stelle. Das Grundspiel alleine ist sehr gut, bietet viel Abwechslung und Wiederspielbarkeit, wundervolle Komponente und ein gut durchdachtes Regelsystem, das für spannende, lustige, abgefahrene Spielabende sorgt. Für sich alleine ein wirklich wirklich gutes Spiel und für mich persönlich auf jeden Fall der Spitzenreiter, was kooperative Spiele angeht. Wer sich für so was, den Cthulhu-Mythos oder rollenspiellastige Brettspiele interessiert, der muss hier zuschlagen.

    Einzelwertungen

    Spielmechanik: 09/10 (alles in allem sehr konsequent aufgebaut, hat man sich erstmal reingefuchst, wird man normalerweise von keinen Ausnahmen oder Ausnahmen von den Ausnahmen mehr gehindert, greift alles gut ineinander, ist aber halt auch komplett zufallsbasiert)
    Einsteigerfreundlichkeit: 06/10 (die gedruckten Regeln sind nicht immer ganz deutlich, es hilft sicher, ein paar Erratas oder FAQs durchzulesen, die bei den Erweiterungen auch mitgeliefert werden)
    Qualität der Komponente: 09/10 (die Miniaturen gleich umsonst mitzuliefern wäre nett gewesen, so muss man halt mit Pappaufstellern Vorlieb nehmen, aber das Artwork, die Texte und das Material der Komponente sind alle tadellos)
    Spielspaß: 08/10 (man hat immer was zu tun und quasi die absolute Freiheit zu tun und zu lassen was man möchte... die Möglichkeit, einem Sterngezücht ins Gemächt zu treten ist natürlich auch nicht zu verachten... hin und wieder wirkt das Spiel aber etwas gestreckt, weil es vorkommen kann, dass weder die Ermittler noch der große Alte eine weile irgend einen sichtbaren Fortschritt verzeichnen können)
    Wiederspielbarkeit: 10/10 (quasi endlos, hier wird immer wieder was neues geboten)

    Interaktion zwischen den Mitspielern: Hoch (man zieht halt am selben Strang, da werden mal Gegenstände getauscht, man räumt sich gegenseitig den Weg frei oder fuchst gemeinsam neue Strategien aus, die dann völlig über den Haufen geworfen werden... eine Mechanik, um gemeinsam Monster zu bekämpfen oder Proben zu würfeln wäre nett gewesen, gibt es aber leider nicht)
    Zufälligkeit: Sehr hoch (quasi alles an "Arkham Horror" ist zufällig... das Ziehen der Begegnungen, das Würfeln der Würfel, das Kaufen von Gegenständen, das Auftauchen von Monstern... wer totalen Zufall nicht mag wird hier keinen Spaß haben)
    Komplexität: Mittel (anfänglich wirkt alles etwas kompliziert, aber wenn man erst mal reingefunden hat, dann werden alle Zusammenhänge deutlich)
    Preis/Leistung: Sehr gut ("Arkham Horror" ist im Augenblick bei Amazon für 36,99€ zu haben und dafür kriegt man quasi endlosen Spaß und einen ganzen Haufen großartiger Komponente in einer adäquaten Box)

    Gesamteindruck: 09/10 (einen Punkt Abzug für das Grundspiel alleine, auch keine der Erweiterungen wird die Höchstnote erreichen, wenn man sich aus einzelnen Komponenten aber das "eigene Spiel" zusammenstellt, dann kriegt man aus "Arkham Horror" eine 10/10 raus... das Spiel ist definitiv mehr als die Summe seiner Teile)

    Link zur BoardGameGeek-Seite
    "Arkham Horror" bei Amazon.de
    Harbinger is offline

  3. #3 Reply With Quote
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    Was für eine Welt



    Kategorie: Kartenlegespiel
    Spielfokus: Planungsgeschick
    Erscheinungsjahr: 2008
    Designer: Vaccarino, Donald X.
    Auf Deutsch erhältlich: Ja
    Sprach-Dependenz: Sehr niedrig
    Spielerzahl: 2-4 (persönliche Empfehlung 2-open end)
    Spieldauer: (Am Anfang deutlich mehr als) 30-40 minuten

    Auch wenn ich befürchte, dass ich meine Spielbschreibung nicht ganz so ausführlich schreiben werde wie Count, möchte ich euch doch von meiner neusten Errungenschaft erzählen: Dominion - Was für eine Welt.
    Das Setting ist, wie so oft, das wunderschöne Mittelalter. Dort seid ihr wie auch immer zu ein wenig Land und Geld gekommen, und wollt dies jetzt allerdings mehren. Und das ist auch schon Spielziel: Ihr wollt am Ende die meißten "Landkarten" besitzen.
    Das Spiel als solches besteht ausschließlich aus Karten, und das Basisspiel alleine bringt schon mehr als genügend mit: 500 Karten sind (wenn mich nicht alles täuscht) in der Basis-Box enthalten. Diese beinhalten nicht nur die eben angesprochenen Landkarten, sondern auch noch viele andere. Wie z.B. das Sägewerk, den Markt oder das Dorf. Diese Aktionskarten, wie sie auch genannt werden, sollen euch in euren Spielzügen vorranbringen, was sie in Form von Attributen auch tun. So könnt ihr mit dem Markt einen Kauf mehr tätigen, oder ähnliches.
    Allerdings ist das System, mit dem man Dominion spielt, ein grundlegend neues - zumindest für mich. So bildet das beste Beispiel das Geld: Das Geld das ihr ausgebt, ist nicht verloren, nein, es bleibt sozusagen in euerm Besitz und kommt im Lauf des Spiels immer wieder zu euch. Meine erste Reaktion darauf war erstmal:
    Aber ich will jetzt nicht die Spielanleitung runterbeten, es sei nur gesagt: Es kommt tatsächlich alles wieder... irgendwann.
    Die Karten sind wirklich sehr liebevoll gestaltet. Jede hat ihr eigenes Bildchen, das ein wenig das mittelalterliche Gefühl aufleben lassen soll - so vermute ich mal (als aktiver LARPer ^^). Der "Text" auf den Karten ist wirklich sehr kurz gehalten, und beschränkt sich nur auf das nötigste, so entfällt das lästige Lesen und möglicherweise das lästige Unverständnis was mir ein super langer Text nun eigentlich sagen soll.
    Bei den ersten Spielen, so zeigt es die Erfahrung, dauert es noch sehr, sehr lange bis jemand seinen zug vollendet hat. Da man noch gar nicht richtig weiß, was einem eine bestimmte Karte bringt o.Ä.. Aber nach meinem 2. Spiel ging es sehr schnell von der Hand, und ich kann nur sagen, dass ich bereits eine Art Strategie entwickelt habe...
    Aber um diesen "Gewohnheitsstrategien" entgegenzuwirken kann man die Karten vertauschen. Denn, man spielt Dominion eigentlich niemals mit allen Karten. Sondern nur mit einer Auswahl der Aktionskarten. in der Regel sind es 10 verschiedene Aktionskarten die pro Spiel aktiv sind, aber das ganze Spiel bietet suma sumarum 32. So kann man einfach mal 2 oder 3 Aktionskarten, die bisher vielleicht wichtig für die Taktik waren, austauschen gegen neue, und damit eine ganz andere Ausgangssituation schaffen. Und das ist es auch was Dominion für mich so interessant macht. Im Grunde kann man sagen, dass ich nach geschätzten 30 Spielrunden in den letzten 2 Wochen immernoch nicht alle Aktionskarten gesehen habe, und alle mal in ihren vollen Umfängen spielen konnte/durfte. Und das erhält für mich einen sehr langen Spielspaß. Auch die Tatsache, dass von den Entwicklern Vorschläge gemacht werden, welche Spielkartenkombination besondere Effekte erzielt. z.B.: Die Kombination "Großes Geld" - Der Name lässt vermuten worauf da das Hauptaugenmerk liegt: auf dem geld.
    Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, und so ist es unerlässlich die Karten nach dem gespielten Spiel wieder sauber einzusortieren. Denn jede Kartenart hat ihren eigenen Steckplatz, sodass man beim nächsten Spiel einfach nur den passenden Stapel rauszieht und auslegt. Das dauert zwar etwas, aber da man ja noch Mitspieler hat, geht das im Teamwork eigentlich auch recht schnell von der Hand.

    Meine Einzelwertung
    Spielmechanik: 10/10... Klar, die Karten lügen nicht. Gerade dadurch, dass die Kartentexte sehr einfach gehalten sind, macht sie sehr verständlich und gut spielbar
    Einsteigerfreundlichkeit: 08/10 ... Das Handbuch ansich würde ausreichen, aber der "hans-im-glück-verlag" hat sogar online ein Video, das das erste Spiel erleichtern soll *daumen hoch*
    Qualität der Komponente: 09/10... Die Karten sind sehr schön bebildert und die Steckplätze sind genau auf die Dicke der kartenstapel angepasst
    Spielspaß: 10/10... Aufgrund der Tatsache, dass bereits das Basisspiel eine Möglichkeit zur Variation lässt ist der Spielspaß gewiss
    Wiederspielbarkeit: 10/10... Durch oben genanntes kann man dieses Spiel immer und immer wieder spielen... zumindest ich

    Interaktion zwischen den Mitspielern: Vorhanden... Solche Sprüche wie "Verdammt, das war die letzte Herzogtumskarte.. du A****" sind allgegenwärtig. Aber ansonsten spricht man über dies und das...
    Zufälligkeit: Nicht sonderlich hoch, da alle Karten offen ausliegen (auch die eigenen) und man sich im Laufe des Spiels eine Taktik überlegen kann. Nur die Zufälligkeit wann welche Karte im eigenen Stapel kommt ist gegeben.
    Komplexität: Niedrig-Mittel... Wenn man erstmal das Spielkonzept verstanden hat geht es schnell und einfach von der Hand. Das Spiel ansich bietet auch Raum um Zusatzregeln einfließen zu lassen
    Preis/Leistung: Sehr gut ... Amazon bietet Dominion im Moment für 19,99€ an, und auch die Erweiterungen liegen so ungefähr in dem preisrahmen.

    Gesamteindruck: 10/10 ... Ja, ich würde mal 10 geben. Weil ich das Grundspiel alleine schon so oft gespielt habe, und jedesmal neu Spaß dran habe. Ob das nun die Variationen im Grundspiel alleine sind, oder die Tatsache, dass es ein völlig neues, aber cooles Spielkonzept ist ist egal Ich spreche hiermit eine klare Kaufempfehlung aus

    So... ist doch mehr geworden als ich dachte. Ich hoffe ich hab nichts wichtiges vergessen... Anmerkungen sind natürlich gern gesehen - aber das ist meine Meinung übers Spiel Und vielleicht gibts ja auch bald die Berichte über eine der drei Erweiterungen
    Munir is offline Last edited by Harbinger; 12.03.2011 at 22:05.

  4. #4 Reply With Quote
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    Okko: Die Asagiri Ära

    [Bild: okko.jpg]

    Kategorie: Brettspiel
    Spielfokus: Kampf
    Erscheinungsjahr: 2008
    Designer: Laurent Pouchain
    Auf Deutsch erhältlich: Ja
    Sprach-Dependenz: Hoch
    Spielerzahl: 2
    Spieldauer: 45-60 Minuten

    Wer mich ein bißchen kennt, der weiß, dass ich Spiele sehr gerne mag, in denen man sich ohne groß Federlesen einfach mal ordenlich eins auf's Fressbrett geben kann. Mehr Spaß als eine Armee auf die andere zu hetzen (sonst könnte ich ja auch "Warhammer" spielen, obwohl ich halt nach wie vor kein Fan von sammelbaren Komponenten bin) macht es dann natürlich, wenn jeder Spieler eine Squad hat, eine Gruppe von rudimentär vergleichbaren Einheiten mit individuellen Statistiken, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen... Man kennt das ja. "Spiel halt Mortheim", mag der eine oder andere vorschlagen. "Gib mir tausend Euro und die Sache läuft", würde ich dann antworten. Also ging meine lange, beschwerliche Suche nach einer Alternative weiter. Und durch Zufall stolperte ich dann über Tom Vasels Review zu "Okko: Die Asagiri Ära". Mister Vasel äußerte sich zwar nicht so besonders generös bezüglich des ersten Spiels des französischen Designers Laurent Pouchain (der inzwischen auch das bekanntere, Berichten zufolge aber eher seichte "Cadwallon: Stadt der Diebe" zusammenbastelte), aber ich war doch mehr oder minder interessiert daran und schlug deswegen bei Zeiten zu.
    "Okko: Die Asagiri Ära" basiert auf den Werken des französischen Comiczeichners Humbert "Hub" Chabuel, in denen es um den Ronin Okko und seine Gefährten geht, die sich eigentlich liebend gern aus den ständigen Querelen im fantastischen Kaiserreich "Pajan" (vote for schamlosestes Anagramm ever) heraushalten würden, es aber immer wieder mit gefährlichen Dämonen und Onis zu tun bekommen und letzten Endes immer wieder die Welt retten müssen. Aus Versehen quasi. Für das Spiel selbst bietet es einen ganz adäquaten Hintergrund (die beiden bisher auf Deutsch erhältlichen Bände von "Okko" sind nicht übel, gut gezeichnet, ordentliche Unterhaltung, aber keine wirklich große Kunst), sind aber letzten Endes eher unwichtig. Denn prinzipiell handelt es sich bei "Okko: Die Asagiri Ära" einfach um die Quintessenz eines Skirmish-Spiels. Zwei Gruppen von Einheiten stehen sich gegenüber, wenn eine vernichtet ist, hat die andere gewonnen. Klar gibt es auch Szenarien, die die Spielmechaniken etwas beeinflussen, aber letzten Endes läuft's darauf hinaus.
    Das klingt jetzt erst mal nicht so besonders spannend, "Okko: Die Asagiri Ära" (argh, ich steige jetzt ganz einfach auf das informelle "Okko" um) jetzt aber als stumpfes "Ich hau dich, du haust mich, ich bin tot, uh, cool"-Geseier abzutun trifft den Kern der Sache aber auch nicht. Letzten Endes existiert nämlich - neben dem für solche Spiele obligatorischem Glücksanteil - gar nicht so wenig Strategie und Taktik in "Okko". Reden wir doch einfach mal darüber, wie sich eine durchschnittliche Auseinandersetzung spielt...
    Zuerst klären die beiden Spieler, welches Szenario gespielt wird (oder ob man sich im klassischen Deathmatch einfach ohne großes Gesalbader auf die Zwölf haut) und wer welche Seite übernimmt. Zur Auswahl stehen die Dämonenjäger unter dem Ronin Okko und seinen Gefährten auf der einen und die Dämonenjäger mit einer Auswahl verschiedenster Oni auf der anderen Seite. Dazwischen gibt es noch neutrale Charaktere, die von beiden Seiten "angeworben" werden können. Ist diese erste Entscheidung getroffen, stellen beide Spieler ihre Truppen zusammen. Jeder verfügt über eine vorher festgelegte Anzahl von "Zeni" (die Währung im Kaiserreich Pajan, normalerweise wird eine Schlacht mit 16 Zeni ausgetragen), mit denen er seine Einheiten bezahlen kann. Jede Einheit kostet dabei je nach Kampfstärke zwischen zwei und fünf Zeni (wobei im Grundspiel nur eine Einheit für fünf Zeni vorhanden ist, nämlich der saumächtige Oni Warau auf Seiten der Dämonen), wer will kann auch für jeweils einen Zeni pro Gegenstand seine Einheiten mit diversen Items ausrüsten. Anschließend wird das modulare Spielbrett aufgebaut (enthalten sind sechs verschiedene, beidseitig bedruckte Bodenplatten, die wiederum in Kästchen aufgeteilt sind und Dinge enthalten wie Wände, Wasser, schwieriges oder undurchdringliches Gelände und so weiter, übrigens alles schön direkt auf dem Spielplan mit Symbolen vermerkt, so dass man immer gut erkennen kann, mit was für Gelände man es zu tun hat), entweder nach Vorgaben des Szenarios oder einfach nach Gutdünken, die Platten passen auf jede erdenkliche Art und Weise zusammen. Und schon geht's los.
    Ein Spieler fängt an und nimmt erst mal eines der entscheidensten Elemente des Spiels zur Hand: die Inspirationswürfel. Vier Stück davon besitzt jeder Spieler (oder aber fünf, falls sich in seiner Truppe eine Figur mit der Fähigkeit "Zivilist" befindet, die ihm - solange sie lebt - einen fünften Inspirationswürfel ermöglicht), jeder zeigt fünf verschiedene Symbole: die "pajanischen" Symbole für Feuer, Wasser, Erde und Luft, sowie zweimal das "Torii"-Symbol (Interessierte schauen einfach hier). Je nachdem was der Spieler erwürfelt kann er damit jetzt seine unterschiedlichen Einheiten boosten. Jedes einzelne der vier Attribute (Angriff, Verteidigung, Bewegung und Willenskraft) entspricht einem der vier Elemente und lässt sich so durch den Einsatz eines Feuer-, Wasser-, Erd- oder Luftwürfels für diese Runde um einen Punkt steigern (wird also ein Feuerwürfel für einen Charakter mit Angriffswert 4 eingesetzt, besitzt er für den nächsten Angriff einen Wert von 5). Das ist aber nicht alles, was man mit den Inspirationswürfeln tun kann. Jeder Charakter verfügt nämlich noch über einige spezielle Fähigkeiten, die sich ebenfalls über den Einsatz von Inspirationswürfeln aktivieren lassen. Um es also kurz zu machen: Man hat immer zu wenige Inspirationswürfel für das, was man gerne tun würde. Damit fangen die taktischen Entscheidungen schon an.
    Weiter geht es dann mit dem Herzstück des Spiels: Einheiten positionieren und angreifen lassen. Ich will jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen, weil die Regeln etwas komplexer sind, alleine schon die Bewegung über das Schlachtfeld ist eine Wissenschaft für sich (vorwärts gehen kostet einen Bewegungspunkt, rückwärts zwei, um 90° drehen einen, dann kommen noch Wasser und schwieriges Gelände hinzu etc. pp.), von Kontroll- und Rückzugszonen ganz zu schweigen (um es kurz zu machen: Die drei Felder vor einem Charakter sind seine Kontrollzone, die er angreifen kann, die drei Felder hinter ihm seine Rückzugszone, in die er sich zurückziehen muss, wenn er im Kampf unterliegt). Jedenfalls bewegt der aktive Spieler alle seine Einheiten über das Schlachtfeld, versucht sie möglichst geschickt zu positionieren, um den Gegner einzukreisen, in schlechte Positionen zu drängen oder ihm einfach ordentlich ins Gesicht zu treten. Kampf ist letzten Endes simpel. Man nimmt den eigenen Angriffswert, würfelt einen sechsseitigen Würfel dazu, der Gegner nimmt seinen Verteidigungswert, würfelt ebenfalls einen Würfel, et voilà. Wer die höhere Zahl hat gewinnt das Duell, kann den Gegner zurückdrängen, ihn verwunden oder ihn, wenn der Wurf hoch genug war, direkt töten (wenn man nach dem Zusammenrechnen von Fähigkeit und Würfelwurf eine Punktedifferenz von vier oder mehr hat... bam, da zerlegt's auch den Oni Warau direkt mal). Verschiedene Fähigkeiten, Manöver (Angriff von hinten) und/oder Unterstützung durch andere Charaktere geben dabei Boni oder Mali auf den Wurf, so dass eine taktische Positionierung von Figuren unerlässlich ist, um eine möglichst große Chance zu haben, den Gegner mit einem einzigen Angriff über den Jordan zu schicken. Oder selbst wenn man nicht stark genug ist, sondern den Gegner nur zurückdrängen kann, ihn so einzuschränken, dass ihm wegen Wänden, Wasserfeldern oder schwierigem Gelände kein Ausweg nach hinten bleibt. So etwas wie Lebenspunkte gibt es übrigens nicht, wenn ein Charakter einmal verwundet wird dreht man seine Charakterkarte auf die Rückseite. Er ist jetzt "geschwächt", hat normalerweise neue Attributswerte, vielleicht sogar neue Fähigkeiten. Wenn er noch einmal geschwächt wird ist er allerdings endgültig hinüber.
    Auch wenn das jetzt vielleicht alles etwas komplex und verwirrend klang: So funktionieren die Kämpfe in "Okko" also in der Theorie. Auch in der Praxis? Die einfache Antwort ist: manchmal. Theoretisch kommen hier Glück (durch die Inspirations- und Kampfwürfel) und Strategie (Charaktere taktisch positionieren, in sinnvoller Reihenfolge angreifen lassen, um die Blickrichtung des Gegners zu ändern und ihn mit anderen Einheiten von hinten angreifen zu können, das Verteilen der Inspirationswürfel etc. pp.) sehr nett zusammen. Allerdings wird statistische Wahrscheinlichkeit durch den Einsatz eines einzigen sechsseitigen Würfels quasi komplett ausgehebelt. Der Unterschied zwischen minimalem (1) und maximalem Wurf (6) ist angesichts der sonstigen Fähigkeitswerte zu groß, um strategisch damit planen zu können. Die Charakterwerte unterscheiden sich nicht stark genug voneinander, um irgendwie taktisch damit planen zu können. Letzten Endes kommt es auf einen guten Würfelwurf an. Nach Grundregeln zumindest. Die am weitesten verbreitete Hausregel (die ich persönlich auch benutze) schlägt nämlich vor, anstatt einem W6 zwei W3 zu benutzen, um die Wahrscheinlichkeit für extreme Würfelergebnisse zu vermindern und das "Mittelmaß" zu stärken. Funktioniert prinzipiell ganz gut, kann aber dafür sorgen, dass sich Gefechte stark hinziehen und zu wenig passiert. "Ich schlag zu, treff dich, du musst dich zurückziehen, kriegst aber keinen Schaden, du kommst wieder vor, schlägst zu, triffst mich, ich muss mich zurückziehen, kriege aber keinen Schaden" kann teilweise zum Dauerzustand werden und das Spiel strecken. Und da beide Streitmächte gleich stark sind (und normalerweise die gleiche oder wenigstens eine sehr ähnliche Anzahl Figuren haben) wird das taktische Positionieren zu einer gefährlichen Sache, weil man bei dem Versuch fast immer einem Feind die Möglichkeit lässt, in die Bresche zu springen. Normalerweise bedeutet das Ausscheiden des ersten Charakters auch oft schon die Niederlage, wenn man das nicht direkt kompensieren kann, indem man dem Gegner direkt danach auch eine Figur wegnimmt, dann war's das oft schon.
    Was aber selbstverständlich nicht heißt, dass "Okko" ein schlechtes Spiel wäre. Ganz im Gegenteil, ich persönlich habe sehr viel Spaß daran, mir neue Taktiken zu überlegen, um Gegner einzukreisen, von der Gruppe zu trennen und nieder zu machen. Taktisches Positionieren gefällt mir und wenn es dann zu Erfolg führt und ich endlich einen von den lästigen Dämonenjägern erwischt habe (ja, ich spiele gerne die bösen, vor allem wegen dem Oni Warau, meiner absoluten Lieblingseinheit), dann ist das ein cooles Gefühl und ich kann auch darüber hinweg sehen, dass es eine Spielphase gab, in der nicht so besonders viel passiert ist. Aber das heißt nicht, dass es jedem so gehen muss. Ich habe schon mit Leuten gespielt, die meinen Enthusiasmus teilten und genau so viel Spaß daran hatten wie ich, genau so habe ich auch schon Partien erlebt, in denen mein Gegenspieler einfach nur angenervt war, weswegen die Sache dann extrem zäh wurde. "Okko" ist also ein Spiel, bei dem es nicht nur darauf ankommt, mit dem Thema und dem allgemeinen Konzept etwas anfangen zu können, sondern auch einen Gegenspieler zu finden, dem das genau so geht.
    Abstriche machen kann man vielleicht noch, was die Komponente angeht. Das direkt aus den Comics entlehnte Artwork ist nett, die Charakterkarten sind stabil und sinnvoll aufgemacht und auch die Spielumgebungsplatten sehen schick aus. Die Einheiten werden allerdings nur durch Pappaufsteller dargestellt. Ich habe kein Problem damit, vielen Reviewern in den Weiten des WWW missfällt es. Die können sich theoretisch die Miniaturen kaufen, aber die sind recht teuer und man muss die für jede Einheit einzeln kaufen. Und da es im Grundspiel bereits 20 Einheiten gibt (fünf gute, sechs böse, neun neutrale) und diese Zahl durch die schon erhältlichen drei Erweiterungen um ein vielfaches vergrößert wird (mein Stapel an Charakterkarten ist inzwischen ungefähr so groß wie der Türkartenstapel eines einzelnen "Munchkin"-Grundspiels)... Go figure. Also wohl eher bei Pappe bleiben. Die Inspirationswürfel sind dafür sehr schön gemacht. Daumen hoch dafür.
    Wie schon gesagt, ich mag "Okko". Es wird wohl nie mein Lieblingsspiel werden und es hat seine Fehler, aber die - durch die Hausregel aufgebohrte - taktische Komponente, das simple Spielprinzip und die Mechaniken (allen voran das Zusammenspiel von Glück und Strategie beim Auswürfeln und Verteilen der Inspirationswürfel... ich liebe diese Art der Mechanik auch in Spielen wie "Revolte in Rom" und "Claustrophobia" und wünschte, sie würde viel öfter benutzt werden... erscheine endlich hierzulande, "Alien Frontiers"), die verdammt gut funktionieren, wenn man sich erst mal reingefunden hat, bereiten mir extrem viel Freude. Wer also - genau wie ich es war - auf der Suche nach einem squad-basierten Skirmish-Spiel ist, der braucht eigentlich nicht weiter suchen, der sollte einfach mal einen Blick auf "Okko: Die Asagiri Ära" werfen.

    Einzelwertungen

    Spielmechanik: 08/10 (ich bin nun mal Freund der "Würfel werfen und dann schauen was man damit anstellt"-Mechanik... Kampf und Bewegung muss man mal reinkommen, aber auch dann flutschts)
    Einsteigerfreundlichkeit: 06/10 (es gibt nicht sonderlich viel zu lernen, aber dafür wirkt vieles auf den ersten Blick etwas abstrakt und komplex, Erklärung hilft nicht viel, man muss es einfach mal gespielt haben, um es vollends zu verstehen)
    Qualität der Komponente: 07/10 (dicke Pappe, ordentliche Karten, schöne Würfel, alles sehr solide)
    Spielspaß: 07/10 (schwer eine definitive Aussage dazu zu treffen, "Okko" KANN wirklich viel Spaß machen, muss aber nicht)
    Wiederspielbarkeit: 07/10 (das Spielprinzip ist recht einseitig und bei erneutem Spielen werden sich keine großen, neuen Überraschungen auftun, aber alleine das Zusammenstellen der eigenen Truppe für die jeweilige Schlacht sorgt schon dafür, immer mal wieder an einer Runde Spaß zu haben, wobei die Auswahlmöglichkeiten im Grundspiel noch etwas eingeschränkt sind, da noch nicht so viele Charaktere zur Verfügung stehen)

    Interaktion zwischen den Mitspielern: Sehr hoch (es geht einzig und allein darum, den Gegner in Stücke zu hacken... wenn man das als "Interaktion" ansieht, dann gibt's eigentlich kaum mehr)
    Zufälligkeit: Hoch (nach Grundregeln)/ Mittel (mit Hausregel) (das einzige Zufallselement sind die Inspirations- und Kampfwürfel, wobei zweitere einen wesentlich größeren Anteil ausmachen und durch besagte Hausregel in geordnetere Bahnen gebracht werden können)
    Komplexität: Mittel (braucht eine gewisse Eingewöhnungsphase, aber dann flutscht's)
    Preis/Leistung: Mittel (dafür, dass die Komponente eher günstigerer Natur sind, ist der Preis schon etwas hoch)

    Gesamteindruck: 07/10 (ein nettes Spiel mit guten Ideen, das letzten Endes im Bezug auf seine Spielmöglichkeiten etwas zu einseitig ist, aber was es macht, macht es gut... wer nach so etwas sucht könnte es in "Okko" gefunden haben)

    Link zur BoardGameGeek-Seite
    "Okko: Die Asagiri Ära" bei Spiele-Offensive.de
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  5. #5 Reply With Quote
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    Last Night On Earth: The Zombie Game

    [Bild: last_night.jpg]

    Kategorie: Brettspiel
    Spielfokus: Abenteuer
    Erscheinungsjahr: 2007
    Designer: Jason C. Hill
    Auf Deutsch erhältlich: Nein (allerdings wohl ab Oktober 2011)
    Sprach-Dependenz: Hoch
    Spielerzahl: 2-6 (persönliche Empfehlung 2, 3 oder 5)
    Spieldauer: 60-120 Minuten

    Es war einmal vor langer Zeit, im Jahre 2001, um genau zu sein, da entwickelte Todd Breitenstein - seines Zeichens auch Autor des chaotischen aber irgendwie interessanten "Deadlands"-Brettspiels "The Battle for Slaughter Gulch" - für Twilight Creations den ersten Teil der "Zombies!!!"-Reihe, ein Spiel, in dem die Spieler sowohl die Kontrolle über Menschen in einer von Zombies überranten Großstatdt übernahmen, als auch am Ende ihrer Runde selbst die Zombies kontrollierten, um sie auf ihre ahnungslosen Mitspieler zu hetzen. Ich kam zum Glück zu allererst mit "Zombies!!! 4" in Kontakt, dem wohl besten Teil der Reihe, der den Spielern durch freie Areale mehr Bewegungsfreiheit und durch Zombiehunde eine wirkliche Gefahr bot. Trotzdem kann ich nicht behaupten, von "Zombies!!! 4" besonders begeistert zu sein, vom ersten Teil der Reihe aber noch wesentlich weniger (wobei das Spiel viel Gelegenheit für kurioses Rollenspiel bot, von den Mechaniken her aber alles andere als prickelnd daher kam). Aber wo nach Alternativen suchen? Das Prinzip gefiel nämlich durchaus. Es muss doch irgend ein adäquates Zombiespiel da draußen geben...
    Little did I know, dass im Jahre 2007, also im selben Jahr, in dem ich auch zum ersten Mal "Zombies!!!" begegnete, eine Alternative bereits in den Startlöchern stand. In Amerika zumindest. Sein Name: "Last Night On Earth: The Zombie Game". Das erste Spiel von Jason C. Hill, der inzwischen durch seine anderen Veröffentlichungen bei Publisher Flying Frog Productions, namentlich "A Touch Of Evil", "Invasion From Outer Space" und "Conquest Of Planet Earth" (wenn ich mich nicht täusche noch keins davon auf Deutsch erschienen) auf sich aufmerksam machte. Und ja, Jason, du brauchst gar nicht so zu tun, dass du aufs heftigste von "Zombies!!!" inspiriert wurdest ist mehr als nur ein bißchen offensichtlich.
    Inspiriert heißt aber nicht geklaut, denn "Last Night On Earth" bringt durchaus mehr als nur ein paar eigene Ideen mit an den Tisch, die das Spiel mehr als nur ein bißchen interessant machen. Also lösen wir uns doch mal vom allmächtigen "Vorbild" und gehen gesondert auf unseren heutigen Titel ein. "Last Night On Earth" spielt sich im beschaulichen Woodinvale ab, einer ländlichen Kleinstadt in Amerika, in der vor Jahren schon mal eine Zombieepidemie ausbrach, wieder unter Kontrolle gebracht wurde und in Vergessenheit geriet. Heute weiß kaum noch einer davon, und die wenigen, die sich an die furchtbaren Vofälle erinnern können, werden nicht für voll genommen. Aber jetzt sind die Toten zurück, in einer schauerlichen Nacht erheben sie sich aus ihren Gräbern und übernehmen die Kontrolle in Woodinvale. Ein bis vier Spieler schlüpfen nun in die Rollen von insgesamt vier (von im Grundspiel acht verfügbaren) menschlichen Helden mit einzigartigen Fähigkeiten (ganz egal wieviele Spieler teilnehmen, es sind - zumindest im Grundspiel ohne Erweiterungen - immer vier Charaktere, dementsprechend muss - je nach Spielerzahl - teilweise ein Spieler mehrere Charaktere übernehmen), während ein oder zwei Spieler die Zombiehorden kontrollieren. Desweiteren wird vor Spielbeginn das Spielfeld modular zusammengestellt (bestehend aus einem mittleren Quadrat und vier von insgesamt sechs zufällig gezogenen und ringsum angelegten L-förmigen Spielbrettteilen), sowie ein Szenario ausgewählt, das Rundenzahl, Siegbedingung für beide Seiten und spezielle Regeln festlegen. Der Zombiespieler erhält eine bestimmte Anzahl an Zombies, die von Anfang an auf dem Feld sind (normalerweise 2W6, die er gleichmäßig auf alle vier Zombie-Spawnpunkte, die von Anfang an auf dem Brett sind, verteilen muss), dann kann's eigentlich schon losgehen.
    Konzentrieren wir uns erstmal auf den Zug des Zombiespielers (und gehen wir in diesem Fall einfach mal davon aus, dass wir es nur mit einem Zombiespieler zu tun haben, da ich persönlich die Variante mit zwei Zombiespielern eher unpraktisch finde), da der normalerweise eine Partie eröffnet. Am Anfang seines Zuges füllt der Zombiespieler seine Handkarten auf vier auf. Mit seinen Karten kann der Spieler die unterschiedlichsten Dinge anstellen, je nach Karte Einfluss auf die unterschiedlichsten Spielsituationen nehmen, beispielsweise einen seiner Zombies im Kampf unterstützen, den Menschenspielern in die Suppe spucken oder sich selbst einen gewissen Vorteil in verschiedenen Situationen verschaffen. Die Zombiekarten sind gut ausbalanciert, durchdacht und vielseitig und tragen damit einen großen Teil zum Gelingen der Strategie des Zombiespielers bei. Anschließend überprüft der Spieler, ob neue Zombies auf's Brett kommen. Dazu würfelt er erneut 2W6, wenn er eine höhere Zahl würfelt, als im Augenblick Zombies im Spiel sind, werden am Ende der Runde neue auftauchen. Ist das erledigt, darf der Spieler jeden seiner Zombies einmal genau ein Feld weit bewegen, in gerade Linie oder diagonal, wie's ihm beliebt. Selbst Wände stellen kein Hindernis für Zombies da (man geht davon aus, dass die Zombies durch Fenster klettern und/oder sich durch den Boden graben... zumindest bietet die Anleitung diese Erklärung an), die einzige Bewegungseinschränkung ist der sogenannte "Zombie Hunger", der dafür sorgt, dass ein Zombie sich nicht von einem Feld mit einem Helden fort bewegen darf und - sofern er auf einem Feld, das direkt an einen Helden angrenzt steht - sich auf diesen zubewegen muss (wichtig für Heldenspieler in diversen Szenarien, in denen man die Zombies von gewissen Orten weglocken muss). Haben sich alle Zombies bewegt (oder auch nicht, der Spieler MUSS seine Zombies selbstverständlich nicht bewegen, ausgenommen aufgrund des Zombie Hungers) wird gekämpft (dazu später mehr) und schließlich werden - falls der Wurf zum Spawnen neuer Zombies geglückt ist oder das Szenario die Regel "Zombies Auto Spawn" einführt - 1W6 neue Zombies ins Spiel gebracht, die erneut gleichmäßig auf alle Spawn-Punkte verteilt werden müssen. So viel zum Zug des Zombiespielers, nun sind die Helden an der Reihe.
    In variabler Reihenfolge führt nun jeder der vier Helden folgende Schritte durch: Zuerst darf man sich bewegen oder - wenn man sich in einem Gebäude aufhält - stattdessen die Örtlichkeiten nach Waffen oder anderen sinnvollen Gegenständen durchsuchen. Bewegung wird durch das Würfeln eines W6 abgehandelt, die Figur darf sich bis zur erwürfelten Augenzahl an Feldern bewegen (ebenfalls gerade oder diagonal, wird allerdings durch Wände eingeschränkt und darf - SEHR WICHTIG!!! - nicht diagonal durch eine Tür ziehen) oder - und dazu kann man sich auch nach dem Würfelwurf noch entscheiden, falls die erwürfelte Augenzahl nicht gefällt - die oberste Karte vom sogenannten "Hero Deck"-Stapel ziehen, einem Kartenstapel, der Waffen, Gegenstände und diverse jederzeit spielbare "Event"-Karten enthält (Tragkapazitätsmaximum für jeden Charakter sind vier Gegenstände, wovon maximal zwei Waffen sein dürfen, eine Obergrenze für Event-Karten, die man verdeckt auf der Hand hält, gibt es nicht). Ist das erledig darf die Figur mit anderen Figuren, die gerade auf ihrem Feld stehen, Gegenstände tauschen. Anschließend kann, wenn gerade griffbereit, mit einer Fernkampfwaffe auf Zombies in Reichweite geschossen werden und anschließend wird mit jedem Zombie im Nahkampf gerungen, der das Glück (oder Pech) hat, mit dem Helden auf demselben Feld zu stehen. Haben alle vier Helden diese vier Phasen hinter sich gebracht, startet die nächste Runde des Zombiespielers und alles geht wieder von vorne los.
    So weit klingt das alles recht unkompliziert und das ist es auch. Die Regeln von "Last Night On Earth" funktionieren - bis zu diesem Punkt - noch recht intuitiv und gehen flink von der Hand. Wiederholt wird diese Spirale, bis die Partei, die im jeweiligen Szenarion im Zugzwang ist (meistens die Menschen, es gibt nur wenige Szenarien, die ein wirkliches Ziel für die Zombies vorsehen, außer alles, was noch irgendwie lebt, aufzuessen) ihr Ziel erreicht hat oder der Rundenzähler abgelaufen ist und dementsprechend die andere Seite gewinnt (normalerweise gibt es auch noch zwei andere Siegbedingungen für Zombiespieler, nämlich entweder vier menschliche Charaktere zu töten - klingt jetzt irgendwie redundant, da ja eh nur vier Menschen da sind, aber Spielereliminierung gibt es nicht, wer seinen letzten Charakter verliert zieht einen neuen und steigt mit dem wieder ein - oder die Helden dazu zu zwingen, die letzte Karte des Hero Deck Stapels abzulegen). Das einzige, was nun noch unklar sein dürfte, ist das Kampfsystem. Und selbst in das kann man sich recht schnell einfinden.
    Denn hier kommt der recht augenscheinliche Vergleich mit "Risiko" zum Tragen. Menschliche Charaktere haben (normalerweise) zwei Kampfwürfel, Zombies einen. Bei Gleichstand gewinnt allerdings der Zombie, würfelt der also mit seinem Würfel eine 6, so hat der menschliche Charakter (normalerweise) schon verloren und ihm wird eine Wunde zugefügt (was nicht zu verachten ist, menschliche Charaktere haben entweder zwei oder drei Lebenspunkte, sind mit einer einzigen Wunde also schon ziemlich übel dabei). Wenn der menschliche Spieler nun allerdings höher würfelt als der Zombie, so ist der Untote abgewehrt. Nicht tot, mind you. Einen Zombie abzuwehren ist einfach, einen Zombie zu töten (besonders mit bloßen Händen) ungleich schwerer. Denn um einen Zombie zu töten muss man einerseits eine höhere Zahl würfeln als dieser, andererseits auch noch "Doubles" würfeln, also mit mindestens zwei Würfeln dieselbe Zahl erreichen. "Und wie soll ich das mit zwei Würfeln schaffen, Keule?", fragt jetzt bestimmt der eine oder andere. Unwahrscheinlich aber nicht unmöglich (ich hab schon kranken Scheiß erlebt, lasst euch das gesagt sein), aber dazu gibt es normalerweise Nahkampfwaffen wie Baseballschläger, Kettensägen, Äxte, Heugabeln, etc. pp. die dem Spieler verschiedene neue Kampffähigkeiten verleihen (Bonuswürfel oder bei Gleichstand gewinnen oder so), allerdings auch leicht kaputt gehen können. Alle Klarheiten beseitigt? Gut.
    Dann lasst mich jetzt erst mal sagen, dass ich die Regeln von "Last Night On Earth" nicht so wirklich besonders elegant finde. Weitestgehend sucht man den logischen Zusammenhang zwischen einer Regel und der nächsten eher mit der Lupe. Das ermitteln ob neue Zombies spawnen oder nicht ist dabei sogar noch relativ intuitiv (vor allem, da das Zombielimit bei 14 liegt, man also mit zwei Würfeln eine sehr nette Annäherung hat, die es in den höheren Bereichen immer rascher unwahrscheinlich werden lässt), andere Dinge wie das Ermitteln, ob eine Schusswaffe trifft oder leer ist (die Regeln dazu sind unterschiedlich und finden sich immer auf der entsprechenden Waffenkarte), die Mechanik mit "Ich würfel für Bewegung und entscheide mich dann doch, lieber den Raum zu durchsuchen" (die in den Erweiterungen noch etwas mehr strapaziert wird, indem man die Regel eingeführt hat, dass die gewürfelte Zahl auch noch Einfluss darauf hat, was man beim Durchsuchen eines Raums finden kann) oder die bereits zitierte "Roll doubles to kill"-Regel wirken eher wie behelfsmäßig eingeführte Holzhammer-Regulierungen. Aber einen gewissen Charme kann man solchen Regeln nicht absprechen, das wirkt auf leicht verschrobene Art und Weise wie die Spiele, die man sich früher selbst ausgedacht hat und wo man auf Kontinuität von Regeln nicht sonderlich geachtet hat. Und eins kann man den Regeln nicht absprechen: Sie mögen zwar nicht besonders "slick" sein, aber sie funktionieren wirklich bewundernswert. Wenn man sie sich erst mal in den Kopf gepaukt hat.
    Es gibt auch noch ein paar andere Regeln, an die man sich erst mal gewöhnen muss. Die bereits erwähnte "Man darf nur gerade durch Türen gehen"-Regeln zum Beispiel und der seltsamste Knackpunkt, nämlich das Schießen mit Fernwaffen durch Wände und Türen (die Regeln VERSUCHE ich hier lieber gar nicht zu erklären, sie sind zwar nicht so sonderlich kompliziet, aber man braucht dafür Anschauungsmaterial und man muss sich echt dran gewöhnen). Das hätte man sicher irgendwie alles anders lösen können, einfach... ja... eleganter. Aber es stört nicht wirklich. "Last Night On Earth" ist kein Spiel, das sich über die Regeln deffiniert, sondern viel mehr über die Atmosphäre und das Spielgefühl an sich. Mit "Campy Tongue In Cheek Horror Fun" lässt sich das schon ziemlich gut beschreiben, die wählbaren Charaktere sind alle Stereotypen allererster Kajüte (im Grundspiel haben wir die heiße Krankenschwester, den Sheriff, dessen aufsässigen Sohn, den Football-Quarterback, die süße Highschool-Schülerin, die Tochter des Farmers, den Priester und den merkwürdigen Landstreicher), das Setting und der Flavour-Text auf den ganzen Karten (inklusive den sehr gelungenen Artworks, auf comichaft getrimmte reale Fotos, die jede einzelne Karte zieren... und manchmal mehr als nur ein bißchen blutig sind) erinnern ebenfalls an Zombiefilme der eher günstigen Variante. All das macht schon ordentlich Laune und sorgt (auch wenn ich glaube mich im Hinblick auf mein "Arkham Horror"-Review zu wiederholen) für unzählige Augenblicke, die einfach durch spontanes Rollenspiel aller Beteiligten zu Klassikern werden. "Last Night On Earth" ist ein Spiel, das immer wieder Situationen entwirft, die in ihrer Kuriosität und Abstrusität nur schwerlich zu überbieten sind (ich glaube abgefahrener wurde an unserem Spieltisch nur rings um "Betrayal at House on the Hill" gewitzelt). Das Spiel lädt einfach dazu ein, sich völlig in die Spielwelt hinein zu versetzen und sich von den Geschichten, die die Partie selbst entwickelt, während sie läuft, mitreißen zu lassen. Da geraten die etwas sperrigeren Regeln auf mal in Vergessenheit, "Last Night On Earth" ist ein Spiel, das immer für einen Lacher gut ist, bei dem eher der Weg das Ziel ist als das Ziel selbst, es aber trotzdem oft bis zuletzt extrem spannend bleibt (oft hing die Entscheidung über Sieg und Niederlage bei uns wirklich nur noch von einer einzigen Aktion, einem einzigen Würfelwurf ab) und normalerweise immer eine erfüllende Erfahrung für alle Beteiligten daraus wird. Je nach Szenario und Spielerzahl sowie Konzentration auf das Spiel dauert eine Partie ein bis zwei Stunden, wobei die Runden oft genau in der Mitte einticken. Außerdem eignet das Spiel sich für fast jede Anzahl von Spielern, wobei ich - wie schon gesagt - vom Spiel mit vier oder sechs Spielern, also den beiden Varianten, bei denen die Zombiehorde von zwei Spielern geteilt wird, abraten würde. Ansonsten glänzt das Spiel aber sowohl im klassischen one on one, als auch in der Variante, in der jeder Spieler seinen eigenen Charakter kontrolliert.
    Kleiner Wermuthstropfen am Rande noch: Noch ist "Last Night On Earth" nicht auf Deutsch erhältlich und die schiere Anzahl an Texten auf den Karten sorgt dafür, dass das Spiel sich zu einer relativ anstrengenden Angelegenheit für Leute mit eher schlechten Englischkenntnissen entwickeln könnte. Es ist nicht so schlimm wie bei "Arkham Horror", da der Flavour-Text in diesem Fall eher sekundär ist und es wirklich nur um die puren Regeln auf den Karten geht, die man sich gerade so zusammenschustern kann, trotzdem, es sollte wohl erwähnt werden. Eigentlich sollte die deutsche Version mit dem Namen "Nacht der wandelnden Toten" schon im Februar über den Heidelberger Spielverlag erschienen sein, aber irgend was scheint da schief gegangen zu sein, jedenfalls fand ich jetzt eine Information, dass die Veröffentlichung wohl auf Oktober verlegt wurde. Wie lange es dauert, bis dann auch die zahlreichen Erweiterungen ihren Weg hier her finden... Mal schauen.
    Apropos "Erweiterungen": Ich muss hier wieder ähnlich wie bei "Arkham Horror" relativieren, dass das Grundspiel auch keine Höchstwertung mehr kassieren kann, wenn man erst mal ein paar der Neuerungen aus den Erweiterungen ausprobiert hat. Neue Charaktere, neue Szenarien, neue Waffen (auch für Zombies), ganz neue Regeln... Erneut ist hier alles so modular, dass man sich aus dem Grundspiel und den Erweiterungen seine Lieblingsparts herausnehmen kann und sich damit das perfekte Spiel basteln kann. Aber wenn ich jetzt einfach nur zum Grundspiel zurückkehren würde... Dann würde mir einfach was fehlen.
    Was die Komponente des Spiels angeht bleiben allerdings keine Wünsche offen. Das Artwork ist wie schon gesagt extrem edel, die Spielmaterialien angenehm stabil. Es gibt viele Pappcounter für alles mögliche (und auch einen ganzen Haufen von Dingen, die eigentlich gar nicht im Spiel gebraucht werden, sondern für eventuelle zukünftige Szenarien gedacht sind oder dafür, dass findige Bastler einfach ihre eigenen Szenarien zusammenstellen, was in den unendlichen Weiten des WWW auch schon ein Haufen von Leuten getan haben, die Wiederspielbarkeit und Erweiterbarkeit des Spiels ist erstaunlich) sowie relativ schnieke Plastikminiaturen für Zombies und Helden (zwar unbemalt aber hey). Für einen eher kleinen, aufsteigenden Publisher wie Flying Frog ist die Ausstattung des Spiels extrem eindrucksvoll (auch wenn es die mitgelieferte Soundtrack-CD eher nicht gebraucht hätte, die ist... ähm... naja... nicht so prall)...
    ...und komplettiert damit den mehr als nur ordentlichen Eindruck, den "Last Night On Earth" seit dem ersten Spiel bei mir hinterlassen hat. Wer "Zombies!!!" interessant aber ultimativ enttäuschend fand, kommt um "Last Night On Earth" nicht rum, wer semikooperative Spiele mag auch nicht, wer auf Zombies steht sollte es auch antesten und jeder, der einfach Spaß an unkomplizierten Spielen hat, die von ihrer persönlichen Ausschmückbarkeit leben, der braucht "Last Night On Earth", denn kaum ein anderes Spiel schreibt so gute Geschichten wie dieses. Oder welches Spiel schafft es sonst, einen Satz zu prägen wie "Ich knalle alles... äh... AB! AB!"? 'nuff said. Buy it.

    Einzelwertungen

    Spielmechanik: 06/10 (alles andere als elegant, der große Zusammenhang bleibt verborgen, aber an sich ist alles relativ einprägsam und funktioniert)
    Einsteigerfreundlichkeit: 09/10 (recht schnell erklärt, eigentlich kann man beinahe sofort losspielen, ein paar Unklarheiten wie die "Roll doubles"-Regel nimmt man unterwegs mit)
    Qualität der Komponente: 08/10 (für einen Publisher wie Flying Frog einfach nur fantastisch, auch ansonsten beneidenswert)
    Spielspaß: 09/10 (unkompliziert und einfach durch und durch spaßig mit vielen lustigen Augenblicken und erstaunlicher Spannungskurve, sogar in den Augenblicken, in denen der eigene Charakter nicht wirklich involviert ist)
    Wiederspielbarkeit: 10/10 (durch quasi unendliche Erweiterbarkeit quasi ungeschlagen)

    Interaktion zwischen den Mitspielern: Sehr hoch (egal ob mit- oder gegeneinander, hier wird am Spieltisch quasi permanent geredet)
    Zufälligkeit: Hoch (Einsatz von Würfeln und "Luck of the Draw" sind auf beiden Seiten an der Tagesordnung, man kann natürlich Taktiken verfolgen, aber letzten Endes hat der Zufall einen nicht zu unterschätzenden Einfluss)
    Komplexität: Niedrig (Ameritrash halt, Roll & Move-Bewegung, gekämpft wird mit Würfeln, das ist alles ziemlich selbsterklärend)
    Preis/Leistung: Gut (man kriegt nicht die Fülle an Komponenten wie beispielsweise bei "Arkham Horror" und der Preis ist normalerweise höher, trotzdem kann man nicht wirklich viel falsch machen mit "Last Night On Earth")

    Gesamteindruck: 09/10 (ein wundervolles semikooperatives Horrorspiel, das flink von der Hand geht und immer wieder für einen Lacher sorgt, außerdem eine wirklich bewundernswerte Wiederspielbarkeit, macht immer wieder Laune)

    Link zur BoardGameGeek-Seite
    "Last Night On Earth: The Zombie Game" bei Amazon.de
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