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Hafen
Zwischen den zusammen gepressten Zähnen einen Schwall Luft ausprustend, alle Muskeln in den dünnen Armen angespannt und das Gesicht zu einer grimmigen Maske verzogen stemmte sich Noros mit der Schulter gegen die breite Holzfront.
" Schiebt! Schiebt, Männer! Weiter, weiter!" Rief der Maat von der Takelage der Marie Louise über das Schnaufen und Stöhnen der auf dem Deck schuftenden Männer hinweg. Zu Noros Linker und Rechter stemmten sich zwei kräftige Matrosen ebenfalls gegen die große, zwei Schritt hohe Kiste, die im Frachtraum verstaut werden musste. Niemand, außer dem Kapitän wusste, was genau sich in ihr befand - innerhalb der Mannschaft ging das Gerücht von einer großen Statue um - doch lag es natürlich bei den Muskeln der Seemänner, sie an Bord zu bringen.
Es war eine anstrengende, schweißtreibende Arbeit. Noros wechselte seinen Stand und drückte nun mit beiden Armen und eingezogenem Kopf gegen die Kiste. Nur langsam rutschte sie über die alten, von Kratzern übersäten Planken. Der Schweiß tropfte in Strömen von Noros` Stirn und lief ihm die Wangen zum Kinn hinab.
" Noros, deine Schicht ist um! Verschwinde von Deck, such dir ne Dirne oder geh einen trinken. Du bekommst kein Stück Gold mehr, wenn du über die Zeit schuftest!" Rief plötzlich der Maat von weit oben herab. Das ließ sich der Hafenarbeiter nicht zweimal sagen. Mit steifen Schultern und Armen ließ er von der schweren Kiste ab und verließ ohne lange zu trödeln das Deck der Marie Louise.
Mit großen Schritten stapfte Noros den Laufsteg zum Kai hinab, wo ihm eine dünne, weiße Linie auf dem Boden auffiel. Die Kreidelinie, die Fross vor wenigen Nächten für ihn gezogen hatte! Der Schüler hielt inne und dachte an seinen Lehrmeister und dessen Streit mit seinen Kameraden gestern zurück. Ob er in diesem Moment wohl weiteres Gezeter über sich ergehen lassen musste?
Entschlossen begab sich Noros zum Beginn der Kreidelinie, setzte die Füße hintereinander darauf und balancierte unter den neugierigen und auch amüsierten Blicken der Menschen am Kai auf der Linie entlang.
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Lehrling
"Hallo Albertus." begrüßte Thorgert den jungen Milizionär, mit dem er sich einmal aufs neue in der Taverne getroffen hatte.
Vor zwei Tagen hatten sie gemeinschaftlich ausfindig machen können, wohin ein Typ hin abgehauen worde, den Albertus gesehen hatte, als er eine junge Frau entführt hatte: In die Kanalisation der Stadt.
Aber da fingen die Probleme auch schon an, denn das war kein Pflaster, auf dem sich jeder herumtreiben sollte. Wahrscheinlich versteckte sich da die halbe Thorniarer Unterwelt!
In sofern war es verständlich, dass sich die beiden Soldaten erst noch einmal getrennt hatten. Thorgert wusste noch über ein paar alte Kanäle, wie man an eine Karte der Kanalisation herankam - elementar um sich nicht zu verlaufen - außerdem brauchte er noch eine Waffe und eine Fackel, damit sie da unten irgendetwas sahen. Auch Albertus hatte noch einmal seine Milizrüstung und seine Waffe hohlen wollen, damit sie, sollten sie dort unten auf jemanden treffen, auch gerüstet waren.
Aber nun waren sie bereit, die ganze Sache in Angriff zu nehmen.
Gath
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Albertus begrüßte Thorgert ebenfalls und schon machten sie sich auf den Weg zur Kanalisation. Albertus wollte noch seine Milizrüstung und sein Schwert holen, bevor sie hinabgehen würden. Nun streiften die Zwei durch die Stadt. Es war ruhig jeder machte sich Gedanken, was wohl da unten sein wird, was sie erwarten würde und ob sie auf starke Gegenwehr der Entführer treffen würden.
Nach wenigen schritten kamen die Zwei wieder an der Gasse an. Thorgert zeigte Albertus die Karte und deutete auf einen Punkt, den er ausgemacht hatte, wo die Entführer stecken könnten. Es sah aus wie ein etwas größerer Raum. Der junge Soldat nickte Thorgert zu und dieser machte darauf die Fackel an. Nun stiegen die beiden Soldaten in die dunkle tiefe die sie schon bald verschlang.
Als sie unten ankamen, war es stock dunkel lediglich der Schein der Fackel durchdrang die Dunkelheit für einen kurzen Moment. Es war gespenstig ruhig außer dem Quietschen und Schreien von Ratten war nicht viel zu hören.
"So dann wollen wir mal", brummte Thorgert zu Albertus.
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Was hatte sich alles in seiner Abwesenheit verändert? Nicht fiel, aber das war nichts besonderes, in den paar Tagen wäre wohl kaum ein Krieg ausgebrochen oder eine Invasionsstreitmacht von Zombies erschienen.
Anstatt aber nach einem Schreiner zu suchen, der ihm eine Kiste hätte herstellen können musste er das tun, wovor er sich lange vor drücken konnte - arbeiten! Zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, genau das war ihm passiert. Ein Magier, dessen Namen er kannte, hatte ihn mal direkt zu verdonnert ein paar Räume auf Vordermann zu bringen. Auch musste ein Novize daran glauben, welcher aber anscheinend nicht ansatzweise so klug war wie seine Hoheit Tyrael.
Der Novize verwendete tatsächlich seine Arme um den Besen zu schwingen, das war natürlich vollkommen unverständlich. Während Tyrael in den Kammern der Novizen über die Pläne der Stadt nachdachte und sich zu erinnern versuchte, wo man einen Schreiner finden konnte, bewegte er allein seine Hand und ließ den Besen gemütlich von seinem Sessel aus durch den Raum jagen. Sollte er versuchen mit zwei Besen zu hantieren? Einen Versuch wäre es vielleicht wert.
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Lehrling
Die Kanalisation...
Lange war der ehemalige Soldat nicht mehr hier unten gewesen. Und diesen Ort der Stadt hatte er auch garantiert nicht vermisst, denn es war so ziemlich der ungemütlichste. Dagegen war es ja im Armenviertel wunderschön!
Das problem war ganz einfach folgendes: Es war dunkel, es stank, es war feucht, man musste sehr genau aufpassen, wo man hintrat und konnte sich nie ganz sicher sein, wen oder was man treffen würde.
Aber immerhin, er hatte noch halbwegs die Orientierung und wusste dank der Karte, wo man raus und wieder hineinkam, und wo sie bestimmte Leute am liebsten herumtrieben: Es gab ein paar unterirdische Räume, deren eigentliches Sinn absolut unersichtlich war, die aber gerne von allerlei zwielichtigen Gestalten als unterschlupf genutzt wurden. Wahrscheinlich war das auch der Zweck gewesen, für den sie gebaut worden waren. Irgendjemand mit Geld hatte damals wohl den Baumeister geschmiert und das Ergebniss badete seit dem die Stadtwache aus.
Langsam führte Thorgert den jungen Albertus um einige Ecken und durch einige Kanäle, bis sie in der Nähe einer dieser Räume angekommen waren.
"Hier könnte es sein." flüsterte und zeigte auf dem Plan, was er meinte.
"Jetzt müssen wir sehr, sehr vorsichtig sein. Am besten lassen wir die Fackel hier zurück und laufen im Dunklen weiter. Außerdem müssen wir dicht zusammen bleiben, damit wir im Notfall Rücken an Rücken kämpfen können. Ich möchte nämlich ehrlichgesagt gar nicht wissen, was los ist, wenn da unten mehrere Leute sind, die sich von uns gestört fühlen. Noch Fragen?"
Gath
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Albertus schüttelte mit dem Kopf, um zu signalisieren, dass er keine weiteren Fragen mehr hatte, und erlosch dann die Fackel im Wasser der Kanalisation. Es dauerte nicht lange da war die Fackel aus und die Dunkelheit hatte die beiden verschlungen.
Vorsichtig tasteten die zwei Soldaten sich voran Centimeter für Centimeter. Es war nicht gerade leicht in der Dunkelheit voran zu kommen doch das sollte die beiden nicht aufhalten. Nach ein paar Minuten waren sie in dem Raum den Thorgert, Albertus gezeigt hatte. Sie tasteten sich langsam an der Wand entlang doch der Raum war leer sie sahen niemanden. Albertus wunderte sich eigentlich auch nicht. Es war schließlich der erste Raum von vielen.
Langsam machten, die Zwei, sich wieder auf den weg in einen der nächsten Räume. Thorgert tat sich schwer damit die Karte in der Dunkelheit zu lesen, kein Wunder es war ja schließlich auch stock dunkel. Es sah aber danach aus als würde sich der alte Mann etwas auskennen hier.
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Lehrling
Nur noch um ein paar Ecken und sie würden da sein, so hoffte Thorgert zumindest, denn auch wenn es lange her war, dass er hier zum letzten mal unten war, und es mittlerweile so dunkel war, dass er die Karte eigentlich nicht mehr entziffern konnte, war er sich doch noch erstaunlich sicher, wo es lang ging.
"Da vorne kommt gleich ein kleiner Durchgang, in dem eine kleine Tür drinnen ist.
Allerdings habe ich noch aus meinen ganz jungen Tagen einen Schlüssel dafür, solange noch niemand das Schloss ausgetauscht hat." erklärte der Soldat a.D. Albertus mit sehr leiser Stimme. "Wenn wir rein kommen, dann hoffen wir, dort niemanden zu finden. Wenn doch, dann bleib ganz dicht bei mir. Ich weiß nicht, wie gut ich noch kämpfe und erst recht nicht, wie viele da unten sein werden. Und dann hoffen wir, dass das der richtige Raum ist und wir unverletzt wieder raus kommen werden."
Damit setzte er sich in Bewegung, über einen Kanal hinweg, in den Durchgang hinein und auf die Tür am dunklen - wirklich stockdunklen - Ende zu.
Man musste wirklich wissen, was man suchte, wenn man sich hier unten herumtrieb.
Gath
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Sie kamen an eine dünne Tür, die nicht sehr stabil zu sein schien, aus dem Schlüsselloch schien ein Lichtschein. Albertus flüsterte leise zu Thorgert: "Hinter der Tür müssen sie sein." Der alte Mann kramte einen Schlüssel aus einer seiner Taschen und versuchte mit diesem die Tür zu öffnen doch es hatte wohl jemand das Schloss ausgewechselt. Thorgert murmelte leise zu Albertus: "Versuche du die Tür einzutreten. Ich schaffe das nicht mehr ich würde mir dabei wahrscheinlich alle Knochen brechen. Ich werde mich hier neben die Tür stellen und dich decken, wenn es sein muss. Achte darauf das Wir im Kampf dicht zusammenbleiben." Albertus nickte und ging ein paar Meter zurück. Thorgert brachte sich in Position und gab Albertus ein Zeichen, das er beginnen konnte.
Albertus rannte auf die Tür zu und schmiss sich mit aller Kraft gegen sie. Die Tür leistete wenig Widerstand und brach mit Albertus zusammen in den Raum hinein. Thorgert kam direkt hinterhergestürmt und ging in die Grundstellung, als er im Raum ankam. Nachdem auch Albertus sich wieder aufgerafft hatte, ging auch er in die Grundstellung. Es waren nur zwei Leute in dem Raum und eine Frau lag regungslos in einer Ecke. Die beiden Kidnapper wirkten sichtlich überrascht. Als Albertus und Thorgert mit dem Schwert gezückt im Raum standen. Der eine Griff zu einem dicken Knüppel währen der Andere die Flucht ergriff. Albertus kümmerte sich um den mit dem Knüppel während Thorgert nach hinten absicherte.
Albertus Gegner rannte mit Gebrüll völlig unkontrolliert auf ihn zu. Der Soldat ging in Abwehrstellung und riss mit einem gekonnten hiebt seine Waffe, mit der seines Feindes, nach oben. Dann nahm er den Heft des Schwertes und stieß es gegen die Brust seines Feindes. Dieser stolperte einige Meter zurück. Albertus ergriff die Chance und hob mit einem gekonnten hieb die Waffe seines Feindes aus deren Hand. Die Waffe viel zu Boden und auch dieser Feind ergriff die Flucht.
Albertus lies sein Schwert wieder in die Scheide gleiten und rannte zu der Frau. Er drehte sie auf den Rücken und erkannte Septana. "Das ist sie", sagte er zu Thorgert. Sie war bewusstlos. Albertus schulterte und sagte dann zu Thorgert der noch am Absichern war: "Wir können!"
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Lehrling
Der Überraschungseffekt hatte gewirkt!
Sie waren in dem Raum drinnen und hatten ihn für sich, da die beiden völlig überrumpelten Krimminellen die Flucht ergriffen hatten.
Nunja, der eine hatte sofort die Flucht ergriffen, der andere war von Albertus in einem zwar recht brachialen, aber nicht besonders verierten Kampf in die Flucht geschlagen worden.
Egal, hauptsache beide waren weg und ihnen war nichts passiert!
Nachdem die erste Hektik vorbei war und der Raum für sie alleine schaute sich Thorgert um.
Die letzten Bewohner, die er vor zwanzig Jahren hier drinnen verjagt hatte, waren damit sorgsamer umgegangen, denn zur Zeit gab es in der einen Ecke ein kleines Lager, zwei Fackeln an der Wand und das wars - bis auf eine in der Ecke liegende, menschliche Gestalt, wegen der sie überhaupt gekommen waren.
Doch dann fielen seine Blicke sofort auf eine weitere Tür im Raum, die offen stand und eindeutig neueren Datums war - und so ganz nebenbei bemerkt auch der Fluchtweg der beiden Verbecher - und damit nachträglich angelegt.
"Wir können." meldete sich Albertus von hinten und als der alte Soldat sich umdrehte, konnte er erkennen, dass dieser schon das scheinbar ohnmächtige Entführungsopfer geschultert hatte.
"Wir müssen uns jetzt überlegen, welchen Weg hier raus wir nehmen." erläuterte Thorgert kurz die Situation. "Wir können so raus, wie wir rein sind, oder wir können diese Treppe hier benutzen, die wahrscheinlich in irgendein Haus hochführt. Die Frage ist nur, ob die uns dort sehen wollen, denn das ist der schnellere, aber wahrscheinlich auch gefährlichere Weg."
Es entstand eine kurze Pause, in der die Beiden die Situation noch einmal abwogen.
"Wir gehen den weiten Weg zurück." beschloss der alte Soldat schließlich, nahm eine Fackel von der Wand, hohlte seine Karte heraus und ging vorran in Richtung Tür. Der andere war zu riskant, mit einer Verletzten und nur einem Kampffähigen, aber er würde sich diese Treppe merken und schauen, ob er nicht irgendwie herausbekommen konnte, wer denn in der Stadt neuerdings gemeinsame Sache mit Verbrechern machte.
Gath
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Albertus nickte und ging durch die Tür wieder zurück durch die Dunkelheit, wodurch sie einige Minuten zuvor schon einmal lang marschiert sind. Nur diesmal schwebten nicht so viele Gedanken durch Albertus Kopf. Sie gingen wieder durch das Wasser der Kanalisation und schlichen durch den ersten Raum, wo sie niemanden vorfanden. Albertus schaute Septana immer wieder an, doch sie war die ganze Zeit über bewusstlos. Am besten würde er sie mit zu sich in die Schmiede nehmen und dort in das Bett legen, was noch über war.
Nach einigen Schritten kamen, die Zwei wieder an der Öffnung an und Thorgert kletterte als Erster hinaus. Danach folgte Albertus dieser hatte es etwas Schwieriger, da er noch die junge Frau auf dem Arm hatte. Doch nach einigen ansträngenden Leiterstufen war er auch wieder oberhalb der Stadt. Der alte Soldat schob den Schachtdeckel wieder auf die Schachtöffnung und sagte dann: "Irgendwas da unten ist nicht ganz normal. Am besten schauen wir uns das noch mal an, wenn deine Frau wieder auf den Beinen ist."
Darauf sprach Albertus: "Das ist nicht meine Frau. Ich habe sie kurz vor der Entführung erst kennengelernt."
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Lehrling
Nein, er würde die Kanalisation garantiert nicht lieben lernen, und wirklich vermissen würde Thorgert sie auch nie, und dennoch... Dieser hässliche Ort der Stadt zog ihn immer wieder an.
Aber Hauptsache er, war fürs erste wieder draußen an der frisch Luft.
Langsam blickte er sich um, während Albertus hinter ihm ebenfalls die Leiter hochkletterte und langte dann schließlich runter, um das mittlerweile befreite Entführungsopfer nach oben zu hieven.
"Irgendwas da unten ist nicht ganz normal. Am besten schauen wir uns das noch mal an, wenn deine Frau wieder auf den Beinen ist." meinte er schließlich zu Albertus, und auch wenn die Gerettete nicht seine Frau war, wie dieser gleich richtig stellte, galt immernoch, dass etwas nicht in Ordnung war.
"Gut, im Prinzip auch egal. Mir spuken gerade zwei Fragen durch den Kopf: Erstens, was ist da unten eigentlich? Diese beiden Entführer haben in dem Raum sogar einen Notausgang angelegt gehabt, von daher scheinen sie etwas zu verbergen zu haben, mehr noch als andere, und zweitens müssen wir uns überlegen, was wir jetzt mit ihr machen. Ich würde fast vorschlagen, wir brigen sie zu den Feuermagiern, damit sich einer der dortigen Heiler anschauen kann, was ihr fehlt."
Wobei... war die Idee wirklich so gut? Der Orden war doch dank Drurhang auch immer korrupter geworden und wenn er da aufkreuzte, würde das am Ende vieleicht noch Nachteile für die junge Frau verursachen...
Drurhang. Thorgert war sich fast sicher, dass dieser irgendetwas mit dem neuen Tunnel zu tun hatte, denn so etwas, hatte der Hauptmann schon immer mitbekommen.
Gath
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Der Abend war längst angebrochen, als das Schiff die Leuchttürme von Thorniara passierte und in den Hafen einlief. Nachdem die Besatzung das Schiff am Kai vertäut hatte, gingen die Anhänger des Ordens von Bord. Neoras, Daron, Isgaroth und die anderen nahmen den Weg zum Tempelviertel. Françoise hingegen machte sich zur Feste der Stadt auf. Die lokale Führung des Tempels oblag Varald und die oberste Feuermagierin hatte nicht die Absicht, sich darin einzumischen, solange es nicht unbedingt erforderlich sei. Ihre Aufgabe in Thorniara war anderer Natur; dem König zu helfen und ihm zur Seite zu stehen. Deshalb bezog sie in der Feste ihr Quartier, um dem Monarchen näher zu sein und ein Auge auf ihn haben zu können.
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"Zu den Feuermagiern!? Nein die kenne ich ja garnicht. Eine gute Freundin von mir kennt sich mit Verletzungen gut aus. Die kennt sich damit bestens aus. Sie hatt auch meine Narben damals im Krieg gegen die Orks versorgt." So machte sich Albertus auf den Weg zu seiner Schmiede. Es verging einige Zeit da der junge Mann schließlich das Gewicht für zwei tragen musste. Obwohl die junge Septana nicht gerade schwer war, im Gegenteil, sie war richtig leicht.
So kamen die sie nun schließlich an Albertus Schmiede an. Der junge Schmied stapfte mit schweren Schritten die Treppe hoch nach oben, wo die zwei Betten standen und legte Septana in das eine und deckte sie vorsichtig zu. Ihr körper war ziemlich unterkühlt und sie musste sich eindeutig wieder aufwärmen. Nachdem Albertus sie zugedeckt hatte, und sich ihren Körper nach Verletzungen angeschaut hatte, ging der junge Soldat und warf etwas Holz in die Esse damit es in der kalten Schmiede etwas wärmer werden würde. Danach setzte er sich an den Tisch und dachte über Florence nach.
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Den halben Tag war sie geritten, das Bluttal verlassend immer nach Norden hin. Die vielen Gehöfte der Vorstadt verrieten ihr, dass sie sich der gewaltigen Stadt Thorniara bereits näherte und tatsächlich hatte sie sie schon Meilen vor der eigentlichen Ankunft wegen ihrer imensen Größe wahrgenommen. Charlotte war schon ein paar mal hier gewesen und kannte sich mit den Regeln der Stadt soweit aus. Kein Sumpfkraut, keine Prügeleien, am Schlimmsten war es, wenn die Wachen sie bitten mussten, nicht anschaffen zu gehen. Das setzte der Sache die Krone auf, aber damit verschonten sie sie heute glücklicherweise. So gesehen gab es also keine Probleme. Doch wannimmer es am Stadttor hieß, sie solle ihre Waffen abgeben, versteckte sie noch einen Dolch in ihren Schuhen, die in der Regel nicht durchsucht wurden. So auch diesmal, der Bogen wurde ihr abgenommen und würde bis zur Abreise verwahrt werden. Die Stadtwachen ließen sie dann auch passieren, zu dem Zeitpunkt war es früher Nachmittag gewesen.
Sie war direkt am Westtor gewesen, wo sie direkt den Marktplatz betrat und verlor keine Zeit auf der Suche nach einem Händler für Pergamente, wie es dieser Esteban verlangt hatte. Sauberes, weißes Papier sollte es sein, so hatte sie es zumindest in Erinnerung. Irgendjemand sollte ihr da schon weiterhelfen können.
Leider verlief die Suche anfangs wenig erfolgreich und sie hatte sich von ihrem Hunger überrumpeln lassen und eine örtliche Taverne aufgesucht. In dieser bestellte sie sich auch ein Zimmer für die Nacht, denn die Hoffnung, noch heute zurück zu kommen, hatte sie mit der Zeit aufgegeben, darum wollte sie ihre Stute dann auch nicht schinden. Das Pferd wurde von einem Stalljungen für zehn Münzen versorgt und die Nacht kostete sie selbst noch einmal fünfzehn Münzen. Wäre sie nur mit den fünfzig Münzen von Esteban losgeritten, könnte sie das Pergament nicht mehr kaufen, aber Daniel hatte ihr ausreichend Geld mitgegeben. Fast einhundert Münzen hatte sie jetzt nach der Abrechnung des Schlafplatzes und einer warmen Mahlzeit noch übrig und das musste einfach reichen.
Den Rest des Nachmittags hatte sie nach einem Händler gesucht und sich hier und da die trübseligen Gedanken der letzten Tage beim Beobachten einiger Straßenkünstler und Barden vertrieben. Dann aber, als die Sonne bereits am Untergehen war, musste sie sich sputen und fragte einige Passanten, ob sie jemanden kannten, der Pergament verkaufte. Es gäbe wohl Novizen oder Magier, die das taten, doch das verneinte Charlotte. Sie wollte nichts mit den orthodoxen Kuttenträgern und ihrer neuen Religion, die hier Einzug gehalten hatte, zu tun haben. Jemand verwies sie schließlich auf einen Händler, der wohl recht teuer sein sollte. Sie seufzte und versuchte ihr Glück.
Besagter Händler war nicht auf dem Markt zu finden, sondern hatte ein eigenes Haus im Handwerksviertel. Charlotte fühlte sich unwohl, als sie den eleganten Laden betrat und überall seltsame Dinge vorfand. Windspiele, geschnitzte Holzspielsachen, sonderbare Steine, Perlen und Muscheln, es musste sich um einen Sammler vieler außergewöhnlicher Dinge handeln.
"Ich brauche Pergament", sagte sie forsch, wie es manchmal ihre ungezügelte Art war und fuhr ganz selbstverstöndlich mit den Fingern durch eines der Windspiele, während der Mann hinter dem Tresen verschiedene Stapel mit Papier hervorholte.
"Sind die selbstgemacht?", fragte die rothaarige Jägerin verträumt.
"Ja", antwortete der Händler, er hatte eine ungewöhnlich hohe Stimme, bestimmt war ihm der Staub schon in die Lungen gefahren, "Kostet fünfzig Münzen, seid ihr interessiert?"
"Schon, ja...", gab sie zu, "Aber das kann ich mir nicht leisten. Ich brauche Pergament, weißes druckfestes wäre schön. Soll wohl mit irgendwelchen chemischen Formeln vollgekritzelt werden."
"Ihr seid wohl als Bote unterwegs, was?", folgerte er aus ihrem Desinteresse undpräsentierte ihr dann einen großen Packen, "Das ist mein bestes Papier. Kostet drei Münzen pro Pergament."
"Nein, das ist zu viel...", überschlug Charlotte rasch, "Habt ihr nicht etwas für eine oder zwei Münzen?"
"Hier", er deutete auf etwas kleinere Blätter. Esteban hatte nie gesagt, wie groß das Perament sein sollte, "Kostet zwei Münzen pro Pergament."
"Ich brauche fünfzig...", sagte Charlotte nachdenklich, "Aber... nein, das geht nicht, so kann ich mir ja gar nichts zu Essen mehr leisten..."
"Ich gebe euch einen Mengenrabatt von zehn Goldstücken."
"Abgemacht", sagte sie und nur ein leichtes Schmunzeln ging über ihre Lippen. So wechselten neunzig Münzen und fünfzig Blätter Pergament die Besitzer und Charlotte kehrte zufrieden über ihr Erspartes in die Taverne zurück.
Es war schon später Abend, als sie sich in ihr Zimmer begab und sich gleich zu Bett legte. Ein echtes Bett... kein Zelt irgendwelcher hungernder Holzfäller. Sie musste dieses Gefühl genießen, es war ungewiss, wann sie das nächste Mal in einem richtigen Bett schlafen konnte. Faraday lag sehr viel daran, dass sie mit ihm ging, ja ihm lag ohnehin viel an ihr, das hatte sie schon wahr genommen. Doch nach allem, was geschehen war, brauchte sie erst einmal etwas Abstand, ehe sie frische Gefühle zulassen konnte. In Gedanken an ihre verstorbene Großmutter schlief sie schließlich ein...
Ronsen
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Mit immer noch etwas schmerzenden Armen schritt Noros die von allerlei Volk besuchte Straße entlang. Vor ihm ragte bereits der riesige Gebäudekomplex, der die Kaserne und Bastion der Stadtwache von Thorniara darstellte, auf. Zahlreiche Soldaten und Lieferanten sah man am Zugang ein und aus gehen und Noros musste nur kurz mit der Wache, die auch bei seinem letzten Passieren Dienst gehabt hatte, sprechen und wurde erneut in Begleitung eines Waffenknechts zu seinem Lehrmeister durchgelassen.
Vor der Tür der Kammer ankommend bedankte sich Noros kurz bei dem Soldaten. Sicherlich war dieser ebenso wenig von der Aufgabe, einen Besucher als Babysitter über den Hof der Kaserne zu begleiten, berauscht, doch hatte er nun mal zähneknirschend seine Pflicht zu tun. Über den genervten Gesichtsausdruck des Waffenknechts amüsiert grinsend klopfte Noros an die Tür und betrat kurz darauf die Kammer, nachdem von innen Fross ihn hereingebeten hatte.
" Innos zum Gruß." Begrüßte Noros gut gelaunt seinen Lehrmeister und hatte die Schmerzen in den Gliedern bereits wieder fast vergessen.
" Wie von dir gewünscht helfe ich im Hafen bei den Matrosen aus und mühe mich dort ab. Auf die neuen Übungen bin ich ungemein gespannt."
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Fross saß auf seinem Bett, Bär auf der Hand, und streichtelte dem kleinen Nager den Kopf, während er ihm immer kleine Krumen Brot zum Fressen hinhielt. Das Fell war warm unter seinem Finger, das Bett gemütlich unter seinem Hintern, und er dachte, er könnte ewig so dasitzen, wenn der Rest der Welt ihn nur in Ruhe ließe.
Am gestrigen Tag war jemand gekommen, und hatte seinem Sold drei Goldstücke „von dem lustigen Burschen“ hinzugefügt; was denn so lustig war, wollte Fross von dem Mann wissen, der das Gold überbrachte. „Na ja“, sagte der dann, „der ist an der Kaimauer herumbalanciert, als wollt er's drauf ankommen lassen.“ Fross lächelte innerlich, zeigte äußerlich aber keine Regung. Es war schön zu wissen, dass der Junge sich auch außerhalb seiner Reichweite ins Zeug legte. Dann konnten sie ja heute zur nächsten Tagesübung übergeben und hoffen, dass der Jüngling keine Prügel einstecken musste.
Als Noros schließlich ankam, bat Fross ihn in die Kammer.
„Innos zum Gruß“, wurde er begrüßt und fühlte sich so stark an Kialar erinnert, dass er vergaß, den Gruß zu erwidern; falls Noros das überhaupt als ungewöhnliches Verhalten aufgefallen war. Er schlug vor, dass sie sich gleich mal an die Aufgabe machten und dass Schleichen heute an der Tagesordnung stand.
Fross beugte den Rücken nach vorn, machte sich klein, ging ein wenig in die Knie.
„Soweit und nicht weiter beim Schleichen“, sagte er. Alles andere wäre nur schwierig und unproduktiv. „Die Füße beim Gehen so.“ Er zeigte Noros, wie man langsam, mit leisen Schritten mit dem Ballen aufkam und den Fuß dann abrollte, ohne ein Geräusch zu machen.
„Zieh du am besten deine Schuhe aus und lass sie hier“, sagte Fross. Noros tat, wie ihm geheißen, und auf nackten Füßen ging es durch die Bastion, bis sie die Küche erreichten.
„Siehst du die Tür?“, fragte er, „dort drüben? Das ist die Speisekammer. Schleich dich am Koch vorbei und besorg mir einen Apfel. Sei vorsichtig. Wenn er oder der Junge dich erwischen, beziehst du Prügel.“
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Einen Koch umgehen, um in dessen Allerheiligstes vorzustoßen und dessen Vorräte schmälern? Das konnte spannend werden. Unmittelbar während Fross sprach stellte sich Noros bereits einen breit gebauten Schlächter mit Schürze, Haarnetz, Hackebeil und Nudelholz vor, um dessen Wampe er sich schleichen musste, ohne bemerkt zu werden. Einen Küchenjunge hatte sein Lehrmeister auch erwähnt, Noros würde sich also doppelt in Acht nehmen müssen, wenn er nicht erwischt werden wollte.
Kurz nickte der Schüler seinem Lehrer als Zeichen, dass er verstanden hatte, zu und legte an ein Ohr an die Tür der Speisekammer. Durch das dicke Holz drangen gedämpfte Geräusche an Noros Ohr, der Koch musste sich also in seinem Reich aufhalten.
Noch einmal wandte sich Noros von der Tür ab und machte eine Trockenübung, um sich ein letztes Mal die Technik fürs Schleichen einzuprägen. Leicht ducken und in die Knie gehen, Fuß auf dem Ballen abrollen und am besten keine Töpfe oder Pfannen umschmeißen, wenns denn ginge.
Ganz langsam, Millimeter für Millimeter zog Noros die Tür gerade so weit auf, dass er mit einem Auge durch den entstandenen Spalt schielen konnte. Das sich ihm nun bietende Sichtfeld wurde von einer kleinen Anzahl Kerzen und vielen im Dunkeln liegenden Regalen dominiert. Ein dicker Löffelschwinger oder dessen Gehilfe waren nicht zu...plötzlich schob sich eine kleine, hagere Gestalt vor Noros` Auge her. Der Küchenjunge!
Noros zog die zum Glück nicht knarrende Tür ein Stück weiter auf und konnte so gerade noch erkennen, wie der Junge hinter einem breiten Regal verschwand. Munteres Pfeifen erklang in der über und über mit Kisten, Körben und Regalen vollgestellten Speisekammer. Nach den anderen zu vernehmenden Geräuschen zu schließen musste der Gehilfe gerade irgendwelche Vorräte in das im Dunkeln liegende Regal einräumen. Dies war Noros` Chance, wenn er schnell machte. Nicht einmal wagend, allzu laut zu atmen machte er sich an die Aufgabe.
In leicht geduckter Haltung bewegte sich Noros weiter in die Kammer und hielt dabei die Augen nach den besagten Äpfeln auf. In einem Regal waren dutzende Laibe Brot übereinander gestapelt, ein anderes war mit allerlei Säcken Kartoffeln vollgestopft. Unmittelbar darunter, in großen Körben auf dem Boden, lagen jedoch grünlich-braune Äpfel!
Darauf bedacht, die Füße bei jedem Schritt von den Ballen aus abzurollen schlich Noros langsam zu den Äpfeln. Das Pfeifen des Küchenjungen war immer noch ungetrübt zu vernehmen. Rasch schnappte sich Noros einen Apfel.
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Fross lehnte an der Wand neben der Tür und ließ seinen Schüler gewähren. Was auch immer er tat, er würde schon nicht Fross' Namen verraten, wenn es hart auf hart kam. In der Zwischenzeit grüßte er Männer und Frauen, die in recht regelmäßigen Abständen an ihm vorbeigingen und sich nicht weiter darum scherten, dass er direkt neben der Speisekammer stand. Weiterhin war der Speisesaal, gut gefüllt zu dieser Zeit, deshalb sollte Noros in der Kammer eigentlich nicht auf viel Widerstand stoßen.
Fross ging und holte sich eine Scheibe Brot in der Kantine ab, dass er auf dem Rückweg fröhlich kauend in immer kleinere Stücke verwandelte. Einen Rest steckte er zu Bär in seine Tasche. Der Schattenlose kam gerade rechtzeitig an, um zu hören, wie sich die Tür öffnete und – der Küchenjunge herauskam, ihm zunickte und mehr geschnittenes Brot Richtung Kantine brachte. Wo war Noros?
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Verdammte Sche...!
Mit hämmerndem Herzen und voll im Schweiß stand Noros schwer und hektisch atmend mit dem Rücken an einem Regal. Sein Gesicht war kreidebleich und seine Augen von dem Schock immer noch weit aufgerissen. Er war schon auf dem Rückweg zur Tür gewesen, als plötzlich das Pfeifen verstummt und der Küchenjunge vor ihm aufgetaucht war. Noros hatte bereits damit gerechnet, von dem Kerl entdeckt und verpfiffen zu werden, als der Gehilfe jedoch offenbar völlig in Gedanken und in einer anderen Welt versunken an ihm vorbei gegangen und durch die Tür aus der Speisekammer hinaus spaziert war. Innos, war das knapp! Noros hatte bereits den erschreckten Schrei des Küchenjunge und das Poltern des Koches gehört. der auf ihn zugestürmt kam. Puh...
Mit wackligen Knien schlich Noros die letzten Schritte durch die Speisekammer. Nun wollte er wirklich nichts wie raus aus der Kammer. Als er durch die Tür trat, atmete er erleichtert aus und warf Fross, der wartend vor der Kammer stand, den Apfel ohne Worte zu. Die Aufgabe war, mit einer ordentlichen Portion Glück, wohl als bestanden zu werten.
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„Gut gemacht“, sagte Fross und warf den Apfel zurück. Er wollte ihn nicht wirklich haben. Was sie taten, taten sie nur zu Übungszwecken, nicht, um sich zu bereichern. Fross legte den Kopf schief und verschränkte die Arme vor der Brust, während er darüber nachdachte, wie er seine Antwort so wortkarg wie üblich formulieren konnte.
„Wenn du schleichst“, sagte er schließlich, „dann passe deine Gangart und deinen Atmen einem Geräusch an, das bereits vorherrscht. Dem Schnarchen eines Schlafenden zum Beispiel. Das ist ein Geräusch, das er gewohnt ist, also würden auch deine Schritte ihm nicht zu ungewohnt vorkommen. Auf Holz gibt es immer Bretter, die knarzen; am Besten ganz nah an der Wand entlang gehen, wenn möglich, denn dort knarzt es am wenigstens, wenn du auf eine solche Diehle kommst. Waldboden ist schon schwieriger. Dort sollte man den Fuß am besten gar nicht abrollen, wegen der knackenden Geräusche, die das langsam verursacht. Denk nur an ein Reh, das die Hufen in einem Schwung aufsetzt, und wie leise es dabei ist. Letztlich gibt es nur eines, was du wirklich immer tun solltest: Tu so, als würde jemand nach dir suchen. Selbst, wenn keiner weiß, dass du das bist. So wirst du nicht übermütig und bleibst die ganze Zeit über vorsichtig.“
Fross dachte darüber nach, ob er etwas vergessen hatte. Er glaubte, das war's für den Moment und wies dann auf den Apfel: „Jetzt bring ihn wieder zurück. Danach geht’s in die Arena für noch ein bisschen mehr Schmackes.“
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