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Und noch einmal rief der Mann Ravennes Namen, wärend er auf die Gerufene zu stürmte, im Vorbeilaufen der erlegten Blutfliege nur einen kurzen Blick widmete und endlich der Ansatz geschah, sich zu dem Weibsbild hinunter zu geben.
Fast... denn was die Stumme sah, erblickten auch die Augen des Nomaden und ließen ihn für den Augenblick sehr unschlüssig werden.
Drauf treten und das unbekannte Geschöpf zurück in den Erdboden verfrachten?
Es mit der Peitsche hinfort befördern oder gar mit dem nicht vorhandenen Schwert zerteilen?...
Bardasch entschloss sich dazu, der Frau unter die Arme zu greifen und sie von dem Wesen hinfort zu ziehen, auch wenn die Aktion für den Nomaden eine große Herausforderung bedeutete. Schließlich stand auch hier die Behinderung im Weg. In Form einer Prothese, die nebenbei gesagt auch noch ständigen Belastungen ausgesetzt war. Und deshalb gab es ebenfalls einen Moment, in dem der Ergraute sich um sein künstliches Bein sorgte.
„Ist Dir irgend Etwas passiert?“.
Es dauerte, aber die Frage kam und auch der Wunsch, sich kurzweilig mit dem Leib der Stummen zu beschäftigen, wenn auch dieses Mal nicht in sexueller Form. Nein. Ein eher sparsamer Blick auf den hoffentlich unversehrten Leib des Weibes, bis der Drang nach Alkohol siegte und das wie wild gesuchte Behältnis mit Selbigem endlich an den Lippen des Mannes landete.
Endlich. Beruhigend. Endlich das Gefühl, die Gedanken wieder etwas zu klaren. Endlich ein lauter Seufzer, der Bardasch den schlimmsten Teil der Spannungen nahm.
Da blickte er ein letztes Mal erschöpft in das Anlitz des Weibes, ehe sein Blick sich auf der Stelle verlor, wo zuvor noch das unbekannte Wesen kroch.
Die Stirn des Ergrauten legte Falten und zeugte davon, das Bardasch darüber nachdachte, was für eine seltsame Kreatur das gewesen sein mochte.
Und sie legte sich noch mehr in Falten, als der Blick sich hob und nach den beiden Tieren suchte.
Der Esel. Erneut aus dem Blickfeld der beiden Menschen verschwunden. Doch die Stute fand sich ein Stück weiter weg und ließ ein aufgebrachtes Verhalten erkennen. Sie tänzelte, brach rennend zur einen Seite aus, nur um in einer heftigen Bewegung einen Moment später in die andere Richtung zu rasen.
Und jedes Mal, wenn sie scheinbar beruhigt zum Stehen kam, setzte sie erneut mit einem Wiehern zum Ritt an.
Da blickte Bardasch in das Anlitz der Stummen, die das Gebahren des Pferdes scheinbar sorgevoll betrachtete. Ganz so, daß der Nomade mit der Absicht der Stummen rechnete, sich nun ihrem Tier zu nähern.
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist“, äußerte der Krüppel ungefragt und warnend.
Rübenschnipsel und Geräusche waren hier mit Sicherheit kein Wundermittel.
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Südlich von Setarrif
Auch wenn er es nicht allzu lange in der Stadt ausgehalten hatte, sondern schon wenige Tage nach ihrer Ankunft aufgebrochen war, das nahe Umland zu erkunden, so wich Lobedans anfängliche Skepsis allmählich mehr und mehr dem Gefallen an dieser Insel. Es war keine monotone Ruinenlandschaft inmitten unendlicher Sandmassen, sondern eine abwechslungsreiche Dschungellandschaft, die offenbar von etlichen Spuren alter Kulturen durchzogen war. Der entscheidende Punkt für ihn war jedoch die gewisse Ähnlichkeit des Klimas. Zwar hatte die trockene, heiße Luft Varants, die keinerlei tägliche Anpassung von seinen Bewohnern erforderte, sondern lediglich ein und dasselbe Bild abgab, durchaus seine Vorteile; die feuchte Wärme dieses Dschungels, die je nach Tageszeit von angenehm bis hin zu lästig alles bereit hielt, war ihm inzwischen ebenfalls sympathisch geworden. Und selbst mit den immer wieder kehrenden Regenschauern hatte er sich inzwischen soweit arrangiert, dass er bei den gewaltigen Wolkenbrüchen nicht mehr auf panische Art und Weise das Heil der Flucht suchte. Im schlimmsten Fall verlor man dabei noch die Orientierung in diesem schier unendlichen großen Wald zwischen Gebirge, Stadt und Küste, dessen Entstehung vermutlich nur auf diese exponierte Lage zurückzuführen war.
Weiter abseits Setarrifs wich die gefährliche Steilküste sogar einem Abschnitt flachem Land, an dem sich der Dschungel allmählich verlor und ein schmaler Streifen Sandstrand den Übergang zum weiten Meer bildete. Die Stelle wirkte befremdlich zwischen den hoch aufgetürmten Felsen im Norden und Süden und den ebenso hoch ragenden Wipfeln der riesigen Bäume auf der Landseite. Und gleichsam erweckte sie den Anschein, als fehle lediglich eine kleine Gruppe von Fischern und Jägern, die eine naturvölkische Siedlung bildeten und hier ihrem Tagwerk nachgingen, fernab der großen Stadt, die seines Erachtens Zustände bereit hielt, die so manchen Mitgereisten aus Al Shedim gewiss vor eine große Herausforderung stellte. Lobedan wollte ebendiese fürs Erste in der Einsamkeit bewältigen, der er momentan beiwohnte.
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südlich von Setarrif
Angelina schaute noch einmal auf die abgepauste Karte und faltete sie anschließend zusammen. Ihre finanziellen Möglichkeiten erlaubten es ihr nicht ein Pferd zu kaufen, deshalb hatte sie sich entschieden sich zu Fuß auf den Weg zu machen. Das Kastell müsste sie in zwei bis drei Tagen zu Fuß erreichen können. Wenn alles gut ging, denn sie hatte keine Ahnung mit welchen Tieren sie es im Dschungel oder diesen dunklen Schluchten zu tun bekommen würde.
Etwas Proviant, Wasser und auch ein kleines Fläschchen mit einer bläulichen Flüssigkeit hatte sie dabei. Seit sie mit Solveg gesprochen hatte, kam es ihr so vor als hätten ihre magischen Fähigkeiten wieder etwas zugenommen. Dieses Fläschchen war das letzte und dazu da ihr Mana kurzfristig zu steigern. Sie hoffte aber es zweierlei Gründen nicht gebrauchen zu müssen.
Angelina verließ Setarrif durch das südliche Stadttor. Sie schaute nach Süden. Der Dschungel begann erst weiter südlich hinter einer Wiese. Seltsam warum hier keine Bäume oder anderes Buschwerk wuchs. Noch einmal faltete Angelina ihre Karte auseinander, vergewisserte sich ob es wohl der richtige Weg war, steckte sie wieder ein und folgte dem Pfad, der sich hinter Wiese im Dschungel verlor. Die üppige Vegetation schien jede Spur zu schlucken. Unberührte Natur wohin sie nur schaute. Aufmerksam lief sie weiter. Plötzlich blieb sie stehen als sie Stimmen hörte aber niemanden sehen konnte.
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Nach dem Zwischenfall mit den beiden Skeletten blieb es ruhig in der Umgebung der drei Wanderer. Die Präsenz des Schattenläufers schien zwar nicht zu verschwinden, soweit man den Worten des Druiden trauen konnte, doch schien sie sich ihnen auch nicht nähern zu wollen. Ob Gwydion bereits etwas getan hatte, dass dem nicht so war, ließ sich nur schwer aus dem Barden herausbekommen. Den Großteil des Tages verbrachte er scheinbar damit, sich zu grämen und einen finsteren Blick auf den Hohepriester zu werfen, wenn dieser wieder das nötige tat, damit ihr Fortkommen nicht allzu sehr behindert wurde.
Die Zauberin setzte sich auf den Boden. Die Dämmerung war hereingebrochen und auch, wenn die Stadt nicht mehr weit sein konnte, hatten sie sich entschieden, hier noch einen kleinen Rast einzulegen, größtenteils, um das Pferd bei Laune zu halten, aber auch, weil die kleine Jil ein, zwei dringende Bedürfnisse hatte.
Melaine beobachtete den Vater mit seiner Tochter, wie er ruhig auf sie einredete und sie trotzdem mit schmollendem Mund und vor dem Bauch verschränkten Armen sich langsam wie ein Strauch im Wind wiegte, als traute sie sich nicht, hier das zu tun, was sie doch tun musste. Oder hatte es am Ende doch einen anderen Grund?
Die Magierin lehnte sich zurück und warf einen Blick in den Himmel, während Gwydion sich neben ihr niederließ. „Die Pflanze ist ungiftig, wie es scheint.“, warf die Rothaarige in das Schweigen die Tatsache, die sich aus dem Offensichtlichen speiste, ein. „Das ist in gewisser Weise bedauerlich, wenn ich an euch üben soll. Soweit ich den Hohepriester verstanden habe, ist es genau das, was er erwartet. Nur ob ich mich direkt daran machen soll, ob es reicht, was ihr bisher zu euch genommen habt, weiß ich nicht. Aber es wird nicht gleich sein zu der Behandlung eines wirklichen Giftes. Daher bedauerlich. Keine Sorge, ich habe euch nicht gewünscht, dass die Pflanze tatsächlich giftig ist.“ Melaine lächelte beruhigend in Richtung des Druiden, als ein Rascheln in der Ferne sie herumfahren ließ. „Habt ihr das auch gehört? Oder bilde ich mir das nun durch ständiges Gequatsche ein?“, ihre Stimme war ein wenig härter geworden. Sie war es satt, mit der Gefahr eines ihnen folgenden Schattenläufers zu leben.
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Dieses Geräusch hatte Angelina auch gehört. Überrascht schaute sie auf ihre eigenen Füße, doch sie war es nicht gewesen, denn dort befand sich nur weiches Moos. Es war ein Schnaufen zu hören und ein Rascheln. Zweiteres kam ziemlich sicher von Palmen hoch über ihr.
Die Stimmen kamen von einer kleinen Gruppe von Reisenden. Drei Personen zählte Angelina und ein Pferd. Ach nein sie hatten auch ein Kind bei sich. Wahrscheinlich auch welche von den unzähligen Flüchtlingen, die nach Setarrif wollten. Sie hatten ein Lagerfeuer gemacht und wollten wohl die Nacht dort verbringen. Sie schlich sich etwas näher an das Lager heran. Vielleicht würden sie ihr ebenfalls erlauben dort zu übernachten. Der Vater und das Kind kehrten ihr den Rücken zu und die Rothaarige schien die Mutter der Kleinen zu sein...
„Moment mal, das ist doch Melaine.“, flüsterte Angelina vor sich hin. „Sie hat doch gar keine Kinder...“ Erst dann erkannte Angelina Ceron und Jil. Gerade als sie vor Freude aufspringen und sie ihnen laufen wollte, hielt sie ein weiteres bösartiges Schnaufen davon ab. Das Lagerfeuer spiegelte sich in den Augen der Kreatur. In der Dunkelheit konnte die Priesterin nicht erkennen um was für ein Wesen es sich handelte und sie wusste nicht ob es klug wäre eine Lichtkugel zu erschaffen um das heraus zu finden. Sie wollte die Kreatur auf keinen Fall näher an der Lager heran locken. Deshalb lief sie mutig drauf zu, lief ab doch an ihm vorbei um ihn von dem Lager weg zu locken. Das gelang ihr auch. Noch wütender griff es sie an. Angelina dachte an die Lektionen, die sie auf der Tidenflucht gelernt hatte und ließ die Kreatur ins leere schnappen, sprang hoch und trat das Vieh mit ihrem Fuß an den Hals. Es röchelte und drehte sich verwirrt zur Seite woher der schmerzhafte Tritt gekommen war. Angelina stand längst nicht mehr dort. Es war anstrengend auf diese Art und Weise zu kämpfen, aber noch vertraute die Magierin nicht auf ihre magische Kraft. Ein weiterer Schlag mit dem Stab auf den Kopf des Monsters und er gab auf. Seltsam und kaum zu glauben ergriff er die Flucht. Sicherlich war nun ihre Anwesenheit auch Ceron und seinen Gefährten nicht verborgen geblieben.
Nachdem sie sich davon überzeugt hatte das das schnaubende Vieh wirklich nicht mehr in der Nähe war, ging sie langsam auf das Lager zu.
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„Ich glaube der Sinn war, dass Ihr durch die Färbung des Blutes seht was Ihr machst und den Farbstoff aus dem Blut zieht und es davon trennt, magisch, so als ob es Gift wäre, ohne, dass Ihr mich dabei ausbluten lasst “, Gwydion zuckte mit den Schultern, „Soweit ich das verstanden habe zumindest.“
Gwydion spitzte die Ohren, als Melaine ihn auf das Geräusch aufmerksam machte und wandte den Kopf in die Richtung, aus der es gekommen sein musste. Etwas anderes lenkte ihn kurz ab, ein Wesen, das sich ebenfalls in der Nähe befinden musste. Er spürte seinen Schmerz undeutlich, wie aus weiter Ferne, doch war er da. Der Druide stand auf und überlegte, ob er dem Wesen folgen sollte, da trat aus dem Gebüsch eine Frau.
Den Kopf leicht schief gelegt betrachtete er sie eingehend. Die Tatsache, dass sie ohne Scheu ans Lager kam, musste heißen, dass sie vielleicht auch den ein oder anderen aus der kleinen Reisegruppe kannte.
„Seid gegrüßt…“, meinte er vorsichtig, aber nicht unhöflich.
Die Frau schenkte ihm kurz Aufmerksamkeit. Ceron und die kleine Jil schienen jedoch für sie plötzlich viel interessanter. Der Druide musterte sie etwas argwöhnisch, wie oft trat schon im Dschungel plötzlich eine Frau aus dem Gebüsch. Doch sie schien keinerlei feindselige Absichten zu hegen, so glitt sein Blick wieder ins Dunkel des Waldes. Wie gerne würde er nach dem Wesen suchen. Er war sich mittlerweile fast sicher, dass es auf irgendeine Art und Weise verletzt sein musste. Aber warum war es ihnen gefolgt?
Er wandte sich wieder seiner Reisegruppe und der Frau zu und beobachtete aufmerksam, was passierte.
Geändert von Gwydion (23.01.2011 um 19:40 Uhr)
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Melaine starrte erschrocken dem Tier nach und bemerkte erst nach einigen kurzen Augenblicken das Wasser, welches noch mit seichten Bewegungen um ihre Hände floss, beständig bereit, zuzuschlagen, gegen was auch immer da gerade gewesen war. Für einen Schattenläufer war es zu klein gewesen, für einen Wolf zu groß und irgendetwas dazwischen wollte ihr in diesem Moment nicht in den Sinn kommen.
Tief sog sie die kühle Luft ein und ließ die Wasserstränge zu Boden gleiten, wo sie beinahe geräuschlos versickerten. Nachdem dies geschehen, wandte sie sich zu der Frau zu, die sich zu ihnen gesellt hatte und mit einer akrobatischen Einlage dazu beigetragen hatte, dass sich das Tier beinahe innerhalb eines Augenschlags wieder in den Wald verzog.
„Ihr seid…?“, fragte die Zauberin und hob eine Augenbraue, innerlich den Gedanken hegend, dass die Blondhaarige ihr bekannt vorkam. Doch wenn sie ihr bekannt vorkam, musste sie sich auf irgendeine Art und Weise verändert haben. Sie wirkte… wie…
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In der Ferne hörten die drei das Rufen der Stadtwache und das flackern der Feuerfackeln, die in der Dunkelheit für etwas Licht zu sorgten. Um nicht doch noch entdeckt zu werden drangen die Diebe noch tiefer in den Dschungel hinein und ließen die große Stadt hinter sich. Eigentlich hatte der Myrtaner – wie er es gewohnt war – Reichtum und solch eine famose Stadt gerade lieb geworden, und jetzt mussten sie schon wieder flüchten. Genau wie aus Bakaresh wurden sie fortgetrieben, ins Unbekannte geschickt ohne jegliche Hilfe, doch gab es dieses eine Mal ein Unterschied. Ihre Diebstähle hatten in der Stadt für mehr Aufruhr gesorgt, als so manch anderer Dinge, was den Myrtaner irgendwie erfreute. Zumindest würde man die drei nicht vergessen…und wenn doch, dann würden sie nochmals zurückkommen und für noch mehr Aufsehen sorgen.
„Also gegen eine kleine Rastpause habe ich zwar nichts, aber wir müssen weiter. Ich denke Gath wird die Chance genutzt haben seine Sachen zu packen und ist dann wohl zu San geflohen. Auch wir sollten dorthin.“, rief der junge Dieb nach Luft holend. Als sie fliehen mussten, hatte dieser schon Angst um seine Hab und Gut gehabt, was eigentlich nicht möglich war, da diese Dinge genau genommen nicht ihm gehörten. Dennoch fand er es schade all jene Dinge zurücklassen zu müssen, die er mit Mühe und … Spaß geklaut hatte. Zumindest waren die Wichtigsten Dinge noch bei ihm gewesen. Einiges an Gold, etwas Schmuck von gestern Nacht, welchen er eigentlich nun auf dem Markt verkaufen wollte, und der Schädel höchstpersönlich. Seit einiger Zeit schleppte der Dieb das ständig grinsende Ding mit sich, da dieser ihm schon einmal aus der Patsche geholfen hatte. Eine Art Glücksbringer also…
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Angelina war überrascht wie freundlich sie begrüßt wurde. Zuerst von Gwydion. Sie glaubte das es der Initiant aus Jharkendar war der mal bei ihr eine Robe abgeholt hatte. Er hatte sie so seltsam angeschaut, aber sie wohl nicht erkannt. Melaine schien es ähnlich zu gehen. Allerdings war sie etwas enttäuscht das Ceron nur einmal flüchtig zu ihr geschaut hatte und sich weiter mit Jil beschäftigte.
Melaine fragte direkt wer sie denn nun wäre. Angelina lächelte.
„Ich bin diejenige, die Euch vor dem Angriff eines Monsters bewahrt hat...“, sagte sie und hoffte das Ceron sie nun endlich mal richtig ansehen würde. Er müsste es doch merken das sie es war und Jil? Die Kleine war müde und quengelig. Das sie nicht spürte das ihr Mutter in der Nähe war konnte Angelina schon verstehen, aber dann hielt sie es nicht mehr aus. Sie ging an Melaine vorbei. „Ich bin es Angelina.“, flüsterte sie ihr zu.
Sie hockte sich neben Jil und strich der Tochter über das blonde Haar. Sie hatte gerade die Augen zu gemacht und war eingeschlafen. „Jil hat dich ganz schön im Griff.“, sagte sie zu ihm und sah ihm in die Augen. Sie wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen. Sie war so glücklich. Doch sie hockte auf dem Boden. Zwischen ihnen lag die schlafende Tochter und außerdem waren sie nicht allein. „Irgendwie habe ich mir unser Wiedersehen etwas anders vorgestellt.“, sagte sie und berührte seine Hand. Er hielt sie fest, stand auf, ging einen Schritt zur Seite und zog sie zu sich hoch. „Angelina...“ „Ceron..“ Er drückte sie fest an sich, schob sie ein Stück von sich weg, schaute sie noch einmal von oben bis unten an und küsste sie schließlich. Dieser Kuss sagte mehr als Worte. Sie spürte wie sehr sie ihm gefehlt hatte und für diesem Moment war es ihnen beiden egal das Melaine und Gwydion ihnen dabei zu schauten oder vielleicht auch diskret weg schauten.
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Eine halbe Ewigkeit, so erschien es Dennik, waren sie durch das Geäst und das Gestrüpp des Dschungels um Setarrif gerannt, hatten sich an Dornensträuchern ihre schönen Hosen aufgerissen und waren über herausragende Wurzeln gestolpert. Der Dieb konnte nicht auf das Achten, was dort am Boden herum lag, nein, es war schon viel zu dunkel. Zu Dunkel um zu sehen, ob der Strauch, durch welchen er sich gerade zwängte, große oder nur kleine Dornen hatte, zu Dunkel um zu erkennen, ob das Illdor oder Rekhyt vor ihm war, zu Dunkel um die matschigen Pfützen zu sehen, in welchen er immer öfters ausrutschte, und sogar zu Dunkel um helle hoffnungsvolle Gedanken in sich tragen zu können.
Die Entbehrungen seines früheren Lebens, das Training bei Vryce und vor allem die Lehre und die Abenteuer bei und mit Scorpion machten sich nun bemerkbar, denn auch wenn ihn die Kräfte wohl bald verlassen würden, hatte er mehr Ausdauer, als erwartet, bei dieser Irren Jagd durch den dichten Dschungel, hier. Er vermochte sich gar nicht vor zu stellen, was um ihm herum alles für Schlangen, Spinnen und wer weiß was für noch so Viecher lauerten, was für große Dschungel Minecrawler hinterm nächsten Busch schliefen, hinter welchem Baum gleich die Wächter von Setarrif hervor sprangen und was in diesen matschigen Pfützen alles für Maden und Wanzen herum schwammen. Ihm grauste vor diesen Vorstellungen...
Wieder einmal schaute Dennik zurück, doch diesmal sah er nicht das, was ihm sonst immer um so mehr anheizte weiter zu rennen... ja die Lichter der Wachen waren verschwunden. Erleichtert, aber auch etwas skeptisch blieb er stehen. Rekhyt und Illdor, einer war vor ihm, einer hinter ihm gelaufen, taten es ihm gleich. Einen Moment war nichts zu hören, außer der schwere schnelle Atem der drei Diebe, dann getraute sich der plappernde Dieb endlich etwas zu sagen: "Wo sind die Lichter der Wachen... könnt ihr sie sehen? Komisch grad waren sie noch da... wollen sie uns irgendwo auflauern oder sich an schleichen, oder haben sie es Aufgegeben?", wollte Dennik von seinen Kameraden wissen. Sie schienen es jedoch auch nicht besser zu wissen, als sie und so bleiben sie alle erst einmal stehen und verschnauften.
„Also gegen eine kleine Rastpause habe ich zwar nichts, aber wir müssen weiter. Ich denke Gath wird die Chance genutzt haben seine Sachen zu packen und ist dann wohl zu San geflohen. Auch wir sollten dorthin.“, entgegnete Illdor noch nach einer Weile.
"Du willst wieder in die Stadt?", fragte Dennik schockiert.
Bis jetzt hatte er sich immer vorgestellt, dass die Stadt für sie nun Tabu wäre, dass sie sich eine neue suchen müssten, oder der Gleichen, aber wieder in die Stadt zu schleichen, diese Idee war ihm bis jetzt noch nicht gekommen.
Sie setzten sich auf einen morschen kalten und gleichzeitig feuchten Baumstamm, welcher um wuchert von Moos und Sträuchern am Waldboden lag, verschnauften und dachten nach.
Was würden sie jetzt tun müssen?
Sie wussten ja nicht einmal mehr, wo sie waren, geschweige denn in welche Richtung sie nun gehen mussten um wieder zurück zu kommen nach Setarrif, oder gar zu einer der anderen Städte, wie Thorniara, wo die Gilde des komischen Feuer-Gottes sich einquartiert hatte. Jedenfalls hatte Carras dies damals in der Taverne behauptet.
Nein... zu diesen Paladinen, welche ihn eingebuchtet hatten, wollte er garantiert nicht mehr. Er hasste sie. Was hieß hassen? Er schüttelte den Kopf, er übertrieb ein wenig, da hatte dieser fremde überhebliche Nigel schon recht, als er damals mit ihm und Carras über diese Paladine geredet hatten. Der Dieb musste eingestehen, dass er nicht so einen großen Grund hatte, diese Kerle zu verabscheuen, wie Carras, doch auch seine Gründe waren schwerwiegend. Wegen ihnen hatte er vier Tage im Gefängnis verbracht und sie waren es, welche seine Eltern in diese Strafkolonie geworfen hatten und außerdem hatten sie ihn, während seiner Zeit in Vengard, wie Dreck behandelt und das nahm er ihnen übel. Sie hatten ihnen immer das Gefühl gegeben, welches Vryce ihm auch gegeben hatte, dass Diebe Abschaum waren und in gewisser Weise hatte er diese Ansicht übernommen... leider...
Benommen schüttelte Dennik erneut den Kopf. Es half wirklich nichts die Verzweiflung die er gerade fühlte in Hass gegen die Magier des Feuers und die Paladine um zu wandeln. Der Schatten der Straßen schlug seine zerschundenen, verdreckten Hände vor sein Gesicht.
"Es ist meine Schuld, dass wir hier sitzen, wir hätten diese ganze Diebesscheiße nicht so übertreiben sollen, ich ich bin schuld... ich habe übertrieben, wegen mir sind wir fast jeden Abend losgezogen... weil ich mich, wie ein Meisterdieb gefühlt habe, ich war irgendwie Süchtig, aber eigentlich habe ich mich nur aufgeführt, wie der verblendeste Trottel!", gestand der Meister Schwertkämpfer und eine Träne rann ihm die schlammigen Wangen hinunter. Sie rutschte immer weiter und blieb an seinem Kinn hängen, schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie nun fallen oder dort bleiben sollte. Schließlich blieb sie dort...
"Es ist meine Schuld und es tut mir Leid...", gestand sich Dennik leise und traute sich nicht seine Freunde an zu schauen, geschweige denn zu hören, was sie antworten würden.
In diesem Moment fiel die Träne doch hinunter und tropfte auf einen seiner Finger, welche er, wie zum Gebet zu einer großen Faust geformt hatte. Der Fall der Träne erinnerte ihn unweigerlich daran, dass nicht von Daure war, in dieser Welt, weder das Ausharren in einer Stadt, noch das Zusammensein mit Freunden... nichts...
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Dennik schien richtig fertig zu sein und sich die Schuld für alles zu geben. Das erinnerte ihn unweigerlich an das was Cali immer gesagt hatte, auch für ihn war Dennik immer der böse und egal aus welchem Mund es kam, es war bei beiden falsch! Dem Schweigsamen gefiel es hier im Dickicht zwar nicht, ganz und gar nicht sogar, doch sie alle hatten ihren Anteil daran und sie alle hätten etwas sagen können und sich zurückhalten können.
"Nein ist es nicht!", wandte er sich zu Dennik und legte im freundschaftlich die Hand auf die Schulter, "Wir hätten uns bremsen können! Sonst widerspreche ich dir so oft, doch in letzter Zeit..."
Er musste nicht fertig sprechen, damit Dennik wusste was er meinte. Zumindest hoffte er das.
"Wir suchen eine Stadt und machen dort weiter! Irgendwann kehren wir zurück!"
Niemand kannte die Geographie der Insel, aber sobald sie wieder einen Weg gefunden hätten, würden sie ihm irgendwohin folgen können.
Und immerhin waren sie alle unverletzt, frei und zusammen.
"Wir sind zusammen! Wir bleiben zusammen! Wir stehen das durch!"
Bei seiner Ansicht von Männern könnte das jetzt sehr falsch aufgefasst werden, doch er vertraute darauf, dass die beiden wussten was er meinte. Schon seit Bakaresh waren sie unzertrennlich gewesen (mit einer kleinen Ausnahme in Khornis).
Ungewöhnlich viele Worte für Rekhyt, doch der Schweigsame hoffte, dass sie Dennik zumindest etwas aufmuntern können würde.
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Dennik war positiv überrascht, wie viele Sätze sich Rekhyt für seinen Freund ab rang und er musste unweigerlich lächeln. "Du hast Recht, gemeinsam schaffen wir alles und jetzt müssen wir uns erst einmal durch diese Scheiße hier durch schlagen und hoffen, dass wir uns nicht verirren und dass der Wald nicht zu groß ist... ich hoffe Tagsüber schaut das alles hier freundlicher aus", meinte Dennik und seine schlechte Laune war wieder verflogen.
Er rieb sich die Augen und fragte noch: "Glaubt ihr wirklich dieser Platz hier taugt zum schlafen, ich aber das dumpfe Gefühl, dass hinter jedem Ast einer dieser Schattenläufer aus den Legenden hockt.
Eine Zeit lang gab sich ein Jeder der Gruppe seiner Fantasie hin und Dennik konnte sehen, wie auch die anderen langsam unruhiger wurden und so wechselte er fix das Thema: "Wisst ihr, hier draußen ist mal was neues, findet ihr nicht? Wir könnten mal das Leben eines Diebes ausprobieren, so wie Xorag, Carras und auch Scorp es beschrieben haben. Also Herumtreiber sein, Banditen... oder könntet ihr mit so etwas gar nichts anfangen?", fragte Dennik.
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Lehrling
Müde und entnervt blickte Liviann sich nach dem lachenden Mädchen um.
Mirele saß ein Stück entfernt von ihr neben Vistrin auf der Erde und wärmte sich die Finger am Lagerfeuer, das Walter soeben entzündet hatte. Vistrin hatte gekonnt seinen Verführerblick aufgesetzt und riss einen Witz nach dem anderen, nur um die Kleine zum Lachen zu bringen.
Ich wusste, dass das keine gute Idee ist…, dachte sich Liviann, verdrehte ungefähr zum tausendsten Mal an diesem Tag die Augen. Ein Blickwechsel mit Walter reichte um festzustellen, dass er dieses junge quirlige Mädchen ebenso schlimm fand, wie sie selbst.
Vistrin hingegen, der Mirele schon seit dem Morgen seine ganze Aufmerksamkeit widmete, schien überaus angetan von ihr zu sein – entweder von ihrer Oberweite oder von ihrem Hintern.
Endlich zerrte Liviann ihre Steppdecke aus dem überladenen Karren, denn dank Mirele führten sie nun noch zusätzliches Gepäck mit sich, und breitete sie zu Vistrins anderer Seite aus. Langsam ließ sie sich darauf nieder, zog ihre Schuhe aus und massierte sich die schmerzenden Füße, während sie dem kreischenden Gelächter des Mädchens lauschte.
Dabei war Vistrin noch nicht einmal wirklich witzig an diesem Abend. Er gab sich kaum noch Mühe, seit er sie gestern Nacht bezierzt hatte, denn er hatte sie schon innerhalb weniger Stunden für sich gewonnen.
Warum ich?, fragte sich Liviann unter erneuten Augenrollen und dachte an ihren Fußmarsch zurück. Sie hatte es auf dem Karren mit diesem Weib nicht ausgehalten und war lieber zeitweise gelaufen, als neben ihr zu sitzen und sich ihr schwachsinniges Gelaber anzuhören.
Verzweifelt, ob der scheinbar aussichtslosen Situation drehte sie sich nach Walter um, doch der dickliche Mann hatte sich auf dem Kutschbok zusammengerollt und eine Decke über seinen Kopf gezogen und friedlich schlafen zu können.
Neidvoll blickte Liviann zu ihm auf und überlegte einen Moment ob sie sich zu ihm gesellen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Es war nicht ihre Art zu schweigen und sich Situationen anzupassen und so öffnete sie den Mund und sprach aus, was sie dachte: „Mirele, wie kommt es eigentlich, dass du Vistrin so angetan bist?“
Einen Moment sah das Mädchen sie überrascht an, dann wurde sie rot und schwieg mit einem Mal.
„Ich denke“, fuhr Liviann, unbeeindruckt vom scharfen Blick ihres Bruder, fort, „du solltest dich ein bisschen rar machen. Dich etwas zurückhalten, eine Frau sein, die erobert werden muss. Stimmt doch, Vistrin?“
Lächelnd wandte sich Liviann von den beiden ab. Dabei erhaschte sie noch einmal einen Blick auf das Gesicht ihres Bruders.
Halb im Schatten liegend zeichnete sich sowohl eine gewisse Wut, wie aber auch Belustigung in seinen Zügen ab. Mirele allerdings saß mit offenem Mund und hochrotem Gesicht neben ihm und schien sich nicht rühren zu können.
Liviann legte sich auf ihre Steppdecke nieder, zog sie über sich und schloss die Augen.
Zuerst hörte sie nichts, doch dann raschelte Mireles Kleid, als sie aufstand und ihre eigene Decke aus dem Karren zog. Beschämt legte sie die Decke nieder – neben Liviann, anstatt neben Vistrin – und wickelte sich ebenfalls ein. Auch Vistin stand murrend auf und legte sich schließlich mitsamt Decke auf Livianns anderer Seite nieder.
Sie konnte ihren Bruder leise über ihre freche Art und Unverschämtheit murren hören, doch es interessierte sie nicht. Sie hatte ihr Ziel erreicht.
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Banditen? Vielleicht war das gar keine so schlechte Idee gewesen, als der Myrtaner sich den Vorschlag von Dennik durch den Kopf gehen ließ. Immerhin hatten sie in der Stadt schon für massig Aufruhr gesorgt und sicher würde man auch noch Wochen später nach ihnen drei fahnden, also was sprach dagegen nicht noch für mehr Aufregung zu sorgen? Ein paar Händler, die von einer Stadt zur anderen reisten um ihre Waren zu verkaufen, unterwegs auflauern und sie um ihr Hab und Gut erleichtern, Kleine Siedlungen oder gar kleine Dörfer ausrauben, alles niederbrennen…das war schon ein witziger Gedanke gewesen…
Wie komme ich bloß zu all den sündigen Gedanken. Das ist ja fürchterlich…Wie kann ich nur daran denken unschuldige Menschen auszurauben oder gar zu töten… Aber tat er es nicht bereits? Was für ein Unterschied bestand zwischen ausrauben und bestehlen? Nur weil das eine „gewaltfreier“ ist bedeutete es nicht, dass es auch besser war.
„Um ehrlich zu sein scheint mich dein Vorschlag anzusprechen. Und für mehr Aufregung würde es sicher sorgen, was ja auch im Rekhyts Sinne ist, wenn er schon sagt, dass wir irgendwann wieder in diese Stadt kommen sollten, um sie weiter auszurauben.“
Aus seinem Rucksack vernahm der Myrtaner ein leichtes Zucken, was auf den Schädel hindeutete. Wollte dieses „tote“ Ding nun sein Kommentar voller Moral abgeben? Nun, darauf konnte der Dieb gerade verzichten, denn ein Gesetzesbrecher war er bereits. Was sollte ihn also daran hindern, ein noch Stärkerer zu werden? Mit einem Ruck gab er dem Schädel zu erkennen, dass er Ruhe geben sollte.
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Eigentlich hatte Rekhyt nur von zurückkehren gesprochen, nicht auch von ausrauben, aber natürlich war das eine mit dem anderen in gewisser Weise verbunden. Trotzdem fände er es nicht schlecht, Setarrif betreten zu können, weil sowohl seine Schwester als auch sein bester nicht-diebischer Freund dort war. Doch das war Zukunftsmusik, für den Moment mussten sie hier draußen bleiben oder eine andere Stadt suchen und zu ersterem hatte Dennik erst einen Vorschlag gemacht, den sich der Schweigsame jetzt durch den Kopf gehen ließ.
Bandit werden... Das Wort 'Bandit' klang so brutal und eigentlich hatte er keine Motivation hilflose, unschuldige Leute zu überfallen, verletzten oder gar zu töten. Ausrauben war da etwas anderes, normalerweise hatte er es nur getan, wenn er für sich Geld brauchte, oder in letzter Zeit um mehr Fähigkeiten zu erwerben, doch er glaubte nicht jemandem wirklich geschadet zu haben. Der Inhalt einer einzigen Truhe in einem riesigen Haus mit tausend Wertsachen würde die Besitzer nicht in den Ruin treiben und körperlich ist er nie geworden. Da wäre Bandit etwas anderes und auch das Umfeld wollte ihm nicht so ganz gefallen. Wald, Wildnis, Abgeschiedenheit und wilde Tiere anstatt von Zivilisation, Häusern, regen Treiben und Wachen.
Städte gefielen ihm definitiv besser, aber momentan blieb ihnen nichts über, als hier draußen zu bleiben, zumindest bis sie eine Stadt gefunden hatten.
"Es wäre... anders. Im Moment bleibt uns nichts anderes übrig..."
In seine Stimme legte er Unsicherheit um den anderen zu zeigen, dass er sich nicht sicher war und am ehesten abwarten wollte, doch um die Idee abzulehnen war er nicht in der richtigen Situation. Die Zeit würde zeigen wie es weiter ging!
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"Ich hoffe du hast dem Tier nicht wehgetan, sonst kriegst du auch den bösen Blick des Druiden ab", scherzte Ceron am nächsten Morgen, als sie zusammen etwas abseits des Lagers unter dem Vorwand, eine höchst interessante Pflanze gesehen zu haben, spazierten. Angelina grinste und erklärte, das Tier sei noch einmal mit einer trockenen Kehle davongekommen. "Ahh, die Zeit holt mich langsam ein", stöhnte er schliesslich und hielt inne. "Du warst eine Ewigkeit auf Reisen. Du gingst als eine Suchende und hast uns nun wieder gefunden. Dazwischen lagen einige Ewigkeiten ohne dich. Jil und ich haben viel gesehen. Ich habe das getan was ich immer getan habe: Schüler unterrichtet. Doch in der Zeit haben wir so viel Leid gesehen, dass es mir wie ein ganzes Kapitel in meinem Leben vorkommt, das ich ohne dich verbracht habe."
Nur noch ein kleines Stück Dschungel trennte sie von Setarrif. Angelina zufolge war der Weg gut machbar. Und doch schien er dem Hohepriester ewig lange. Wohin ging es da? Würde alles wieder so sein wie früher? Was war es, das Angelina gefunden hatte, das ihr nun wieder Halt gegeben hatte? Hatte es noch etwas mit ihm zu tun? Er hatte die vergangenen Monate gut mit Jil alleine überstanden. Wie es wohl sein würde, diesen kurzen Weg gemeinsam zurückzulegen? "Es wird noch einige Geschichten zu erzählen geben", meinte er schliesslich und strich dabei über ihren Oberarm. "Zum Beispiel wie du zu diesen Muskeln gekommen bist... aber nun sollten wir uns um Jil kümmern und zusehen, dass wir nach Setarrif gelangen. Mein Pferd traut dem Dschungelfressen nicht wirklich. Apropos Pferd... rate mal wer im Innenhof grast."
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In der Nähe von Setarrif
Müde und unglaublich fertig schleppte sich eine Hünenhafte Gestalt durch die Gegend. Mühsahm setzte er Schritt vor Schritt, mehr als nur einmal drohte er nach links oder rechts zu stürzen, hätte er sich nicht an dem Holz des Wagens abstützen können, welcher langsam neben ihm her ruckelte.
Nur verschwommen nahmen seine Augen den Untergrund wahr, und immer wieder stolperte er über Wurzeln und Steine die sich als ob sie einen eigenen Willen besitzen würden, scheinbar freudig auf seine Beine stürtzten...
So zumindest kam es ihm vor.
Seine Gedanken waren träge und umnebelt, die letzten Tage in einem dichten Nebel aus Schmerz, Adrenalin, Hunger, Durst und Müdigkeit versteckt.
Eine weitere Wurzel entging dem großen Reisenden, der mehr durch Glückals durch Verstand seinen Arm noch in der Außenwand des Karrens einhängen konnte ehe er zu Boden stürtzte.
Nunmehr ließ er sich mehr schleifen als dass er wirklich ging, die Schmerzen in seinem Rücken waren das Einzige, was ihn noch bei Bewusstsein hielt.
Bei dem Ruckeln des Wagens stieß sein Arm immer mal wieder an einen der zahlreichen Pfeilschäfte die aus dem Holz des Wagens ragten, und die Schnitte in seinem Oberschenkel, an der Stirn und im Rücken brannten heftiger wie eh und je.
Blut lief in dünnen, dickflüssigen Rinnsalen an seinem Körper hinunter und tropfte zu Boden.
Etwas der roten Flüssigkeit lief in seine Augen, ein wenig durchnetzte seine zerfetzten Klamotten.
Nur das Blut, das von seinem zerborstenen Schwert tropfte war nicht sein eigenes.
Die Muskeln in seinem linken Arm begannen langsam zu brennen während er sich mehr aus reiner Sturköpfigkeit denn allen anderen weiter am Wagen festhielt und in die Richtung des verschwommenen Schemens geschleift wurde, den er für eine Stadt hielt.
Mit dem festen Willen immer nur noch ein Stückchen näher zu kommen, nur noch ein Stückchen näher klammerte der Hüne sich an sein Bewusstsein.
Doch irgendwann schwand auch die letzte Kraft aus seinen aufgeschürften Fingern und er sank in den Staub.
Waren das Stimmen? Ging er zu seinen Ahnen?
Er wusste es nicht, während er zu der grellen Sonne aufblickte in dessen Licht sich ein schwarzer Schatten schob.
Wie lange lag er schon da? Augenblicke, Stunden, Tage?
Er wusste es nicht.
Dumpf und verzerrt drangen Töne an sein Ohr, die sein ausgedörrter Kopf in keinen sinnvollen Zusammenhang mehr bringen konnte.
Schließlich umfing ihn schwärze und Silmacil fiehl in eine warme Bewusstlosigkeit.
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kurz vor Setarrif
Ja zu erzählen gab es viel und Angelina wusste gar nicht so recht wo sie beginnen sollte. Vier Monate ließen sich nicht einfach so in ein paar Sätze packen. Sie waren auf dem Weg zurück nach Setarrif. Jil saß auf Angelinas Schultern und es schien ihr besser zu gefallen als auf Cerons Pferd.
„Wenn du schon so fragst... Ist es Amato?“ Ceron nickte und schmunzelte dabei. Er erzählte ihr die Geschichte wie Amato in den Innenhof des Kastells gelangt war. „Zufälle gibt’s...“ Angelina hätte nicht gedacht das der Stallbursche Amato so leicht herausgeben würde. In diesem Fall war es ja gut gewesen, denn so brauchte sich Angelina kein neues Pferd kaufen. „Sag mal aber meine Robe hat sie nicht zufällig auch geklaut und dabei gehabt? Wie hieß diese Frau noch mal? Yinnesell? Warte mal die kenne ich doch. Das ist doch die in Al Shedim das Kind bekam von diesem Abtrünnigen und du sagst sie hätte kein Kind bei sich gehabt? Seltsam.“ Die Priesterin wollte sich gerade darüber aufregen was diese Frau für eine Rabenmutter sein musste, dabei hatte sie sich die letzten Monate eben so wenig um Jil kümmern können. Deshalb sagte sie dazu nichts weiter.
„Ich habe noch keine richtige Unterkunft in Setarrif. Ich war zwar schon mal kurz im Haus der Magier, aber muss erst einmal mit dem dem Obersten Magier dort oder mit dem heiligen Rat sprechen ehe ich da einziehen darf. Vorerst müssten wir mit einem Gasthaus vorlieb nehmen. Aber es ist sauber und ordentlich dort.“
Angelina drehte sich einmal nach hinten um. Dort gingen Melaine und Gwydion. „Was ist mit den beiden wollen sie auch nach Setarrif? Ist ihre Lehre denn schon abgeschlossen?“ Bei Melaine war sie sich ziemlich sicher das sie sich zumindest den Tempel ansehen wollte. Angelina hatte ihn gestern abend kurz erwähnt.
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Dennik öffnete seine Augen und kniff sie hastig wieder zu, denn strahlendes Sonnenlicht überflutete ihn mehr oder weniger. Brummend schützte er sein Gesicht mit einer Hand, stützte sich mit der anderen am erdigen Boden ab, um aufstehen zu können und wagte es erneut seine Augen zu öffnen. Diesmal klappte es, die Sonne blendete ihn kaum noch und langsam gewöhnten sich seine Augen an die ungewohnt helle Umgebung beim Aufwachen. Das Sammelzimmer in der Taverne war immer noch ziemlich dämmrig gewesen, beim Aufstehen, doch hier, auf der Lichtung auf welcher sie sich gestern letzten Endes schlafen gelegt hatten, gab es kein entrinnen vor der Sonne. Außer die Flucht in den Wald, welcher sich auf allen Seiten der Lichtung tummelte und wucherte.
Einen Moment, schlaftrunken starrte er in den Dschungel um sich herum, wusste er nicht, was er hier machte, oder wo genau er war, doch dann rumpelten die Erinnerungen an ihre Flucht, wie eine Steinlawine in sein Gedächtnis, doch leider fiel ihm auch ein, dass er immer noch nicht wusste, wo sie waren...
Traurig setzte er sich auf den morschen Baumstamm, auf welchen sie gestern schon gesessen hatten und seufzte.
"Wir sollten es irgendwie schaffen, dass wir in Setarrif nicht mehr gesucht werden, unsre Strafe irgendwie aufheben lassen und dann auch nicht mehr dort klauen. Nie wieder dort hin zu gehen... das wäre einfach zu schade, all unsre Freunde sind dort, all die die wir gern haben und mit denen wir was zu tun haben wollen.... habt ihr eine Idee, wie wir das schaffen könnten?", fragte er seine ebenso müden Kameraden, welche sich wieder neben ihn gesetzt hatten.
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Rekhyt hatte schlecht, oder genauer gesagt, eigentlich so gut wie gar nicht geschlafen. Ständig irgendwelche Geräusche, die er nicht gewohnt, Bewegungen und wenn sie nur von Schatten stammten und dann die Helligkeit des Tageslichts. Außerdem schliefen sie nur am Boden und nicht auf etwas, was man mit einem Bett auch nur vergleichen könnte. An dieses Leben würde sich der Dieb wirklich noch gewöhnen müssen!
"Wir sollten es irgendwie schaffen, dass wir in Setarrif nicht mehr gesucht werden, unsre Strafe irgendwie aufheben lassen und dann auch nicht mehr dort klauen. Nie wieder dort hin zu gehen... das wäre einfach zu schade, all unsre Freunde sind dort, all die die wir gern haben und mit denen wir was zu tun haben wollen.... habt ihr eine Idee, wie wir das schaffen könnten?"
Der Vorschlag von Dennik war gut und sehr wünschenswert, doch wie würde es ihnen gelingen ihn durchzusetzen? Die eine Möglichkeit war es Zeit vergehen zu lassen und zu hoffen, dass sich dann niemand mehr an sie erinnern könnte, eine andere sich zu stellen und zu versuchen die Freiheit auszuhandeln. Letzteres schien dem Schweigsamen aber viel zu riskant und würde kaum gut enden, ersteres hingegen beanspruchte Zeit und war ungewiss wie gut es funktionieren würde.
Etwas Anderes fiel ihm aber nicht ein.
"Wir können uns stellen. Oder Bestechung. Aber ich halte beide Vorschläge nicht für gut."
Er warf seine Gedanken in die Runde, doch hoffte er das noch bessere kommen würden, denn diese umzusetzen würde schwer wenn nicht sogar vielleicht unmöglich werden.
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