-
Die Gespaltene Jungfrau #1
Die Gespaltene Jungfrau ist eine Taverne im Süden Stewarks. Sie liegt am Rande des Orkwaldes, dort, wo sich die alte Handelsstraße gabelt, die Stewark seit jeher mit Setarrif im Osten und Tooshoo im Süden Argaans, der größten der Südlichen Inseln, verbindet. Vom oberen Stockwerk der Taverne aus und auch durch die zahlreichen Lücken im morschen Bretterzaun hat der Besucher der Gespaltenen Jungfrau nicht nur einen guten Ausblick auf den finsteren Wald, sondern auch auf das tosende Meer, das nicht weit entfernt von der Taverne gegen das westliche Ufer Argaans brandet.
Murdra ist die Wirtin der Taverne "Zur gespaltenen Jungfrau" Sie kümmert sich um die Gäste, hat manchmal auch einen Tipp oder eine Aufgabe für den ein oder anderen. Natürlich tut sie das nicht umsonst. Sie denkt dabei immer an ihren Vorteil.
Reisender sei gewarnt, wer einen Streit in der Taverne anfängt oder seine Zeche nicht begleichen kann, der wird ihr Nudelholz, ihr Hackbeil oder ihre Faust zu spüren.
Allerdings erzählt man sich das Murdra ab und an Geschäfte mit Banditen macht. Ihren Rum quankelte sie angeblich auch schon mal den Piraten ab.
Also seid vorsichtig welchen Ton ihr Murdra gegenüber anschlagt, je nach Laune wirft setzt sie euch gleich wieder vor die Tür oder knöpft euch überhöhte Preise ab.
Hier bitte nur posten wenn man sich in der Taverne oder an der Wegkreuzung befindet.
Geändert von Murdra (14.01.2011 um 10:31 Uhr)
-
Die gespaltene Jungfrau #1
In den letzten Tagen hatte sich viel verändert. Die Region, welche Alejandro erst vor einiger Zeit für sich entdeckt hatte, und sich mehr und mehr das Gefühl von Heimat erarbeitete, lag inzwischen auch schon wieder in der Vergangenheit.
Viele Tage sind vergangen, seitdem er sich in der Küstenregion einem älteren Seemann angeschlossen hatte. Dieser sprach davon, dass er Myrtana für einige Zeit, möglicherweise sogar für immer, verlassen wollte und sich seine neue Heimat auf den südlichen Inseln suchen wollte. Auf Argaan, einer der größeren Inseln, suchte dieser Mann nun sein Glück, denn auf dem Festland war er gescheitert, wie er selbst nur formulierte.
Genauere Informationen gab er nicht heraus, doch das verlangte Alejandro auch nicht. Selbst ohne weitere Details, und er verschwieg bestimmt noch was, konnte er die Beweggründe den Alten nachvollziehen.
Selbst würde er es zwar nicht so sagen, doch bisher konnte er sich auf dem Festland ebenfalls noch nichts erarbeiten. Er hatte keine Heimat, keine Existenz, kein Einkommen, keine Freunde, das war doch wahrlich ein Leben, wie es nun wirklich niemandem gefiel.
Trotz dieser scheinbaren Gemeinsamkeiten war das Paar, bestehend aus dem alten Mann, welcher nur einen ruhigen Lebensabend auf Argaan führen wollte, und seinem jungen Begleiter, welcher nun hier seine Zukunft sah, doch ziemlich unterschiedlich.
Die offensichtlichsten Unterschiede waren die unterschiedlichen Absichten, allerdings, gab es einfach noch viele andere Kleinigkeiten, welche aber sich bisher nicht so stark bemerkbar gemacht hatten.
Das kleine und sowieso kaum noch seetüchtige Boot hatten sie am Strand zurück gelassen und lediglich ihre wichtigsten Besitztümer bei sich. In Alejandros Fall war das hauptsächlich etwas Nahrung.
Sie näherten sich einem Gasthaus im Westen der Insel, welches man von der Küste sogar schon sehen konnte. Es war die Taverne 'Die gespaltene Jungfrau'.
Allerdings war es mehr als nur ein einzelnes Haus irgendwo in der Wildnis. Die Besonderheiten fingen schon damit an, dass sich um das gesamte Grundstück der Herberge ein kleiner Graben befand, nicht besonders tief, aber wohl doch seinen Zweck erfüllend. Direkt an diesen Graben schloss sich dann im Inneren eine kleine Palisade an. Eigentlich war es kaum mehr als ein Zaun aus mehreren Brettern mit entsprechender Höhe, doch er erfüllte ebenfalls seinen Sinn.
Schon jetzt, noch wenige Meter davon entfernt, fiel diese besondere Gestaltung auf. Ob es hier in der Gegend möglicherweise verstärkte Probleme mit Banditen gab?
Als sie die kleine Bücke über den Graben überschritten, wobei sie von einer Art Türsteher zwar beobachtet, aber glücklicherweise nicht gehindert wurden, traten sie in den Innenhof der Taverne ein.
Zu ihrer rechten Seite stand ein großes Haus, Alejandro vernahm die Klänge von Kühen, auch ein paar Hühner pickten auf dem Boden nach Körnern, wahrscheinlich war dies ein Stall oder Ähnliches.
Direkt vor ihnen das große Haupthaus, wohl die Taverne an sich, worauf man bereits einige Stimmen hören konnte. Kurz wanderte Alejandro mit seinem Blick nach oben, sodass er erkannte, dass beide Gebäude noch über einen Hochgang verbunden waren, allerdings komplett überdacht, wahrlich ein Service.
Sie traten in die Taverne ein und suchten einen freien Tisch, fanden solch einen und steuerten diesen an. Während sie das taten, ließ Alejandro seinen Blick durch den Raum schweifen. Im ersten Augenblick schien das eine normales Gasthaus zu sein. Der bisher einzige nennenswerte Unterschied war die Frau hinter der Theke.
Diese blickte die Neuankömmlinge etwas unfreundlich, gar garstig an und verfolgte ihre Schritte genau. Gekleidet war jene in einfache Bürgerkleidung, welche jedoch wohl auch ihrem Mann passen würde, sofern sie einen hatte, was Alejandro direkt als unwahrscheinlich einstufte. Man könnte sagen, dass sie etwas beleibter und kräftig war, wenn man es nett ausdrücken wollte.
Erstmal wandte er seinen Blick nun jedoch von der Herrin des Hauses ab und setzte sich hin und blickte wieder seinen Begleiter an.
Ob dieser sich nun mehr öffnen würde und erzählen wollte, was er denn wirklich auf Argaan wollte? Alejandro hoffte es, wobei er dann bestimmt auch irgendeine höchst dramatische Geschichte von unerfüllter Liebe, Rache und großen Reichtümern erzählen müsste, welche ihn hierher führte.
Naja, notfalls würde er sich einfach irgendwas heldenhaft tragisches ausdenken...
-
"ORKS!", hörte man den Mann schreien, welcher gerade am Eingang des Gasthauses an der kleinen Bücke stand und nach Neuankömmlingen Ausschau hielt.
Alejandro horchte auf, wie auch so ziemlich alle anderen anwesenden Gäste. Davon, dass es auf Argaan natürlich auch Orks gab, wusste er zwar, allerdings waren sie hier, im Westen der Insel doch angeblich nicht so häufig. Jedenfalls vernahm man im Klang der Stimme schon eine gewisse Furcht.
Während der am Vortag angekommene junge Mann gerade nur regungslos im Innenhof der Taverne stand und für einen kurzen Augenblick in Gedanken versank, rannten einige der anderen Gäste zum Eingang des Hofes, blickten kurz gen Küste, erkannten wohl wahrhaftig eine kleine Gruppe Orks und bewegten sich dann schnell wieder in die Taverne und suchten Schutz.
Noch waren die Absichten der Ankömmlinge nicht bekannt, vielleicht wollten sie gar nicht in das Wirtshaus und würden dem Weg weiter folgen, aber alleine bei dem Wort 'Orks' schreckten die meisten Menschen schon auf.
Doch wen wunderte das schon, zeichnete die klassische Vorstellung in den Köpfen der meisten Menschen Orks doch als hässliche, große, stinkende, kräftige und Menschen fressende Ungeheuer.
Inzwischen entfernten sämtliche Menschen, welche nicht gerade dienstlich an der kleinen Brücke stehen mussten wieder und ließen die Wache alleine zurück.
In diesem Augenblick bewegte sich dann Alejandro zu eben jener, sodass er einen Blick erhaschen konnten.
"Tatsächlich, das sind Orks!", sprach er nur leise.
"Sie sehen aber nicht direkt feindselig aus, sie schwingen nicht ihre Waffen empor und rennen uns wutentbrannt entgegen, während aus der Ferne das monotone Geräusch von Kriegstrommeln ertönt.
Sie scheinen zumindest nicht feindlich und aggressiv gesinnt zu sein, vielleicht wollen sie nur ein leckeres Bier?"
Alejandro schaute den Türsteher etwas ratlos an und zuckte mit den Schultern.
"Das könnte sogar, so ähnlich, stimmen.
Gestern in dem Sturm ist ein Schiff auf das Riff gelaufen, du kannst es gerade sogar sehen!" Er zeigte hinauf auf das Meer, nicht weit von der Küste konnte man wirklich ein Wrack sehen.
"Möglicherweise suchen sie nun Vorräte, weil sie alte Sachen zurück gelassen haben, vielleicht suchen sie Arbeiter für eine Reparatur, was weiß ich, wie Orks denken."
Inzwischen hatten die Orks die Taverne erreicht und Alejandro hatte bereits einige Schritte rückwärts getätigt und beobachtete nun, wie einer, wahrscheinlich eine Art Häuptling, stolz und Respekt einflößend vor der Tavernenwache stand. Diese schaute die Orks kurz an und schritt dann direkt zur Seite. Wahrscheinlich bewegte ihn da einerseits die Hoffnung, dass sie wirklich nicht feindlich gesinnt waren und andererseits die bloße Angst.
Langsam zogen sie alle an den beiden Menschen vorbei und betraten das Gasthaus an sich.
Letzteres wollte nun auch Alejandro tun, er wollte nun unbedingt seinen Begleiter sprechen und ihm einen Vorschlag machen.
-
Morras! - Man roch ihre Angst. Manche drückten sich in ihre Stühle und hofften darauf sicher zu sein, andere gingen hinter Türen und hofften nicht behelligt zu werden und wieder andere versteckten sich hinter anderen die vielleicht einen Funken Schneid besaßen.
Ihr Blicke musterten die Orks, als hätten sie noch nie Orks der Nordlande oder einen khorinischen Schwarork gesehen. Als hätten sie noch nie die großen, kampferprobten Waffen der Orks gesehen, die dem einstigen orkischen Imperium gedient hatten. Doch was auffiel war, dass sie Orks trotzdem schon gesehen haben mussten. Es ar nicht so, als ob sie Orks nur aus Märchen kennen würden.
"Ulu!", brummte Tat und brach die Stille. Der Orkhund schnüffelte zunächst an einem schmalen Morra, bevor er an dessen Hosenbein zerrte und die Hose scheinbar haben wollte. Kleffend kehrte der Orkhund zu seinem Herrn zurück, bevor der Schwarzork mit der wilden Mähne und Kriegszöpfen in die Runde der Morras blickte. Wer war hier Anführer?
Hinter ihnen erlangen Schritte und schon standen da ein paar Morras in Rüstungen und Klingen. Doch es schien als hätten sie die Orks gehörig unterschätzt. Es schien, als hätten sie niemals solche Orks erwartete die mit einem gewissen Stolz und Abschreckung aufgrund ihrer Waffen, Rüstungen und Körperbauten, wirkten und vor allem blickten.
Tat blickte zu den Kriegern und griff nach hinten um eine seiner Äxte schon zu greifen.
"Rauter! Du Idiot! Lass die Waffen stecken!", sprach ein Morraweib mit zittriger Stimme, dass hinter der Theke stand. Die Morras steckten die Waffen weg und auch Tat löste seine Pranke von seiner Axt.
"Gorbag! Frag das dicke Morraweib was das für ein Land ist und sag ihr, dass ihre Angst verrät dass sie schon Orks gesehen haben. Sie sollen sagen wo man Orks findet. - Und frag das Morraweib, wo sie ihre Vorratskammer hat. Wir werden tauschen, wenn da Nahrung für Orks ist.", meinte Tat'ank'Ka auf orkisch zu seinen Waffenbruder, der dann in der Morrazunge sprach.
-
Die Stimmung war angespannt. Niemand fühlte sich im Augenblick wirklich wohl, wahrscheinlich wollten selbst die Orks die Taverne möglichst bald wieder verlassen, obgleich sie hier eindeutig ihre zahlenmäßige Unterlegenheit durch ihre Kampfkünste ausgleichen konnten. Sollte die Situation hier eskalieren und es zu einem Kampf kommen, sähe es für die hier anwesenden Menschen gewiss nicht gut aus.
Von seinem Tisch aus beobachtete Alejandro, wie ein Ork einige Worte mit Mudra wechselte, der Rest stand fast direkt hinter dem Anführer und beobachteten die Menschen oder wechselten untereinander ein paar Worte, gewiss irgendwelche abfälligen Bemerkungen über die anderen Gäste der Taverne.
Obgleich es doch irgendwie interessant war, schaute Alejandro wieder sein Gegenüber, seinen Begleiter, den alten Mann aus der Küstenregion aus Myrtana, an und schilderte diesem seine Gedanken.
"Kurz vor der Küste stieß deren Schiff auf ein Riff, dort gibt es bestimmt noch etwas für uns zu holen. Wir sollten versuchen es zu erreichen und alles mitnehmen, was wir noch nutzen könnten. Wer weiß, was wir dort noch finden."
Er schaute in ein nicht komplett überzeugtes Gesicht, welches immer mal wieder seinem Blick auswich und die Orks anschaute.
"Es wird sich lohnen, angefangen über orkische Waffen, vielleicht Rüstungen und Nahrung könnte dort alles sein.
Ich denke, wir sollten die Szene hier noch einen Moment beobachten. Wenn sie weiter ziehen oder zumindest nicht zurück zum Schiff gehen, heißt das, dass sie dort nichts vermissen."
Hektisch blickte Alejandro hinaus, die Nacht nahte bereits wieder.
"Hol ein paar Taschen oder Beutel, dazu Fackeln, wir setzen das heute noch in die Tat um.
Ich schau mir derweil an, wie es hier weiter geht."
Sein Begleiter erhob sich derweil langsam und vorsichtig, sodass er möglichst nicht verdächtig oder auffällig wirkte. Seine Schritte lenkten ihn zuerst in sein Zimmer, dort hatte er wohl noch ein wenig Kram liegen.
Der Anführer der Orks diskutierte derweil noch immer mit der Wirtin, immerhin ging es bisher friedlich und ohne Blutvergießen, möge es auch so bleiben. Es wäre äußerst unpraktisch, wenn die erste Anlaufstelle, welche Alejandro auf Argaan aufsuchte, bereits nach der ersten Nacht vernichtet würde.
-
Gorbag kam zurück.
"Argaan. Sagt euch das was?", fragte der Shak. Manche grübelten, andere nickten.
"Dann sind wir südlich von Khorinis.", meinte Tat.
"Und die Orks hier dienten nie dem Imperium. Ich habe noch nie einen Südlande-Ork gesehen. Aber Geschichten gehört.", meinte Rasaff.
"Was für Geschichten, Orak?", fragte der Urkma.
"Sie waren mal wie du, Schwarzork. Wie deine khorinischen Brüder. Kamen vielleicht sogar von dort. Aber sie sollen auch schwach geworden sein und die Morras sie hier versklavt haben. Sie sollen vergessen haben, wie ihre Väter zu leben, zu jagen und zu kämpfen. Sie gehen gebückt wie gefangene Gobbos. Aber das hab ich nur gehört. Was sagte das Morraweib über Orks hier, Gorbag?", fragte der Veteran in der orkischsprachigen Diskussionsrunde.
"Sil..Silll...Silbaseeburg. Da sollen wir hin und müssen nach Norden vorbei an der Felsenstadt und durch einen dichten Wald zum großen See. Dort kriegen wir Antworten. Meinte sie. Wieso sollten, aber Sklaven eine Burg besitzen?", fragte Gorbag und hatte wohl recht, doch wer wusste ob dieses fette Morraweib sie nicht direkt in die Arme einer Armee schickte?
"Gute Frage. So bleibt uns wohl nur dort zu sehen und es zu erfahren. Was ist mit Nahrung?", fragte der Schwarzork.
"Sie sagt sie hat nichts. Ich glaubs aber nicht. Riecht ihr das? Ein Eintopf mit Fleischstücken.", urteilte der Knochenjäger und schnell war der große Kochtopf gesichtet.
"Felle zusammen werfen.", wies Tat an und die Anweisung war klar. Er selbst löste das Büffelfell von seinen Schultern, andere reichten ihm zwei Wolfsfelle und ein Hirschfell. Nicht die beste Ware und nach Ork stinkend.
"Rasaff und Gargo - nehmt den großen Kochtopf mit. Gorbag gib dem Weib die Felle und sag ihr, dass wir diesen Ort und die Morras verschonen werden. Soll froh sein überhaupt was zu kriegen!", meinte Tat'ank'Ka, sah sich um und ging als erster Ork wieder raus, um die Tür auf zu halten. Dabei schubste er die Morrakrieger zur Seite und machte klar, dass eine falsche Bewegung das Leben aller hier kosten würde.
-
"Siehst du? So weit ist es schon gekommen." schimpfte die Wirtin vor sich hin als die Orks endlich ihre Taverne verlassen hatten.
"Muss ich mir denn eine ganze Armee vor die Tür stellen?
Ich hasse diese stinkenden Orks.
Der Eintopf soll ihnen im Halse stecken bleiben."
Murdra schaute aus dem Fenster und beobachtete sie bis sie im angrenzenden Wald verschwunden waren. Erst dann traute sie sich hinter ihrem Tresen hervor. Danach begutachtete sie die Felle. Es schien ganz gute Ware zu sein.
"Rauter! Und weil DU eben fast alles vermasselt hättest nimmst du jetzt zwei von diesen Fellen und besorgst mir einen neuen Kochtopf. Ist mir schnuppe wo du den her bekommst, aber hurtig."
"Zwei Felle sind eindeutig zu wenig.", protestierte Rauter.
"Du wagst es mit mir noch handeln zu wollen?" fragte die Wirtin und warf eine Flasche nach ihm. Danach packte er schnell die Felle und lief aus der Taverne.
Murdra nahm die restlichen Felle an sich. Sie versteckte sie in ihrem Kleiderschrank. Vielleicht ergäbe sich ja mal die Möglichkeit sie mit Gewinn zu verkaufen.
-
Das laute Gelächter der Gäste in der Taverne weckte Wertan und er stand ziemlich schnell auf. Der lange, erholsame Schlaf hatte ihm gut getan. Seit langer Zeit wieder auf einem gemütlichen Bett, so mochte er die Nächte.
Er öffnete seine Tür, fühlte den Goldbeutel vom Angebot des Vorabends in seiner Tasche und ging langsamen Schritte die Treppen herunter.
Sofort ging er zur Wirtin und war grade am Bezahlen, als Wertan noch einmal alles überdachte und dann zu Wort kam.
"Nun, am gestrigen Abend war Graan oben, ein Bandit. Er erzählte von dem Päckchen und dem Boten, und vom Tode des Boten", sagte Wertan.
"Hmpf - immer diese Banditen. Wieso sollte ich dir glauben? Vielleicht gehörst du ja zu denen"
"Würde ich sonst so offen mit dir reden? Gegen einen netten Lohn würde ich anbieten das Päckchen an seinen Ort zu bringen, jedenfalls wenn du mir ein wenig etwas von Tooshoo erzählst"
"Tooshoo? Da ist das Waldvolk, da ist ein Wald und ein riesiger Baum. Noch interessanteres gibt es nicht. Und wieso solltest du nicht zu denen gehören und das Päckchen klauen?"
"Nun, wäre ich einer von denen könnte ich einfach den Boten abfangen und ihn töten und berauben. Außerdem wäre es doch dumm als Bandit hier auf zu kreuzen, oder? Viele von den Jungs hier würden mich für ein Freibier umlegen."
"Nagut, ich glaube ich habe keine Wahl wenn die jeden Boten umlegen. Sollte das Paket nicht ankommen, dann bekomme ich das sowieso mit. Ist auch nichts wichtiges, geht dich aber nicht an. Und du wärst tot wenn dich jemand sieht, verstanden?"
"Klingt gut, was springt dabei für mich raus? Ein wenig Gold ist nie schlecht"
"Hier, nimm das hier als kleines Proviant und diese Karte von Argaan, wenn du wirklich neu hier bis. Ein wenig Gold bekommst du dann dort."
"Danke, dann bis irgendwann", sagte Wertan und drängelte sich durch die Gäste nach draußen. Den Brief hatte er nicht erwähnt, vielleicht konnte ihm das ja noch irgendwann helfen. Er schaute auf die Karte und stapfte los richtung Süden.
-
Ein Gasthaus also. Natürlich. Mit etwas anderem ließ sich in der Wildnis wohl auch kaum Geld verdienen, aber essen und schlafen musste jeder, so dass Wanderer oder Jäger, die hierher kamen, sicher oft einkehrten, um sich zu stärken oder Schutz vor dem Wetter zu suchen. Nun stand nur die Frage im Raum, ob Leyla und Thorwyn ebenfalls einen Blick hineinwerfen sollten oder ob das überflüssig war.
„Hm, Hunger … naja, im Moment eigentlich nicht“, erwiderte der Jäger und dachte an die letzte Mahlzeit zurück, die zwar im Wesentlichen aus salzigem Fisch bestanden hatte, aber immerhin sättigend gewesen war. „Und außerdem haben wir nicht mehr besonders viel Gold. Ich glaube, das geben wir am besten nur aus, wenn es sein muss, ansonsten können wir uns ja selbst was jagen. Große Städte gibt es hier anscheinend nicht, also lebt bestimmt genug Wild in der Gegend. Hm …“
Nachdenklich kratzte Thorwyn sich mit der freien Hand am Kinn und überlegte unter Leylas fragendem Blick ein wenig hin und her. Eine Sache gab es ja immer noch: Wohin gingen sie jetzt? Es kreuzten sich mehrere Wege vor der Palisade, die das Gasthaus umgab, welchem folgte man am besten? Unschlüssig schlenderte der Jäger wieder vor die Palisade und sah sich um. Nach Süden zu schien es hinunter zum Meer zu gehen. Davon hatten sie in letzter Zeit aber eigentlich genug gesehen und nach kurzer Zeit in einer Sackgasse zu enden, brachte auch niemanden weiter – immerhin waren sie hier auf einer Insel, auf der die Landschaft mitunter schnell zu Ende sein konnte. Im Osten war das Gelände hügelig, geradezu bergig. Dahinter konnte alles mögliche liegen, wobei natürlich auch hier die Gefahr bestand, irgendwann nicht mehr weiterzukommen – und das womöglich nach einem beschwerlichen Marsch durch unwegsames Gelände. Betrachtete man die Angelegenheit unter diesen Gesichtspunkten, schien der Weg nach Norden der angenehmste zu sein.
„Was hältst du von … Norden?“, fragte der Jäger Leyla und schenkte ihr einen etwas unschlüssigen Blick. „Auf den anderen Wegen geht‘s vielleicht bald nicht mehr weiter oder man muss durch die Berge. In der Richtung können wir einfach mal losgehen, irgendwas gibt es dort bestimmt. Dort müsste ja auch die Stadt sein, die wir vom Schiff aus gesehen haben.“
-
Endlich hatte Rauter den Kochtopf besorgt und Murdra konnte ihren bei den Gästen sehr beliebten Eintopf kochen. Die letzten Tage hatte es keinen gegeben nur Rührei und Speck und das kam den Gästen schon zu den Ohren heraus.
'Ah endlich Gäste!', dachte die Wirtin als sie Rauter mit zwei Fremden reden sah. 'was palavern die denn da so lange?'
"Rauter!!!", brüllte sie und er kam auch prompt angelaufen. "Was stimmt denn mit den beiden nicht?"
"Ich kenne sie nicht und da bin ich eben vorsichtig."
Murdra seufzte und wischte sich die Finger an der Schürze ab.
"Wenn du nur die rein lässt die du kennst, dann bin bald pleite. Also los... raus werfen können wir sie immer noch.", fügte sie noch hinzu.
Die beiden Fremden hatten nicht gewartet bis Rauter wieder zurück an seinem Posten war, sondern betraten in dem Moment die Gaststube.
"Seid gegrüßt. Ich hoffe Rauter war nicht zu unfreundlich. Der Kerl der sonst da steht, liegt mit ner Grippe im Bett. Sucht euch einen Tisch aus. Ich hoffe ihr seid hungrig, denn es gibt heute Wildschweintopf à la Murdra." Sie lachte laut. "Murdra das bin nämlich ich!" Sie grinste breit und spekulierte wo die beiden Kerle wohl her kamen. Gebürtige Argaaner waren sie bestimmt nicht.
-
Endlich... Azil hatte sich schon gefragt, wann der verdammte Fleischberg sich endlich aus dem Weg bewegen würde - und nach einem lauten Ruf aus der Taverne tat er das auch tatsächlich endlich, bevor Calintz es sich doch anders überlegte und den Kerl abstach. Auch wenn... der Attentäter seltsam friedfertig daherkam, im Moment. Auch wenn die schwarzen Augen dabei nichts an ihrer Kälte verloren hatte, schien wenigstens Azils Missgeschick ihn für kurze Zeit ein wenig entspannt zu haben. Was sonst, hätte er sich nicht erklären können - immerhin gab es für Calintz wahrscheinlich nichts mehr, als sein verdammter Sadismus. Und Azil war es überhaupt nicht angenehm, Ziel davon zu sein - egal. Jetzt konnten sie endlich in die verdammte Taverne gehen, er konnte seine verdammten Klamotten trocknen und ein verdammtes Essen essen, er war nämlich verdammt hungrig. Verdammt. Er schniefte, stapfte in die Taverne, und hinterließ glücklicherweise keine allzu dreckigen Fußstapfen - die Wirtin schien das immerhin zu kennen. Wärmer als draußen war es hier, und ein Feuer prasselte - der junge Mann enspannte sich etwas.
"Wildschweineintopf?", murmelte er, sah zu der... breiten Wirtin, lachte dann leise, grinste breit. "Das hört sich wirklich wunderbar an.", meinte er, rieb sich die Hände, und ließ sich an einen Tisch nahe des Feuers fallen, spürte beinahe, wie die Wärme durch seine Kleidung drang und auch seine nassen Haare anfingen zu trocknen - endlich. Es war nicht schön, die Kleidung die ganze Zeit am Körper kleben zu haben...
Als das Essen schließlich kam, grinste er noch breiter. "Und es riecht noch besser, als es sich angehört hat.", urteilte er, seufzte leise, und zog dann eine Augenbraue hoch, denn bevor er sich dem Essen widmete, wollte er einiges wissen. Immerhin... war er weder jemals hier gewesen, noch wusste es irgendetwas über diese Insel. "Ähm... Murdra, richtig? Wenn es Euch nichts ausmacht, könntet Ihr mir ein paar Fragen beantworten? Wie heißt diese Insel? Wer ist hier im Moment an der Macht, und habt Ihr vielleicht eine Karte, auf der ein wenig ersichtlich ist, wie man auf dieser Insel hier überhaupt reisen kann - beziehungsweise: Wo sind die größeren Städte?" Kurz schwieg er, wiegte dann den Kopf. "Ach ja... gibt es hier Orks? Oh, und... verzeiht die vielen Fragen - was hat es mit dem Namen 'Die gespaltene Jungfrau' auf sich?"
-
"Willst du auch nen Teller vom Eintopf?", fragte Murdra den weißhaarigen mit dem düsteren Blick. Der nickte, die Zähne bekam er nicht auseinander. Die Wirtin kannte diese Art von Gästen. Ihr war es egal ob sie redeten oder nicht. Hauptsache sie machen keinen Ärger und bezahlen ihre Zeche alles andere war ihr ziemlich schnuppe.
Die Teller waren randvoll und Murdra hatte beim Hinstellen etwas gekleckert. Schnell wischte sie es mit ihrer Schürze vom Tisch.
"Brot und Wasser gibts gratis dazu. Alles andere kostet... und was deine Tausend Fragen betrifft. Informationen kosten bei mir auch. 10 Gold für jede Auskunft...", sagte sie zu dem Schwarzhaarigen, der sich sofort über den Eintopf hermachte. Ihm schien es zu schmecken und das stimmte die Wirtin etwas freundlicher.
"Wir sind hier auf Argaan... alles andere kostet klar?!
Aber das sagte ich schon...
Wollt ihr sonst noch was anderes trinken?
Vielleicht einen guten Schnaps?"
-
Calintz war schweigsam... wie sonst auch immer - wenn er nicht gerade redete. Ha-ha. Azil schnaubte leicht, und verschlang dann einen Teil seines Essens, befriedigte erst einmal den größten Hunger, sah dann von seiner Mahlzeit auf und grinste leicht. "Oh, die Frau Wirtin ist also genauso Geschäftsmann - beziehungsweise Frau - wie jeder andere, hm? 10 Gold? Gibt's keinen Mengenrabatt?", fragte er, und schüttelte bedauernd den Kopf, als Murdra nicht besonders erfreut über die erneute Frage war. "Hach, ja, ist ja nicht so, als wären wir nicht alle reich...", murmelte er, kramte kurz in seinem Beutel - der, Beliar sei Dank, jedenfalls nicht ins Wasser gefallen war - und holte einen Beutel mit Gold heraus. "Aber für das ganze Gold möchte ich auch vernünftige Antworten bekommen, sonst klage ich auf Vertragsbruch.", meinte er, grinste leicht, und schaufelte sich mehr des Essens herein. Wie hatte er das vermisste - etwas vernünftiges in den Magen zu bekommen.
Noch während er wartete, das Murdra die geforderte Menge Gold eingesteckt hatte, sah er sich in dem Gasthaus - der Taverne, wie auch immer - ein wenig um. Immerhin war er hier zum ersten Mal - Informationsaufnahme war also wichtig und notwendig. Es waren nicht viele Gäste hier, anscheinend aber mindestens so viele, um den Laden am Leben zu erhalten, und oben in den Zimmern hielten sich vielleicht auch noch ein paar Menschen auf. Aber... wie auch immer. Seufzend erinnerte er sich an Varant, an die sandigen, heißen Wüsten. Würde er die überhaupt je einmal wiedersehen?
"Also, Murdra.", fragte Azil, gähnte leise. "Wie sieht's aus?"
Geändert von Azil Al-Fidai (13.01.2011 um 23:02 Uhr)
-
Der Wirtin gefiel es wenn die Münzen klimperten und noch besser wenn die Gäste im voraus bezahlten.
"Hach ja warum meine Taverne gespaltene Jungfrau heißt? Das ist eine längere Geschichte, soll ich sie euch erzählen?" Murdra wartete nicht auf eine Antwort, schaute sich kurz in der Taverne um ob es etwas zu tun gab und dann stützte sie sich mit ihren stämmigen Armen auf dem Tisch ab. "Das war so... mein Mann der Dussel hatten die Taverne ursprünglich "Zum Achermann" getauft. So ein blöder Name, nicht wahr? Damals hat der Faule Hund auch noch manchmal hinter dem Tresen gestanden und ich hab nen Spaziergang gemacht. Hinten im Bluttal, da hab ich einige Male wertvolles Zeug gefunden. An diesem Tag nicht, wollte schon wieder nach hause bis ich eine Statur fand. Sie war ziemlich klein, sah aus wie eine Frau und hatte einen gespaltenen Schädel. So einen Schädel wie ihn manchmal gern auch meinen Mann zugefügt hätte. Der arme hatte aber ein Holzbein und Krüppel schlägt man nicht." Murdra lachte und spuckte auf den Boden, danach wischte sie sich mit einem verschmierten Tuche den Schweiß von der Stirn und den Sabber vom Mund. Auf jeden Fall dachte ich das Gespaltene Jungfrau die Gäste anlocken würde und so überzeugte ich auch meinen Mann. Naja er hatte eh nichts zu sagen..."
Die Wirtin drehte sich um und wollte wieder ihrer Arbeit nachgehen, als der Schwarzhaarige sich beschwerte.
"Hey du hast mein ganzes Gold. Das war alles was ich dafür bekomme?"
Murdra prüfte noch einmal das Gewicht des kleinen Beutelchens. Die Geschichte der gespaltenen Jungfrau war tatsächlich etwas dürftig, auch wenn sie ihr gefiel. Sie brummte vor sich hin.
"Ich seh mal nach ob ich noch irgendwo ne Karte rumfliegen habe." meinte sie stapfte in Richtung Küche.
-
"Was für eine schwachsinnige Geschichte...", meldete sich Calintz, nachdem die Wirtin wieder hinter dem Tresen verschwunden war, schlecht gelaunt zu Wort. Auch Azil schien mit den von der unansehnlichen Frau gegebenen Antworten alles andere als zufrieden zu sein. Kein Wunder...immerhin hatte der Schwarzhaarige ihr dafür ein kleines Vermögen bezahlt. Andererseits hatte er nun vielleicht begriffen, dass man für Informationen niemals im vorhinein bezahlen durfte.
"Du sagst es...und das fette Weib hat nicht einmal die Hälfte meiner Fragen beantwortet.", antwortete Azil seinem Lehrmeister und stocherte verärgerte in der Mahlzeit herum, die vor ihm auf dem Tisch stand.
"Was erwartest du, Kleiner. Ich würde dir auch keine Antworten liefern, wenn du mir schon bereitwillig vorher die Bezahlung in die Hand drückst."
"Ich habe nur..."
"Halt die Klappe und lern' aus deinen Fehlern. Vielleicht hast du ja Glück und wir bekommen tatsächlich eine Karte."
Azil tat ausnahmsweise einmal wie ihm geheißen wurde und starrte schmollend an dem Weißhaarigen vorbei. Da sich die Wirtin wohl noch eine Weile nicht mehr blicken lassen würde, tat Cal es dem jungen Schmied ihm gegenüber gleich und widmete seine Aufmerksamkeit den übrigen Gästen. Es waren allesamt einfache Leute. Fischer, Bauern, Knechte vielleicht...aber keine wirklich interessanten Gestalten. Da war es kein Wunder, dass man den beiden ehemaligen Söldnern immer wieder misstrauische Blicke zuwarf. Sie wussten nicht so recht, was sie von den Fremden halten sollten. Es war überall das Gleiche: Misstrauen und Argwohn regierten diese Welt.
Gerade wollte sich der Weißhaarige wieder seinem mittelmäßigen Wildschweinbraten widmen, als ihm plötzlich ein großer Haufen Felle ins Auge stach. Sie waren zur Hälfte hinter dem Tresen verborgen, doch von seiner Position aus, konnte der Hashashin sie einigermaßen gut sehen. Es war ein bunt gemischter Haufen, doch alle Felle schienen von guter Qualität zu sein. Calintz sah sich noch einmal um. Es waren keine Jäger hier. Woher hatte das Weib also diese Felle? Lange konnten sie da noch nicht herumliegen. Schließlich waren sie für die Arbeit in der Gaststätte an diesem Platz ausgesprochen hinderlich. Er beschloss die Wirtin danach zu fragen, welche just in diesem Moment in den Schankraum zurückkehrte. In ihren schmutzigen Fingern hielt sie ein zusammengefaltetes Stück Pergament, doch bevor sie den Fund seinem schwarzhaarigen Begleiter überreichen konnte, wandte sich der Veteran an sie und sagte blauäugig:
"Ihr müsst gute Jäger hier in der Gegen haben. Die Felle dort hinten scheinen mir von ausgezeichneter Qualität zu sein."
-
"Hier habt ihr eine Karte." sagte Murdra leicht genervt. Sie schaute zu den Fellen rüber. Diese verdammten Orks... Wertvoll waren die nun wirklich nicht, aber vielleicht hatte der Weißhaarige keine Ahnung und wollte sie kaufen.
"Die Felle haben mir die besten Jäger aus der Gegend gebracht. Manchmal habn die eben kene Münzen, verstehste. Kannst sie gern abkaufen. Die stinken auch ganz bestimmt nicht nach Ork... ", log sie ihn an weil sie sich ein gutes Geschäft erhoffte.
Wegen dieser letzten Bemerkung würde sie sich am liebsten in den Hintern beißen, wenn sie dran käme. Denn gerade da wurde der Kerl hellhörig.
"Orks?"
"Ja die stinkenden Kerle haben mir doch vor ein paar Tagen meinen Kochtopf samt Eintopf mitgenommen. Solln sie doch bleiben in ihrem Orkwald und mich in meiner Taverne in Ruhe lassen."
-
Calintz sah das dicke Weib skeptisch an.
"Orks waren also hier bei Euch?"
"Hab ich doch gerade gesagt."
"Die waren nicht von hier, oder?"
"Was weiß ich? Wollt Ihr jetzt die Felle kaufen oder nicht...hab noch Gäste, die auf mich warten."
"Ich habe keinen Bedarf an Fellen. Widmet Euch ruhig wieder eurer "geschätzten" Kundschaft."
Der Weißhaarige sah der Wirtin herausfordernd in die Augen, doch sie ging nicht auf die streitsuchenden Worte des Hashashin ein, sondern stierte ihn nur kurz böse an und stapfte anschließend davon. Cal sah Murdra noch kurz hinterher, dann wandte er sich mit ernster Miene an seinen Begleiter:
"Die Orks sind also auch hier gelandet."
"Wie kommst du darauf?"
"Nun ja. Sie haben einen Topf geklaut...und mit diesen Fellen bezahlt."
"Aber sie sagte, dass die Jäger...ach so...ich verstehe."
"Offenbar sind sie nicht im Norden geblieben. Zumindest nicht alle. Frage mich, ob Brosh sie hierher geführt hat..."
"Was, wenn ja?"
"Ich habe keine Ahnung. Was würdest du tun?"
-
"Was ich machen würde? Wenn ich dieses Monstrum Brosh dar Urkma wäre und auf dieser kleinen, von Gott und der Welt anscheinend ziemlich verlassenen Insel gelandet wäre, auf der ein paar Menschen leben? So, wie du es gesagt hast, setzt es voraus, dass er es absichtlich gemacht hat. Dass er die Überlebenden des Krieges und des Nordwinters hierher geführt hat, um etwas zu erledigen.", meinte Azil, kratzte sich am Kinn und ließ das Getränk in seinem Krug hin- und herschwappen.
"Eigentlich bezweifle ich, das er etwas... einfach so ungeplant macht.", führte er weiter aus, seufzte leise, sah Calintz Beifall heischend an, aber der sah ihn nur ausdruckslos an. Anscheinend war dies hier nicht nur ein Spiel, sondern ein ernsthaftes Nachdenken über die Situation.
"Also, Murdras Aussage nach gibt es im Moment eigentlich nur ein mögliches Szenario. Festlandorks sind hierher gekommen. Und es gibt hier südländische Orks, irgendwie, die hier auf Argaan beheimatet sind. Die scheinen aber weniger aggressiv als normale zu sein, weil Murdra nichts davon erwähnt hat, das hier Angst und Schrecken oder so etwas von den Orks her ausgeht." Kurz schwieg er. Dann sprach er weiter, formulierte seine Gedanken. "Die Orks haben das Festland verloren. Hier aber gibt es Ressourcen, die man formen könnte, einen 'Orkwald' - eine Basis - und Kriegsgegner. Eigentlich ein idealer Ort, um die Rasse 'Ork' wieder aufleben zu lassen."
Seufzend fuhr sich der junge Mann durch das rabenschwarze Haar, sah Calintz an. "Was hältst du von diesem Szenario?"
-
"Hm."
Nachdenklich fuhr sich der kleinwüchsige Attentäter über den Nacken.
"Klingt plausibel. Aber wenn nicht Brosh die Orks hierher geführt hat, dann muss entweder eine andere Grünhaut das Ruder in die Hand genommen haben oder wir haben es hier nur mit einer kleinen Splittergruppe zu tun. Möglich wäre beides."
"Und was glaubst du?"
"Ich glaube, dass Brosh im Norden geblieben ist und dort mit eiserner Hand seinen Kreuzzug durchführt. Ein paar der myrtanischen Orks haben dabei von ihm genug bekommen...oder sind auf seiner Todesliste gelandet...und haben die Flucht angetreten. Eine Flucht in unbekannte Gewässer..."
"Hm."
"Du hast da irgendwas von Orkwald vorher gesagt, oder?"
"Ja?"
"Zeig' mal die Karte her..."
Eilig entfaltete der Schwarzhaarige das Stück Pergament und die ehemaligen Söldner beugten sich neugierig darüber. Es war keine besonders detailreiche oder schöne Karte, doch für ihre Zwecke sollte es genügen.
"Hier sind wir.", sagte das Schwarzauge bestimmend und deutete mit dem Finger auf eine Stelle an der Westküste der Insel, die mit der Zeichnung eines Gebäudes versehen war. Darunter stand "Die gespaltene Jungfrau" in krakeligen Lettern.
"Und hier ist der Orkwald.", fügte Azil hinzu.
"Das ist ein gutes Stück von hier entfernt...was meinst du? Sollen wir nachsehen, was unsere alten Herren so treiben oder besuchen wir eine der Städte?"
-
Azil beäugte, nachdem Calintz ihn gefragt hatte, noch einmal neugierig die Karte. Argaan. Eine Insel. Ein paar Städte und Dörfer. Viel Wald, ein Gebirge. Eine ganze neue Welt. Ein leichtes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des jungen Mannes aus, er lehnte sich zurück, strich sich die Haare aus dem Gesicht und sah zur Decke.
"Und das, sobald man denkt, man hätte die alten Ketten hinter sich gelassen, und hätte eine Maske abgelegt - aber die verfolgen einen auch noch. Kommen sogar auf eine so verdammte Insel. Aber das wäre vielleicht eine gute Goldquelle.", kicherte Azil leise.
"Du weißt gar nicht, wie Recht du damit hast.", brummte Calintz leise, und Azil grinste nur noch breiter.
"Ich bin dafür, dass wir 'mal sehen, wie es unseren alten Herren denn so geht, oder? Vielleicht treffe ich ja auch da die 'kleine' Proya wieder. Sie schuldet mir noch etwas."
"Schulden?"
"Richtig, Schulden. Oh... es ist nichts von großer Bedeutung, es hat eher symbolischen Wert."
"...Hm. Dann heißt das ziel jetzt also Orkwald."
"Denke ich auch.", meinte Azil, gähnte. "Aber vorher... vorher möchte ich schlafen. Wir sehen uns morgen früh..." Mit diesen Worten verabschiedete sich der junge Mann, schnappte sich seinen Beutel, winkte, und spazierte nach oben. Es war ein anstrengender - und nasser - Tag geworden und gewesen. Gähnend schloss er die Tür zu dem Zimmer, das er eigentlich sündhaft teuer bezahlt hatte, und ließ sich auf das wirklich angenehm weiche Bett fallen.
Schlaf... Eine Erlösung. Für Seele. Und Geist. Langsam strömte Ruhe durch den jungen Mann, ließen ihn das erste Mal seit Tagen wirklich entspannen. Es war nicht leise, nein, manche Gäste waren lauter als sie eigentlich um diese Tageszeit sein sollten, und im Nebenzimmer schienen zwei Geliebte eine durchaus heiße Nacht zu verbringen, aber selbst das konnte ihn in diesem Moment seiner persönlichen Stille nicht mehr stören. Gute Nacht, Azil, murmelte er sich selbst leise zu.
Geändert von Azil Al-Fidai (15.01.2011 um 01:29 Uhr)
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|