Portal-Zone Gothic-Zone Gothic II-Zone Gothic 3-Zone Gothic 4-Zone Modifikationen-Zone Download-Zone Foren-Zone RPG-Zone Almanach-Zone Spirit of Gothic

 

Seite 1 von 2 12 Letzte »
Ergebnis 1 bis 20 von 22
  1. Beiträge anzeigen #1 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post [Story]Segen und Fluch

    Es gibt eine Krankheit, die sich Arthrose nennt. Es handelt sich dabei um einen erheblichen Gelenkverschleiß, der das altersübliche Maß deutlich übersteigt. Zu den Ursachen dieser Krankheit gehören unter anderen ein Übermaß an körperlichen Belastungen oder Fehlstellungen der Gelenke. Doch auch traumatisch bedingte Ursachen können der Grund für diese Krankheit sein.
    Die Krankheit verläuft, wenn der oder die Betroffene Glück hat, völlig ohne Symptome. Doch bei den meisten Fällen sind Anlauf.- und Belastungsabhängiger Schmerz die Regel. Der Grad des Schmerzes variiert dabei je nach Fortschreiten der Krankheit.
    Fenia ist Händlerin im Hafenviertel der Stadt Khorinis und leidet seit Jahren unter dieser bis dahin kaum erforschten Krankheit. Während Arthrose bis dahin fast ausschließlich in den Knien auftrat, machte sich die Krankheit bei ihr in den Händen bemerkbar. An manchen Tagen waren die Schmerzen für sie unerträglich und bei jeder Berührung explodierten diese Schmerzen ins Unvorstellbare. Ihr Ehemann Halvor war über diesen zeitweiligen Zustand zunehmend besorgt und so versuchte er ihr zu helfen, wo er nur konnte.
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:23 Uhr) Grund: Update

  2. Beiträge anzeigen #2 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Diese Geschichte beginnt an einem Abend, an dem sich das Krankheitsbild sehr gut zeigt. Wieder einmal waren die Schmerzen so stark, dass Fenia sich an den Kamin ihrer alten Holzhütte im Hafenviertel gesetzt hatte und dort mehrere Stunden völlig regungslos verharrte. Sie schloss dabei die Augen und lauschte dem Knacken und dem Knistern des Feuers, um die Schmerzen besser ignorieren zu können. Es half in den meisten Fällen, die Schmerzen ein wenig zu lindern. Doch am heutigen Abend sollte es ihr einfach nicht gelingen. Obwohl sie ihre Handgelenke absolut regungslos auf den Sessellehnen liegen lies und sich zu entspannen versuchte, brachten sie die Schmerzen beinahe um den Verstand. Schwer atmend hoffte sie inständig darauf, dass sie endlich etwas abmildern würden. Diese Hoffnung blieb ihr verwehrt. Auch als ihr Ehemann Halvor von dem Fischstand, den er selbst im Hafenviertel aufgebaut hatte, von der Arbeit wiederkam, war sie nicht in der Lage, ihn zu begrüßen. Wortlos betrat er die heruntergekommene Hütte und hing seinen grauen Mantel an den Hacken neben der Tür. Er wusste, dass es wieder einer dieser Tage war, an dem die Schmerzen schlimmer waren und hatte deswegen extra eine Stunde früher Schluss gemacht. Er trat an den alten Holztisch und den beiden Stühlen in der Mitte des großen Raumes vorbei, ließ die beiden Betten auf der rechten Seite des Raumes hinter sich und näherte sich dem Sessel. Sanft legte er seine Hand auf die Schulter seine Frau und erkundigte sich über das körperliche Empfinden seiner Ehefrau.
    „Hallo Fenia.“ Er trat zwischen ihr und dem Kamin und kniete sich vor ihr hin.
    „Wie geht es dir?“ Eine Frage, die ihm ihre Tränen, die aus ihren geschlossenen Augen liefen, beantwortete.
    „Kann ich dir irgendwas bringen?“, fragte er besorgt und rieb mit seinem Handrücken sanft über ihre Wange. Sie antwortete nicht. Eine Reaktion, die sie ihm nicht zu ersten Mal entgegenbrachte. Er wusste, dass es an ihren Schmerzen lag und dass sie deswegen nicht in der Lage war, ihm zu antworten, oder ihn zu begrüßen. Doch mehr und mehr mischten sich seine Gefühle, die aus Besorgnis und Angst bestanden, mit einem enttäuschendem Schmerz der Vernachlässigung. So ließ er wieder ab von ihr und richtete sich auf. Er warf einen schnellen Blick zu seinem Herd auf der linken Seite des Raumes und vernahm im düsteren Schein des Kamins einen großen Kochtopf, woraufhin sich sein Magen lautstark bemerkbar machte. Ein letztes Mal warf er noch mal einen Blick zu seiner Frau, bevor er sich mit gemischten Gefühlen wortlos auf den Herd zubewegte. Doch noch ehe er diesen erreichte, ertönte die schmerzerfüllte Stimme seiner Frau.
    „Warum ich?“ Tiefe Trauer überkam Halvor, gemischt mit einer unbegreiflichen Angst, die er schon seit langem hatte und die sich durch solche Fragen immer wieder bestärkte. Mit einem Schritt drehte er sich wieder herum und hockte sich neben den Sessel hin.
    „Halvor... ich halte das nicht länger aus!“, sagte sie weinend und doch mit absolut strenger Stimme. Er hasste sie, wenn sie so etwas sagte, denn das fachte das Feuer seiner Angst um ein vielfaches an... die Angst, dass seine Ehefrau sich etwas antun könnte.
    „Fenia...“, antwortete er wimmernd und biss sich so sehr auf die Unterlippe, dass es schmerzte.
    „Ich will nicht mehr...“, schluchzte Fenia.
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:23 Uhr) Grund: Update

  3. Beiträge anzeigen #3 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Es war ein regnerischer Morgen, an dem Halvor seinen Stand im Westen des Hafenviertels der Stadt Khorinis aufbaute. Viel war an diesem Morgen noch nicht los. Einige wenige Paladine bewachten weiter südlich von ihm, das Proviantlager. Dies beherbergte myrtanische Köstlichkeiten aller Art. Rechts von ihm wurden die letzten Gäste des stadtbekannten Bordells vor die Tür gesetzt. Potentielle Kunden waren zu dieser frühen Uhrzeit zwar noch nicht zu erwarten, doch war ihm die Arbeit lieber, als seiner Frau beim Leiden zuzusehen. Deren Zustand hatte sich nämlich auch an diesem Morgen noch nicht gebessert und somit war sie nicht in der Lage, ihren Verkaufsstand vor dem Haus zu betreiben. Wenigstens einer der Beiden musste Geld verdienen. Damit rechtfertigte er seine Aktion vor seiner Frau und befriedigte auf indirekte Weise sein Gewissen. Auch die nächsten Stunden des Morgens verliefen relativ ruhig. Bis auf ein paar Begegnungen und freundlichen Gesprächen mit jenen altbekannten, die um diese Zeit immer im Hafenviertel unterwegs waren, blieb der große Kundenfang aus. Doch Halvor wusste, dass sich das mit der Mittagszeit ändern würde. Er verkaufte hier im Viertel die günstigsten Fische und die waren bei manchen Leuten, so hatte er zumindest das Gefühl, zur täglichen Mahlzeit geworden. Er konnte die Preise nur deswegen derart drücken, weil er eben nicht jeden Tag aufs Meer hinaus fuhr um seine Ware zu fischen. Der Aufwand wäre einfach zu kostspielig. Er arbeitete mit jenen Fischern zusammen, die wie er im Hafenviertel lebten und sich auf eine gewisse Fischart spezialisiert hatten. Halvor kaufte sich so ein breites Sortiment von vielen verschiedenen Anglern. Sein Sortiment war somit klein in der Masse, aber Fein im Sortiment. Gegen Mittag herrschte dann auch endlich der erwartete Hochbetrieb. Wie jedes Mal, kauften ihm seine Kunden fast sein gesamtes Sortiment leer. Brassen, Forellen und selbst die Aale, die man richtig zubereitet noch lange räuchern musste, liefen wie von selbst. So kam er schließlich, relativ schnell zu seiner wohl verdienten Mittagspause. Doch ehe er sie antreten konnte, suchte ein gut gekleideter Mann seinen Stand auf. Halvor musterte den Dunkelhäutigen eine ganze zeit lang ohne ihn dabei anzusprechen.
    „Ein wohlhabender Bürger hier im Hafenviertel? Was kann ich für sie tun?“, erkundigte er sich skeptisch und sah sich leicht bewundernd, die goldenen Armreife seines Gegenübers an.
    „Mein Herr hat mich entsandt. Er hat von der Krankheit eurer Frau gehört und würde es begrüßen, wenn sie ihn aufsuchen würde. Hier ist die Einladung.“ Der Mann gab Halvor einen versiegelten Umschlag.
    „Wer ist denn euer Herr?“, fragte Halvor widerwillig.
    „Der Herr Salandril... Kräuterkundler und Alchemist von den südlichen Inseln.“, antwortete der elegant gekleidete Mann stolz.
    „Und wie kommen wir zu der Ehre, dass so einer eine Frau aus niederen Verhältnissen behandeln möchte?“
    „Sie missverstehen... Ihre Frau soll sich lediglich untersuchen lassen. Erst danach entscheidet mein Herr, ob er sie behandeln wird, oder nicht. Sie müssen verstehen... mein Herr sucht sich die Patienten aus, nicht die Patienten ihn.“ Halvor hätte diesem arroganten Schnösel am liebsten zum Teufel gejagt und ihm eine nicht ganz freundliche Botschaft an diesen Arzt mit auf den Weg gegeben, doch er musste auch an seine Frau denken.
    „Ich werde ihr den Umschlag übergeben...“, antwortete er mit verbissenen und steckte sich den Umschlag vorsichtig in die Tasche.
    „Dann wird ihre Frau zu zu der angegebenen Zeit erwartet.“ Noch ehe Halvor darauf reagieren konnte, verschwand der Mann genauso schnell, wie er gekommen war. Es war immer dasselbe mit diesen arroganten Volk aus den anderen Vierteln, dachte sich Halvor. Doch bisher wurde seine Frau nur von irgendwelchen Scharlatanen aus dem Hafenviertel behandelt und die Chance, dass sich nun ein Gelehrter um ihre Krankheit kümmern würde, war einfach zu verheißungsvoll.
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:24 Uhr) Grund: Update

  4. Beiträge anzeigen #4 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Als Halvor schließlich in seiner Mittagspause Daheim ankam, stand Fenia überraschenderweise am Herd und war dabei, ein Gericht zu kochen. Im ganzem Haus roch es nach frischem Lauch. Seine Frau machte die beste Lauch-creme und er hatte noch nie eine bessere gegessen. Wenn sie dann noch den selbst marinierten Fisch dazu gab, entstand ein wahres Meisterwerk von Gericht.
    „Geht es dir besser?“, fragte er in den großen Raum hinein, während er seinen alten Mantel an den Hacken hängte.
    „Ja, die Schmerzen haben nachgelassen... du kommst spät.“, antwortete sie, ohne sich dabei von dem alten Topf abzuwenden.
    „Ja ich weiß.“, antwortete er und ging zu seiner Frau.
    „Diesen Umschlag gab mir vorhin ein Kunde. Er behauptete, ein Diener von einem gewissen Salandril zu sein. Er soll ein gelehrter Arzt aus dem oberen Viertel sein und scheint dich behandeln zu wollen.“, berichtete Halvor von dem Treffen mit dem Dunkelhäutigen. Fenia hielt überrascht inne und sah sich verwundert den Umschlag an.
    „Ein Diener hat ihn dir gegeben?“, wiederholte sie skeptisch.
    „Ja. Er sagte, dass du angeblich das Interesse von diesem Arzt geweckt hast und dass dieses hier eine Einladung für eine Untersuchung sei.“
    „Ich habe noch nie etwas von diesem Arzt gehört... woher weiß er von meiner Krankheit?“, fragte sie skeptisch und öffnete den Umschlag.
    „Ich habe nicht die leiseste Ahnung.“, antwortete Halvor abwesend und warf einen genussvollen Blick auf die köchelnde Creme.
    „Der Termin ist bereits am heutigen Abend!“, rief Fenia empört und knüllte den Brief zusammen.
    „Was machst du denn da?“, rief Halvor erschrocken.
    „Wonach sieht es denn aus?“, erwiderte Fenia störrisch.
    „Schatz... das ist ein richtiger Arzt!“
    „Das haben all die anderen Scharlatane auch behauptet und keiner von denen konnte mir helfen!“ Fenia warf den Brief in einen Holzeimer, der sich neben den Herd befand.
    „Aber hierbei handelt es sich dieses Mal um einen Arzt aus dem oberen Viertel!“ Halvor versuchte verzweifelt seine Frau zu überzeugen.
    „Im oberen Viertel haben die doch ganz andere Möglichkeiten, als bei uns hier... der könnte sogar studiert haben!“
    „Was verlangst du, das ich tue?“ Sie drehte sich erwartungsvoll zu ihrem Mann.
    „Gehe hin und lass dich noch einmal untersuchen... vielleicht kann er dir ja wirklich helfen.“
    „Wenn es wieder nichts bringt...“, begann er seufzend.
    „...dann gebe ich endgültig Ruhe.“
    „Okay.“, antwortete Fenia schließlich seufzend.
    „Der Termin ist Heute um Fünf. Sei also pünktlich von der Arbeit zurück.“
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:24 Uhr) Grund: Update

  5. Beiträge anzeigen #5 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    „Guten Abend Fenia...“, begrüßte Salandril, ein ebenfalls dunkelhäutiger Mann, Halvors Frau in seiner Praxis. Es handelte sich dabei um ein großes Haus, das sich am Ende des oberen Viertels neben des dortigen Rathauses befand. Auf dem Weg dort hin, hatte sich Fenia von Sekunde zu Sekunde unwohler gefühlt. Nicht etwa aufgrund ihrer Schmerzen, sondern waren es viel mehr die verachtenden Blicke der Bewohner des oberen Viertels. Für gewöhnlich hatte eine Frau wie sie nichts in diesem Viertel zu suchen und das lies man sie spüren. Ohnehin hätte sie niemals freiwillig dieses Viertel betreten. Doch für ihr jetziges Vorhaben hatte sie sich über ihre persönlichen Gefühle gestellt. Lediglich ein einfaches Schild deutete darauf hin, dass es sich bei dem Gebäude um eine Arztpraxis handelte. Es war ein zweistöckiges Haus und als sie es betrat wurde sie vom Diener des Arztes empfangen. Er bat um Geduld und lies sie daraufhin wieder allein zurück. Überraschenderweise stellte sie fest, dass es hier im Erdgeschoss nicht sehr viel mehr an Einrichtung gab, als in ihrem eigenen Heim. Neben einen neueren Holztisch und den dazugehörigen Stühlen in der Mitte des Raumes, gab es einen sehr eleganten Sessel, der sich vor einem hochwertig verzierten Kamin befand. Eine Menge Schränke und Bücherregale an den Wänden rundeten die Räumlichkeit optisch ab. Der große Reichtum eines Arztes bestand in diesem Fall zumindest aus einem großen Reservoir an Büchern. Dann kam der Hausbesitzer schließlich vom oberen Stockwerk herunter.
    „Ich wünsche ihnen einen angenehmen Abend, Fenia.“, begrüßte er sie mit ruhiger Stimme, ohne sich ihr allerdings zu nähern.
    „Danke...“, antwortete sie unbeholfen und wich dabei seinem fordernden Blick aus. Salandril wandte sich ab und goss sich aus der auf den Holztisch stehenden Kanne etwas Tee in seine Tasse.
    „Ich habe sie zu mir eingeladen, weil ich von ihrer Krankheit erfahren habe. Sie ist sehr selten und tritt normalerweise nur im höheren Alter auf. Im Normalfall dann aber auch nur in den Beingelenken.“
    „Herr Salandril, ich kenne diese...“, begann Fenia.
    „Bitte unterbrechen sie mich nicht!“, sprach er ihr schnell und bestimmend dazwischen und sah sie über die Schultern ermahnend an. Fenias Eindruck über die hiesige Gesellschaft des oberen Viertels bestätigte sich genau in diesem Moment. Am liebsten hätte sie das Haus des Arztes sofort mit einem lauten Türknall verlassen. Doch neben dem, was sie von einem Bewohner des oberen Viertels erwartet hatte, war doch noch mehr. Eine unerklärliche Anziehungskraft ging von dem Südländer aus, der sie ganz und gar erlegen war. So blieb sie regungslos mit offenem Mund stehen.
    „Sie müssen verstehen... ich bin kein normaler Arzt. Alte Frauen, die mit ihrer Zeit nichts besseres anzufangen wissen, als einen Arzt mit fadenscheinigen Leiden zu belästigen, empfange ich nicht. Auch bin ich auch nicht dafür zuständig, kleinen Kindern die Nase zu putzen. Zu mir kommen all Jene, denen die anderen Ärzte nicht imstande waren zu helfen... oder all Jene, die durch ihre Krankheit zum Tode verurteilt wurden. Dabei und das sage ich auch ihnen nun... kann ich keine Wunder vollbringen. Alles was ich kann, ist dort mit der Heilkunst der südlichen Inseln weiterzumachen, wo die der Khoriner versagt hat. Nur wenn sie diese Tatsache akzeptieren und sich nicht in den Kopf setzen, dass ich sie heilen könne, werde ich sie behandeln!“, sagte er bestimmend und verblüffte sie damit erneut. Sie hatte entweder allerlei schwarze Prognosen erwartet, oder aber wieder einen der Scharlatane, die ihr große Hoffnungen machten. Doch dieser Mann sagte ihr ganz unverblümt die Wahrheit.
    „Was ist mit den Kosten...?“, fragte sie. Ihre Stimme zitterte dabei, denn sie wusste, dass sie sich eine solche Behandlung niemals leisten könnte.
    „Erst einmal werde ich sie nun untersuchen und das tue ich kostenlos. Erst wenn eine passende Behandlung vorhanden ist, können wir uns über eine mögliche Bezahlung unterhalten.“, antwortete Salandril ihr.
    „Also... können sie über meine für das obere Viertel typische Arroganz hinwegsehen und wollen sich von mir behandeln lassen?“ Er sah sie herausfordernd an. Zwanghaft versuchte sie seinen Blick auszuweichen, was ihr aber diesmal aus unerklärlichen Gründen nicht gelingen wollte. Er hatte sie vollkommen in seinem Bann gezogen.
    „Ja...“, gab sie wie im Rausch von sich.
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:24 Uhr) Grund: Update

  6. Beiträge anzeigen #6 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    „Gut.“, antwortete Salandril und nahm die eben erst auf den Tisch abgestellte Tasse wieder in die Hand.
    „Ich hoffe, dass sie etwas Zeit mitgebracht haben und dass ihr Mann ein paar Stunden auf sie verzichten kann.“ Ein vorwurfsvoller Unterton lag in seiner Stimme, den sie allerdings ignorierte. Allerdings konnte sie sich in keinster Weise erklären, woher dieser Fremde soviel über sie wissen konnte und befand sich immer wieder im Zwiespalt, was seine Person anging. Der Mann strahlte eine absolut sichere und vor allem professionelle Aura aus und hatte eine unglaublich anziehende Wirkung auf sie. Doch dann war da wieder diese absolut unverschämte Arroganz.
    „Wie können sie mir helfen?“, fragte sie ihn schließlich nervös und brach damit ihr Schweigen. Als hätte Salandril auf genau diese Frage gewartet, stellte er seine Tasse wieder zu Tisch und wandte sich an eines der Bücherregale an der Wand.
    „Damit!“ Er zog ein grünes Buch aus dem Regal heraus und legte es verkehrt herum auf den Holztisch. Fenia verharrte einen Moment lang, doch als Salandril nicht fortfuhr und einen Schritt zurücktrat, verlor sie die Geduld. Genervt trat sie an den Tisch heran und streckte ihre Hand nach dem Buch aus. Natürlich erntete sie für diese Bewegung heftigste Schmerzen im Handgelenk. Doch sie wusste auch, dass genau das von ihrem Gegenüber beabsichtigt war. Eine Tatsache, die sie noch mehr verärgerte. Salandril trat wieder an den Tisch heran und griff plötzlich viel zu schnell, als das Fenia rechtzeitig reagieren konnte, nach ihrer Hand. Mit sanfter Gewalt zog er ihre Hand an sich heran, sodass Fenia gezwungen war, sich über den ganzen Tisch zu beugen. Unter bebenden Schmerzen schrie sie entsetzt auf und versuchte ihre Hand wieder loszureißen, doch Salandril hatte diese schon viel zu fest in der Hand, als dass ihr dies gelingen wollte.
    „Verdammt, was tun sie da!“, schrie sie voller Schmerzen.
    „Bleiben sie bitte ruhig und halten sie ihr Handgelenk still!“, antwortete er ihr ermahnend und tastete hektisch, aber kontrolliert ihre gesamte Hand ab. Fenia war jedoch aufgrund ihrer enormen Schmerzen nicht imstande, darauf zu reagieren und versuchte sich weiter verzweifelt zu wehren. Doch dann klopfte er mit seinem Fingern in schneller Abfolge gewisse Punkte ihres Handgelenks ab. Dabei verharrte er an jedem Punkt für eine Sekunde und übte einen leichten Druck aus. Dann lies er ihre Hand ganz plötzlich wieder los. Keuchend wich sie ein paar Schritte zurück, um etwas Abstand zu gewinnen. Doch dann geschah etwas, was sie nicht erwartet hatte. Die Schmerzen in ihren Händen nahmen spürbar ab. Verwirrt betrachtete sie mit tränenden Augen ihre Hände. Sie war nicht imstande, die Aktion des Südländers und die nachlassenden Schmerzen in einen Zusammenhang zu bringen. Erst als Salandril wieder ein Gespräch eröffnete, begann sie zu begreifen, was passiert war.
    „Radiocarpal und Carpal sind von der Arthrose betroffen. Also das gesamte Handgelenk und mehrere Handwurzelknochen.“
    „Was haben sie...?“, fragte Fenia stotternd.
    „Zur genauen Diagnose war es notwendig, genau die Faktoren auszulösen, die für die Schmerzen verantwortlich sind. Nachdem dies geschehen war, habe ich diese betäubt und kann so nun eine angemessene Behandlung einsetzen.“, antwortete der Arzt.
    „Wie lange...?“
    „Stunden... nicht mehr!“ So geringfügig der Zeitraum auch war, Fenia hatte seit Jahren keine solch gute Antwort mehr erhalten.
    „Sie sollten die Zeit nutzen und sich auf den Heimweg machen. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist eine Ehe unter solche Voraussetzungen zu führen.“, sagte Salandril und beobachtete, wie sie mit tränenden Augen und einen sanften Lächeln ihre Hände vollkommen Schmerzfrei bewegte.
    „Wir sehen uns uns Morgen zur selben Zeit!“
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:25 Uhr) Grund: Update

  7. Beiträge anzeigen #7 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Halvor hatte am Abend bereits das Feuer im Kamin angezündet und als Fenia von ihrem Arztbesuch wieder daheim ankam, war es in ihrer Wohnung angenehm warm. Insbesondere bei schlechten Wetter spürte man den Wind durch jede noch so kleine Rille, des alten Bauwerkes aus Holz. Da war der Kamin für sie insbesondere durch ihre Krankheit eine echte Wohltat.
    „Hallo meine Süße. Schön dass du wieder da bist. Wie geht es dir?“ Halvor hatte unzählige Dinge angestellt, um die Zeit ihrer Abwesenheit totzuschlagen. Auch das gelegte Feuer zählte dazu. Nun platzte er förmlich vor Neugier. Fenia trat schweigend ganz dicht an ihren Mann heran und begann zärtlich dessen Gesicht zu streicheln. Als Halvor bemerkte, dass sie keine Handschuhe dabei trug, brauchte er keine Antworten mehr. Als sie ihn dann auch noch zärtlich zu küssen begann, fühlte er sich an jene Tage vor der Krankheit zurückversetzt. Es war eine Ewigkeit her, dass sie sich so geküsst hatten. Erst nach mehreren Minuten gelang es beiden schließlich erstmals voneinander abzulassen und durchzuatmen.
    „Was ist passiert?“, fragte Halvor schwer atmend, während er das Gesicht seiner zierlichen Frau noch immer mit beiden Händen Streichelte und ihr dabei in die Augen sah.
    „Dieser Arzt ist... sonderbar.“, antwortete Fenia mit bebender Stimme und tränenden Augen.
    „Er ist anders, als alle Ärzte bei denen ich bisher war.“, fuhr sie zitternd fort.
    „Hat er dich...“ Halvor wagte es nicht den Satz zu vollenden.
    „Nein...“, begann Fenia und senkte den Kopf zu Boden.
    „Doch alleine die Tatsache, dass er uns das hier ermöglicht hat...“, fuhr sie mit stockenden Atem fort und deutete auf ihre Hände.
    „Ich glaube erstmals, seitdem ich die Krankheit habe...“ Tränen rollten über ihre Wangen.
    „...dass ich von diesem entsetzlichen Fluch befreit werden kann.“ Halvor wollte etwas erwidern, doch noch bevor er dazu kam, legte sie ihren Zeigefinger auf seine Lippen.
    „Nutzen wir die wenige Zeit, die uns bleibt.“
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:25 Uhr) Grund: Update

  8. Beiträge anzeigen #8 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Der nächste Morgen war für Halvor eine Qual. Er musste arbeiten und sich auf das Geschäft konzentrieren, doch die vergangene Nacht lies ihn nicht los. Sie hatten noch sehr lange über den Arzt und dessen erste Behandlungsmethode gesprochen, wobei der Schwerpunkt eindeutig bei dessen Erfolg lag. Dennoch war es auch eine beunruhigende Tatsache, dass der Südländer keine Entlohnung für seine Behandlung haben wollte. Zudem war Fenias wundersame Behandlung zeitlich begrenzt, was sie in gewisser Weise abhängig machte. Auch das beunruhigte Halvor. Vor seinen Kunden jedenfalls, konnte Halvor seine innere Unruhe nicht überspielen. Er gab mehr als einmal zu wenig Wechselgeld raus. Auch musste so mancher Kunde seine Bestellung wiederholen und bei den Tagesabrechnungen am Abend hatte er sich diverse Male verzählt. Er nahm die letzten beiden Fische aus seiner Ladentheke heraus und machte sich auf den Heimweg.
    „Wo willst du hin!“ Halvor zuckte zusammen, als er die Stimme des Fischers „Graham“ hörte. Ihn und auch die allabendliche Bestellung für den Folgetag hatte er völlig vergessen.
    „Hör zu Graham... ich habe es Heute etwas eilig!“, antwortete Halvor forsch und versuchte den Fischer auf diese Weise wieder loszuwerden.
    „Ich nehme die bestellte Menge vom Vortag!“ Für Halvor war die Angelegenheit damit beendet. Er machte auf dem Schritt kehrt und setzte seinen Heimweg fort.
    „Ware gibt es nur gegen Vorkasse!“, rief Graham schnippisch.
    „So wie immer.“ Halvor blieb erneut stehen und seufzte genervt. Natürlich war es nicht die feinste Art, den Fischer so stehen zu lassen, doch Halvor hatte seine Gründe und die wollte er definitiv durchsetzen.
    „Du bekommst dein Geld gleich Morgen in der Früh!“ Als Halvor endlich daheim ankam, lies er seinen Blick noch während er die Tür schloss, durch seine Räumlichkeiten schwenken. Doch seine Erwartungen wurden enttäuscht. Er entdeckte seine Frau einmal mehr vor dem Kamin sitzend und wusste, dass die Schmerzen zurückgekehrt waren. Er legte die beiden mitgenommenen Fische auf den Holztisch ab und warf seine Jacke über den Stuhl. Dann näherte er sich den am Kamin stehenden Sessel.
    „Die Schmerzen sind also wieder zurück.“, sagte er mit bedrückender Stimme und kniete sich neben seiner Frau zu Boden.
    „Wie er es gesagt hatte.“, antwortete sie mit heiserer Stimme.
    „Dann solltest du dich auf den Weg machen...“, erwiderte Halvor und strich ihr zärtlich über die Wange.
    „Vergiss nicht... sei vorsichtig.“
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:26 Uhr) Grund: Update

  9. Beiträge anzeigen #9 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Die Sonne sank bereits wieder, als Fenia am späten Nachmittag am Haus des Südländers ankam und dort erneut vor einer bereits offenen Tür stand. Es hatte ebenso wie beim Letzten Mal den Eindruck, als würde sie der Südländer bereits erwarten und hätte nur ihretwegen die Tür geöffnet. So schmeichelhaft dieser Gedanke auch war, er beunruhigte sie. Doch aufgrund ihres Leidens und der erstmalig überzeugenden Behandlung, betrat sie nervös ein weiteres Mal die Praxis von Salandril. Erneut kam ihr dessen Bediensteter entgegen und führte sie nach einer angemessenen Begrüßung in den Wohnbereich des Arztes.
    „Lassen sie mich Ihren Mantel nehmen...“, sagte er und setzte hinter ihr an, um das Kleidungsstück entgegenzunehmen. Als er ihr den Mantel abgenommen hatte, trat sie schnell einen Schritt nach vorn. Diese zuvorkommende Art war sie nicht gewohnt und verunsicherte sie zudem auch noch.
    „Er macht nur, was ihm aufgetragen wurde...“, Salandrils Stimme kam von der Treppe, die ins obere Stockwerk führte. Wie am Vortag auch, kam er von dort und hatte ihr Verhalten beobachtet.
    „Würde er meine Kunden nicht empfangen und fachgerecht betreuen, müsste ich mich von ihm trennen.“, fügte er hinzu, als er ihr fragendes Gesicht sah.
    „Ich verstehe.“, erwiderte Fenia hastig, um dieser Art von Unterhaltung zu entgehen. Sie fühlte sich von Salandril ertappt und das missfiel ihr.
    „Wie geht es ihren Handgelenken?“, fragte er sie und ging zum Kamin am anderen Ende des Raumes.
    „Ich denke, dass sie sich diese Frage selbst beantworten können.“, antwortete sie mit bedrückender Stimme. Sie war über die in ihren Augen spottende Fragestellung des Arztes verärgert. Immerhin hatte er selbst prophezeit, dass die Schmerzen wieder kommen würden.
    „Setzen sie sich.“ Salandril ignorierte ihre Antwort und deutete mit einer Handbewegung auf den am Kamin stehenden Sessel.
    „Was haben sie vor?, fragte Fenia verunsichert.
    „Fenia, bitte..!“, erwiderte Salandril. Fenia konnte einen geringen Klang von Enttäuschung aus seiner Stimme heraushören. Zögernd setzte sie sich schließlich unter seiner Beobachtung auf den Sessel. Angenehme Wärme kam ihr vom Kamin ausgehend entgegen.
    „Bevor wir anfangen, möchte ich eine Sache noch klarstellen.“Salandril setzte sich auf den gegenüberliegenden Sessel und sah Fenia eindringlich an.
    „Wenn sie möchten, dass die Behandlung Fortschritte erzielt, werden sie mir vertrauen müssen.“
    „Herr Salandril...“, stammelte Fenia und suchte innerlich verzweifelt nach den richtigen Worten.
    „Ich weiß noch nicht einmal...“
    „Dann lassen sie es mich ihnen erklären.“, unterbrach er sie.
    „Die Behandlung, die man bei dieser Art von Krankheit anwendet, geht von der Ursache der Symptome aus. So lange ich also nicht die Ursache der Symptome kennt, kann man diese auch nicht effektiv behandeln. Dies ist auch der Grund, warum ihnen bis zum heutigen Tag keiner helfen konnte.“
    „Aber man sagte mir, dass diese Krankheit altersbedingt auftritt und der Verschleiß der Knochen verantwortlich für die Symptome wären.“, wandte Fenia ein.
    „Wie viele der vorherigen Behandlungen haben ihnen bisher denn geholfen?“, erwiderte Salandril völlig gefühlskalt.
    „Keine.“, antwortete Fenia mit heiserer Stimme und blickte mit tränenden Augen zu Boden. Alles was man ihr über die Krankheit erzählte, verlor nun mehr und mehr an Bedeutung und gab ihr somit das Gefühl, vorgeführt geworden zu sein.
    „Ich habe eine spezielle Behandlungsmethode. Damit bin ich in der Lage, die Ursache von Symptomen zu erkennen um dann dagegen anzugehen.“, begann Salandril nach mehreren Sekunden des Schweigens.
    „Sie basiert auf den Methoden der Hypnose und kann in ihrem Fall durchaus neue Resultate hervorbringen.“, fuhr er fort und beobachtete dabei Fenias Gesichtsausdruck sehr genau.
    „Hypnose?“, wiederholte sie skeptisch.
    „Lassen sie ihren Spot bei Jenen, die mit ihnen blinde Kuh gespielt haben. Außer, sie legen überraschenderweise wieder Wert auf deren Behandlung.“, erwiderte Salandril in einem kühlen Ton und stand wieder auf.
    „Herr Salandril, bitte...!“ Fenia bereute sogleich wieder ihre skeptische Frage und stand ebenfalls auf, was sich sofort durch stechende Schmerzen in beider ihrer Handgelenke bemerkbar machte.
    „Dann sollten wir endlich aufhören, ihre Zeit zu verschwenden!“
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:26 Uhr) Grund: Update

  10. Beiträge anzeigen #10 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    „Drei!“ Diese von Salandril ausgesprochene Ziffer hämmerte Fenia ununterbrochen durch den Kopf, als sie völlig irritiert erwachte.
    „Ich... was ist passiert?“
    „Keine Fragen bitte!“, antwortete Salandril bestimmend.
    „Sie sind soeben erst erwacht. Irritation, Desorientierung und Migräne sind nun vollkommen normal.“, fuhr er fort und stand auf.
    „Trinken sie diese Kräutertinktur und es geht ihnen in ein paar Minuten wieder besser!“ Er gab ihr ein Glas vom benachbarten Tisch in die Hand.
    „Aber was...?“ Fenia war irritiert und desorientiert, doch wollte sie hauptsächlich wissen, was die Hypnose ergeben hatte. Doch wieder einmal wurden sie mitten im Satz unterbrochen:
    „Fenia, trinken sie... bitte!“ Entgegen der Anweisungen von Salandril, stellte sie das Glas protestierend auf die Sessellehne, doch noch ehe sie daraufhin ihr Anliegen vortragen konnte, war Salandril bereits auf den Weg ins Obergeschoss. Angespannt rieb sie sich ihren schmerzenden Nacken. Zwanghaft versuchte sie sich zu erinnern, was während der Hypnose geschehen war, doch erinnerte sie sich weder an dessen Beginn, noch an ihren Verlauf. Eine Tatsache, die sie zutiefst beunruhigte. Das ihre Schmerzen trotz der Hypnose immer noch beständig waren, löste in ihr zudem auch noch eine herbe Unzufriedenheit aus. Doch ehe sie weitere Gedanken diesbezüglich fassen konnte, wurde sie durch plötzlich herannahende Schritte überrascht. Schritte, die sie schmerzlich daran erinnerten, dass sie noch die Tinktur trinken musste. Aus dem Schreck heraus griff sie viel zu schnell nach dem Glas und trank die sich darin vorhandene Flüssigkeit in einem Zug. Die Schmerzen in Ihrer Hand begannen zu explodieren, woraufhin sie das Glas zu Boden fallen lies. Zudem musste sie hustend feststellen, dass es sich bei der Tinktur um eine Art Kräuterschnaps handelte, der ihrer Kehle einen unglaublichen Brand versetzte.
    „Vielleicht hätte ich ihnen sagen sollen, dass der wesentliche Bestandteil dieser Kräutertinktur reiner Alkohol ist. Doch sie werden sehen, dass sich sich in ein paar Minuten besser fühlen werden.“ Fenia wäre diesem arroganten Kerl am liebsten an die Gurgel gegangen, wenn die nicht unerheblichen Schmerzen in ihrer Hand nicht gewesen wären. Sie beließ es bei einem verachtenden Blick, den er natürlich gekonnt ignorierte.
    „Ich habe sie vor etwa einer halben Stunde erfolgreich in einen Zustand von Hypnose bringen können. Dabei habe ich die notwendigen Induktionen in ihrem Unterbewusstsein bestimmen können, die für die zukünftige Hypnosen absolut erforderlich sind. Ihr Zustand war zu jeder Zeit stabil und auch die Auflösung der Trance konnte erfolgreich durch die Bestimmung der richtigen Suggestionen unauffällig durchgeführt werden.“ Fenia hatte Schwierigkeiten, den Worten des Arztes zu folgen und wollte dies eigentlich auch gar nicht.
    „Warum habe ich immer noch Schmerzen?“, fragte sie ihn angespannt und ignorierte dabei bewusst seine vorherige Aussage.
    „Weil sie mir nicht zugehört haben und deswegen Wunder erwarten!“ Mit dieser Antwort hatte Fenia nicht gerechnet. Sie suchte innerlich verzweifelt nach einer passenden Antwort oder zumindest einer halbwegs garen Ausrede, doch vergeblich.
    „Lassen sie mich bitte ohne diese unnötigen Fragen arbeiten, denn die Prozedur ist auch so schon kompliziert genug.“, setzte Salandril noch einmal im wesentlich unfreundlicherem Ton nach.
    „Ich werde sie über jeder meiner Behandlungsschritte aufklären und werde den Verlauf der Prozedur Schritt für Schritt mit ihnen durchgehen. Was die vergangene halbe Stunde angeht, werden sie sich daran erinnern, wenn ihr Körper sich damit auseinandersetzt. Dies wird vermutlich im Schlaf passieren und die Erinnerungen werden in Form von Träumen auftreten, von denen sie mir dann berichten werden.“
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:26 Uhr) Grund: Update

  11. Beiträge anzeigen #11 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Ein leerer in Dunkelheit gehüllter Raum. Einzig ein schwach lodernder Kamin und zwei davor stehende Sessel von hochwertiger Machart zeugen von einstigen Leben innerhalb des Raumes. Schwache lodernde Flammen werfen bizarre Schatten an die Wand. Ständig tanzende Muster dem Anschein nach aus einer anderen Sphäre entstanden...
    Vollkommen regungslos starrt eine Frau im Sessel sitzend ins Leere. Ein ihr gegenüber sitzender Mann schmachtet sie voller Wohllust an. Seine gierigen Hände nach ihr grapschend, die feuchte Zunge ihr über den Hals fährt und sich in ihrer Ohrmuschel verliert. Die eine Hand wandert auf Fingers spitzen zum Schritt hinunter . Ohne jeglichen Widerstand öffnen sich die Schenkel und geben das Zentrum der weiblichen Libido preis.


    „Nein!“, schrie Fenia aus voller Leibeskraft. Schweißgebadet saß sie aufrecht in ihrem Bett, ohne jedoch zu wissen, wo sie sich befand. Es dauerte einige Sekunden, ehe sie realisiert hatte, dass sie von einem Albtraum heimgesucht wurde.
    „Schatz jetzt sag schon! Was ist los!“ Fenia hatte nicht mitbekommen, dass Halvor durch ihren Schrei ebenfalls erwacht war und sie bereits mehrmals angesprochen hatte.
    „Ich...“, stammelte sie mit tränenden Augen und starren Blick.
    „Fenia, was ist mit dir!“, wiederholte Halvor und berührte sie vorsichtig an der Schulter. Eine Tat, die er sogleich wieder bereute, denn seine Frau zuckte heftigst zusammen und schrie hysterisch auf.
    „Beruhige dich, du bist hier in Sicherheit! Komm, sieh mich an!“ Vorsichtig nahm er ihr Kinn und dirigierte es in seine Richtung, so dass sie Blickkontakt zueinander hatten.
    „Sieh hin... ich bin es!“ Erstmals gab Fenia eine Reaktion von sich. Ein kaum hörbares Wimmern, gefolgt von einem heftigen Tränenausbruch.
    „Halvor...“
    „Es ist alles in Ordnung... du hast nur geträumt!“ Vorsichtig nahm er sie in den Arm.
    „Es ist alles gut...“, flüsterte er ihr zu und streichelte ihren Kopf.
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:27 Uhr) Grund: Update

  12. Beiträge anzeigen #12 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Als Halvor am nächsten Morgen erwachte und aufstand, war Fenia noch am Schlafen. Es hatte eine gefühlte Ewigkeit gedauert, ehe sie nach dem Albtraum wieder eingeschlagen war. Der weitere Verlauf der Nacht war aufgrund ihres unruhigen Schlafes auch nicht wirklich erholsam. Dennoch musste er arbeiten. Es gab Verpflichtungen, die er hätte schon längst erledigen müssen. Die ausstehende Bezahlung der erhaltenen Fische bei Graham war eine davon. Ohne dessen tägliche Lieferungen an Fisch, hätte das Familienunternehmen nicht existieren können. Dies hätte zugleich ihren finanziellen Ruin bedeutet. Erschwerend hinzu kam noch, dass Halvor keine Wareneinsatzplanung für den aktuellen Tag gemacht hatte und somit auf Verdacht Ware eingekauft hatte. Er ahnte, dass er an diesem Tag ein erhebliches Minusgeschäft fahren würde.

    Als sich Halvor seinen Stand näherte, stellte er ein weiteres Problem fest. Graham war wie immer mit seiner Lieferung bereits anwesend. Dieses Mal hatte er jedoch deutlich schlechtere Laune, als es sonst der Fall war. Halvor musste ihn irgendwie beruhigen.
    „Guten Morgen Graham!“, grüßte er ihn bewusst schon vom Weiten, um bei aller Streitigkeiten noch die Freundlichkeit zu wahren.
    „Morgen Halvor!“, antwortete der Fischer. Anhand seiner verschränkten Arme und natürlich auch am Gesichtsausdruck erkannte Halvor die Ungeduld des Fischers.
    „Es tut mir Leid, dass ich dich am gestrigen Tag nicht gleich bezahlt habe. Meiner Frau ging es Gestern gar nicht gut.“
    „Deine Frau also...“, antwortete Graham seufzend.
    „Wie gesagt, es tut mir Leid.“, wiederholte Halvor noch einmal und übergab dem Fischer einen vollen Goldbeutel.
    „Hier hast du dein Geld.“ Graham ignorierte den Händler und öffnete skeptisch den Beutel, um noch einmal alle Münzen nachzuzählen.
    „Weißt du...“, begann er währenddessen.
    „...wenn du dich an die Spielregeln hältst, beliefere ich dich mit Fischen.“ Nach dem Zählvorgang schnürte er den Beutel wieder zu und sah nun Halvor mit düsterer Miene an.
    „Verweigerst du mir noch einmal meine Zahlung, war ich die längste zeit dein Zulieferer!“ Halvor wollte darauf antworten, doch es fiel ihm keine passende Antwort ein. Zudem hatte er eigentlich mit dem Fischer über die Lieferung feilschen wollen, doch auch diesen Gedanken verwarf er ganz schnell wieder.
    „In Ordnung.“, antwortete er schließlich. Er wusste, dass der heutige Tag rein Finanziell ein Minusgeschäft einbringen würde. Zumindest Graham schien zufrieden und setzte nun wieder ein freundliches Gesicht auf.
    „Dann einen schönen Tag noch.“
    Geändert von Lord Regonas (27.03.2016 um 23:27 Uhr) Grund: Update

  13. Beiträge anzeigen #13 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Es war in der Tat ein Tag, wie ihn Halvor erwartet hatte. Ein absolutes Verkaufsdesaster. Er hatte am Ende des Tages viel zu viel Fisch über und musste mit einem dicken Minus nach Hause gehen. Dementsprechend getrübt war auch seine Laune. Als er daheim ankam, brachte er die etwa anderthalb Dutzend Fische in die Küchenecke und entledigte sich dann seiner Kleidung.
    „Wir scheinen Heute beide einen schlechten Tag gehabt zu haben.“, eröffnete Fenia mit trauriger Stimme vom Kamin aus das Gespräch.
    „Ich bin nur froh, wenn der Spuk endlich ein Ende hat.“, antwortete Halvor betrübt und trat an ihre Seite. Er wusste, dass ihre Schmerzen äußerst stark sein mussten, denn sie hatte sich nicht einmal die Haare gemacht und zitterte. Es war einer der besonders schlimmen Tage.
    „Ich weiß, dass es dir nicht gut geht, doch willst du mir nicht von der vergangenen Nacht berichten?“
    „Es ist nichts...“, antwortete sie mit heiserer Stimme.
    „Außerdem möchte ich von deinem Tag hören. Wenn mein Mann einmal schlechte Laune hat, was nicht oft vorkommt, dann möchte ich wissen, warum das so ist.“ Halvor schwieg zunächst. Eine ganze Zeit lang überlegte er, was er ihr sagen sollte. Die Wahrheit kam für ihn nicht in Frage. Sie war mit dafür verantwortlich, dass sein Tag so verlaufen ist und das war nicht das erste Mal.
    „Die Kunden waren Heute mal wieder besonders anstrengend.“, antwortete er schließlich seufzend und rieb sich angespannt seinen Nacken.
    „Mach mal billiger hier und und gib mir dafür dort mehr...“, fuhr er amüsiert fort.
    „Das hat ein Ende, wenn ich wieder hinter der Ladentheke stehe.“, antwortete Fenia entschlossen.
    „Dann kannst du mal so richtig ausspannen.“
    „Vorausgesetzt, die Behandlung des Südländers schlägt wirklich an.“, antwortete Halvor seufzend. Er hatte sie natürlich am Vorabend über den Besuch bei Salandril ausgefragt, doch beide konnten sich nicht wirklich einen Erfolg bei einer solch ungewöhnlichen Behandlungsmethode vorstellen. Fenia zweifelte nach dem Traum der vergangenen Nacht nun deutlich mehr an der Behandlungsmethode und auch an den ärztlichen Fähigkeiten des Südländers. Dennoch beschloss sie, Halvor nichts von dem Traum zu erzählen. Sie kannte ihn und vor allem seinen Beschützerinstinkt nur zu gut. Sie wollte die Angelegenheit beim kommenden Termin am Abend selbst klären.

  14. Beiträge anzeigen #14 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Fenia fiel es am Abend deutlich schwerer den Weg durchs obere Viertel zu beschreiten. Dies lag allerdings nicht an den nach wie vor abfälligen Blicken der Bewohner des oberen Viertels. Viel mehr hatten sie noch immer die Erlebnisse der vergangenen Nacht fest im griff. Ihr Unbehagen wurde dabei immer deutlicher, je mehr sie sich dem Haus des Südländers näherte. Als sie schließlich vor Salandrils Praxis ankam, wurde sie von ihrer Angst übermannt. Am ganzen Körper zitternd blieb sie wie erstarrt stehen. Es verging eine schier endlose Ewigkeit, in der Fenia inmitten des oberen Viertels stand und nicht eine Regung von sich gab. Für die ohnehin von Vorurteilen zerfressenen Bürger des oberen Viertels eine wahrhaftige Bestätigung ihrer Meinung über den Abschaum des Hafenviertels. Der wiederum aus Huren, Verbrecher und Sonderlingen bestand. Fenia war für sie der Inbegriff des Sonderlings. Eine Stimme rief nach ihrem Namen und lies sie zusammenzucken. Es war Salandril, der sie aus seiner Praxis heraus beobachtet hatte.
    „Geht es ihnen gut?“ Fenia war nicht imstande zu antworten. Das Gefühl, ihrem Peiniger gegenüber zu stehen, nahm ihr jeglichen Atem.
    „Kommen sie.“ Er legte seine Hand auf ihrem Rücken und dirigierte sie ins Innere seiner Praxis. Sie hätte am liebsten laut aufgeschrien.
    Als sie schließlich seine Praxis erreicht hatten, nahm der Abend eine überraschende Wendung. Salandril übergab sie seinem Bediensteten und verabschiedete sich für etwa einer halben Stunde. Ein von ihm lang behandelter Patient, der am weißen Tod erkrankt war, lag im sterben. Es handelte sich dabei um eine ebenfalls seltene Krankheit und war ebenso wenig erforscht, wie die ihrige. Im Gegensatz zu Fenias Krankheit führte die auch als „Schwindsucht“ bezeichnete Erkrankung in den häufigsten Fällen zum Tod. Salandrils Bediensteter brachte sie an den Kamin, an dem sie auch am Vorabend gesessen hatte und versorgte sie wenig später mit Tee.
    „Wie lange kennst du deinen Herrn schon?“ Fenia saß immer noch der Alptraum der vergangenen Nacht im Nacken. So hoffte sie durch den Bediensteten etwas mehr über den Südländer zu erfahren, dass ihr weiterhelfen könnte.
    „Als ich noch ein Kind war, erkrankte ich an einer schlimmen Krankheit.“, berichtete er.
    „Meine Familie war arm und hatte nicht genug Gold, um einen Arzt zu bezahlen. So war ich des Todes.“ Der Diener schwieg einen Moment und schien der Realität zu entgleiten.
    „Doch eines Tages...“, fuhr er fort und blickte sie wieder an.
    „Eines Tages kam Salandril und erlöste mich von meinem Leiden. Er rettete mir an diesem Tag das Leben, ohne auch nur eine Münze dafür zu verlangen. Ich verpflichtete mich dann Jahre später seinem Dienst.“
    „Also tust du dass hier aus reiner Schuldigkeit deinem Herrn gegenüber?“
    „Das mag so wirken, doch der Herr Salandril behandelt mich gut und trotz all meiner Verpflichtungen bin ich immer noch ein freier Mann.“

  15. Beiträge anzeigen #15 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    „Ich muss mich nochmals bei ihnen entschuldigen, Fenia. Ich lasse meine Patienten mit Termin wirklich nur sehr ungern warten, doch in diesem Fall...“ Salandril lies seinen angefangenen Satz unbeendet und Fenia fühlte sich gezwungen, darauf einzugehen. Im Nachhinein vermutete sie sogar, dass genau dies seine Absicht gewesen war.
    „Sie müssen sich nicht bei mir entschuldigen. Die Hauptsache ist doch, dass sie dem anderen Patienten helfen konnten.“ Salandril zögerte seine Antwort eine ganze Weile hinaus und nahm sich stattdessen noch einen Löffel kandierten Zucker für seinen südländischen Tee.
    „Er ist tot.“, antwortete er schließlich vollkommen unbekümmert. Fenia war bei all ihrer Nervosität entgangen, dass Salandrils Patient bereits im Sterben lag. Ein Umstand, der ihr nun Unbehagen bereitete. Sie wollte etwas sagen, dass ihr Verhalten entschuldigte, doch sie fand keine Worte. Nach einer ganzen Weile betretenen Schweigens, ergriff Salandril schließlich endlich wieder das Wort.
    „Wenn sie dann soweit wären, würde ich vorschlagen, dass wir mit der Behandlung beginnen.“ Eine abgrundtiefe Angst erfasste Fenia. Sie hatte in der Tat wieder enorme Schmerzen in den Handgelenken, doch die beinahe schon traumatischen Erinnerungen an die vergangene Nacht hatten sie immer noch fest im Griff.
    „Was tun sie mit mir, während der Hypnose?“ Nur mit Mühe und zitternder Stimme war Fenia imstande ihre Frage zu formulieren.
    „Während ich beim letzten Mal noch die notwendigen Induktionen und die richtigen Suggestionen in ihrem Unterbewusstsein bestimmt habe, wird das dieses Mal nicht mehr notwendig sein...“
    „Bitte...“, unterbrach sie ihn.
    „....ich verstehe nicht, wovon sie da reden.“ Für einen kurzen Augenblick konnte Fenia einen geringen Grad an Frustration in Salandrils Gesicht erkennen, doch zeigte er sich im nächsten Moment bereits wieder überraschend geduldig.
    „Ich werde es ihnen zeigen.“ Wie gebannt verfolgte sie seine Hand, die sich über ihren Kopf positionierte.

  16. Beiträge anzeigen #16 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Als Fenia langsam wieder zu sich kam, wusste sie im ersten Moment nicht, wo sie sich befand und was geschehen war. Sie war benommen und versuchte ihre Gedanken zu ordnen.
    „Ich muss mich abermals bei ihnen entschuldigen, Fenia.“ Obwohl Salandril ihr direkt gegenüber saß, kamen seine Worte nur verschwommen bei ihr an.
    „In der Regel bevorzuge ich die sanftere Form der Hypnose, doch dieses Mal wandte ich eine Blitzinduktion an. Die Benommenheit wird in Kürze abnehmen und dann sehe ich noch einmal nach ihnen.“ Nur langsam kehrten Fenias Erinnerungen zurück. Darüber hinaus brauchte sie etwa ebenso lange, um die wiederkehrenden Erinnerungen und die Worte des Arztes in einen Zusammenhang zu bringen. Als ihr dies jedoch endlich gelungen war, überkam sie blanke Panik. Sie war gegen ihren Willen hypnotisiert worden. Wieder manifestierten sich die schrecklichen Bilder der vergangenen Nacht vor ihrem inneren Auge. Sie fühlte sich durch und durch schmutzig. Zu allem Überfluss kam genau in diesem Moment Salandril zurück.
    „Ist alles in Ordnung mit ihnen?“ Ihre Panik musste ihr ins Gesicht geschrieben stehen, den Salandril sah sie äußerst besorgt an. Dennoch war sie nicht imstande zu antworten. Ein einziger Gedanke tobte in ihrem Kopf. Ein Gedanke, dem sie nicht länger widerstehen konnte. Panisch stand sie auf und ließ den verdutzen Südländer hinter sich. Im Laufschritt verließ sie dessen Gemächer und schließlich die Arztpraxis. Und obwohl sie noch immer teils stark am Schwanken war, machte sie erst wieder Halt, als sie das obere Viertel und das damit verbundene Grauen hinter sich gelassen hatte. Inmitten des Handwerksviertels brach sie umgeben von dutzenden Menschen schluchzend zusammen.

  17. Beiträge anzeigen #17 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    In dem Moment, wo seine Frau von Bürgern aus der Unterstadt nach Hause gebracht wurde, wusste Halvor, dass etwas nicht stimmte. Fenia war völlig aufgelöst und zitterte am ganzen Körper. Halvor hatte seine Frau noch nie zuvor in einem solchen Zustand gesehen. Keiner der Männer, die sie nach Hause brachten, konnten ihm sagen, was geschehen war. Man hatte sie im Handwerksviertel auf den Boden kauernd vorgefunden. Halvor hatte sich bedankt und seine Frau ins Haus gebracht. Er setzte sie dort an den Kamin und kniete sich, wie schon so oft zuvor neben sie.
    „Die Leute sagen, sie hätten dich auf dem Pflastersteinen kauernd vorgefunden... was ist dort vorgefallen?“ Fenia antwortete nicht. Sie blickte weinend auf das lodernde Feuer des Kamins. Ihr Blick war dabei ausdruckslos, so als hätte sie einen Teil ihre Seele verloren.
    „Du musst mit mir reden, wenn ich dir helfen soll.“ Halvor hatte seine Frau oft schon in einem für ihn beängstigenden Zuständen vorgefunden. Dieses Mal war es jedoch etwas vollkommen anderes. Irgendetwas war mit ihr im oberen Viertel geschehen. Etwas was ihm Angst machte und zugleich seinen Beschützerinstinkt weckte.
    „Er hat mich...“, wimmerte Fenia beinahe lautlos.
    „Was hat er?“ Halvor hätte ihr die Worte am liebsten vor Ungeduld aus dem Leib gepresst. Er wollte ihr helfen, doch das konnte er nur, wenn sie ihm erzählen würde, was geschehen war.
    „Fenia, was hat er dir angetan!“
    „Er hat sich an mir vergangen...“

  18. Beiträge anzeigen #18 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Halvor stockte der Atem. Er wusste weder was er sagen, noch wie er reagieren sollte. Seine Gefühle spielten im ersten Moment völlig verrückt. Er spürte eine unglaubliche Wut, die sich mit einer nicht greifbaren Angst um seine Frau vermischte. Hinzukommend machte er sich schwere Vorwürfe und verzweifelte an seiner Hilflosigkeit.
    „Der Alptraum von vergangener Nacht...“, begann Fenia schluchzend.
    „...das war kein Traum!“ Erneut wurde Halvor von schweren Gewissensbissen geplagt. Er war für das Geschehene verantwortlich.
    „Warum hast du dich denn nicht gewehrt?“, fragte er sie verzweifelt. Tränen schossen ihm in die Augen.
    „Er hat mich hypnotisiert!“, schrie Fenia völlig hysterisch.
    „Ich war vollkommen weggetreten!“ Allmählich begriff Halvor den vollen Umfang seiner gemachten Fehler. Er hatte sie nicht nur dazu gedrängt, den Südländer aufzusuchen, sondern auch sämtliche Alarmzeichen der vergangenen Nacht ignoriert.
    „Aber...“, begann er weinend nach der alles erlösenden Rechtfertigung zu suchen.
    „...ich konnte doch nicht wissen...“
    „Ich weiß...“, antwortete Fenia und nahm Halvor zitternd in den Arm. Für Halvor waren ihre Worte und die darauffolgende Geste wenigstens eine seichte Minderung der schweren Vorwürfe, die er sich selbst machte. Dennoch blieben nach wie vor die unsagbare Wut und die zermürbende Hilflosigkeit.
    „Oh Halvor, was sollen wir jetzt nur tun?“, fragte sie schluchzend.
    „Wer wird mir glauben schenken?“ Halvor wusste keine Antwort, doch wollte er den Südländer nicht ungestraft davon kommen lassen. Mit oder ohne Miliz, er würde seine gerechte Strafe bekommen.

  19. Beiträge anzeigen #19 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Noch am selben Abend hatte sich Halvor trotz der späten Stunde auf den Weg zur Kaserne gemacht. Anfangs war er im Zwiespalt, ob er seine Frau wirklich alleine zurücklassen konnte. Doch mit fortgeschrittener Stunde wuchs in im die Wut und der Drang, etwas gegen Fenias Peiniger zu unternehmen. Das Tagesgeschäft des Hafenviertels war indes dem allabendlichen Dienstleistungsgewerbe gewichen. Der Schiffsverkehr war zum Erliegen gekommen; Verkaufsstände wurden abgebaut und die übrig gebliebenen Güter wurden wieder in die anliegenden Lagerhäuser gebracht; Die Hafenkneipe wurde eröffnet. All dies ging an Halvor jedoch vollkommen vorbei. Mit seinen Gedanken war er nur noch bei seiner Frau und den Drang nach Gerechtigkeit. Als er den Galgenplatz passierte, wurden der Freibierstand und die zahlreichen Sitzgelegenheiten für die Wasserpfeifen eröffnet. Der aromatische Duft von Vanille und Honig lenkte ihn kurzweilig ab und weckte Kindeserinnerungen. Jedoch zwang er sich relativ schnell wieder selbst zur Besinnung und lies sich nicht ablenken. Entschlossen betrat Halvor schließlich die Kaserne der Hafenstadt. Er ignorierte dabei, dass der Trainingsplatz zu diesem Zeitpunkt bereits abgebaut wurde und er aufgrund seiner Anwesenheit verdutze Blicke erntete. Ohne weitere Umschweife betrat er das Zentralgebäude der Kaserne.
    „Ich möchte eine Straftat anzeigen!“ Ein Paladin sah Halvor hinter einem Pult stehend mit müden Augen an.
    „Dann müssen sie Morgen wiederkommen.“, antwortete er schließlich nach mehreren Sekunden.
    „Wie sie sicherlich gesehen haben, machen wir gerade Feierabend.“ Halvor versuchte unter größten Anstrengungen, nicht die Beherrschung zu verlieren.
    „Dieser verdammte Scharlatan aus dem oberen Viertel hat sich an meiner Frau vergangen, also werde ich ganz gewiss nicht Morgen wiederkommen!“, erwiderte er mit bebender Stimme. Immerhin wurde der Paladin nun erstmals so richtig aufmerksam.
    „Wenn sie dieses verdammte Schwein nicht einbuchten, dann werde ich ihm eigenhändig alle Knochen brechen!“
    „Sie reden von Salandril, dem südländischen Kräuterkundigen?“, versuchte der Paladin angespannt herauszufinden und ging nun um den Pult herum auf Halvor zu.
    „Er hat sich an meiner Frau vergangen...“ Die anfangs noch sichtbare Müdigkeit des Paladins verschwand allmählich aus dessen Gesicht. Stattdessen schien er nun hellwach und konzentriert zu sein.
    „Für sie lege ich Heute Überstunden ein.“, sagte er schließlich.
    „Auf diese Gelegenheit warte ich schon seit Monaten.“
    Geändert von Lord Regonas (12.06.2017 um 21:07 Uhr)

  20. Beiträge anzeigen #20 Zitieren
    Held Avatar von Lord Regonas
    Registriert seit
    May 2006
    Ort
    Osnabrück
    Beiträge
    5.409
     
    Lord Regonas ist offline

    Post

    Im ersten Moment war Halvor vom plötzlichen Sinneswandel des Paladin vollkommen überrumpelt. Er hatte mit weiterem Widerstand gerechnet und war bereits kurz davor gewesen, jegliche Besinnung zu verlieren. Nun ging der Paladin jedoch hinter seinen Pult zurück und öffnete dort ein dickes Buch.
    „Ich ermittle bereits seit mehreren Wochen gegen Salandril. Fünf Menschen, die bei ihm in der Behandlung waren, sind gestorben. Der Letzte erst am heutigen Nachmittag.“ Halvor ahnte allmählich, worauf der Paladin hinaus wollte. Allerdings wurde ihm dadurch auch schlagartig bewusst, welcher Gefahr Fenia ausgesetzt war.
    „Dieser Mistkerl ist immer noch auf freien Fuß, obwohl er bereits fünf Menschen ermordet hat!“
    „Ganz so einfach ist das nicht.“, versuchte sich der Paladin zu rechtfertigen und Halvor gleichzeitig wieder zu beruhigen.
    „Mir ist vollkommen egal, was das ist!“, schrie Halvor und verlor nun endgültig seine Beherrschung.
    „Ich will dass dieses Drecksschwein im dunkelsten Loch verrottet!“ Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bis drei Milizsoldaten besorgt das Kasernengebäude betraten.
    „Können wir helfen, mein Lord?“, fragte einer von ihnen und fuhr mit seiner Hand vorsichtig über den Griff seines noch nicht gezogenen Schwertes. Ehe der Paladin jedoch antworten konnte, fiel ihm Halvor ins Wort.
    „Eine gute Idee, mein Lord...“ Seine Stimme klang dabei übermäßig sarkastisch.
    „Fünf ermordete Menschen und eine vergewaltigte Frau! Vielleicht wäre es an der Zeit, etwas zu unternehmen!“
    „Lasst uns allein!“, befahl der Paladin seinen Soldaten.
    „Sie werden mir jetzt verdammt noch mal zuhören!“, wandte er sich wieder angespannt an Halvor, nachdem seine Soldaten die Räumlichkeiten wieder verlassen hatten.
    „Fünf Menschen, die bei Salandril in der Behandlung waren, sind gestorben. Allerdings konnten wir bisher keinen Zusammenhang zwischen seiner Behandlung und dem Tod der Patienten nachweisen. Allesamt waren dem Tode nahe, was es außerordentlich schwierig macht, sein Zutun an ihrem Tod zu beweisen.“ Der Paladin hielt für einen Moment inne, doch nachdem Halvor nicht antwortete, fuhr er fast schon erleichtert fort.
    „Sie und ihre Frau sind die ersten wirklichen Zeugen und alles was wir brauchen, um dem Kerl das Handwerk zu legen. Erzählen sie mir alles von Anfang an und dann versichere ich ihnen, werden wir uns um Salandril kümmern.“
    Nur mit Mühe konnte Halvor die Geschehnisse der letzten Tage wiedergeben. Er hatte währenddessen immer wieder mit den Tränen zu Kämpfen und wusste oftmals nicht, ob es Tränen der Verzweiflung, der Trauer oder der Wut waren. Als er es jedoch endlich hinter sich gebracht hatte, spürte er eine beinahe schon erlösende Erleichterung.
    „Nehmen sie dieses Dokument zu sich nach Hause mit.“, eröffnete der Paladin nach mehreren Minuten des Schweigens erstmals wieder das Gespräch. Seine Stimme klang bedrückend; sie war mitfühlend.
    „Ich möchte es ihrer Frau ersparen, dass sie all dies noch einmal in einem Gespräch durchlebt. Sie soll ihre Aussage auf diesem Schriftstück festhalten und dann kümmern wir uns um den Rest.“

Seite 1 von 2 12 Letzte »

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
Impressum | Link Us | intern
World of Gothic © by World of Gothic Team
Gothic, Gothic 2 & Gothic 3 are © by Piranha Bytes & Egmont Interactive & JoWooD Productions AG, all rights reserved worldwide