-
nomina nuda tenemus
Troan hatte die Lösung dieses Rätsels gefunden, nun waren sie nicht nur in der Überzahl, sondern Troan konnte mit seinen eigenen Waffen auch noch einen zweiten ihrer spiegelbildlichen Gegner erledigen. Er entschied sich für Taeris. Wollte er keine Frauen schlagen? Oder hatte er Furcht vor Magiern? Nein, es waren wohl einfach die rationalen Gründe eines erfahrenen Kriegers, der zuerst diejenigen Gegner ausschaltet, die am gefährlichsten sind, um sich danach erst denen zuzuwenden, von denen seiner Meinung nach eine geringere Gefahr ausging.
Taeris bewegte sich nicht, als das Schwert Troans von oben in seinen Hals eindrang. Mit gurgelnden Lauten sackte er zusammen. Taeris lächelte. Der echte Taeris. Dann zog er sein Schwert.
Der Rest war schnell erledigt. Während Redsonja sich um das Ebenbild Estebans kümmerte, schlug der Nordmarer schnell und hart bei der magischen Kopie der Kriegerin zu. Beide schauten ihren Gegnern dabei nicht in die Augen.
Plötzlich verschwanden die Leichen der Kopien. Sie lösten sich einfach auf, wurden durchsichtig und waren nach wenigen Augenblicken verschwunden, als hätten sie nie existiert.
»Was für Magie!« Aus Estebans Worten sprach die Begeisterung für diese fast geniale Ausnutzung einer magisch erzeugten Aberration. Daß ihn diese eben gerade beinahe getötet hätte, wenn Troan nicht auf seine Idee gekommen wäre, etwas zu nutzen, das nicht zu ihrer Ausrüstung gehörte, hatte er schon wieder verdrängt.
»Gehen wir. Dort durch diesen Turm.« Er zeigte auf den nächstgelegenen der vier äußeren Türme und rannte schon auf die Tür an seinem Fuß zu.
Die anderen folgten ihm. Mit wenigen Hieben von Taeris' Schwert war das Schloß zerstört und die Tür offen. Der Weg durch den Turm lag frei.
In der sich nach oben windenden Treppe befand sich keine weitere Falle. Nach einigen Windungen, die sie bis unter die Spitze des Turmes führte, erreichten sie eine weitere Tür, die die Gruppe wieder nach draußen führte. eine schmale, geländerlose steinerne Brücke führte über den Abgrund des unter ihnen liegenden Hofes direkt zum großen Hauptturm hinüber. Einer nach dem anderen überquerten sie den Abgrund.
Die Tür auf der anderen Seite war wieder durch ein Schloß gesichert, auch dieses hielt den wuchtigen Hieben von Troans Schwert nicht viel entgegen. Schnell drangen sie in den Hauptturm ein.
Ein schmaler, offenbar um den gesamten Turm umlaufender Gang verband die Eingänge von den vier Türmen miteinander. Doch dies war ein Trugschluß. Schnell erreichten sie Treppenstufen, die sie nach unten brachten. Die Eingänge der anderen Turmbrücken mußten zu anderen Gängen führen, die ebenfalls in einer Art äußeren Schale um den durch dicke Mauern vor den Augen der Eindringlinge verborgenen Innenteil des Turmes führten.
»Irgendwie müssen wir in das Innere des Turmes gelangen«, vermutete der Magier. »Wenn wir hier etwas finden, dann dort drin.«
Sie folgten den Treppenstufen weiter nach unten und gelangten in einen Gang. Kreuzförmig liefen drei andere Gänge darauf zu. Hier unten hatten sie die Gänge aus nacktem Mauerwerk hinter sich gelassen. Während der Boden mit polierten Fliesen aus dunklem Gestein belegt waren, waren Wände und Decke mit Holz vertäfelt. In der Mitte, an dem Punkt, an dem sich die Gänge trafen, führte eine gewundene Treppe weiter nach unten, in die Tiefen des Berges.
»Keine Magie mehr«, bemerkte Esteban. »Ich weiß nicht, ob das gut ist.«
Gerade erreichten sie die Treppe nach unten, als hinter ihnen das Holz der Vertäfelung zu knarren und knirschen begann. Erstaunt sah sich die Gruppe um. Bohlen und Balken begannen zu knacken, splitterten auf und lösten sich von ihrer Verankerung ab. Tafeln aus der Decke fielen herab. Doch blieben sie nicht liegen, sondern fügten sich wie von Geisterhand neu zusammen, bildeten eine Art Körper, Füße, Beine, lange armartige Gebilde mit wuchtigen Holzklötzen in Menschengröße am Ende.
»Eine Art Golem aus Holz«, staunte Esteban. »Interessant, was alles möglich ist.«
Das hölzerne Ungetüm, das entfernt an einen Menschlichen Körper - mit Beinen, Armen und einem Torso - erinnerte, jedoch keinen Kopf besaß, bewegte sich krachend und splitternd auf sie zu. Die langen Arme hoben sich und mit den hölzernen fäusten wuchtete das Monster auf den Boden, dessen Steinplatten splitterten und barsten. Es machte einen Höllenlärm.
-
Taeris blieb kaum Zeit, um sich weiter über das eigenartige Zusammentreffen mit einen Abbild seiner selbst zu wundern. Andererseits hatte Taeris schon schlimmeres gesehen. Auch heute noch sah er manchmal im Schlaf das Dorf…Silvenheim. Hörte die Schreie der Kinder und sah die nach Nahrung gierenden und lechzenden Flammen vor sich. Alles nur Illusion, Trugbilder. Doch änderte dies nichts an den wiederkehrenden Träumen.
Krachend, tosend, berstend schlug die Faust des Monstrums an der Stelle ein, an der Taeris noch bis vor einem Wimpernschlag gestanden hatte.
“Schlechter Zeitpunkt zum träumen.“
sprach Sonja, die ihn am Kragen gepackt und zur Seite gestoßen hatte. Mehr Zeit blieb nicht, denn im nächsten Moment flog eine weitere Faust dicht über ihrem Kopf hinweg.
Die Luft um sie herum vibrierte förmlich. Holzsplitter flogen umher. Der Boden unter ihren Füßen bebte und das Knacken und Knarren waren ohrenbetäubend laut. Taeris versuchte eine Schwachstelle zu erkennen. Doch schien der Golem nur aus Rumpf, Armen und Beinen zu bestehen. Die Gestalt entsprach nur entfernt der eines Menschen und überragte jeden von Ihnen um mindestens die anderthalbfache Körpergröße.
Fluchend rollte Taeris sich etwas unbeholfen zur Seite, um einem weiteren Hieb zu entkommen. Seine Klinge war ihm längst entglitten, doch war sie ohnehin nutzlos gegen dieses Monster aus massivem Holz.
“Magier, du hast nicht zufällig irgendwas mit Feuer auf Lager?!“
Rief Taeris, doch seine Stimme erstarb im tosenden Lärm. Abermals regneten Splitter auf Eindringlinge herab.
-
nomina nuda tenemus
»Eine Beschwörung?«, schrie Esteban durch den Lärm. »Wie soll die helfen? Wir bräuchten einen Feuermagier.«
Auch er warf sich auf den Boden, um den wild umherschwingenden Fäusten des Holzungetüms zu entkommen. Offenbar war es angetrieben von blinder Zerstörungswut, geleitet in seiner Richtung nur von den Mauern der Gänge, die den Koloß umgaben.
»Obwohl so einer dann wahrscheinlich die halbe Burg abfackeln würde.«
Feuer war wohl doch nicht unbedingt die beste Option hier im Inneren der Feste.
»Hackt ihn auseinander«, schlug er stattdessen laut rufend vor. Nur schwer übertönte seine Stimme den Lärm. »Hackt ihm die Arme ab.«
-
Sie schloss die Augen, wie sie es so oft tat, wenn sie einen Gegner vor sich sah, der ihr auf den ersten Blick um Längen überlegen war. Sie versuchte zu spüren, wo seine Bewegungen hinführen würden, doch musste sie zwei Herzschläge später die Augen wieder aufreissen, ohne irgendetwas gefühlt zu haben. Hatte der Ausflug in diese Sphäre auf den Esteban sie mitgenommen hatte, tatsächlich Wirkung gezeigt? Es blieb keine weitere Zeit zum überlegen, denn nur eine schnelle Seitwärtsrolle konnte sie überhaupt noch vor dem kräftigen Arm retten. Der Fuss setzte nach. Sie rollte über den Boden und war froh, dass Taeris für sie in die Bresche sprang. Sonst... auch hier überlegte sie nicht weiter. Sie nahm nur aus dem Augenwinkel wahr, dass sich Troan nicht wie die anderen beiden auf den Holzgolem stürzte, sondern den Anschein machte etwas zu entzünden. Schliesslich hatte auch er die Fackel getragen.
„Ich lenke ihn ab.“
Keuchte der Clanlord hervor und die Anstrengung war ihm anzuhören, während Redsonja sogleich verstand. Sie rappelte sich hoch und versuchte die Kreatur zu umgehen, um das linke Bein von hinten zu attackieren. Es war ein Wagnis, doch waren die Beine deutliche langsamer, als die Auswülste, die an Arme erinnerten.
-
Holzsplitter flogen Troan um die Ohren, rissen tiefe Kratzer in sein Gesicht und einer flog ihm auch noch tief in seinen Oberarm. Doch da hatte Troan es zum Glück bereits geschafft seine Wolldecke in Brand zu stecken und war bereit sie dem Ungetüm an den Kopf zu werfen. Taeris und Redsonja hatten es durchaus geschafft den Golem hart zu treffen, doch schienen die Holzsplitter immer wieder zu dem Monster zu finden und fügten dieses wieder zu einem ganzen zusammen
Schliesslich warf Troan die Decke dem Golem vor die Füsse - mit nur mässigem Erfolg, doch das war ja auch noch nicht Troans ganzer Plan.
"Achtung!", schrie er und deutete auf die Schnapsflasche in seiner rechten. Da war der Trieb des versteckten Alkoholikers doch noch für etwas gut...Estebans Gesichtsausdruck nach zu urteilen schien er dies jedoch für eine denkbar schlechte Idee zu halten. Doch bisher hatte er auch keine bessere Idee gehabt, also warf Troan die Flasche auf die brennende Wolldecke unter dem Ungetüm.
-
Das Gebräu explodierte förmlich in den Flammen, die sich in alle Richtungen ausbreiteten, nach den hölzernen Gliedmaßen des Monstrums gierten und förmlich nach ihnen schrieen und kreischten und übertönten damit das Ächzen und Knarren des hölzernen Ungetüms.
Schlagartig war der Gang in flackerndes orangerotes Licht getaucht, als sich die Flammen am Leib des Ungetüms empor fraßen. Doch hinderte dies die Bestie wenig daran, weiter um sich zu schlagen.
Entsetzt sahen sie mit an, wie das Ungetüm keinerlei Notiz von den verzehrenden Flammen nahm und sich von neuem auf sie stürzte. Diesmal war Esteban es, der gerade noch ausweichen konnte. Taeris war rücklings gestolpert und beinahe in seine eigene Klinge gestürzt. Verzweifelt versuchten sie Distanz zwischen sich und die Kreatur zu bringen und Zeit zu gewinnen. Viel zu langsam kam es Taeris vor, wie die Flammen das holz verbrannten, dabei brannte es so heiß, dass er noch in 5 Schritten Entfernung das Gefühl hatte, sich die Haare an zu sengen. Die Hitze des Feuers breitete sich im ganzen Raum aus. Beißender Rauch waberte in der Luft und zog nur langsam ab.
Taeris hustete, rang nach Luft. Der Rauch nahm ihnen die Sicht. Irgendwo in den dunklen Schwaden sah man die Flammen und das tobende Ungeheuer.
“Wir müssen hier weg!“
Brachte Taeris zwischen zwei Hustenanfällen hervor. In diesem Augenblick ertönte ein ohrenbetäubendes Krachen, gefolgt von einem dumpfen Aufprall. Funken flogen durch die Luft, setzten noch mehr von der übrig gebliebenen Holzvertäfelung an Wänden und Decke in Brand, die nach und nach herabfielen. Das Monster war in sich zusammengefallen. Zumindest ebbte der tosende Lärm ab.
Hustend und keuchend rannten sie vorwärts, vorbei an den brennenden Überresten des Golems…. Der Gang, den die Bestie bis dahin versperrt hatte, stand nun nahezu vollständig in Flammen. Sie rannte immer weiter. Wobei es mehr ein Taumeln und Stolpern war.
Doch endlich lichtete sich der Rauch ein wenig. Die Hitze der Flammen ließ nach und sie hörten noch, wie der Gang hinter ihnen in sich zusammen brach.
Taeris schnappte immer noch nach Luft, als sie endlich das Ende des Ganges erreichten. Er mündete in einen größeren Raum, in dem sich der Gang aus dem sie gerade kamen mit einem weiteren Gang kreuzte. Aus Gründen, die Taeris verborgen blieben, wählten sie den Weg über die Treppe, die in der Mitte des Raumes nach unten führte. Ihmw ar egal wohin sie liefen. Solange es nur weg vom Rauch führte.
Die Treppe führte in ein tiefer gelegenes Stpockwerk, das ebenfalls aus Gängen bestand. Doch die Holzvertäfelungen wichen eigenartigen Metallgebilden. Stählernen Platten und Stangen, die kreuz und quer an den Wänden und Decken entlang liefen. Die Stangen waren miteinander verbunden und Dampf trat an manchen Stellen aus. Waren sie etwa hohl? Hohle Metallstangen? Taeris schüttelte den Kopf, ebenso wie die andere, die an den merkwürdigen Gebilden vorbei liefen….
..als sie plötzlich fast zeitgleich ungläubig stehen blieben und entgeistert auf eine der metallenen Platten starrten, die sich vor ihnen scheppernd und quietschend aus der Wand löste.
“LAUFEN!“
rief irgendjemand geistesgegenwärtig…und das taten sie. Als wäre Beliar persönlich hinter ihnen.
Geändert von Taeris (27.02.2010 um 19:34 Uhr)
-
nomina nuda tenemus
»Los, die Treppe!«, hatte der Magier, hustend durch den Rauch in seinen Lungen, den anderen zugeschrien und hatte dabei auf den vor ihnen gähnenden Schlund gezeigt.
»Die anderen Gänge kommen von den anderen drei Treppentürmen«, rief er weiter zur Erklärung, «keine Chance, dort weiter ins Innere zu kommen.« Doch die anderen hörten seine Erklärungen nicht. Über ihnen prasselte brennendes Holz, Balken stürzten laut krachend auf den steinernen Boden, zerhämmerten die Fliesen, kochendes Holz warf triefende Blasen, Rauch, überall Rauch, der die Gänge einnahm, die Sicht versperrte und die Lungen gefüllt hatte, wenn man nicht aufgepasst hatte, wo und wann man einen Atemzug nahm. So schnell sie konnten, waren sie aus dieser Hölle, gebildet aus Rauch, Holz, Flammen und Hitze, geflohen.
»Was habt ihr getan, ihr Verrückten!«, hatte der Magier gerufen, als sie die Treppe hinuntergehastet waren und der Lärm weiter oben endlich wieder soweit nachgelassen hatte, daß man sich verständlich machen konnte.
»Ihr habt die Feste in Brand gesetzt. Alles wird über uns einstürzen, zu einem riesigen Schuttberg.« Er wischte sich die wirren Haare aus dem Gesicht, merkte dabei gar nicht, daß sie an der schweißnassen Stirn klebten. »Wir kommen nie wieder hier raus, wenn wir Pech haben«, presste er wütend hervor. doch mußte er zugeben, daß die Wut vor allem aus dem Wissen gespeist wurde, keine gute Lösung gegen diesen Gegner gefunden zu haben, der nun weiter oben sein magisches Dasein als Aschehaufen beendete.
Troan wollte schon zu einer wütenden Entgegnung ansetzen. Immerhin hatte unter anderem sein Einsatz gerade allen das Leben gerettet, doch Esteban unterbrach ihn schon im Ansatz.
»Schon gut, was immer du sagen willst, du hast Recht. Feuer war die einzige Möglichkeit, dieses... Ding zu erledigen. Und wenn es dabei zu weiteren Schäden im oberen Bereich der Burg kommt, dann müssen wir das hinnehmen. Ihr alle habt uns - und mir - eben das Leben gerettet.« Sein Atem ging, wie bei allen noch keuchend wegen der eben durchgestandenen Anstrengung.
Plötzlich eine schnelle Bewegung. Der Magier schnipste einen kleinen Glutklumpen von Redsonjas Schulter.
»Vorsicht, das kann sich durch Stoff und Leder fressen. Verschwinden wir lieber von der Treppe.«
In der Tat schien sie die Rache des besiegten Ungetüms bis hier unten hin zu verfolgen. Schickte es doch noch seine brennenden Überreste nach unten. Hier und da purzelten weitere glühende Holzteile, Asche und verkohlte Holzstücke die Treppenstufen hinab. Taeris trat einen der glühenden Brocken grimmig und mit Genuß aus.
»Gehen wir weiter«, schlug Redsonja vor. Der Gang führte nur in eine Richtung. Hier unten erfüllte ein schummeriges, grünliches Licht den Gang, obwohl nirgends Fenster zu sehen waren. Das Metall an seinen Wänden, der Decke und dem Boden, die mit Röhren, Rohrleitungen und seltsamen metallenen Verzierungen über und über bedeckt waren und die eigenartige Ansammlungen bildeten, wirr und ohne Sinn und Muster angeordnet, so schien es, dieses Metall reflektierte Licht, das keine erkennbare Quelle hatte.
»Seht ihr das Leuchten?« (Dumme Frage des Magiers, die keinem eine Antwort würdig war.) »Das muß Magie sein. Ich denke wir sind nahe am Geheimnis dieser Festung. Sie nicht gut genug bewacht zu haben, wird der Zitadelle noch leid tun.«
»Falls für diese Überfälle in Vengard und Gorthar überhaupt die Zitadelle verantwortlich ist«, ward Redsonja ein.
»Was willst du damit sagen?«, fragte der Schwarzmagier lauernd.
»Die Zeichen, auf den Dolchen, die benutzt wurden, waren über einhundertfünfzig Jahre alt, hieß es doch«, erklärte sie den anderen ihre Theorie. »Und daß die Zitadelle diese heutzutage nicht mehr benutzen würde.«
»Weißt du irgend etwas darüber?«, fragte Esteban mißtrauisch, doch die Kriegerin schüttelte nur entschieden den Kopf. »Ich hab nur die Fakten zusammengezählt und einen Schluß daraus gezogen.«
»Nungut, ich verstehe«, nickte Esteban. »Im Grunde hab ich etwas ähnliches vermutet. Der Zitadelle kann irgendein Schwarzmarkthändler in Vengard und ein alter Alchimist und Magier in Gorthar schließlich herzlich egal sein. Beide haben nichts mit Darwath zu tun und bedrohen die Macht der Magier hier nicht im Geringsten«, führte er weiter aus. »Es liegt also die Vermutung nahe, dass irgendeine andere Gruppe bei meinen und unseren Zusammenstößen dahinter steckt. Eine Gruppe, die sich des Wissens und der magischen Macht der Zitadelle bedient, um ihre eigenen ziele zu verwirklichen. Dazu haben sie offenbar nur Zugang zu veralteten Waffen der Zitadelle. Doch diese sind wohl immer noch besser als anderes, weswegen sie diese bevorzugen. Und sie haben Ziele, die Dinge oder Personen außerhalb Darwaths berühren. Und dort kommen wir ins Spiel«, schloß er die Offenlegung seiner Vermutungen.
»Ich wünschte, ich hätte die Aufzeichnungen Dakastos entschlüsseln können, doch sein Code ist selten raffiniert. Ich konnte bisher nur wenige Seiten lesen. Er wechselt den Schlüssel immer wieder und das System hinter diesem Wechsel habe ich noch nicht geknackt.«
Taeris schaute ihn spöttisch an. »Ach, versagt da die Magie?«, meinte er.
»Das ist keine Magie, das ist einfach Mathematik«, entgegnete Esteban bissig. »Und die ist mit ihren festen Regeln und Gesetzen der Magie wie ich sie begreife, der Magie mit ihrem im ständigen Fluß begriffenen Variablen, die man einfach intuitiv erfassen muß, diametral entgegengesetzt.«
Taeris winkte gelangweilt ab.
»Jaja, ich lasse dich schon in Ruhe mit diesen Einzelheiten. Dir das Wesen der Magie zu erklären, ist, wie einem Ork das Harfespielen beizubringen.«
»Was ist nun mit den Aufzeichnungen?«, fragte Redsonja. »Du hast erwähnt, dass du einige Seiten entziffern konntest.«
Esteban nickte. »Ja, doch das Meiste ergibt einfach keinen Sinn. An einer Stelle ist die Rede davon, dass er wohl Experimente durchgeführt hat an Kreuzungen von verschiedenen Lebewesen. Was genau für welche und worum es bei diesen Kreuzungen ging, welchen Zweck das alles hatte, weiß ich nicht. An einer anderen Stelle, weiter hinten in seinen Aufzeichnungen ist die Rede von potenzierter magischer Kraft. Er schrieb von dem Zugriff auf die unmittelbare Ebene der Magie. Er hatte dafür ein seltsames Wort, dass ich noch nicht entschlüsselt habe.«
Taeris schaute schon wieder scheel herüber.
»Jaja, laß gut sein«, winkte Esteban ab. »Aber ich denke, das könnte wichtig sein. Normalerweise berühren die Magier den Fluß an der Oberfläche. Man kann es vielleicht mit einem Apfel vergleichen. Man sieht die schale, man berührt die schale. Doch diese ist nur die sehr dünne äußere hülle. Alles was darunter liegt, sieht man nicht. Bis man ihn aufschneidet. Dann entdeckt man, das so viel mehr unter der Schale liegt. Genauso ist es womöglich mit der Magie, der arkane Fluß ist möglicherweise nur die Oberfläche und sie bietet uns nur unvollkommenen Zugriff auf die wahren Mächte. Wenn man in die Bereiche unter der Schale vordringen könnte, stehen dem Magier erst die wirklich furchterregenden Kräfte zur Verfügung- Magie, wie man sie sich nicht träumen lässt. Es geht nicht mehr darum, mit den Elementen zu spielen, Feuer zu entzünden oder Wasser zu bewegen. Auch keine einfachen Beschwörungen von etwas, was einmal gelebt hat oder was in anderen Ebenen manifestiert ist. Nein, es geht um viel mehr.«
Der Magier hatte sich in Begeisterung geredet. Mit erhobenen Armen referierte er über die fürchterlichen Mächte, die aus gutem Grund den von Emotionen und Instinkten beherrschten, wankelmütigen Menschen nicht zugänglich waren.
»Nein, der Anwender wäre fähig, die Gestalt der Realität selbst zu ändern. Dir gefällt dein Leben nicht? Ändere die Welt drumherum, damit sie dazu paßt. Du willst wissen, was vor tausend Jahren geschah? Kein Problem. Oder in einer Million Jahren? Nichts leichter als das! Du bist der Meinung, die Realität entspricht nicht deinen Wünschen? Dann mache sie passend. Du willst der Herr einer eigenen Welt sein? Dann sei es! Unbegrenzte Macht über alles und darüber hinaus. Es gibt so viel mehr, was sich der begrenzte menschliche Verstand nicht auszumalen imstande ist. Zugang dazu würde uns nicht gottähnlich machen, es macht uns zu Göttern. Göttern ohne das Bewusstsein dazu. Denn das bliebe weiterhin menschlich und begrenzt. Und deswegen ist uns diese Macht verborgen und unerreichbar fern.«
Und als er an dieser Stelle seines begeisterten Monologs angekommen war und Taeris nun den letzten Beweis dafür bekommen hatte, dass Magier alle durchgeknallte Spinner waren, die in irgendwelchen bunten Realitäten schwebten, hatte ihm Troan auf die Schulter getippt und ihn unterbrochen.
»Ich glaube, die Wände bewegen sich schon wieder.«
Und nun standen sie in diesem Gang, dessen Wände bedeckt waren mit riesigen Äquivalenten von alchimistischen Gerätschaften, Röhren, Ausbuchtungen, Verzweigungen, vernietet und sich überlappende Platten... diese Bestandteile entwickelten gerade ein Eigenleben.
»Nicht schon wieder...« kam es einem der Gefährten als Stoßseufzer über die Lippen.
Und dann: »LAUFEN!«
Dieses im Befehlston herausgerufene Kommando verfehlte seine Wirkung nicht. Die gesamte Gruppe floh vor diesem neuerlichen Unheil, von dem sie zu wissen glaubten, zu was es führen würde. Einem weiteren golemartigen Monster, diesmal nicht aus Holz, nicht entflammbar, nicht mit Schwertern zerteilbar, nicht mit Pfeilen verwundbar.
Die Pause war zu kurz gewesen.
-
nomina nuda tenemus
»Hört das denn nie auf?«, fluchte Taeris. »Holz, Metall, was kommt noch?«
Keuchend rannten sie den Gang entlang, während hinter ihnen knarrend und quietschend Eisen, Bronze, Blei und Messing und was da womöglich noch mehr an Metallen war, sich von den Wänden löste, um sich zu neuen Formen zusammenzusetzen. Gelenke wurden aus geborstenen Plattenkacheln geformt, scharfkantige Bruchkanten formten Kämme auf einem buckligen rücken, auf Schultern und armartigen Auswüchsen.
Doch keiner der Gefährten achtete auf derartige Einzelheiten. Sie achteten auch nicht darauf, wie sich Röhren zu Bündeln ordneten, Muskeln gleich, die außenliegend an den Armen und Beinen des Monstrums dazu dienten, die Bewegungen zu koordinieren. Pranken, ausgeführt als pervertierte Nachahmungen der Natur dienten dazu, einen Körper, der keine Organe enthielt und somit dem eigentlichen Nutzen eines solchen Aufbaus Hohn sprach, fortzubewegen. Und doch war das Monster nicht nutzlos, denn die Arme aus Metall endeten in furchterregenden Pranken, die mit scharfen , gesplitterten Stahlteilen besetzt waren, zähnen gleich, messerscharf und tödlich. Weit augreifend setzte sich das Metallmonster in Bewegung, mit lautem, grausamen Klicken setzte es die Pranken auf den Boden und stieß sich ab, beschleunigte und versuchte, schneller werdend die Gruppe dieser Unbefugten abzuhalten. Es erfüllte seinen Zweck: Eindringlinge in diese Feste der Magier zu jagen und zur Strecke zu bringen, einer der vielen Schutzmechanismen, die mit der mächtigen Magie der Zitadelle-Magier möglich wurde. Funken schlugen bei jedem auftreffen der langen Krallen auf den Boden zwischen diesem und der Pranke heraus. Wie ein Raubtier, geschmeidig und lauernd, kraftvoll und zielgerichtet, wenn es einmal seine Beute gewittert hat, verfolgte das magische Wesen die Gruppe.
»Schnell, dort vorne geht es weiter!«, rief Redsonja und alle folgten ihr, hoffend, sie hätte einen Ausweg gefunden.
»Wenn ich jemals wieder erzähle, ich würde einen Magier auf seinen Wegen begleiten wollen«, stieß Taeris aus, »dann schlagt mir bitte fest ins Gesicht, damit ich aufwache und aufhöre, solch einen Unsinn zu erzählen.« Für ihn stand der schuldige an ihrem Schlamassel fest. Seit sie auf dieser Festungsinsel waren, hatten sie sich von einer Schwierigkeit in die nächste manövriert. Es wurde nicht besser, nur jedes Mal noch hoffnungsloser. Eigentlich war es schon vorher aberwitzig geworden. Den Sohn des Thane entführen! Was für eine selten dämliche Idee!
»Denk an die Reichtümer, die hier vielleicht liegen«, versuchte Esteban, ihn von der Richtigkeit seines Tuns zu überzeugen.
»Bist du vollkommen durchgeknallt? Was interessiert mich irgendein bescheuerter Schatz«, gab der Krieger bissig zur Antwort. »Den gibt’s hier sowieso nicht. Sieh dich doch mal um. Das ist ein verdammtes Magierlabor!«
Das mit dem Umsehen war eine schlechte Idee, denn dabei verlor man nur Zeit.
»Wo ist jetzt dein Ausgang«, fragte Esteban stattdessen keuchend Redsonja, welche die durch den Gang hetzende Gruppe noch immer anführte. Hinter ihnen polterte das Metallungetüm in geschmeidigen Sätzen durch den schlauchförmigen Gang mit beunruhigender Zielstrebigkeit. Aber noch viel beunruhigender war, dass die Geräusche, die es verursachte, immer lauter wurden. Weil es immer näher kam.
»Dort vorne!« rief die Kriegerin, und alle wollten gerade innerlich aufatmen, weil sie meinten, dort vorne (wo auch immer das war) hätte Redsonja einen Ausgang gefunden, einen Ausweg aus dieser Lage. Doch mit Schrecken erkannte jeder für sich im nächsten Augenblick, dass Dort vorne! einfach nur bedeutet hatte, dass dort vorne der Gang zu ende war. Er hörte einfach auf. Und es gab keine weitere Biegung, keine Tür, keine Abzweigung. Das war das Ende.
Nur eine große runde Platte im Boden, die sie als einfache Verzierung ansahen, die an dieser Stelle nicht nur die Wände, sondern eben auch den Boden bedeckte, bot sich als ironischer Abschluß ihres Laufes an. Die Wand über der Platte war mit Symbolen und weiteren Verzierungen bedeckt. Dinge, die sie überall an den Wänden sehen hätten können, hätten sie nur die Zeit und Muße gehabt, sich mit derlei Nebensächlichkeiten zu beschäftigen. In voller wucht knallten die vier ungebetenen Gäste der Feste gegen die Wand am ende des Ganges, befanden sich nun auf der Platte. Esteban federte mit der erhobenen Hand seinen Aufprall ab und berührte diese gerade an einer Stelle, die von jeder Menge Symbolen umrahmt war. Die Krieger drehten sich in diesem Moment schon um, die Waffen gezogen. Was half es? Ehrlos, wer kampflos starb, egal wie stark der Gegner war. Die Eisenbestie war nur noch wenige Sprünge entfernt und näherte sich weiter mit Höchstgeschwindigkeit. Ihr unförmiger kopf - oder als was auch immer man diese Ansammlung von willkürlich zusammengebackenen Metallteilen bezeichnen wollte - besaß eine Art Unterkiefer, der aufklappte und armlange, kalt glitzernde Metallzähne sehen ließ.
Plötzlich begann die Platte unter ihren Füßen zu glühen, die Linien, die die Verzierungen bildeten, füllten sich silbern und Lichtstrahlen drangen aus ihr hervor. Ein Summen, das immer mehr an Intensität gewann, erfüllte den Gang. Das Monstrum setzte zum letzten Sprung an, instinktiv duckten sich die Gefährten unter dem erwarteten Angriff hinweg. In genau dem gleichen Sekundenbruchteil verstummte das Summen und surren, stattdessen hörten sie ein dumpfes Whooop, die Umgebung verschwamm, wurde ersetzt durch grünlich leuchtende verwischte Streifen. Alle fühlten sich wie in wahnsinniger Geschwindigkeit durch den Abfluß einer riesigen Wanne gedreht und herausgespült und dann waren die Streifen verschwunden.
»Verdammt, was ist los!«, wollte Taeris lospoltern, doch bevor er auch nur »Ver...« rufen konnte, fielen über ihnen scharfe Eisenteile herab. Sie hatten zu der Bestie gehört.
»Wir sind teleportiert worden«, stellte der Magier fest. »Und die Teile der Eisenbestie, die in den Teleportstrahl gekommen sind, ebenfalls.«
»Großartig, aber wo befinden wir uns jetzt?«, fragte Troan und schubste die Stahlzinken, die bis vor einer Sekunde noch tödliche Zähne eines durch Magie gesteuerten Monsters gebildet hatten, respektlos mit seiner Stiefelspitze beiseite.
»Ich weiß es nicht«, gab der Schwarzmagier freimütig zu. »Ich habe den Teleport nicht ausgelöst und sein ziel nicht bestimmt. Und überhaupt, wäre mir neu, dass man auf einmal mehrere Menschen teleportieren kann. Jedenfalls nicht mit der Magie, die ich kenne.«
»Bist du dir sicher, dass du es nicht warst?«, zweifelte Redsonja.
»Wieso, weil ich der einzige Magier bin, muß ich nicht automatisch dafür verantwortlich sein.« Esteban schüttelte den Kopf.
»Nein«, entgegnete Redsonja kühl. »Weil die Wand an der Stelle, an der du sie berührt hast, zuerst aufleuchtete. Und dann begann der Teleport.« Trotz der lebensgefährlichen Situation, in der sie eben noch steckten, hatte sie einen kühlen Kopf bewahrt und dieses Detail wahrgenommen.
»Wie soll das möglich sein...« fragten sich Troan und Taeris gleichzeitig.
»Ich habe keine Ahnung. Das System wird sicher auf die Magier, die zur Benutzung befugt sind, reagieren«, vermutete Esteban. »Weshalb ich...« er brach ab und zuckte stattdessen mit den Schultern. »Ich weiß es einfach nicht.«
»Ach, auch Magier wissen also nicht alles?«, nutzte Taeris die Vorlage für eine Stichelei. »Und wo sind wir überhaupt?«
Sie sahen sich um. Rings umher befanden sich wieder diese metallischen Installationen, wie schon im Gang von eben. Alles wirkte somit auf scheußliche Weise vertaut.
»Wohl nicht allzu weit vom vorherigen Standort weg. War wohl eher ein Kurzstreckenteleport.«
Alle erwarteten, dass das Monstrum, nun ohne Gebiß um irgendeine Ecke gerannt kommen würde, um sie erneut zu verfolgen. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen herrschte Stille.
»Wir müssen ins Herz des Laborkomplexes gelangt sein.«
-
keptisch und voller Misstrauen wagte Taeris es zunächst kaum sich frei umher zu bewegen. So zog er es zunächst vor, an Ort und Stelle zu verharren und sich so gut es eben ging seiner Umgebung bewusst zu werden, Er lauschte, sah sich um und versuchte so lange eine Bewegung in den eigenartigen Metallstrukturen zu erkenne, bis sein Verstand ihm vorgaukelte, überall irgendetwas zu sehen.
“Ich glaube da ist nichts. Zumindest nicht noch so eins.“
murmelte Redsonja, die einen Augenblick neben ihm inne gehalten hatte.
“Sehen wir uns ein wenig um.“
Sprach sie schließlich, ohne auf Taeris´ Antwort zu warten und tat es den beiden anderen nach, die anfingen dem Gang zu folgen.
Im Gehen kniff Taeris mehrmals die Augen zusammen und öffnete sie ungläubig wieder, betrachtete seine Hand, die er öffnete und wieder schloss. Er fühlte sich immer noch ein wenig eigenartig, nach diesem herumteleportieren.
Sie gingen an einigen Nischen vorbei, in denen irgendwelche Utensilien auf Anrichten herumlagen. Bücher über Bücher, begraben von kleinen Fläschchen und Schachteln mit irgendwelchen Dingen darin. Sie waren mit Staub bedeckt und dicke Spinnenweben hingen schwer an den Wänden herunter.
Taeris fragte sich schon länger, was das hier alles sollte. Sperrangelweit offen stehende Türen gaben den Blick auf Nebenzimmer frei, die dank der eigenartigen „Architektur“ aus Rohren und Metallplatten nicht weniger einladend aussahen. Misstrauisch betrat Taeris eines der Zimmer um sich zu überzeugen, dass dort nichts auf sie wartete. Doch es war leer. Abgesehen von Unmengen an Büchern und Fläschchen, Schachteln und Töpfchen und noch allerlei weiterem Krimskrams. Er hörte hinter sich, wie die anderen die Nebenräume durchsuchten.
“Wir sollten uns nicht zu weit voneinander trennen. Bleibt zusammen…“
Hörte Taeris Esteban aus dem Nebenzimmer rufen, während er mehr oder weniger desinteressiert die Dinge musterte, die auf einem der Tische herumlagen. In der Mitte des Tisches hatte man ein bisschen Platz in all dem Chaos gemacht. Fast ordentlich lag da ein metallisches viereckiges Ding auf einem ausgerollten Stück Pergament, das wüst mit Schriftzeichen und Skizzen bekritzelt war. Es schien von dem metallischen Ding zu handeln, das auf ihm lag. Taeris beschloss es auf zu heben und pustete den Staub herunter, der eine graubraune Schicht auf dem schimmernden Metall hinterlassen hatte. Es war klein und passte gerade so in seine Handfläche. Das Metall war kühl und schimmerte matt wie die Klinge eines Schwertes. In der Mitte war es von einer feinen Linie durchzogen. Es schien aus zwei Teilen zu bestehen. Ob man es wohl öffnen konnte? Wie ein Kind, das angestrengt ein Rätsel zu lösen versuchte betrachtete er das Ding, versuchte es zu öffnen.
Und plötzlich klappte es mit einem metallischen „KLINGG“ auseinander und gab das Innenleben des Dings frei…aus dem plötzlich eine Flamme züngelte. Vor Schreck ließ Taeris das Ding auf den Boden fallen, Wieso hatte es zu brennen angefangen? Klirrend fiele s auf den metallenen Boden und schnappte dabei wieder zu. Die Flamme war fort. Und das Ding lag einfach so vor seinen Füßen.
Ungläubig sah Taeris sich um. Die anderen schienen keine Notiz davon genommen zu haben.
Vorsichtig hob er es wieder auf. Es fühlte sich warm an. Er hielt es an sein Ohr, schüttelte es. Etwas im Innern klackerte. Er versuchte es erneut zu öffnen, war diesmal ebsser vorbereitet. Vorsichtig hielt es von sich weg. Fasziniert beobachtete er die Flamme, die direkt nach dem Öffnen wieder zum Leben erwachte. Umschlossen von einem kleinen metallenen Käfig ragte sie ein wenig daraus hervor, züngelte nach oben als stamme sie von einer Kerze. Nun etwas sicherer bewegte er das Ding vor sich hin und her. Die Flamme schien sich von dem Luftzug nicht beeinflussen zu lassen. Er schüttelte es. Doch sie blieb an. Vorsichtig schloss er das Ding wieder.. und die Flamme war fort. Brannte sie in dem Ding weiter? Das konnte nicht sein. Sonst wäre es doch sicher glühend heiß. Noch einmal beäugte er das metallene Ding. Fühlte die Wärme die noch davon ausging. Der Rest des Raumes hatte schlagartig an Bedeutung verloren. Taeris beschloss, das Ding zu behalten und nahm auch das Stück Pergament mit sich, das auf dem Tisch gelegen hatte, ehe er wieder zu den anderen aufschloss.
-
Redsonja schüttelte sich, als würde sie dadurch den Schauer los werden, der ihr den Rücken hinunter rieselte, als sie eine Gerät ausmachte, welches sie Spontan als Folterinstrument bezeichnet hätte. Obwohl ihm die spitzen Gegenstände fehlten, die eine Eiserne Jungfrau zum Beispiel aufwies, doch war es auf jeden Fall gemacht um einen Menschen festzuhalten. Es wollte ihr nicht gefallen, besonders die Tatsache, dass sie leicht fasziniert war von einigen Dingen hier. Mit den Fingerspitzen blätterte sie eben die verstaubte Seite eines Buches um. Die Anatomie eines Menschen war darin gezeichnet. Sie blätterte weiter, las ein paar Zeilen und wandte sich dann – die Finger noch immer auf einer Zeichnung ruhend – an Esteban.
„Hast du schon etwas gefunden?“
Wollte sie wissen, denn sie war wie immer neugierig. Nicht das Gold hatte sie gelockt, sondern das Lösen eines Rätsels, dessen Schlüssel der Schwarzmagier vielleicht in der Hand hielt.
„Noch nicht, aber ich glaube wir sind am richtigen Ort.“
Entgegnete dieser, ohne von den Dingen hochzuschauen, die er eben untersuchte. Es klang hoffnungsvoll. Redsonja wandte sich also wieder dem anatomischen Atlas zu und beschloss ihn schlussendlich einzustecken. Kurz darauf stolperte sie über eine Karte, die sie als den Grundriss dieses Stockwerks interpretierte und schon lugte Troan ihr über die Schultern.
„Hier.“ Sie deutete auf einen Kreis. „Das erinnert wieder an diesen Teleporter von dem mir noch immer der Magen surrt. Und ich möchte nicht wissen wohin das Ding führt. Da wäre noch eine Treppe...“
Kommentierte sie weiter und fragte sich fast verzweifelt, wie sie da nur hinaus finden würden. Sie suchte weiter, doch fand sie keine Karten der restlichen Feste. Dabei stiess sie über etwas anderes, das ihr das Blut in den Adern endgültig gefrieren liess. Zwischen all den Werkzeugen und dem Staub lag ein Ring aus jenem nachtschwarzen Material, woraus ihr Dolch gemacht war. Sie begegnete Troans Blick und hielt ihm einen Augenblick lang stand, dann nahm sie den Ring an sich. Nur schon aus Trotz, dass es eine gute Idee war bezweifelte sie sogar selbst ein wenig. Zugegeben hätte sie dies jedoch niemals.
-
"Jaja, der Dolch lässt dich nicht mehr los...", meinte Troan nachdem Redsonja den Ring eingesteckt hatte. Er selbst streifte etwas durch den Raum und blickte über die Tische...Bücher, Fläschchen, Kolben, mechanische Apparate...mit dem Zeug konnte er wenig anfangen. Das alles sah zwar höchst interessant aus, aber auch sehr gefährlich. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass bei der kleinsten falschen Berührung um ihn herum wieder das Chaos ausbrechen würde - nun da ihnen doch wenigstens einen Moment der Ruhe gegönnt worden war.
"Sagt wenn ihr Hilfe braucht", meinte er beinahe etwas gelangweilt und betrat den anliegenden Raum. Hier sah es nicht viel anders aus, wenn auch etwas aufgeräumter. In dem grossflächigen Raum hatte es mehrere Tische aus Metall auf denen wiederum Kolben, Reagenzgläser, Röhrchen und ähnliches Material stand. Alles sah so aus, als hätte man es zuletzt vor langer Zeit gebraucht.
Interessanterweise waren die Wände hier teilweise angeschwärzt und voller Russ. An einer Wand schien man leicht die Umrisse einer menschlichen Gestalt ausmachen zu können: Als sei er in den Stein gebrannt worden. Troan schauderte. Auf dem einen Tisch fand er einen Haufen mit schwarzem Pulver. Die Tischplatte war ebenfalls voller Russ, teilweise schien sogar das Metall geschmolzen und wieder erstarrt zu sein...hier schien man also die Experimente durch zu führen, wo einem am Ende die halbe Festung um die Ohren flog. Nun konnte auch er nicht widerstehen - obwohl er gerade nicht allzu gute Erfahrungen mit seinen letzten pyromanischen Experimenten gemacht hatte. Aber ein kleines Säckchen mit dem Zeug konnte nicht schaden. Im Notfall kannte er ja noch einen Alchemisten der an solchen Dingen immer seine Freude hatte...
-
Ihre vorwitzigen Finger setzten die Erkundungstour fort, glitten über Pläne, Pergamentrollen, wischten Staub zur Seite und gruben sich schlussendlich unter einen ganzen Stapel Papier, der wohl durcheinander geraten war. Dazwischen lagen noch einige andere Dinge. Vorsichtig, aber stetig tasteten sie sich voran, von einer kaum stillbaren Neugierde getrieben, trennten Blätter.
„Au!“
Spie Redsonja plötzlich verärgert aus und die anderen drehten sich sogleich alarmiert nach ihr um.
„Was ist denn jetzt wieder?“
„Nichts!“
Entgegnete die rothaarige Kriegerin noch immer zornig und zog die Hand zurück. Daran hing ein Stück Holz mit einem Metallkonstrukt, das Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand eingeklemmt hielt. Mit vereinten Kräften, schafften es Taeris und sie auch die Finger wieder zu befreien, ohne sie noch weiter zu beschädigen. Nur ein leicht bläulicher Streifen zeugte vom Tappen in die Mausefalle. Auf ihrer weiteren Erkundung liess sie deutlich mehr Vorsicht walten. Selbst als sie ein riesiges Nachschlagewerk fand, ging sie es gemächlich an. Bis sie auf etwas stiess, dass ihr gar die Hände feucht werden liess. Sie blätterte schnell. Dieses Buch war zu gross und schwer, als dass sie es hätte mitnehmen können. Ihr blieb also nur eine Wahl. Sie schaute sich vorsichtig um, damit sie keiner dabei beobachtete.
Ratsch.
Machte es verräterisch und die Seiten von Interesse lösten sich aus dem schönen Einband, während sich der Verfasser des Buches im Grabe umdrehte.
Geändert von Redsonja (01.03.2010 um 20:17 Uhr)
-
nomina nuda tenemus
Esteban hatte sich ungeachtet der Warnung von Taeris, zusammenzubleiben, von den anderen entfernt und über einige eiserne Treppenstufen einen abgetrennten Raum entdeckt. Auch hier war alles mit Staub bedeckt. Boden, Tische, Regale, Gerätschaften. Ein Tisch aber, massig in der Mitte des Raumes thronend, erregte besonders seine Aufmerksamkeit. Mit schwerem Fuß, der sich nach oben zu einer komplizierten Apparatur erweiterte, mitsamt Arbeitsplatten, Spiegeln, Gitterkonstruktionen, Winkelmaßen und Verschiebeschienen, war dieser tischartige Aufbau wohl das hauptsächlich in diesem Raum verwendete Gerät gewesen.
Er trat näher heran, um es in Augenschein zu nehmen. Plötzlich - durch eine Öffnung, die vorher nicht aufgefallen war - bohrte sich ein dünner Lichtstrahl durch den Raum,, durchdrang den in der Luft tanzenden Staub und fiel gegen eine polierte Metallplatte, einen Spiegel, wurde zurückgeworfen, geteilt, vervielfacht und immer wieder gebrochen und reflektiert. Der Lichtstrahl bildete innerhalb der komplizierten Konstruktion aus Umlenkspiegeln und Prismen ein Gitter, eine dreidimensionale Variante eines Enneagramms, Käfig für Magie, Hülle für arkanistische Versuche, Gefäß der Vollendung. Der Lichtstrahl wurde gespeist durch Mondlicht, geleitet durch die Mauern der Feste über ein Spiegelsystem bis ins Innere des Laborkomplexes. Es konnte für alles Mögliche verwendet werden: Eingrenzung magischen Flusses, Messung des magischen Feldes, um Fluktuationen festzustellen, Aufbewahrung von Proben zum Zwecke der Konservierung, auch für Umwandlungen von Stoffen, ja selbst zur Verschmelzung zweier Dinge zu einem neuen. Benutzbar bei Vollmond und gespeist durch dessen Kraft, übertragen mit seinem Licht, das ausgehend von der Sonne durch ihn geläutert wurde. Wahrlicht. Dies war der Stoff, der nicht von dieser Welt war, mit dem sich die Magie beherrschen ließ, die stoffliche Manifestation des Phlegmas.
Esteban merkte gar nicht, wie sehr er schon wieder in die Bahnen eines Schwarzmagiers zurückgekehrt war seit seiner Läuterung. Wie bereitwillig er wieder die gleichen Lehren verinnerlichte, die er früher schon zu beweisen versuchte. Die einzige Magieschule, die dieses Denken wirklich konsequent durchführte, war die Beschwörung. Er konnte es nicht leugnen, er war Beschwörer. Wenn auch noch mit eingeschränkten Fähigkeiten. Doch dies hier erschien ihm als Zeichen. Die mächtigsten Magier kamen aus dieser Schule, wer auch immer hier einst geforscht hatte, er war aus dem Kreise der Beherrscher Darwaths gekommen oder zumindest in irgendeiner Weise diesem zugehörig.
Der Mond zog weiter seine Bahn, der Käfig aus silbrigem Mondlicht bekam Lücken, die immer größer wurden und verschwand dann am Ende ganz. Vermutlich funktionierte der Spiegel in Form einer Parabel im Raum nicht mehr, der das Mondlicht einfing und es immer in Richtung seines Brennpunktes leitete. Nun, das Labor war viele Jahre nicht mehr benutzt worden.
Der Magier schaute sich weiter um, der Raum war groß und an einer Wand entdeckte er eine Reihe von kleinen Alkoven. In einigen fanden sich Glassplitter, einer von ihnen befand sich noch fast im Originalzustand, so schätzte er. Die Rückwand und das Unterteil waren metallisch, vorne war in etwa in zylindrischer Form ein gewölbtes Glas eingepasst. Leitungen führten in den Alkoven und wieder hinaus. So als ob er eins mit Flüssigkeit gefüllt gewesen war. An der Wand befanden sich etwa zwölf oder fünfzehn dieser Alkoven, die meisten davon restlos zerstört.
Auf dem Boden des Raumes lagen überall Stücke und Streifen von Pergament herum. Als Esteban sich bückte, um einige davon aufzuheben, bemerkte er, dass sich das Material anders anfühlte, weicher, wie Stoff, nur fester. Das schwache Licht, von dem nicht auszumachen war, woher es kam und das das ganze Labor sanft erhellte, schien hindurch. Die Ränder waren nicht glatt, nicht geschnitten, sie wirkten ausgefranst, faserig. Über die Schnipsel verteilt las Esteban Bruchstücke von Notizen. Einige größere Stücke mit zusammenhängenden Textfragmenten waren auch darunter.
»Experiment 153 a zeigt Abstoßungsreaktionen nach 7 Tagen«, las er. Und weiter »Blutvergiftung, Korrespondenz einzelner Organe gestört. Abgebrochen.«
Was war hier versucht worden? Er suchte fieberhaft weiter, stöberte in Regalen, öffnete Schränke, die in Nischen standen. Hier und da fand er sogar einzelne Zettel, die unbeschäftigt waren.
»...Nichtfunktion der ektoplasmischen Eindämmung weitere drei Versuchskörper verloren. Wahrlichtkammer fluktuiert und muß genauer ausgerichtet werden. Abweichungswinkel ist in sinere fungotalis zu anzytisch.
Fortschritte in der organischen Verschmelzung. Justierung des Nervenapparates weiterhin nomerta cancialis.«
Der Zettel war zu Ende. Wieder suchte er, durchwühlte Schränke, Truhen, fächer, schaute unter die Einrichtung, in der Hoffnung, dass Blätter vielleicht zwischen Boden und Möbel lagen, versteckt oder vergessen. Schließlich fand er in einem Fach einen ganzen Stapel mit dreißig oder mehr Seiten, die er durchwühlte, umblättert, immer auf der Suche nach mehr Informationen.
»198. Nur wenige Versuchsreihen trennen uns vom Erfolg. Epidermale Angleichung verbesserungswürdig. Wahrlichtkammer neu justiert. Spülintervall der Nährflüssigkeit in den Brutbeschleunigungskammern auf 2,02 Zwölftel-Kanta erhöht.«
Er blätterte um, suchte den nächsten Eintrag.
»200. Alle nicht lebensfähig. Problem bei Nervenbündelung. Sezieren zeigt wieder bekannte Probleme genau auf, Lösung steht unmittelbar bevor. Entsorgung wie üblich. Monatliche Wartezeit schadet mehr als dass sie nützt, zu viel Leerlauf zwischen Experimenten. Zeitverschiebung zur Phasenbeschleunigung des Mondes wäre hilfreich, Meister« - der Name war unkenntlich gemacht - »lehnt ab wegen Entdeckungsgefahr durch das Magisterium. Manipulationswächter zu wachsam. Schwachsinn. Alle Zeit der Welt. Warten in Ewigkeit und ich vollende das Werk.«
Die nächsten Seiten enthielten nur merkwürdige Sätze, es wurde immer wirrer. Dann endlich auf einem weiteren Blatt die Fortsetzung. »201. Das wird mein Meisterstück.
Dachte ich. Synaptischer Myzorismus unscharf eingestellt. Wieder von vorne.
Dieser Kotadas schnüffelt herum. Bin misstrauisch, führt was im Schilde. Werde Meister berichten. Bin mir nicht sicher, ob er noch hinter unserer Sache steht.
Alle Säuglinge wie immer entsorgt.«
»202. Das ist(!) mein Meisterstück. Meister wird zufrieden sein. Ich habe ihn geschaffen. Den Einen, das Werkzeug, den, der unseren Zielen zur Geltung verhelfen wird. Alle Tests positiv. Zerebrale Resonanz nur um minimale Werte verschoben. Magieausstrahlung gleichmäßig, Potenzial gegen unendlich.
Unnützer Rest wird wie immer beseitigt. Kotadas eingeteilt für Entsorgung.
Diese winzigen Geschöpfe sehen alle merkwürdig aus, weißes Haar purpurne Haut. Gruselig. Ein Glück, dass nur einer überlebt und wir den Rest nicht brauchen.«
Und dann folgte nur noch eine Seite.
»Kotadas, das Verräterschwein, hat die letzte Brut nicht beseitigt, er hat alle unnützen Blindgänger entführt und ist verschwunden. Dieser Hundsfott. Habs gleich gewusst. Die Führung wird sich um ihn und die gestohlenen Experimente kümmern. Wenn er plaudert, ist alles verloren. Die Scarmata werden ihn auf der gesamten verdammten Welt suchen und finden. Er kann nicht fliehen. Welchen Namen er auch annimmt, sie werden ihn finden.«
Zusammengesunken, den Kopf in die Hände vergraben, saß Esteban an einem Tisch und versuchte, zu begreifen, was er eben gelesen hatte. Weißes Haar, purpurne Haut... Kotadas... welchen Namen auch immer... Dakasto.
Er schaute auf, sah sich im Labor um. Dies also sollte seine Herkunft sein? Hier war er geboren - wenn man das so nennen konnte. Als Teil irgendeines Experimentes, als vernichtenswürdiger Missgriff, nicht nützlich genug, um zu leben?
Magisches Potenzial unendlich... Der Mensch als Gott, Magie ohne Grenzen, die ultimative Waffe...
Alles, was er in seiner Kindheit gehört hatte über seine Herkunft, war gelogen. Der alte Magier in Khorinis, wer war er gewesen? Die Verurteilung, die Jahre in der Barriere. War es Fluch? Oder war es Schutz gewesen, sicher vor den Häschern, diesen Scarmata?
Wofür diese Versuche, weshalb die Suche nach dem Hypermagier? Und warum die angst vor dem Magisterium der Zitadelle?
Dies waren keine Magier der Zitadelle, sie arbeiteten nicht in deren Auftrag, schoss es ihm durch den Kopf. Dies waren Abtrünnige. Deshalb die veralteten Waffen. Nur diese waren in ausreichender Zahl zu erhalten und immer noch besser als alle anderen in Darwath hergestellten.
Die Zitadelle war nicht der Feind. Jetzt, nachdem sie in die Zhulfeste eingedrungen waren, dazu den Sohn des Thane entführt hatten, wahrscheinlich schon, aber nicht ursprünglich.
Esteban raffte die Aufzeichnungen an sich und stopfte sie in die Taschen seiner mittlerweile von den bisherigen Abenteuern in der Feste recht zerschlissenen Robe. Dann eilte er aus dem Raum, bedauerte für eine Sekunde, nicht selbst so einen Wahrlichtfänger zu besitzen, und suchte seine Mitstreiter auf, die sich innerhalb des Komplexes verteilt hatten.
»Ich habe etwas herausgefunden. Ich weiß, woher die Scarmata stammen und was sie wollten«, rief er den anderen zu, als er sie erblickte. »Wir müssen zu Zukár zurück, ihm berichten, worum es sich handelt. Ich denke, er ist nicht weiter in Gefahr, sobald er uns los ist.
Sobald er mich los ist«, präzisierte er am Schluß.
»Wieso ist es hier plötzlich so warm?« Tatsächlich herrschte in den Räumen plötzlich eine Wärme, ja fast schon Hitze, die von der Decke zu kommen schien.
»Hier war eine rivalisierende Gruppe am Werk, die eigene Ziele verfolgt«, erklärte er weiter. »Vielleicht gegen die Zitadelle oder gegen irgendjemand anderen, ich habe keine Ahnung. Ist mir auch egal im Moment. Auf jeden Fall sind die dringend darauf erpicht, jeden Mitwisser zu beseitigen. Und sie scheinen die notwendigen Ressourcen dafür zu besitzen, diesen Anspruch auch wahr zu machen.«
Die anderen schauten ihn an und machten den Eindruck, nicht wirklich zu verstehen, was er ihnen da erzählte. Jedoch ergaben seine Worte für andere wahrscheinlich auch keinen Sinn. Gerade wollte er zu einer erneuten Erklärung ansetzen, ungeduldig, weil die anderen seiner - wie er glaubte - eleganten Beweisführung, die in Wirklichkeit nur wirres Gerede gewesen war, nicht folgen konnten, als erste Deckenteile herabstürzten. Das Feuer, das sie durch das Entzünden des Holzgolems ausgelöst hatten, hatte sich nach unten durchbrannt und fraß sich immer weiter in die Eingeweide der Feste, hungrig nach Nahrung, nicht eher Halt machend, als bis das nichts weiter vorhanden war, dass sich fressen ließ.
»Oh, Götter... das Feuer, wir müssen raus hier, tiefer, weg aus dieser Ebene.«
Doch die brennenden Teile der Konstruktion, die ihnen vor die Füße fielen, waren nicht das einzige beunruhigende. Ein Klirren erfüllte die Räume, irgendwo ein Stück vor ihnen. Wie eine Kette, die langsam über ein Blech gezogen wird, so dass jedes einzelne Kettenglied sein eigenes kaltes, metallisches Klirren aussenden konnte. Ein Schnauben wie aus großen Nüstern folgte dem Klirren. Sie drehten sich um, dem Geräusch folgend und sahen: Es kam aus großen Nüstern. Nüstern eines bizarren Wesens, dessen Form sich nicht einordnen ließ. Es anzuschauen, tat den Augen weh, denn es veränderte sich ständig. Was eben noch ein gepanzerter Stachelrücken war, wurde einen Augenblick später zu einer Tentakelwand, die aus den Panzerstacheln herausgewachsen war. Hockte es vor einem Moment auf vier Beinen, lag nun ein dicker Leib zwischen acht oder zehn hoch aufragenden, gebogenen Beinen mit einer Art Außenskelett. Doch auch diese Form war schon wieder vergangen. Es war, als suchte dieses Wesen nach der richtigen Gestalt. Der Gestalt, in der es seine ganze Verachtung gegenüber den Eindringlingen ausdrücken konnte. Der Gestalt, die angemessen war, um diese vier unwürdigen Maden zu zerdrücken.
»Lauft!«, schrie einer von ihnen und doch konnte sich niemand aus der Starre angesichts dieses furchtbaren Gegners lösen.
-
Taeris´ Freude über seine neue Entdeckung hielt nicht sonderlich lange an. Fasziniert betrachtete er die Flamme, die aus dem kleinen Kästchen hervorgesprungen war, als ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte und weiter vor ihm plötzlich Teile der Decke brennend auf den Boden krachten. Ungläubig ließ er das Kästchen wieder zu schnappen und verstaute es in seiner Tasche, als weitere Teile durch das entstandene Loch in der Decke stürzten. Rauch hing schwer in der Luft und Flammen schlugen aus den Trümmern hervor, weiter auf der Suche nach Nahrung. Fluchend wich Taeris zurück, blieb dicht bei den anderen, die ebenso überrascht waren.
Esteban schien irgendwas zu rufen, doch Taeris verstand durch den Lärm kaum ein Wort. Und dann ertönte dieser furchtbare Lärm. Das metallene Schaben und Klirren, das Poltern und Knirschen. Es breitete sich in den Gängen aus, hallte von den Wänden wieder und baute sich schließlich zu ohrenbetäubendem Echos auf. Der Lärm, in Verbindung mit dem Bild der Verwüstung und des Grauens, das sich in jenem Moment den vier Abenteurern bot, ließen ihnen das Blut in den Adern gefrieren.
Die wirren und kaum klar erkennbaren Umrisse des Wesens, dass sich aus den Rauchschwaden herauslöste schmerzten in den Augen. Zögerlich umklammerte Taeris seinen Zweihänder. Unschlüssig, was er damit anstellen sollte. Es gab keinen Angriffspunkt, keine Flanke, keinen Rücken, keinen empfindlichen Hals… oder irgendwas in der Art. Zudem fiel es schwer sich zu konzentrieren, da immer wieder irgendwo etwas herunter krachte und irgendwelche teils sehr gut brennbaren Utensilien und Einrichtungsgegenstände unter sich begrub. Einmal fielen sogar Trümmer auf das Wesen… wobei diese einfach scheppernd an ihm abprallten.
Ungläubig starrte Taeris auf das Wesen, dessen Form langsam an die eines Schattenläufers erinnerte… nur drei bis viermal so groß….und ohne Fell. Stattdessen bedeckten Schuppen den Leib des Tieres…oder so schien es zumindest. Denn im nächsten Moment schillerten sie metallisch…nur um wenig später wieder wie Fell aus zu sehen…und dann doch zu einer Art metallisch glänzenden Reptilienhaut zu werden. Fauchend und Schnaubend kam das Wesen auf sie zu, schnüffelte und schnalzte mit langer Zunge, schnappte mit dem Schnabel und fletschte die aufblitzenden Zähne.
“Also ich wäre immer noch für Laufen!“
Versuchte Taeris den Lärm zu übertönen und ging einen weiteren Schritt zurück, während er angewidert zusah, wie sich das Wesen langsam auf eine Erscheinungsform zu einigen schien.
-
Laufen klang gut...sehr gut sogar. Der erste Prankenhieb des Wesens fuhr auf die immer noch etwas überraschte Heldengruppe herab. Sie hasteten in den benachbarten Laborraum und hörten, wie ihr Verfolger das ganze Zimmer mit nur einem Schwanzschlag in Kleinholz und Glassplitter zu verwandeln schien.
"Wo geht es lang? Wir...wir wurden ja hier hin teleportiert! Ich habe keine Ahnung, wo es hier einen Ausgang gibt!", schrie Troan, doch entweder wollte ihn keiner hören oder seine Worten gingen im Brüllen des Monsters unter.
Das Wesen das ihnen nun in den Raum folgte, schien abgesehen von seiner Grösse und seinem gefährlichen Aussehen, keinerlei Ähnlichkeit mit dem vorhergehenden zu habem. Einen Schwanz wie ein Skorpion, eine Schnauze wie eine Echse und ein gefiederter Körper waren es diesmal. Einen Moment schien Troan sogar ledrige Flügel gesehen zu haben.
"Fehlt nur noch, dass es Feuer spucken kann...", fluchte Troan und sprang über einen Labortisch. Fläschchen verteilten ihre dampfende Flüssigkeit über den Boden. Troan spannte, ehe er wie die anderen in den nächsten Raum flüchtete, seinen Bogen. Wenigstens versucht musste man es haben. In dem Moment als sein Pfeil jedoch wirkungslos an einem harten Chitinpanzer abprallte, spürte er, wie sein Fussgelenk umschlungen wurde und er kopfüber in die Luft gehoben wurde.
"Ahhh! So helft mir doch!", schrie Troan und versuchte nach seinem Schwert zu greifen, während er weiterhin von einem Tentakel - wo hatte das Wesen die wieder her - durch die Luft gewirbelt wurde.
-
Was für ein unentschlossenes, wankelmütiges Wesen, das sich noch nicht einmal auf eine Form einigen konnte. Es erinnerte Redsonja in gewissem Masse an sich selber: es war tödlich. Sie kniff die Augen zusammen und fragte sich warum Esteban keine Magie wirkte. Was waren schon Waffen gegen ein solches Wesen, das ihnen in jeglichen Belangen überlegen schien? Momentan war es noch eine gestrandete Riesenkrake, die mit ihren gierigen Fängen nach ihnen schlang. Troan hatte es bereits erwischt, während Taeris eines der Tentakel abhackte. Doch dies schien diese wabbernde Masse nicht zu kümmern.
„Wir brauchen das Herz in einer verwundbaren Form.“
Schrie die rothaarige Kriegerin förmlich gegen den ganzen Tumult an. Taeris entgegnete etwas. Es klang nach einer Idee, doch sie erreichte die Ohren der Schwertmeisterin niemals. Absprache schien also unmöglich, befand man sich nicht direkt Seite an Seite. Dafür hörte auch keiner den Fluch, den sie ausstiess, bevor sie sich todesmutig auf die Bestie warf. Sie schnellte mit wirbelnden Schwertern nach vorne, liess ihren beiden Armen freien Lauf und tanzte jenen Tanz, bei dem sie nur diese beiden schwarzen Klingen zu führen vermochten. Sie liess sich treiben und leiten, um direkt auf den pulsierenden Balg zuzusteuern, ohne es richtig wahrzunehmen. Nur den letzten Stoss tat sie mit vollem Bewusstsein und der Gewissheit bald von dem Sekret geduscht zu werden, welches der Lebenssaft dieses Ungeheuers war.
Shrrrrrr...
Die Schwerter surrten, zerschnitten die Luft, Redsonja glaubte es zu hören, doch wieder erwarten trafen sie nirgendwo auf. Stattdessen hatte das Wesen eine neue Gestalt angenommen, die an einen riesengrossen Nachtfalter erinnerte. Sodass Troan, doch aus beachtlicher Höhe in die Tiefe stürzte, während sich Redsonja vor den Flügeln in Sicherheit zu bringen versuchte, die ihr gehässig einen Windstoss nachsandten und sie auf der Flucht beinahe von den Füssen geholt hätte. Sie stolperte keuchend zu Taeris und bemerkte erst da, dass sie getroffen worden war. Ihre linke Schulter schmerzte gewaltig.
„Es wird sich immer spätestens dann verwandeln, wenn wir dabei sind seinen Lebensnerv zu treffen.“
-
nomina nuda tenemus
Niemand hörte, was Redsonja rief. Das Chaos, das die sich ständig wandelnde Kreatur verursachte, band alle Aufmerksamkeit auf sich. Der Lärm, den das Ungeheuer auf seinem Weg durch den Laborkomplex verursachte, hinderte alle zusätzlich daran, sich verständlich zu machen. Holz krachte, Feuer brüllte, Eisen kreischte, als es wie unter Folter verbogen wurde, bis es zerbarst. Dampf zischte, ausgetreten aus irgendwelchen Leitungen, in denen das abgestandene Wasser, das seit vielen Jahren vor sich hin moderte durch die sich nach unten fressenden Flammen in den Röhren zum Kochen gebracht wurde. Das Inferno war losgebrochen.
Mittendrin der nicht fassbare Gegner. Gerade hatte er Troan fallen gelassen, der irgendwo unsanft auf kam und widmete sich nun voller Inbrunst einem großen Pfeiler, der sich in der Mitte des Raumes erhob und die hoch über ihnen liegende Decke - oder was noch von ihr übrig war, abstützte. Stählerne Krallen wetzten mit voller Kraft die Steintrommeln der Säule ab, Tentakeln schlangen sich um sie und rüttelten an ihr, dass das ganze Gebäude bebte. Lange, peitschenartige Fortsätze pfiffen durch die Luft und hieben alles, was nicht stark genug war, in Teile. Die Teile der Säule verschoben sich, bis sie ein en fragilen Turm bildeten, der kaum noch seiner ursprünglichen Funktion gerecht werden konnte.
»Weg da«, schrie irgend jemand. »Die Decke kommt gleich runter!«
Esteban schaute nach oben. Jetzt merkte er, er hatte dies selbst geschrieen.
Eine Beschwörung, durchfuhr es ihn nur zur Ablenkung, nur um Zeit zu gewinnen.
Plötzlich erschien ihm Zeit als Rettung, sich nur noch eine weitere Sekunde vor dem Monstrum, vor seiner geballten Wut, vor seiner unbändigen Kraft in Sicherheit wiegen zu können. Was danach kam, wurde ausgeblendet, nur noch ein Augenblick.
Keine ruhe für Beschwörungen, Panik erfasst den Magier, nein, sie hatte ihn schon lange erfasst, er wurde sich dessen jetzt nur erst bewusst. Reiß dich zusammen!
Jetzt war es, als sei ein Schleier weggewischt worden. Blick und Gedanken schärften sich. Wie mechanisch kniete sich der Magier hin, betastete den Boden, wollte die Struktur fühlen, die in ihm fließende Magie, die Erinnerungen der hier gestorbenen Lebewesen aufnehmen, um etwas daraus zu formen, dass für ihn kämpfte.
Keine Konzentration.
Kurzentschlossen zog er eine weitere der irdenen Phiolen aus seinem Gürtel, wo sie in Schlaufen verwahrt waren und in einer langen Reihe nebeneinander auf ihren Einsatz warteten. Sie waren kostbar, weil begrenzt und hochwirksam und er verstand nicht, selbst welche herzustellen, dies war Magie aus Darwath, wie sie Dakasto beherrscht hatte. Mit Macht warf er sie auf den Boden und aus dem zersplitterten Fläschchen kroch augenblicklich bläulicher Nebel, der sich über den boden ausbreitete und versuchte, in diesen Einzusickern. Dorthin zu kehren, wo er ursprünglich hingehörte. Doch noch ehe dies geschehen konnte, unterlag er dem Zwang des Magiers, der seinen Willen darauf übertrug und ihm befahl, sich zu manifestieren, die vorbestimmte Gestalt einzunehmen und dem Meister zu gehorchen.
Die Chimärenbestie war der Dirigent, geleitet von Zufall und Instinkt breitete sich das Chaos immer weiter aus. Und das mit Hinterlassenschaften seiner früheren Besitzer vollgestopfte Laboratorium hatte die Rolle des Orchesters übernommen. Pfeifend strömte Dampf aus geborstenen Röhren, arhythmisch knackten brennende Holzbalken, als der Saft in ihnen zum verdampfen gebracht wurde. Jaulend lösten sich Stahlplatten von besonders gepanzerten Bereichen, die einst für Experimente benutzt wurden, über deren Zweck nur die Götter bescheid wussten. Dem Schwarzmagier blieb er verborgen. Krachend vielen schwere Stützelemente auf die steinernen Bodenplatten, die durch die Wucht des Aufpralls zerplatzten und ein Trommelfeuer an Steinsplittern gegen die umliegenden Gerätschaften, Tisch und wände abfeuerten. Röhrenbündel orgelten, als Dampf und heiße Flüssigkeit aus ihnen spritzten. Weiches Metall, Blei und anderes tropfte vor Hitze verflüssigt von Decke und wänden herab, sprutzte und zischte, wenn es in Pfützen fiel und zu Klumpen gerann. Säure, aus irgendwelchen geplatzten Tongefäßen herausgelaufen, zerfraß zischend und unter weiterer Dampfbildung den boden unter sich, um die unteren Stockwerke zu erforschen und ihre Botschaft von Fressen und Zerstörung weiterzutragen. Steine polterten und kollerten durcheinander, jedes Mal wenn erneut eine Wand eingestürzt war.
Ein markerschütternder Schrei löste sich von der eben erst gebildeten Kehle des Ungeheuers. Geifer folgte als klebriger Regenschauer und flog in die Selbe Richtung, wie eben noch der Schall.
Eine weitere Bestie hatte sich erhoben, schauerlich von Angesicht, unbändig ihre Wut und wild in ihrer Entschlossenheit. Erstanden aus irgendeiner der unzähligen dunklen Sphären des schwarzen Gottes, getrennt durch weisen Ratschluß der Götter von allen anderen und einst verbannt aus der Ebene, in der die Menschen wandelten. Es schien das Licht aufzusaugen, denn um ihn herum herrschte Dunkelheit. Gleichsam sog es die Hoffnung auf, denn mit ihm ging Verzweiflung. Und in seinem Gefolge gedieh der Tod.
»Kämpfe für mich!«, stieß Esteban aus. »Beschütze mich!«, befahl er. Und abermals: »Vernichte den Gegner!«
Ihm antwortete ein kaltes Saugen und Gurgeln, wie Gebrüll aus weiter Ferne, das eine Horde Dämonen ausstieß beim Anblick ihrer lang gejagten Opfer. Augenblicklich stürzte sich das dämonische Wesen auf die Wandelbestie. Doch war es ungleich kleiner als diese. Wie ein schwarzer Schatten, eine schwärende Wunde, ein unerforschbares dunkles Loch hatte es sich mit wenigen kraftvollen Sprüngen an den furchtbaren Wächter der Feste geklammert, sich in ihn verbissen, um sich an seinem Fleisch zu laben, sein Leben auszusaugen, sich selbst damit unmittelbar zu größerer Stärke zu verhelfen. Denn dies war sein Ziel: Sich zu befreien von der einschneidenden Fessel des Meisters, sich ihm zu entziehen und sich dann für diesen Schmerz zu rächen. Sich selbst auf die Welt loszulassen war sein Wunsch und sein einziges Ziel.
Das Wandelbiest ließ ab von der Säule und umklammerte den neuen Gegner, veränderte abermals die Gestalt, wurde zu einer gallertartigen Masse und schloß den Angreifer ein. Nun wuchsen erneut eine Vielzahl von langen tentakelartigen Auswüchsen und umschlungen den Schwarzen, um ihn auseinander zu reißen, der sich in das Biest verbissen hatte, angetrieben von Wut und Haß.
»Greift jetzt an, wo es abgelenkt ist!« Der Magier konnte nur hoffen, daß ihn einer der anderen hörte, während er weiterhin damit beschäftigt war, seine beschworene Kreatur unter Kontrolle zu halten. Eine Aufgabe, die ihm die größte Anstrengung abverlangte.
-
Das war der Moment im Kampf, wo man neue Hoffnung schöpfte. Normalerweise folgte auf diesen Moment der Sieg - oder eine umso schkrecklichere Niederlage. Der Drachenjäger versuchte einen Moment lang sich zu sammeln, suchte nach einer sicheren Position um die Lage einzuschätzen. Schliesslich fand er einen festen Stand und begab sich mit seinem Speer in Position. Dann rannte er wie ein Irrer auf das Monstrum zu, dass sich immer noch im engen Gerangel mit der zweiten Bestie von Esteban befand.
"Verflucht...", schrie Troan als sein Speer schliesslich die gallertartige Haut der Chimäre durchdrang...wie Butter. Das war zu leicht...beinahe bis zu den Händen war es ihm gelungen seinen Speer trotz aller Hacken und der schartigen Klinge in die Chimäre zu stossen. Diese schrie auch tatsächlich auf, doch weshalb? Er schien ja nichts getroffen zu haben, ausser Gallertmasse.
"Verdammt, jetzt komm schon", keuchte Troan und mühte sich damit ab seinen Speer wieder hinauszuziehen. Es bot schon beinahe ein lächerliches Bild, wie er sich abmühte, während die Bestie nun völlig unbeeindruckt weiter auf Estebans Kreatur eindreschte. Schliesslich gelang es Troan jedoch seinen Speer wieder aus der Kreatur zu ziehen und siehe da...eine seltsame Flüssigkeit sickerte aus der beachtlichen Wunde und schwoll sogar zu einem ziemlichen Fluss an. Ob es Blut war, konnte Troan nicht beurteilen, jedenfalls sah es nicht wie gewöhnliches Blut aus, aber was war hier schon gewöhnlich?
-
“Jetzt habe ich alles gesehen.“
Dachte Taeris bei sich, als er mit einem der Tentakel um seinen Zweihänder rang. Ursprünglich wollte er sich damit auf das überdimensionale Mottenwesen werfen. Doch wenig später hatte sich das Vieh abermals in ein – was auch immer – verwandelt. Angestrengt an der Parierstange seiner Waffe zerrend sah er mit an, wie sich die Beschwörung des Magiers in das Geschehen einmischte. Sämtliche Gliedmaßen, Augen, Mäuler und Gehirne des sich immer wieder wandelnden Wesens, die gerade nicht mit Troan oder Taeris beschäftigten, oder Redsonja auf Abstand hielten, widmeten sich nun der dämonischen Erscheinung. Der Anblick schmerzte in den Augen, schien vor einem brennend zu flimmern und eine eigenartige Hitze ab zu strahlen.
Fast schon verzweifelt zerrte Taeris an seinem Schwert, bekam es schließlich frei. Das Wesen gab nach. Der Tentakel zuckte zurück, bebte. Seine Umrisse verzerrten sich und formten einen Arm mit mehreren Klauen. Taeris schlug danach, trennte zwei der Hände von ihren Unterarmen, stob an ihnen vorbei und an Troans Seite, der gerade dabei war, das Wesen von hinten zu attackieren. Eine ekelerregende nur sehr entfernt an Blut erinnernde Flüssigkeit trat aus einer klaffenden Wunde im Rücken…oder zumindest in der Rückseite des formwandelnden Gebildes aus. Die beiden Krieger standen bis zu den Knöcheln darin.
Reflexartig wehrte Taeris mit erhobener Klinge eine weitere – eher unkoordinierte Attacke des Wesens ab. Ein Großteil ihrer Aufmerksamkeit galt noch immer dem Dämon. Abermals veränderte sich die Beschaffenheit des Wesens. Zunächst schien sie aus flüssigem Metall zu bestehen, im nächsten Augenblick aus zotteligem Fell. Taeris schlug zu, während Troan erneut seinen Speer in den Rücken des Monstrums rammte. Das Wesen verteidigte sich mit einem weiteren Arm, der dicht über dem Boden nach ihnen schlug und beide Krieger zu Fall brachte.
Taeris verlor für einen Moment die Orientierung, nur schemenhaft drang der Lärm an sein Ohr, als er sich benebelt auf dem Boden wiederfand. In einiger Entfernung nahm er noch einen kampfschrei Sonjas und irgendwelche gebrüllten Befehle des Magiers wahr. Troan stand plötzlich vor ihm, reichte ihm eine Hand, die Taeris zögernd ergriff.
Was taten sie hier eigentlich. Sie hätten längst fortlaufen können. Wohin war doch völlig egal. Nur weg von diesem Monstrum. Dachte Taeris und rappelte sich mit schmerzverzerrter Miene auf.
-
nomina nuda tenemus
Erneut formte die Wandelbestie Tentakeln. diesmal wie aus Stahl und doch beweglich, schuppenartig glitten Kettenglieder übereinander und schufen so Beweglichkeit. Wild peitschten die Arme durch das verwüstete Labor. Was bis jetzt noch nicht zu Bruch gegangen war, auslief oder einstürzte, war nun an der Reihe. Auch die große Säule in der Mitte des Komplexes aus ineinander verschachtelten Räumen, Stiegen, Leitern und den Magazinen, Außenbereichen, Lagern und sonstigen Räumen, die sich wie ein Kranz um das große Hauptlabor, in dem der Kampf tobte, reihten, wankte nun, da sie schon stark beschädigt war. Und ein Hieb einer der stählernen Tentakelfortsätze verschob die Trommel, die schon am weitesten heraus gerutscht war, erneut um wenige Fingerbreit. Doch dies war genug. Polternd und so laut, daß es selbst den chaotischen Lärm aus Geschrei, Gegrunze und Quieken der Bestie, Prasseln der Flammen, krachendes Platzen explodierender Flaschen, Krüge und Phiolen, in denen gelagerte Flüssigkeiten verkochten und sich gewaltsam ihren Weg nach draußen suchten, dies nicht übertönen konnte, fiel die steinerne Säule in sich zusammen, gab dem Druck der Decke, der auf ihr lastete nach und rumpelnd sausten die Gesteinsbrocken von Kapitell und Gewölberippen hinab und begruben die Wandelbestie unter sich. Holz, Steine, Asche, Metall, Möbel, Flüssigkeiten und jede Menge brennender Überreste der höheren Stockwerke rauschte sofort, der Schwerkraft folgend, hinterher und schuf einen Schuttkegel, aus dessen unaufhörlich wachsenden Radius sich die vier Gefährten nur mit Mühe retten konnten, indem sie panisch nach hinten stolperten, dabei über zerstörte Überreste der Einrichtung fielen, sich wieder aufrappelten und mit unstetem Blick einen Ausweg suchten.
Die Bestie selbst war zu großen Teilen unter dem Schuttberg begraben, der bis über die Decke hinausreichte. Oder zumindest über die Höhe, an der sich bis eben die decke befunden hatte. Nun befanden sie sich auf dem Grund eines riesigen Loches, das bis nach ganz oben in der Feste reichte. Währe nicht der ganze Staub und Dreck und Dampf und Rauch gewesen, hätte man tatsächlich den Himmel zwischen den Balken, die wie die Reste eines zertrümmerten Brustkorbes nach allen Richtungen aus dem Schutt herausragten, sehen können. Noch immer peitschten die Stahlarme des Biestes und versuchten, sich erneut zu wandeln. Doch gleichzeitig erfüllte ein helles Licht, dessen Quelle nicht auszumachen war, den Raum und raste von oben auf die Gruppe herab.
»Wir werden wieder teleportiert!«, rief Esteban. doch es war nicht klar, ob das jemand gehört hatte.
Offenbar hatte der Einsturz der Decke einen alten Sicherheitsmechanismus ausgelöst, vielleicht auch gekoppelt an die große Mittelsäule, die die Gewölbe, die diesen Komplex überspannt hatten, gestemmt hatte.
»Wohin...« schrie ihm einer der anderen entgegen, dann war nichts mehr zu hören. In einem Augenblick strömte Licht an ihnen vorbei. Schlieren wirbelten vor den Augen des Magiers, er fühlte sich schwerelos und dieses Gefühl war wie ein Rausch. alls schien möglich, alles war greifbar. doch dies dauerte nur einen Moment an, dann wurde es verdrängt durch ein Sausen in den Ohren, wie wenn man tief fällt. Und unsanft kam er auf irgendeinem Boden auf.
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|