Interview mit Dave Brevik von Flagship Studios zu ihrem neuen Projekt "Hellgate:London"
(dt. Übersetzung ; Quelle:
http://1up.com/do/feature?pager.offset=1&cId=3143557 )
1UP: Ok, wir sind hier bei Flagship Studios zusammen mit Dave Brevik. Hi, Dave.
DB: Hallo allerseits.
1UP: Er zeigt uns grade einige Szenen aus Hellgate:London, nach einem kurzen Durchlauf durchs Game werden sie es auch auf der TGS vorführen. Als erstes, zum warm werden, möchten wir einige Hintergrund-Infos bekommen. Wenn ich das richtig sehe bist du einer von den Jungs, die maßgeblich an Diablo beteiligt waren.
DB: Ja, das stimmt. Meine Wenigkeit zusammen mit zwei Geschäftspartnern, Max und Erich Schaefer - Brüder; wir drei gründeten eine Firma. Ursprünglich dachte ich über das Spielkonzept bereits in der Highschool nach, die Idee entwickelte und veränderte sich im Laufe der Zeit, besonders als ich auf dem College stark von Spielen wie Moria und Angband beeinflusst wurde. Das waren UNIX-Games auf Zeichensatz-Basis, du warst das @-Symbol und dein Gegner war das A-Symbol, eben solche Sachen...
1UP: Die gute, alte ASCII-Zeit ?
DB: Genau, die alten ASCII-Tage. Daher sehe ich dort auch einige meiner Wurzeln. Aber als wir erst mal unseren eigenen Laden gegründet hatten - und wir wollten schon damals die ganze Zeit nur PC Spiele entwickeln - überzeugten wir eine Firma namens "Silicon & Synapse" uns finanziell zu unterstützen, um Diablo entwickeln zu können. Na ja, eines Tages wurden die aufgekauft und änderten ihren Namen in "Blizzard", die wiederum kauften uns und so wurden wir zu "Blizzard North". Das ist die Kurzversion der Geschichte hinter der Diablo-Reihe.
1UP: OK, noch mal zurück zur Highschool, du sitzt dort also als Anfänger oder auch Student im zweiten Jahr. Wie genau sah das ursprüngliche Spiel aus, das du im Kopf hattest?
DB: Ich hab´ sogar noch einige Notizen von damals, es war schon ziemlich grob und mehr skizzenhaft. Ich war noch nie ein begnadeter Künstler oder so was, na ja, du weißt schon - jedenfalls waren es größtenteils Strichfiguren. Noch mal, ich liebte Rollenspiele. Ich war ein großer Fan von "Wizardry" "Ultima" und "Might & Magic", eben diese Art von Spielen. Und so dachte ich auch ständig darüber nach, einmal solche Spiele selbst zu machen. Es begann also ursprünglich mehr als eine Art Abenteuerspiel mit einer Oberwelt und extra Dungeons, eben so was in der Art.
1UP: So eine Art Ultima ?
DB: Ja, genau. Sehr Ultima-ähnlich, stark davon beeinflusst. Aber wenn du erst mal anfängst, diese Spiele zu spielen - na ja, ich spielte auch "Bard´s Tale" und das wiederum hatte großen Einfluss auf das Design und solche Dinge. Je mehr Spiele ich zockte, desto mehr Einfluss hatten die auch auf meine eigenen Ideen. Schließlich dann auf dem College verfestigte sich beim Spielen von "Moria" und "Angband" der Gedanke, was genau wir aus der ursprünglichen Idee tatsächlich machen könnten. Als ich es dann mit meinen Geschäftspartnern erörterte, mochten sie es auf Anhieb. Wir hatten drei Entwürfe und mit denen gingen wir zu einer ganzen Reihe von Leuten aber niemand zeigte großes Interesse, denn wir waren eben nur drei Typen mit Computern, ohne Geld und Spiele. Keine Erfahrung eben - na ja, zumindest verdammt wenig Erfahrung, alles drehte sich vor allem um Konsolen, der PC war damals überhaupt nicht... - ich meine, das waren damals die Tage von EGA (Anm. der Redaktion: PC-Grafikformat, Vorläufer von VGA). Es gab so gut wie keine Spiele für den PC, er entwickelte sich grade erst zur Spieleplattform. Also mussten wir ein paar Jahre auf der Idee sitzen, bis wir eines Tages endlich wild entschlossen waren, die Sache zu machen. Schließlich verkauften wir sie für einen Betrag, der gemessen an heutigen Maßstäben einfach nur verrückt erscheint. Du fasst dir an den Kopf, welch lächerlich geringe Summe wir akzeptierten, nur um den Vertrag für "Diablo" machen zu können.
1UP: Wie war das eigentlich, als dir zum ersten mal klar wurde: "Hey, weist du was? Wir haben nicht nur Diablo fertig gestellt, sondern auch was richtig grosses erschaffen und jeder fährt voll darauf ab?“
DB: Nun ja, ehrlich gesagt, wegen des großen Erfolgs von "Warcraft" kamen wir ganz gut zurecht damit. Es sorgte für genügend öffentliche Aufmerksamkeit. Und die Jungs weiter südlich in Irvine hatten das fabriziert, das half uns schon eine Menge. Was uns aber am meisten von allem half, das war diese Disk. Eine der Entscheidungen, die ich damals traf war, das ich meinte, wir sollten uns darauf konzentrieren, das Spiel für Windows95 zu entwickeln. Zu jener Zeit tat das fast niemand. Damals waren die meisten Spiele DOS-basiert, du musstest dich durch eine Menge Heck-Meck arbeiten, um ein spiel erst mal zum Laufen zu bringen, mit all diesen komplizierten DOS-Befehlen und so.
1UP: Du spielst auf meine Box voll mit verschiedenen Boot-Disks an...
DB: Ja, genau. Ganz genau. Unser Game lief also unter Windows95, es war eins der ersten DirectX-Spiele und das machten sie auch publik... es dürfte so etwa drei oder vier Monate vor der Veröffentlichung gewesen sein und wir bekamen dadurch einen Haufen großartiger Rückmeldungen, die wir in das endgültige Game einfliessen liessen. Was es aber endgültig ganz nach oben katapultierte war, das im Sommer vor dem Release einer der Jungs aus der südlichen Firmensektion mit der Idee des Battle.net kam. Also überarbeiteten wir alles, was wir hatten noch einmal, machten das Game Multiplayer-fähig und erschufen das Battle.net.
Dadurch und durch Windows95 und all die anderen Faktoren wurde daraus ein Spiel, das sich grundlegend von den bis dato üblichen Spielen unterschied. Als es also richtig los ging mit dem Rummel um Diablo waren wir schon etwas überrascht, aber gleichzeitig war es irgendwie cool, dass sich die positiven Reaktionen, die wir bereits von Microsoft bekommen hatten, von Beginn an bestätigten. Du kannst dir denken, das der Hype um das Game riesengroß war und die Leute total begeistert waren, was natürlich auch für mich eine Art besonderer Belohnung war, denn - deshalb mache ich schließlich das, was ich tue.
1UP: Das ist ein verdammt guter Grund, stimmt´s?
DB: Klar. Das ist meiner Meinung nach sogar der einzige Grund.
1UP: Und ich schätze mal, diese persönliche Bindung spielt auch eine Rolle dabei, woher der Name des Spiels stammt. Erzähl uns doch mal die Legende, die wahre Geschichte, die hinter dem Namen "Diablo" steckt.
DB: Na ja, der Name "Diablo" stammt ursprünglich vom "Mount Diablo", das ist ein Berg hier in der östlichen Gegend von San Francisco Bay. Als ich zur Highschool kam lebte ich am Fuß dieses Berges, etwa fünf Minuten entfernt. Ich kam von Georgia hierher, und bei meiner Ankunft sprach ich kein Wort Spanisch. Habe es nie richtig gelernt und viele Jahre lang wusste ich nicht, was genau es bedeutet. Als ich aber erfuhr, was genau es bedeutet, fand ich es ziemlich cool. Also trug ich es mit mir rum. Und eines Tages entwickelten wir "Diablo" halt als "Teufel", mit dem Namen "Diablo" und allem Drum und Dran. Einige Male unterhielten wir uns darüber, den Namen zu ändern, weil wir planten, evtl. eine Lizenz dafür zu bekommen und wir suchten nach einem Titel, der vielleicht in jener Zeit etwas einprägsamer sein würde. Doch schließlich entschieden wir uns, bei diesem Namen zu bleiben und ich bin echt froh darüber. Ich dachte, es sei ein ziemlich passender Name und daher freue ich mich, wie es gekommen ist. Es klingt vielleicht ein bisschen angeberisch, aber wenn ich so darüber nachdenke - meine größte Sorge war, das es eventuell zu gruselig klingen könnte, aber es wurde gut aufgenommen und ich denke, die Leute...
1UP: Sicher keine Prahlerei, das ist eines der Games, das niemand so schnell vergisst, definitiv. Wenn du so zurückschaust und dann mal einen Ausblick in die Zukunft wagst, wie geht es mit Diablo und den Lizenzen weiter, was für ein Gefühl hast du, wohin die Reise geht?
DB: Na ja, ehrlich gesagt, ich hab´ keine Ahnung, wohin die Reise geht. Ich weiss, dass sie vor kurzem Blizzard North dicht gemacht haben, was besonders deshalb sehr traurig für mich war, weil viele der Jungs dort meine Freunde sind. Weißt du, es ist schon schade - etwas, was solange quasi mein "Baby" war, ich weiß nicht, ob sie weiter daran arbeiten oder nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Ich hoffe, sie tun es. Weil ich gerne eine neue Version spielen würde, das wäre wirklich aufregend, aber - was soll ich sagen: Ich bin nun mal kein Teil mehr davon, und das ist schade...
1UP: Wir sahen, wie "World of Warcraft" für Blizzard ein Tophit wurde, also praktisch jeden gefesselt hat. Als ihr Jungs an Diablo gearbeitet habt, da war der Multiplayer-Modus ein wichtiger Teil dessen, womit ihr euch beschäftigt habt. Gab es jemals den Gedanken: "Hey, wir könnten auch hieraus so eine große, abwechslungsreiche Welt machen...?"
DB: Ja sicher, absolut. In der Tat war eines der Dinge, die wir ursprünglich für Diablo geplant hatten eine Art Battle.net Stadt, damit meinten wir... im Grunde ging es darum, statt die Leute im Chat Room zu haben, einfach 25 Mann in einer Stadt zu haben, in der man rumlaufen kann und solche Sachen. Es stellte sich dann aber heraus, dass es einfach zuviel Arbeit gewesen wäre und die Battle.net-Server wären auch gar nicht in der Lage gewesen, so viele Benutzer zu verarbeiten und in angemessener Weise zu interagieren. Dafür waren sie niemals konzipiert worden. Es hätte einfach zuviel Zeit und Aufwand bedeutet, alles umzuschreiben, trotzdem war das definitiv mal geplant. Die Idee, statt der einzelnen Stadt mit den Zufalls-Dungeons, die nach heutigen Maßstäben wie ausgestorben wirken, eine nahtlos funktionierende Welt zu erschaffen war verlockend, aber das war halt etwas, worüber wir eine Zeitlang geredet und daran gearbeitet hatten, es aber schließlich aufgeben mussten.
1UP: Es sieht so aus, als ob alles was du tust oftmals großartige Wurzeln hat, gut durchdacht ist und du eine Menge Energie hineinsteckst. Wo wurde denn die Saat für Hellgate:London ursprünglich gelegt?
DW: Weisst du, ich hab keine Ahnung, woher meine Ideen für Spiele kommen.
1UP: Peter Molyneux hat diese Theorie, nach der man die Nacht zuvor eine geniale Idee hat und am nächsten Tag ein großes Spiel entwickelt.
DW: Ja, was immer auch für jeden einzelnen funktioniert. Ich weiß gar nicht, wie ich zu meinen Ideen komme, sie tauchen einfach plötzlich in meinem Kopf auf. Ich habe oftmals ein Notizbuch dabei, in das trage ich alle guten Spieleideen ein, denn ich denke häufig über Spiele nach. Egal ob es sich um einzelne Ideen handelt oder komplette Game-Designs, ich schreibe es einfach hinein. Vor allem aber liebe ich es, mich über solche Ideen mit anderen zu unterhalten, es hin und her zu drehen und völlig neue Perspektiven zu erörtern, genau das wollten wir auch mit Diablo machen: die damals übliche Rollenspielformel verändern, Aktion hineinpacken und dadurch diese besonders aufregende Atmosphäre erzeugen. Und dann natürlich im Internet allen zugänglich machen. Beides waren für damalige Verhältnisse große Neuerungen. Das ist auch etwas, was wir bei Hellgate machen wollen, es ist dieselbe Sache. Weißt du, als erstes mal mag ich Shooter. Was ich aber dabei nicht mag, das ist der Mangel an spielerischer Tiefe, die ich brauche, um mich in ein Game hineinzuversetzen. Häufig, wenn ich ein neues Spiel entwickle, mache ich das für mich, denn das ist es, was ich gerne spielen möchte. Also diesen Grad an Komplexität hinzu zu fügen, bei dem es best. Grundwerte gibt, durch die man seinen Charakter entwickeln kann, bei dem es tonnenweise verschiedenen Waffen gibt und all diesen Kram, das war dasselbe A-Ha-Erlebniss wie damals bei Diablo: "Hey, wir könnten doch die Level per Zufall generieren." Du weisst einfach, all diese Sachen wurden noch nie in einem Shooter realisiert, wir nehmen also einen "normalen" FPS (First-Person-Shooter) und machen daraus ein waschechtes Rollenspiel, genauso wie wir ein Rollenspiel nehmen und ihm eine FPS-Sichtweise verpassen. Es ist wie eine Art Hybrid: Aktion und spielerische Tiefe in einem. Denn noch mal, wir mögen es nicht, wenn man unsere Spiele in eine passende Schublade für ein bestimmtes Spiele-Genre packen kann. Wir schnappen uns lieber die besten Elemente von allem und kombinieren sie zu etwas ganz neuem, von dem wir denken, dass es eine Menge Spaß machen wird.
1UP: Welche Art von Spielen hat dich diesmal denn besonders beeinflusst: Vielleicht "System Shock"? Oder eine Art "Deus EX" ?
DB: Ja, klar haben die mich mit beeinflusst. Von allem etwas fliesst ein, Half-Life und Quake... - alle Arten von spielen. Natürlich auch Diablo, offensichtlich... (lacht)
1UP: Siehe die Beispiele.
DB: Stimmt. (lacht) I hole mir meine Ideen aus allen möglichen Spielen. Einige der Ideen, die in Hellgate eingeflossen sind, stammen von "Paper Mario" oder von "Animal Crossing". Ich spiele ständig irgendwelche Spiele, daher beeinflussen mich eine Menge Dinge... ich bekomme sogar Einfälle durch Baseball Spiele. Eigentlich bestimmen alle möglichen Quellen die Richtung, die wir beim Spiele-Design einschlagen.
1UP: Wie wird sich der "Nintendogs"-Einfluss denn auswirken? Das müssen wir unbedingt wissen, stimmt´s?
DB: (lacht) Tja, ich bin mir im Moment noch nicht sicher. (lacht)
1UP: Dämonische "Nintendogs" ?
DB: JA, warum nicht. Du musst sie als Haustiere erziehen, dann lässt du sie gegeneinander kämpfen und solche Sachen.
1UP: Wenn wir mal alles zusammennehmen, welches große Bild ergibt sich da für Hellgate; worauf kann sich der Spieler letztendlich einstellen?
DB: Na ja, als erstes mal sind unsere Spiele erst dann fertig, wenn wir damit zufrieden sind. In diesem Punkt sind wir absolut eisern, das war schon so bei Diablo. Es hat damit zu tun, ein Spiel auf die richtige Weise fertig zu stellen. Damit kann sich aber der Spieler auch auf ein Game freuen, das bis ins Kleinste durchdacht und auf Hochglanz poliert ist. Sehr stabil und zuverlässig, mit viel Spieltiefe und einem hohen Widerspielwert - eben ein angemessener Gegenwert für sein Geld. Ich meine, solche Spiele sind nicht billig. Sie sind auch nicht billig herzustellen. Wenn einer losgeht und 40 oder 50 Dollar - was auch immer - für ein Spiel bezahlt, dann möchte ich, dass er eine Menge Spaß für sein Geld bekommt. Ich will, dass die Leute Spaß haben; sie sollen das Gefühl haben, für ihr sauer verdientes Geld einen ausgezeichneten Gegenwert erhalten zu haben. Das ergibt sich aber aus einer Vielzahl an Faktoren: Wie stabil (oder eben instabil) läuft das Game, wie einfach kann ich das erreichen, was ich grade machen will, wie einfach ist das Gameplay zu begreifen, wie rasch komme ich vorwärts, welche Rolle spielt eine gute Strategie? All das hat großen Einfluss auf das Spielerlebnis und die Art und Weise, wie wir die Sache anpacken. So bekommen sie hoffentlich am Ende eine Spielerfahrung, die gut durchdacht, gut geplant und besonders unterhaltsam ist.
1UP: Du erwähntest vorhin Half-Life. Wir haben mit den Jungs gesprochen. Sie verändern wirklich regelmäßig viele Dinge wie zum Beispiel das Aufteilen des Inhalts in mehrere Episoden. In wieweit habt ihr darauf geachtet, oder habt ihr überhaupt mal genauer hingeschaut? Was denkst du über diese Form des digitalen Vertriebs und lauter solche verrückte Sachen? (Anm. der Redaktion: Gemeint ist der Download von zusätzlichem Inhalt über Steam-Server und die notwendige Freischaltung per Internet)
DB: Nun, digitaler Vertrieb wird mit Sicherheit die ganze Branche verändern. Ich denke, in anderen Ländern hat sich das schon ziemlich weit entwickelt, vor allem in Asien, allerdings noch nicht hier in den USA. Bei uns ist der normale Händler-Vertrieb immer noch das gebräuchlichste, aber auf lange Sicht macht es für Entwickler sicher Sinn, ihre Produkte online zu vertreiben. Ich schätze, im Laufe der Zeit werden sich die Menschen immer mehr daran gewöhnen. Dabei ein Vorreiter für die Branche zu sein, ist in meinen Augen sehr riskant, kann aber auch im Gegenzug sehr profitabel sein.
1UP: Den Inhalt eines Spiels über mehrere Episoden zu verteilen, ich meine, wie könnte ein Spiel wie Hellgate, dem ja ein großes, übergreifendes Konzept zu Grunde liegt, in viele kleinere Teile aufgebrochen werden? Kann das überhaupt klappen?
DB: Nun ja, manchmal denke ich, dass Spiele-Entwickler oftmals in etwa dasselbe machen wie die Filmstudios in Hollywood. Fürs Fernsehen als Beispiel werden keine richtigen Filme gemacht, da sind die Kosten auch geringer, dort läuft alles viel schneller und in mehreren Episoden. Wenn du aber etwas Ausgereiftes produzieren willst, dann kannst du das eben nicht in kurzer Zeit machen, zumindest wäre es ohne einen Haufen Geld und unzählige Leute extrem schwierig. Daher denke ich, das es schon interessant sein kann, den Inhalt über mehrere Episoden zu verteilen, auch ich habe darüber bereits viel nachgedacht. Ich würde so was gern mal probieren, aber gleichzeitig halte ich es für sehr schwierig, besonders dann, wenn man so eine Sache kontinuierlich am Laufen halten muss, wie eben im Fernsehen die teilw. wöchentlichen Fortsetzungen - ich kann mir das gar nicht ausmalen. Aber auf monatlicher Basis würden sich bestimmt ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Es müsste klein und überschaubar bleiben, wäre aber durchaus möglich.
1UP: Unterschiedliche Rahmen für unterschiedliche Inhalte.
DB: Genau. Wenn du etwas so detailliertes machst wie wir mit Hellgate - allein die Hintergründe haben tonnenweise Texturen und versch. Schichten, Effekte und solche Sachen - da dauert es einfach zu lange, um vernünftige Inhalte zu erschaffen. Es ist unglaublich kompliziert, weil ein fertiges, auf Hochglanz poliertes Produkt in relativ kurzer Zeit aber mit außergewöhnlich schönen Grafiken zu erstellen in sich im Widerspruch steht. Schon der Versuch, etwas mit so hohen künstlerischen Inhalten auf diese Weise zu erschaffen wäre mehr als schwierig. Es ist sicher nicht unmöglich, aber eben sehr viel komplizierter. Es hängt halt ganz davon ab, welche Richtung du beim Design einschlägst.
1UP: Das Grafik-Design ist in der Tat einer der Punkte, die wir immer sehr genossen haben, besonders das Ausstatten der Charaktere mit all den verschiedenen Ausrüstungsgegenständen, den Sets, etc., vor allem für mich war das immer einer der interessantesten Punkte von Diablo. Wie sieht es da aus? Du weißt schon, Diablo basierte auf Sprites (Anm. der Redaktion: einzelne, animierte Grafikelemente in älteren Engines), dadurch konnte man die von Hand einzeln modellieren. Wie verlief der Sprung in die heutige Art zu arbeiten, also mit ganz anderen 3D-Techniken?
DB: Ziemlich unterschiedlich. (lacht) Weißt du, es gibt da durchaus Vor- und Nachteile, wie immer bei solchen Dingen. Für uns war das auch mit einem intensiven Lernprozess verbunden, denn immerhin schreiben wir unsere Game-Engine selbst. Wir hatten einige Probleme, konnten die aber lösen, dafür mussten wir aber eine Menge Recherche betreiben. Es gibt da draussen tonnenweise Informationen darüber, wie man best. Dinge realisieren kann. Das ist einer der positiven Aspekte, wenn man in der Entwickler-Szene tätig ist, eine Menge Leute teilen eine Menge Informationen miteinander. Trotzdem denke ich, dass diese Entwicklung sehr viel komplizierter ist, als es noch bei Diablo der Fall war. Diablo II war da schon etwas komplexer, weil wir mehrere Teile hatten. Je mehr Teile wir damals hatten, mit desto mehr Grafik-Ebenen bei den Sprites mussten wir arbeiten. Das ist heutzutage einfacher - dieses ganze Gedönse mit den vielen Ebenen braucht man nicht mehr, du zeichnest einfach ein Grafikmodell, musst dann aber entscheiden, welche Textur du wo verwenden willst und all solches Zeug. Aber dadurch wollten wir... - Ok, wir können nun zwar diese grafischen Entwürfe technisch einfacher realisieren, lasst uns also mal eben 27 verschiedene Dinge entwerfen, die man pro Charakter ändern kann. Dadurch wird es nur leider zu einer einzigen Qual, immer aktuell auf dem Laufenden zu bleiben, wie das Aussehen der Spielfigur in welchem Stadium genau ist. Es gibt da enorme technische Hürden zu überwinden. Und das war bei weitem nicht das größte Problem, das wir zu überwinden hatten, doch nun läuft alles prima.
1UP: Du hast erwähnt, dass ihr Jungs vor Diablo für Konsolen Spiele entwickelt habt. Mich würde schon mal interessieren, wie ihr die neue Generation von Konsolen beurteilt. Offensichtlich gibt es noch nicht so viel, was wir über die "Playstation 3" oder "Revolution" wissen, aber mit der X-Box, die nun bald kommt, könnte das Thema eventuell auch für Hellgate interessant werden ? Würdet ihr Jungs gerne noch mal ein Konsolen-Spiel entwickeln?
DB: Klar, ich meine, wir haben uns natürlich schon mehrmals darüber unterhalten, Spiele für Konsolen zu entwickeln, insbesondere damals für Blizzard. Wir haben sogar mal eine Weile einige Spiele-Konvertierungen für den Game Boy gemacht. "Lost Vikings", außerdem "Rock N´Roll Racing" glaube ich. Wir sind mit Konsolen aufgewachsen, haben viel damit gespielt, ich selbst spiele auch heute noch haufenweise Konsolengames und bin sehr gespannt auf die XBox 360. Aber ich denke, unsere Stärken liegen eindeutig im PC-Bereich. Wir kennen dieses Genre, wir wissen, wie wir was dafür entwickeln können. Und für unser erstes Spiel unter dem Flagship-Banner war es ungeheuer wichtig, dabei zu bleiben. Um es noch mal zu verdeutlichen, es gibt bei uns eine Menge Leute, die mit Konsolen spielen, eines Tages werden wir vielleicht auch damit was auf die Beine stellen.
1UP: Eines der Dinge, die ich im Zusammenhang mit Konsolen immer wieder höre, das ist der große Unterschied in der Entwicklung zwischen Multithread-Programmierung gegenüber Einzelkern-Programmierung (Anm. der Redaktion: Seit Einführung der 32bit-Technologie in CPU´s und damit einhergehend HyperThreading und neuerdings sogar Multi-Prozessor-Layouts wird dieses Thema immer aktueller - es empfiehlt sich ein kurzer Blick auf weiterführende Quellen, siehe z.B. hier =>
http://de.wikipedia.org/wiki/Multithreading ). Wie schwer ist es wirklich deiner Meinung nach? Ich höre eine Menge Meinungen zu diesem Thema von Entwicklern, und irgendwie scheint es eine große Nervosität darüber zu geben, immerhin beginnt damit ein ganz neues Zeitalter der Programmierung.
DB: Das ist in der Tat so. Aber wir beschäftigen uns schon eine ganze Weile mit diesem Thema. Ich meine, beide Diablo-Teile waren Multithread-basiert. Besonders auf den Servern, wir hatten glaube ich acht oder sogar zwölf verschiedenen Programm-Threads gleichzeitig am Laufen. Dadurch haben wir uns an die Probleme in diesem Zusammenhang gewöhnt, aber ich kann dir eins verraten: Es ist höllisch schwer zu debuggen (Anm. der Redaktion: Debuggen nennt man den Prozess der Fehlersuche im Programm-Quellcode). Es macht die ganze Sache ungleich schwerer, dann wenn du irgendetwas mit der Speicherverwaltung oder den Variablen änderst, kann sich dadurch an einer völlig anderen Stelle im Programm etwas ändern. Irgendein total anderer Bereich des Programms kann sich ändern, an den du beim besten Willen nicht... - traditionelles Debuggen funktioniert so, das du schrittweise etwas veränderst und sofort siehst, was genau das bewirkt und sich verändert hat. Doch Multithread-Fehlersuche läuft oftmals ganz anders, hier kann es passieren, dass sich etwas verändert, ohne das du es erkennen kannst. Daher dauert es beim Debuggen sehr viel länger, bis du erkennst, wo diese oder jene Veränderung ihren Ursprung hat, welcher Thread woher kommt und all diese Dinge. Es macht das Entwickeln komplizierter, weil das Fehlersuchen halt länger dauert. Du musst bereits im Vorfeld des Projekts sehr viel sorgfältiger planen, wie genau du den Speicher verwalten willst und welche Threads gleichzeitig wann worauf zugreifen sollen. Je sorgfältiger du solche kritischen Bereiche planst und entwickelst, desto leichter hast du es anschließend...
1UP: Klingt so, als ob es auch großen Einfluss auf die verfügbare Zeit für QA hat (Anm. der Redaktion: QA - Quality Assurance, Fachbegriff aus der Software-Entwicklung, beschreibt die laufende Qualitäts-Sicherung des Software-Projekts)?
DB: Oh, absolut. Wenn du nicht weißt, wo genau der Fehler steckt, kann es eine Woche und länger dauern, bis du ihn endlich gefunden hast. Einige Fehler sind wirklich schwer zu finden. Das waren auch die schlimmsten, die wir im Battle.net ausmerzen mussten.
1UP: Das war´s. Vielen Dank, das war wirklich klasse. Ich weiß das zu schätzen.
DB: Jederzeit wieder gern.