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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Eine Illusion? Bloß ein Nachtmahr, der wieder verschwand, wenn man die Augen öffnete? Nichts mehr?
    Melaine schüttelte den Kopf, starrte auf die wehklagende Seele, die sich langsam auf den Tisch den vier Menschen zur Schau drehte, wankte in ihrer eigenen Welt und schrie, klagte und anklagte, in der Verzweiflung verging und doch noch immer den Schrei zurück ließ, der in den Ohren ihrer Zuhörer nachklang, jene ebenso zum Weinen brachte, wenn sie gewusst hätten, wie.
    Der Blick der Wassermagierin war noch immer starr auf die Gestalt gerichtet, die nun langsam in die Knie ging, die den Kopf mit beiden Händen hielt und langsam mit dem Oberkörper vor und zurück wankte, dabei noch immer den Namen des Hüters des Kastells rufend, als glaubte er fest daran, dass dieser ihn hören würde.
    Ardescion, ging es der Rothaarigen durch den Kopf, nachdem sie ruhig, plötzlich schläfrig geworden, eine tiefe Müdigkeit empfindend, die Augen geschlossen hatte. Der Name hallte in ihrem Kopf nach, lies ein leises Murmel in ihm und auf ihrer Zunge entstehen, das mit der Zeit an Lautstärke, an Geschwindigkeit gewann.
    Am Ende ähnelte es einem Bellen, einem wilden Kreischen, dass mit aller Inbrunst aus dem Körper herausgeschleudert worden war, dass es gegen die Wand schlug, sie zu durchdringen hoffend. Doch es scheiterte an ihrer Standfestigkeit und an dem unruhigen Schlaf der Zauberin.

    Mit weit aufgerissenen Augen, einem ungehörten Schrei, dem ihre Stimme keinen Ton verliehen hatte, wurde sie aus dem Schlaf gerissen und fand sich in der Dunkelheit des Nebels wieder, der noch immer von schwarzen Mauern eingerahmt schien.
    Näher drängte der Nebel an Melaine heran, umfing sie, umschlang sie, wie ein Geliebter, nur kalt, nicht wissend, was Zärtlichkeit und Liebe meinen, dass es des Gefühls der Geborgenheit bedurfte, um in der Umarmung aufzugehen. Er vermochte nichts, nur Angst zu schüren, die sie nicht tragen konnte. Sie hasste ihn. Hasste sich selbst. Dafür, dass sie sich an die Seite der Freundin gestellt hatte, anstatt zu fliehen, wo sie es noch vermocht hätte.

    Und doch bereute sie es nicht. Es war richtig, gut und der einzige Weg, um die Gemeinsamkeit zu erhalten und nicht dem mit der Zeit fortschreitenden Vergessen hinzugeben. Doch warum hatte es keine Rettung für sie beide gegeben? Warum stand Adanos nicht an ihrer Seite, ließ sie im Nebel zurück, einsam und wimmernd, wann immer es der Zeit danach war, sie so zu sehen.

    Die Magierin tat ihr den Gefallen, wimmerte leise und rieb sich mit den Händen über die trockenen Augen, die keine Tränen hervorbringen konnte. Mit einem leisen Schniefen erhob sich Melaine, wischte sich instinktiv die imaginären Tränen von der Wange und schritt wahllos in eine Richtung, ahnend, dass es egal war, weil jede ins Nichts führte und nur das Fortbestehen in der Bewegung Heil versprechen konnte, da das Verharren das Rosten, den Tod mit der Zeit bedeuten würde.

    In der Ferne blitzten zwei grüne Kristalle auf Augenhöhe. Ein Schrei war zu hören, ein leiser nur, weil er ebenso der Ferne anheimgefallen war. Und mit jedem weiteren Schritt lichtete der Nebel sich erneut ein Stück, gab den Blick auf den Hohepriester frei und versprach im Hintergrund das Zusammentreffen mit der Freundin.
    Stille.
    „Sinistro.“, sprach Melaine langsam, hob die Hand und deutete auf die Wand hinter ihm, „Siehst du dort? Ist das Jail, dort, in der Wand? Ist sie real oder ein Traum wie das, was ich eben gesehen hatte? Ein Wesen voll von Verzweiflung und der Sehnsucht nach dem Hüter. Einen Sinistro der in fremden Zungen nach ihm gerufen hatte. Einen Ptah der mit leerem Blick und zerrissenen Gesichtszügen dagesessen und geschwiegen hatte, gleichsam unfähig etwas zu sagen, wie ich es gewesen war? Ja… einen, weil ihr es nicht gewesen sein konntet. Ihr wirktet… anders…“, ihre Stimme war zu einem Murmeln verkommen, während sie näher an den Schwarzmagier heran geschritten und schließlich durch ihn hindurch, weiter auf die Wand zu getreten war.

  2. Beiträge anzeigen #62
    Grünauge  Avatar von Sinistro
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Sinistro ist offline
    Die Worte drangen an das Ohr des Hohepriesters, doch dauerte es ein wenig, ehe sein Geist in der Lage war, sie in ihrem vollem Umfang zu erfassen, es war mehr ein Flüstern, ein Hauch, als berühre jemand seine Haut, doch nicht so, wie es Frauen bereits zuvor getan hatten. Der Moment, in dem Melaine durch in hindurchschwebte, veränderte für einen kurzen Augenblick die Gedanken und das Wesen des Hohepriesters, waberte doch in ihm nun ein Vertrauen in Adanos, keimte in ihm die Hoffnung auf Gleichheit und Ausgeglichenheit, die nur den Bruchteil einer Sekunde später wieder verschwunden war. Warm war ihm geworden, nicht heiß, dennoch fühlte er, als hätte sich jemand mit ihm beschäftigt, ihn als menschliches Wesen wahrgenommen und diesem Menschen all seine Aufmerksamkeit zu teil werden lassen, all die positiven Gedanken, all das Wissen der Wassermagierin ob ihres Gottes, ihres Glaubens und ihrer Überzeugungen teilte Sinistro für diesen kurzen Hauch eines Atemzuges der Geschichte.

    „Ich… ich weiß es nicht“, flüsterte der Magier der jungen rothaarigen Frau zu, zuckte mit den Schultern und senkte den Kopf.
    „Ich weiß nicht, was hier geschehen ist, die Zukunft liegt im Verborgenen, bleibt im Nebel, verschleiert und ohne gekannt zu werden wird sie über uns hereinbrechen, soviel steht fest. Und ich weiß nicht, ob es Jail war, ich weiß nicht, was ich eben gesehen habe, ich weiß nur, dass es irreal und unfassbar war, der Name des Hüters wurde genannt, doch weshalb, bleibt ein Geheimnis. Ich… ja, vielleicht sollte ich den Hüter aufsuchen, doch glaube ich nicht, dass er mir wird helfen können, geschweige denn, dass er in der Lage sein wird, euch zu helfen. Mir fehlt es an Allem, an Informationen, an Hintergründen, mir fehlt es an Vertrauen, denn so, wie sich diese Geschichte darstellt, habe ich noch Nichts in diesem Leben gesehen. Vielleicht, so muss ich leider sagen, werden Jail und du in dieser Gestalt verharren müssen, bleiben müssen, die Laune der Götter ertragen müssen, bis es ihnen gefällt, euch zu erlösen. Doch es verbleibt ein geringer Funken Hoffnung, immer verbleibt er, egal, wie dunkel die Nacht auch sein mag, der Tag wird kommen und… und wieder werden Floskeln gesprochen werden, so wie ich sie von mir gebe. Ich bin, so schwer es fällt, dies zuzugeben, überfordert, nicht einmal mittels Magie bin ich fähig, eine Lösung zu finden.“

  3. Beiträge anzeigen #63
    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Jail ist offline
    "Schade", erklang es aus dem Gemäuer hinter dem Weißhäutigen, der sich nicht einmal die Mühe machte, etwas genauer hinzusehen. Verübeln konnte man es dem Mann aber nicht, denn die Dunkelhäutige hatte ebenfalls Impulse vernommen, die in gewisser Weise dem Genannten entsprachen und dennoch schien es, als läge das Alles gerade mal ein paar Sekunden zurück. Einerseits gefühlt wie ein Abend füllendes Programm, aber auf der anderen Seite empfunden wie ein Gedanke, der nur Sekunden andauerte. "Melaine", hauchte die Stimme in dem Stein, die Selbigen dazu brachte, aus den Fugen heraus leicht zu bröseln. "Ich bin in der Tat in diesem Stein und ich komme nicht heraus", murmelte die Stimme, das es weiter hinab rieselte. "Dabei weiß ich aber nicht einmal, ob es mich stören sollte. Wenn ich ehrlich bin, ist es mir ziemlich egal", teilte die Maga mit, der jedoch zur Zeit keine Magie inne wohnte, außer Einer, die Zwang für sie war. Es bedrufte nur einer kleinen Bewegung, um den nebligen Körper durch die Steinritzen zu pressen, aufdas sich die körperliche Masse im nächsten Moment an einer anderen Stelle sammelte. Dort, wo ein Loch in der Wand klaffte. Aber auch da misslang der Versuch, aus der Wand zu fließen. "Ich bin dafür, daß wir die Katamkomben jetzt verlassen. Hat eh keinen Sinn und außerdem finde ich es ganz schön kalt und klamm hier", lachte die einst Dunkelhäutige, die doch seid ihres Geisterdaseins nichts anderes mehr spürte, außer Kälte. Sie war aber auch irgendwie intensiver zu spüren, daß einerseits die Möglichkeit nahe lag, daß sie einfach nur mehr gespürt wurde oder eben tatsächlich an Ausmaße annahm. Und dann erlosch das schummrige Licht, dessen Ursprung bis eben noch unklar war, daß nun alle Beteiligten in der Finsternis verweilten und es den Anschein machte, als würde die Kälte flüssige Form annehmen und der Haut entlang rauschen. "Ich finde den Weg schon nach oben. Ist ja nicht schwer. Einfach den Steinen entlang nach oben fließen, nicht wahr? Ist schon lustig, daß uns irgendwo ein Teil unserer Magie erhalten blieb, wo unsere körper sich verhalten wie fließendes Wasser oder rieselnder Sand. Vielleicht liegt da auch die Erklärung. Vielleicht fällt einem von Euch ja ein, was Wasser und Sand am davon Fließen hindert. Beziehungsweise, was dienlich sein könnte, um meine derzeitige Hülle irgendwie zu brechen".

  4. Beiträge anzeigen #64
    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    „Ja, das ist schade!“, hauche die Rothaarige leise und doch schien ihre Stimme mit lauter Enttäuschung vor den Wänden widerzuhallen und nach dem Hohepriester zu schlagen, der für nichts zu gebrauchen schien. Doch in Wahrheit hatte sie es geahnt, dass es so kommen musste. Wie sollte er ihnen auch helfen, wenn er nicht wie sie war? Vielleicht hatte er nicht einmal verstanden, warum es war, wie es gekommen war. Das Leben war zu veränderlich, um sich an ihm festzuhalten und zu hoffen, es würde einen über Wasser halten. Es war gerade das Leben, das eine finstere Freude daran entwickelte, einen noch tiefer zu drücken, wenn man erst einmal unter der Wasseroberfläche war.

    „Ich danke dir für deine Hilfe, Hohepriester!“, fügte die Magierin des Wassers hinzu. Die Worte glichen einem hellen Klang, der aus der angeschlagenen Glocke durch den gesamten Gang wanderte, jede Ritze erfüllte und jedes Herz zu berühren versuchte. Erhaben hob sie den Kopf, nur ein kleines Stück, nicht mehr sein wollend, als der Mann, der zu helfen versucht und doch nichts vermocht hatte. Dann senkte sie ihn zum Dank und wandte sich von Sinistro, der schon die ersten Schritte von ihnen Weg gesetzt hatte, ab und wieder der anderen Frau zu.

    „Du siehst bleich aus, Jail.“, sprach Melaine ohne Ironie in der Stimme, ohne Schelm, ohne Interesse an den eigenen Worten und der Wahrheit ihrer Bedeutung. Einfach nur, um irgendetwas zu sagen, wissend, dass sie Angst haben könnte, ansonsten ihre Stimme zu verlieren.
    Doch die Rothaarige spürte auch keine Angst mehr. Alles in ihr schien sich der Gleichgültigkeit hinzugeben. Es war vorbei. Wenn nicht einmal das Kastell ihnen helfen konnte, standen sie bereits am Anfang ihrer Reise an ihrem Ende. Was sollte nun auch noch geschehen?
    „Wenn es dir im Stein gefällt, bleib doch dort. Ich setze mich hier in und warte auf die Zeit, dass sie wieder nach uns greift und auch wir vergehen wie die Mauern um uns mit ihr. Irgendwann kann sie uns nicht mehr ignorieren.“, murmelte die Grünäugige und sank mit dem Rücken zu Wand langsam an jener herab, bis sie den Boden berührte.

    Der Nebel waberte unruhig über den schwarzen Stein vor ihr, umschloss ihre Beine und ließ sie in ihm versinken. Er schien mehr zu werden, als fülle ein Mundschenk ihn nach, obwohl keiner danach verlangt hatte. Auch die Kälte nahm zu. Das Gefühl von Leichtigkeit, die aus der Gleichgültigkeit resultierte, eine jene, die mit der Freiheit zu verwechseln war, frei von allem zu sein. Aber sie war anders, nur als eine Ahnung zu verstehen. Alles war gestern und heute stand kein Stein mehr auf den anderen.

    Und so bröckelten die schwarzen Wände in der Ferne, verloren ihre Konturen und die ersten Steine fielen lautlos in den Nebel, wurden von ihm verschluckt und verrieten nicht, ob sie je den Boden berührten.
    Melaine hob die Arme, wollte mit ihnen ihren Oberkörper umgreifen. Ein letzter Reflex, der nach Wärme verlangte, die es nicht mehr gab. Und was sie sah, war ein stetiger Strom. Ihre Hände schienen mit dem Nebel verbunden, in ihm zu fließen und aus ihm gespeist zu werden. Sie blickte an sich herab und erkannte nichts, außer dem Nebel, der sie war, nichts und doch alles.

    Und dann schloss die Zauberin die Augen. „Jail… es ist zu Ende.“, hauchte sie ohne Wehmut und spürte wie sie langsam fort gezogen wurde, in die Ferne. Der Geruch von Regen erfüllte ihre Nase, dann ein Duft einer süßen Frucht, der sie den Namen Erdbeere geben wollte, ehe er verschwand. Der Geruch von nassem Fell, eine hellen Blume… Der Gestank von Mist… Erinnerungen verbanden sich mit ihnen, Erinnerungen, die sie nicht mehr fassen konnte. Und so wurde es still um sie…

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    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Jail ist offline
    "Du hast recht", murmelte aus Jails Mund. Sie wußte nicht, in wie fern sie der Freundin recht geben musste, doch es

    veränderte sich in der Tat etwas. Und genau das konnte man auch als Ursache dafür ansehen, daß es der Dunkelhäutigen nicht

    gelungen war, den Stein zu verlassen... Als hätte etwas sie genau bis zu diesem Moment aufhalten wollen. Oder als wäre es

    der gestartete Prozess gewesen, der sich nicht mehr unterbrechen lies.
    Und nun spürte die einst Dunkelhäutige, wie ihr geöffneter Mund sich mehr und mehr mit Nebel und Kälte füllte, die in

    leichten schwaden auf ihren Lippen tanzte. Jede leichte Berührung mit den Lippen brachte die kalten Wolken dazu, einen Tanz

    zu tanzen, bei dem sich die Form stetig wandelte, doch letztlich schien es immer wieder so, daß der Dunst seinen

    angestammten Platz am Körper der Dunkelhäutigen annahm.

    Fleckig, von der unterschiedlichen Dichte des Geisterleibes wirkte die Maga, die der Freundin folgte, in dem sie sich von

    einer undefinierbaren Magie aus der Wand ziehen lies.
    Und dann schwand jegliches Licht, daß beide Frauen nur noch spüren konnten, wie sie mit verschiedenen Dingen in Berührung

    kamen. Da war kalter Stein, ebenso kalt wie der Stein, in dem sie zuvor drinne steckte, doch er fühlte sich anders an...

    weniger schmierig, kratziger und bröseliger, doch ehe Jail sich darüber im Klaren werden konnte, daß dieses Gefühl sehr

    unangenehm war, endete es auch und an ihrer Stelle trat das Gefühl, gerade durch den Leib eines Tieres zu gleiten.
    Es war die dicke, fette Katze, wohl ein magisches Unglück in den tiefen des Kastells und schon lange verendet, wofür auch

    der für einen Moment andauernde, faulige Gestank sprach. Real war dieser nicht, doch er war Teil einer Geschichte, von

    denen hier im Kastell viele lauerten und die veränderte Menschen wie Melaine und Jail eine besondere Auffassungsgabe

    hatten.

    Weiter hinauf brachte sie der Sog, daß sich etwas spüren ließ, daß keinesfalls aus der bekannten Kälte bestand, aber ebenso

    unheimlich magisch und böse, daß die nicht vorhandenen Häärchen sich aufstellten.
    Und als die Leiber endlich den Kastellstein verließen, erblickten mindestens zwei Geisteraugen den Innenhof, in dem ein

    dunkles, dusteres Loch klaffte.
    War der fehlende Baum etwa genauso eine Illusion, von denen die beiden Frauen nun schon so viele erlebt hatten? Waren die

    kurzen Eindrücke in dem Innenhof ein Produkt ihres verdorbenen Geistes, oder war das, was man dort sah und spürte

    tatsächlich real?
    Es war auf jeden Fall kurz genug, um nicht genügend Beachtungswert finden zu können... zu kurz, um überhaupt wirklich wahr

    genommen zu werden, denn schon einen Augenblick später stiegen zwei Körper weiter dem Himmel entgegen, daß sie außerhalb

    des Kastells von einer Windboe erfasst wurden.

    Schemenhafte Gestalten wurden für einen Moment so real, daß der Glaube enstand, sie für diesen Moment tatsächlich zu sehen.

    Da war Feilscherhannes, der väterliche Freund, an dessen Aussehen die Dunkelhäutige sich garnicht mehr hatte erinnern

    können und gerade jetzt sah sie sein bekanntes Lächeln, ehe er im Nebel verschwand und Jail vom einfallenden Sonnenlicht

    geblendet wurde.
    Es war, als würde etwas sich um ihren Leib legen, sie anheheben und über die Schwelle tragen wollen und als die Frau den

    Kopf vom Sonnelicht abwandte, erblickte sie dunkles Haar, welches ihr ins Gesicht wehte. Für einen Moment glaubte sie, von

    Ornlu getragen zu werden, doch es war nicht der Sildener. Weder sein Anlitz passte, noch der Geruch den er verströmte, denn

    er stank und das ziemlich nach Alkohol.
    Mit diesem Eindruck verdichtete sich der Nebel erneut und schirmte das Sonnelicht vollends ab, bis die unsichtbaren Hände

    Jail schließlich fallen liessen und der Gedanke entstand, zurück in die Kastellmauern zu fallen, doch die waren nicht mehr

    sichtbar.

    Gerade so, erblickten die Augen der Varanterin den Körper der Freundin, daß eine Drehung in dem entstandenen Nichts sie

    weiter herum brachte und sie die Hand Melaines ergreifen konnte.
    Im Wirbel gefangen haftete der Blick Jails an den Augen der Freundin, daß sie einen festen Punkt hatte, der sie davor

    bewahrte, sich jeden Moment erbrechen zu müssen. Viel wichtiger war jedoch, in dieser Welt nicht den Halt zu verlieren. Und

    so umklammerte sie den Leib der anderen Frau, die Wange an die Ihre bringend, als wäre sie die Geliebte.

  6. Beiträge anzeigen #66
    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Was sie sah war eine tiefe Dunkelheit, die aus dem schwarzen Loch zu steigen schien, den Innenhof einnahm und das gesamte Kastell zu verschlingen drohte. Sie wurde größer und wuchs, stetig und unaufhaltbar.
    Wie ein dunkler Furunkel, dem die eiternde Spitze fehlte, quoll die Dunkelheit auf, versperrte der Zauberin die Sicht auf das, was sich dort abspielte und ließ sie mit einem seltsamen Gefühl von Angst und Trauer von dannen ziehen.
    Es war kalt und die Rothaarige zitterte leicht, obwohl sie noch immer eine latente Hoffnung hegte, dass diese Kälte wieder verschwinden mochte, wenn schon sie aus der sichtbaren Welt zu entschwinden hatte. Irgendwo musste doch auch der Tod seine Wärme haben, seine Liebe und seine Hoffnung.

    Nein, das war Blödsinn. Eine Träne verließ das Auge der Rothaarigen in der Umarmung der anderen Frau. Der Tod war das, was er war, die letzte, endgültige Grenze, nach deren Überschreitung es kein Zurück mehr gab. Kein Zurück in eine Welt voller Gegensätze, welche die Möglichkeit immanent war, dass ein Gleichgewicht existieren konnte. Doch jenseits dieser Welt gab es nur das ewige Feuer oder die ewige Kälte, zwei Gegensätze, die in ihren fest gesteckten Grenzen keine Chance hatten, sich gegenseitig auszugleichen und die Ewigkeit zu erschaffen.

    Ein Rascheln war in der Ferne zu vernehmen. Melaine spürte die sanfte Berührung der Freundin, die sie umklammerte, nicht und bemerkte nicht einmal, dass dem so war. Die Welt im Nebel veränderte sich zunehmend und nahm ihren Bewohner Stück für Stück alles, was sie je besessen hatten. Am Ende würde nichts mehr bleiben und ob jemand darum trauern würde, stand in keinem Augenblick fest, war unwichtig und damit ein weiteres loses Empfinden, was ihnen verloren gegangen war.

    Dann glaubte die Wassermagierin einen Mann zu sehen, von Ranken umschlungen, an denen die Blätter sprossen und seinen Körper beinahe vollständig verdeckten. Seine Augen waren geschlossen und schienen zu schlafen und doch regte sich etwas in ihm. Ein schwacher Impuls, der Drang, zu pulsieren, das, was in ihm war, wieder dafür zu nutzen, zu dem es einst gebraucht worden war.
    Seine Beine standen nicht auf dem Boden, schwebten nicht in der Luft, sondern waren von dicker werdenden Ranken verdeckt, vielleicht auch gar nicht mehr vorhanden. Es schien, als sei der Mann selbst die Blüte einer seltsamen Pflanze, die fest im Boden verwurzelt war. Aber würde sie blühen oder war er eine immerwährende Knospe in schlafender Zeit?

    Das Bild verschwamm, wurde vom Nebel erfüllt und hinterließ den faden Beigeschmack von Sehnsucht. Sehnsucht nach dem Leben, von dem Melaine wusste, dass sie es nie wieder erlangen würde.
    Dunkelheit verschlang sie erneut, ließ die beiden eng umschlungenen Frauen fallen, immer tiefer in die Finsternis, bis der Boden ihnen widerstehen würde. Doch hätte er die Kraft, sie aufzufangen oder würde er weichen, weil auch er wie der Hohepriester glaubte, nicht helfen zu können?

  7. Beiträge anzeigen #67
    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Jail ist offline
    Trauer lag in den Augen der Dunkelhäutigen, die genauso wie Melaine denn seltsamen Naturmenschen sah und die immer noch den scheinbar vorhandenen Puls spürte, der langsam erst wieder abebbte. So sehr Empfindungen bei der Geisterfrau ausgeschaltet zu sein schienen, waren sie für einen Moment einer schmerzgrenze nahe, denn dieses Bildnis war für sie die Liebe pur, die Sehnsucht nach dem Menschen, für den ihr Herz schlug und das tiefe Empfinden, daß sie für diesen Mann hegte und für alles, für das er einstand. Die Natur war seins und damit auch von hoher Wichtigkeit für die Dunkelhäutige, die ihre Augen langsam schloss.
    Ihre Arme schienen sich noch weiter um den Leib der Anderen zu schlingen, doch sie umfassten den Körper bereits in einem Maße, wie es möglich war, daß der zunehmende Wille dazu führte, daß ihre Leiber begannen sich in einer Art und Weise zu verbinden, wie es schon hängend an der Treppe geschah.
    Aber es war in den Augen der einst Dunkelhäutigen nicht verkehrt und es in diesem Moment für sie vollkommen unwichtig, ob sie dadurch eine nicht wieder rückgängig zu machende Bindung einging. Sie ließ es einfach zu, das die Konturen der beiden Körper in der herein gebrochenen Dunkelheit leuchteten und der Nebel beider Leiber punktuell miteinander verschmolz.

    Ein Lächeln bildete sich auf den Lippen der Geisterfrau, die begann mit dem Prozess ein Maß an Lust zu empfinden. Ähnlich wie zwei Menschen, die in einem Geschlechtsakt die Lust und Freude miteinander teilten und so dauerte es auch nicht lange, das aus dem Munde Jails ein leises Seufzen drang.
    "Spürst Du es auch?", flüsterte Jail, "...gefällt es Dir?", wollte die Dunkelhäutige weiter wissen, ihre Wange an der Anderen reibend, als ein kurzes Aufblitzen in der Umgebung Jail dazu verleitete, die Augen zu öffnen.

    Ihre dem Strudel ergebene Bewegung hatte sich verlangsamt und man konnte am Rande dieser Erscheinung Dinge wahr nehmen, die an Körper erinnerten, doch ob es sich um menschliche- oder tierische Leiber handelte, lies sich nicht so recht erkennen. Sie waren in einer gleichsam umschlungenen Haltung wie die beiden Wassermagierinnen und sie schienen von Partner zu Partner zu wechseln. In langsamen Bewegungen und minimal, aber deutlich genug, daß sich das Bildnis von einer massigen und wilden Leidenschaft zeigte, aus deren Wirrwarr laute an die Ohren der Dunkelhäutigen drangen.
    Waren es Laute der Lust oder Laute von unerträglichen schmerzen? so genau lies sich dies nicht sagen, genauso wenig wie, wer jetzt hier was hervor rief. Das Gesehene gewirkt wurde durch das Empfundene, oder umgekehrt.

    Doch im Grunde genommen war es unwichtig, denn weiter unten schien die Reise vielleicht ihr Ende zu finden.
    Rote Bewegungen waren zu erkennen, die den Eindruck erweckten, einem Lavastrom entgegen zu fallen, doch mit näherem herran Kommen stellte Jail fest, daß sie einen roten See entgegen schwebte, aus dem Dämpfe empor stiegen.
    Wie schön wäre es doch, wenn der Dampf für Wärme stünde...

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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Wie wenig war das Leben doch lebenswert im Nebel, wenn man sich einander hingegeben hatte und statt der erhofften, der erwarteten Wärme nur die Leere und Kälte des bekannten Nichts erneut als die gleiche und einseitige Erscheinung des Ganzen kennengelernt hatte? Was bedeutete, es einander zu vergessen, wenn man einander war? Was bedeutete, es zu lieben, wenn Liebe in Geborgenheit und Nähe erwächst und man auf jene aus Erfahrung mit Wärme schließt, wenn also gerade diese Wärme fehlt? Verkommt dann nicht alles zu einer Farce der Vergangenheit, einem Ausweichschritt aus dem Leben, ein falscher Schritt, von dem man die gesamte Zeit über wusste, dass er einen stürzen lassen würde?

    „Lass mich nicht im Stich.“, war die einfache Bitte, die über die verschwundenen Lippen der Wassermagierin drangen und die doch keinen Klang von Hoffnung mehr verspürten. Das Leben war verkommen, vergessen und vergraben, ganz so wie ein Toter all jenes mit der Zeit durchmachte. Das Leben war Wärme und ohne Wärme war es nutzlos. Das Leben war einander verstehen, einander greifen und begreifen zu können. Hier jedoch vergrub man sich ineinander, glaubte zu fühlen, was den anderen in seinem Inneren bewegte, und sah doch nur einen schwachen Hauch, ein erhofftes Abbild des anderen, weil hier nichts war, was Realität versprach und diese zu festigen verstand.

    Alles Einbildung und Illusion. Alles ein einziger Schritt über eine große Leere hinweg, für den man vergessen hatte, dass sein Setzen die Zeit anhielt und einen nie das Ziel erreichen ließ. Was also bedeutete schon Nähe, wenn man sich selbst vergessen konnte und es nichts an der Situation ändern würde? Was bedeutete noch das eigene Sein, wenn es verschwommen im anderen kein Abbild des selbst hinterließ und somit bedeutungslos sich zu etwas neuem vermischte, was der Summe der einzelnen entsprechen konnte… doch… wer bestimmte dies? Wer legte die Regeln, nach denen der Nebel funktionierte, fest?

    Die Antwort war ebenso einfach wie zerstörerisch: Der Nebel selbst und mit ihm niemand, weil gerade die, die in ihm sind, ihn bestimmte, doch durch ihre Zweifel sich selbst vergessend die Aufgabe der Masse übergaben, die keinen eigenen Willen kannte und so die Verzweiflung der Bittsteller zum Dogma seines eigenen Handelns machte. Er würde sie verraten, weil sie wollten, dass er sie verriet. Er würde sie zerstören, weil sie in ihrer Verzweiflung glaubten, dass er dies über kurz oder lang in seinem perfiden Plan, der ebenso nichtexistent wie süß sein konnte, je nachdem, wessen Wille ihn fütterte, festgesetzt hatte.

    Und so gelangte das Wesen der beiden Frauen zu seinem Ende. So gelangte der Nebel zu seiner Vervollkommnung, zu der höchsten Möglichkeit seiner Existenz, in der sich die Seelen der beiden Magierinnen nicht bloß ineinander auflösten sondern im gesamten Nebel zu sein begannen. Sie wurde eins mit ihm, weil sie glaubten, dass dies so sein musste, zerfaserten zu der vollkommenen Leere, zu dem großen, einheitlichen Gedächtnis, das nicht mehr fähig war, auch nur einen Gedanken zu formen, noch zu führen.

    Die Frau mit den einst roten Haaren wandte ihren Körper ein kleines Stück, setzte den linken Fuß einen winzigen Schritt zurück und blickte neugierig wie ein kleiner Spatz über die eigenen Schulter, die linke Hand langsam hebend und den Zeigefinger dieser in die Luft reckend. „Warte auf mich!“, bedeutete dieses letzte Zeichen, ehe das Bild Melaines verblasste, verglomm wie ein darnieder fallender Stern, weil die Hoffnung im Augenblick der Zerstörung die einzige Kraft war, die den Erhalt im Nichtsein zu sichern begann.
    Ein Prozess für eine kleine Ewigkeit, der gerade begonnen ihr Ende in der Zeit des Erwachens und der Erkenntnis, dass alles, was war, noch immer im gleichen Rhythmus fungierte, wie es erschaffen worden war. Das große Sein als Miniaturbild im Nebel, zu reproduzieren, was die Welt überdauern lässt… denn im Nebel war nichts… und doch alles….

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    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Jail ist offline
    Reglos trieb der Leib der Dunkelhäutigen in einem schwarzen See, still und reglos verharrte die glanzlose Oberfläche und ebenso bewegungslos der schwarze Nebel, der all das Schwarze verdeckte. Still der Mond, der aufgrund seiner Schwärze nicht in der Lage war, auch nur einen Funken Licht zu spenden. Still und reglos waren auch die Fledermaus artigen Gestalten, die im Nichts schwebten, als hätte man sie im Nichts positioniert. Sie waren durch ihre Schwärze nicht von dem See und nicht von all dem zu unterscheiden, was sie umgab, denn alles verharrte in einer bewegungslosen Finsternis, deren Luft ebenso finster und kalt war, wie der Leib der reglos Treibenden.

    Das hier musste wohl das Ende eines Menschen sein, der im Nichts endete, in einer Welt, die aus Wasser, Luft und Tieren bestand, aber doch nichts mehr war, als eine einheitlich finstere Masse, die nur Totes barg und Totes brachte. So leblos, daß es dem Verschiedenen nicht einmal mehr möglich war, sein Ende zu erkennen.
    Aber es war nicht der Tod. Es war einfach... Nichts, ein Loch im Nebel welches dazu diente, den einst lebendigen Leib zur Ruhe zu betten, bis eine höhere Macht entschieden hätte, was mit diesem Leib zu geschehen hatte. Doch diese höhere Macht, diese finstere magische Aura, das Böse und Trostlose schien sich nicht um den Leib zu scheren, der im Nichts doch einfach zu vergessen war.
    Vielleicht war es der Finsternis aber auch nicht möglich, Finsteres zu beenden. Finstnis, die auf Finsteres zugriff, konnte doch nur Finsteres zur Folge haben – oder?

    Und dann geriet der schwarze See in leichte Schwingungen und regte damit den leblosen Leib, der sich kaum merkbar ein Stück weit im finsteren Wasser drehte und der schwarze Nebel umwaberte den treibenden Leib, um an anderer Stelle schließlich wieder zu Ruhen.
    Für einen Moment tat es ihm das schwarze Blut in den Adern der Dunkelhäutigen gleich, als es von dem schwarzen Herzen durch den Körper gepumpt wurde, um schließlich wieder zur Ruhe zu kommen.

    Der Gedanke an die Dunkelhäutige war wohl auch nur ein kurzer Funke,... so kurz wie die Regung, die durch die Finsternis huschte, als wäre sie eine aufgeschreckte Schnecke, die ihren Leib und Fühler lediglich einmal kurz in das Schneckenhaus zog, um sich wieder langsam raus zu rollen.

    Oh Ihr üblen Menschen seid nicht einmal in der Lage auch nur einen Gedanken an die Verschollene zu verschenken, der länger dauert, als nur eine Sekunde!
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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Gleißend fiel das Licht des runden Feuerballs auf das weiße Haar der Frau, die mit Mühe ihre Schritte zwischen den aus den Boden ragenden Felsen setzte, um das tiefe, weite Blau zu erreichen, dass sie schon gelockt hatte, solange sie sich erinnern konnte. Es schien vor ihren Augen zu pulsieren wie ein endloser Strom des Lebens, der im Einklang mit ihrem Blut im gleichmäßigen Takt sang. Die Zeit hatte nicht begriffen, dass sie gegenüber dem Verstand der Menschen unterlegen war. Was ihn bewegte, war endlos und so hatte es auch die Zeit zu sein.

    Ein schöner Traum, ein stummer Wunsch, der ewig schon, so erhoffte sie es, im Herzen der Weißhaarigen brannte und drohte, gerade jenes zu versengen, weil es nicht bereit war, aufzugeben.

    Vorsichtig schoben sich die Füße weiter durch den Sand und die Hände hoben sich unsicher, willens nach dem zu greifen, was der alten Frau Halt bieten konnte. Doch in unmittelbarer Nähe war nichts, was dem entsprochen hätte, und so stolperte die bleiche Frau weiter dem tiefen Azur entgegen.

    Die grünen Augen zuckten über das Blau hinweg, glaubten den Glanz der Sonne, die die Frau so wärmend auf ihrem Gesicht spürte, auf der Oberfläche des Meeres glänzen zu sehen. Kleine Punkte, die vom Rauschen der Wellen begleitet, sich leuchtend in die Luft erhoben und auf den Wellen des sanftes Salzgeruches tanzten, der unregelmäßig die Nase der Alten liebkoste.

    Etwas berührte ihren Fuß und unterbrach ihren unsicheren Gang. Ihr Blick fiel auf den Störenfried und konnte ihn doch nicht erkennen, als sie langsam viel und ihre Hände sich schützend in den Sand gruben, um den Körper vor dem harten Aufprall zu bewahren. Bebend hielten die Arme das wenige Gewicht, was ihr geblieben war, und senkten es zögernd dem Sand entgegen, auf dem sie einen Augenblick lang zum Ruhen kam und mit einem tiefen Atemzug den lockenden Duft einsaugte.

    „Oh nein!“, schrie eine Stimme in der Ferne und riss die Frau mit den grünen Augen, welche mit weißen Strängen überzogen gebrochen wirkte, aus ihrem schönen Traum von Einsamkeit und Freiheit. Wie sie es vermisste und wie sie es hasste, gegeißelt vom Alter ständig die stützenden Hände verkrampfter Menschen zu bedürfen, die ihr alles absprachen, was ihr war, hin zum letzten, was sie zu kontrollieren imstande war – ihrem Verstand.

    „Bewegt euch einen Schritt weiter, Mädchen, und ich schwöre euch, dass ich euch an euren schönen, braunen Haaren die gesamte Lände des Strandes auf und abschleifen werde, bis ihr gelernt habt, meinem Wort zu folgen.“, spie sie mit scharfen Worten und schwacher Stimme hervor, die im Rauschen des Meeres unterzugehen drohte. Da berührten sie bereits die suchenden Hände der jungen Frau, griffen ihr unter die Arme und hoben sie geschickt wieder auf die Beine. „Frau Melaine, ihr solltet vorsichtiger sein. Kommt, ich bringe euch zurück zu den anderen und dann könnt ihr euch bei einem schönen warmen Tee ausruhen.“, drang diese quälend freundliche Stimme dieses jungen Dings aus deren Mund und ließ die Ohren der Weißhaarigen schmerzen.

    „Nehmt eure puppenhaften Hände von meinen Armen und lasst mich meines Weges ziehen. Ich bedarf eurer verlogenen Hilfe und gespielt freundlichen Zuwendung nicht. Schiebt euch euren besorgten Tonfall dahin, wo ihn kein Mensch zu sehen bekommt, und verzieht euch, Sania.“, protestierte Melaine und versuchte sich vergebens aus dem festem Griff der jungen Frau zu befreien.

    „Ihr seid schon viel zu lange hier draußen. Eure Haut ist schrecklich kalt und die Wärme eures Gemaches wird euch gut tun.“, versuchte Sania die Alte zu beruhigen, die immer noch unter ihrem Griff zappelte und doch mit sanfter Gewalt in die richtige Richtung gedrängt werden konnte.

    Die Weißhaarige hob die zitternde Hand näher an ihr Gesicht. Das wenige, was sie noch erkennen konnte, glich einer faltigen Landschaft mit eingedrückten, tiefen, dunklen Kratern darauf. Die Last des Alters drückte auf ihren Schultern und ein weiteres Mal wurde ihr schmerzhaft bewusst, was sie alles verloren hatte. „Wenn wir Zeit unseres Lebens am Anfang stehen, werden wir dann mit unserem Tode das Ende erkennen oder wird uns bloß die Erkenntnis ereilen, dass wir nutzlos gewesen sind?“, fragte die einst Rothaarige mit schwacher Stimme und spürte regelrecht das falsche, erschrockene Zusammenzucken der anderen Frau. „Aber ihr seid doch nicht nutzlos gewesen. Ihr habt so viel erreicht.“, drangen die Worte schnell aus dem Munde der Pflegerin und klangen in den Ohren der Älteren doch wie eine Lüge. „Was wisst ihr schon?“, fragte sie in die Stille hinein und wartete nicht auf die Antwort, die sowieso fern jeder Befriedigung geblieben wäre, „Bringt mich zurück!“, seufzte Melaine schließlich resignierend und ergab sich dem sanften Druck Sanias…

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    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Jaja... nicht aufhören... komm, etwas wird Dir noch noch einfallen. Etwas Schönes vielleicht.

    Wieder regte sich der schwarze See und ließ den leblosen Körper auf der Oberfläche treiben, wärend der zuvor schwere Nebel den seichten Bewegungen folgte und leichtfüßig über das schwarze Wasser tänzelte. Er streichelte die Dunkelhäutige, als würde er sie wecken wollen, doch die Gedanken reichten wohl nicht aus und so echote der Impuls des Träumens in rytmisch kleinen Stößen vor sich hin, ehe er wieder verebbte und damit auch jede Bewegung, die zuvor die Finsternis erregt hatte.
    Ruhe beherrschte das Bild und die schwarze Watte schien gar traurig, daß sie in pulvriger Form ihre schwarze Asche von sich gab, die dem letzten Impuls folgend verpuffte, ehe schwarzer Schnee die Wasseroberfläche erreichen konnte. Dunkler und muffrig riechender Staub war es nun, der sich mit der Luft vermischte und die finstere Welt kurz darauf einem erloschenem Kaminofen glich.

    Und so wie alles zum Erliegen kam, endete der kurze Blutstrom im Leib der Frau.
    Der Brustkorb hob sich ein letztes Mal an und ließ einen letzten langen Atemzug aus ihm entweichen, als er sich wie ein erschlaffender Ballon wieder senkte.
    Nur der Mund der Gefangenen blieb leicht geöffnet, daß es aussah, als würden die aufgesprungenen Lippen einen Laut der Enttäuschung formen.

    Wer annahm, in dieser Welt würde rein garnichts sein, hatte sich getäuscht.
    Die schwarze Pest war allgegenwertig und die Veränderungen an dem Leib der Dunkelhäutigen ein Zeichen dafür, daß von finsterer Macht geschwängerte Partikel sich zu jeder Zeit an dem Körper der Frau labten, nur war es für das blosse Auge nicht sichtbar. Es brauchte ein besonderes Gespür, um den stetigen magischen Fluss spüren zu können, Ohren mit besonders ausgebildeten Merkmalen, die in der Lage dazu wären, daß magische Summen hören zu können. Vergleichbar mit Tönen, die nur von Tieren wahr genommen werden konnten, wärend das menschliche Ohr rein garnichts vernahm.
    Es würde vermutlich nicht einen Heiler auf dem ganzen Festland geben, der in der Lage wäre, die schwarze Pest ausfindig und unschädlich zu machen, denn sie herrschte hier ungehindert und sich ständig weiter entwickelt an diesem Ort, den vermutlich zuvor noch kein anderer Mensch erblickt hatte. Nicht einmal die Götter schienen wohl zu ahnen, welch böse, magische Krankheit in dieser finsteren Welt ihr Unwesen trieb und im Stande war, unter solch wiedrigen Umständen überleben zu können.
    Menschliche Wesen spürten hier nur eine dumpfe Kälte, eine erdrückende Finsternis, die es nicht zu ließ, daß man auch nur einen Moment länger in der Lage dazu sein würde, etwas menschliches in sich zu erhalten.

    Hier herrschte etwas Unbekanntes, daß nicht einmal den erlösenden Tod zu ließ... Etwas das so unbekannt war, daß man nicht einmal mehr sagen konnte, wer es kreierte, lenkte und aufrecht erhielt.

    'Was soll ich tun?' fragst Du mich? Denk nach!

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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Das Rauschen des Meeres verebbte mit jedem Schritt, den die Ältere an der Seite der Jüngeren setzte und sich so stetig vom Meer entfernte. Es gab kein Innehalten in dieser Welt mehr. Sie war verlassen von der Ruhe und dem Anschein von Frieden. Alle Lügen, die die Menschen sich erzählt hatten, um glücklich zu sein, waren besiegt und vernichtet worden. Es regierte die kalte Logik und der Ausweichschritt in Worten vom Drang eine Antwort zu formen, die keine Befriedigung gab. Unwahrheiten, die das große Ganze nicht verändern mochten, die von aufmerksamen Ohren wohlüberlegt zu Staub zerfielen und sich die Blöße gaben, wenn man sie zu hinterfragen begann. Es gab kein perfektes Netz, keinen doppelten Boden und keine formvollendete Phantasie mehr. Nur Kälte.

    Melaine zitterte und folgte wie in Trance der einsamen Führung Sanias, die in ein leises Summen verfallen war, das wohl beruhigend wirken sollte. Die einst Rothaarige dagegen hätte sie jedoch am liebsten, wenn sie nur die Kraft dazu gehabt hätte, so lange geschüttelt und geohrfeigt, bis sich der letzte Rest verstand in der anderen Frau zu regen begonnen hätte.

    Der Sand verging und die Erde formte Stufen aus Stein, die von den wanken Füßen nur zögernd gefunden und angenommen wurden. Alles in ihrem Körper strebte sich dagegen, die Stufen zu besteigen, den Weg zu gehen, der unweigerlich zu ihrem Ende führen würde, dieses oder nächstes oder das Mal darauf.
    Noch immer hatte die Grünäugige die Bilder dieser Gegend vor Augen, als würde sie jene noch einmal zum ersten Mal sehen. Damals, als ihre Augen noch zu sehen vermochten.
    Weiße, aus feinem Stein gehauene Stufen führten zwischen mächtigen Klippen, die im Licht der Sonne durch den Kalk weiß zu glänzen schienen, hinauf zu einer mit grünem Gras übersehenen Ebene, auf der Blumen aller möglichen Formen und Farben sprießten. Bienen summten im Schein der untergehenden Sonne und Schmetterlinge erhoben sich von ihrem langen Raft auf den Blüten dem blauen Himmel entgegen.
    Wenn man sich am Ende der Treppe um drehte und den Blick schweifen ließ, wurde man eines unendlich schönen Anblickes Gefahr - der gesamte Kraft und Stärke des blauen Ozeans, eines Horts der Ruhe und des Friedens.

    Bog man nach links, fiel der Blick auf eine strahlende Kuppel aus dem gleichen weißen Stein und reinem, spiegelnden Glas, die von mächtigen weißen Säulen gestützt den Pfad aus weißem Stein zu der Festung des Heils vor der Witterung schützte.

    „Nur noch ein Stück, Frau Melaine, dann könnt ihr euch ausruhen.“, drang die leise Stimme der Pflegerin an die Ohren der Weißhaarigen, als deren Zittern an Intensität zunahm.

    „Habt ihr je zu denken gelernt, Sania, oder tut ihr nur, was man euch aufgetragen hat?“, erwiderte die Ältere grob und versuchte erneut vergebens, sich von der Jüngeren loszureißen, um ihr zu beweisen, dass sie sehr wohl alleine zurecht kam. Es war nutzlos und sie würde es nicht schaffen, weder das eine, noch das andere.

    „Wollt ihr einen schönen, warmen Tee haben?“, fragte Sania routiniert und ihr warmes, freundliches Lächeln, dass Melaine nicht sehen konnte, jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Viel zu lange hatte sie jenes ertragen müssen und noch immer verfolgte sie es in die letzten Schemen, die sie wahrzunehmen imstande war, hinein. Sie schauderte und schüttelte leicht mit dem Kopf. Was war nur mit der Zeit geschehen? Was hatte sie all die Jahre getrieben? Wie viele waren es?

    „Wie alt bin ich jetzt, Sania?“, fragte Melaine mit schwacher Stimme. „Eintausendachtundzwangzig Jahre, Einhundersechsundfünfzig Tage, sieben Stunden und…“, begann die Pflegerin.
    „Danke, das reicht.“, unterbrach die Weißhaarige die andere Frau resignierend und seufzte, als die Wärme der Natur langsam durch die angenehme Kühle der Festung des Heils ersetzt wurde. Wo ist nur mein Leben geblieben?

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    Burgherrin Avatar von Melaine
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    „Ah, Sania, ihr habt sie endlich gefunden. Gut, sehr gut. Lasst uns doch einen Augenblick alleine.“, drang eine helle Stimme an die Ohren der Weißhaarigen, kaum, dass sie den Innenraum der Festung betreten hatte. Eigentlich war es keine Festung, lediglich eine zu groß geratene Villa aus weißem Kalkstein, in die man die alten Menschen in der Hoffnung abschob, dass sie es nie wieder wagen würden, sich in die Belange der Jungen einzumischen. Weit genug entfernt, dass jeder Mensch die Kraft in einem hohen Alter nicht mehr hätte, zu Fuß die Zivilisation zu erreichen, weit genug entfernt, dass man sie vergessen konnte, wenn man sich nur genug Mühe gab.
    Nur die Frau, zu der jene helle Stimme gehörte, - Asandra - konnte dies nicht und bestach durch ihren unermüdlichen Willen, regelmäßig diesen Ort aufzusuchen und Melaine immer wieder die gleichen Fragen zu stellen, als glaubte sie, wenn sie nur lang genug nerven würde, irgendwann ihre Antworten zu bekommen. Die einst Rothaarige entgegen war es schon lange leid und so verdunkelte sich der Ausdruck ihres Gesichts und wandelte sich innerhalb eines Augenblicks von Resignation in unerschütterliche Strenge.

    „Geht schon, Sania!“, sprach Melaine und schüttelte den Arm der Pflegerin ab, ehe ihre beinahe blinden Augen die Frau vor sich fixierten.
    „Diese weiße Kleidung steht euch wirklich ausgezeichnet. Welchem Schnitt entsprechen Hose und Jacke – sernonisch oder lagardisch? Wirklich“, fragte Asandra mit freundlicher Stimme und deutete einen leichten Knicks an, den selbst die Weißhaarige noch wahrnehmen konnte.
    „Spart euch eure Worte, Kind. Die letzte Zeit meines Lebens ist mir kostbar genug, als dass ich sie mit solch einem Gewäsch verschwenden müsste. Sagt mir, warum ihr gekommen seid, und dann lasst mich in Frieden.“, unterbrach Melaine die andere Frau barsch und verschränkte die Arme hinterm Rücken.

    „Ich wollte nur ein wenig freundliche Konversation treiben.“, erwiderte Asandra brüskiert und ließ in der Weißhaarigen das Bild einer dunkelhaarigen Frau entstehen, die schmollend die Lippen schürzte und die Arme vor der Brust verschränkte. Die Arme verschränkte Asandra schon lange nicht mehr vor der Brust, doch das Verziehen ihrer Lippen hatte sie beinahe zur Perfektion getrieben.
    „Langweilt mich nicht mit Ausflüchten. Was wollt ihr?“, erklang die Stimme Melaine scharf in der großen Eingangshalle und provozierte ein Seufzen der anderen Frau zur Antwort.
    „Warum seid ihr nur so stur, Melaine? Ihr hättet schon lange euren Frieden haben können, wenn ihr mir nur endlich sagen würde, was ich wissen will. Falls ihr es vergessen habt, wiederhole ich es gerne ein weiteres Mal.“, der Tonfall der anderen Frau hatte alle Freundlichkeit verloren und barg nun eine unüberhörbare Kälte.

    „Das wird nicht nötig sein. Ich werde alle Geheimnisse, die ich noch besitze, mit ins Grab nehmen. Dafür habe ich schon vor Jahren gesorgt. Und die Zeit rückt näher. Jeden Tag kann es soweit sein. Vielleicht solltet ihr euch andere Wege ausdenken.“, ein mütterliches Lächeln legte sich auf die Lippen der Älteren, „Aber überanstrengt euch nicht, Kind.“, fügte sie hinzu und wandte sich mit langsamen Schritten von der anderen Frau ab.

    „Ihr genießt viel zu lange den Schutz eures Alters. Es gibt Mittel und Wege. Zwingt mich nicht, sie einzusetzen.“, hallte die Stimme Asandras hinter Melaine her, welche sich seelenruhig wieder zu der Jüngeren umdreht.
    „Glaubt ihr wirklich, ich wäre so alt geworden, wenn ich mich ihnen nicht zu erwehren wüsste. Ihr könnt meinen Körper vernichten und meinen Geist vernebeln, aber meinen Willen werdet ihr niemals brechen. Niemals. Und nun verschwindet.“, donnerte die Stimme einstigen Magierin durch die Halle und die Winde der Magie schienen ihr ein letztes Mal folgen zu wollen. Peitschend wehten sie durch den Raum und rissen Asandra von den Beinen, die mit einem erstickten Laut und weit aufgerissenen Augen in der Luft baumelnd zum Stehen kam.

    Melaine breitete die Arme aus und Wasser sammelte sich in ihren Händen, dass auf die andere Frau zuschoss und sie eine Kugel jener Flüssigkeit hüllte die binnen eines winzigen Augenblicks zu Eis erstarrte und klirrend zu Boden fiel. Scherben flogen durch die Luft und verteilten sich auf dem Stein und gaben den Blick wieder frei auf eine weinende Frau, die die Arme schützend vor ihr Gesicht gehoben hatte. „Verschwindet.“, sprach die Magierin mit ruhiger Stimme und sah mit aller Gelassenheit, die sie aufbringen konnte, dem kleiner werdenden Schemen der anderen Frau hinterher.
    Dann sackte sie zusammen und die letzten Kräfte, die sie all die Jahre wie einen Schatz in ihrem Inneren geborgen hatte, verließen. Ein helles Licht schien sie zu umhüllen und in der Ferne erklang eine liebliche Melodie, die den Geist der Weißhaarigen in den Schlaf und in die Ewigkeit wiegte. Endlich frei…, war der letzte Gedanke der mit den Augen brach.

  14. Beiträge anzeigen #74
    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Das Wasser... es zitterte, brachte auf der Oberfläche kleine Wellen und Kreise hervor. Stärker, noch ein wenig stärker, ehe sich von der Oberfläche klitze kleine Mengen lösten und auf dem schwarzen See tanzten. Noch verbarg der wabernde finstere Nebel es, doch schließlich tanzte auch er und lies die Stille weichen, die bisher in dieser dunklen Welt herrschte.
    Der schwarze Dunst zuckte umher, zuckte im Takt und schwang gemächlich vereint mit der finsteren Brühe, als würde er einer Melodie folgen und wahrlich... es war die Melodie der Erinnerung.
    Der Leib der Dunkelhäutigen wankte im Takt, folgte der Muster bildenden Oberfläche. Muster, die nun deutlicher in der Dunkelheit zu erkennen wurden, weil die Linien zu leben begannen. Vergleichbar mit dem Bildnis kommunizierender Gehirnzellen, deren Impulse violett farbenes Leuchten hervor brachte. So leuchtete nicht nur der See, der sich aus seiner Ruhe erhob, sondern auch die Adern der Frau, der das Erwachen kurz bevor stand.

    Das schwarze Meer folgte nun einem Strom, bildete Wege am Rande, die nach innen verlaufend dem Weg nach unten folgten und so verzerrte sich das Gewässer zu einem terassenartigen Trichter, der die Dunkelhäutige schließlich in die Tiefe entließ. Dort hin wo eine violett farbende und pulsierende Öffnung sie schließlich in ihren Sog zog.

    Die Welt schien sich langsamer zu drehen. Glocken hingen unsichtbar in der Luft und ließen einen feinen, hellen Ton erklingen und überall um die Dunkelhäutige herum glitzerte die neblige Luft, daß es der Erwachten unmöglich war, ein klares Bild vor den Augen zu erhalten.
    Gülden schien die Umgebung und in weichen Konturen – wunderschön, daß es so garnicht zum Zustand und Gestalt der Gefangenen passte. Doch das hier war ein Hauch von Leben, den Jail nun mit einem gequälten und gierigen Atemzug tief in sich aufsog.

    Und jetzt, wo die Aura Strom der Erinnerung das Innere der einstigen Magierin ausfüllte, lichtete sich auch der Trübe blick, daß ihre Augen eine kleinere Gestalt musterte, bei der es sich um einen Menschen handelte. Verwunderung zeichnete sich langsam auf dem Anlitz der einstigen Magierin ab, denn der Junge widmete ihr keine Aufmerksamkeit und schien ebenso wie sie selbst ein Geist zu sein. Und als sie ihre durchsichtig schimmernde Hand hinab senkte, um die Schulter des Kleinen zu berühren, verschwamm das Bild von ihm und materialisierte sich nebelhaft an anderer Stelle.
    Ein verzerrt klingender Laut kroch über ihre Lippen und ihr durchsichtig schimmernder Leib, der sich durch scheinbar violett farbene Adern auszeichnete, geriet in Bewegung, als sie wieder stoppte und sich angestrengt umsah. Jetzt konnte sie auch erkennen, daß sie sich allem Anschein nach auf einem Schiff befand, daß auf einem See ruhte, der kaum größer war als der See in Silden und seltsamerweise thronte inmitten dieses Sees eine große Eiche, an der gelehnt ein Mann stand. Mit dieser Erkenntnis wuchs ein Stück Wärme in ihr, daß die Bewegung des Blutes, in dem durchsichtig schimmernden Leib zunahm und ihre Hand sich nun nach dem Erwachsenen ausstreckte, der da mit geschlossenen Augen ausharrte.

    „Gwydion“, säuselte es aus dem Munde der Frau und es klang wie das Heulen des Windes.

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    fmSiW! Avatar von Gwydion
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    Gwydion ist offline
    Irgendetwas veränderte sich, während Gwydion mit geschlossenen Augen seinen Gedanken nach hing. Er konnte nicht genau sagen was, es lag in der Luft, es waren die Geräusche Sildens, die in den Hintergrund traten, gar zu verstummen schienen. Zögerlich öffnete der Druide die Augen und bekam einen Schreck, der ihn dazu veranlasste die Finger in die Rinde der Eiche zu krallen, um sich fest zu halten. Zu seinen Füßen war Wasser, in das er seltsamerweise nicht versank. Als hätte jemand die Eiche vom Boden, von ihrem angestammten Platz in Silden, aufgehoben und auf den See gestellt. Wirklich gestellt, nicht darin versenkt.
    Blinzelnd sah er um sich und entdeckte ein Schiff, das mitten vor ihm plötzlich auf dem See aufgetaucht war. Kein Fischerboot und auch nicht die Maera, die man in Silden eher erwartete, ein fremdes Schiff für Überseefahrten. Der Druide kniff die Augen zusammen. Irgendwie kam ihm das Schiff bekannt vor, aber er konnte nicht sagen warum.
    Auf dem Schiff selbst erkannte Gwydion nur eine Gestalt, alleine schien sie dort an der Reling zu stehen. Kein fester Körper, auch warf sie scheinbar keinen Schatten, eine Masse wie... Nebel, der lebendig geworden war. Gwydion legte den Kopf leicht schief. Irgendwoher kannte er sie.

    Zögerlich, fast ängstlich löste Gwydion den Griff, den er an der Eiche hatte und neigte sich etwas vor. Diese seltsame Eiche kam ihm merkwürdig vor. So wie sie auf dem See zu dümpeln schien. Lieber wechselte er auf einen Untergrund, der damit vertraut war auf dem Wasser unterwegs zu sein. Er ging in die Knie und holte Schwung, dann sprang er auf das Schiff zu.
    Er bekam den Rand zu fassen und zog sich hoch, hangelte sich an der Reling weiter hinauf und schwang schließlich die Beine darüber. So stand er an Deck des seltsamen Schiffes, das aus dem nichts aufgetaucht war und starrte die Nebelgestalt an, den Kopf etwas schief gelegt, die Stirn in Falten gezogen.
    „Jail?“, fragte er schließlich.
    „Gwydion...“, kam die Antwort.
    Ein Schauer lief den Rücken des jungen Druiden hinunter, als er ihre Stimme vernahm. Sie wirkte unirdisch, zusammen mit der geisterhaften Nebelgestalt ihres Körpers, die jedoch einige Adern zu erkennen ließ, ein unheimliches Wesen. Aber es schien Jail zu sein.
    „Wo... wo bin ich? Wo sind wir? Ist das die Anderswelt? Bin ich gestorben? Bist du tot?“, fragte er verwirrt.

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    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Jail ist offline
    Die Dunkelhäutige leckte sich über die Lippen und zog die neblige Augenbraue hoch und dann wandte ihr Kopf sich in sämtliche Richtungen. Sogar einmal den kompletten Kreis vollführend, daß das was ihr Hals war, auseinander glitt und dann wieder eine Form bildete, die einem Menschenhals ähnlich war. Mit der bleichen Hand fuhr die einstige Magierin sich in den Nacken, wärend die andere Hand im wabernden Rücken gestemmt war.

    „Hmm...“, machte sie.
    „Allem Anschein nach bin ich immer noch so etwas wie ein Geist, gefangen in einer Welt, in der nur Nebel und Finsternis besteht. Und allem Anschein nach begegnen wir uns gerade hier. Warum, weiß ich allerdings nicht“, gab Jail von sich, daß Gwydion das Gesicht verzog. Ob er es aufgrund der Worte oder ihrer Stimme tat, wußte die Geistergestalt aber nicht, die sich nun mit der Hand über die Kehle fuhr.
    „Aber schön Dich zu sehen. Ist lange her. Mir scheint es so, daß es so oder so schon lange her ist, daß ich überhaupt irgend eine Menschenseele zu Gesicht bekam“, mutmaßte Jail, die sich noch einmal umsah und der Meinung war, sich die Umgebung etwas genauer ansehen zu müssen.
    Irgendwo hier gab es vielleicht die Möglichkeit der Flucht.
    Eine Vorstellung, von der die Gefangene schon wußte, das es nur ein Wunschtraum sein konnte und so wurde ihre Mimik ein wenig betrübt.

    Mit den Händen an die Reeling gekrallt entließ die Geisterfrau ihren kräftigen Atem aus dem Mund und das Schiff begann damit, leicht auf dem See zu treiben, der etwas weiter nördlich gelegen im Sonnenlicht zu glänzen schien.

    „Dort wo eine unbekannte Macht mich gefangen hält, gibt es so etwas wie Licht nicht.
    Alles ist finster und traurig...“, erzählte sie Gwydion, nicht einmal bemerkend das sie den Umstand vergessen hatte, daß es eigentlich eine weitere Person gab, die ebenfalls in dieser dunklen Welt gefangen war.
    „... es scheint dort kein Leben zu geben“, fuhr die Frau fort und dann sank ihr Blick hinab auf dem Boden, auf dem kleine Ansammlungen von etwas Dunklem krochen, daß in Jail das Unbehagen stieg. Sie wußte genau was es war und wußte genau, wo es hin wollte. Die Gefahr war allgegenwertig und es wichtig das sie einen Ort durchquerten, der von Helligkeit durchflutet war.
    Jail versuchte den Mann am Handgelenk zu packen, um ihn mit sich auf das andere Ende des Schiffes zu ziehen, doch ihre wabernde Hand konnte das Handgelenk nicht krallen.
    „Komm weg da!“, warnte sie Gwydion und winkte ihn hinter sich her.

    So lange hatte sie sich gewünscht mit jemandem sprechen zu können, doch das Gewissen klagte sie an, den Mann so schnell wie möglich aus diesem magischen Zusammenfluss zu entlassen.
    „Ich weiß nicht wie, aber Du musst hier verschwinden...“, zischte ihr Mund, wärend ihre Augen immer noch dem dunklen Bewegungsfluss auf dem Schiffsboden folgte.
    „... beeil Dich“.

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    fmSiW! Avatar von Gwydion
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    Gwydion ist offline
    Gwydion blickte auf den Boden, auf dem dunkle Dinge wie eklige Schattenwürmer über den Boden krochen. Jail versuchte ihn von dort weg zu ziehen, doch konnte sie ihn nicht berühren, so suchte er von selbst Abstand zu den Viechern, doch auf Dauer würde das nicht ausreichen. Die beiden, Geisterjail und Gwydion, eilten zum anderen Ende des Schiffes, doch diese Mistviecher würden sie dort bald erreicht haben.
    „Was sind das für Viecher?“, fragte er leicht angewidert, „Und wie kriegen wir dich hier wieder weg?“
    Der junge Mann schluckte und sah sich um. Er hatte zwar keine Ahnung was das für Viecher waren, aber eins wusste er sicher: sie waren nichts Gutes und er wollte auf jeden Fall vermeiden, dass sie ihn berührten. Sein Blick wanderte zur Eiche. Die Eiche war ein heiliger Baum... mehr oder minder. Jedenfalls war sie magisch. Vielleicht würde die Eiche sie vor den Dingern beschützen. Also wieder zurück.
    „Jail, die Eiche!“, Gwydion deutete auf den Baum, „Vielleicht sind wir dort vor den Dingern sicher.“

    Gwydion nahm Anlauf, er würde über eine dunkle Fläche von diesen Viechern springen müssen. Er rannte los und stieß sich vom Boden ab, erreichte mit dem linken Fuß die Reling, stellte den zweiten daneben und musste mit den Armen rudernd um sein Gleichgewicht ringen. Er warf einen Blick zurück zu Jail, doch die schwarzen Würmer, oder was auch immer sie waren, näherten sich bereits wieder.
    Mit Schwung sprang er von der Reling zur Eiche und bekam einen Ast zu fassen. Er schlang die Beine um den Ast und ließ sich kopfüber hängen, um zu Jail zurück schauen zu können.
    „Jail?!“, rief er fast besorgt zum Schiff zurück.

  18. Beiträge anzeigen #78
    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Hast du mich vermisst? Nein, hast du nicht… sonst wärst du hier! …oder? Ein Traum von Unendlichkeit? Was mag Liebe sonst sein? Du fragst nach einem Wert? Ich kann nicht offenbaren, was ich nicht weiß. Nicht wertlos… Nein! Bitte… geh nicht… noch nicht. Ich will nur… nur einen Augenblick noch… Das Gefühl deiner Haut… deine Lippen auf den Meinen… deine klaren Augen… wo ist das alles hin? Vergessen? Ich kann nicht…

    Ein silberner Blitz zuckte über den Horizont einer Welt zwischen den Welten, die keinen Bestand in der Vorstellung der Menschen hatte, die dafür nicht reichte. Wasser glänzte silbern in einem See, der keine Grundlage für eine Existenz hatte. Es gab keinen Boden, nur das strahlende Licht seines widersprüchlichen Daseins. Keine Erklärung, die ihn berechtigte. Aber er hatte nie danach gefragt.

    Du warst niemals da, wenn ich dich brauchte. Sag nicht, dass es nicht wahr ist… alles… alles bricht zusammen. Haben wir nicht ewig gesagt? Erinnerst du nicht?

    Schwarz wie die Trauer liegt der Staub auf der Seele des kleinen Mädchens, das keinen Weg zurück findet. Die Gedanken hatten sie verlassen - lange schon - und nur eine leere Hülle zurückgelassen, die stumm in eine endlose Nacht starrte, nicht wissend, ob es enden konnte.

    Geh!

    Der Körper einer Frau wiegte sich wie ein Grashalm im Wind. Nur der Wind, der ihn wiegen konnte, existierte nicht. Hier war die Luft still und das Land lag brach. Vergessen, was Wasser bedeutet, was Änderung vermochten.

    Sicher? Wo bist du noch sicher? Kleines Kind, kleines Kind. Sieh, die Welt zerbricht. Tränen bringen nichts, sie nähren nur die Befriedung derer, die dein Leid heraufbeschworen. Hab keine Angst. Es ist zwecklos. Es gibt kein Zurück mehr.

    Melaine öffnete die Augen und starrte auf das schwache Licht des Sees, vernahm das Zucken der Blitze in der Ferne, erwarte ihren Donner, der doch ausblieb, und harrte der Macht, die so ihr Kommen ankündigte. Es geschah nichts. Sie war alleine.

    Freiheit ist nur ein stummer Wunsch in deinem Herzen, der lange schon seiner Unerfüllbarkeit akzeptiert hat.

    Langsam erhob sich die Rothaarige aus dem staubigen Sand des Bodens heraus und setzte die ersten, tastenden Schritte dem Lichte des Sees entgegen. War es Hoffnung die sie trieb?
    Ein Schmerz durchfuhr ihren Körper, als sie das Ufer erreichte, und ließ sie unsicher in sich zusammensinken. Ein Schrei verließ ungehört ihre Lippen und etwas stach in ihr Herz, wand sich in der offenen Wunde wie eine Schlange, die einen Ausweg suchte.

    Frieden? Eine Illusion von Frieden beherrscht die Welt. Doch die Abwesenheit von Gewalt macht noch keinen Frieden.

    Der Ort verharrte in Schweigen, versunken in endloser Ruhe. Die Frau, die ihn mit ihrem Geist berührte, lag reglos am Ufer des silbernen Sees und blickte mit starren Augen einem Ort entgegen, den sie mit Himmel assoziierte. Doch jener hatte hier keinen Bestand. Keine Sterne, die funkelten, keine Wolken, die vom Wind getrieben, von Regen kündete. Einsamkeit. Die große Weite… die große Leere.

    Stimmen drangen an ihre Ohren. Fetzen von vergangenen Gesprächen, die sie glaubte, selbst vor langer Zeit geführt zu haben. Redeten von Liebe, redeten von Ewigkeit, Freiheit, Frieden und dem Wunsch, nach mehr. Sie hatten nichts überdauert. Lediglich in den Erinnerungen, die sie nicht mehr bereit war, zu tragen. Sie spendeten keinen Trost mehr, bargen keine Hoffnung mehr in sich, hatten jeglichen Wert, den sie einst besessen hatte, für sie verloren.

    In Ewigkeit. Ein frommer Wunsch selbst vermag sie nicht zu überstehen. Vergiss, was du warst, was du bist, was du sein wolltest. Es gibt keine Ewigkeit. Es gibt bloß das Nichts, in dem sich alles vereint, aus dem alles entsteht, zu dem alles wird, wenn es vergeht. Alles scheitert an der Ewigkeit und wird zu Nichts. Selbst die Ewigkeit. Also ist das Nichts ewig? Ein frommer Wunsch. Der Kreis schließt sich.

    Ein Schleier aus Nebel legte sich über die Augen der Rothaarigen. Sie gedachte der Erlösung, fragte sich, ob sie je zuvor an sie gedacht hatte. Wer würde sie erlösen? Wer vermochte dies?

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    Ehrengarde Avatar von Jail
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    Jail ist offline
    „Ja?“, kam es gequält aus dem Munde der Frau, die sich gerade fragte, was Gwydion da tat.
    „Das schaffe ich nicht“, murmelte die einstige Magierin, die mit den Augen nicht von den Tieren ablies. Eklig waren sie und die reinste Pest, denn der Nebel wich an den Stellen, wo sie sich ihren Weg bahnten. Sie krochen schwie Schleimpfropfen über das, was allem Anschein nach aus Holz war und brachten das Material unter ihrer Berühung zum faulen. Man konnte es riechen und man konnte es sehen, wie die schwarze See sich den Weg durch die entstandenen Löcher bahnte und der Nebel unter der Berührung in quirliger Bewegung nach oben stieg, um dort zu verpuffen.

    Wie aus einem Instinkt heraus veränderte die einstige Magierin ihre Form, in dem sie die Arme in die Höhe hob und ihr Leib sich in die Länge zog. Ihre Beine folgten dieser Bewegung und schließlich auch ihre Füße, doch der Moment der Flucht dauerte nicht ewig, denn der durchsichtige Körper breitete sich zur Seite aus und waberte im leichter Sinkbewegung zurück gen Boden, daß die Hände der Frau im letzten Moment nach vorne schossen.
    Wieder folgte der Leib, die Arme zuerst, die sich in die Länge zogen und der Rest einer Rauchwolke gleich folgte und so schaffte es die Gefangene, die Hürde zu nehmen, die durch die schwarzen Egel verursacht wurde.
    Doch das Schiff hatte der Bewegung weiter gefolgt, die sie mit ihrem Atem bewirkt hatte und so war auch der Abstand zu der Eiche gestiegen, daß nur noch der Weg in das Wasser blieb.
    Wieso erinnerte die Dunkelhäutige das gerade an ein Ereignis, welches schon lange zurück lag?
    Warum sah Jail darin das Ende dieser Begegnung? Und warum erschütterte sie dies zu tiefst?

    Alle Hoffnung auf ein gutes Ende schien in diesem Moment zu schwinden, in diesem Moment, in dem sie wohl mit der finsteren Pest an Bord bleiben und dort hin zurück kehren würde, wo das Nichts auf sie wartete...

    Niemals!, war der Anstoß zu springen und in der Luft regelrecht zu verpuffen.

    Und dann stellte Jail fest, daß das schwarze Wasser sie trug und wieder zusammen brachte, was zusammen gehörte. Neblige Füße verschmolzen mit den wabernden Beinen, vermengten sich mit dem Rest des Leibes und ließen es zu, daß die Hände wieder dem gedachten Befehl folgen konnten, die Hand des Mannes ergreifen zu können, wenn da nicht die Unfähigkeit wäre, etwas Menschliches zu erfassen.
    Der Blick der Gefangenen ruhte auf der Eiche, wie einen Moment später auch die Hände, die es mit einem schmerzhaftem Zischen quitierten. Was hatte Gwydion gesagt? Die Eiche war heilig?
    Dann war sie es wohl nicht...

    „Ich kann Dir nicht folgen“, rief die auf der Oberfläche Schwimmende, deren Leib von den Wogen des Wassers immer wieder verändert wurde, aber auch immer wieder in den ursprünglichen Zustand zurück kehrte.
    „Du musst hier weg“, ächzte sie, als ihr gewahr wurde, daß die schwarzen Egel ihr durch den schwarzen Strom gefolgt waren und sich an ihrem geisterhaften Körper zu schaffen machten.

    Das Jaulen aus ihrem Munde und das stellenweise langsam erlischende Leuchten in ihren Adern verhieß nichts Gutes.

  20. Beiträge anzeigen #80
    fmSiW! Avatar von Gwydion
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    Gwydion ist offline
    Ein erneuter Schauer wanderte Gwydions Rücken hinunter, er kletterte von dem Ast zum Fuß der Eiche und streckte in einer sinnlosen Geste, denn er wusste, dass er sie nicht würde berühren können, die Hand nach Jail aus.
    „Jail!“, rief er noch einmal, „Ich kann dich doch nicht hier lassen! Diese Viecher fressen dich ja auf!“
    Gwydion reckte und streckte sich, doch er konnte sie nicht erreichen. Er bemerkte nur, dass die Egel wieder auf ihn aufmerksam wurden und während einige noch damit beschäftigt waren am Nebelleib der Frau zu knabbern, wie es schien, kamen einige auf ihn zu. Der Druide zog den ausgestreckten Arm zurück und drückte sich mit dem Rücken wieder fest an die Eiche. Hilflos sah er zu, wie die schwarzen Würmer sich an Jail gütlich taten. Und er konnte nichts tun, um ihr zu helfen. Er konnte sie nicht einmal berühren. Und er hatte keine Ahnung, wo sie überhaupt war.
    „Jail...“, flüsterte er traurig.
    Tatsächlich schienen sich die Egel nicht allzu nah an die Eiche zu wagen. Sie lauerten aber kurz davor, um zuschnappen zu können, sobald er den Arm wieder ausstrecken würde. Gwydion wünschte sich zurück nach Silden, in das normale Silden, mit dem normalen Sildener See und der Eiche, die nicht auf der Wasseroberfläche des Sees stand, sondern an dem Platz, an den sie gehörte. Und er wünschte sich Jail mitnehmen zu können. Nach Silden. Weg von diesen Würmern.

    Ihm wurde plötzlich schwindlig und er riss die Augen auf, nach Luft schnappend. Es schien ihm, als hätte er die Augen die ganze Zeit eigentlich geschlossen gehabt. Tief atmete er ein und war verwirrt. Bis er merkte, dass der See wieder an dem Platz war, an den er gehörte und die Eiche wieder dort stand, wo sie gepflanzt wurde, Häuser um ihn herum waren. Und weit und breit kein Schiff. Keine schwarzen Würmer. Keine geisterhafte Jail. Er war zurück. Ohne sie.

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