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    Ehrengarde Avatar von Jet
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    Das Schwert und die Blume - Kapitel II


    Mar stolperte, fing sich aber schnell wieder. Mit einer gekonnten Seitwärtsrolle entwand er sich dem Griff des Unbekannten. Er hob sein rechtes Schwert empor um den vermeintlichen Angreifer zu stellen...und blickte durch den furchtbaren Regen in das bezaubernde Gesicht eines jungen Mädchens. Sie trug eine schwarze Rüstung, die aber im Gegensatz zu seiner eigenen nur aus verstärktem Stoff bestand, und ein Dunmerschwert. "Wie kommt sie denn an sowas ran?", fragte sich der Rothwardone. Er war völlig fasziniert von ihrer Erscheinung, besonders von ihren Augen, doch er wusste immer noch nicht, ob sie Freund oder Feind war. Ein Blick in ihre schönen Augen verriet ihm, das sie dasselbe dachte wie er. Mar brach als erster das schweigen.
    "Wer bist denn du? Falls du zu den Leuten gehörst, die das Dorf in Brand gesteckt haben, siehst du so schnell keinen Morgen mehr!" Mar hob die Waffe, doch im selben Moment wünschte er sich, etwas höflicher gewesen zu sein.
    "Ich das Dorf in Brand stecken?!", fauchte das Mädchen. "Zufälligerweise gehöre ich zu den Leuten die hier wohnen...oder es zumindest getan haben!"
    "Na dann.", antwortete Mar knapp. "Ich für meinen Teil sehe jetzt erstmal nach, was hier vor sich geht."
    "Hab ich bereits. Sind ungefähr über 20 Banditen, bewaffnet. Du erkennst sie an den Tüchern vorm Gesicht."
    "Wenn's weiter nichts ist. Ich hatte jetzt schon wieder mit diesen verfluchten Gnolls gerechnet." Seine Unerschrockenheit beeindruckte das Mädchen. Von einem auf's andere Mal wirkte sie verzweifelt. Sie griff erneut nach seinem Arm.
    "Ich bin Lilly. Meine Eltern sind noch irgendwo in dieser Hölle! Würdest...würdest du mir helfen, sie zu finden?" Sie sah Mar flehentlich an. Der überlegte nicht lange.
    "Halte dich hinter mir, irgendwo hier werden deine Eltern sicherlich noch sein." Mar schnappte sich seine beiden Schwerter und schritt bedächtig voran, Richtung Straßen. Lilly entsandte ein Danke in den Himmel, da sie sich erst jetzt bewusst wurde, über wie wenig Kampferfahrung sie im Ernstfall verfügte. Der junge Mann da vor ihr schien -so verriet es seine Rüstung- schon einiges hinter sich gehabt zu haben.

    "Wo kommst du eigentlich her?", fragte Lilly neugierig. Irgendwas drängte sie dazu, alles über ihren "Retter" wissen zu wollen.
    "Ich bin auf der Durchreise.", antwortete Mar und schüttelte erneut -vergeblich- etwas Wasser von seiner Rüstung. "Mein Weg führt mich von Schwarzmarsch zurück nach Hammerfell. Bis grade eben durchstreifte ich noch diesen verfluchten Wald auf der Suche nach einem Dorf. Was ich hier gefunden habe, entspricht leider nicht meinen eh schon ziemlich mageren Ansprüchen..."
    Lilly warf dem Rothwardonen einen zornigen Blick zu. Der schien das zu wissen, und vermied es daher, sich umzudrehen. Sie schlichen eine Weile durch die leeren, verregneten Gassen, bis plötzlich...

    "Ich höre was!", bemerkte Mar und blieb stehen. "Da ruft jemand um Hilfe, eine Frau!"
    Das Wimmern kam aus einem verbrannten Haus in der Straße, in der sich die zwei befanden. Lilly trat langsam an die fast vollständig verbrannte Ruine heran. Darin lag -
    "Mutter!", rief Lilly und sank neben der Frau auf die Knie. Aya, ihre Mutter, hatte sich scheinbar in dem Haus vor den Banditen versteckt. Nun lag sie unter einem Dachbalken, der herabgestürzt war. Lilly untersuchte um Fassung ringend den Körper ihrer Mutter. Ihre Beine waren gebrochen und sie hatte eine Platzwunde am Kopf. Mar hockte sich neben sie auf den Boden und untersuchte den Puls; schwach, viel zu schwach, als dass Hoffnung auf Rettung bestehen könnte. Er überlegte, wie er Lilly die Lage schonend näherbringen konnte. Lilly brach in Tränen aus und griff nach der Hand der sterbenden Frau. "Mutter, kann ich dir nicht irgendwie helfen?", fragte sie mit erstickter Stimme.
    Aya zog aus ihrem Kleid, auf dem sich ein roter Fleck immer mehr ausbreitete, ein Amulett hervor. "Nimm das, mein Kind. Im Keller unseres Hauses findest du im Schrank eine Kiste. Öffne sie mit diesem Amulett und nimm alles an dich, was du finden kannst! Beeile dich, dir bleibt nicht mehr viel Zeit!"
    Mar setzte etwas zögernd, dann aber sicher an: "War noch jemand bei Euch, gute Frau? Andere Dorfbewohner? Kinder oder Alte?"
    Aya hob den Kopf vorsichtig, um den Rothwardonen zu betrachten. "Wer seid Ihr?", fragte sie zittrig.
    "Ich bin Mar.", sagte dieser. "Ich sah von Ferne euer Dorf und traf am Wachhaus Eure Tochter. Sie bat mich, ihr bei der Suche nach ihren Eltern zu helfen."
    "Wo möchtet ihr hin, Mar?", fragte die alte Frau plötzlich. Etwas verdutzt antwortete der Rothwardon: "Nach Hammerfell, zurück nach Hause. Ich komme gerade von einer Reise aus Schwarzmarsch zurück und Euer Dorf lag auf meiner Reiseroute."
    Ein Blitz riss Lilly aus ihrer Trance. Wie abwesend saß sie da, mit der Hand ihrer Mutter in der eigenen. Die Regentropfen prasselten umso umbarmherziger vom Himmel. Aya schien sich noch einmal zu sammeln.
    "Mein Kind, sobald du den Inhalt der Kiste hast, gehst du mit diesem Mann mit.", sagte sie knapp.
    "WAS?!", rief Lilly. "Ich habe hier ein Zuhause, meine Familie, meine Freunde! Ich soll all das verlassen?!"
    "Entweder das...oder du stirbst, so wie ich!" antwortete Aya streng. "Es wird Zeit, dass du auf deinen eigenen zwei Beinen durch's Leben gehst. Mir tut es Leid, Lilly. Ich hätte dich schon viel früher in die Welt entlassen sollen. Dank Lérïel bist du nun aber bereit. Gehe mit Mar, er weiß, wie man sich dort draußen schlägt! Erfülle mir diesen letzten Wunsch, meine Tochter"
    Lilly kämpfte erneut mit den Tränen. "Aber gib mir doch die Gelegenheit, Hilfe zu holen. Ich -"
    "Du kannst nur noch dir selbst helfen! Die anderen Dorfbewohner sind entweder tot oder in alle Winde verstreut und ich bezweifle, dass sie zurückkehren. Und du hilfst mir weitaus mehr, wenn ich mit dem Gewissen entschweben kann dass zumindest meine Tochter, das letzte was mir blieb, in Sicherheit ist!"
    "Kann ich denn gar nichts mehr für dich tun?" Wieder flossen Tränen über Lilly's Gesicht.
    "GEHT!", schrie Aya mit letzter Kraft. "Verlass diesen Schandfleck deiner Geschichte, Lilly! Mach' etwas aus deinem Leben, dafür wird es endlich Zeit. Mit dem Anbruch deiner Zeit geht die meine zu Ende!" Sie hustete. Mar legte Lilly eine Hand auf die Schulter. Sie wandte sich um und sah ihm ins Gesicht. Ihre blauen Augen leuchteten selbst durch den schrecklichen Regen noch so hell wie am Tage. Doch auch in Mar's Augen bemerkte Lilly etwas; ein Flackern, eine Flamme. Seine braunen Augen hatten etwas beruhigendes an sich. Sie kniete sich noch einmal zu ihrer Mutter. Aya war in diesen, wenigen Sekunden, vergangen.
    "Dein Tod bleibt nicht ungesühnt, glaube mir das. Noch heute Nacht wird dein Tod gerächt und ich verspreche dir, dass ich den nächsten Morgen noch erschauen werde! Mit diesem Eid entlasse ich dich in den Himmel, meine geliebte Mutter. Ruhe sanft, auf dass sich die Neun deiner armen Seele annehmen." Sie schloss die Augenlider der Toten und legte ihr die Hände ineinander verschlungen auf die Brust. Ihre offenen Wunden verband Lilly, so gut es ging. Nachdem sie ihr Äußeres gerichtet hatte, trat sie ein paar Schritte zurück und gedachte ihrer Mutter. Die folgende Minute schien das Weltgeschehen stehengeblieben zu sein. Kein Blitz krachte, keine Flammen prasselten, selbst der Regen schien verstummt. Eine einzige Träne verwischte den verwegenen Blick des Rothwardonen, der nun auch nicht mehr an sich halten konnte. Er stellte sich andächtig neben Lilly und blickte zum Himmel. Mar schickte ein Gebet mit der Frage, warum man diesem armen, hübschen Mädchen soetwas antun musste an die Neun, hoffend, irgendwann im Leben die Antwort zu finden.

    "Nun.", setzte Lilly an. Sie zitterte stark und fror. "Wir sollten...wir...was soll ich denn jetzt bloß tun?!" Sie stieß einen erstickten Schrei aus und fiel auf die Knie. Lilly fühlte sich von einer Sekunde auf die andere völlig alleingelassen auf dieser Welt. Lebte ihr Vater Aron vielleicht noch? Ein Hoffnungsfunke schimmerte in ihr auf. Mar fasste sich nun langsam wieder, ging zu Lilly und legte ihr seinen Umhang um. Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln, selbst wenn sie weinte, war sie noch schön anzusehen.
    "Gib mir das Amulett.", sagte der Rothwardon. "Ich werde das Vermächtnis deiner Mutter holen und deinen Vater finden. Du bleibst hier, ich möchte nicht, dass dir etwas passiert. In deiner momentanen Fassung kannst du unmöglich kämpfen. Bleib hier und versteck dich, ich komme so schnell es geht zu dir zurück."
    Lilly wusste nicht, ob sie ihm aus Dankbarkeit um den Hals fallen sollte. Obwohl sie sich kaum kannten, hatte sie Mar schon fast als großen Bruder liebgewonnen. Er passte auf sie auf und sorgte sich auch um sie. Irgendwie befremdlich, denn er hatte sie ja gerade erst kennengelernt...gehörte das zu dem Schicksal, von dem Lérïel gesprochen hatte?
    Lilly überreichte ihm das Amulett. Als er es entgegenahm, griff sie nach seiner Hand und zog den Rothwardonen zu sich heran. "Pass auf dich auf!", hauchte sie ihm ins Ohr.
    Mar warf ihr einen verwegenen Blick zu und lief still davon. Lilly suchte sich eine Häuserruine und lehnte sich an die Häuserwand. Wieder hatte sie etwas Zeit, ein paar Tränen entkommen zu lassen...
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    Halbgott Avatar von Powersocke
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    Dem Lichte Fortgenommen VI: Verrat


    Nuura arbeitete schon sehr lange mit ihrer neuen Familie zusammen. Zu aller Anfang war sie eher schüchtern, sie hatte bei allen Morden immer etwas gezögert, jedoch hatte sich das mit der Zeit gegeben. Man konnte ihre Verwandlung förmlich spüren. Die Schatten auf ihrem Gesicht wurden länger und dunkler, das Blitzen in ihren Augen bei der Annahme eines Auftrages wurde immer heller und das Lächeln wurde immer böser. Sie verdient aber nur ihr Geld mit der Ermordung von Menschen und Elfen. Und das ist ihr nur Rcht. Blicken wir doch einmal auf die Vergangenheit zurück:
    Nuuras Mordkarriere fing ursprünglich damit an, dass sie in Kvatch helfen wollte. Sie wollte einem sterbenden Soldaten seine letzte Ruhe verschaffen. Was sie bis dahin jedoch nicht bemerkte, und wovon sie heute endlich weiß, ist, dass ein innerer Zwang dazu führte. Ein Gedankengang, der ihr sagte: jetzt kann ich ihn töten, ohne dass ich eine Strafe bekomme! Ja!. Erst heute weiß sie das. Doch für sie spielt dies keine Rolle mehr. Die Familie hat sie nicht auserkoren, weil sie gut aus Mitleid töten konnte...
    Und so gngen Wochen, ja Monate ins Land. Hin und wieder nahm Nuura einen Auftrag an und führte in sehr sauber aus, ohne große Spuren. So, wie es sich für einen wahren Assassinen auch gehört. Mit der Zeit wurde sie ein Meister der Schatten, doch hatte sie in dem Monat, in welchem sie dort arbeitete, nicht einmal geschlafen, da sie nicht den Drang dazu verspürte. Doch bald schon ging sie zu Bett, das erste Mal seit einem Monat. Sie ließ sich in eines der Betten in der Zuflucht fallen und schlief ein. Dann hatte sie einen Traum.
    In diesem Traum wacht sie in einem ziemlich dunklen Haus auf. Es ist dunkelrot beleuchtet und überall fliegen Fledermäuse durch die Gegend. Als Nuura diese verscheucht hatte, sah sie sich im Haus um, konnte jedoch nichts sonderlich Eigenartiges ausmachen. Dann sah sie, wie einer dieser Fledermausschwärme die Treppe rauf ins zweite Geschoss nahm. Nuura entschied sich, dem Schwarm zu folgen. Oben war ein Bett in welchem eine junge Frau schlief. Sie näherte sich diesem Bett. Dann kamen von überall diese Fledermäuse und versperrten ihr die Sicht auf die Dame. Kurz darauf verschwanden sie wieder, es wurde hell um das Bett und die Frau lag tot da, in einer Blutlache. Dann Wachte Nuura auf.
    Völlig entsetzt sprang sie aus dem Bett, immernoch geschockt von diesem Traum. Was sollte dies bedeuten? Sie fand es kurz darauf heraus, als sie auf eine Silberurne sah und ihr vampirisches Gesicht erblickte. Sie musste Schlucken. Sie wandte sich um und rannte zu Vicente um ihn auszufragen, ob er damit etwas zutun hätte. Dieser schüttelte nur den Kopf und las in seinem Buch weiter. Aber man konnte ein Grinsen nicht übersehen. Er schien sich zu freuen, dass Nuura jetzt auch unter den Untoten weilt. Sie jedoch nicht. Aber das war jetzt irrelevant. Sie wusste nur nicht, wie sie sich verstecken sollte. Bis ihr eine Vision kam. Mit der Vampirfertigkeit konnte sie jetzt entweder die vampirische Form oder die menschliche Form annehmen. Wie auch immer sie das geschafft hatte.
    Nun musst sie mit ihrem neuen Dasein leben, es schien wohl von Beginn an in ihr zu keimen, aber sie schlief zu wenig und si bemerkte sie es erst jetzt. Doch das ist nun nicht relevant, sie ist hier um ihren nächsten Auftrag entgegenzunehmen. Doch dieser Auftrag, sollte alles verändern. Als sie den versiegelten Brief öffnete, machte sie sich sofort auf den Weg. In diesem Brief stand, sie solle zu einer Festung kommen, die "Festung Farragut" heißt. Dieser Ort ist ihr gänzlich unbekannt, aber ihr wurde eine Karte beigelegt auf welche diese Festung eingezeichnet war. Sie liegt ziemlich nahe bei Cheydinhal. So machte sie sich auf den weg. Der Weg dorthin war eigentlich sehr einfach, jedoch sollte sich das Durchkommen durch die Festung erschweren. Als sie eintrat sah sie Untote. Skelettwächter und Dergleichen, doch sie war eine Meisterin der Schatten. So konnte sie sich durch die Dunkelheit an ihnen vorbeischleichen, um endlich mit ihrem Mentor zu sprechen. Doch was dieser ihr entgegenete, hätte sie nicht erwartet. Der Verrat so groß, und sie musste es stoppen. Sie sollte den Verrat aufhalten. Dies war nun ihre Aufgabe...
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  3. #163
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    Das Schwert und die Blume - Kapitel III


    Mar hockte auf dem zerstörten Dach eines Hauses und versuchte, im strömenden Regen etwas zu erkennen. Die Mischung aus stockfinsteren Waldesecken und grell brennenden Häusern zehrte stark an seinen Augen. Das Haus, auf dem er sich nun befand, war jetzt das sechste. Bisher hatte er in den Kellern noch keinen Schrank mit der Kiste gefunden. Mar bereute es, Lilly nicht nach einer genauen Beschreibung ihres Hauses gefragt zu haben, doch er wusste, dass das schwachsinnig war; mittlerweile war hier sowieso jedes Haus schwarz!
    So schleppte sich Mar in das nächste Haus und betrat den Keller.
    Auch hier wieder das übliche Bild: Fässer, Kisten, Werkzeuge. Doch hier hing, im Gegensatz zu all den andere Häusern, in denen der Rothwardon bis jetzt gesucht hatte, eine Trainingspuppe in der Mitte des Raumes. Und dahinter -
    "Der Schrank!", rief Mar und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Schon beim ersten Anblick wusste er, dass sich darin ein Schatz befinden musste. Der Schrank war aus Ebenholz und fast schwarz. Um den Schrank zogen sich silberne Dornenranken. Mar trat an den Schrank heran, er wollte so schnell wie möglich wieder zurück zu Lilly, womöglich war ihr schon etwas passiert? Das kleine Ding konnte ja doch nicht auf sich aufpassen...
    Ein lauter Nieser ertönte und der Schrank bebte. Mar machte erschrocken einen Satz zurück und hob sein Schwert. Da war etwas lebendiges in diesem Schrank. Mar steckte sein eines Schwert weg und legte eine Hand auf den Türgriff. Als er die Tür eine Handbreit aufgeschoben hatte, flogen die Türen plötzlich auseinander und ein Mann sprang heraus. Der muskelbepackte Hüne trug einen gewaltigen Hammer und Mar, anstatt sich zu erschrecken, fragte sich völlig perplex, wie dieser Riese in den Schrank reingekommen war.
    "Ihr mögt euch vielleicht meine Frau und meine Tochter geholt haben, doch Njáll überlasse ich euch niemals. Weder auf dieser Welt, noch auf irgendeiner anderen!"
    "Frau? Tochter?" Mar dämmerte etwas. "Seid ihr Lilly's Vater?", fragte der Rothwardone. Der Riese ließ den Hammer sinken.
    "Ihr kennt Lilly? Dann seid Ihr keiner von denen...wo ist meine Tochter? Geht es ihr gut?!", fragte der Mann und sah Mar eindringlich an. Mar bemühte sich, die passenden Worte zu finden.
    "Mein Name ist Mar, und Eure Tochter ist in Sicherheit...vorerst. Doch Eure Frau hat es nicht geschafft. Sie gab uns dieses Amulett und den Wunsch, damit eine Kiste zu öffnen, womöglich diese, die Ihr verteidigt habt.", antwortete Mar und sah an dem Mann vorbei. In dem riesigen Schrank stand eine schwarz-silberne Kiste, ungewöhnlich flach, aber sehr breit. Blaue Runen verzierten das edle Behältnis, es musste sich also irgendetwas magisches dort drin befinden. Der Mann sank auf die Knie. "Aya!", hauchte er und ballte die Hand zur Faust. "Ich werde meine Frau rächen. Öffnet die Kiste, und holt Njáll heraus. Gebt es meiner Tochter und dann kommt wieder hierher, wir werden diese Banditen in ihrem eigenen Feuer verbrennen!"
    "Ich werde Euch helfen, Ihr werdet jedes Schwert gebrauchen können!", sagte Mar und trat an die Kiste. An der Vorderseite war eine kleine Einlassung zu sehen. Das Amulett, ein silberner Kreis mit Stacheln daran, passte perfekt hinein. Die blauen Runen leuchteten kurz extrem grell auf und verblassten dann. Der Deckel öffnete sich von alleine und schob sich nach hinten. In der Kiste lag, auf tiefblauem Samt, ein Schwert. Nie zuvor hatte Mar eine vollkommenere Klinge gesehen. Sie war viel zu schade, um geschwungen zu werden. Der schwarz-silberne Griff war mit blauem Samt eingewickelt, in das Heft war ein gewaltiger Saphir eingelassen. Die gebogene Klinge wandelte sich farblich von einem hellen Blau, welches Mar sofort mit Lilly's Augen gleichsetzte, zu pechschwarz. Er zögerte schon fast, die mächtige Waffe zu berühren. Als er sie herausnahm, folgte ihm das blaue Leuchten aus dem Schrank. Als er die Scheide aus der Kiste nahm und das Schwert hineinschob, wurde es wieder dunkel in dem Raum.
    "Dieses Schwert gehörte Aya, die es wiederum von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte. Die Waffe wird von Generation zu Generation weitergereicht.", erklärte Lilly's Vater mit rauchiger Stimme. "Nun wird es wohl Zeit für die neue Trägerin. Bringt Lilly dieses Schwert und erkläre ihr, was ich Euch soeben erzählt habe. Ich werde hier auf euch beide warten. Wir werden zusammen gegen diese Bastarde ins Feld ziehen!"
    "Ich werde laufen, so schnell ich kann...ähm-"
    "Nennt mich Aron!", sagte dieser und klopfte dem Rothwardonen auf die Schulter. "Nun geht, bevor meiner Tochter noch etwas zustößt!"

    Mar hetzte durch die langsam überschwemmten Gassen, das mächtige Schwert an seiner Seite. Als er das Haus erreichte, lag Aya immer noch da...Lilly jedoch war verschwunden! Er durchsuchte die Ruinen um das Haus herum: keine Spur! Seine Frage, wo sie stecken könnte, war schnell beantwortet, als vom Dorfplatz her einen Schrei hörte, gefolgt von einem Wort: "Mar!"
    Mar überlegte panisch. Sollte er zu Aron zurücklaufen? Aber vielleicht war es bis dahin schon zu spät! Oder lieber alleine gegen die Banditen antreten, von denen er immer noch nicht wusste, wieviel es denn nun waren. Mar's verzweifelter Blick wanderte zu der leuchtenden Waffe an seiner Seite. Wenn Lilly wirklich kämpfen konnte, brauchten sie Aron nicht...

    Mit einem leisen Fluch warf Lilly die zersplitterte Klinge ihres Knochen-Dahs beiseite. Sie war umringt von vermummten Bewaffneten und stand mit dem Rücken zur Wand. Langsam umzingelte die Bande das Mädchen wie ein Rudel Wölfe das Reh. Der Dorfplatz war gesäumt von Toten und ringsherum brannten noch immer einige Häuser.
    Niemals hätte sie in ihrer Wut die Dummheit begehen dürfen, alleine loszuziehen...aber warum hat dieser verdammte Kerl auch nur solange gebraucht! Dann wiederum war sie sauer auf sich selbst, auf ihre Ungeduld und auf ihre Überheblichkeit, nachdem sie Mar vorgewarnt hatte, dass er keine Chance gegen die Banditen hätte - war sie denn besser dran, jetzt wo sie ganz alleine hier stand? In den Häuserruinen war sie zwar allein, aber sichergewesen. Nun musste sie ihrer Mutter folgen...
    "Was machen wir mit der?", fragte einer der Kerle. Er spielte mit seinem Dolch herum.
    "Schau sie dir an, die kleine hat Jowan, Kalen und Cael getötet!", sagte ein anderer. "Die ist mit Vorsicht zu genießen, möglicherweise hackt sie dir gleich eine Hand ab, wenn du ihr zu nahe kommst..."
    Lilly konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Typen hatten also tatsächlich noch Angst vor ihr. Die drei Leichen, die vor ihr im Matsch lagen, hatte sie in ihrer Raserei von hinten erstochen. Dummerweise waren da noch 20 andere, die jetzt alle um sie herum standen. Lilly durchfegte die Reihen mit ihren Augen - hoffnungslos! Nun erhob der erste Bandit -offensichtlich der Anführer- wieder das Wort.
    "Wir nehmen sie mit! Wir brauchen jemanden für die Drecksarbeiten...außerdem kann sie mir sicherlich noch den ein oder anderen Dienst erweisen!" Der Bandit leckte sich über die Lippen, Lilly warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Sie presste sich noch ein Stück näher an die Mauer, als zwei Handlanger auf sie zukamen, um sie zu packen. Im selben Bruchteil, wo sie den Griff der beiden spürte, fielen die Banditen zu Boden; in jedem Kopf steckte ein Pfeil.
    "Hinterhalt!", rief der Anführer, und Panik brach auf dem Dorfplatz aus. Einige der Kerl rannten davon, andere sprangen zwischen die Ruinen. Lilly nutzte die Aufregung, um schnell wieder in den Gassen unterzutauchen. Sie rannte, so schnell sie konnte, um mehrere Ecken und kam erst wieder in einer Ruine zum halten, als sie sich vergewissert hatte, dass die Stimmen in weite Ferne gerückt waren. Plötzlich packte sie eine Hand an der Schulter. Als sich Lilly umdrehte, blickte sie jedoch nicht in Mar's Gesicht, sondern in das eines Banditen. Er riss sich das Tuch herunter und entblößte mit einem Grinsen seine schiefen gelben Zähne.
    "Wo willst 'n hin, kleine? Unser Anführer hat doch noch soviel mit dir - AAAAAAARH!"
    Der Bandit schrie auf, als von oben eine Gestalt herabgesprungen kam und ihm ihre Zwillingsklingen durch den Rücken jagte. Zuerst fielen die beiden Arme, dann der Rest des Banditen zu Boden. Dieses Mal war es der Rothwardon, er keuchte und suchte an der Mauer Halt.
    "Na endlich! Da bist du ja!", fauchte Lilly und bescherte ihm damit einen alles andere als warmen Empfang. "Ich wäre beinahe -"
    "Das wäre nicht passiert, wenn du getan hättest, was ich dir gesagt habe!", unterbrach sie Mar barsch.
    "Du bist nicht mein Vater! Seit wann hast du mir etwas zu sagen?!" tobte Lilly, doch im nächsten Augenblick besann sie sich wieder. "Mein Vater...geht es ihm gut?" Sie sah den Rothwardonen an. "Wo ist er?! Hast du ihn gefunden? Was hast du denn die ganze Zeit gemacht?", bellte sie.
    "Ich habe den Wunsch deiner Mutter erfüllt.", sagte Mar langsam und kalt und nagelte Lilly wieder fest. "Deinem Vater geht es gut, er ist im Keller eures Hauses. Er sagte mir, ich solle das, was sich in der Kiste befindet, dir überlassen."
    Mar löste den Knoten an seinem Gürtel und band sich das Schwert samt Scheide ab. Er warf ihr die Klinge hin. Lilly atmete auf, erleichtert, dass ihr Vater noch lebte. Sie kniete sich hin und betrachtete fasziniert die Waffe. Langsam fand sie die Stimme wieder.
    "Hör mal...danke. Und entschuldige, dass ich...-"

    Doch als sie aufsah, war der Rothwardon verschwunden...
    Jet ist offline Geändert von Jet (07.07.2010 um 14:14 Uhr)
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    Diener der Nachtmutter Avatar von TheDarkRuler
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    "Seid gegrüßt, Euer Gnaden", lautete die zeremonielle Begrüßung als Cethegar über die Schwelle des Tores schritt. Die Personen, die diese Worte aussprachen, war eine in edles Gold gekleidete Aureal-Truppe, welche ehrerbietend die Häupter vor dem Heerführer neigten.

    Doch dieser dachte gar nicht daran, den Gruß zu erwidern, denn er war aus einem anderen Grund hier. Denn Brellach war eine wichtige Festung der Inseln, so hatte es ihm der Bibliothekar gesagt und er wusste, dass das, was er ihm offenbart hatte, der Wahrheit entsprach.

    Und so griff er unter seine Robe und förderte einen hellgräulichen Edelstein hervor und sprach einige wenige Silben und wartete, ob das, was ihm versprochen wurde, wirklich geschehen möge.

    Und das tat es ...
    Ein helles Flimmern erfüllte die Luft und mit einem hellen Schrei griffen die Frauen vor ihm zu ihren Bögen, Schwertern, Streitäxten und ihren Schilden, doch vergeblich.
    Blitze stoben aus dem Kristall und stießen sie wie mickrige Kobolde meterweit durch die Luft.

    Zwar starben sie nicht, wie es bei Cethegars gewöhnlicher Magie der Fall gewesen wäre, doch war es so noch weitaus schlimmer für die Verteidigung der Festung, denn es steckte eine Überlegung dahinter, was er hier tat.

    In Gedanken ging er noch mal durch, was Cyrus ihm sagte ...

    "Brellach ist die Festung, die als Geburtsort der Aureale dient. Töte einen und er wird dort wieder auferstehen. Töte zwei und du wirst sie aus der Quelle emporsteigen sehen. Jeder, der durch dich stirbt, wird dort erneut zum Kampf bereit sein."

    Doch er tötete nicht ... das war der Plan.
    Denn seine Zauber besaßen eine gänzlich andere Wirkungsnatur. Sie verlangsamten die Körper lediglich. Sobald der Zauber nachließ, würden die Goldenen Heiligen wohl denken, dass nur eine Sekunde vergangen sei, doch dann würde es bereit zu spät sein.

    Denn er besaß weitere Mächte, die er zu nutzen gedachte.
    Und so rammte er den grauen Kristall in den Boden und sprach die zeremoniellen Worte und ging seines Weges, weiter ins Innere der Festung.

    Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass der Obelisk sich entwickelte. Sein magisches Gespür sagte es ihm nur überdeutlich.

    Und nur einige Momente später hörte er ein stetes Stampfen hinter sich, welches mit zunehmender Zeit immer lauter und bedrohlicher wurde als in der Sekunde davor.

    Dann erreichte er eine weitere Tür, welche durch magische Schutzmaßnahmen gesichert war.
    Was er nun zu tun gedachte war nicht ohne Risiko und so drehte er sich zu seinen Mannen um und bedeutete ihnen lautlos zurückzutreten.

    Sie gehorchten, denn sie waren willenlose Wesenheiten.
    Diener der Magie, zu absolutem Gehorsam verpflichtet.

    Eine wogende Welle gräulichen Kristalls.
    Ritter der Ordnung.
    "I won't run, I will stand and look ahead to what I must do. I must face the fear, I won't let it control me anymore.
    I will use my heart that holds my courage and my bravery to move forward to what I must do."

    TheDarkRuler ist offline
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    Schwertmeister Avatar von Mordorian
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    Zwei Wochen sind mittlerweile vergangen, seit Dhyon den toten Dunmer in der Wüste begrub. Vieles hatte sich seitdem geändert, doch viele dieser Änderungen waren für das bloße Auge nicht sichtbar. Es schien, als hätte sich ein Schleier gelüftet, der all die Jahre zuvor über Tamriel lag, ein bedrückendes, klaustrophobisches Gefühl, als wolle etwas Dhyon's Seele entweichen, dass sich dort mit der Zeit eingenistet hatte. Er fühlte sich frei.
    Unweit von Skingrad, auf einem alten aber noch benutzten Friedhof hockte Dhyon vor einem ganz speziellen Grab im Gras. In seinem weißen Gewand hätte man ihn leicht für einen Priester oder Heiler halten können. Die Zukunft würde ihn wahrscheinlich in die Hände eben dieser führen, doch im Moment war er einfach nur ein erschöpfter Mann, der des Grübelns über Götter, Gerechtigkeit und Rache müde war. In Erinnerungen an lebendigere Zeiten versunken spielte er mit einem Lichtzauber in seinen Händen herum.
    "Ich wünschte, du könntest sehen, wie gut ich mittlerweile mit Magie umgehen kann...", flüsterte er in die Stille - welche jedoch nach einigen Sekunden von einem Hilfeschrei unterbrochen wurde. Als Dhyon sich aufrichtete und umsah, erblickte er einen entsetzten, mit Blut und Dreck verschmierten Mann, der ihm aus südwestlicher Rüstung entgegenkam. Es kostete ihn scheinbar viel Mühe, sich auf den Beinen zu halten und sein Gesicht war schmerzverzerrt. Sofort eilte Dhyon ihm entgegen und fing ihn auf, als er gerade dabei war, zusammenzubrechen. Blut floss aus einer tiefen Stichwunde unmittelbar unterhalb des Herzens und der Mann rang nach Luft während er gleichzeitig durch unverständliches Gebrabbel versuchte, Dhyon von den Geschehnissen zu berichten.
    "Beruhigt Euch und versucht nicht zu reden", wies ihn Dhyon an, während er die Wunde mit einem Heilzauber versorgte und gleichzeitig einen milden Beruhigungszauber auf den Mann legte. Der Heilzauber versorgte die Wunde nicht vollständig, stoppte jedoch vorerst die Blutung und schloss die Öffnung ein klein wenig. Nachdem sich Dyhon vergewissert hatte, dass der Mann langsam wieder zu Kräften kam, bat er ihn, zu erzählen, was geschehen war.
    "Ich fütterte gerade... die Schweine auf meinem Hof... Auf... Auf einmal waren da diese Leute. In grauen Gewändern... Sie brachen einfach in das Haus ein und brachten meine Frau und meine Tochter in ihre Gewalt! Sie haben sie geschlagen und gefesselt. Als ich mich ihnen stellte, rammte einer von ihnen einfach einen Dolch in die Brust und zwei weitere warfen mich zu den Schweinen in den Dreck. Sie müssen mich für tot gehalten haben, denn es gelang mir, mich fortzuschleichen. Ihr müsst mir helfen, bitte! Mein Hof befindet sich etwas südöstlich von Skingrad, am Rande des Strid! Sie dürfen den beiden nicht noch mehr antun!"
    "Sorgt Euch nicht, guter Mann, ich werde michdarum kümmern", sagte Dhyon. "Ihr müsst Euch jedoch sofort nach Skingrad aufmachen. Meldet Euch bei der Wache. Oder berichtet einem Legionär von dem Vorfall, solltet Ihr unterwegs einem begegnen. Außerdem soll Euch unbedingt ein Heiler versorgen. Ich werde mich derweil der Angreifer annehmen."
    Ohne ein weiteres Wort wandte sich Dhyon Richtung südwesten und hoffte, noch vor Anbruch der Dunkelheit am Ziel zu sein. Wer auch immer diese Männer waren, sie durften ihm nicht entkommen, geschweige denn weiter Hand an der Familie des Bauern anlegen. Nach einem langwierigen Sprint, bei dem ihm jede Sekunde wie eine Ewigkeit vorkamen, erreichte Dhyon keuchend den Hof des Bauern - eine schlichte, rustikale Farm mit ein paar kleinen Beten verschiedener Gemüsesorten und einigen wenigen Schweinen. Gerade genug, um eine kleine Familie zu ernähren und ein wenig Handel treiben zu können. Der Hof wirkte verlassen, trotz des Rauchs, der aus dem Schornstein der Hütte stieg und der zugezogenen Vorhänge. Das Schlimmste befürchtend wirkte Dhyon einen Unsichtbarkeitszauber und schlich sich näher an die Hütte heran. Es drangen absolut keine Geräusche durch die Tür oder die Fenster, erstere war sogar nur angelehnt. Mit einem Seufzen löste Dhyon den Unsichtbarkeitszauber wieder und betrat die Hütte. Doch er lag falsch mit seiner Vermutung - die Hütte war noch nicht vollständig verlassen. Vor dem Kamin saß, als gehöre der Hof ihr, eine in graue Gewänder gehüllte Gestalt, scheinbar gedankenverloren in das Feuer starrend. Überrascht zog Dhyon sein Schwert, was die Gestalt aus ihren Tagträumen riss. Nervös und erschrocken drehte sie sich um und sprang sofort auf, als sie den Eindringling erblickte. Dhyon konnte das Gesicht unter der Kutte nicht erkennen, doch irgendwas beunruhigte ihn. Er konnte es sich nicht erklären, doch es schien etwas nicht mit der Person in der grauen Kutte zu stimmen, als dürfte sie nicht hier sein, nicht auf diesen Ebenen wandeln. Eine seltsame Aura der Disharmonie ging von ihr aus und erweckte den Eindruck, dass hier etwas ganz und gar nicht richtig war.
    "Hmpf... Ihr kommt zu spät" flüsterte ihm die Gestalt entgegen. "Wir sind hier fertig. Wir haben, was wir brauchen."
    "Wer seid Ihr? Was habt Ihr mit den Bewohnern dieses Hofes getan? Antwortet rasch!", bellte Dhyon zurück. Und er meinte, ein sadistisches Lächeln spüren zu können, als Person unter der Kutte mit dem Finger auf den Kamin hinter sich wies. Mit Ensetzen erkannte er die Überreste zweier menschlicher Schädel, die noch teilweise von verbrannter Haut bedeckt waren und ihm mit ihren leeren Augen entgegenstarrten.
    "Bei den Neunen..."
    "Die Neun haben ihnen nicht geholfen. Und Euch werden sie auch nicht helfen!"
    Mit diesen Worten attakierte ihn der wahnsinnige Vermummte mit einem Blitzzauber. Keuchend vor Schmerz sank er auf die Knie, antwortete jedoch direkt mit einem Lähmungszauber. Stocksteif wie eine Statue fiel der Vermummte zu Boden und riss dabei einen Hocker mit um. Kurz bevor der Zauber seine Wirkung verlor stemmte Dhyon jedoch sein Knie auf die Brust der Gestalt, hielt ihr das Schwert an die Kehle und zog ihr die Kapuze vom Gesicht. Was sich ihm bot, war ein verstörender Anblick: Aschfahle, hier und da von schwarzen Adern durchzogene Haute, die faltig und runzelig von den Wangen hing, milchig weiße Augen, in denen sowohl Iris und Pupille fehlten. Fettiges schwarezs Haar klebte der Kreatur im Gesicht. Dhyon fühlte außerdem einen korpulenten Körper unter dem Gewand, doch das Geschlecht war angesichts dier Monströsität unbestimmbar. Grimmig starrte ihn das Wesen an.
    "Ihr werdet mir jetzt sagen, wer Ihr seid, wo der Rest von Euch ist und was Ihr hier zu tun hattet. Und tut es schnell. Denn ich bin mir noch nicht sicher, ob ich Euch die Zunge sofort herausschneide oder nicht."
    Dhyon hatte bisher nur einmal derartigen Zorn verspürt. Damals verfluchte er noch das Schicksal und die Umstände, hielt sich selbst für handlungsunfähig und nicht berechtigt, etwas zu unternehmen. Doch diesmal war etwas anders. Diesmal schien etwas nach Sühne zu verlangen, ihn zu drängen, eine gnadenlose, schnelle Rechtsprechung zu vollführen. Als die Kreatur ihn grinsend anschwieg, wuchs sein Zorn nur noch weiter.
    "Wagt es nicht zu glauben, ich würde bluffen!", fauchte er und legte seine linke Hand auf das unnatürliche Gesicht des Wesens. Eine Hitzewelle durchfuhr seinen Körper und konzentrierte sich anschließend auf seine Handfläche. Erst schien die Kreatur den Schmerz überhaupt nicht zu bemerken, doch nach einigen Sekunden entfuhr ihr ein gepresster Schrei, während Rauch unter Dhyon's Fingern aufstieg. Eine Weile lang wand sich die Kreatur vor Schmerzen, bevor er seine Hand wieder von ihrem Gesicht nahm.
    "Ihr werdet entweder sprechen oder schreien, Scheusal. Die Wahl liegt bei Euch."
    "Eure jämmerlichen Spielereien sind nichts im Vergleich zu dem, was mit mir geschehen würde, würde ich auch nur das Geringste verraten! Also tut Euer Schlimmstes!"
    Dhyon ließ sich das nicht zweimal sagen und bohrte sein Schwert in die rechte Schulter der Kreatur. Schwarzes Blut drang aus der Wunde und gerann beim Austreten beinahe sofort, so dass sich eine schwarze Kruste auf Dhyon's Schwert bildete. Eine Weile lange hörte er dem Stöhnen und Keuchen der Kreatur zu, bevor er das Schwert wieder herauszog. Auf dem Boden hatte sich ein schwarzer, verkrusteter Fleck gebildet, der sich mit den wenigen roten Blutflecken der beiden Opfer vermischte.
    "Nicht... weiter...", keuchte die Kreatur. Mit der linken Hand umklammerte sie ihre Schulter, während Dhyon sein Schwert wieder an ihre Kehle legte.
    "Ihr werdet mir jetzt sagen, was ich wissen will, oder...", begann Dhyon bedrohlich, wurde jedoch jäh unterbrochen als ihn ein sengender Schmerz durchfuhr und weg von der Kreatur schleuderte. Kurz darauf wurde ihm schwarz vor Augen, während sich der Schmerz weiter in seinem Körper ausbreitete, ihn überwältigte und er in Ohnmacht fiel.

    Mit dröhnendem Schädel schlug Dhyon die Augen auf. Allem Anschein nach war er nicht allzu lange weggetreten, denn die Wachen hatten den Hof noch immer nicht erreicht. Sollte der Bauer Skingrad überhaupt erreicht haben...
    Vom Körper der grotesken Kreatur stieg Rauch auf. Sie schien die Folter nicht weiter etragen zu können und musste sich mit einem Zauber selbst getötet haben, bevor Dhyon ihr Informationen entlocken konnte. Der hämmernde Schmerz in seinem Kopf und der Gestank der verkohlten Kreatur trieben ihn jedoch schnell vor die Tür, wo er sich fast übergab. Draußen war es bereits dunkel geworden und in der Ferne vermochte Dhyon das Licht von Fackeln wahrzunehmen, die sich in seine Richtung bewegten. Er hoffte nur, dass es sich hierbei um die Stadtwache Skingrads und nicht um ein paar Freunde des Scheusals in der Hütte handelte.

    Wer oder was auch immer diese Kreatur war - es gab noch mehr von dieser Sorte. Und sie hatten heute ein schreckliches Verbrechen begangen. Ob man es nun Rache für die Toten oder Gerechtigkeit für die Überlebenden nennen wollte, das war Ansichtssache und spielte keine Rolle. Fest stand für Dhyon nur, dass jene gestellt und zur Rechenschaft gezogen werden mussten, die für diese Greueltat verantwortlich waren. Ein stilles Gebet an die Neun schickend sah er den Lichtern in der Ferne beim Näherkommen zu. Und er war sich sicher, dass sein Gebet erhört wurde.
    Mordorian ist offline Geändert von Mordorian (25.07.2010 um 13:43 Uhr)
  6. #166
    Halbgott Avatar von Powersocke
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    Die Magierin auf der Suche

    Es war ein Tag wie jeder andere in der Gilde. Die Sonne scheint wärmend und wohlwollend auf die Geheime Universität herab, als käme ein Lächeln von Akatosh selbst auf Nirn hernieder um die Herzen der Menschen und Elfen zu erfreuen und mit Liebe zu füllen. Das Planetarium war endlich wieder funktionsbereit, nachdem sie mühsam die ganzen Einzelteile eingesammelt hat. Nun war sie erschöpft und musste ein wenig ruhen, weshalb sie in ihren Büchern lesen wollte. So ging sie in die mystischen Archive der Geheimen Universität um ein nettes Buch zu suchen. Es vergingen einige Minuten, bis sie ein großes, schwarzes Buch auf dem Boden liegend entdeckte. Sie sah sich den Einband sehr genau an, denn dieser deutete auf eher dunklere Künste. Doch sie konnte es nicht lassen und sah hinein, blätterte das Buch durch. Plötzlich, wie vom Blitz getroffen, schossen ihr Gedanken von Gewalt und Tod, wie aus der Hölle, ins Gehirn. Sie sah sich die Seiten nun genauer an und erkannte, dass es ein Zauberbuch war, in welchem sechs Zaubersprüche der Totenbeschwörer standen. Sie sah sich hastig um und steckte es dann ein und verschwand sehr schnell aus den mystischen Archiven.

    Ihr "Geistesblitz" kam, als sie das Buch öffnete und die Seiten ansah, doch um einen Zauber aus einem Buch zu lernen muss man es erstens gaz durchlesen und zweitens einwilligen, dass man diesen Zauber erlernen möchte. Das geschieht auf magische Weise über den Verstand einer Person. Doch bei diesem Bch war es anders. Sie schien sich förmlich an diese Sprüche zu erinner. Doch es war ihr ein Rätsel, woher diese Erinnerungen kommen sollten. Sie war immerhin eine hoch angesehene Magierin der Gilde und keine Totenbeschwörerin. Auch, als sie mit dem Schiff in Tamriel ankam hatte sie damit nichts am Hut. Oder doch? Sie konnte sich nicht erinnern. Ihr einziger Anhaltspunkt wäre ihre Rasse. Ihre Rasse, die "Elfen der Tiefe" wie die Menschen und Elfen si in Tamriel nennen, ist eher unbekannt. Sie ist die einzige ihrer Art, die die Reise nach Tamriel angetreten hat.

    Im Grunde ist ihre Rasse dunklen Ursprungs. Sie lebten Jahrhunderte, vielleicht sogar Jahrtausende, im Untergrund, tief unter den Kontinenten Nirns. Dort haben sie auch ihre hellgraue Hautfarbe her und ihre weiße Iris in den elfischen Augen. Sie haben sich aber nicht, wie es bei einer Rasse die im Untergrund lebt, eigentlich normalerweise ist, den schleichenden und mordenden Künsten zugewandt, sondern voll und ganz den Schulen der Magie. Und darunter befinden sich auch die Totenbeschwörer-Künste. Diese dunklen Künste sind zwar keine eigene Schule, da ihre einzelnen Bestandteile in Schulen unterteilt werden, aber es wird als vollständige Kunst angesehen. es ist also anzunehmen, dass sie diese Totenbeschwörer-Zaubersprüche vor vielleicht einem Jahrhundert gelernt und irgendwann wieder vergessen hat, da sie sich eher mit den hellen Künsten befasst hat. Sie war deswegen auch imemr eine Außenseiterin. Die Totenbeschwörung, die Dämonenbeschwörung und das Einfangen von menschlichen und elfischen Seelen waren an der Tagesordnung. Es muss ihr beigebracht worden sein, aber sie hat sich dafür wohl nie interessiert.

    Dieses Buch scheint also folglich entweder aus dem Untergrund zu stammen, denn die Elfen der Tiefe haben auch selber solcherlei Dinge niedergeschirben, oder es kommt von Falcar,der es dort einmal vergessen hat. Zweiteres ist jedoch nicht anzunehmen, da er schlichtweg nicht mächtig genug ist. Zumindest glaubt sie das. Sie ist im Prinzip also eine Totenbeschwörerin, die der dunklen Künste entsagt hat, weil diese sie einfach nicht interessierten. Aber das kann bis zu über hundert Jahre her sein. Die Elfen der Tiefe leben ein halbes Jahrhundert länger als Hochelfen, sofern sie nicht getötet werden. Nach diesen langen Überlegungen schließlich, entschloss sie sich, etwas zu tun. Sie war nämlich auf der Suche. Auf der Suche nach sich selbst. Sie weiß wer sie ist, sie weiß was sie will. Doch sie weiß nicht, wer sie sein wird und zu was sie in Zukunft fähig sein wird. Sie ist auf der Suche. Kaltasche. Auf der Suche nach ihrem Leben.
    Powersocke ist offline
  7. #167
    Lune Noire
    Gast
    okay, mein Beitrag Nach unzähligen Monaten endlich mal wieder die Schreibfeder geschwungen, yay. Ich dachte, ich probier mal was ganz neues aus...obwohl die idee bestimmt nicht SO neu ist.
    Und nun widme ich mich euren spannenden Geschichten.



    Weltenreise

    KAPITEL 1

    Zum 19.Geburtstag schenkte mein Vater mir ein Computerspiel. Er wußte, daß ich eine Vorliebe für Fantasy-Rollenspiele besaß und hatte sich deswegen beim Elektro-Fachhandel gleich das neueste Spiel dieses Genres empfehlen lassen.
    Und nun hielt ich es in meinen Händen. Es gab kaum etwas Schöneres für mich als ein nagelneues PC-Spiel in den Händen zu halten; die vielversprechenden Screenshots auf der Rückseite der Hülle zu betrachten, das Beiheft zu durchstöbern.
    Und erst der Moment, in dem ich die nagelneue CD ins Laufwerk einlegte und mit der Installation begann! Jedesmal war ich aufgeregt wie ein kleines Kind, wenn ich dann schließlich auf das kleine Symbol des Spiels klickte, um es zu starten.
    Das Spiel, das mein Vater mir heute geschenkt hatte, trug den Namen Oblivion. Ich hatte es mir sehnlichst gewünscht, da es die Fortsetzung meines Lieblingsgames war – Morrowind.
    Die Bilder auf der Hülle zeigten wunderschöne Landschaften, einen garstigen Minotaurus, der sich vor dem Betrachter aufzubauen schien und einen Elf, der gerade einen imposanten Feuerball aus einem Holzstab schleuderte.
    Nachdem ich mich ausgiebig bedankt hatte, legte ich die Disk sofort in das Laufwerk meines Computers ein und installierte das Game.
    Erwartungsvoll klickte ich das Ausführungs-Symbol.
    Der Beginn war wie in den meisten Rollenspielen. Formung eines Charakters und Zuweisung einiger Attribute.
    Ich fand mich in einem Kerker, der bald von dem Kaiser des Landes durchquert werden sollte – er war auf der Flucht vor den Assassinen, die ihm nach dem Leben trachteten.
    Ich reihte mich in die Truppe aus Kaiser und Soldaten ein und kämpfte mich mit ihnen durch die unterirdischen Gänge. Die Assassinen sollten den Kaiser zu Guterletzt doch noch töten, doch kurz zuvor überantwortete er meinem Charakter ein wichtiges Familienerbstück; ein Amulett, das magische Kräfte besitzen sollte.
    Mit dem Amulett und einem Schwert begab ich mich endlich zum Ausgang.
    Der Anblick, der sich mir nun bot, ließ mir den Atem stocken. Saftig grüne Wiesen, deren kniehohes Gras sich sanft im Wind wiegte, erstreckten sich vor mir. Berge und Täler bauten sich am Horizont auf, durchmischt von Blumen, grünen Tannen- und herbstlich braunen Laubbäumen.
    Hindurch zog sich ein Fluß aus klarstem, blauem Wasser über den eine Brücke führte, die anscheinend in Richtung einer großen Stadt gebaut war – dies entnahm ich den ferneren Stadtmauern und dem gewaltigen Turm, der aus ihnen hervorragte.
    Von diesem Augenblick an wußte ich, daß dieses Spiel grandios war, daß es ungeheure Möglichkeiten bieten würde und ich freute mich wahnsinnig darauf, in diese paradiesische Welt einzutauchen, die Gefahren und Schaurigkeit genauso bot wie Schönheit und Verzauberung.

    Liebe Leser, wenn ihr wüßtet, wie sehr mir dieser Wunsch bald in Erfüllung gehen solle!
    Ich durchpflügte eine Weile die grasgrüne Landschaft in Richtung der großen Stadt. Scheue Rehe kreuzten meinen Weg, Blumen von leuchtenden Farben und alte Steinruinen.
    Doch Plötzlich begann der Horizont zu verschwimmen.
    Ich runzelte die Stirn und brachte mein Gesicht näher an den Monitor heran.
    Die Berge und Täler formten sich zu einem Strudel; ein Kreis, der sich immer weiter über den Bildschirm ausbreitete und meinem Charakter immer näher kam.
    Was ist denn das?, dachte ich, ob meine Grafikkarte beschädigt ist?
    Hilflos versuchte ich, meinen Charakter zu bewegen, aber der war wie eingefroren.
    Ich wollte mich soeben an einem Computerneustart versuchen, als mein Charakter von dem Farbstrudel erwischt wurde. In diesem Augenblick spürte ich einen heftigen Ruck.
    Ich wußte nicht, wie mir geschah. Alles, was ich sehen konnte, war ein tiefes Weiß. Ein Weiß, in dem alsbald leuchtende Farben durcheinander flackerten. Sie schienen an mir in einer überwältigenden Geschwindigkeit vorbeizurasen. Ich kam mir vor wie die Passagiere in diesen Science-Fiction-Filmen, die mit Überlichtgeschwindigkeit durch Wurmlöcher fliegen.
    Und dann, plötzlich…war alles vorbei.
    Obwohl – „Vorbei“ trifft es nicht ganz. Den größten Schrecken hatte ich noch vor mir.
    Es dauerte eine Weile, bis ich wieder zur Besinnung kam.
    Grelles Licht blendete meine Augen. Sonnenlicht. Dabei war doch tiefster Winter, heute hatten wir sogar einen Schneesturm!
    Ich blinzelte benommen und traute meinen Augen nicht. Leuchtend grüne Wiesen…der leide plätschernde Fluß, in dem das Sonnenlicht glitzerte…die hohen Berge mit ihren grünen Tälern und verschneiten Gipfeln…ich konnte sie vor mir sehen! Ich spürte die leichten Brisen und roch die Erde, auf der ich lag.
    Unmöglich. Unmöglich, dachte ich.
    Wüßte ich es nicht besser, würde ich sagen, irgend etwas hatte mich ins Spiel hinein gezogen.
    Aber das war ganz und gar Schwachsinn. Wie sollte das gehen? Es war doch nur ein Computerspiel! Eine virtuelle Welt! Wie konnte es sein, daß ich jetzt vor dem Rost des Abwasserkanals auf dieser Wiese lag und in die Landschaft starrte, von deren Schönheit ich kürzlich so überwältigt gewesen war?!



    FORTSETZUNG FOLGT
  8. #168
    Kämpfer Avatar von Kogen le Gyeston
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    Svenja Heimatlos



    Wulf gähnte, lange und ausgiebig. ‚Noch ein… zwei Stündchen mein Alter und dann endlich ab ins Bett. Und für den Rückweg holst du dir noch was aus Bredas Backstube.‘ Er ließ ein vorfreudiges Seufzen vernehmen. ‚Heute ist Loredas, also würde sie auch wieder diese Kräuterstangen machen. Und morgen erst… morgen zum Sundas gäbe es dann endlich auch wieder diese kleinen Honigkuchen, mit der leckeren Blaubeerfüllung.‘ Das Seufzen wurde intensiver. ‚Ja, Breda war schon eine begnadete Frau, nicht gerade die Schönste, aber vom Brot - und Kuchenbacken verstand sie weit mehr als alle anderen im Lehen. Und das machte sie nicht weniger angesehen als ihren Mann, Brekhander Eisenfaust, den Schmied des Ortes. Kein Wunder also, dass inzwischen die Meisten ihr Brot lieber bei ihr kauften, als sich selber damit abzumühen.‘ Eine lallende Stimme aus dem Dunkeln unterbrach seine Gedanken. „Wuu… ulfff?... Bisssch du… hhhhier? – „Pssst! Mach doch nicht solchen Lärm! Los, komm hier her und setzt dich.“ – „Hmmm.“ Hrodgar gehorchte, schlurfte heran und lies sich neben Wulf auf die Bank fallen. Sie machten das immer so, wenn sie zusammen die Dorfwache hatten und alles ruhig war. Nach jeder dritten Runde verweilten sie ein wenig auf dieser Bank, die an der Rückseite des vorletzten Hauses stand. „Was ist mit dem Metkrug?“ – „Hmmm?“ – „Der Krug… hast du ihn dabei?“ Hrodgar tastete unbeholfen und schlaff an sich herum. „Hmmm… hhhaaab isssch… velooon.“ Wulf schniefte verächtlich. „Natürlich verloren… hast ihn wieder irgendwo fallen lassen, als er leer war. Mann Hrodgar! Bist du denn wirklich so dämlich? Irgendwann wird dir Gunnar noch den Kopf abreißen. Hat dir das letztes Mal nicht gereicht?“ Eine Antwort bekam er allerdings nicht mehr. Der andere war bereits in sich zusammengesunken und schnarchte leise vor sich hin und am liebsten hätte Wulf ihm eine rein gehauen. Er liebte seinen jüngeren Bruder über alles, wenn er nur nicht so viel saufen würde. Aber bei Alduin, das würde er ihm schon noch abgewöhnen ….

    Er war so vertieft dabei, sich den Mund vollzustopfen, dass er weder das leise Geräusch der Tür, noch den Kerzenschein warnahm. „Hey!“ Der Junge zuckte heftig zusammen, so gehörig fuhr ihm der Schreck in die Glieder und fast hätte er sich verschluckt. Man hatte ihn also ertappt und nun würde es mächtig Ärger geben. „Wer zum… Thanis?... Was machst du denn hier?“ Thanis stand schweigend und mit noch immer vollen Backen im letzten schwachen Mondlicht, welches durch das kleine Fenster in den Raum viel und lauschte mit wachsender Angst den Schritten, die immer näher kamen. Dann aber, in einem Anflug von Trotz, drehte er sich um. „Iff…“ er kaute hastig und geräuschvoll „iff…“ endlich hatte er alles hinuntergewürgt „ich hatte eben Hunger!“ Gunnars Blick ruhte auf dem Tisch. „Aha. Und da mussten es also unbedingt die getrockneten Äpfel sein, die doch eigentlich für den Kuchen bestimmt waren?“ – „Aber ich habe doch nur ganz wenig davon genommen, das wird schon noch reichen.“ Ein Lämmchen hätte sich nicht unschuldiger rechtfertigen können und der hünenhafte Krieger hatte, ob des bereits halbgeleerten Korbes, Mühe ein Schmunzeln zu verbergen, schließlich sollte er in einer solchen Situation ernst bleiben. ‚Na wenigstens hat der Junge einen gesunden Appetit. Und die Bauchschmerzen, die er bekommen wird, sind gleich die gerechte Strafe.‘ Thanis verspürte natürlich wenig Lust, das Apfelgespräch fortzusetzen und wechselte schnell das Thema. „Machst du jetzt wieder deine Runde durchs Dorf Gunnar?“ Und sogleich kam ihm eine Idee. „Darf ich bitte, bitte mitkommen? Ich bin auch ganz schnell angezogen… biiiitteee!“ Doch der Krieger setzte jetzt wirklich eine grimmige Miene auf. „Nun ists aber genug junger Mann! Sieh bloß zu, dass du deinen kleinen Hintern wieder ins Bett bewegst! Und sei froh das ich es war, der dich hier gefunden hat und nicht Ko… und nicht dein Vater.“ Enttäuschung malte sich über das Gesicht des Jungen, aber einer weiteren Aufforderung bedurfte es nicht und er machte sich schleunigst davon. Gunnar war ein herzensguter Mensch, ganz besonders zu ihm, aber wehe wenn man das Maß überspannte.
    Für einen Moment lang stand der Nordmann stocksteif in der Küche und lauschte seinem eigenen Herzschlag. ‚Verdammt Gunnar! Gute zehn Jahre ist das jetzt her und immer noch musst du aufpassen.‘ Doch dann entspannte er sich wieder. Nichts an der Reaktion des Jungen hatte darauf hingedeutet, dass er seinem Versprecher irgendeine Bedeutung beimaß. Sein Blick fiel wieder auf den Korb und nach kurzem Zögern nahm er sich selbst ein paar der getrockneten Apfelringe, löschte die Kerze und machte sich auf den Weg.

    Die Tür fiel hinter ihm schwer ins Schloss. Ein kurzer Blick in die Runde, während er den kleinen Burghof überquerte, genügte Gunnar. Alle waren auf ihrem Posten. „Und Rudger, wie siehts aus?“ – „Alles ruhig… und…“ die Torwache tat etwas verlegen „naja… ich bin etwas müde.“ Gunnar schaute nach Osten, die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und bald würde es hell sein. Zart schimmernder, durchscheinender Nebel kroch hier und da über den Boden, um diese Zeit des Jahres keine Seltenheit, wenn ein neuer Tag heraufzog. „Hast es ja bald geschafft, alter Freund.“ Mit einem Lächeln schlug er Rudger freundschaftlich auf die Schulter und drückte ihm die Apfelringe in die Hand, dann stapfte er Richtung Dorf davon. Der Mann am Tor sah ihm lange hinterher. Sie waren damals zusammen in die Dienste Kogen le Gyestons getreten und sein Freund war schon ein halbes Jahr später zu dessen rechter Hand aufgestiegen. Gunnar war kein Tyrann, ganz im Gegenteil, er ließ den Kriegern des Lehens sehr viel durchgehen und das hatte ihm große Achtung eingebracht. Doch in Sachen Wachdienst und Kampfgeist verlangte er unmissverständliche Disziplin und wer im da quer kam, der bekam das dann auch zu spüren. Den Grund dafür kannte Rudger freilich nur zu gut, schließlich befanden sie sich hier nicht irgendwo in Skyrim. Was Größe und Reichtum anging, so konnte dieses kleine Lehen, im Vergleich mit den meisten anderen Ansiedlungen des Landes, bei weitem nicht mithalten. Aber hier waren sie unmittelbar an der Grenze zu Morrowind und das letzte Haus, im Osten, stand zur Hälfte eigentlich schon auf dunmerischem Boden – zumindest nach dem letzten, vor nun gut einem Jahr, neu festgelegtem Grenzverlauf ….

    Vor langer Zeit schon hatte er sich angewöhnt, in unregelmäßigen Abständen seine Rundgänge zu machen, zu unterschiedlichen Tageszeiten und auch nicht jeden Tag. Er tat dies nicht aus Schikane, für ihn war es vielmehr Mittel zum Zweck. Und jeder der auf Wache war wusste, dass man jederzeit mit solch einem Rundgang rechnen sollte, nur eben nicht wann. Gunnar war in Gedanken versunken. Wie gerne er jetzt doch lieber noch schlafen würde, aber die Donkermannbrüder hatten Dorfwache und Hrodgar, der jüngere von ihnen, machte ihm in letzter Zeit ziemliche Sorgen. Ein Krieger, der ab und an dem Met mal etwas derber zusprach, dagegen sagte er nichts, warum auch, aber verdammt noch mal nicht auf Wache. Und Hrodgar hatte er in diesem Monat bereits das zweite Mal dabei erwischt. Und beide Male hatte er mit ihm und Wulf ein langes Gespräch geführt, hatte dem jungen Mann wiederholt das Versprechen abgenommen, sich zu bessern. ‚Warum Wulf aber auch nicht…‘ gerade hatte er den Schafspferch erreicht und war mit dem Fuß gegen etwas gestoßen. Und dieses etwas rollte daraufhin ein Stück durchs Gras. ‚Ich hoffe, es ist nicht das was ich denke.‘ Doch was er kurz darauf in seinen Händen hielt, war über jeden Zweifel erhaben, das Gefäß ebenso wie der noch immer frische Metgeruch. Wut und Enttäuschung stiegen in ihm auf. ‚Also schön Freundchen… wenn du es nicht anders haben willst!‘ Der Tonkrug flog ungestüm davon und zerplatzte mit einem dumpfen Knall am nächsten Baum, worauf einige der vor sich hin dösenden Schafe erschrocken durcheinander rannten. Gunnar wartete einen Moment, bis sich die Tiere wieder beruhigt hatten, dann setzte er seinen Weg fort und mit jedem Schritt wurde sein Gemüt selbst wieder ruhiger, gelassener. Nein, er würde nicht gewalttätig werden, aber sowie er Hrodgar gefunden hätte, würde er ihn auf der Stelle davonjagen. Soll dieser Taugenichts doch in Zukunft Wache halten wie es ihm beliebte, aber nie wieder würde er es hier in diesem Lehen tun. Bei einem der Schuppen blieb er dann erneut stehen und suchte mit scharfem Blick die Umgebung ab, als er hinter sich ein leises Stöhnen vernahm. Durch die fortscheitende Dämmerung war es jetzt schon etwas heller, trotzdem brauchten Gunnars Augen eine Weile, um Einzelheiten im Inneren des Schuppens zu erkennen. Und tatsächlich – in einer der hinteren Ecken, halb unter dem Stroh versteckt, lag jemand und schlief. Abermals spürte Gunnar, wie sein Blut in Wallung geriet. Doch er beherrschte sich, schlich sich vorsichtig heran und stand dann, mit einem gepressten Flüstern auf den Lippen, für einen Moment bewegungslos. „Das glaub ich doch jetzt nicht! Kennt deine Dreistigkeit denn gar keine Grenzen?!“ Er holte zu einem mächtigen Tritt aus, hielt jedoch völlig verblüfft inne, als sich die Gestalt im Stroh kurz bewegte und dabei erneut stöhnte. Gunnar hatte noch nie einen Mann so stöhnen hören und schon gar keinen Betrunkenen. Wer auch immer hier vor ihm lag, es war mit Sicherheit nicht Hrodgar und mit Sicherheit auch keine männliche Person, aber es war immer noch zu dunkel hier drin. Der Schuppen befand sich nicht allzu weit vom Dorfbrunnen und an dessen Gebälk hing, wie immer über Nacht, eine brennende Laterne. Und diese Laterne beleuchtete kurze Zeit später ein ihm unbekanntes, schmutziges Gesicht. Ohne Zweifel – eine junge Nordfrau und eine sehr schöne noch dazu ….

    ‚Bleib ja weg von mir, du Mistvieh! Niemand will dir an den Pelz!‘ Doch es half nichts, das Brummen wurde lauter, bedrohlicher. ‚Lauf!‘ Wulf zuckte hoch, seine Beine flogen herum und beinahe wäre er von der Bank gefallen. Sein Herz raste und erschrocken blinzelte er um sich – aber da war nirgendwo ein Bär – das laute Brummen allerdings schon. Und jetzt wurde ihm auch bewusst, dass das Brummen eigentlich ein ungeheures Schnarchen war, Hrodgars Schnarchen. „Idiot!“ Wulf ballte die Fäuste, doch er schlug nicht zu. „Bist selber der Idiot Wulf! Bist ja schließlich ebenso hier eingeschlafen.“ Und diese Erkenntnis, zusammen mit der Tatsache, dass es bereits hell wurde, ließ ein beklemmendes Gefühl in ihm aufsteigen. Das letzte Haus des Lehens, Brekhanders und Bredas Heimstatt und Arbeitsplatz zugleich, stand von hier aus noch ein gutes Stück entfernt, doch es war jetzt schon deutlich zwischen den Bäumen auszumachen. Wulfs Blick hing einen Moment lang an dem dicken, fettigen Qualm, der aus dessen Bruchsteinesse aufstieg, mit Sicherheit würde Breda bereits geschäftig durch ihre Backstube wuseln. Dann gab er sich einen Ruck, erhob sich von der Bank und fluchte leise, während er sich energisch Augen und Gesicht rieb. „Mist verdammter! Wie konnte das nur passieren? Fehlt bloß noch, dass uns Gunnar hier erwischt, falls er…“ das mulmige Gefühl verstärkte sich. ‚Vielleicht hat er uns ja auch schon längst hier gesehen und…‘ Wulf spürte sehr deutlich, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg und schnell verdrängte er den Gedanken. Das Schnarchen riss unvermittelt ab, als er seinen Bruder an den Schultern packte und kräftig schüttelte. „Los Hrodgar, wach auf!“ – „Hhhööö… willsssch du… denn?“ – „Komm endlich hoch!“ Hrodgar wurde unsanft von der Bank nach oben gezogen und protestierte gegen den Klaps, den er auf die Wange bekam. „Mannnn… isssch jaaa… guuut!“ Einen Augenblick lang hielt ihn Wulf noch fest, bis er sich sicher war, dass der Jüngere sich selbst auf den Beinen halten konnte. „Hör zu Hrodgar. Wir gehen jetzt gemeinsam noch eine Runde. Verhalte dich unauffällig und wenn uns jemand anspricht, dann überlässt du mir das Reden, klar!?“ – „Hmmm.“ Noch einmal schaute Wulf kurz zu dem entfernten Haus im Osten hinüber, dann lief er los. Nach nur wenigen Schritten blieb er jedoch plötzlich wie angewurzelt stehen, so dass ihm Hrodgar, der mit gesenktem Blick hinter ihm her trottete, heftig in den Rücken prallte. Doch Wulf reagierte weder auf den Zusammenstoß noch auf sein „Ssschuldi… gung“ und dieses, eigentlich ungewohnte Verhalten seines Bruders, weckte dann doch Hrodgars Interesse. „Was’nnn… looos?“ – „Wieso qualmt es denn jetzt auch aus den Fenstern? Und was war das gerade für eine Bewegung zwischen den Bäumen?“ – „Häää?“ Hrodgars Metvernebeltes Denken war träge, doch im nächsten Augenblick wurde er auch schon mit gezerrt. „Los komm! Da stimmt was nicht!“ ….

    Gunnar hockte vor der schlafenden, jungen Frau und überlegte. Dann begann er vorsichtig das Stroh von ihrem Körper zu schieben. Eine arg verdreckte, an vielen Stellen beschädigte, Pelzrüstung kam zum Vorschein und an ihrer Hüfte ein Kurzschwert, dessen Bastumwicklung am Griffstück stellenweise Brandspuren zeigte. ‚Auf den ersten Blick ein recht ansehnliches Weibsbild, gut gebaut und muskulös, vielleicht gerade mal zwanzig Sommer alt, wenn überhaupt. Nun ja, ein Bad könnte ihr nicht schaden und so abgerissen wie sie aussieht, legt sie entweder nicht viel Wert auf ihr Äußeres, oder ist schon ziemlich lange allein unterwegs.‘ Behutsam strich Gunnar ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht – das stöhnende Seufzen, welches dieser Berührung folgte, klang irgendwie traurig. Svenja griff wie in Trance nach seiner Hand und drückte sie an ihre Wange, dann öffnete sie langsam ihre Augen und blinzelte Gunnar, durch die Laterne geblendet, fragend an. „Thorn?“ Es war nur ein Flüstern. „Dann war es also nur ein schrecklicher Traum?“ – „Thorn? Einen Mann mit solchem Namen gibt es hier nicht.“ Für einen Atemzug lang, lag Svenja ganz still, während sich das blanke Entsetzen auf ihrem Gesicht zeigte. „Aaaaaahhhh!“ Völlig überrascht von ihrem explosivem Schrei und dem harten Stoß, den er vor die Brust bekam, flog der Krieger rücklings nach hinten. Durch den Schwung seines Arms entglitt die Laterne seinen Fingern und beschrieb einen hohen Bogen in der Luft. Gunnar warf sich herum und im letzten Moment, nur eine Handbreit über dem Boden, bekam er sie gerade noch aufgefangen. Mehr als erleichtert stöhnte er auf. „So ein Wahnsinn! Wenn die ins Stroh gefallen wäre!“ Die ganze Szene dauerte nur wenige Sekunden und als Svenja ihn von sich gestoßen hatte, versuchte sie so schnell wie möglich auf die Beine zu kommen. Dabei stieß ihre Hand gegen etwas längliches, das neben ihr an der Wand lehnte – eine Mistgabel. Gunnar rappelte sich auf die Knie und wandte sich zu ihr um. „Das hätte leicht…“ unvermittelt sah er sich den metallischen Zinken gegenüber. „Hoh… ruhig Mädchen… ganz ruhig… wir wollen mal nichts überstürzen.“ Dann suchte er ihre Augen. „Können wir beiden uns in Ruhe unterhalten… oder bist du aufs Kämpfen aus?“ Ihre Stimme bebte nicht weniger als ihr Körper. „Das kommt ganz darauf an.“ Sie fühlte sich wie eine in die Enge getriebene Ratte und dieser Hüne da war ihr an Kraft weit überlegen, soviel stand fest. Gunnar hielt die Laterne hoch. „Ich mache die jetzt aus, nur zur Vorsicht.“ Er löschte die Kerze, stellte die Laterne beiseite und erhob sich dann langsam. Wie lauernde Krallen folgten die spitzen Zinken jeder seiner Bewegungen. „Ich bin Gunnar, einer der Krieger dieses Lehens und falls es dich beruhigt, du musst hier niemanden…“ Mitten im Satz brach er ab, trat einen Schritt zurück und lauschte angestrengt. Svenja packte ihre „Waffe“ fester. ‚Was wird das jetzt? Bereitest du deinen Angriff vor, du Mistkerl?‘ Doch dann hörte sie es auch – ein hektisches, metallisches Hämmern, irgendwo in der Ferne. „Was ist das?“ – „Irgendwer schlägt Alarm. Warum und weshalb, das werden wir gleich sehen. Wenn du nur dieses Kurzschwert da hast, dann nimm die Mistgabel lieber auch noch mit.“ Die junge Frau war verblüfft. Da schlug jemand Alarm und dieser Kerl blieb nicht nur die Ruhe selbst, er wollte sie auch gleich noch mit einspannen. „Und wenn ich nicht mitkommen will?“ – „Dann binde ich dich an den nächsten Baum und du kannst in Ruhe warten, bis ich zurück bin. Entscheide dich.“ Welche Wahl hatte sie da schon? „Ich komme mit.“ Die Mistgabel flog beiseite, dann wühlte Svenja im Stroh. Schnell hatte sie Bogen und Köcher gefunden – keine zehn Pfeile mehr – immerhin besser als gar nichts. ‚Schlaues Mädchen‘ dachte sich Gunnar, doch er tat bewusst gleichgültig. „Hast du noch mehr hier versteckt?“ Ihre Antwort war ebenso gleichgültig, obwohl sie, in ihrem rechten Stiefel, den Druck des Jagdmessers sehr deutlich spürte. „Das ist alles.“ – „Dann los!“

    Sie rannten nebeneinander und sie waren nicht allein. Weitere Lehenskrieger tauchten auf, nur eine Hand voll und einige, vom Alarm offenbar aus dem Schlaf gerissen, nur in Stiefeln und Beinlingen, doch keiner war unbewaffnet. Gunnar gab mit Handzeichen und kurzen Rufen seine Befehle und Svenja staunte nicht schlecht, wie schnell jeder von ihnen dem nachkam. Das Hämmern verstummte sowie sie das Ende der Lichtung erreicht hatten. „Haaalt!“ Sofort stoppten auch die anderen Nordmänner ihren Lauf und suchten sich Deckung hinter den Bäumen. Gunnar beobachtete die Umgebung vor sich, sprach dann leise mit seinem Nebenmann und gab ihm ein paar kurze Anweisungen, worauf dieser aufsprang und davonrannte, zurück in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren. „Wo will der denn hin… und überhaupt… worauf warten wir denn hier?!“ Svenja war fassungslos. Zwischen den Bäumen hindurch konnte man in einiger Entfernung ein lichterloh brennendes Haus sehen, das laute Prasseln und Knacken des Feuers war sehr deutlich zu hören. „Dort brennt ein Haus und vielleicht sind dort auch noch…“ Gunnar schnitt ihr jedoch das Wort ab. „Wer allzu Kopflos nach vorne stürmt, der rennt leicht ins Verderben. Dieses Haus ist sowieso verloren und jeder, der jetzt noch dort drin ist, ebenfalls. Und dann sieh mal genau hin… siehst du dort irgendjemanden löschen?“ Svenja sagte nichts – Gunnars Worte riefen unweigerlich die schrecklichen Bilder ihres eigenen Dorfes in ihr wach und sie spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Dann sah ihr der Krieger unverhohlen in die Augen. „Hast du etwas damit zu schaffen?“ Es zog ihr den Boden unter den Füßen weg. „Was?!... Du glaubst das ich…?!“ Sie kämpfte mit den Tränen, was Gunnar freilich nicht verborgen blieb und es war ihm Antwort genug. „Ist schon gut. Ich musste das fragen, das verstehst du doch?“ Dicht neben ihm hüpfte plötzlich ein Stein durchs Gras und im Schatten einer Baumgruppe winkte jemand zu ihnen herüber. „Also gut… ich vertraue dir und ich möchte, dass du vorerst hier wartest… bitte.“ Svenja sah ihn nicht an, aber sie nickte ….

    Bei einer der riesigen Kiefern legten sie eine kurze Rast ein. Hangabwärts waren ein paar vereinzelte Häuser zu erkennen, hinter denen sich die kleine Lichtung auftat – aber immer noch zu weit weg. „Ich muss näher ran. Du bleibst hier und passt auf, verstanden?“ – „Ich halte das aber für keine gute Idee, du kennst doch unseren Auftrag. Und wenn sie einen von uns erwischen, dann…“ Hart wurde er am Harnisch gepackt und sehr unsanft gegen den Stamm gedrückt. Die Augen seines Gegenübers verengten sich zu Schlitzen und seine Stimme wurde zu einem bösartigen Zischen. „Wer hat hier das Sagen du Memme! Dann lauf doch zurück und verkriech dich irgendwo, wie die anderen. Aber vorher denkst du vielleicht mal nach, du Idiot! Von unseren Leuten ist keiner aus dem brennenden Haus gekommen. Was sollen also zwei verkohlte Leichen unserer Sache noch nützen, he?!“ Mit einem abfälligen Grinsen im Gesicht ließ er ihn los. „Du Häufchen Elend wirst es nie zu was bringen, wenn du immer nur den Schwanz einziehst. Aber vielleicht willst du ja noch was von mir lernen und bist deswegen mitgekommen… wer weiß?“ Er wandte sich ab, nahm den Bogen vom Rücken und sprach jetzt schon mehr zu sich selbst. „Lektion Nummer Eins – Und wenn es auch keine Beute gibt, den Blutzoll kannst du immer einfordern!“ Dann machte er sich davon. Der Zurückgelassene spuckte aus und blickte ihm missmutig nach. ‚Bist doch sowieso nur auf deinen eigenen Ruhm aus, du brutales Schwein. Aber irgendwann…‘ seine Hände krampften sich um den Speer ‚irgendwann wirst du das noch bitter bereuen.‘ ….

    Im geduckten Lauf hatte Gunnar die kleine Gruppe schnell erreicht – Breda, die Wulf, der angestrengt und stoßweise atmend mit dem Rücken an einem Baumstamm lehnte, verzweifelt ein blutgetränktes Leinen auf die Brust drückte, ihr Mann Brekhander, der mit ohnmächtiger Wut auf das brennende Haus starrte, Arndt und Barlin, zwei der jüngeren Lehenskrieger. Barlin kümmerte sich liebevoll und beruhigend um die leise vor sich hin schluchzende kleine Branka, die Tochter der Eisenfausts. Gunnar nahm Wulfs zitternde Hand in die seine und wischte ihm behutsam den kalten Schweiß von der Stirn. „Hrodgar?“ – „Sie haben… ihn… erschlagen… ich… konnte es… nicht… verhindern.“ Wulf spuckte Blut und mit schwacher Kraft, drückte er Gunnars Hand. „Verzeih… uns…“ Er sackte in sich zusammen, der Griff seiner Hand erschlaffte und das Leben verließ ihn mit dem letzten, rasselnden Atemzug. Es war, als hätte der Sterbende nur noch auf ihn gewartet, damit er, mit seiner Vergebung, in Frieden gehen konnte – der Seelenschmerz des Verlustes krampfte sich um Gunnars Innerstes wie eine eiserne Faust. Verflogen war augenblicklich auch sein Ärger auf Hrodgar, doch das würde ihn auch nicht wieder zurückbringen. Im Stillen sprach er ein kurzes Gebet für die Brüder, während er Wulf die Augen zudrückte und der weinenden Breda sanft über den Rücken strich. Die Zeit der Trauer würde kommen, aber nicht jetzt – jetzt galt es einen kühlen Kopf zu bewahren, vielleicht war das auch erst der Anfang und dieser Tag würde ihnen noch viel Schlimmeres bringen. „Da hast du es!“ Des Schmieds wütende und herausfordernde Stimme riss Gunnar aus seinen Gedanken. „Sieh ihn dir genau an! Er und sein Bruder haben teuer dafür bezahlt, um uns zu retten. Und wofür?!“ Brekhander war drauf und dran loszubrüllen. „Dieser verräterische Hlaaluhund! Soviel also zu Waffenstillstand und Vertrauen, was?! Aber du und Kogen… ihr wusstet es ja besser, wie?!“ – „Bist du von Sinnen Mann?!“ Breda keifte los wie eine Furie. „Was fällt dir ein unseren Herrn Kogen und Gunnar hier auf solche Art zu beleidigen! Hast du vergessen was die Beiden alles für uns getan haben?!“ Gunnar brachte kein Wort heraus. Noch nie, seit er ihn kannte, hatte der Schmied des Lehens so mit ihm gesprochen und auch Breda hatte er so noch nicht erlebt. „Wir wissen doch gar nicht, ob der Hlaalu was damit zu tun hat und wenn… vielleicht hat ihn ja einfach nur gestört, dass euer Haus auf seinem Land steht.“ Sehr unvorsichtig, was der junge Arndt, der weiterhin nach Osten beobachtete, da gerade von sich gegeben hatte. „Du nichtsnutziger Grünschnabel, dich reiß ich in Stücke!“ Brekhander wollte sich auf ihn stürzen, doch Gunnar ging hart dazwischen und hielt den schäumenden Schmied zurück. „Schluss jetzt! Spar dir deine Wut für den Feind auf Brek! Und du Arndt, überleg dir vorher, was du sagst!“ Er sah Brekhander fest in die Augen. „Warum? Warum bist du so überzeugt davon, dass es Al’Hlaalu ist?“ Brekhander befreite sich aus Gunnars Griff, dann glaubte er etwas Langes aus dem Gras auf und warf es ihm vor die Füße – einen blutverschmierten Elfenspeer. „Deshalb... Wulf war so freundlich den für meine kleine Branka abzufangen.“ Er sprach ganz ruhig, aber mit bitterem Sarkasmus. „Unglücklicherweise werden die Verzierungen an dieser Waffe nur von einem ganz bestimmten Hlaaluclan benutzt und gerne würde ich dir zum Vergleich den Speer zeigen, den du mir damals von den Verhandlungen mitgebracht hast. Aber der verbrennt jetzt genauso wie Hrodgar und diese beiden Dunmerbestien… zusammen mit unserem Haus.“ Dann kniete er sich neben Barlin, nahm seine Tochter in die Arme und drückte sie an sich, während er resigniert vor sich hin starrte. „Und wenn ihr uns immer noch nicht glauben wollt… selbst meine Frau hat das Wappen auf ihren Rüstungen erkannt.“ Gunnar schwieg, wie alle anderen auch. Was wollte er auch sagen, bei solchen Beweisen. So war also alle Hoffnung auf einen länger währenden Frieden abermals dahin – Frieden zwischen Skyrim und Morrowind – würde es ihn jemals geben? Und doch, irgendetwas in seinem Inneren zweifelte noch immer, weigerte sich beharrlich, die Offensichtlichkeit der Dinge hinzunehmen. Hinter ihnen näherten sich schnelle Schritte, Keuchen und metallisches Klirren – der Krieger, den Gunnar mit Nachricht zur Lehensfeste geschickt hatte, kehrte zurück und mit ihm kamen Rudger und vier weitere Männer. Neben Äxten, Schwertern und Schilden, hatte jeder von ihnen auch einen Bogen dabei ….

    Die enorme Stärke des Feuers hatte bereits etwas nachgelassen. Das Dach und Teile des Obergeschosses waren mit einer hoch aufsteigenden und laut knisternden Funkenwolke eingestürzt. Ansonsten war allerdings nichts passiert und auch nichts zu sehen. Dass der Wald rings um das Haus noch nicht in Flammen stand, lag wohl einfach an der Jahreszeit. Es war zu kalt und der, durch die Hitze, schmelzende Schnee auf den Ästen wirkte zusätzlich brandhemmend. Svenja fühlte sich verloren und da sie immer noch nicht wusste, was hier eigentlich vor sich ging, auch ziemlich unsicher. Warum kam denn dieser Gunnar nicht endlich wieder zurück, hatte er sie vergessen? Abwechselnd beobachtete sie die Gruppe, zu der er gegangen war und die Umgebung des brennenden Hauses. Vom Dorfplatz her kamen jetzt weitere Männer, aber alle rannten in Gunnars Richtung. Linkerhand von ihr, in Rufweite, gab es nur noch einen einzigen Krieger, bewaffnet mit Schwert und Schild. In ihrem Köcher befanden sich noch sieben Pfeile und die Bogensehne war auch nicht mehr die Beste, wie viele Schüsse würde die wohl noch verkraften? Zwar war sie im Umgang mit dem Bogen recht geschickt, das brachte das Jagen mit sich, aber es würde etwas ganz anderes sein, auf einen anstürmenden Feind schießen zu müssen. Und sonst? Der Rest ihrer Kampferfahrung beschränkte sich auf das, was ihr manch einer in ihrem Dorf beigebracht hatte. Ziemlich trostlose Aussichten also, wenn es wirklich hart auf hart kommen sollte, aber vielleicht hatte dieser Brand ja doch nichts mit einem Angriff zu tun. Svenja zuckte zusammen als zu ihrer Linken ein erschrockener Laut ertönte – der Krieger dort veränderte plötzlich hastig seine Stellung, als ob ihn irgendwas von der Seite her bedrohen würde. Die gerade noch empfundene Hoffnung schwand und eiskalt lief es ihr den Rücken hinunter. ‚Dann kommen sie also über die Flanke!‘ Schnell sprang sie auf und lief, auf ihre Deckung achtend, zu ihm hinüber. Der Andere rieb sich die Augen. „Bist du verletzt?“ – „Ist nichts weiter… hab nur grade ne Ladung Borke abgekriegt. Das verfluchte Ding könnte ich jetzt aber auch im Kopf haben!“ Svenja lugte vorsichtig um den Baum herum. Ein Pfeil steckte im Stamm, die schwarze Befiederung war ihr fremd, aber von einem Schützen, oder sonstigen Angreifern war nichts zu sehen – Dreck und Kiefernnadeln spritzten auf, als dicht vor ihr ein weiterer Pfeil in den Waldboden schlug. „Verdammt!“ Sie warf sich in die Deckung zurück. „Die sind gut, was?“ Arik grinste sie an. „Werden wohl irgendwo auf dem Hang sitzen… wie zur Kaninchenjagd…“ und auf Svenjas Bogen deutend „kannst du damit umgehen?“ – „Wird sich zeigen… aber erst mal sollten wir hier verschwinden.“ – „Sehr richtig.“ Er riskierte einen kurzen Blick am Stamm vorbei. „Ist ein hübsches Stückchen, bis zu dem Haus da vorne… aber wir könnten es schaffen.“ – „Wie bitte?! Mit Verschwinden meinte ich eigentlich…“ aber der Krieger war schon losgerannt. „So ein Dummkopf!“ Allein wollte Svenja allerdings auch nicht wieder bleiben, also sprintete sie ihm hinterher. Noch während die Beiden vorwärtsstürmten erklang, irgendwo von Osten her, zweimal der langgezogene, dumpfe Ton eines Horns. Dann endlich hatten sie ihr Ziel erreicht und warfen sich, schwer atmend, an die Hauswand. „Hast du das… gehört?“ Svenja rutschte schnaufend neben ihm zu Boden. „Was… bedeutet das?“ – „Rückzug… die Dunmer… blasen zum Rückzug… deshalb…“ Arik atmete ein paar Mal tief durch „deshalb sind wir wohl auch ohne Beschuss geblieben.“ – „Bist du sicher?“ – „Der Klang ihrer Hörner ist unverkennbar und wenn du lange genug gegen sie gekämpft hast, dann kennst du auch die Bedeutung ihrer Signale.“ – „Dunmer… das sind diese Dunkelelfen, nicht wahr?“ Der Krieger sah sie ziemlich verständnislos an. „Ich hab halt noch nie einen gesehen. Aber ich kenne viele Erzählungen über sie, von den Alten aus meinem…“ Svenja brach ab, wieder hatte sie die Bilder von verkohltem, noch schwelendem Holz vor Augen. „Sag mal…“ Arik betrachtete sie jetzt eher neugierig „wer bist du eigentlich? Ich hab dich hier noch nie gesehen. Du warst zwar vorhin mit Gunnar zusammen, aber ich…“ – „Jedenfalls gehöre ich nicht zum Feind, sonst würde ich wohl kaum auf eurer Seite kämpfen!“ Sie sprach sehr hastig, mit einem wachsenden Gefühl der Unbehaglichkeit und schließlich konnte sie seinem Blick nicht mehr standhalten. „Und falls es dich beruhigt, Gunnar vertraut mir und… der Rest geht dich nichts an.“ – „Ist doch alles gut, ich wollte dich ja nicht bedrängen. Ein jeder hat eben so seine Geheimnisse. Ich bin übrigens Arik, Arik Landermann. Und wie ist dein werter Name… ähm… wenn man fragen darf?“ Sie starrte auf die Spitzen ihrer dreckverkrusteten Fellstiefel „… Heimatlos…“ und ließ dann den Kopf auf die Knie sinken, während ihre Hände den Bogen immer fester umklammerten. „… Svenja… Heimatlos.“ – „Na so was. Noch eine Svenja. Und…“ Arik kratzte sich am Kopf, um seine Verlegenheit zu überspielen „nicht weniger hübsch anzuschauen wie die andere...“ ein kurzes Räuspern „wenn es erlaubt ist, das zu bemerken. Und naja… Heimatlos ist zwar ein recht seltsamer…“ – „Was hast du gesagt?!“ Svenja starrte ihn an. „Äh… also… man kann doch einer jungen hübschen Frau durchaus…“ – „Das will ich gar nicht wissen! Du hast da gerade eben eine andere Svenja erwähnt. Was weißt du von ihr? Hatte sie auch noch einen anderen Namen?“ – „Was ich von ihr weiß?“ Der Krieger nahm umständlich seinen Lederschild vom Rücken, während er sprach. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Die Frau war nicht viel älter als du und in Begleitung eines derben Kriegers, mit Namen Agnar. Sie selbst nannte sich Svenja Schneegesang und dem Anschein nach, waren die beiden auf der Suche nach irgend so einem seltsamen Untier… irgendwas mit Undefrie… oder so ähnlich.“ Svenja beobachtete, wie sich Arik vorsichtig und auf allen Vieren der Hausecke näherte und wurde ungeduldig. „Und wann genau war das?“ – „Hm… das müsste jetzt schon gut zwei oder drei Monate her sein. Weißt du, ich habe mich nicht weiter mit ihnen beschäftigt… naja… es stellte sich halt ziemlich schnell heraus, dass dieser Agnar ihr Gemahl war.“ Er verzog kurz das Gesicht, als wäre er immer noch enttäuscht darüber, hielt dann den Schild schützend vor sich und spähte den Hang hinauf. „Aber du kannst ja mal den alten Andermann fragen, der weiß sicher mehr, denn bei dem hatten sie die ganze Zeit über Quartier. Wenn du willst kann ich dir nachher auch zeigen, wo sich sein…“ Die Wucht des Aufpralles ließ ihn nach hinten fallen – auf dem Rücken liegend starrte Arik erschrocken auf die stählerne Pfeilspitze, die seinen Schild durchschlagen hatte. „Bist du wahnsinnig!“ Die junge Nordfrau sprang hinzu, packte seinen Arm und zerrte ihn hastig in Richtung schützende Hauswand, wobei sich der Krieger heftig und kraftvoll mit den Hacken abstieß, um ihr zu helfen – gerade noch rechtzeitig, denn schon war der nächste Pfeil da, steckte plötzlich dort im Boden, wo er eben noch gelegen hatte. „Sie ziehen sich also zurück, ja?!“ – „Diese verdammten Spitzohren! Aber wartet nur, jetzt gibt’s was!“ Arik warf den Schild neben sich, richtete sich auf und legte die Hände an den Mund. „Waaahrschaaau! Liiinkeee Flankeee!“ Als er sich wieder hinhockte, sah er Svenja den Kopf schütteln. „Was?“ – „Wie kann man nur so leichtfertig sein?“ – „Wieso leichtfertig?“ – „Na überleg doch mal. Die anderen werden jetzt gerannt kommen und vom Waldrand bis zu diesem Haus hier, gibt es keine Deckung. Wie sagtest du vorhin noch… Kaninchenjagd? Wie sich da der Schütze dort oben freuen wird.“ – „Ohhh… hat die holde Kriegerin vielleicht eine bessere Idee?“ Arik gab sich keine Mühe, seinen Hohn zu verbergen. „Und überhaupt… woher willst du denn eigentlich wissen, dass es wirklich nur ein Bogner ist?“ – „Ich weiß es nicht und habe das auch nie behauptet, aber es spricht einiges dafür. Du könntest jetzt schließlich auch wie ein gespickter Rehrücken dort drüben liegen, wenn es nicht so wäre.“ – „Und wenn schon, denkst du denn der hat das Signal nicht gehört? Das kann ich mir nicht vorstellen.“ – „Vielleicht wollte er es ja auch gar nicht hören. Auf jeden Fall bringen wir die anderen in Gefahr, wenn wir nichts unternehmen.“ – „Aber natürlich.“ Mit einem spöttischen Lächeln hielt ihr der Lehenskrieger seinen Schild entgegen. „Hier… bitte schön. Kannst ja gerne voranstürmen.“ In Svenja stieg die Wut hoch, aber sie schluckte sie wieder hinunter und zog ganz ruhig einen der wenigen Pfeile aus ihrem Köcher. Sie glaubte nicht daran, dass dieser Arik feige war. Eher kratzte es ihn wohl nur recht unbehaglich, dass ausgerechnet sie, eine Fremde, ihm sagen wollte, was zu tun wäre. „Kennst du den Ruf der Nebelfinken?“ Arik starrte mürrisch vor sich hin. „Ja… kenn ich. Die gibt es hier überall… aber die singen nur in der Dämmerung und die ist ja nun vorbei.“ – „Umso besser, dann kannst du es nämlich auch nicht überhören.“ Svenja war schon am anderen Hausende und schätzte den Weg ab, den sie, in weitem Bogen und gedeckt von Bäumen und Sträuchern, den Hang hinauf nehmen wollte. „Würdest du mir vielleicht mal erklären, was du vorhast?“ In Ariks Stimme klang Ärger auf und, so schien es Svenja jedenfalls, eine plötzliche Besorgnis. „Warte es einfach ab. Und wenn du einen Nebelfinken hörst, dann zeig dich nochmal an der Hausecke… oder halte wenigstens deinen Schild raus, wenn dir das lieber ist.“ – „Aber…“ doch die junge Frau war schon verschwunden ….

    Rudger kniete neben Gunnar nieder und schaute sich um, während er ihm schnell und ohne Schnörkel berichtete. „In der Feste ist jedermann in Alarmbereitschaft. Ringsum ist dort noch alles ruhig, aber unser Herr Kogen hat sogleich und vorsorglich einige Späher ausgesandt. Ich habe alle mitgebracht, die er entbehren kann und zwei von ihnen kommen noch nach, sobald sie die Weiber, Kinder und Alten hinaufgebracht haben.“ – „Gut gemacht Rudger. Dann haben wir damit erst mal etwas weniger Sorgen.“ – „Übrigens… von den jüngeren Frauen stehen die meisten schon wieder mit dem Pfeil auf der Sehne bereit, na du kennst sie ja.“ Rudger konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, was jedoch sofort wieder verschwand, als er Wulfs Leiche gewahr wurde. „Hat es noch jemanden erwischt?“ – „Sein Bruder Hrodgar liegt drüben in Breks Haus… viel mehr als Asche wird nicht von ihm übrig bleiben. Aber wenigstens leisten ihm auch zwei der Angreifer Gesellschaft.“ – „Tut mir ehrlich leid Gunnar. Hrodgar hatte zwar in letzter Zeit so seine Probleme, aber ich weiß, du mochtest die beiden sehr und mir geht es da nicht anders.“ Er senkte den Blick und bemerkte dadurch den Elfenspeer, der neben Gunnar im Gras lag. Die Verzierungen der Waffe waren Rudger alles andere als unbekannt. „Dass es eigentlich nur die Dunmer sein können, hab ich mir schon gedacht, waren ja auch längst überfällig… aber ausgerechnet die Hlaalu?“ – „Und wenn sie es nicht sind?“ Gunnar wandte sich von ihm ab. „Barlin, du bringst Brekhander und seine Familie zur Feste und bleibst dann gleich mit dort. Und schau auch nach dem alten Andermann, der ist sicher noch in seinem Haus. Lass dich von seinem Gezeter nicht stören, pack ihn einfach am Kragen und nimm ihn mit.“ Der junge Krieger nickte kurz und half sogleich dem Schmied und seiner Frau auf die Beine. Brekhander murmelte etwas Unverständliches, während er Gunnar zweideutig anstarrte, doch dann fügte er sich Barlins und Bredas Drängen und folgte den beiden, seine kleine Branka fest an sich gedrückt. Rudger wartete, bis sich Gunnar wieder zu ihm umdrehte. „Und?“ – „Ich weiß auch nicht Rudger… es ist nur so ein Gefühl. Bis jetzt spricht alles dafür, das es wirklich die Krieger Al‘Hlaalus sind… aber es will mir einfach nicht in den Kopf.“ – „Ja, seltsam ist das schon, haben sie sich doch bisher genauso an die Abmachungen gehalten wie wir. Aber du hast uns auch beigebracht, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen Gunnar. Nun, dann lass uns mal hoffen, dass sie wenigstens nicht zu zahlreich…“ jeder der Lehenskrieger horchte auf, als das langgezogene Hornsignal erklang und in den meisten Gesichtern zeigte sich gleich darauf Erleichterung. Gunnar ließ seinen Blick über sie schweifen, nickte ihnen aufmunternd zu. „Hoffnung Männer! Aber lasst uns der Sache nicht blindlings vertrauen und abwarten. Arndt, du bleibst hier bei Rudger und mir, die anderen verteilen sich. Und sollten die Spitzohren uns täuschen wollen, dann zeigt ihnen, mit wem sie es zu tun haben. Und noch eins… wer sich jetzt schon damit anfreundet, heute sein Leben zu lassen, der hat mich vorher gefälligst um Erlaubnis zu fragen… sonst streich ich ihm die Metrationen.“ Die Nordmänner grinsten breit, dann liefen sie geduckt auseinander und jeder suchte sich ein gut gedecktes Fleckchen.

    Sonnenstrahlen leckten zwischen den Bäumen hindurch nach den letzten schwachen Dunstschwaden, stiegen immer höher. Ein wunderschöner Anblick an diesem Morgen – wenn nur der Friede dieses neuen Tages nicht schon so empfindlich gestört worden wäre. Vom Haus vor ihnen war nicht viel mehr als eine schwelende Ruine geblieben, das Feuer inzwischen heruntergebrannt, und nur vereinzelt gab es noch ein paar kleine Flammeninseln. Gunnar suchte mit den Augen nochmals die Stelle ab, an der er der jungen Frau geheißen hatte, auf ihn zu warten, aber er konnte sie nirgends entdecken. ‚Vielleicht ist sie ja zurück zum Schuppen gelaufen… oder hat sie am Ende doch etwas mit…‘ – „Was gibt es denn zu sehen?“ Rudger blickte ihn fragend an. „Naja, ich hab da heute Morgen… ach nichts. Ich erkläre es dir später.“ Der junge Arndt kroch näher heran. „Mit Verlaub Herr Gunnar… ich… also ich dachte nur, dass ich mich vielleicht mal vorne umsehen könnte… weil doch bis…“ – „Still!“ Gunnar hob mahnend die Hand. „Habt ihr das gehört?!“ – „Das kam drüben von den Nordhängen!“ Rudger straffte sich, wie eine Katze vor dem Sprung. „Dann geht der Tanz also doch noch los.“

    Einige der Krieger am Waldrand wollten sich den dreien anschließen, doch Gunnar hieß sie an, ihre Stellungen zu halten, vorerst wenigstens, denn schließlich könnte der Feind einen Angriff über die Flanke auch nur vortäuschen, eine Finte, um sie abzulenken. Weiter… „Seht doch mal!“… „Und hier im Baumstamm steckt noch einer!“ Arndt riss den Pfeil aus dem Boden und hielt Gunnar die schwarzen Federn unter die Nase. „Da vorne… am Fuß des Hanges… bei einem der Häuser!“ Ihre Blicke folgten Rudgers ausgestrecktem Arm. Dort stand jemand, hoch aufgerichtet und gestikulierte wild mit den Armen, hielt dann gleich darauf einen Schild über den Kopf und stieß ihn immer wieder in ihre Richtung ….

    Gedankenversunken betrachtete er die Harzgallen die sich über den borkigen Stamm verteilten und atmete in tiefen Zügen den Duft des Waldes, während sich der Elfenspeer unablässig in seinen Händen drehte. Sein Kumpan war noch immer nicht zurückgekehrt und es überraschte ihn auch nicht, ganz im Gegenteil. ‚Du hättest dich nie auf dieses Unterfangen einlassen sollen. Es war ein Fehler. Und deine Selbstvorwürfe werden daran jetzt auch nichts mehr ändern… es ist nun mal so geschehen.‘ Er senkte den Blick auf die Waffe, auf seine Hände mit der grünlichgrauen Hautfarbe. „Du musst diesen Wahnsinnigen aufhalten, oder alles ist verloren. Und da er auf deine Worte sowieso nicht hören wird…“ er schluckte schwer „kann es nur einen Weg geben.“ ….

    Arik lauschte angestrengt, aber noch immer war nichts von einem Nebelfinken zu hören. ‚Ganz schön verrückt die Kleine… aber sonst… was für ein Weibsbild.‘ Er hatte den Pfeil aus seinem Schild gezogen und zupfte nervös an den Federn herum. ‚Hoffentlich überlebt sie das auch.‘ Mit einem plötzlichen, wütenden Hieb zerbrach er den Schaft über seinem Knie und warf ihn beiseite. „Was für ein Narr du doch bist! Du hättest sie gar nicht erst alleine gehen lassen dürfen!“ Dann bemerkte er die Gestalten am Waldrand. „Auch das noch.“ Der Krieger sprang auf und gab sich alle erdenkliche Mühe, ihnen irgendwie verständlich zu machen, dass sie bleiben sollten wo sie waren, doch es half nichts. Mit wachsendem Unbehagen beobachtete er, wie sie in schnellem Lauf den Waldrand verließen und über die weite, freie Fläche auf ihn zu hetzten. Der vornweg Rennende musste zweifellos Gunnar sein. Helle Schneefelder und kniehohes, vertrocknetes Gras – Svenja hatte Recht gehabt – nichts was ihnen Schutz bieten konnte. Er murmelte Gebete und seine Hoffnung wuchs, je näher die drei herankamen. Da! Ein Aufschrei, der Letzte in der Reihe strauchelte kurz und schlug dann hart zu Boden. Die anderen beiden machten kehrt, packten den Mann und schleiften ihn mit sich. Arik knirschte mit den Zähnen, riss das Schwert aus der Scheide und lief, den Schild vor sich haltend, ein gutes Stück aus seiner Deckung hervor. Hektisch schwenkte er seine Waffe und brüllte wutentbrannt aus Leibeskräften den Hang hinauf. „Hiiier!... Du elender Bastaaard!... Hier bin iiich!“ Das gleich darauf dicht an seinem Kopf vorbeizischende Geschoss beantwortete er mit höhnischem Gelächter – was für ein tödlicher Wahnsinn, aber irgendwie musste er den anderen genug Zeit verschaffen. Den nächsten Pfeil konnte Arik für den Bruchteil eines Augenblickes sogar kommen sehen und duckte sich schnell hinter seinen Lederschild. Stechender Schmerz zuckte wie eine Kralle durch seinen Körper, denn die Stahlspitze traf ausgerechnet die Stelle, an der er seinen Unterarm gegen den Schild drückte. Genug! Geschwind sprang der Nordmann zum schützenden Haus zurück, dessen Sicherheit nun auch Rodger und Gunnar erreicht hatten und sich um den stöhnenden Arndt kümmerten, dem ein abgebrochener Pfeilschaft aus dem rechten Oberschenkel ragte. „Danke Arik! Ziemlich lebensmüde zwar, aber ohne dich hätten wir es wohl kaum so glimpflich überstanden.“ Gunnar lächelte ihn aufrichtig an, dann half er dem Krieger mit dem Schild und besah sich die Wunde. „Geschieht mir ganz recht, ist ja auch alles meine Schuld. Mist verfluchter! Naja… war dann wohl doch zu leichtfertig von mir. Wie es diese Svenja schon gesagt hat… Alarm brüllen ohne vorher nachzudenken, dass kann eben auch dumm ausgehen.“ – „Svenja?“ – „Ich denke ihr beide kennt euch? Jedenfalls hat sie mir das vorhin so erzählt.“ Gunnar zerriss einen Fetzen Leinen und umwickelte Ariks Arm damit. „Nun, ihren Namen kenne ich nicht, aber wie sah sie denn aus? Schmutziges Gesicht… abgerissene Pelzrüstung… ein Kurzschwert und ein einfacher Bogen?“ – „Ja, genau das ist sie.“ – „Und wo ist sie jetzt?“ – „Sie will diesen verdammten Bogner dort oben erwischen… ganz allein.“ Ariks Miene verdunkelte sich. „Und ich Dummkopf habe sie einfach ziehen lassen.“ ….

    Den Bogen hielt Svenja vorerst nur unter leichter Spannung, um die Sehne zu schonen. Sie hatte ihn noch nie gegen Menschen oder ihnen ähnliche Wesen eingesetzt, aber sie vertraute voll und ganz auf ihre Fähigkeiten im Umgang mit dieser Waffe, ihr bisheriges Jagdglück kam schließlich nicht von ungefähr. Die junge Nord verharrte erneut zwischen einigen dürren Sträuchern am Rand des Unterholzes, alle Sinne wachsam auf die Umgebung gerichtet. ‚Wo bist du?‘ Ihre Zuversicht war nun endgültig einer quälenden Anspannung gewichen, denn den Hang herauf hatte sich bis jetzt noch nichts Verdächtiges ausmachen lassen. Der Schütze war also entweder ein Meister der Tarnung, oder er musste noch sehr viel weiter oben sitzen, was sich Svenja allerdings nur schwerlich vorstellen konnte. ‚Nehmen wir einfach mal an, du bist wie ein scheues Reh. Die Frage ist also… wo versteckst du dich?‘ Gerade wollte sie den Nebelfinken zwitschern lassen, das mit Arik vereinbarte Zeichen, als sie erstarrte. ‚Hey… Ein solch straffes Surren?... Klingt verdammt nach Bogensehne!‘ Querab vor ihr, in guter Schussentfernung, gab es ein etwas abgeflachtes Hangstück. Zwischen dem spröden Wintergras ragte dort ein größerer Felsbrocken aus dem Boden und unterhalb von ihm standen ein paar dunkelgrüne Piniensträucher. Diese Stelle hatte Svenja schon von weiter unten her gesehen und eigentlich damit gerechnet, dort auch den Schützen zu finden, zu ihrer Enttäuschung war dem allerdings nicht so. Nur seltsam, dass das Geräusch eben aus genau dieser Richtung kam – nochmals strengte sie ihre Augen an und da die Morgensonne nun bereits über den Baumwipfeln stand, wurde sie auch nicht mehr so stark geblendet. Irgendwo beim Haus unten ertönte jetzt ein dumpfes Brüllen und fast hätte Svenja aufgejauchzt – zwischen den Pinien bewegte sich etwas. Eine Kapuze, von solch dunklem Grün wie die Sträucher selbst, das Ende eines Bogens wurde sichtbar, wieder war das Surren zu hören und gleich darauf noch einmal. ‚Hab ich dich!‘ Schon hatte sie ihr Ziel im Visier, verhielt kurz den Atem und gab die Sehne frei. Im gleichen Moment drehte sich die Kapuze in ihre Richtung, der Bogen folgte – was für ein feines Gehör musste dieses Wesen besitzen – Svenja riss hektisch den nächsten Pfeil aus dem Köcher, wollte aufspringen, um dem Feind das Zielen zu erschweren… dessen Arme flogen plötzlich nach oben, dann kippte er zur Seite und war verschwunden. Uff! Svenja zwang sich dazu ganz langsam auszuatmen, damit sich ihr rasender Herzschlag beruhigte. ‚Halt Mädchen, halt! Nicht gleich losrennen. Vielleicht ist er doch nicht allein. Warte und zähle.‘ Ihre Augen suchten gewissenhaft nach verdächtigen Anzeichen. ‚… neun… zehn… elf… Nichts.‘ Vorsichtig bewegte sie sich vorwärts, näherte sich immer weiter den Piniensträuchern. Bereit, sofort zu schießen, folgte ihr Bogen immer der Blickrichtung – und dann war sie doch überrascht, als sie aus dem Augenwinkel heraus die Bewegung gewahrte – keinen viertel Klafter von ihr entfernt, war jemand hinter einem Baum hervorgetreten. Blitzschnell führte Svenja den Bogen herum, zog ihn aus… Zing! Mit hellem Winseln riss die Sehne entzwei, peitschte schmerzhaft über ihren Unterarm und von Entsetzen gepackt stöhnte sie auf. Ihr Gegenüber, bereits auf dem Sprung um dem Geschoss auszuweichen, entspannte sich wieder und kam langsam einige Schritte heran. „Du wirst den Toten mir überlassen. Behalte dein Leben und verschwinde.“ So ruhig wie er das sagte, klang es eher freundlich, statt nach einer Drohung. Aber nicht nur das, sondern auch sein fremdartiges Aussehen empfand die junge Frau faszinierend und verwirrend zugleich. Der Krieger war jetzt stehengeblieben, setzte demonstrativ den linken Fuß nach vorn und wechselte seinen Speer in die rechte Hand. „Hast du meine Worte nicht verstanden?!“ Das klang schon schärfer und in Svenja regte sich dadurch, zu ihrem eigenen Erstaunen, ein ungewohnt trotziges Gefühl. „Ich habe sie verstanden.“ – „Worauf wartest du dann?! Du bist noch viel zu jung für den Tod, also geh zurück in dein Dorf und lebe!“ – „Nein!“ Ein unmerkliches Kopfschütteln des Fremden. „Sie lässt mir keine Wahl… Shor… verzeih es mir.“ Er sprach sehr leise und Bedauern lag in seiner Stimme. Doch dann nahmen seine Züge ein hartes, erschreckendes Aussehen an, der rechte Arm schnellte nach hinten und sein Körper spannte sich. Svenja blieb keine Zeit zum Denken, sie reagierte eher instinktiv, schleuderte ihren Bogen nach ihm und warf sich zu Boden. Es bereitete ihm wenig Mühe dem Holz auszuweichen, aber er verriss dadurch auch seinen Wurf. Der Speer flog hoch über Svenja hinweg und verschwand mit einem Krachen im Unterholz. Irgendwo hinter dem Krieger ging plötzlich ein Pfeil nieder und vom Fuß des Hanges her ertönten gedämpfte Schlachtrufe, mehrere Gestalten mühten sich dort unten, so schnell als möglich herauf zu kommen. Die unvernünftige Frau vor ihm hatte sich bereits wieder aufgerappelt, zog ihr jämmerliches Kurzschwert und mit der anderen einen Dolch aus ihrem Stiefel. Doch nichts von all dem beeindruckte ihn. Nichts von all dem würde ihn jetzt noch von seinem Ziel abbringen lassen – ihre Freunde würden es niemals rechtzeitig schaffen und in dieser jungen Nord sah er keine wirkliche Gegnerin für sich. Svenjas Augen weiteten sich erschrocken, als der dunkelhäutige Krieger über seine Schulter griff und sogleich eine lange, säbelartig gekrümmte Stahlklinge in Händen hielt. Dann war er auch schon heran, viel schneller als sie zurückweichen konnte. Dolch und Schwert kreuzen und irgendwie versuchen seinen Hieb abzufangen – was sonst blieb ihr jetzt noch? Mit hellem Singen krachten die ungleichen Waffen aufeinander, Funken sprühten und sie verspürte einen heftigen, betäubenden Schmerz in den Handgelenken. Svenja ging ächzend unweigerlich in die Knie, so gewaltig war der Streich ihres Gegners, doch dem nicht genug blockierte er auch sofort ihre Klingen, indem er den Druck nicht nur aufrechterhielt, sondern ihn immer weiter verstärkte. Tief in ihrer Seele schrie es um Gnade. Sie wollte nicht sterben! „Genug! Ich gebe auf!“ – „Ich aber nicht!“ Grausam funkelten seine Augen, ein Schock für Svenja. Tränen bahnten sich unaufhaltsam ihren Weg. Aber es war einen Atemzug später nicht mehr allein ihre Angst – der Wille zu Überleben stieg in ihr auf und mit ihm unbändige Wut – entlud sich in einer Kraftanstrengung, die das Schwert des fremdartigen Kriegers wieder ein Stück nach oben drückte. Sein Bein schnellte nach vorn und ob Svenja wollte oder nicht, sie musste genauso schnell ihre Linke mit dem Dolch zurücknehmen. Nur so gelang es ihr, mit Schulter und Oberkörper auszuweichen und seinem Tritt zu entgehen. Da sein schwerer Stiefel ins Leere ging, verlor er kurz das Gleichgewicht und in genau diesem Moment führte Svenja mit aller Verzweiflung ihren Dolch wieder aufwärts, spürte den plötzlichen Widerstand von Fleisch und Knochen, verschloss ihre Ohren vor seinem wahnsinnig gellendem Schmerzensschrei und trieb ihm die Klinge immer tiefer in die Leiste. Der Druck auf ihr Kurzschwert verschwand mit einem Mal und eine Faust schlug nach ihren Kopf. Aber sie hatte den Dolch schon wieder herausgerissen und entging diesem Hieb, indem sie sich mit einer Vorwärtsrolle schräg an ihm vorbeiwarf. Noch am Boden drehte Svenja sich, ihr Schwert dabei waagerecht im Halbkreis führend, die Klingenspitze fetzte durch seine Kniekehlen. Der Standhaftigkeit seiner Beine beraubt, brach ihr Widersacher zusammen und fiel dabei auch noch unglücklich in sein eigenes Schwert. Schon war sie über ihm, drückte ihren blutverschmierten Dolch an seine Kehle… aber Svenja konnte nicht zustoßen, zitterte am ganzen Leib. In seinen Augen fand sie Tränen und eine herzzerreißende Traurigkeit. Mühsam griff er nach ihrer Hand und kaum verstand sie seine Worte. „Du… er… erinnerst… mich… an… an meine… Toch… ter…“ Dann lag er ganz still, atmete nicht mehr. Es war vorbei. Svenja schluchzte, schob sich von dem Toten weg, bemüht, nicht vollends ihre Beherrschung zu verlieren. Ihr linker Arm, die Hand, die noch immer den Dolch umklammerte, waren nicht weniger von dunkelrotem Blut gefärbt, wie die Waffe selbst. Sie riss Grasbüschel ab, wischte und schrubbte um sich von diesem Anblick zu befreien… immer langsamer wurden ihre Bewegungen… bis sich schließlich all die aufgestaute Anspannung in ihr entlud und sie heftig weinen ließ.

    Arik erreichte sie als erster und der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn zurückprallen. Behutsam kniete er sich neben Svenja, wagte es aber nicht, sie zu berühren. „Es war so dumm von mir, dich alleine gehen zu lassen… es tut mir so leid. Bist du verwundet?... Kann ich dir irgendwie helfen?“ Gunnar und Rudger waren jetzt ebenfalls heran und auch in ihren Gesichtern zeigte sich Bestürzung und Sorge. Rudger sicherte die Umgebung, den Bogen im Anschlag und seine Worte klangen entschuldigend. „Ich konnte nicht weiterschießen, war einfach zu riskant. Sonst hättest du dir womöglich noch einen meiner Pfeile eingefangen.“ Er blickte kurz auf die Leiche. „Arik sagte was von einem Schützen… ist er das?“ Svenja starrte vor sich hin. „Bei den Pinien.“ – „Also schon mal zwei. Vielleicht gibt’s hier aber auch noch mehr von diesen Halunken… würde mich nicht wundern.“ Gunnar erhob sich. „Dann hätten wir sie mit Sicherheit schon auf dem Hals. Ich hole den anderen.“ – „Lass mal, ich mach das mit Arik.“ Ein verstehendes Nicken des Hünen und seine mächtige Axt griffbereit, hockte er sich wieder neben Svenja, ließ aber die Bäume ringsum nicht aus den Augen. Die Stimme der jungen Frau klang dumpf und tonlos. „Ich habe sie umgebracht.“ – „Ja… das hast du. Aber es war notwendig Svenja… um dein eigenes Leben zu schützen… und auch unser Leben. Quäle dich nicht mit Vorwürfen, denn du hast nichts Unrechtes getan.“ Die beiden anderen Nordmänner kehrten mit dem Toten zurück. „Also mit dem Bogen kannst du wahrhaftig umgehen. Hast den Burschen mitten in die Stirn getroffen.“ Arik trat an Svenja heran, fasste nach kurzem Zögern vorsichtig ihre Hand und legte etwas hinein. „Hier… das trug er um den Hals. Vielleicht ist es… ein kleiner Trost für dich.“ Dann entfernte er sich einige Schritte, denn er wollte sich ihr auf keinen Fall aufdrängen. Svenja betrachtete den Schmuck in ihrer Hand. Eine einfache Lederschnur, abwechselnd daran aufgereihte Bärenkrallen, Reiszähne vom Wolf und kleine, flachgeschliffene Kieselsteine. Und in jeden dieser Steine war ein Runenzeichen eingeritzt. Augenblicklich machte sich ein weiterer Seelenschmerz in ihrem Inneren bemerkbar, noch sehr viel schlimmer, noch ungemein quälender als in den Tagen zuvor. Mit der anderen Hand strich sie immer wieder sanft über die Kette, wollte es nicht wahrhaben, aber sie war wirklich da. So wirklich wie das Blut zwischen ihren Fingern… wie der Wald um sie herum… wie das Licht der Sonne. Arik beobachtete sie verstohlen. ‚Warum heult sie denn jetzt schon wieder los? Versteh ich nicht.‘ Genauso wenig verstand er es, als sich Svenja gleich darauf wortlos erhob und ohne irgendjemanden von ihnen noch weiter zu beachten den Hang hinunterrannte. „Hey! So warte doch! Was ist denn mit dir?!“ Schon wollte Arik ihr nachsetzen, als ihn Gunnar am Arm packte. „Bleib hier und lass sie einfach.“ – „Warum?“ – „Ich glaube das war heute der erste richtige Kampf für sie gewesen und wir sollten ihr genug Zeit geben, damit klar zu kommen. Und wenn du das nicht verstehen kannst Arik, dann denk mal daran, wie es dir selbst damals ergangen ist.“ – „Das ist es ja gar nicht.“ – „Und was dann?“ Arik rieb sich etwas verlegen sein Stoppelkinn. „Ich meine nur… es wäre halt bedauerlich… wenn… wenn sie jetzt einfach so verschwindet. Ach komm schon… du weißt doch was ich meine.“ Gunnar schmunzelte in sich hinein. „Mach dir darüber mal keine Sorgen. Sie wird schon nicht gleich weglaufen.“ Rudger, der inzwischen die Leichen näher untersuchte, tat plötzlich einen erstaunten Ausruf. „Also ich will euch ja nicht die Laune verderben, aber wenn diese beiden Kerle hier Dunmer sein sollen, dann spuck ich einem Gorlog ins Auge.“ Arik und Gunnar fuhren herum und starrten ihn ungläubig an ….
    Kogen le Gyeston ist offline Geändert von Kogen le Gyeston (05.10.2010 um 14:32 Uhr)
  9. #169
    Diener der Nachtmutter Avatar von TheDarkRuler
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    "Aber ... euer Gna-" war alles, was der Aureal noch von sich geben konnte. Ein schweres Stahlschwert beendete seine Stimme mit einem Stoß durch die Kehle und bald darauf auch sein jetziges Leben.

    Doch Cethegar wusste: Er würde wiederkehren. Dyus war in Kenntnis darüber, wie es auf den Inseln mit den Wächtern Sheogorats verlief. Tötete man einen oder kam er durch irgendeinen Unfall ums Leben, so würde er hier wieder in diese Welt zurückkehren.

    Doch genau das gedachte er zu verhindern. Der seltsame Kristall glühte in einem reinen weißen Lich auf, als er ihn gegen den Aureal drückte, kurz darauf glühte auch der Aureal, allerdings in einem goldenen Licht, welches jedoch bald verblasste.

    "Mögest du lange darauf warten, wiedergeboren zu werden", waren die letzten Worte Cethegar's an diesen, und dann machte er sich eilig davon, denn obgleich die Tat ungesehen war, so bestand doch die Möglichkeit einer Wachablösung oder eines zufälligen Passanten.

    Heimlichkeit war seine größte Stärke und die gedachte er nicht zu verlieren
    Doch war dies im nächsten Moment nicht mehr relevant.

    Ein Trupp Aureale trat ihm gegenüber, kaum dass er die Ecke passierte, hinter der ihr toter Verwandter lag. Cethegar war sich nicht sicher, was er tun sollte. Die Aureale vernichten? Sie täuschen? Oder gar die Schuld auf einen Anderen schieben?

    Letztlich entschied er sich.

    Eine der Heiligen trat vor und richtete sich an ihn.
    "Meister Cethegar, es erfreut mich, dass wir Euch hier begrüßen dürfen. Es ist uns eine Ehre"

    Doch fiel seine Antwort gänzlich anders aus, als erwartet.

    "FREUEN? Wollt ihr mich zum Narren halten", schrie er sie an. "Verrat ist es, was ihr hier tatet."
    Nun waren die Heiligen verwirrt, schockiert und auch beleidigt, wobei das Erstgenannte überwog.

    "Verrat? Wie könnt Ihr es ... nein ... wie meint Ihr das, Herr?", waren die Worte der Anführerin.

    Cethegar fuhr mit seinem Jähzorn fort.
    "Dort hinten, hinter jener Ecke liegt die Leiche eines Aureals, eines Kriegers aus Eurem Volk. Warum griff er mich an? Warum wollte er mir mein Leben nehmen? Warum? Sind die Aureale untreu geworden? ANTWORTE!", war die geharnischte Antwort des Elfen.

    Und sie zeigte Wirkung.
    So befahl die Anführerin einigen Untergegeben nach dem Toten zu sehen. Sie selbst wandte sich an Cethegar.

    "Euer Gnaden, es ist keinesfalls, wie Ihr denkt. Folget mir bitte. Wir werden zum Quell der Wiedergeburt gehen und den Toten nach seiner Reinkarnation befragen."

    Und so schritten sie voran, die Heiligen voran, gefolgt von Cethegar, mit einem dämonischen Grinsen auf dem bleichen Gesicht.
    TheDarkRuler ist offline Geändert von TheDarkRuler (15.10.2010 um 10:37 Uhr)
  10. #170
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    Das Schwert und die Blume - Kapitel IV


    Lilly blickte sich besorgt um, dann packte sie wieder die Wut. Sie schlug mit dem Schwert auf einen herumliegenden dicken Holzbalken, den die Klinge mühelos durchtrennte. Mit einem Mal überkam das Mädchen neuen Mut. Sie dachte nicht mehr an den Rothwardonen, der sie im Stich gelassen hatte, und machte sich auf den Weg zurück zum Marktplatz, um der Bande endlich das Handwerk zu legen...

    Mar hockte mit grimmiger Miene auf dem Rest eines Hausdaches. Er beobachtete Lilly aufmerksam, wie sie langsam mit gezogenem Schwert durch die Ruinen streifte. Er wusste, dass sie ihn nicht sehen konnte. Mar hatte entschieden, erneut zu warten bis das Mädchen wieder in Schwierigkeiten geraten würde - sie konnte ja doch nicht allein auf sich aufpassen! Noch immer ärgerte er sich über Lilly's Aktion, wie sie sich ihm gegenüber aufgeführt hatte. War es nicht so? Hätte sie nicht einfach das tun können, was er ihr gesagt hatte? Dennoch kam er nicht umhin, von ihrer Charakterstärke beeindruckt zu sein. Als sie weiter hinten im Dorf aus seinen Augen verschwand, stand Mar auf und sprang leichtfüßig von einem Dach zum anderen, um Schritt zu halten.

    "Hey! Ihr da drüben!",rief Lilly aufmüpfig. Mit dem Schwert an der Seite fühlte sie sich schier unschlagbar. "Ihr wolltet doch was von mir? Kommt und holt mich!" Die Banditen, die sich nach dem Überraschungsangriff von Mar in alle Richtungen verschanzt hatten, waren mittlerweile wieder aus ihren Löchern hervorgekrochen. Als sie wieder auf Lilly zugingen, riss diese ihre Waffe aus der Scheide. Die Klinge leuchtete fast schon aggressiv, fast so, als dürstete es sie ebenfalls wie Lilly nach Vergeltung. Zwei Banditen blieben stehen, der Anführer drehte sich um.
    "Was soll das? Schnappt euch die kleine!"
    "Auf gar keinen Fall!", rief einer der beiden. "Siehste nicht das Hackmesser, das die in den Klauen hat?! Das is' bestimmt verzaubert oder so!"
    "Ihr seid feige! Alle beide! Von diesem Beutezug werdet ihr zwei ganz bestimmt nichts abbekommen! Und um euch zu beweisen, dass das Mädchen völlig ungefährlich ist..."
    Der Banditenanführer hob sein Schwert und machte erst einen Schritt nach vorne, dann lief er brüllend auf Lilly zu. Diese fixierte ihn mit einem eiskalten Blick, wartete, wartete...und hielt das Schwert in die Höhe. Der Bandit rannte in die ausgestreckte Klinge, bis zum Heft. Lilly setzte einen Fuß auf den Bauch des Banditen, dann zog sie das Schwert wieder heraus. Der Anführer röchelte ein letztes Mal, dann rührte er sie nicht mehr. Blanke Panik ergriff die restlichen Banditen, doch es war zu spät. Eine dämonische Macht, eiskalte Rache hatte von Lilly Besitz ergriffen. Es war fast so, als würde ihre Mutter das magische Schwert führen. Wohin sie auch rannten, keiner entkam. Einer nach dem anderen fiel, grausamer zugerichtet als das Opfer vor ihm. Das junge Mädchen watete durch Blut und Körperteile, ein unheimliches Lächeln auf dem sonst hübschen Gesicht. Als sie schließlich den letzten der Mörder seiner Strafe zugeführt hatte, sackte sie plötzlich zusammen. Nicht weit von ihr sprang eine dunkle Gestalt von einem Häuserdach...

    "Wo bin ich?" Das war der erste Gedanke, der dem Mädchen durch den Kopf ging. Lilly lag nackt unter einer warmen Decke. Sie öffnete vorsichtig die Augen und sah sich um. Offenbar befand sie sich in einer kleinen Hütte. Ein Feuer brannte im Kamin und davor hockte jemand der wohl gerade dabei war, Tee zu kochen. So verriet es jedenfalls der Kessel. Lilly setzte sich aufrecht hin, darauf achtend, dass ihre Decke nicht verrutschte. Ihre Rüstung hing auf einer Leine an der Wand gegenüber, ihr Schwert lag darunter auf einem Tisch. Die Gestalt vor dem Feuer drehte sich um, es war der Rothwardon.
    "Mar!" rief Lilly und spürte, wie sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete.
    "Kann man wohl nicht ändern. Jemand anderes war nicht zu finden.", entgegnete dieser zynisch und brachte ihr einen dampfenden Becher ans Bett. "Trink das. Du musst wieder zu Kräften kommen. Dein Vater ist unten und genehmigt sich auch erstmal einen nach den Anstrengungen..."
    Lilly's Herzschlag beruhigte sich sofort. Ihr lag schon die ganze Zeit die Frage auf der Zunge, was mit ihrem Vater passiert war. Sie konnte sich an nichts mehr erinnern, was nach dem Tod des Banditenanführers passiert war. Und woher war Mar plötzlich gekommen? Sie entschied sich, diese Fragen einfach ungeklärt zu lassen und warf einen Blick auf ihren Retter. Der Rothwardon starrte müde in die knisternden Flammen, ein Ausdruck von Trauer lag in seinem Blick. Mit einem Mal empfand Lilly tiefe Dankbarkeit und Zuneigung für ihn. Sie hob langsam die Stimme.
    "Mar?", fragte sie schüchtern.
    "Hm?", der Rothwardon hob kurz den Kopf und gab ihr damit zu verstehen, das er zuhörte. Den Blick hielt er weiterhin auf das Feuer gerichtet.
    "Ich hatte keine Gelegenheit, mich zu entschuldigen. Es tut mir sehr Leid. Mir ist klar, dass dir das alles auch an die Nerven ging...und ich hätte wirklich besser auf dich hören sollen. Aber ich war halt so aufgewühlt..."
    "Es ist in Ordnung.", entgegnete Mar und rieb sich die Hände. "Ich weiß, wie man sich fühlt wenn man einen Menschen verliert, den man liebt."
    Lilly setzte sich neben ihn, die Decke weiterhin fest um den Körper geschlungen. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    "Wer war es?", fragte sie und bereute im nächsten Augenblick wieder ihre Neugierde. Sie setzte schnell ein "Tut mir Leid, du musst nicht..." hinterher, doch Mar unterbrach sie.
    "Hier, sieh dir das an."
    Mar griff in seine Tasche und holte ein kleines goldenes Medaillon heraus. In den goldenen Rahmen waren verschiedene Edelsteine eingelassen. Auf einer kleinen Goldplatte im inneren des Medaillons befand sich eine aufwändige Gravur eines kleinen Mädchens. Sie hatte die schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden, der auf ihrer rechten Schulter lag.
    "Sie ist wunderschön." hauchte Lilly. Mit einem Finger strich sie vorsichtig über das Antlitz der kleinen.
    "Ihre Mutter starb kurz nach ihrer Geburt. Das Mädchen selber wurde auch nur vier Jahre alt, als sie ein schreckliches Fieber überkam. Nach vierzig Tag und vierzig Nächten musste sie schließlich aufgeben. All mein Beten und Bitten hat nichts genutzt, doch vielleicht geht es ihr dort oben besser." Mar's Stimme zitterte, erstarb und er wandte sich ab.
    "War sie deine Schwester?", fragte Lilly vorsichtig und strich ihm über den Hinterkopf. Mar drehte sich wieder zu ihr und sah ihr tief in die Augen, eine Träne rann über sein Gesicht.
    "Nein.", sagte er langsam und schwer. "Dieses Mädchen war meine Tochter."
    Jet ist offline Geändert von Jet (15.10.2010 um 14:16 Uhr)
  11. #171
    Halbgott Avatar von Powersocke
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    So, Leute.

    Ich habe mich mal wieder dran gewagt, Gates to Aesgaard zu spielen. Bisher nur die erste Episode. In diesem Post hier werde ich euch Nuuras erste Reise ins Land der "Verfluchten" zeigen. Ein Hinweis mal vorweg: Wer nicht von der Mod gespoilert werden will, sollte die in diesem Post enthaltenden Links nicht anklicken. Vielleicht auch einfach nur die Geschichte Lesen, die ich dazuschreibe. Wie dem auch sei, ich tue einfach mal alles in einen Spoiler. Wer die Mod bereits gespielt hat, kann sich das Ganze ja ansehen. Wer Lust auf einen tiefen Einblick in Selbige hat sollte sich dies hier aber auch nicht entgehen lassen. Viel Spaß.

    P.S.: Dieser Thread hatte lang genug ein Übermaß an Nichtbeachtung, also nehm ich mich diesem mal wieder an. Ich hoffe, es stört euch nicht.


    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Gates to Aesgaard - Episode 1

    Kommt, Leute, setzt euch und lasst mich euch eine Geschichte erzählen. Den Anfang einer Geschichte, um genau zu sein. Es ist die Geschichte von einer Heldin, die sich in die tiefsten Abgründe des Seins wagt, um ihrer freundin zu helfen, und dabei einem unaussprechlichen Grauen begegnen soll. Fangen wir also an.

    Es war ein gewöhnlicher Sundasmorgen, als Nuura ihr zweites Heim in Bruma, nahe Skyrim, verließ. Es war nicht ganz so kalt wie sonst, die Sonne schien, die Vögel zwitscherten ungewöhnlich laut und auch sonst schienen alle Bewohner heute gut drauf zu sein. Sogar die grimmigen Stadtwachen. An diesem Morgen dachte Nuura, dieses wird ein guter Tag. Ein beutereicher Tag, voller Abenteuer und Erlebnisse, denn sie hatte vor, sich wieder einer Ayleidenruine zu widmen. Vorher jedoch war Frühstück angesagt.

    Sie setzte sich an den Tisch ihres Hauses und nahm einiges an essen und trinken zu sich, ehe sie einige Gegenstände wie leere Phiolen, Alchemieapparate sowie Zutaten und einige Seelensteine ich ein schwarzes Lederbündel einband. Dann stopfte sie ihre Umhängetasche mit Essen und trinken voll, so gut es ging, sie weiß ja nicht, wie lange sie dieses mal unterwegs ist. Danach schnallte sie sich ihre Pfeile und ihren Bogen um, ihre Schwerter in die Scheiden gesteckt und machte sich auf, eine Ruine zu suchen.

    Nuura geht immer zufuß. Das findet sie nicht so umständlich. Pferde sind für sie ein Graus, sie muss sie füttern, pflegen und so weiter. Nebenbei ist ein gutes Pferd nicht gerade günstig in der Anschaffung. So verliße Nuura, vollgepackt mit etlichen Dingen, die Stadt Bruma und machte sich auf, die Jerall-Berge nach Ruinen abzusuchen...

    * * * * * *

    Es ward nun Mitternacht geworden, vielleicht etwas später, als Nuura sich hinsetzte und sich ausruhte. Die letzte Ayleidenruine machte ihr ganz schön zu schaffen, nicht nur, weil sich die Untoten wehrten, sondern auch, weil die Fallen irgendwie ausgeklügelter zu sein schienen als anderswo. Wie dem auch sei, sie hatte einiges an Beute mitgenommen, musste dafür jedoch einiges an Proviant aufgeben, was aber keinesweges ein Problem darstellte, da sie ohnehin Hunger und durst hatte. Plötzlich wehte ein Wind umher. Ein kalter Wind. Dieses war in den Jerall-Bergen durchaus üblich. Doch dieser Wind war anders. und gleich sollte sich bestätigen, was genau anders war, als nämlich ein Stück zusammengefaltetes Papier, ein Brief, von oben herab in Nuuras Hände fiel. Sie öffnete ihn.

    Der Brief handelte von Nuuras Freundin Ashen Rose. Ashen Rose, ja... sie hatte sie seit Jahren nichtmehr gesehen. In diesem Brief hatte Ashen Rose sich an Nuura selbst gewandt, ihr zu helfen und um sich für damalige Ereignisse, an die sich Nuura kaum zu erinnern vermag, zu entschuldigen. "Wie lieb von ihr" dachte sie. Doch aus irgendeinem Grund kam dieser Brief nicht rechtzeitig an. Es wurde auf Ashen Roses Haus in den Jerall-Bergen, nicht weit von Nuuras Standort, verwiesen. Gesagt getan, begab sich Nuura zum Haus, denn sie wollte wissen, was mit Ashen Rose passiert ist und sie wieder sehen. Sie weiß nur, dass Ashen Rose auf einer Reise in irgendeine Ruine gewesen sein muss, mehr aber auch nicht.

    Nach einer halben Stunde des Wanderns durch immer kälter werdenden Schnee und immer eisigeren Wind kam Nuura endlich an Ashen Roses Haus an. Erst klopfte sie vorsichtig an der Tür. Als jedoch niemand öffnete oder einen Laut von sich gab, trat sie behutsam ein, leise wie eine Katze, um nicht bemerkt zu werden. Nach einigen Minuten des Umsehens war klar: dieses Haus ist verlassen. Jedoch lag frisches Essen auf dem Tisch, es war aufgeräumt. Konnte also nicht allzu lange her sein, dass Ashen Rose gegangen ist. Nuura suchte nach Anhaltspunkten. Die Treppe runter konnte sie eine kleine Luke finden, die zu einer hauseigenen Krypta führte. Oder etwas Ähnliches. Hier befanden sich einige Abenteurerutensilien, ein Bett sowie einige Bücher. Vier davon waren ganz besonders interessant.

    Diese vier Bücher lagen auf einem Tisch am Ende des Korridors innerhalb der hauseigenen Krypta. Nuura setzte sich und fing an, zu lesen. Als sie das erste Buch öffnete, fielen ihr ein Schlüssel und eine Karte in die Hände. Diese fürs Erste nicht beachtend beiseite legend, konzentrierte sich Nuura auf die vier Bücher. Es wurde von einer Geschichte erzählt, wie Ashen Rose durch Zufall die Seele eines gefolterten Ehemannes erlöst hat. Eine durchaus spannende Geschichte, gut geschrieben, dachte Nuura. Nun wendete sie sich der Karte zu. Auf dieser Karte war ein Punkt eingezeichnet, den Nuura nicht kannte. Es stand nur "Aesgaard-Ruine" daran...
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  12. #172
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    Und hier der zweite Teil der Geschichte:

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Gates to Aesgaard - Episode 1

    Nuura übernachtete noch einmal, bevor sie sich auf den Weg zur Ruine machte. Ashen Rose hatte in ihrem Brief erklärt, Nuura das Haus zu überlassen, sollte sie nicht wiederkehren. Doch irgendetwas sagte ihr, dass es vielleicht doch noch nicht zu spät ist. Da Nuura sich ungefähr vorstellen konnte, was da für eine Ruine auf sie wartete, packte sie ihre Beute aus dem vorangegangenen Beutezug aus, um sie innerhalb des Hauses zu hinterlegen. "Unnötiger Ballast", dachte sie. Danach schnürte sie ihr Lederbündel neu, dieses mal die alchemischen Dinge daheim lassend, um mehr Heiltränke, Proviant und Waffen einzupacken. Denn sie wusste, kehrt Ashen Rose nicht nach Hause zurück, ist etwas ganz gewaltig faul. Sie kannte Rose und wusste, wie sie war. Und sie wusste, dass sie gut war. So einfach geht sie nicht drauf.

    Nach gut zwei Stunden Vorbereitungszeit, voller unruhiger Gefühle für die Dinge, die noch kommen mögen, aber doch voller Ansporn, ihre Freundin zu finden, machte sich Nuura auf zur Aesgaard-Ruine. Einem Ort, den sie nicht kannte und von dem sie noch nie gehört hatte. Was sie erwartete, war eine gewöhnliche Schlossruine oder etwas Ähnliches.
    Das Wandern in den Bergen fiel ihr dieses mal jedoch nicht leicht. Je höher sie kam, umso dünner wurde die Luft und umso kälter wurde die Umwelt um sie herum. Dann wurde es still, immer stiller, bis selbst der Wind nicht mehr wehte, der Schnee aufgehört hatte, zu fallen und keine Tiere weit und breit in Sicht waren. Schon total müde und überanstrengt lief Nuura gegen eine helle Steinplatte. Eine Tür? Sie hatte die Ruine gefunden, die auf der Karte eingezeichnet gewesen war! Sich müde hinsetzend, machte sie von diesem beschwerlichen Aufstieg ersteinmal Pause, trank eine Flasche Wein und aß etwas Brot und Früchte.

    * * * * * *

    Nach einer einstündigen Pause richtete sich Nuura auf und öffnete die Steintür zur Ruine. Sie ging nur sehr schwer auf, da sie unten bereits festgefroren war, was sie einiges an Kraft kostete. Jedoch schaffte sie es, das Eis mit einem ihrer vielen Dolche wegzubrechen, die Tür leicht nach oben zu hebeln, sodas sie an den unteren Rand mit den Händen drankam und die Tür dann nach oben zu schieben. Schleichend bewegte sie sich langsam ins Innere der Ruine, als plötzlich die Steintür lautstark hinter ihr zuviel und sich verschloss. Es war, als wäre sie binnen Sekunden wieder ganz fest von außen zugefroren und von innen konnte man das Eis nicht wegbrechen. Nun war Nuura gefangen in der Ruine. Jetzt wusste sie auch, warum Rose nicht zurückgekehrt war. Sie kam nicht raus.

    Am Anfang der Ruine erstrecke sich ein nicht zu unweitläufiger Korridor durch die Räume. Nuura sah sich um, schlich durch die Schatten, wie sie es immer tat und gab sich Mühe, keine Fackel anzuzünden, so dunkel es auch sein mag. Der Geruch von Tod lag in der Luft. Von Tod und Untot. Sie konnte das matschige Geräusch der umherlaufenden, verwesenden Leichen hören, den ekelhaften und beißenden Gestank des Untodes in ihrer Nase spüren und das Grummeln schien lauter zu werden. Sie wurde aufmerksam auf einen Raum zu ihrer Linken und schlich hinein. Er war stockdunkel, nur etwas bläulicher Nebel erhellte den Raum in einem Schattenlicht. Sie war sich nach einer kurzen, schleimigen Berührung ganz sicher, dass dieses hier die Quelle allen Übels ist und nahm ihren verzauberten Dolch in die Hand, um sich der Untoten anzunehmen. Nach einigen Minuten unbemerkten Vernichtens wurde es wieder still, der gestank war dennoch unaussprechlich, dass ihr übel wurde.

    Sie sah sich um und versuchte, sich zu vergewissern, dass nichts in ihrer Nähe war, dann zündete sie eine Fackeln an, um zu sehen, was für ein Raum dieses war. Sie erschrak. Ein Gehänger an einem Baum! Und das in einer Ayleidenruine? Höchst ungewöhnlich, dachte Nuura. Nach gründlicherem Inspizieren des Raumes und der Ayleidengefäße löschte sie wieder das Licht und schlich sich wieder in den Hauptgang. Von dort ging es gerade aus den gang Entlang durch die Schatten, bis sie an eine große Halle ankam, die jedoch ziemlich heile aussah. Konnte es sein, dass dieses gar keine Ruine ist, sondern ein noch funktionsfähiger Tempel? In jedem Fall schien es eine Art Haupthalle zu sein, sofern es dieses hier gab. Es war zumindest ein Eingangsbereich. Diese Haupthalle hatte zwei Türen. Eine Tür direkt auf der Partärebene, eine andere Tür die Treppe runter. Die verschlossene Tür weiter oben machte Nuura die Entscheidung leichter, durch welche Tür sie jetzt gehen sollte.

    Sie öffnete die Tür und wurde von einem äußerst dunklen, langen Weg begrüßt, an dessen erstem Ende eine Kreuzung von vier Wegen war. Einer führte geradeaus, einer nach hinten, zwei zur Seite. Zuerst entschied Nuura sich, den Weg an der Seite zu nehmen schlich jedoch wie eine Katze, da sie Angst hatte, weitere Untote könnten sich ihr in den Weg stellen, ohne, dass sie es bemerkte. Sie schlich durch undurdringliche Dunkelheit, tastete sich an den Wänden entlang, bis sie wieder diesen bläulichen Nebel erblickte, zusammen mit einer Ayleidenkasette, einem Brief und zwei von der Decke herabhängenden Füßen. Sie entschied sich, keine Fackel anzuzünden, da ihr der abstoßende Geruch des verwesenden Fleisches gerade genug war. Sie sah sich um, ward ganz still und hörte genau zu, um sicherzugehen, dass nichts und niemand da war, der sie entdecken könnte. Denn sie musste in das erleuchtete Zentrum gehen und wollte keine Attacke riskieren. Nach Vergewisserung, nichts sei hier bis auf die Leiche, kroch sie vorsichtig zu dem Brief um ihn zu öffnen, als...

    * * * * * *

    Nuura wachte auf. Immernoch im selben Raum, doch nun schon selber nach Tod riechend. Sie hatte... eine Vision? Einen Traum? Sie weiß es nicht mehr, sie erinnerte sich auch nurnoch vage an das, was sie sah. Menschen ohne Gesichter, grausame Dinge, ein Gefängnis...? Was sie auch träumte, es war keineswegs schön und sie wollte, dass es aufhört. Doch es war schon lange zu spät dafür. Nuura öffnete nach einer kurzen Pause des Entsetzens den Brief, den sie fand. Er trug Ashen Roses Unterschrift und berichtete von irgendwelchen, offensichtlich nicht ganz lebenden, Wesen. Was auch immer hier war, es hatte Rose. Nuura fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, ihre Freundin in Gefahr zu wissen. Doch es blieb keine Zeit zum Nachdenken über solche Dinge, dachte sie. Sie schlich sich wieder auf die Kreuzung, zum Raum auf der andere Seite gehend, doch hier war nichts Besonderes. Das hatte sie nur getan, um das zu meiden, was jetzt kommen sollte. Der lange, dunkle Korridor in der Mitte des Ganzen.

    Nuura fühlte sich nicht wohl, ja sogar so unwohl, dass sie Bauchschmerzen bekam. Ihr wurde schlecht und sie fühlte sich krank. Das hatte sie vorher noch nicht erlebt. Aber um hier herauszukommen, musste sie einen anderen Weg finden. Also machte sie sich auf, den vollkommen schwarzen Korridor hinunterzuschleichen. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Es war eigentlich auch eine Ewigkeit. Denn dieser Korridor war so unaussprechlich lang und beklemmend, dass... Moment. Sie hörte etwas. Schritte. Kamen sie näher? Entfernten sie sich von ihr? Sie wusste es nicht. Doch sie bekam Panik. Was war da? Sie fing an, schneller zu atmen, ihr Herz raste, ihre Hände zitterten und der Dolch in den Selbigen drohte damit, ihr aus der Hand zu fallen. Doch sie fasste sich und schlich voran, bis sie ein Stück Stoff an ihrem Gesicht spüren konnte. Wieder einen Schritt zurück machend versuchte sie, an dem Stoff zu fühlen, wo denn die Vorderseite ist, da sie irgendwie wusste, dass das, was da steht, etwas Menschliches war. Ob es gut oder böse ist, vermochte sie nicht zu sagen, aber wenn es hier eingesperrt war, verdiente es, zu sterben. Nach kurzem Fühlen erkannte sie, dass die person mit dem Rücken zu ihr gedreht war und rammte den Dolch mit der krummen Spitze in das Genick des Opfers. Die Kunst einer Assassinin. Das Opfer fiel um und rollte die Treppe hinunter.

    Nuura hörte dem Körper beim Runterrollen zu und erkannte, dass es noch ein weiter Weg war, aber da sie sonst nichts anderes hörte, war sie sich sicher, dass dieses das einzige lebende Wesen hier war. Dann entdeckte sie das Symbol eines Welkynd-Baumes. Das ist es! Eine Tür nach draußen! Sie öffnete sie. Das nachfolgende Geräusch sollte ihr ewig in Erinnerung bleiben...
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    Und der dritte Teil:

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Gates to Aesgaard - Episode 1

    War es ein Alptraum oder war es Wirklichkeit? In diesem Raum, den sie so sehr auf Freiheit erhoffte, war mehr Gefangenschaft, als sie sich in ihren kühnsten Träumen je hätte vorstellen können. Das Geheule gequälter Seelen in diesem Raum sollte ihr für immer in Erinnerung bleiben. Nuura war sich sicher, dass dieses hier ganz bestimmt keine gewöhnliche Ayleidenruine war, so viele Fallen die Ayleiden auch hatten und so machtgierig sie auch gewesen sind, so böse und verkommen, so unaussprechlich grausig waren sie nicht. Das Geheule der Seelen machte Nuura wahnsinnig, sie fühlte sich immer schlechter bis an den Rand des Erbrechens. Doch das durfte sie nicht. Würde sie zu schwach, würde sie hier sterben und womöglich ebenso enden, wie die Gehängten an dem brennenden Baum oder die Zombies, die durch die Dunkelheit stapfen.

    An den Untoten vorbeischleichend, untersuchte sie die Ayleidenkasetten nach Gegenständen, die sie womöglich gebrauchen konnte. Seelensteine, Proviant, Edelsteine und Minerale. Sowas halt. Doch die Umgebung nagte an ihr. Sie konnte sich kaum konzentrieren. Bevor sie ohnmächtig würde, schlich sie sich schnellstens zur Tür am Ende des Raumes und kam wieder irgendwoanders an. Diese Räume sahen aus, wie ein Gefängnis, doch Nuura konnte es nicht genau sagen. Jedenfalls war es hier nicht ansatzweise so schlimm, wie im Raum davor. Leider dauerte es nicht lange, bis die Untoten sie bemerkten und Nuura in einen offenen Kampf geriet, in dem sie die Zombies ausschalten musste. Es ging zwar schnell, aber der Geruch dieser Biester ist einfach kaum zu ertragen. Und sie waren überall! Einige rotteten in ihren Gefängniszellen vor sich hin, andere wanderten umher und zogen eine Spur des Moders hinter sich her. Der Geruch war überall zu riechen und die Luft war derart erfüllt von dem Gestank, dass Nuura die Toten schmecken konnte. Das trieb ihr den Brechreiz in die Kehle, jedoch konnte sie sich nicht übergeben, weil sonst sämtliche Lebwesen hier sie bemerken würden. Und das Risiko konnte sie nicht eingehen.

    Sie durchsuchte das Gefängnis. Zelle für Zelle, Raum um Raum. Wenn Nuura eines gelernt hatte, dann war es, dass man an jedem Ort, den man ausplündern wollte, jede kleine Nische durchsucht. Aber dieses mal wollte sie einfach nur raus da. Dann sah Nuura das Ende des Gefängniskorridors auf sich zukommen. Was für ein Gefängnis war das bitte? Eines war klar: hier wollte sie nicht eingesperrt werden! Als sie sich zur Seite drehte, ward sie ganz still und zog sich hinter die Mauer zurück. Sie konnte einen dieser Menschen ohne Gesicht erkennen, diese aus ihrem Traum. Was für ein schrecklicher Ort war das? Sicher war nur, dass sie hier schleunigst raus musste. Um kein Risiko einzugehen, machte sich Nuura daran, diese verfluchte Seele auszuschalten, unbemerkt, leise. Sie wollte der Person Frieden gewähren, auch, wenn Nuura das sonst nicht tat. Aber hier ist es anders. Sie hatte bisher schon genug Grauen gesehen und wollte nicht, dass das jemand anderem wiederfährt.

    * * * * * *

    Nach einer ganzen Weile, voller Angst und schweißtreibendem Treppenaufstieg, fand sie sich in der Haupthalle wieder. Sie hatte dort unten einen Schlüssel gefunden, der in das Schloss zu der Tür auf der Partärebene passen musste. Anders ging es nicht, es waren keine anderen Türen da. Vorsichtig, ja geradezu zaghaft, nahm sie den Schlüssel aus ihrer Tasche und schob ihn in die Öffnung im Welkynd-Baum an der ayleidischen Tür. Ob diese wirklich von Ayleiden erbaut wurde, ist aber höchst fraglich. nach allem, was Nuura bis jetzt so gesehen hatte...
    Sie öffnete die Tür und vor ihr ward Schwärze. Wie... neu. Aber hier war es irgendwie anders. Sie konnte eine Leere spüren. Eine Leere im Raum. Trotz herabhängender Leichen roch es nicht, trotz hörbarem Wind wehte es nicht. Der Klang der Schritte hallte nicht sondern ward stumpf. Es war, als wäre dieser Ort... "verbraucht". Leer und doch gefüllt. Es war etwas Anderes. Dieses "Nichts" führte sie über große Obsidianplatten über eine unaussprechliche Leere und Schwärze wie im Herzen eines innerlich Toten bis hin zu einer weiteren Ayleidentür, die dieses mal woanders hinführte. In eine weitere Lokalität.

    Sie fand sich in einem weiteren Raum mit einem Korridor wieder und schlich sich erstmal in den ersten Raum zu ihrer Linken damit sie ein wenig Schutz hatte. In diesem war ein beleuchteter Schreibtisch mit einem Brief darauf. Noch eine Notiz von Rose, wie sich später herausstellen sollte, in welchem sie wohl nicht ganz bei Sinnen war. Nuura fing an, sich Sorgen um Ashen Rose zu machen. War ihr etwas zugestoßen? In jedem Fall ist Rose tiefer in dem Schlamassel, als vorerst angenommen. Doch Nuura hatte noch Hoffnung, sie lebend zu finden. Aus dem Raum mit dem Schreibtisch rausgehend, konnte sie es nicht lassen, in eine Zelle zu gucken, die eine nackte Frauenleiche ohne Gesicht enthielt. Und wieder fragte siesich selbst:"Was ist das hier für ein grausiger Ort? Was haben diese Menschen verbrochen, dass sie nun hier sind?".

    Doch als sie sich diese Frage leider zu laut stellte, hatten die Untoten sie schon bemerkt und griffen an. Langsam gewöhnte Nuura sich an diesen abscheulichen Geruch und den Anblick, da sie selber danach roch und sie spürte, dass da noch viel mehr auf sie zukommen würde. Nach einigen kurzen Schlägen mit ihrem bedeutend scharfen, verzauberten Schwert waren diese Zombies jedoch auch Geschichte. Da fiel ihr ein weiteres Zimmer ins Auge. Ein Friedhof? Ein interner Friedhof mit einem Thron davor. Nuura setzte sich auf den Thron, um auszuruhen und Revue passieren zu lassen. Wie war sie hierher gekommen? Durch Ashen Roses Brief und dem Willen danach, ihrer Freundin zuhilfe zu kommen. Und nun sitzt sie hier, am schrecklichsten Ort, den sie je gesehen hatte. Das war alles zuviel für sie. Sie brach zusammen.
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    Teil vier:
    P.S.: Ich habe vor, diese Geschichte vom ersten Teil auch zuende zu schreiben
    Aber die Geschichte von Episode zwei werde ich nicht niedertippen, das wäre zuviel, da kommen nur Screenshots im entsprechenden Thread

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Gates to Aesgaard - Episode 1

    Nuura wachte wieder auf. Dieser ganze Kram hier ist zuviel für ihre Nerven, dachte sie. Sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte. Weiter nach vorn wollte sie nicht, weil sie Angst hatte. Aber zurück konnte sie nicht weil die Türe verschlossen war. Also hatte sie keine andere Wahl, als weiter geradeaus zu gehen, immer den Gang entlang, Zombies tötend und darauf hoffend, dass dieser Alptraum bald vorbei ist.

    Als sie am Ende des Korridors angelangt war, bot sich ihr der Anblick einer weiteren Tür. Ohne großartig zu zögern ging sie hindurch, da sie nicht erwartete, großartig Schlimmeres hier vorzufinden. Als sie sich hindruchschlich, bot sich ihr ein ungewöhnlicher Anblick. Was es war, konnte sie nicht genau sagen, aber es führte in jedem Fall zu den "Behandlungsräumen", wie sie an einem Schild über der nächsten Tür lesen konnte. Behandlungsräume klingt gut, so dachte sie sich. Vielleicht bekommt sie hier etwas Schlaf, vielleicht sind hier noch andere lebende Gefangene. Vielleicht.

    Leider merkte sie sehr schnell, dass diese Behandlungsräume den Räumen davor nicht viel unähnlicher waren. Was auch immer hier behandelt wird, oder in welcher Weise, ist unklar. Jedoch sprechen vergammelte Leichen und Steinbetten für sich. Und es war klar: wenn sie jemals krank ist wollte Nuura niemals in diese Form von Krankenhaus eingeliefert werden! Den weiteren Korridor entlangstarrend, fasste sie wieder ihren Mut, trotz Übermüdung, Hunger und Durst. Jedoch konnte sie hier nicht ausruhen, nein, die Gefahr des Grauens in den Schatten ward viel zu groß als dass jetzt eine Pause klug wäre. Sie musste weiter machen. Einen sichereren Ort suchen. Denn spätestens beim Anblick der Patienten wurde ihr klar, dass sie hier nicht rasten konnte.

    Sie ging weiter. Die Furcht hatte sie bereits verloren, den Gestank beachtete sie gar nicht mehr und auch sonst schien sie relativ ausgebrannt. Doch auch davon durfte sie sich nicht beirren lassen. Das Leben ihrer besten Freundin steht auf dem Spiel, sie hatten die Freundschaft lange genug vernachlässigt, es wurde Zeit, sich zu revanchieren. Durch die Schatten schleichend, bemerkte sie etwas zu ihrer Linken. Was bei den Daedra ist hier passiert? Sind es Daedra, die hier ihr Unwesen treiben? Es wäre zumindest anzunehmen, sieht man sich die Mengen an Blut und Untoten an, die hier durch die Gegend laufen. Aber irgendetwas war hier anders. Es konnten einfach keine Daedra sein, so dachte Nuura. Sie spürte es. Es war etwas viel Größeres und Mächtigeres am Werk.

    Nuura ging weiter, sie hatte keine Wahl. Sie ging schneller, jedoch schleichend, um nicht entdeckt zu werden. Sie näherte sich an einer Tür an, blickte nocheinmal nach hinten mit dem Gedanken, dass sie vielleicht nie wieder nach draußen zurückkerhren würde. Dann öffnete sie die Tür vor sich.
    Langsam wurde ihr gewahr, dass dies keine Ayleidenruine ist, aber auch nichts Daedrisches sein kann, denn an diesem Ort waren weder Oblivion noch Tamriel. War der Ort nicht unterirdisch? Hatte Nuura nur geträumt? Sich geirrt? Nicht aufgepasst? Was falsch gemacht? Fragen über Fragen, die niemand zu beantworten vermag. Sie fragte sich nurnoch eines:"Hat dieser Alptraum denn nie ein Ende?" und schrieb es in ihr Tagebuch, bevor sie weiter ging.
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    Teil fünf:

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    Gates to Aesgaard - Episode 1

    Nuura war entsetzt. Ja, entsetzt ist das richtige Wort. Man stelle sich vor, man tritt in eine Ayleidenruine ein und denkt an nichts Böses (von Ghuls, Geistern, Schatten, Irrlichtern, Zombies, Skeletten, Todesfallen und Giftgas einmal abgesehen), bis man dann herausfindet, dass diese Ruine weder unterirdisch ist, noch irgendwie zu dieser Welt oder einer anderen gehört. So geht es Nuura jetzt. Dieses Ödland, diese rote Wüste inmitten einer Ruine. Kaum zu fassen.

    Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens schritt Nuura weiter. Sie ging schneller und schneller, der Weg schien kein Ende zu nehmen. Es ging ziemlich kreisrund, wie in einem Turm, bis sie endlich die nächste Tür sah. Die Tür geöffnet und wieder hinter sich verschlossen, fand sie einen verdunkelten Raum vor. Es ist ihr nichts Neues, da es ohnehin die ganze Zeit über schon nicht gerade hell ist. Nach kurzem Umsehen konnte sie ersehen, dass da Gestalten in den schattigen Ecken wandelten und schlich ganz vorsichtig durch den Raum. Der Boden war kalt wie Eis und die Luft heiß wie frisches Blut. Ihr brach der Schweiß aus, der fleischlich-süße Geruch von frischem Fleisch erfüllte die Luft, als sie merkwürdige Ticklaute aus der Mitte des Raumes vernahm, als auch Fressgeräusche.

    Vorsichtig, fast schon schwebend, wich sie von ihrem Fleck um wie ein Schatten durchs Dunkel zu kriechen. Langsam nahm sie ihren Dolch in die Hand, den sie aus ihrem linken Stiefel zog. Der Leidensdorn, den sie einst von der dunklen Bruderschaft überreicht bekam. Seine Form ist krumm, er ist höllisch scharf und tödlich verzaubert. Krumm nach vorne, also die Spitze beugt sich zur Vorderseite. Das ist sehr hilfreich für das, was Nuura jetzt vorhat.

    Sich langsam und vorsichtig anschleichend, ohne auch nur den kleinsten Laut von sich zu geben, nähert sie sich den Gestalten in den Schatten. Es sind Priester der Verfluchten. Den Dolch in der Hand, steht sie langsam hinter dem ersten auf und setzt mit der Spitze nach oben zeigend auf dem Genick auf, dann lässt sie den Dolch hieneinrammen und der Priester kippt lautlos um. Nuura senkt seine Leiche behutsam zu Boden, um nicht entdeckt zu werden. Zwei weitere Priester in den Schatten sind erkennbar. Behutsam zückt sie den zweiten Dolch aus dem rechten Stiefel, nimmt beide Dolche in die Hand und stürmt voran, zwischen die beiden Pirester in Blitzschnelle die Kehlen durchtrennend. Die Priester fielen um und verröchelten an ihrem eigenen Blut.

    Das Geräusch aus der Mitte des Raumes wurde lauter. Nuura scheint etwas geweckt oder aufgeschreckt zu haben, konnte aber sehen, dass die Mitte des Raumes durch eine tiefe Wand von ihrer oberen Ebene abgegrenzt ist, also riskierte sie einen Blick nach unten. Spinnenviecher. Na toll. Aber da diese Spinnen nicht nach oben springen können, schaltete Nuura diese aus der Ferne mit dem Bogen aus und sprang dann runter.

    Unten angekommen, durchsuchte Nuura die Spinnenleichen nach ihren Pfeilen, die sie verschossen hatte und ging dann weiter zur nächsten Tür. Hinter der nächsten Tür befand sich ein dunkler Raum, er gehört zu einem verschlossenen Teil des Raumes, den sie vorher nicht erreichen konnte. Bloss nicht bewegen!
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  16. #176
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    Das Schwert und die Blume - Kapitel V


    Mar schob das Medaillon schweigend in die Tasche zurück. Lilly fühlte sich, als hätte man sie betäubt. Sofort schossen ihr wieder zahllose Fragen durch den Kopf. Der Mann, der da vor ihr saß, war viel zu jung, um schon eine Tochter in die Welt gesetzt haben zu können. Trotz allem traute sie sich nicht, ihm weitere Fragen zu stellen. Mar stand auf und ging an das Feuer heran. Den Blick auf die Flammen geheftet, begann er langsam zu erzählen...

    "Am Tag meiner Geburt wurde im selben Dorf in der selben Nacht ein Mädchen geboren. Ihr Name...war Ilia. Wir lernten uns als Kind erst richtig kennen und mögen. Über die Jahre wurde mit der wachsenden Reife aus der Freundschaft Liebe, und wir wussten, dass wir füreinander bestimmt waren."

    Mar hockte sich an das Feuer und stocherte mit einem Span in den Flammen. Sein Gesicht nahm einen träumenden Zug an.

    "Unser größtes Problem war einfach, dass wir zu schnell erwachsen wurden. Wir waren viel zu jung, um einander Zärtlichkeiten zu erlauben, wie sie unsere Eltern praktizierten. Doch wir fühlten uns beide bereit dafür, immer neue Schritte in unserer Beziehung zu gehen. Als meine Eltern mir versuchten, den Kontakt zu Ilia zu verbieten, trafen wir uns heimlich. Dadurch begab es sich natürlich, dass auch der Reiz größer wurde. Grenzen zu überwinden, Regeln zu brechen, all solche Dinge zu tun. Irgendwann, kurz nachdem wir beide das sechzehnte Lebensjahr vollendet hatten, gestand sie mir eine furchtbare Wahrheit. Die Dorfheilerin hatte bei ihr eine unheilbare Krankheit festgestellt und sie wusste nicht, wieviel Zeit ihr auf dieser Welt noch bleiben würde..."

    Der Rothwardon setzte sich wieder langsam zu Lilly auf das Bett. Sie bedachte ihn mit einem neugierigen Blick, in dem aber auch Mitgefühl lag. Mar wandte den Kopf Richtung Fenster und fuhr fort:

    "Ich wusste von da an nicht mehr, was ich noch tun sollte. Sie machte keinen schwachen Eindruck auf mich, aber mir wurde klar, dass von nun an jeder Tag der letzte sein könnte. Als ich Ilia fragte, wie ich ihr helfen könnte, nahm sie nur meine Hand und fragte mich: "Kannst du mir etwas versprechen?"
    Unnötig zu sagen, dass ich darauf einging. Ich war zu jung, als dass ich mit irgendetwas größerem gerechnet hätte.
    "Erfüllst du mir meinen letzten Wunsch, den ich noch habe?"
    Naiv, wie ich war, sagte ich ihr sofort zu. "Alles, was du auch immer willst!"
    Sie ließ sich wirklich Zeit, anscheinend hatte sie selber das Ausmaß ihrer Entscheidung nicht bedacht. Nach einer kleinen Ewigkeit erfuhr ich endlich ihre letzte Bitte.
    "Wenn ich sterben sollte, wird nichts mehr bleiben. Mar, ich möchte, dass du mit mir ein Kind in diese Welt setzt, dass unsere Linie fortsetzen kann."

    "Pah!" Mar stand auf und verschränkte die Arme. "Ich hätte einfach wissen müssen, dass das nicht funktionieren würde! Und das schlimmste ist, dass ich auch noch versagt habe! Ich konnte das Fieber einfach nicht heilen! Ich...ich -"
    Mar fiel auf die Knie und legte das Gesicht in die Hände. Lilly schreckte bestürzt hoch und legte ihre Decke um den verzweifelten Rothwardonen. Dabei verrutschte die Decke und entblößte ihren Oberkörper - es war ihr gleich. Mar spürte ihre Zuneigung und fing sich langsam und allmählich wieder. Ein wenig gefasster sprach er:

    "Ich erfüllte ihr damals den Wunsch, sogar noch an Ort und Stelle. Unter dem Baum, weitab des Dorfes. Dort, wo wir uns immer getroffen haben. Beide noch Kinder. Sollte es eine Tochter werden, so wollten wir sie ebenfalls Ilia nennen, damit meine Liebe durch sie weiterleben konnte. Die Zeichen der Schwangerschaft gaben wir als Symptome ihrer Krankheit aus. Neun Monate später kam das Kind heimlich unter dem Baum zur Welt. Es war eine Tochter, und sie hatte die Augen ihrer Mutter.
    Nicht lange danach erlag meine Liebste ihrer Krankheit, als ihr Herz über Nacht aufhörte zu schlagen. Ich selber war es, der das Grab für sie baute und sie darin beisetzte. Unsere Tochter wurde von meinen Eltern in unser Haus aufgenommen. Wenigstens dieses Glück bescherten mir die Götter damals.
    Doch es sollte nicht lange währen. Als Ilia versuchte, das Gehen zu erlernen, zeigte sich die Schwäche ihrer Glieder und wie schwach ihr kleiner Körper war. Ich tat alles mögliche, doch sie ging mir unter den Fingern dahin. Kurz vor ihrem fünften Geburtstag holte sie das Fieber zu ihrer Mutter. Nachdem ich sie neben meiner Liebsten beerdigt hatte, gestand ich meinen Eltern die ganze Wahrheit und verließ das Land."

    Lilly sah zum Feuer. Sie spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Eine Geschichte von solch unfassbarer Trauer hatte sie noch nie in ihrem jungen Leben gehört. Mar's Jugend war mit seiner Liebe gestorben. Er wirkte von einem auf's andere Mal alt und müde. Sie drückte sich enger an ihn.

    "Das ganze ist nun vier Jahre her. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt und habe in den letzten Jahren viel über das Leben und über mich selbst gelernt. Nun möchte ich sehen, was von meiner Familie noch übrig ist. Diesen Entschluss fasste ich, als ich mit Schwarzmarsch die letzte Provinz dieses Kontinents erkundet hatte. Von dem Weg aus Gideon nach Sentinel kam ich an eurem Dorf vorbei...und der Rest ist dir bekannt."

    Nachdem Mar geendet hatte, setzte eine lange Pause ein. Man hörte nur das knistern der Flammen und das Brodeln im Kessel. Als Lilly ein Schluchzer entfuhr, sah der Rothwardon zu ihr hinüber. Sein Blick blieb an ihren Augen hängen statt, wider Erwarten, zu ihrem Körper zu wandern. "Danke, dass du mir zugehört hast." sagte er leise und strich ihr die Tränen vom Gesicht. Lilly blieb stumm. Sie wusste nicht, was sie erwiedern sollte, schenkte ihm aber ein lächeln.
    "Ich werde mal nach deinem Vater sehen." sagte Mar und erhob sich langsam. "Ich bin sofort wieder da." Mit diesen Worten ging er hinaus. Lilly sah ihm nach und bewunderte im stillen, wie schnell er sich wieder gefangen hatte. Mit einem merkwürdigen Gefühl im Bauch setzte sie sich wieder auf das Bett. In ihrem Kopf rotierte eine Mischung aus unbeschreibbarem Verlangen und Enttäuschung über sein plötzliches Verschwinden. Im Wissen, dass er gleich wiederkommen würde, schob sie die Decke ein Stück tiefer...
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    Das ist meine erste Geschichte.


    Der Einstieg in die Bruderschaft

    Der Aufstieg war hart. Der Schnee und der eiskalte Wind brachten in an den Rand des belastbaren und das, obwohl er ein Nord war. Jede andere Rasse wär schon seit langem erfroren. Sein Ziel: Der Taucherfelsen und seinen verstorbenen Vetter rächen der vom Schrecken des Taucherfelsen ermordet wurde. Doch irgendetwas verriet ihm das er in die falsche Richtung unterwegs war, obwohl er sich genaustens an die Beschreibung des Bewohners des Aenlin Lagerers gehalten hatte. Erst süd-östlich den Aufstieg beginnen und sich dann den Berg hinaufarbeiten, bis er den Aussichtspunkt erreicht. Doch das Gefühl das er in die falsche Richtung läuft blieb. Einige Stunden später rastete Ulfgae, des Gunnars Sohn, in einer geschützen Senke der Jerall Berge. Plötzlich fiel ein Schatten auf ihn, ihm wurde noch kälter als e es sich vorzustellen wagte. Doch dieser Zustand verblieb unr einige Sekunden, danach spürte er wieder die Wärme des Feuers und fiel in einen tiefen Schlaf. Als er am nächsten Morgen aufwachte, jedenfalls vermutete er das, denn der Schneefall war noch dichter geworden und bedeckte Ulfgar wie eine Decke. Als er sich dann ein Stück Wildschweinfleisch genehmigen wollte, fand er einen Zettel in seinem Rucksack, der wohl für die anderen Rassen zu schwer gewesen wäre. Er faltete diesen auseinander und erkante eine Zeichnung darauf. Eine schwarze Hand, mit abgespreizten Fingern die wie Sonnenstrahlen in die Ecken des Blattes wiesen. Unter der nachtschwarzen Hand standen drei Worte:" Wir wissen es ". Einen Moment rätselte der Nordmann. Dann erstarrte er. Wusste jemand von den Geschehnissen von vor 12 Jahren, als er seinen Bruder aus Habgier, eiskalt von hinten erschlug und in den See vor Bravil warf. Damals war er noch ein Mitglied der Kämpfergilde gewesen, reich und berühmt in ganz Cyrodiil, bis sein Bruder ihn ausgestochen hatte. Trotzdem war sein Beweggrund nicht die Rache, nein, sondern blanker, reiner Hass. Wusste jemand davon ? Das war nicht möglich dachte sich Ulfgar, aber er sürte wie er wieder ins Herzland Cyrodiils zurückgezogen wurde. Sein Verlangen nach Rache am Schrecken des Taucherfelsens war erloschen.

    Eininge Tage darauf, erreichte Ulfgar eine Schenke namens " Schenke zum bösen Omen ". Der Wirt, ebenfalls ein Nord, begrüßte ihn freudig, und bot ihm ein Zimmer an. Die Geschehnisse jener Ereignisse in den Jerall Bergen schenkte er keine Beachtung mehr. Er nahm sich ein Zimmer und ging durch eine Luke in den Gästebereich der Schenke. Dort legte er sich in sein Zimmer. Eine Weile lang, lag er still und hötre nur das Atmen eines anderen Bewohners des Gästebereichs. Er spürte das er gleich einschlafen würde, doch plötzlich überkam ihn wieder die Kälte der Jerall Bergen. Ein Schatten fiel auf sein Gesicht, obwohl niemand zu sehen war. Das Feuer flackerte und erlosch und plötzlich stand ein groß gewachsener Mann vor ihm, in eine schwarze Kutte gekleidet. Dieser sagte : " Wir wissen was du vor zwölf Jahren getan hast ". Ulfgar stieß einen Schrei aus und riss seine Klinge aus der Scheide .......................................
    UlfgarGunnarsson ist offline Geändert von Crow (10.08.2011 um 17:17 Uhr)
  18. #178
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    Das Schwert und die Blume - Kapitel VI


    Unten in der leeren Schankstube saß Lilly's Vater Aron. Andreas Draconis, der Wirt, hatte sich schon längst hinter dem Tresen schlafen gelegt. Aron, seine Tochter und Mar waren die einzigen Gäste im "Betrunkenen Drachen", der einzigen Herberge nahe des zerstörten Dorfes. Aron wankte bereits leicht auf seinem Hocker. Man sah ihm den verzweifelten Versuch im Gesicht an, die Sorgen im Met zu ersäufen. Mar sah sich in dem Schankraum um. Die rustikale Einrichtung versprühte einen wärmenden Charme, der Rothwardon wusste aber, dass das alles den Mann, der in dieser Nacht seine Frau verloren hatte, nicht erreichen konnte. Mit leisen Schritten trat Mar näher an den Tresen heran, sein Blick heftete sich auf die Flasche in Aron's Hand.

    "Ihr wisst, dass das nicht funktioniert, nicht wahr?", fragte Mar ein wenig unsicher. Gegenüber der massigen Gestalt von Lilly's Vater fühlte er sich ein wenig befangen. Aron wandte ihm den Kopf zu.
    "Natürlich nicht." Er klang erstaunlich nüchtern, türmten sich doch neben ihm bereits sechs leere Flaschen auf. "Doch ich finde, nach so einer Nacht hat man sich das Anrecht auf ein Fläschchen redlich verdient...oder auch zwei."
    "Ihr habt völlig Recht.", entgegnete Mar locker, setzte sich neben Aron und machte sich ebenfalls eine Flasche auf.
    "Hört mal.", begann Aron langsam. "Ich hatte bisher keine Gelegenheit, Euch für Eure selbstlose Hilfe zu danken. Ihr habt das Leben meiner Tochter gerettet...und mein eigenes. Wie kann ich Euch diese Schuld vergelten?"
    "Das ist schnell gesagt.", antwortete Mar sofort. "Indem Ihr euch damit zufrieden gebt, mir keine Schuld bezahlen zu müssen. Was ich tat, war mein eigenes Handeln auf meine Verantwortung. Ihr müsst mich nicht für etwas entlohnen, was Ihr mich nicht selbst aufgetragen habt."
    Aron lächelte den Rothwardonen an. Er neigte ihm seine Flasche zu und vergaß den förmlichen Ton.
    "Du hast ein gutes Herz, mein Sohn! Wenn ich's dir schon nicht vergelten soll, so gestatt' mir wenigstens die Ehre, auf dein Wohl zu trinken und dir meinen Segen zu geben."
    "So sei es. Doch verbietet es mir die Ehre, nicht auch auf Euer Wohl zu trinken, Aron!", lachte Mar. Sie stießen zusammen an und leerten die Flaschen in großen Zügen. Danach schwatzten sie noch eine ganze Weile und vergaßen ganz langsam ihre Sorgen. Nachdem Mar noch schließlich eine dritte Flasche geleert hatte, schüttelte Aron sich kurz und streckte die Arme aus. Ihm entfuhr ein herzhaftes Gähnen.
    "Aaaach, verdammt. Du hast Recht, mein Junge. Ich sollte wirklich nicht soviel trinken. Leg' dich schlafen, morgen sehen wir weiter. Gute Nacht, Mar!"
    Aron wankte zwischen den Tischen hindurch auf die Schlafmatte zu, die in der Nähe des Kamins lag.
    "Gute Nacht, Aron!", rief ihm Mar hinterher und machte sich wieder auf den Weg nach oben. Der Met wog etwas schwer in seinen Beinen, doch Augen, Ohren und Verstand waren ihm noch immer hörig. Auf dem Gang blieb der Rothwardon stehen. Er stand vor der Wahl, nun die rechte Tür zu nehmen und in sein eigenes Gemach zu gehen, oder aber wieder bei Lilly hereinzuschauen. Er wusste nicht, ob sie mittlerweile eingeschlafen war. Da er ihr aber versprochen hatte, wiederzukommen, trat er ein.

    Lilly lag im Bett und schlief, den Körper zur Wandseite mit dem Fenster geneigt. Das fahle Mondlicht beschien ihren unbedeckten Oberkörper. Mar's Augen wanderten über das Bett, jedes Detail ihres Körpers sowie das Gesicht begutachtend. Für ihn sah sie so, wie sie da lag, aus wie ein Engel.
    So leise er konnte, schlich der Rothwardon durch das Zimmer. Als er auf eine knarrende Diele trat, fluchte er lautlos und sah schnell zu Lilly hinüber; sie schlief unberührt weiter. Mar setzte sich auf den Bettrand und lauschte Lilly's Atemzügen. In ihm erwachte der Wunsch, sich neben sie legen zu können. Gleichzeitig mahnte ihn sein Gewissen, dass er das Mädchen überhaupt noch nicht kannte und auf den ersten Blick jede schöne Frau eine Versuchung sein könnte. Den Gedanken fegte er jedoch schnell beiseite, als er mit der Hand vorsichtig über ihre Wange strich. Einen Bruchteil einer Sekunde dachte er an Ilia, ihre glatte, dunkle Haut und ihre klaren grünen Augen. Plötzlich wurde Mar jäh aus seinen Träumen gerissen.
    "Ich habe gewartet.", flüsterte Lilly leise, ohne sich umzudrehen. "Schön, dass du wiedergekommen bist." Er konnte ein Lächeln auf ihrem Gesicht sehen, und eine wohlige Wärme stieg in ihm auf.
    "Entschuldige, dass ich dich geweckt habe. Ich wollte nicht -"
    "Es ist in Ordnung." unterbrach ihn Lilly, ohne die Stimme zu heben. "Leg dich zu mir." Sie schob die Decke beiseite. Darunter lag ihr gänzlich unbekleideter Körper. Die Wärme in Mar entwickelte sich zu einer unerträglichen Hitze. Wie ferngesteuert zog er sein Gewand aus und legte sich neben sie. Seine Arme wanderten zu ihrer Hüfte.
    "Darf ich?", fragte er unsicher.
    "Natürlich.", entgegnete Lilly leise, drehte sich um, schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte sich eng an ihn. Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
    "Gute Nacht, mein Held.", hauchte sie leise.
    "Ruhe dich aus, Lilly. Du hast es verdient.", antwortete Mar heiser und schloss die Augen. Hier, mit Lilly in seinen Armen, war er wieder an einem Ort, den er am liebsten nie mehr verlassen wollte. Als er einschlief, fand er sich unter dem Baum aus seiner Kindheit wieder. Das Mädchen, das in seinen Armen lag, hielt seine Hand. Es war diesmal nicht Ilia. Er sah ihr ins Gesicht und verlor sich in einem Paar kristallblauer Augen...
    Jet ist offline Geändert von Jet (11.08.2011 um 22:10 Uhr)
  19. #179
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    Die Kneipengeschichte – ein gemeinsames Abenteuer

    Asono – Der Beginn


    Eine kleine Herberge drückte sich in die Schatten uralter Bäume in den Weiten des Großen Forstes. Sie hatte schon bessere Zeiten gesehen. Damals, als sie errichtet worden war, zogen täglich Händler die alte Straße entlang. Das war vorbei. Nach der Oblivion-Krise hatte man eine neue Straße gebaut, etwas weiter südlich hinter den Hügeln.
    Jetzt wuchs hier das Unkraut zwischen großzügig verteilten Schlaglöchern. Händler kamen selten. Vielmehr bestand die Klientel aus Abenteurern, Pilgern und zwielichtigen Gestalten, bei denen man lieber nicht so genau hinsah. Aber noch hatte der Wirt sein Auskommen, auch wenn er weit entfernt davon war, wohlhabend zu sein. Die meisten Gäste kamen wegen des billigen Biers und des einfachen aber reichlichen Essens. Manche kamen auch, um einfach nur ihren „Spaß“ zu haben. So wie heute.

    „Ach l-lasst mich doch einfach in Ruhe! ... Lass mich ... HÖRT IHR?!! ... Meine Ruhe will ich haben! ... hicks ... und mehr Bier!“
    Björn, ein hünenhafter Nord mit fettigem Haar und mehrfach gebrochener Nase knallte seinen Bierkrug auf den Tisch, dass auf der anderen Seite ein halbvoller Teller erst hochhüpfte und dann seinem Besitzer, einem schmächtigen Dunmer, vor die Füße fiel. Der Nord stierte ihn mit blutunterlaufenen Augen an. Er wartete nur darauf, dass sein Gegenüber ihm den Anlass zu einer Schlägerei lieferte. Dieser jedoch brachte nur ein schiefes Grinsen hervor. „Oh, nichts passiert, mein Fehler.“ Eilig verdrückte er sich in die Schatten.
    Björn spuckte ihm angewidert hinterher. „Fei..ges Gesindel! ... Ihr alle! Kommt nur her. Ich hau euch auf die Schn... aahh! ... Verfluchter Schemel!“
    Unverhofft fand er sich neben seinem zusammengebrochenen Stuhl auf dem Fußboden wieder. Schadenfrohes Gelächter brandete auf, verstummte aber schnell wieder, bevor Björn ein Ziel ausmachen konnte. Das Aufstehen gelang erst beim dritten Versuch. Björn hatte genug getankt für heute, was ihn jedoch nicht daran hinderte, zwischen wüsten Flüchen auf die cyrodiilschen Möbelbauer lautstark nach dem nächsten Bier zu schreien.
    „Muss ich dir erst in den fetten Hintern treten, du Faulpelz von einem Wirt? ... Muss ich ... hicks ... ich muss mal.“ Er sah sich um. „Wo iss die verfluchte Tür?“
    ’Na wenigstens hat er noch genug Anstand, sein Geschäft draußen zu verrichten.’, dachte sich der Dunmer, der zum einen schadenfroh wegen des Unfalls, zum anderen besorgt, doch noch in eine Schlägerei verwickelt zu werden, sich das Ganze aus seiner Ecke betrachtete. Nein, Asono Tanim war nicht feige, nur vorsichtig. Sich mit einem besoffenen Nord anzulegen, der seine Abstammung von Bergtrollen kaum verhehlen konnte, wäre einfach idiotisch gewesen.
    Inzwischen hatte Björn die Tür wiedergefunden und wankte nach draußen.
    Sofort stieg der Geräuschpegel im Gastraum an.
    „ ... geschieht ihm recht, dem Barbar ...“
    „ ... will der überhaupt hier ... „
    „ ... für mich auch noch ein Bier ...“
    „ ... früher kurzen Prozess gemacht ... „
    „ ... gibt’s hier keine Weiber?“
    Die unterschiedlichsten Gesprächsfetzen schwirrten durcheinander. Eine Magd kam aus der Küche und kehrte die Scherben des Tellers zusammen, während der Wirt ein neues Bierfass hereinrollte.
    Asono schaute aus dem einzigen Fenster hinaus in die einbrechende Nacht. Es hatte zu schneien begonnen. Die ersten Flocken in diesem Winter sorgten für einen hauchdünnen weißen Belag auf den alten Kopfsteinen. Björn torkelte ziellos herum. Er hatte sich gleich auf der Treppe übergeben und fluchte nun zur Abwechslung über das Wetter. Schwankend näherte er sich dem Koppelzaun. ’Er wird doch nicht so dämlich sein, in die Koppel zu sch***.’
    Silbern brach das Mondlicht durch die Wolken. Asono wurde kurz abgelenkt und wandte seinen Blick erst wieder in Björns Richtung, als er einen dumpfen Schlag hörte. Er musste erst suchen. Dann entdeckte er die reglose Gestalt am Boden. Überdeutlich nahm er im Licht der Monde die Einzelheiten wahr. Björn lag auf dem Rücken, Mund und Augen weit aufgerissen, und aus einer klaffenden Kopfwunde rann Blut in den Schnee.
    „Bei meinen Ahnen. ... Die Gäule haben den S’wit gekillt!“, entfuhr es ihm lauter als beabsichtigt. Schlagartig wurde es still. Alle Blicke richteten sich auf ihn. Und dann brach die Hölle los. Die Tür wurde aufgerissen und die ersten Gäste stürmten hinaus, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen. Andere blieben sitzen, den Anschein erweckend, als ginge sie das alles nichts an. Ein glatzköpfiger Bretone begann, mahnend von Zorn der Neun zu predigen und wurde sogleich aus der gegenüber liegenden Ecke beschimpft.
    Asono dachte weit praktischer. Immerhin schuldete ihm der Nord noch eine halbe Mahlzeit. So unauffällig, wie das in dem Durcheinander möglich war, schnappte er sich die Tasche des Toten und wühlte darin herum. ’Mist! Der Bastard schleppt nur unnützen Krempel mit sich rum!’ Er fand weder Gold noch sonst etwas wertvoll aussehendes. Altbackenes Brot, ranzig riechender Speck und einige dreckige Wurzeln waren alles, was die Tasche enthielt. ... Oder doch nicht? Hatte da etwas geraschelt, als er die Tasche wieder schloss? Asono schaute genauer hin und zog nach längerem Suchen ein vergilbtes Pergament unter dem Futter hervor. Eine Karte?
    „Hm, hm ... was soll das werden, wenn man fragen darf?“
    Asono sah auf und direkt in die Gesichter dreier anderer Gäste, die seine „Untersuchung“ wohl beobachtet hatte. Er verfluchte sich für seine Unachtsamkeit. Das sah nach Ärger aus.
    „Los, lass mal sehen!“
    Was sollte er tun? Abstreiten ging nicht und gegen drei Gegner auf einmal würde er nicht ankommen. Auch wenn er ein ganz passabler Kämpfer mit seinen Dolchen war, was man ihm aber nicht ansah. Resignierend entrollte er das Pergament auf dem Tisch, wobei noch ein kleines Amulett herausfiel, dass den stilisierten Kopf eines Drachen zeigte.
    Es war eine Karte. Sie zeigte, sofern er sich nicht irrte, Skyrim. Und dort im Nordosten, im Grenzland zu Morrowind, war ganz klassisch ein rotes Kreuz eingezeichnet.
    Alle sahen sich an. „Ein Schatz?“
    Noch weitere Gäste, auch die, welche draußen nach Björn gesehen hatten, waren herangekommen. Für Asono lief es alles andere als optimal. Seine kleine Schnüffelei in fremden Taschen interessierte zwar keinen mehr, aber wenn es wirklich einen Schatz gab, würde er teilen müssen. Wenn nicht ... Aber wer trug schon eine versteckte Karte mit Kreuz-Markierung mit sich herum, wenn diese nicht zu einem Schatz führte? Sein Entschluss stand fest. Gleich Morgen würde er aufbrechen. Sicher nicht allein, doch fest entschlossen, sich den Schatz zu holen. Er hoffte nur, dass es sich lohnen würde.
    Moonlord ist offline Geändert von Moonlord (02.12.2011 um 18:33 Uhr)
  20. #180
    Ehrengarde Avatar von Jet
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    Hatschi! Ein weiterer Nieser wurde mit einem lauten Fluch verbunden in die kalte Nacht hinausgeschickt. Der ehemalige Besitzer musste nun doch eingestehen, sich in der eisigen Luft Himmelsrands irgendetwas eingefangen zu haben. Oder war es das Volk von Windhelm, welches ihn angesteckt hatte? Eigentlich unmöglich, war er doch schon vor zwei Tagen aus Windhelm aufgebrochen und zu diesem Zeitpunkt noch bester Gesundheit gewesen. Nein, es musste an der lebensfeindlichen Region liegen. Wobei sie ja so lebensfeindlich gar nicht war. Viel eher lag es an den Wurzeln in Hammerfell, welche Elian dem Rothwardonen eine gewisse Unterlegenheit dem kalten Klima gegenüber zu Schulden kamen ließen. Er war nunmal das nahezu tropische Klima der Alik'r-Wüste gewohnt und wäre am liebsten dort geblieben. Doch seine Aufgabe drängte ihn weiter fort.

    Grund seines Tuns war folgender: Elian hatte sich in vor nicht allzu langer Zeit in ein Mädchen in Rihad verliebt, jedoch war dieses Mädchen die Tochter eines Adligen und daher nicht ohne weiteres dem niederen Stand eines Söldners zuzumuten. Jener Adlige, welcher zu allem Unglück auch noch der Graf von Skaven war, hatte von Elian verlangt, für den Segen über ihn und seine Tochter ein wertvolles Artefakt zu präsentieren - aus jeder Provinz! So hatte sich der junge Rothwardon vor über einem Monat aufgemacht, um nun bereits mit dem Schwert seines Vaters im Gepäck -dem Artefakt aus seiner Heimat- seine Suche im Norden fortzusetzen. Bisher jedoch erfolglos, was Elian nun sichtlich verärgert durch die Tundra ziehen ließ. "Einen Schatz, ich brauche wertvollen Krempel..." murmelte er unablässig vor sich hin. Als er auf einen Stein trat, rutschte er kurz weg. Lauthals fluchend rappelte er sich wieder auf. Nein, das hier war wirklich nicht seine Sache. Doch er wusste, das es sich lohnen würde. So blieb Elian nichts weiter übrig, als verdrossen weiterzuziehen, in der Hoffnung, doch noch etwas zu finden, bevor er die Grenze nach Morrowind überqueren würde...

    Ein Schrei in der Ferne riss ihn aus seinen Träumen von der Heimat. Aufmerksam sah er sich um. Links von ihm erhob sich in größerer Entfernung nur die riesige stumme Gebirgskette, die Himmelsrand und Morrowind voneinander trennte. Rechts hingegen die weite, karg bewachsene Landschaft. Glücklicherweise fiel kein Schnee, die Nacht war auch so schon dunkel genug und ermöglichte kaum gute Sicht auf Wald und Feld. Als Elian die Augen zusammenkniff, erkannte er zwischen den wenigen Bäumen einige Robenträger, die sich zaubernd einen Kampf mit einigen Untoten lieferten. Ein altes Hügelgrab stellte die Schlachtkulisse und die Störung der vermeintlichen Toten offensichtlich den Grund für die Auseinandersetzung. Hiebe alter Nordschwerter prasselten auf einen gezauberten Schutzwall nieder. In sicherer Entfernung hatte sich ein weiterer Magier postiert, welcher die Draugr, wie die Untoten im Norden genannt wurden, mit Feuerbällen und Blitzen beschoss. Elian, deutlich interessiert an jeder Form von Ablenkung, schlich sich vorsichtig näher an das Geschehen. Es sah ganz danach aus, als würden die Magier bald den Kampf für sich entscheiden. Doch urplötzlich wendete sich das Blatt, als der größte der Draugr einen Schrei in einer für Elian unverständlichen Sprache ausstieß. Die gezauberte Mauer zerbarst und schleuderte die Magier in alle Richtungen. Zwei der vier Magier landeten an Bäumen und auf Steinen und waren sofort tot, die beiden anderen prallten besiegt auf den Boden und sahen sich den Draugr mit einem Mal hilflos ausgeliefert. Da den Draugr Lust an der Folter jedoch fern lag, folgten die beiden Überlebenden bald ihren Gefährten.

    Die übriggebliebenen Draugr zogen sich bald darauf wieder in das Hügelgrab zurück. Elian war unterdessen direkt am Kampfplatz eingetroffen und besah sich die Magier. Während die ersten beiden aussahen, als wären sie selig entschlafen, hatten die Draugr es sich nicht nehmen lassen, die anderen beiden nahezu bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln. Der Rothwardone warf einen Blick auf die gewaltige Ruine. War darin vielleicht etwas zu holen? Hatten die Draugr einen gewichtigeren Grund als die Bewahrung ihres Friedens? Elian setzte sich auf einen Baumstumpf und dachte nach, den Eingang der Ruine ließ er nicht aus den Augen...
    Jet ist offline Geändert von Jet (15.12.2011 um 16:00 Uhr)
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