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Silden war... anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Die Menschen hier waren freundlich, aufgeschlossen, nur die Wächter hatten Miria etwas schief angeschaut. Doch insgeamt machte das kleine Dörfchen einen recht guten Eindruck auf die junge Frau. Hier ließ es sich bestimmt ein paar Tage aushalten, auch, wenn sie sich hier nicht auskannte. Sie hatte keins der Gesichter oder Häuser je gesehen, aber das ließ sich ändern. Vielleicht sollte sie einfach nach einer Führung durch die Stadt fragen?
"Ähh, Entschuldigung?", fragte Miria halblaut und tippte vorsichtig einer grüngekleideten Gestalt, wie sie hier überall herumliefen, auf die Schulter.
"Hä? Was?" Der Kerl drehte sich um, er war größer als Miria und hatte kurze, schwarze Haare.
"Ähm, ähh...", stotterte die Braunhaarige. Was sollte sie jetzt nur sagen? Mist. "Also, ähh... Ich bin neu hier und kenne mich nicht so wirklich aus. Hättet ihr vielleicht einen Moment Zeit um mir, ähh, um mich etwas rumzuführen?" Miria lächelte den Mann schüchtern an. Was, wenn er nein sagte?
"Klar, mach ich doch gern.", gab der Bewohner Sildens freundlich zurück.
"Danke, das ist wirklich, wirklich sehr nett von euch.", bedankte sich die Braunhaarige höflich. Und das war nichtmal gespielt, sie meinte es ernst. Sie hätte auch auf einen störrischen Kerl treffen können, oder noch schlimmer, jemanden, der nur an ihrer Oberweite interessiert war.
"Ach, kein Problem." Der Mann winkte ab. "Ich helfe gern. naja, dann komm mal mit, ich hab ja jetzt eh frei.", meinte er ung ging voraus. Lächelnd folgte ihm Miria. Was für ein netter Mensch.
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Am letzten Abend hatte er nach dem Beenden der Übungen nicht mehr allzuviel getan, er war zu erschöpft gewesen. Als Corax dann am heutigen morgen aufgestanden war hatte er sich allerdings nicht viel besser gefühlt als zuvor, wie gerädert. Trotzdem war er wieder besten wissens zum See aufgebrochen und hatte sich an der Stelle eingefunden wo sie auch schon am Vortag das Rinc geübt hatten. Saphiria war bereits vor ihm da gewesen, Corax stellte sich einfach neben sie und passte einen günstigen Moment ab um einzusteigen.
Seine eh schon schlechte Laune besserte sich nicht gerade, als er sich an die anstrengende und in seinen Augen etwas stupide Arbeit machte. Inzwischen konnte er dank stundenlanger Wiederholung der Übung die Figuren recht gut, auch wenn Char es nicht versäumt hatte ihnen einige Variationen zu zeigen die sie üben sollten. Doch obwohl Corax inzwischen die grundsätzliche Positionen verinnigt hatte und sich vorallem auf Details konzentrierte stellte sich bei ihm kein Gefühl der gedanklichen Leere ein. Am besten gelang ihm dies wenn er sich nur auf seine Sinne konzentrierte, auf das Sehen, Riechen und den ganzen Rest, aber ohne das Gefühlte zu verarbeiten. Als Corax jedoch versuchte eben dies zu tun verpatzte er das Rinc vollkommen. Vieleicht hing das mit diesem "nicht mehr merken das man sich bewegt" Gefühl zusammen das Char beschrieben hatte.
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Dekker musste lachen, als er Jarvo zappelnd im Griff Grindirs sah, dieser Verrückte, griff Jarvo einfach so an... Kurz musste Dekker lächeln, doch dieses verzog sich sofort wieder... Zu ernst war dieser Tag, zu ernst war seine Mission, als das sie ihm ein Lächeln abringen konnte. Er stand das erste Mal ernsthaft in Verantwortung, einerseits hatte er solange darauf gewartet, doch nun ging ihm das alles viel zu schnell morgen sollte er schon aufbrechen und dann auch noch nach Montera... Eine Orkstadt.
Es war doch ein ganz normaler Tag gewesen, die Stadt war wieder die Ruhe selbst und nur die Waschweiber krakelten noch über diesen fremdartigen Ketzer, der inzwischen nur noch zwei Zähne hatte und größer war als jeder Ork, doch plötzlich kam Hektik in die scheinbare Idylee Sildens, das passierte meistens, wenn wieder Boten von den Spähtrupps kamen, sie wurden bedrängt, gefragt wie es draußen aussah... Meist stellten sich die Boten den Fragen der Dorfbewohner, nahmen sich Zeit, ehe sie Bericht erstatteten, aber heute war alles anders... Der Bote bahnte sich grob seinen Weg durch die Menge an spielenden Kindern, herumgackernden Enten und tratschenden Weibern, direkt in Richtung der Eiche, welche trohnend Silden überragte.
Dekker ließ sich bei Jarvo entschuldigen, es musste etwas vorgefallen sein, irgendetwas war passiert. Er musste zum Haupthaus.
Dort war inzwischen ein Menschenauflauf entstanden, einige Sippenkrieger drängten die Menge vom Haupthaus zurück, wo sich inzwischen die meisten der Waldläufer sammelten... Dekker kam problemlos an den Wachen vorbei und eilte ins Innere, dort wo die hohen Waldläufer berieten und Pläne, Hinterhalte und Fallen planten...
Es waren beinah alle hohen Waldläufer da, sie bahnten sich um den sitzenden, keuchenden, schwitzenden Boten und sogen jedes seiner Worte begiehrig in sich auf...
'folgten scheinbar einem Sklavenkonvoi der Orks...' Dekker stand zu weit hinten und verstand kaum etwas, allerdings kam jedes Wort früher oder später gemurmelt durch die Reihen nach hinten an und so erfuhr Dekker auch nach und nach den genaueren Inhalt des Berichts...
'... einen Hinterhalt, sie lagen im Gebüsch, bereit die Sklaven zu befreien, aber plötzlich tauchten Orks auf...' Gemurmel erhob sich und Oberon, der die Versammlung scheinbar leitete, musste den Kriegern erst durch eine Geste Ruhe gebieten, ehe der Waldläufer fortfahren konnte.
'Zwei Orks hätten sich auf ihn gestürzt, er fiel als einer der Ersten...'
Dekker kniff seinen Nachbarn und fragte:
'Wer ist denn er?'
'Raddeck, der Waldläuferführer...'
'Raddeck ist tot... Adanos nehme sich seiner Seele an... Die Orks werden kommen!'
...
'Nur einer überlebte, erreichte uns heute Morgen, total zerfetzte Kleidung, die Anderen bringen ihn her... Ich soll nur Bericht erstatten... Habe ich die Erlaubnis mich schlafen zu legen?'
Oberon nickte väterlich und verlor sich dann in seiner Denkerpose...
Wieder hob sich das Gemurmel und Geraune im Ruhm, jeder machte sich seine Gedanken zum Tod unseres Führers und gleichzeitig meldete sich jeder freiwillig die Mörder zu suchen und Raddeck blutig zu rächen... Dekker blieb jedoch still, folgte einzig seinem Gedanken, die geprägt waren von der Trauer... Zwar hatte er Raddeck nie gekannt, er hatte ihn gesehen, aber nicht gekannt, aber sein Tod brachte die Verletzlichkeit zurück zu Dekker, die er so mühsam aus seiner Welt ausgesperrt hatte und das machte ihn traurig... und ängstlich... und zornig...
Knurrend erhob nun der Wachhauptmann, Jodas, das Wort...
'Im Gedenken an Raddeck, einen großen Krieger, vielleicht den größten Sildens, verkünde ich, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, wir brauchen keine konkrete Angst haben, dass die Orks uns morgen überfallen... aber wir sollten wachsam sein, aufmerksam, bereit und misstrauisch, aber über alle dem sollten wir nicht die Trauer vergessen, die Raddecks Tod uns aufgibt, wir sollen ihn nicht vergessen, ihn, der er immer bereit war, für dieses Dorf zu kämpfen, es zu verteidigen und das hat er getan! Bis zu seinem Tod! Auf Raddeck... ADANOS ZUM GRUßE!'
Das Haupthaus erbebte unter diesen Worten, die Wände schienen sich zu biegen, als der Chor aus rund zwanzig Männerkehlen 'Adanos zum Gruße!' brüllte und allein Raddeck gedachte, dem Führer der Waldläufer...
'Doch neben der Trauer gab uns Raddecks Tod noch eine weitere Aufgabe auf... Rache... konkrete Rache... Blutrache! Kein Kampf mit den Orks, sondern ein Anschlag, der Mörder Raddecks muss gefunden werden! Wer meldet sich freiwillig... Vortreten...'
Beinahe alle Waldläufer drängten nach vorne, bauten sich komplett auf, spannten ihre Muskeln an und hofften erwählt zu werden für diese Aufgabe... Auch Dekker stand in dieser Reihe, nicht weil er Raddeck besonders verehrte und rächen wollte... Nein, er wollte seinen Zorn loswerden und die Verletzlichkeit wieder aus seiner Welt verbannen...
Jodas musterte jeden Bewerber von oben bis unten, starrte ihnen dann kurz in die Augen und schickte sie dann weg oder ließ sie noch einen Schritt vortreten...
Auch Dekker ließ er vortreten, neben drei Anderen, die er allesamt nicht kannte stand er nun...
Alle drei waren groß und von enormer körperlichen Stärke, alle schienen gut mit Waffen umgehen zu können und bereit ihr Leben zu riskieren...
Jodas stellte sich vor den Vieren auf und blickte von Einem zum Anderem und sprach dann: 'Ich weiß, ihr würdet es alle tun... Aber ihr wisst hoffentlich, dass dies durchaus euer Tod sein könnte... Ihr sollt den Mörder zwar bloß finden... Und unter keinen Umständen töten... Aber allein die Reise nach Montera, wo der Möder sich wohl aufhält ist lebensgefährlich...!', alle Bewerber nickten brav und lauschten weiter... 'Nun gut... Wer von euch ist verheiratet oder muss sich um Mitmenschen kümmern?'
Zaghaft meldeten sich zwei der Männer, sie wussten, dass sie nicht die Auserwählten sein würden, und waren wohl verärgert darüber... Aber tief im Inneren wohl auch ein wenig erleichtert...
'Also gut... Ihr Beiden bleibt also übrig... Wie sind eure Namen?'
'Broott'
'Du heißt Brot? Ich heißte Dekker...'
Dekker wußte, dass das ein Fehler war, aber diesen Witz konnte er sich nicht verkneifen, auch wenn er ihn im nächsten Moment bereute...
'Da fällt mir die Wahl dann doch leichter... Geht nach Hause... Broott du machst dich morgen auf den Weg... Dekker... Du wirst wohl nie erwachsen und wirst so auch nie Verantwortung übernehmen...'
Dekkers Hals neigte sich nach unten, als sie die Hütte verließen, Seite an Seite... Aber er würde nicht aufgeben... Er würde gemein, skrupellos sein, genau, wie man für den Auftrag sein musste...
Es tat einen dumpfen Schlag, als Broott wie ein gefällter Baum der Länge nach hinschlug... Kleine Fußtritte in die Kniekehle hatten doch also große Wirkung... Broott blutete aus dem Mund, doch sofort stand er auf...
Ein gellender Schmerzensschrei durchfuhr die Hütte, als Broott seinen rechten Fuß belastete, 'Mission complete' gellte es durch Dekkers Kopf...
Jodas war sofort bei ihnen, stützte Broott, welcher sofort petzte...
'Erst macht er Witze über mich, dann verletzt er mich... Ich möchte, dass er bestraft wird!'
'Ja, die Bestrafung wird folgen... Du musst zu einem Heiler! Grond, hilf Broott zu einem heiler zu kommen... Dekker... Du kommst mit mir...'
Broott verließ die Hütte fluchend am Arm von der Haupttorwache...
Jodas schritt bedächtig durch den Raum und erhob dann seine Stimme...
'Ja, ich muss dich wohl bestrafen, du hast genau die Fähigkeiten und Instinkte an den Tag gelegt, die wir uns erwarten für diese Mission. Tücke, Hinterlist, Gemeinheit und Skrupellosigkeit... Du weißt was deine Bestrafung ist Dekker, gehe nach Montera, schmuggle dich hinein, schleime dich hoch, nimm Kontakt zu den Orks auf, finde Raddecks Mörder! Finde und identifiziere ihn. Dann kehre zurück und gib Bescheid. Und jetzt geh. Ich werde zu Brot -so sieht er auch aus im Übrigen- sagen, ich hätte dich nach Nordmar geschickt, um ihm Eis zur Kühlung als Bestrafung zu holen...'
Dekker nickte lächelnd, drehte sich auf dem Absatz um und ging dann sofort seiner Wege... Es musste viel vorbereitet werden, für Jarvo hatte er jetzt keine Zeit mehr... Er musste ihn davon unterrichten...
'Jarvo, ich werde deine Ausbildung nicht fortsetzen können. Ich muss aufbrechen. Unser Waldläuferführer, Raddeck, ist umgekommen, ich wurde auserwählt vom Rat seinen Mörder zu finden. Ich breche bereits morgen nach Montera auf, dort muss ich anfangen zu suchen!'
Jarvo nickte bedächtig, während er seinen Hals, vom Würgegriff Grindirs gerötet, rieb...
'Ich werde mitkomm-'
'- Das geht nicht, dass ist zu auffä-'
'- Nicht bis in die Stadt... Meine Eltern haben einen Hof in der Nähe... Ich muss eh bald dorthin, so kann ich dich bis dort begleiten... Irgendjemand muss dich ja beschützen...'
Spätestens jetzt musste Dekker lachen, er sagte Jarvo, er wolle früh aufbrechen und entschuldigte sich dann... Er musste noch einiges erledigen...
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Die junge Frau lauschte den Worten ihres zweckmäßigen Führers gebannt, nickte, wo es sein musste und schaute sich aufmerksam um. Und immer, wenn sie ihren Kopf zur Seite drehte, nutzte der junge Mann die Chance, sich die Dame, die er durch Silden führte eingehend anzuschauen. Seit Jahren schon hatte er keine Freundin mehr gehabt… und jetzt? Jetzt fiel ihm plötzlich dieses Persönchen vor die Füße. Casa schätzte sie in etwa so alt, wie er selbst war, aber sie wirkte von ihrem Auftreten her deutlich reifer… erwachsener als er oder sonst irgendjemand in ihrem Alter. Das lag wahrscheinlich daran, dass die junge Frau nicht hier in Silden sondern irgendwo in einer Großstadt oder einer normal Stadt aufgewachsen war. Silden war ein Dorf, hier war alles ländlich, das war auf keinen Fall zu vergleichen mit anderen Wohnorten.
»Und hier wären wir dann wieder, wo wir gestartet sind.«, beendete Casa seine kleine Führung und zwinkerte der Frau zu. Sie war schön, keine Frage, aber würde sie sich mit ihm einlassen? Er würde jedenfalls erst einmal das Tempo rausnehmen, schließlich wollte er die Schönheit nicht gleich wieder aus Silden verjagen.
»Hör’ mal… wie heißt du denn eigentlich? Ich hab’ dich die ganze Zeit hier herumgeführt und kenne noch nicht einmal deinen Namen…« »Ich bin Miria, hallo. Und wer bist du?«, fragte die Frau und wirkte dabei so schüchtern, wie ein junges Mädel, aber kühl und erwachsen wie eine alte Dame. »Ich bin Casa. Casa Nova. Ist mir eine Freude eure Bekanntschaft zu machen. Sagt… habt ihr heute Abend schon etwas vor? Sonst würde ich euch gerne die Sildener Taverne von innen zeigen. Ihr müsst wissen, wir hier in Silden sind zwar nur Fischer und Bauern, aber wir verstehen es zu feiern wie kein Zweiter…«
Griffin
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Ein netter Mensch, dieser Casa Nova. Jetzt lud er Miria auch noch in die Taverne ein. Sie fand es sogar recht praktisch, dass sie dort gleich auch noch etwas zu Essen finde würde, denn die letzten Tage waren eher mahlzeitsarm vergangen. Einige Frücht und Pilze hatten sich jedoch immer finden lassen. Und nun konnte sie mal wieder etwas richtiges essen, auch, wenn sie nicht wirklich Geld hatte. Und auch, was Casa gesagt hatte... Die Sildener verstehen es, zu feiern, wie kein Zweiter. Dieser Abend würde bestimmt noch ganz interessant werden.
"Gerne. Ich suche sowieso noch nach einer Bleibe für die Nacht, denn wie gesagt, ich bin neu hier... Doch ich bin froh, gleich auf einen Mann wie euch getroffen zu sein. So einen freundlichen, hilfsbereiten Menschen habe ich nicht oft getroffen. Ich bin euch wirklich sehr dankbar.", erzählte Miria und lächelte, welches Casa mit einem Zwinkern erwiderte. Dieser Kerl hatte irgendwas. "Achja, ich will nicht unhöflich erscheinen... hier, nehmt das für eure Hilfsbereitschaft.", meinte die Braunhaarige, kramte etwas in ihren Sachen und holte schließlich zehn Goldmünzen hervor.
"Nein... Nein, ich brauche dieses Geld nicht. Es war mir eine Freude, etwas Zeit mit euch verbracht zu haben, dafür müsst ihr mir kein Geld geben.", sagte Casa und lehnte kopfschüttelnd das Geld ab.
"Nun gut, wie ihr wollt...", seufzte Miria. "Aber dann bin ich euch etwas schuldig. Im Ernst, ihr habt mir sehr geholfen.", lächelte sie.
"Wenns denn sein muss.", grinste Casa. "Was ist nun, kommt ihr mit in die Taverne oder nicht?", fragte er noch einmal und setzte sich wieder in Bewegung.
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Ja. Er hatte sie. Gaaanz sicher. Er hatte es einfach im Gefühl. Schon von Anfang an hatte er gespührt, dass die fremde mit ihrem ansprechenden Äußeren ihn absolut hinreißend fand. Und er hatte seine Chance genutzt. Mehr als das... er hatte die Gelegenheit am Schopfe ergriffen, sofort nachdem sie sich ihm offenbart hatte. Und genauso fest, wie er die Gelegenheit am Schopfe gepackt hatte, so fest hatte er jetzt auch Miria am Schopfe. Natürlich nur im übertragenen Sinne und nicht im wörtlichen. Wo käme man denn hin, wenn Männer sich einfach die Frauen, die sie wollten am Schopf griffen und sie dann hatten. Womöglich für immer. Nein, nein. Das war einfach nichts für Casa. Er wollte seine Freundinnen erobern, wollte für sie kämpfen, wollte sie für sich gewinnen. Er wollte, dass sie aus freien Stücken bei ihm waren, dass sie jede Sekunde mit ihm genossen und allen Freundinnen erzählten, wie wunderbar doch dieser Casa Nova war. Mit seiner absolut unübertroffenen Intelligenz, seinem attraktiven Äußeren und seinem gottgleichen Charme hatte er es geschafft und Miria um den Finger gewickelt und er war fest entschlossen diese Fähigkeiten bei jeder neuen Dame hier in Silden zu erprobem. Er würde sich an den Besten messen, würde jede Frau der Welt erobern und nicht mehr nur auf diese... Bauerntöchter angewiesen sein. Ja. Irgendwann, da war er sich sicher, irgendwann würde er mal der bekannteste Liebhaber der Welt werden. Und dann würden alle Frauen nur noch eins im Sinn haben: Einen Casa Nova für sich selbst. Für den Moment jedoch begnügte Casa sich erst einmal damit Miria an der Angel zu haben.
»Das wärs dann, Wirt.«, sagte der junge Mann schließlich und wandte sich wieder seiner liebreizenden Begleitung zu. Sie war wirklich eine Eroberung, die es wert war, erobert worden zu sein. Nicht so wie die, die Casa Nova bisher abgeschleppt hatte. »Erzählt mir doch etwas von euch, meine werte Dame...«, schmeichelte Casa erneut und zwinkerte der jungen Schönheit wieder zu. Er wusste zwar, dass er sie am Haken hatte, aber es schadete ja nicht, wenn man den Fisch vom Haken nahm und in die Hand nahm. Da war er noch sicherer. »Wo kommt ihr her? Was treibt euch nach Silden? Wollt ihr hier bleiben? Habt ihr einen Freund?«
Mit seinem freundlichsten Lächeln beendete Casa seinen Satz und schaute neugierig zu der fremden Schönheit. Wenn die Götter ihm wirklich wohlgesonnen waren, dann war jetzt der Zeitpunkt es zu beweisen. Im Stillen betete er, dass diese junge Dame keinen Freund hatte und er sie nur für sich hatte. Den ganzen Tag, jeden Tag in der Woche, für immer. Casa und Miria in Love...
Griffin
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 nomina nuda tenemus
Als der Prediger den Platz verlassen wollte, wurde er plötzlich von eine für ihn unbemerkt aufgetauchten Menge daran gehindert. erst war er der Meinung, daß sich nun plötzlich eine Schar Anhänger um ihn versammeln wollte, um seinen Worten weiter zu lauschen. Denn waren sie nicht von göttlicher Wahrheit durchdrungen, hatten ihn die Götter nicht auf ihren Ratschluß der die Vernichtung der Welt beinhaltete hingewiesen? Ihn ganz allein, so daß er als einziger die Bürde um dieses furchtbare Wissen trug? Seufzend wollte er die Predigt fortsetzen, ihnen begreiflich machen, daß es kein Entrinnen hier in dieser Welt gab, doch vielleicht die Götter ein Einsehen mit den wenigen reinen Seelen hatten und wenigstens diejenigen, die bereuten, die Unsterblichkeit ihrer Seelen nicht nehmen würden, so daß sie zu Füßen der Götter sitzen durften, um vielleicht die Erschaffung einer neuen, besseren, gerechteren Welt abzuwarten.
Aber selbst dem verwirrten Geist des Predigers ging schließlich auf, daß es sich um einen wütenden Mob handelte, der gekommen war, um ihn zum Schweigen zu bringen. Doch was waren schon seine Waffen, um sich zu verteidigen gegen derlei Prüfungen? Nicht außer seiner Stimme hatte er und so erhob er sie ein weiteres Mal, um den finsteren Hetzereien des Anführers, der die Leute mit falschen Worten aufstachelte, entgegenzutreten.
»Sehet!«, hub er erneut an und einige von denen, die schon im Begriff waren, den Platz zu verlassen, reckten die köpfe nach ihm.
»Sehet!« Und er zeigte mit dem zittrigen Finger auf den Mob, dem nur noch die brennenden Fackeln und Mistgabeln fehlten, die sicher gleich einer von irgendwo wie von Zauberhand hervorholen würde.
»Und höret! Höret, was dieser falsche Knecht von Götzen gegen mich spricht!«
Und seine Stimme erhob sich immer lauter, so daß sie über den gesamten Platz erscholl und noch mehr Leute anlockte.
»Von finsteren Mächten spricht er, Beliar verleugnet er! Mit falschen Worten, tiefend von dem Gift der Lüge, wirft er um sich und träufelt sie in die Ohren anderer. Verlangt nach Gewalt, Tod und Zerstörung. Was kommt als nächstes? Verleugnet er auch Adanos oder Innos? Schon ist der Erste der drei Götter für ihn ein Feind! Nicht lange dauert es, bis auch die anderen Götter seinem Gift anheim fallen. Schon jetzt spricht sein Gesicht Bände, verzerrt vor Wut dringt der Dämon, der ihn beherrscht, nach außen: Machtgier ist es, die nicht zulassen kann, daß den Menschen, die er verblendete mit seinen Worten, gesprochen mit Zungen gleich denen von Schlangen, die Augen geöffnet werden.«
Wie wild fuchtelte der Prediger mit seinem Zeigefinger umher, erhob ihn schließlich gen Himmel und sprach, nein schrie weiter.
»Diese Menschen sind es, die zu dem Ratschluß der Götter geführt haben, daß alles, was auf der Welt kreucht und fleucht mit ihr untergehen soll um Platz zu machen einer neuen Schöpfung, die reiner, unschuldiger, besser, erhabener sein wird. Denn die Menschen sind verderbt, verderbt bis ins Mark. Verzehrt von Hass, von Habgier, von Eitelkeit, beherrscht von Mammon, von den übelsten Dämonen verführt. Nicht geändert hat der Krieg der Menschen Sinn.
Hört, denn ich habe es gesehen mit meinen leibhaftigen Augen! In tiefem Dunkel zwischen den Sphären trafen sie aufeinander, die Götter und Zorn blitzte aus den Augen von Innos, die ich nicht anzusehen wagte, so daß ich mich in den Staub warf. Und Gier nach Zerstörung hörte ich aus den grollenden Worten Beliars, so daß ich mich vor Schmerzen im Staub wand. Und das Wissen um das Endgültige gleißte aus den Tränen Adanos', doch ich wagte nicht, daran zu denken, denn ich suchte nach einem Erdloch, um mich zu verbergen. Die Götter schickten als erste Plage und Vorbote der Zerstörung das Tier, Ork genannt, über die Menschheit und es zerschlug die Länder, die unter seinem Tritt beben. Und erst wenn alles in Trümmern liegt und die Hoffnung verloschen ist, dann kommt der gewaltige Rächer, gesandt von den Göttern drei, um zu vollenden, was sie begonnen, denn er ist ihr Werkzeug Im Inneren ein Lamm, doch äußerlich hundertmal schlimmer als die größte Bestie und ohne Mitleid. Zertrümmern wird er die Länder und Gebirge, das Meer wird sich erheben und wo es jetzt naß ist, wird es trocken werden. Doch wo Land ist, wird es mit Meer bedeckt, wo Inseln sind, wird Wüstenei entstehen, wo Leben war, ist nur noch nackter Fels. Alles wird umgewendet und die Erde zerbirst unter den Schlägen, die sein Schwert, Glendram genannt, unbarmherzig führen wird. Scholle für Scholle. Und glühende Lava wird hervorquellen und den Boden verschlingen und Wasser wird in die Spalten laufen und der Dampf wird die Erde zerreißen bis das alles vernichtet ist, was verderbt ist von der Schöpfung. Und erst wenn zehn mal zehn Äonen vergangen sind und sich nichts mehr regt, werden die Götter erneut ans Werk gehen und eine neue Welt erschaffen, die reiner, strahlender und heller sein wird, als die jetzige es jemals war bis auf ihre Anfangstage, bevor der Mensch sie besudelte. Dort wird es kein Leid geben, keinen Krieg, keine Habgier, keine Ungleichheit, keine Eitelkeit, keinen Hass. Dort werden Wesen ohne Verfehlungen leben, welche den Göttern huldigen ohne Hintergedanken. Und nicht werden sie verbergen ihr Innerstes vor ihren Schöpfern.«
Er endete, schwer atmend von der Anstrengung der langen, lauten Predigt, in der er das Armageddon herabbeschworen hatte.
»Und egal, ob ihr mich anhört oder nicht, dies ist unser Schicksal. Denn ich habe es gesehen und wurde zu euch geschickt, um es zu verkünden. Der Untergang kann nicht aufgehalten werden.«
Und mit diesen Worten sank er entkräftet zusammen. Die Menge war still geworden.
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"Wie? Was? Freund?", fragte Miria. Was interessierte es Casa, ob sie einen Freund hatte oder nicht? "Ich habe keine Freunde... Die wenigen, die ich einst hatte, habe ich verloren oder sie sind tot - ich weiß es nicht.", erzählte die junge Frau. Fast stiegen ihr die Tränen in die Augen, aber eben nur fast. Sie war nie jemand gewesen, die sich mit vielen Freunden umgeben hatte.
"Oh, das, ähm tut mir leid...", bemitleidete sie Casa. "Aber ihr habt ja mich.", lächelte der Sildener charmant und rückte näher an sie heran. So langsam wurde Miria der Kerl komisch. Irgendwie wurde er immer aufdringlicher...
"Ähh, jaa.", antwortete Miria nervös und rückte wieder etws von dem Sildener weg. Bei aller Dankbarkeit - so lange und gut kannten sie sich nicht. Obwohl... Mhm, gute zwei Stunden waren es schon. Eine beachtliche Zeit. "Wenn ihr mich entschuldigt, ich würde nun gerne schlafen gehen.", versuchte die Brauhnhaarige einen Fluchtversuch und stand auf.
"Bleibt doch noch ein wenig. Ihr habt mir doch gar nichts über euch erzählt!", versuchte Casa sie zurück zu halten, natürlich mit seinem üblichen charmanten Lächeln.
"Ähh, nein, besser nicht. Ich ähh bin schon sehr müde, ich denke, es ist besser, wenn ich mich nun auf mein Zimmer begebe. Vielleicht solltet ihr auch nach Hause gehen.", meinte die junge Frau und versuchte, Casas Hand von dem Ärmel ihres Oberteils abzuschütteln.
"Wenn das so ist... ich würde euch gerne auf euer Zimmer begleiten.", grinste der Sildener und stand auf.
"Wiebitte?", stotterte Miria engeistert. Der Kerl wollte doch tatsächlich... "WAS? Hört zu, wenn ihr einer Frau an die Wäsche wollt, dann versucht es bei der Dorfhure!", blaffte sie den verblüfften Casa wütend an.
"Aber, nein, wartet, so habe ich das gar nicht gemeint!", versuchte sich der Sildener bei ihr zu entschuldigen, aber es war zu spät, Miria hatte seine Absichten durchschaut.
"Püü!" Die Braunhaarige rümpfte hochnäsig die Nase und stapfte in das Zimmer, das ihr zugewiesen worden war. Sie ließ einen verstörten Casa Nova zurück, der nun alleine inmitten einer lachenden Meute Sildener saß. Pah! Das hatte dieser Frauenaufreißer verdient, sollte er doch zum Gespött des ganzen Dorfes werden!
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Kurz war die Menge still. Einen Herzschlag spaeter klang von Chars Seite her schallendes Gelaechter. Die Menge wartete nicht lange um mit einzustimmen. Von irgendwo ruf jemand: "So dann kommt da also einer mit dem Schwert und zerschlaegt unsere Welt? Als ob Adanos und die Druiden das zulassen wuerden." Von irgendwo anders her kam: "Orks? Ich sehe keine Orks. Kein Ork, kein Tier, kommt bis nach Silden solange Adanos seine schuetzende Hand ueber uns haelt!" Sich der Zustimmung erfreuend erhob Char seine Stimme: "Hoeret, Hoeret! Brueder und Schwestern! Der Kerl ist offensichtlich voelig verrueckt! Beschuldigt, ja tatelt mich! Warum? Weil ich Beliar verleugne! Natuerlich verleugne ich den dunklen Herrn, hat er doch keinen gleichwertigen Platz neben unserem Heer Adanos. Dieser Mann muss offensichtlich verrueckt sein. Ehr..." Von irgendwo aus seiner Masse heraus wurde Char unterbrochen. Deutlich vernahm er die Stimme eines jungen Mannes, wenn sie auch zoegerlich wirkte: "Aber denkt ihr nicht der Mann koente recht haben?"
Zornig fuhr Char auf: "Was noch ein Ketzer? Bringt ihn nach vorne?" Nur Augenblicke spaeter wurde die Gestalt eines jungen Mannes mit schwarzen Kurzhaarschnitt aus der Menge geschubst. Sich bewusst das er den allgemeinen Geist der Masse um sich geschaart hatte befahl er: "Los treibt die beiden zusammen!" Zufrieden musste er grinsen als es nicht lange dauerte bis die beiden vor ihm lagen. Kurz raeusperte er sich und sprach dann kraftvoll: "Diese beiden Seelen sind traurige Seelen. Sie verdienen den Scheiterhaufen nicht. Den sie sind verrueckt und irre. Sie wissen nicht was sie sprechen. Erinnert euch, Freunde! Bald ist Samhain. Das Totenfest. Lasst uns nicht unnoetig Blut vergiessen! Aber lasset uns auch nicht unseren Glauben vergessen. Ich sage, zeigen wir ihnen was fuer dreckige Schweine sie sind! Zeigen wir ihnen unsere Verachtung und zeigen wir ihnen das sie Silden und seinen Glauben nicht erneut missachten sollten. Denn beim naechsten Mal wird ihnen der Strick gewiss sein! Bildet einen Kreis um sie und zeigten ihnen, mit aller eurer Staerke und all eurem Glauben, was ihr von ihrer Gesinnung haltet."
Nun folgte alles schnell. Blitzschnell bildete sich ein enger Kreis um die beiden. Einige Hunden wurden an engen Leinen gehalten welche wie verrueckt nach den Ausgestossen schnappten. Sie hatten zwar keine Hoffnung sie zu erreichen, aber es war ein Zeichen. In fast zeremonieller Manier trat Char mit seinem Fuss etwas Staub auf die beiden und spuckte dann erst auf den Juengling und dann auf den Brandredner. Danach folgte heilloses Chaos. Von ueberall wurde auf die beiden gespuckt, Staub wurde nach ihnen getreten, kleine Steine wurden auf sie geworfen, Abfaelle, Abgestandes Bier, schimmliges Brot und Fischreste wurden aus der Taverne herbei getragen um die beiden damit zu ueberschuetten und sogar Laternenoel wurde ueber sie gegossen. Hin und wieder sprangen wagemuetige Kinder hervor und hauten nach den beiden mit Stoecken oder ein besonders gewalttaetiger Juengling konnte sich nicht beherrschen und trat die beiden. Nie jedoch wurden sie ernsthaft verletzt. Die ganze Zeit ueber jedoch wurden sie beschimpft. Kurz sie wurden oeffentlich gedemuetigt, in schlimmster Manier. Bald schon waren sie fast komplett in eine eklige, braune Substanz gehuellt die sich aus all den unausprechlichen Dingen zusammensetzte mit denen die beiden bestraft wurden.
Ein letztes Mal spuckte Char auf die beiden und hob dann seine Haende: "Genug meine Freunde! Heute haben wir richtig gehandelt. Diese Ketzer werden es sicher nicht nochmal wagen unseren Glauben in Frage zu stellen! Gehet nun wieder auch gerechten Taetigkeiten nach, wie auch ich es tuen werde. Doch, bettet! Bettet fuer diese beiden verlorenen Seelen. Auf dass Adanos Gnade mit ihnen habe werden." Nachdem dies gesagt war, stob die Meute wieder so schnell auseinander wie sie zusammengekommen war.
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"Aufwachen!"ertönte eine laute Stimme neben der noch schlafenden Diebin. Wie vom Teufel gepackt sprang sie mit noch geschlossenen Augen auf und wollte Richtung Ausgang rennen, als Miracoli, welcher Grund für ihr Aufschrecken war, sich ihr in den Weg stellte und sie aufhielt. Erst jetzt öffnete Saiya ihre Augen und erkannte, wo sie sich befand. Sie war nicht mehr in der Gefangenschaft der Orks, wie sie zuerst annahm, und atmete beruhigt auf; erinnerte sie der Weckruf von Miracoli doch sehr an den Aufschrei der jeden Morgen durch die Sklavenunterkünfte ging und die Gefangenen zur Arbeit bewog.
"Was ist los? Hast du schlecht geträumt?" fragte der große Mann besorgt.
"Ach, es ist nichts." antwortete sie schweigsam.
"Hast du wenigstens gut geschlafen, wenn ich dich schon so unsanft aus dem Schlaf gerissen habe?"
"So gut wie seit Monaten nicht mehr," antwortete sie ihm lächelnd. "Die Sklavenunterkünfte bei den Orks waren nicht gerade bequem, weißt du."
"Wie auch immer. Ich habe dir Frühstück mitgebracht."
Saiya blickte verdutzt drein, war sie es nicht gewohnt, so nett und zuvorkommend behandelt zu werden. "Das ist lieb von dir." antwortete sie verlegen. "Ähm...ööhh..."
"Was ist los?" fragte er besorgt, als er ihren Gesichtsaudruck vernahm.
"Ich weiß, du hast schon so viel für mich getan, und ich will auch nicht unhöflich sein, aber ich hätte noch eine große Bitte an dich, danach werd ich dir auch nicht mehr zur Last fallen, das verspreche ich. Ich würde für die entstandenen Kosten ja aufkommen, aber ich habe leider garnichts, weder Gold noch irgendeinen anderen wertvollen Besitz."
"Mach dir mal darüber keine Gedanken. Ich habe dir gesagt, du kannst solange hier schlafen wie du willst. Und ich hätte es nicht gesagt wenn ich es nicht ernst meinen würde. Aber sag, was ist das für eine letzte Bitte von der du sprichst?"
"Naja, ich weiß nicht wie ich es sagen soll." begann sie verlegen zu sprechen. "Die Orks hielten nie wirklich viel von Hygiene, und bei ihren Sklaven schon garnicht. Ach, ich könnte mal wieder ein heißes Bad gebrauchen."
Miracoli fing laut zu lachen an. "Das ist alles? Und deswegen machst du so ein trara? Das ist doch überhaupt kein Problem. Ich mach dir n Vorschlag. Ist erstmal dein Frühstück. In der Zwischenzeit werd ich dir das heißeste Bad besorgen, dass du jemals in deinem Leben hattest."
Ohne auf eine Antwort zu warten, ging Miracoli aus dem Zimmer und verschwand. Saiya hingegen saßgespannt auf dem Bett, verspeiste das leckere Frühstück und wartete darauf, bis Miracoli zurückkehrte.
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Ruhige, behutsame Töne erklangen aus der kleinen Schmiede, in der Ryu saß. Sanft strich der junge Hayabusa über die Saiten seines Instrumentes und ließ eine klangvolle, ruhige Melodie erklingen. Um ihn herum - absolute Stille. Er war ein wenig verstört. Nicht ansprechbar. Zurückgezogen. Innerlich alleine. Gerade gestern hatte er wieder einen Anfall gehabt, doch diesmal in einem schlimmeren Stadium. Mitten in der Nacht hatte er ein Schaf erlegt und dieses in seiner Hütte regelrecht zerissen. Überall lagen noch zerfetzte Überreste des Tiers in der Schmede und Blut war am Boden verteilt. Viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Was, wenn ihm so etwas mit den Menschen passierte, die er liebte? Kaum auszudenken. Schon die ganze Nacht saß der Schmied da, überlegte und spielte auf seiner Gitarre. Nach diesem Horrorerlebniss in der Nacht stand sein Beschluss, nachdem er die letzten Tage dann doch gezögert hatte, fest.
Und dann verstummte die Melodie schließlich. Ein knarrzendes Geräusch ertönte, als er von seiner Bank aufstand und sein Instrument weg legte. Noch einmal lief er durch seine Werkstatt, ließ seine Finger über die Werkzeuge gleiten, den Tisch, den Stahl. Es war ein komisches Gefühl. Und dann, mit einem letzten Schulterblick in die Schmiede, die noch immer das tote Schaf beherrbergte, verließ Ryu diese und ging in seine Hütte. Glücklicherweise war niemand da. Die Mädchen waren im Dorf unterwegs. Nunja, bis auf Sylvie. Diese saß da und... Tatsächlich! Sie schien auf ihren Liebsten zu warten. Dieser schaute sie nur gedankenverloren an. Was sollte er ihr sagen? Sollte er ihr sagen, dass ein Monster in ihm schlummerte? Konnten sie so überhaupt zusammen bleiben? Was wäre, wenn Ryu seine Reise hinter sich bringen würde? Wäre er dann noch er selbst? Eine ungewisse Zukunft. Aber was sollte er tun? So, wie es jetzt war, konnte er es nicht verbleiben lassen. Wortlos schritt er dann schließlich an ihr vorbei und ging in sein Zimmer. Dort wartete es. Yamato. Es würde sein einziger Begleiter und Weggefährte werden in dieser Zeit. In gewisser Weise sah der Templer sogar eine Art Exil in der Reise, die er antreten würde. Lediglich sein Schwert am Gürtel befestigt und in nur einer Hose, einem weißen Hemd und einer leichten Stoffrobe gekleidet verließ er dann sein Zimmer. Der folgende Schreck war nicht gerade vorherbestimmt, als seine Liebste dann vor ihm stand. Sie schien zu ahnen, was los war. Ihre Augen erzählten es ihm wie ein Buch.
"Du wirst also gehen?"
Ryu schwieg und senkte seinen Blick.
"Wirst du wieder kommen?"
Wieder nur ein Schweigen seitens des Schmeides. Er schritt an ihr vorbei, wurde dann jedoch an seinem Arm gepackt. Eine unangenehme Ruhe kehrte ein. Ein Schluchzen erklang. Sylvie weinte...
"Du solltest besser wieder nach Faring zurückkehren, Sylvie... Ich weiß nicht, was mich erwarten wird, noch ob ich zurückkehren werde... Mein Schicksal ist ungewiss, seid ich dieses "Ding" in mir trage... Es tut mir leid..."
Und mit diesen Worten verabschiedete sich Ryu Hayabusa von seiner Liebe. Von Sylvie der Orksöldnerin. Nun musste er nur noch Ornlu finden und mit ihm die erste Station aufsuchen.
Seufzend, die Kapuze seiner Robe ins Gesicht gezogen und mit Tränen, die seine Wangen herunterrollten schritt der Templer durch Silden. Er war wütend auf die Natur. Was sie beherrbergte und wofür sie stand. Dennoch... Vielleicht würde er auf seiner Reise verstehen lernen. Doch nun musste er erstmal Ornlu finden. Mit frischem, aber dennoch gedrücktem Enthusiasmus schritt der Schwertmeister also Richtung Kavernen. Dort würde Ornlu bestimmt stecken...
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Diesem Wanderprediger hatten sie es gestern Abend gezeigt. Er hatte es verdient, er war ein Unwissender. Er wusste nicht wirklich in welchem Bezug die Sildener Adanos und der Natur frönten. Mit der Natur war es ein Kreislauf von Geben und Nehmen stets zu Gunsten der Natur und Adanos? Adanos war mehr. Adanos war bei manchen die Natur, bei manchen eben mehr - letztlich der Schöpfer von allem. So glaubten es die Menschen hier und genauso glaubten sie an ihren Weg. Für sie wäre ein Leben in Beliars Reich nicht vorbestimmt. Sie würden ein Teil von Adanos Schöpfung werden. Ihre Seele würde ein Teil der Natur werden, während ihr Leib eins mit ihrem Kreislauf werden würde. Nicht umsonst pflanzte man auf der Asche der Toten junge Bäume, auf dass ihre Seelen dort ein Heim finden und die Wälder und ihre Nachkommenschaft bis in die Ewigkeit beschützen. Beliar und Innos waren dem Waldvolk ferner. Man wusste, dass es sie gab, man wusste aber auch, dass Adanos seine WAHREN Kinder nicht zu seinen Brüdern ließ, sondern eben in sein Reich und das war die Natur für das Waldvolk. Ein armer Irrer, der gedachte zu drohen.
Ornlu hatte letztere Gedanken in einem Gespräch mit Faun zusammengefasst. Natürlich hatten sich die Druiden darüber unterhalten, ebenso über die sehr traurige Nachricht über Raddecks Tod. Ein jeder kannte den Waldläuferführer aus dem Rat. Sein Wort und seine Erfahrung waren oft Gold wert für Silden, er selbst war Vorbild vieler junger Krieger und nun war er nicht mehr. Heute Nacht würden sie ein Mahnfeuer für den Hüter entzünden und seiner so fern verstorbenen Seele weisen, wo Silden war und wo er seine Ruhe finden konnte. Der Kreislauf schloss sich wieder und an anderer Stelle würde ein Kind geboren werden, dass einen Teil von Raddeck in sich trug.
"Meister Ornlu? Da wartet jemand für euch vor den Kavernen.", störte ein Novize. Ornlu nahm noch einen Schluck vom Saft und schlang das Brot runter, ehe er sich von den, mit ihm speisenden, Druiden verabschiedete.
Draußen fand er Ryu vor. Sein Blick sagte an sich wirklich genug. Ornlu wusste weshalb sein Freund da war und spürte, wie das Ungleichgewicht in Ryu drohte zu kippen, je länger er blieb. Es war wie ein Fluch. Ein Fluch den Ornlu vor nicht so langer Zeit auch hatte, ehe dieser zu einen Segen wurde. Nun wurde sein Freund auf ähnliche Weise geprüft. Entweder man war stark und anpassungsfähig genug oder man ging unter - das Gesetz der Natur.
"Ich hole meinen Druidenstab.", sprach der Jäger und eilte schnell zu seiner Unterkunft. Wieder da ging es los. Im etwas höherem Tempo machten sie sich auf in den Nordwald. Dort kannte Ornlu einen Ort, der Ryu ein Zeichen geben würde.
"Ich hoffe du bist bereit. Noch einen Hüter verlieren wäre nicht gut für Silden. Raddeck fiel vor zwei Tagen gegen zwei Orks. - Denk dran, dass der Weg das Ziel ist und das du deine Waffe nur nutzen darfst, wenn es Zeit dafür ist. Töte nichts und achte die Gesetze der Natur. Diese Prüfung ist eine Prüfung der Natur - eine Auslese. Entweder erweist du dich als unwürdig und stirbst oder das was dich plagt, wird nach und nach zu einen Segen! So sprechen die Legenden.", meinte der Druide, der vor dem Waffenschmied lief.
Geändert von Ornlu (07.10.2008 um 18:28 Uhr)
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"Ein Segen... Tze... Wenn du wüsstest, was in meiner Schmiede herumliegt!" lachte Ryu sarkastisch und spielte auf das zerlegte Schaf an, bekam jedoch keine Antwort von Ornlu. Vermutlich wusste dieser, was in seinem Freund vorging und äußerte sich deshalb nicht zu seiner Verzweiflung. Wieder gingen dem Templer einige Gedanken durch den Kopf. Würde er wohl so... "radikal" wie Ornlu werden? Wo wollten sie eigentlich hin? Fragen über Fragen. Und doch so wenig Antworten. Seufzend folgte er weiter seinem Freund, der heute nicht allzu redelustig schien. Gut, Raddeck, der große Krieger Sildens war gestorben. Aber war er so ein großer Krieger, wenn er im Kampf sein Leben ließ? Schließlich hätte er ja als Sieger hervor gehen müssen... Vielleicht war es auch ein Zeichen. Das Ableben eines Hüters erforderte vielleicht einen Neuen? Ryu grübelte. Was wohl Ornlu dazu sagen würde, wenn der Schwertmeister ihm all diese Fragen stellen würde? Vermutlich wäre er überrascht, dass der Templer auch solche mehr oder weniger tiefsinnigen Fragen an sich selbst richtete. Wie auch immer... Plötzlich hielt der Druide an und schaute sich kurz um.
"Was ist los, Ornlu?"
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Der Regen der letzten Tage hatte aufgehört, es war wieder etwas heller und auch ein bisschen Wärmer geworden. Doch heute Morgen schien ganz Silden bedrückt zu sein. Aidar hatte erzählt, dass der Führer der Waldläufer im Kampf gefallen war. Nun würde warscheinlich bald ein neuer Führer gesucht werden. Doch wer könnte dies sein? Aber Miracoli würde sich nicht über die Zukunft so auf Regen, schließlich wollte er mit mitte zwanzig noch keine Grauenhaare bekommen.
Im Moment saß er vor seiner Hütte und zog genüßlich an einem Sumpfkrautstengel. In der ausgabeuten Ruine badete Saiya gerade.
Ihre Kleidung war wirklich, sehr zerrissen, vielleicht sollte er mit ihr neue Kleider kaufen gehen? Aber zumindest sollte er ihr anbieten einige seiner Kleidungsstücke zutragen, auch wenn sie vermutlich dadrin versunk. Schließlich ragte er einen Kopf über sie.
Das heiße Bad hatte er aus der Tarvene geholt, allerdings hatte es sehr lange gedauert das Wasser zuerhitzen da Aidars neuer Lehrling gestern vergessen hatte neues Holz zu besorgen. Weswegen Miracoli selbst etwas trockenes auftreiben musste.
"Saiya?", rief der Jäger in die Hütte," Wenn du nachher noch neue Kleidung kaufen willst kannst du es gern machen, und wegen dem Geld, Geld allein macht erstens nicht Glücklich und zweitens nicht satt. Ich kann mir jeder Zeit etwas jagen gehen. Und meine Kleidung ist erst neu.", meinte er und widmete sich dann wieder seinem Sumpfkrautstengel.
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Nordwälder Sildens
"Wir sind fast da - ich spüre es.", meinte der Druide blickte sich um und hob seinen Druidenstab in die Höhe. Dann schloss er die Augen und konzentrierte sich auf sein magisches Gehör. Der Druidenstab peilte in eine Richtung ein und Ornlu öffnete wieder die Augen.
"Da lang!"
Sie liefen über Stock und Stein, sprangen einen Abhang hinab und stampften durch einen Bachlauf. Der Wald wurde dunkler und Ryu schien sich zu fragen, ob Ornlu wirklich wusste wo es lang ging, als sie durch einen großen, hoheln Baumstamm krochen. Sein skeptischer Blick lichtete sich, als sie dann endlich da waren. Es war ein sehr kleiner Talkessel. Die Bäume hier waren üppig bewachsen und noch nicht so vom Herbst umgriffen wie andere Bäume, überall spürte man das pure Leben. Ein kleiner See war inmitten diesem. In der Mitte ragte ein Stein heraus, aus dem Quellwasser mit magisch grünlichem Schimmer empor strudelte. Ein regenbogenfarbener Vogel stieg aus dem Blätterdach und zog einen glitzernden Schweif mit sich, während am Seeufer ein weißer Kranich nach Fischen jagte.
"Solch Orte gibt es nur in unseren Wäldern. Sie sind Oasen der Natur. Orte von besonderer Magie. Ich spüre sie überall hier. Dieser Ort ist heilig und geheim. Hier an diesem Ort wirst du den Ruf womöglich hören. Umgreife meinen Druidenstab und lausche den Mysterien dieses Ortes. Sie werden dir den Weg weisen und dich hören lassen, woher der Ruf kommt und wie er in seiner Reinheit klingt. Es wird dein erster Schritt sein, mein Freund. Der Rest wird einzig bei dir liegen.", sprach Ornlu leise und sehr beruhigt. Die Idylle dieses Ortes beeinflusste selbst ihm. Der Druide hielt seinen Stab vor Ryu und ließ diesen umgreifen. Dann sandte er Magie in seinen Druidenstab und ließ hören, was wohl nur Ryu hören konnte.
Geändert von Ornlu (07.10.2008 um 15:51 Uhr)
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Raddeck war tot.
Feen hatte ihn weder einmal gesehen, noch gesprochen, doch allein die Tatsache, dass einer der erfahrensten und gläubigsten Menschen Sildens, der Waldläuferführer schlechthin, von ihnen gegangen war, erfüllte auch sie mit Trauer. Es war nur gut, die Stadt für eine Weile zu verlassen, in ein paar Wochen war hoffentlich wieder Ruhe in die aufgewühlten Gemüter gekommen.
Chiarah hatte es auch erfahren, sie wartete bereits am Ortsausgang samt Pferd auf Feen, begrüßte sie mit einem beruhigendem Lächeln.
"Entschuldige, dass ich so spät bin. Wir mussten die Tiere noch zum Bauer Hamm bringen; es gab ein paar Veränderungen..."
Und ehe die Ritterin etwas sagen konnte, kam Gwydion bereits hinter der nächsten Häuserecke hervor, eilig, nur leicht bepackt.
"Er wollte mitkommen, ich hoffe, das macht nichts aus, er reist nach Vengard auf Besuch zu seiner Familie."
Als Gwydion schließlich angekommen war, stellte Feen die beiden erst einmal einander vor. Sie unterhielten sich ein wenig, planten die Marschroute, die beiden Sildener kannten sich ja auch ziemlich gut in der Gegend aus.
Schließlich fragte Gwy: "Und wo ist denn nun dein großer Hengst?"
"Hirsch!", berichtigte sie ihn grinsend und legte die Finger zum Pfeifen in den Mund. Lange Zeit geschah nichts, man spürte zwar die Anwesenheit des Tieres, doch schien es sich vor dem jungen Mann zu fürchten.
"Spürst du ihn? Vielleicht solltet ihr euch erst einmal etwas besser kennen lernen. Beruhige ihn mit deiner Magie, damit er keine Angst mehr hat."
"Ähm... klar."
Tatsächlich kam der Hirsch schließlich langsam aus dem Wald, schnurgerade auf Feen zu, denn die stand etwas abseits.
"Ich glaube, wir sollten die ersten Stunden erst einmal laufen", merkte die junge Seherin grinsend an. Man war einverstanden und glücklich, diese betrübte Stadt für eine Weile mal zu verlassen...
Geändert von Feen (07.10.2008 um 18:19 Uhr)
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Ryu würde wohl, was die Natur anging, nie wieder an Ornlu zweifeln. Nach diesem mehr als seltsamen Trip standen sie nun vor diesem wundervollen Bild, dass einem die Sinne betäubte. Der Schwertmeister war sichtlich erstaunt darüber, was die Welt alles hervorbrachte und das selbst im Herbst. Tatsächlich eine "Oase der Natur"! Ein inneres Gefühl machte sich breit in ihm, dass ihm sagte "dir gehts gut!". Er fühlte sich ein wenig geborgen und statt, dass er in seiner Robe ein wenig fröstelte, verspürte er eine mollige Wärme, die sicherlich nicht nur an dem dünnen Stoff lag. Und dann? Der Stab. -Stimmt ja, ich soll das Ding anfassen...- dachte er bei sich und schaute erst kurz ein wenig skeptisch von Ornlu zu dem Stab und zurück. "Naja, schlimmer kanns ja nich werden..." murmelte er dann und umgriff vorsichtig und respektvoll Ornlus, vor Magie leuchtende Insignie. Es war ein seltsames Gefühl. Ein kalter Schauer lief über seinen Rücken und dennoch war es kein unangenehmer. Aber ein positives Gefühl war es auch nicht. Es war einfach... Anders. Ryu schloss seine Augen, um für einen Moment nicht von der malerischen Landschaft abgelenkt zu werden, die noch viel schöner aussah im Scheine der sich langsam senkenden Sonne. Und dann hörte er es. Ein Knurren, dass immer näher kam. Ein Knurren, dass immer lauter wurde, bis man schließlich das laute Brüllen eines wilden Tieres vernehmen konnte.
Mit einem mal riss Ryu die Augen auf und fuhr herum. Zwar hatte er die Hand am Griff seines Schwertes, doch verlies es diesmal nicht seine Scheide. Er hatte im Kopf, was Ornlu ihm gesagt hatte. -Benutze es nur, wenn es wirklich notwendig ist...- rief er sich in die Gedanken und langsam lösten sich die Finger wieder vom Griff Yamatos. Auf dass es wieder seinen Schlaf fände. Musste er also dem Knurren folgen? Er überlegte und schaute kurz zu Ornlu. Dieser lächelte nur und musterte den Hayabusa mit seinen tierisch anmutenden Augen. Auch wenn Ornlu Ryus Freund war - Druiden waren doch allesamt seltsam. Aber das waren die Gurus aus dem Sumpflager damals auch. Kurz msuste der Templer an Baal Parvez denken, war dann jedoch wieder bei der Sache. Ein kurzer Blick ging rüber zu dem hohlen Baumstamm und dann wieder zu diesem wunderschönen Tal. Noch konnte er zurück. Dann würde er jedoch den Kampf gegen das Monster in sich verlieren. Nein, er musste seinen Weg nun antreten. Den ersten Schritt hatte er schließlich mit Ornlu hier hin getan. Und weitere würden folgen. Ob nun in den Tod oder ins Ungewisse. Langsam machte sich ein Gefühl der Gleichgültigkeit in ihm breit. Statt der Angst, unterzugehen, keimte neuer Wille in ihm auf, herauszufinden, was ihn erwartete. Eine unendliche Neugier, wenn man so wollte. Doch würde er wohl den richtigen Weg gehen müssen, würde er das "Ziel" erreichen wollen. Wieder schloss Ryu kurz die Augen und dachte an alles, wofür er selbst stand. Er schmunzelte ein wenig, öffnete die Augen dann wieder und schaute tief in die Ornlus.
"Ich bin bereit. Danke für alles, mein Freund..." mit einem Schritt auf seinen Freund zu, umarmte der Templer diesen wie einen Bruder und klopfte ihm auf den Rücken. "Mach mir ja keine Schande, Sohn des Hetzers!" waren dann die letzten Worte des Schwertmeisters, ehe er Ornlu den Rücken zukehrte und sich somit von einem weiteren, wichtigen Menschen in seinem Leben verabschiedet und sich an den Abstieg in den Talkessel gemacht hatte. Zwar hätte er wohl gerne noch all die anderen zuvor getroffen, aber so war das Leben nunmal:
-Unvorhersehbar, was passieren würde...-
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Schon früh am Morgen war die junge Frau wieder am See anzutreffen gewesen. Sie wollte weiter kommen und ihrem Mitschüler schien es auch so zu gehen.
Saphiria atmete einmal tief ein und wieder aus und fing dann auch schon gleich mit der Rinc Übung an. Es war nur schwer vorstellbar was sie durch diese Übung erreichen sollten, bisher hatte die Sildenerin schon Schwierigkeiten gehabt überhaupt ihr Gleichgewicht zu behalten.
Sie wusste nicht wie lange sie schon dabei war, ihr kam es vor wie Tage.
Der jungen Frau tat alles weh, dabei war es natürlich schwer sich zu entspannen, trotzdem fühlte sie sich irgendwie richtig gut. Saphiria konnte es nicht erklären aber der Duft des Sees schien tatsächlich eine entspannende Wirkung auf sie zu haben.
Vielleicht war das schon der erste Schritt auf dem langen Weg zum Ziel. Saphiria konnte es nicht sagen, noch nicht, denn noch lag ein langer Weg vor ihr und wie lange sie dafür brauchen würde lag wohl nicht alleine in ihrer Hand. Oft war man auf äußere Umstände angewiesen, vielleicht war es auch hier so, vielleicht hatte er ihr der Duft geholfen die erste Schwelle zu überschreiten. An Zufälle glaubte Saphiria nicht, es war Schicksal, an das sie glaubte.
Hatte man sein eigenes Schicksal aber nicht zumindest teilweise in der eigenen Hand?
Die junge Sildenerin wusste es nicht, ihr blieb nur alles so zu machen wie sie es bei ihrem Lehrmeister gesehen hatte und zu hoffen, dass sie gut genug war.
Die Reihenfolge hatte sie sich ja schon gleich als erstes eingeprägt, inzwischen konnte sie aber die Übungen auch richtig durchführen, auch wenn Saphiria noch Schmerzen dabei hatte. So versuchte sie sich doch dabei gehen zu lassen, einfach in ein Licht aus Nichts einzutauchen. Noch hatte sie nicht wirklich viel Erfolg damit aber das Mädchen hoffte mal auf dem richtigen Weg zu sein und sich nicht zu verirren.
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Die Tage nach dem Turnier waren mehr oder weniger träge an Gwydion vorbei getrieben. Noch vor der Abreise aus Al Shedim hatte er von dem bisschen Geld, dass er bei sich gehabt hatte, ein Tuch für Feen gekauft, ein paar südländische Gewürze und einige Samen, die der Verkäufer „Kakaobohnen“ genannt hatte. Was es genau mit diesen Bohnen auf sich hatte, das konnte der Druide noch nicht sagen, aber er würde es bei Gelegenheit einmal ausprobieren.
Außerdem hatte er sich von einigen der anderen Druiden ein klein wenig erzählen lassen über den nächsten Grad der Naturmagie. Viel mehr, als dass man damit in der Lage war sich in Tiere zu verwandeln und besser im Wald zu tarnen und, dass es recht schwer war das zu erlernen, hatte er aber bisher nicht mitbekommen. Er war von Garaia dazu angehalten worden diese Stufe der Magie selbst zu erlernen, mit Hilfe der anderen Druiden vielleicht, aber ansonsten vollständig aus eigenem Antrieb und eigenen Erkenntnissen. Gwydion war gespannt, ob ihm das gelingen würde.
Im Moment aber war er noch immer erstaunt über Feen und ihre Ambitionen reiten lernen zu wollen. Nicht, dass Gwydion etwas dagegen hatte, dass seine Frau sich weiter bildete, aber ausgerechnet eine Fähigkeit lernen zu wollen, die Tiere, jene Wesen mit denen Druiden mehr als alles andere zusammenarbeiten neben den Pflanzen, zu Knechten degradierte. Das Beste war ja, dass sie sich auch kein gewöhnliches Pferd ausgesucht hatte, dass sie herum scheuchen konnte, nein. Feen ritt auf einem Hirsch.
Noch hatte der Druide sie nicht darauf reiten sehen, aber alleine die Vorstellung, dass dieses majestätische, freie Waldtier von einem Menschen herum kommandiert wurde, egal mit welchen Mitteln, mögen sie noch so freundlich und sanft sein, das stieß Gwydion sauer auf. Natürlich war es eine Sache ein Tier mit Hilfe der Magie um etwas zu bitte und eine andere es ihm mit lauten, wilden Worten und Zügeln zu befehlen, aber dennoch konnte sich der junge Mann mit der Vorstellung nicht so recht anfreunden.
Dem Hirsch schien es immerhin bisher nichts auszumachen, er trottete gemütlich neben Feen her und strahlte eine Aura der Ruhe aus. Vielleicht hatte er keine Herde, zu der er gehörte und um die er sich kümmern musste und konnte sich deshalb so gelassen von einem Menschen aus seinem Revier, seiner vertrauten Heimat führen lassen. Gwydion beschloss das Tier im Auge zu behalten und wenn es nötig wäre seine Frau von dieser Idee abzubringen.
Ein Krächzen über ihm verriet ihm, dass er mal wieder nicht alleine war. Der Rabe, der ihn öfter begleitete, schwebte kurz über ihnen, zog einen Kreis, doch nachdem Gwydion ihm klar gemacht hatte, dass alles in Ordnung war, zog er sich zurück. Der Druide sollte sich vielleicht mal einen Namen für ihn einfallen lassen. Vielleicht konnte der Rabe ihm ja sogar ein wenig dabei helfen seine Magie weiter auszubauen.
Während er so neben den beiden Damen her lief, neben Feen und ihrer Reitlehrmeisterin, ging Gwydion in Gedanken die wenigen Informationen durch, die er über die nächste Stufe der Magie hatte. Er hatte von irgendjemandem gehört, dass dafür eine große Menge an magischer Energie im Magier vorhanden sein muss. Es würde nicht leicht werden die Schwelle zu überschreiten, die nötig war um solche Kräfte frei zu setzen. Wie beiläufig tastete der Druide nach dem Stück Geweih, das er immer als Anhänger an einem Lederband um den Hals trug. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er einen kleinen Vorteil gegenüber anderen hatte, um diese Magie zu lernen.
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Schnaubend kam Ornlu in Silden wieder an. Er hoffte, dass Ryu es packen würde. Er hoffte, dass er seinen Freund heute nicht das letzte Mal sah. Es wäre ein schwieriger Moment für den Druiden, aber auch dies eine Sache die er akzeptieren müsste. er hoffte bloß, dass Ryu sein Naturbewusstsein steigern könnte, denn dies würde er gewiss brauchen.
Vor den Kavernen traf er Leyla an. Sie schien ihm schon gesucht zu haben.
"Bewahre! Verzeih ich habe Ryu verabschiedet und den Morgen über musste ich wegen dem Totenfeuer für Raddeck etwas regeln. Komm wir legen gleich los. Aber dort wo etwas mehr Ruhe ist."
Leyla nickte nachdenklich, ehe sie wieder mehr an den Rand Sildens gingen.
Vor Ort bat Ornlu Leyla etwas zurück zu treten, während er inmitten einer Grasfläche stand.
"Du erinnerst dich bestimmt an die damalige Minecrawlerjagd und mein Rankennetz. Ich zeige dir jetzt, wie du dich mit Hilfe der Magie schützen kannst."
Ornlu begann sich zu sammeln, seine Magie in wenigen Augenblicken zu entfachen, ehe er druckvoll mit offener Hand gen Boden stieß und im nächsten Moment das Gras in atemberaubendem Tempo in die Höhe schnellte. Kurz hing es lose und wild in der Luft, bevor Ornlu mit der anderen Hand ein weiteres magisches Echo nach vorne auf den dichten Graswall stieß und dieser begann sich etwas rundlich auszuhöhlen, zu verflechten und an den Seiten ebenso Ornlu zu umgeben. Man spürte förmlich wie die Magie in heftigen, kontrollierten Stößen wirkte. Zu guter Letzt setzte der Druide einen letzten großen magischen Stoß mit beiden Händen und wurde vom Grasgeflecht in einer Art Käfig nahezu umschlossen. Die gräsernen Stränge wurden fester und dichter. Ornlu schnaubte durch, ehe er aus dem rankenähnlichen Käfig heraustrat. Innerhalb von wenigen Sekunden hatte er dieses Gebilde erschaffen.
"Das Leyla, wirst du Schritt für Schritt lernen. Ich kann dir zusichern, dass mir diese Technik einige Male das Leben rettete. Sei es durch Pfeilbeschuss oder dutzende Goblins die darauf einschlugen. Diese Technik kannst du mit allem pflanzlichen machen. Sei es Gräser wie hier oder Wurzeln, die du im Wald aus dem Erdreich empor rufst. Der erste Schritt wird einfach. Dies ist lediglich wachsen lassen, der zweite ist der Schwerste. Du musst das Gebilde formen und strukturieren, sogar teils zwei Pflanzen zu einer verschmelzen lassen. Der letzte Schritt wird dir bekannt sein - verhärten lassen. Diese Technik kannst du natürlich auch offensiv nutzen und jemanden darin einsperren. Haushalte richtig mit deiner Magie, versuch eine Art Choreographie für diese drei Schritte zu machen. Es wirkt am besten, wenn alles flüssig aufeinander folgt und überanstrenge dich nicht sofort. Der Rankenkäfig oder Rakenschild ist eine aufwendige Technik, in der du in kurzer Zeit viel Magie einsetzen musst. Und nun beginne, ich steh dir für Fragen offen.", meinte Ornlu und näherte sich seinem Rankenschild. Kurz schloss er die Augen, ehe er in aller Ruhe das Gebilde regelrecht einstürzen ließ und in die Grundform langsam zurückwachsen. Immerhin konnte er den Gräsern nicht dieses Schicksal zumuten.
Geändert von Ornlu (07.10.2008 um 17:59 Uhr)
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