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Lehrling
Verärgert streifte Negg durch Al Shedim. Die Nomaden, die ihm begegneten, blickte er böse an, als könnten sie etwas dafür, dass ihm sein gesamtes Gold -immerhin 150 Goldmünzen- gestohlen worden war. Der Taschendieb, der Negg am Vorabend angerempelt und dabei wohl das Gold gestohlen hatte, war ebenso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war. Nun war Negg pleite. Er ging an den Rand der Stadt, wo seine beiden Freunde heute Wache hielten, jene Nomaden, die ihm vor einiger Zeit in einer nahegelegenen Höhle geholfen hatten, Minecrawler zu erlegen.
Die beiden hatten hier am Rande der Stadt ein Lagerfeuer entzündet und nun setzte sich Negg zu ihnen. Er erzählte ihnen was geschehen war.
Der erste Nomade ließ einen langen Pfiff hören.
"150 Goldmünzen! Nicht schlecht. Wenn die mir gestohlen worden wären, wär ich auch reichlich angefressen."
Der zweite Nomade nickte zustimmend.
"Du sagst ein mittelgroßer Mann mit leichtem Vollbart und schwarzen Haaren ? Tut mir Leid, den haben wir HIER nicht gesehen. Sieht so aus als wenn du dein Gold los bist."
Negg schaute ins Feuer.
"Hier! Trink einen Kaktusschnaps! Danach sieht alles ganz anders aus!"
Der zweite Nomade reichte Negg einen Schnaps.
"150 Goldmünzen in so kurzer Zeit verdient, vielleicht sollte ich auch Dieb werden! Haha!"
Der Nomade lachte über seinen Scherz während Negg einen großen Schluck vom Kaktusschnaps nahm. So schlecht war diese Idee eigentlich gar nicht...
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Verträumt starrte Aniron auf ihr Essen. Der Tag war einfach wunderbar gewesen. Er hatte ihr gezeigt, warum sie sich um Menschen und ihre Verletzungen kümmerte. Und sie an ihren Wunsch erinnert, eines Tages Menschen auch mit Magie heilen zu können. Maris` Freude wieder laufen zu können, hatte sie angesteckt. Nicht nur das, sondern auch das Lächeln, eines ihr liebgewordenen Menschen machte sie glücklich. Und als er sie so angestrahlt hatte, was waren ihre Knie da auch wieder weich geworden. Die blauen Augen und das angenehme Gesicht des Blonden wollten ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen.
Sirii lag vor ihr, die Katze war innerhalb der letzten Monate sehr gewachsen. Sie hatte die zwei Wochen ohne Aniron gut überstanden. Da gleichen wir uns wohl, dachte Aniron. Sie verschwindet hin und wieder und auch ich verschwinde mal und komme wieder. Und wir beide wissen, dass der jeweils andere immer hierher zurückkehren würde. Aniron schluckte einen Happen Brot und strich ihrer Katze über den Kopf. Was hast du jetzt vor? schienen die großen Bernsteinfarbenen Auges des Tieres sie zu fragen.
Ja, was hatte sie denn vor? Bald würde Herbst werden. Auch wenn dieser hier anders war, als in Vengard. Vengard. Erst heute hatte sie erfahren, was alles in Myrtana geschehen war. Wenn sie all die Gefahren des Krieges betrachtete, hatte sie trotz ihrer nicht ungefährlichen Reise ein gutes Los getroffen. Trotz ihrer Flucht und ihrer Wanderung nach Al Shedim, konnte sie sich glücklich schätzen, nicht mehr in Vengard zu sein.
Aber nun wurde es Zeit, dass sie auch etwas tat, um voran zu kommen. Maris würde nicht mehr allzu lange ihre Hilfe brauchen und auch die Arbeit im Kräutergarten würde zumindest für einige Zeit weniger werden. Sie würde sich jemanden suchen, der sie in die Künste der Magie einweihte.
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Melaine jonglierte einige lange Momenten mit den Gedanken, Corwyn ihren neuen Zauber zu demonstrieren, indem sie ihn gegen ihren Lehrmeister verwendete, nur um darauf Treibsand unter ihm zu erschaffen und zuzusehen, wie er in ihm versinken würde.
Närrin, donnerte eine Stimme in ihrem Kopf und die Erinnerungen an den Rang und die Fähigkeiten des spitzbärtigen Magiers überfielen sie, sodass sie demütig den Kopf senkte und sich wieder aufrecht hinstellte. Es würde zwar weniger gut aussehen, einfach so Treibsand zu erschaffen, ohne einen Menschen darin versinken zu sehen, doch sich noch ein weiteres Mal dieser Tortur auszusetzen wollte sie nun auch nicht. Und natürlich war hier am Meer kein Wasserträger oder Novize, der ihr dabei noch zufällig über den Weg lief, geschweige denn sich freiwillig in ihre Obhut begab.
„Mit dem Treibsand steht es gut, Meister!“, entgegnete sie ruhig, „Ich habe es selbständig ausprobiert. Das ich meinem eigenen Zauber wieder entwischen konnte ist jedoch kein Zeichen dafür, dass jener unzureichend ist, sondern eher als Beweis dafür zu sehen, dass ich den von mir angerichteten Schaden auch wieder rückgängig zu machen im Stande bin. Doch will ich euch nicht bloß mit Worten darlegen, was ich erreicht habe. Seht selbst!“
Melaine schloss die Augen und konzentrierte sich ein weiteres Mal an diesem Tag auf die Magie. Sie wählte sich eine freie Fläche im Boden, etwas weiter von ihrem Lehrmeister und sich selbst entfernt. Sie war kleiner als der Innenraum des Hauses und bot so weniger Möglichkeiten, sich zu verausgaben. Sie wusste nicht, was sie ihm an diesem Abend noch so alles zeigen sollte, weshalb sie die geringere Größe wählte.
Mit offenen Augen, den Blick auf die Magie geschärft, webte sie erneut ein vielleicht für außenstehende recht seltsam anmutendes Gewebe einige Fuß unter der Erde. Kleine Ranken stießen aus dem Boden und sammelten die Feuchtigkeit der Luft, wenngleich sie auch das anliegende Meer nutzen konnte, wozu sie jedoch das Gewebe hätte verändern müssen, damit das Wasser nicht ungleichmäßig von Oben den Boden aufweichte.
So sorgte ihre Magie dafür, dass das Wasser jede Lücke im Sand füllte, sodass das gewünschte Gemisch, welches aus gleichen Teilen Wasser und Sand bestand, entstand.
Als der Boden ausreichend mit Wasser angereichert worden war, ließ Melaine sich das Gewebe langsam auflösen. Dabei kam ihr die Idee, dass man den Treibsand nicht unbedingt direkt unter dem Gegner erschaffen musste. Man könnte ihn auch mit ihrem zweiten Zauber in den Treibsand treiben. Allerdings würde man sich dagegen nur allzu leicht wehren konnte, vor allem dann, wenn man sich weit genug vom Treibsand befand.
Die Schülerin strich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Treibsand!“, verkündete sie etwas schwerer atmend. „Damit du dies nicht selbst testen musst und damit auch ich davon verschont bleibe…“, begann sie und brach kurz darauf ab. Das Problem, was sich ihr nun stellte, was, dass es hier keinen geeignet großen Stein gab, wie sie ihn bei den Ruinen gefunden hatte. Außer Sand und einem größeren, halb im Sand versunkenen Felsen war hier nichts. Und ersteren im Treibsand zu versenken war kein ausreichender beweis, wohingegen letzterer zu groß war, als dass die rothaarige Magierin ihn bewegen konnte und der Tümpel zu klein, um ihn aufzunehmen.
Die junge Frau überlegte einen Moment, ehe sie sich daran erinnerte, was sie in der letzten Woche gelernt hatte. Es war nicht so, dass sie dies alles vergessen hatte, bloß schien sie Teile davon nicht mehr ganz so präsent zu haben, wie sie es eigentlich sollte. Doch gerade noch rechtzeitig, so schien es, kam ihr der rettende Gedanke.
Mit schnellen Schritten näherte sie sich dem großen Felsen, musterte ihn kurz, bevor sie ihre Hände auf ihm ablegte. Ihre Magie floss in ihn hinein, blaue Strahlen leuchten aus ihren Händen und aus den imaginär vorhandenen Rissen im Felsen, die mit einem lauten Krachen ihren Anspruch auf Realität verdeutlichten. Ein genügend großer Klumpen löste sich zitternd aus dem Gestein und schwebte zwischen den Händen der Adeptin des Wassers.
Vorsichtig, darauf achtend, den Stein nicht fallen zu lassen, schritt sie zu ihrem kleinen Treibsandloch zurück. „Nun. Dieser Stein sollte schwer genug sein, um zu zeigen, dass der Treibsand sich auch wie welcher verhält!“, sprach Melaine und ließ den Stein dich über die Oberfläche schweben, ehe sie ihn in die Suspension eintauchen ließ. Langsam sackte der kleine Fels tiefer in die Erde und verschwand schließlich mit einem letzten, verzweifelten Sauggeräusch unter der Oberfläche.
„Den Treibsand wieder aufzulösen habe ich auch geübt!“, fuhr die Schülerin eifrig fort und knüpfte aus den Strängen der Magie, die ihre Hand verließen, ein weiteres, ähnlich dem Wasser vernichtenden Zauber, den sie zum trocknen von Kleidung einsetzte, Gewebe, welches ebenso in den Treibsand wie zuvor der Stein einsackte, jedoch im Gegensatz zu ihm nicht versank, sondern das Wasser wieder hinauszog und an die Umgebung abgab. Kurze Zeit später war der Boden wieder sandig und Melaine bewies es, indem sie sich auf die zuvor vom Treibsand beherrschte Stelle ohne Einzusinken stellte.
„Ihr hattet mir vor ungefähr einer Woche die Aufgabe gestellt, mir einen eigenen Zauber auszudenken, den ich in einem Kampf verwenden könnte, um meinen Gegner anzugreifen. Diese Aufgabe habe ich gelöst.
Ich dachte mir, dass es sinnvoll ist, seinen Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen, wenn er sich schon nicht die Gleichgicht unterordnen will. Dazu lasse ich den Sand unter den Füßen des Gegners sich zu einer Platte zusammendrängen, die dann auf verschiedene Varianten bewegt werden kann!“, erklärte die Magierin. Tatsächlich hatte sie aus dem bloßen vor und zurückschieben der Platte mittlerweile ein Schwanken werden lassen. „Ich werde es an mir demonstrieren!“, fügte sie hinzu.
Magie strömte in dünnen Fäden aus ihren Fingern und verband sich mit der Erdmagie des Bodens. Es dauerte nur einen winzigen Augenblick, da ordnete sich der Sand etwa eine Handbreit unter ihren Füßen zu einem festen Quader an, welches mit ihrer Magie vollständig ausgefüllt wurde, ehe diese eine schützende Hülle um den Sand entstehen ließ.
Die Fäden hingen noch immer an ihren Händen und als wäre die Platte eine Marionette, zuckte Melaine mit den Fingern, währenddessen die Platte ruckartig unter ihrem linken Fuß in die Höhe gerissen wurde, nur um sich kurze Zeit später wieder abzusenken, ehe sich die rechte Seite hob, so hoch, dass Melaine umgekippt wäre, hätte sie nicht gerade noch rechtzeitig den Fuß ein Stück zur Seite bewegt. „Natürlich lässt sich dies auch noch etwas schneller ausführen, sodass der Gegner keine Möglichkeit mehr hat, sich dagegen zu wehren. Nur soweit bin ich noch nicht gekommen!“
Der hohe Wassermagier nickte bloß und deutete mit seinem Finger in Richtung Al Shedim und setzte sich langsam in Bewegung. Melaine blickte ihm etwas irritiert nach und folgte ihm schließlich, sich fragend, ob das, was sie gemacht hatte, nicht das war, was er von ihr erwartet hatte.
Allerdings schwieg Corwyn das erste Stück des Weges und ließ Melaine mit ihren Zweifeln in ihrem Geist alleine…
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Zugegeben, er war beeindruckt. Für den Moment, in dem er seine Schülerin beobachtet hatte und auch noch in der Zeit, als sie sich vom Meer zurück gen Al Shedim bewegten.
Doch seine Gedanken war anderweitig beschäftigt. Sie musste den Stab testen. Für ihn. Sie besaß zur Zeit noch weniger magisches Potenzial als er, bei ihr würden die eventuell fatalen Folgen weniger fatal ausfallen. Er hoffte, dass sie darauf einging, eine Garantie hatte er nicht. Es erschien ihm zu unfair bei dieser persönlichen Angelegenheit sein Amt als Lehrmeister zu missbrauchen. Deshalb kehrte er rasch in diese Rolle zurück, um die Sache zu einem Ende zu bringen.
Es war nur noch ein Steinwurf bis zum Tempel, als Corwyn stehen blieb und sich zu seiner Schülerin umdrehte.
"Zuerst einmal vielleicht noch eine Anregung, ich weiß nicht, ob du ähnliche Übungen schon einmal praktisch ausgeführt hast: In bestimmten Situation kann es notwendig sein, dass du deine Magie nicht durch deine Hände fokussierst, sondern mit anderen Körperteilen. Beispielsweise, wenn man dir deine Arme abgeschnitten hat oder was-auch-immer. Du solltest einmal ausprobieren, auch in anderen Regionen des Körpers die Magie fließen zu lassen - wenn idu dies nicht sowieso bereits ausprobiert hast.
Nun, was bleibt noch zusagen? Es war wirklich eine eindrucksvolle Vorstellung, die du mir da gerade geboten hast. Der Treibsand ging dir problemlos von der Hand und auch die spontane Demonstration zeigte, dass du die Zauber, die ich dir gezeigt habe, verinnerlicht hast.
Natürlich ist dir auch bewusst, dass es nur eine kleine Auswahl aus der ganzen Bandbreite an Möglichkeiten war. Ich sage meinen Schülern immer, dass, wer ein guter Magier werden will, das wichtig ist, was man selbst herausfindet. Ein Lehrmeister kann einem immer nur die Richtung zeigen, den Weg muss man selber gehen. Ich denke, dass ich bei dir besten Gewissens sagen kann, dass du in den vergangenen Tagen ein gutes Stück Weg gegangen bist. Ich gratuliere dir, denn von nun an sollst du dich als Magiekundige der dritten Stufe bezeichnen." Corwyn reichte seiner Schülerin die Hand, um sie zu schütteln. Er lächelte freundlich.
Doch schlagartig wurde seine Miene wieder ernst. Sein Blick senkte sich hinab auf den Stab in seiner Hand, dann wanderte er wieder zu Melaine, die seinen Blicken gefolgt zu sein schien. "Seitdem wir in Al Shedim sind, hat die Kugel dieses faszinierende Leuchten angenommen. Bitte", sagte er, "probiere ihn aus. Ich glaube, dass er seine Eigenschaften hier in der Ruinenstadt geändert hat."
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„Ich..“, brachte sie hervor, eigentlich noch etwas auf die Worte ihres Lehrmeisters erwidern wollend, doch nun ihren Blick auf den Stab senkend, „…“ Sie hatte ihn nicht gesehen. Sie hatte ihn nicht sehen wollen. Er sollte nicht da sein, wo er war, er sollte zerstört sein, irgendwo sein, nur nicht hier, nur nicht in ihrer Nähe und sie in Versuchung führen. Und Corwyn… er bot ihn ihr an… Was sollte sie tun?
Oh, nicht, dass sie diesen Stab verabscheute, weil er Macht besaß, sie hasste ihn, weil er ihr ihre Schwächen zeigte. Blickte sie ihn an, spürte sie die Gier in sich aufsteigen. Wie ein Dämon aus dem Boden bricht sie und erhebt sich in den schwarzen Nachthimmel, wohl wissend, dass wenn ihre Herrin ihr nicht gebieten konnte, sie alsbald über ihre Herrin gebot und keine Macht sie würde aufhalten können, außer die jenes Weisen, der nun den Fehler machte und den Stab ihr darbot.
Beim letzten Mal hatte der Stab ihr die Magie ausgesaugt, wie eine Mücke das Blut, und eine Leere zurückgelassen, die sie an allem zweifeln ließ, die ihr die Kälte dieser Welt offenbart hatte. Dieser Stab hatte sie gebrochen und war doch lebendig aus einem Magieleerem Gebiet zurückgekehrt. Er lebte und… wie konnte sie ihn übersehen haben? Die ganze Zeit? Er hatte ihn doch bei sich getragen…
Lag es daran, dass er sich verändert hatte? Was war er nun? Nicht mehr bloß die geglaubte Reflexion der eigenen Stärke, sondern angefüllt von der Magie vierer Diener Adanos‘? War er rein und alles dunkle aus ihm vertrieben? Oder war er noch immer die lauernde Schlange, bereit zuzubeißen und die Magierin auszunehmen, wie ein Wolf sein erlegtes Opfer?
Melaine schüttelte den Kopf. Verschwende deine Kraft nicht auf den Stab!, donnerte sie in ihrem Gedanken und blickte von ihm auf, blickte mit gequältem Ausdruck in das Gesicht ihres Lehrmeisters. „Ich danke euch für die Anregung und werde sie beherzigen. Natürlich bedarf ich nicht meiner Hände, um die Magie zu wirken, doch ist es die einfachste Methode, da es die ursprüngliche war. Einfachere Zauber dirigiere ich ohne Hände und auch diese Zauber der dritten Stufe werde ich in naher Zukunft ohne sie ausführen können. Ich werde daran arbeiten!
Dann danke ich euch für eure Mühen und für den Weg, den ihr mich begleitet habt. Es war beeindruckend, euch bei dem Zauber um Vengard erleben zu dürfen, egal welchen Ausgang er hatte. Ich empfinde einen tiefen Respekt vor euren Fähigkeiten, wenngleich ich euch dies zuvor nicht gezeigt habe.“, sprach Melaine mit ernster Miene und machte einen tiefen Knicks vor ihrem nun ehemaligen Lehrmeister.
„Allerdings kann ich euch diese Bitte nicht erfüllen… Der Stab..!“, fuhr Melaine fort und unterbrach sich, als sie den Blick des Spitzbärtigen kreuzte. Sie glaubte, etwas Flehendes in ihm zu entdecken und gleichzeitig eine unnachgiebige Härte, die darauf bestehen würde, dass die Adeptin tat, um was der hohe Wassermagier sie bat.
Das Verhältnis eines Lehrmeisters war anders als jenes zwischen, auf dessen Ebene sich Melaine nun nach der Lehre bewegte. Ein Lehrmeister hatte seinen Schüler voranzutreiben und zu schützen, wohingegen ein höherrangiger Magier Befehle erteilen konnte, deren Nichterfüllung Konsequenzen nach sich ziehen konnte, derer sich die junge Frau zwar nicht bewusst war, von denen sie jedoch ahnte, dass sie härter als der Blick des Turbanträger werden konnten.
Und außerdem hatte die Maga schon oft ihrer Sehnsucht nachgegeben. Sie wollte den Stab berühren und ließ sich doch von ihrem Verstand leiten, der immer wieder von vorne die Gefahren und die Erinnerungen an das erste Mal herunterbetete, so als würde die Litanei sie zermürben, auf ihn zu hören. Und doch beugte die Adeptin den Kopf. „Nun gut, ich werde es tun!“, sprach sie demütig und griff mit finsterem Blick nach dem Stab. Beinahe musste sie Corwyn den Stab aus der Hand reißen, doch bevor es dazu kam lösten sich seine widerwilligen Finger und gaben ihn frei.
Melaine brauchte kaum ihre Magie in ihn zu lenken, brauchte ihn kaum berühren, da schien seine magische Kraft um sie herum zu explodieren. Eine Kuppel aus blauem Licht bildete sich um die Magierin des Wassers und verbreiterte sich schließlich zu einer stattlichen Größe, eine Fläche einnehmen, für deren Umrundung die junge Frau hätte laufen müssen, wollte sie es innerhalb weniger Augenblicke schaffen.
Die Magie füllte die Kugel, Blitze jener Macht zuckten von der Kuppel in den Boden und doch war von all dem nichts zu sehen, wenn man seinen Blick nicht für die Magie geschärft hatte.
Melaine glaubte, dass Corwyn verschwunden war. Vielleicht befand er sich außerhalb der Kuppel, vielleicht befand er sich hinter ihr, doch mit ihren Augen konnte sie ihn nicht sehen, spürte nur die Macht des Stabes, die drängend ihren Körper zu erfüllen begann. Ein Sturm der Macht raste durch die Adern der Rothaarigen und ihre Augen strahlten in einem hellen weiß, als sie jene seufzend vor Entzückung aufriss.
Ein Schrei spitzer Schrei entrann ihrer Kehle, ehe sie den Stab in den Boden stieß und sich wünschte, Corwyn würde sich nicht innerhalb der Kuppel aus Magie befinden.
Die Erde begann zu erzittern und eine Welle aus Sand erhob sich kreisförmig um die Magierin und donnerte mit einem tiefen Grollen auf die magische Begrenzung zu, die sie nicht zu durchdringen vermochte. Und doch erhob sich immer mehr Sand um die Magierin herum, bis sich eine tiefe Kuhle gebildet hatte, in deren Mitte die Adeptin des Wassers auf einem felsigen Pfahl ruhte und dann…
umfing sie eine tiefe Dunkelheit. Stimmen drangen an ihr Ohr, doch sie nahm die Worte nicht wahr, hörte nicht ihren Klang, wusste nur, dass es Stimmen waren. Baten sie die Magierin, aufzuhören? Oder flehten sie um Gnade?
Sie öffnete die Augen und sah auf einen vor ihr knienden Mann herab, der die Hände vor sich auf den Boden gestützt hatte und mit seinem Kopf immer wieder nach unten fuhr, um den Felsen zu küssen, aus denen der Boden gemeißelt war. Sie hörte sich lachen, ehe sie mit den Fingern schnipste und somit einem Mann in einer feurig roten Robe befahl vorzutreten, was jener auch ohne sofort tat. Mit gesenktem Kopf näherte er sich ihr und wartete auf ihre Worte.
Und als die ersten Gedanken erklangen und das Lied des Todes anstimmten, erfüllte Panik die junge Wassermagierin und sie wollte die Worte verhindern, die sie daraufhin aussprach: „Für deine Sünden, die Natur mehr geliebt zu haben, als deinen Gott, für deine Sünden an den Menschen dieses Reiches durch deine Ignoranz, sollst du in den reinigenden Flammen vergehen und geläutert werden!“, hallten ihre Worte durch die weiße Halle und ließen den Kopf des Mannes mit gleichem Entsetzen hochfahren, welches auch die Wassermagierin erfüllt hatte.
„Das…!“ , wollte er sagen, doch die Stimme versagte ihm den Gehorsam, als Flammen seinen Körper zu umhüllen begannen. Nur noch ein letzter, langgezogener Schrei des Schmerzes verließ ihn und mit ihm ging seine Seele und ließ die tote Hülle zurück auf den Boden sinken wie ein abgeworfenes Kleidungsstück.
Sie lachte noch immer, ehe sie sich von ihrem Stuhl erhob und im nächsten auf ihn zurücksackte. Eine weißhaarige Frau stand direkt vor ihr. Sie hatte ihr den Rücken zugewandt und als jene erneut den Mund öffnete, erkannte Melaine, dass es deren Stimme gewesen war, nicht die ihre, die das Urteil gesprochen hatte.
Melaine sah, wie der Mann in der roten Kutte auf den Thron deutete und im nächsten Moment fuhr die Weißhaarige herum. „Du schon wieder!“, drang es zischend aus ihrem Mund, „Habe ich dir beim letzten Mal nicht gezeigt, dass du hier nicht hingehörst!“
Die Wassermagierin wollte etwas erwidern, stattdessen ergriffen die Erinnerung an ihre letzte Begegnung mit dieser Frau von ihr Besitz und sie erhob sich mit kaltem Blick, der jedoch nicht an den der Frau heran kam. „Wer bist du?“, fragte sie ruhig.
„Esnai, dummes Kind!“, war die einfache und zugleich zerstörerische Antwort. Taumelnd glitt Melaine zurück auf den schwarzen Thorn und die Finsternis raubte ihr die Sicht…
„Nein!“, schrie Melaine und riss die Augen auf. Sie blickte auf einen See, in dessen Mitte sie sich stehend auf einem Stück Felsen befand, doch als sie die Augen tatsächlich öffnete, erkannte sie bloß einen tiefen Krater um sie herum und Sand, der an den Wänden der Kuppel klebte. Die Magie wallte in ihrem Körper und Tränen liefen ihr die Wangen herunter… Das war alles nicht wahr…
Die Kuppel begann zu erzittern und der Sand fand seinen Weg zurück auf den Boden. In feinen Strömen rieselte er von der Decke hinab in den Graben um sie herum, füllte ihn wieder auf. Und als die Kuppel geräuschlos implodierte und sich in die Kugel des Stabes zurückzog, ließ sie eine weinende Frau zurück.. „Zu stark!“, stammelte sie, „Zu viel..“ Leere Augen blickten in die Nacht, währenddessen der Stab im Boden steckend langsam in Schieflage geriet...
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"Sie hat irgendwo östlich von hier ihren Turm. Es ist etwa in der Mitte zwischen Al Shedim und Bakaresh, so ziemlich an der Küste, soweit ich weiß. Kannst du eigentlich nicht verfehlen.", endete der Magier seine Ausführen.
"Sollte ich irgendetwas beachten? Bei ihr? Auf dem Weg dort hin?", fragte Solveg sicherheitshalber.
"Nimm genug Wasser und auch was zu Essen mit. Ansonsten verhalte dich so, wie du dich jedem anderen Magier und jeder anderen Frau gegenüber verhalten würdest."
Das Augenzwinkern hatte der Adept nicht übersehen. Dennoch antwortete er in normalem Ton: "In Ordnung, ich danke euch. Sobald ich zurück bin, werde ich euch wieder aufsuchen!"
"Möge Adanos dich schützen.", rief der Magier ihm nach, Solveg dankte ihm gedanklich für den Segen. Dann verließ er den Tempel, was er brauchte, hatte er quasi schon dabei. Etwas zu Essen würde er noch in der Taverne besorgen, am Kanal würde er noch Wasser holen, danach konnte er aufbrechen.
Sein Ziel war eine Priesterin Adanos'. Sie lebte, wie er nun wusste, nicht in Al Shedim, sondern außerhalb der Tempelstadt in einem Turm. Mindestens einen Tag sollte der entfernt sein, aber der Dunkelblonde war das Warten ja gewohnt, auf einen Tag mehr oder weniger kam es nun nicht mehr an.
Was er von ihr wollte, war etwas, worüber er schon vor längerem nachgedacht hatte, doch dann war ihm etwas dazwischen gekommen, zwischenzeitlich hatte er den Gedanken gänzlich vergessen, dann war er letztens noch bei Melaine in der Lehre gewesen, sodass die Zeit immer weiter vorangeschritten war. Nun aber hatte er Zeit und Muße, diesen Weg auf sich zu nehmen, um sich von dieser Priesterin eine Robe anfertigen zu lassen. Seine alten, teilweise schon kaputten Kleider waren es nun langsam nicht mehr wert, getragen zu werden. Sicherlich waren sie zum Teil mit gutem Leder verstärkt, aber was brachte das, wenn die Alltagstauglichkeit eher mäßig war?
Nach einigem hin und her Fragen hatte er dann endlich herausgefunden, dass es nur einen Robenmacher gab, genauer gesagt war es eine Robenmacherin. Und die wollte er nun aufsuchen.
Auf dem Weg zum Kanal fiel ihm plötzlich ein, dass er gar nicht gefragt hatte, wie sie heißt. Sollte er noch einmal zurückgehen? Solveg zögerte, blickte einem Moment auf seinen inzwischen gefüllten und tropfenden Wasserschlauch und entschied sich dann dagegen. Es würde auch ohne Namen gehen. Sie war ja sicherlich nicht stumm und konnte ihn ihm nicht selbst sagen.
Und so marschierte er gemächlich gen Osten, im Moment sämtliche Sonnenstrahlen direkt gegen ihn gerichtet, aber das war nach wie vor nichts Neues. Zumal die Morgensonne noch einigermaßen erträglich war, verglich man es mit dem Rest des Tages.
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Gestern...
Fassungslos hatte er das sich darbietende Schauspiel gesehen, er war hin und weg, vollkommen begeistert von der Macht, die dem Werkzeug nun innewohnte! Er wollte ihn jetzt wieder an sich schließen, doch Melaines Zauber hielt an - was auch immer sie da tat, es schien unkontrolliert und wild zu sein, so als wäre das alles...
"Zu stark! Zu viel..", drang die Stimme der Maga an die Ohren des Turbanträger, er versuchte, die Frau in ihrer magischen Kugel zu erkennen, sie mit dem magischen Auge zu erfassen, doch es war unmöglich. Wie ein Unwetter, das einem draußen die Sicht raubte, vernebelte die Magie die Kugel, die Melaine geschaffen hatte, bis... ja, bis das Gebilde einfach in sich zusammenfiel.
Corwyn bekam eine Gänsehaut von der Magie, die in der Luft lag. Es kribbelte richtiggehend auf seiner Haut, so stark war die Konzentration der Macht in der Umgebung.
Dann rannte er los, auf die schwankende Melaine zu. Der Stab steckte vor ihr im sandigen Boden und als er die Maga erreichte, fiel er zu Boden - das Leuchten in seiner Kugel war stärker als zuvor. Corwyn aufgeregt. Das war die stärkste magische Ladung, die er in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Er wollte es unbedingt selbst ausprobieren. Doch seine Vernunft gebot ihm einen Augenblick Einhalt. Wenn er sich schon nicht von der Vernunft aufhalten ließ, so konnte sie es doch herauszögern. "Melaine? Alles klar bei dir?", fragte er seine Schülerin und drückte sie vorsichtig durch den noch immer herabrieselnden Sand in Richtung Tempel, den Stab mitnehmen. Er fühlte sich heiß und kalt zugleich an. Ein kalter Schauer nach dem anderen jagte dem Spitzbärtigen über den Rücken. Es war zum Bersten gespannt und voller ungehaltener Vorfreude auf das, was kommen könnte.
"Komm ich bringe dich auf dein Zimmer", erklärte er Melaine was er zu tun gedachte und führte sie den Weg zum Tempel und die Treppen hinauf. Anscheinend hatte das Erlebnis sie so stark mitgenommen, dass sie nun kaum mehr mit dem hohen Magier sprach. Dieser konnte sich dies zwar nicht erklären, doch er nahm es als gegeben hin.
Erst als er seine ehemalige Schülerin versorgt hatte, rannte er in seine Kammer und verriegelte die Tür hinter sich. Dann lehnte er sich mit dem Rücken an die Tür, er keuchte schwer. Und mit einem Mal war das Pulsieren der Stabmagie so stark in seinem Arm zu spüren, dass es beinahe schmerzte. Er legte den Stab auf seinem wuchtigen Schreibtisch ab und verriegelte das Fenster. Er machte das Bett, was er nach der letzten Nacht nicht mehr geschafft hatte, räumte einige Pergamentstapel hinfort und wusch sich das Gesicht und stutzte seinen Bart. Er legte ein frisches Tuch als Turban an und legte das ihm verbliebene halbe Dutzend Tabakstängel bereit, gemeinsam mit dem Laib Brot, dem Stück Käse und der Flasche Wein, die sich noch in seinem Regal befunden hatten. Dann setzte er sich erschöpft in den Sessel hinter dem Schreibtisch und schlief sofort ein.
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Die Lehre war nun schon eine Weile vorbei und Estefania hatte sich immernoch nicht aufraffen können das Wüstenkaff zu verlassen. Seit dieser Krieg mit den Orks in Myrtana gewütet hatte, war noch viel weniger los als sonst.
Estefania hatte noch fleißig weiter trainiert und konnte inzwischen schon ganz gut mit ihren neuen Schwertern umgehen. Sogar ganz ohne Muskelkater am nächsten Tag. Während der Lehre war das nämlich ganz schrecklich gewesen.
Sie schlenderte durch die Gasse in dem sich die einzige Taverne des Ortes befand. Inzwischen hatte es sich rum gesprochen dass der Krieg zu ende sei. Auch wenn das bedeutete dass hier bald wieder mehr los wäre und sie bestimmt den ein oder anderen Geldbeutel in ihre Tasche wandern lassen könnte, beschloss sie in diesem Moment Al Shedim zu verlassen.
"Hey Rebekka, packe mir mal ein bisschen was zu beißen ein. Aber nichts das bei der Hitze gleich schlecht wird." sagte die Diebin und schmiss ihr ein paar Münzen auf den Tresen. Das dumme Ding merkte nicht dass sie ihr genau diese Münzen gestern aus der Rocktasche genommen hatte. Verschmitzt grinsend verließ Estefania die Taverne und wenig später auch die Ruinenstadt ohne ein festes Ziel vor Augen.
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Kayden war schon eine ganze Weile in Al Shedim, den Krieg wollte er erst einmal hinter sich lassen. Schon viel hatte der Wüstenräuber erlebt, vielleicht zu viel für so ein kurzes Leben. Deshalb war er auch froh wieder etwas zu tun zu haben, Elonhil, sein Schüler war vor kurzer Zeit eingetroffen, er hatte es ihm ja versprochen gehabt und sicher würden sie auch Zeit finden sich zu unterhalten aber Kayden hielt es für das Beste sofort mit der Ausbildung weiter zu machen.
Der Handstützüberschlag rückwärts, auch Flick Flack war nun dran, danach würde er seinen Schüler seiner ersten Prüfung unterziehen.
Die Beiden hatte sich etwas zurückgezogen, nahe der Ruinen machte Kayden nun einmal vor, was sein Schüler dann nachmachen sollte. Kayden sprang kräftig nach hinten ab, landete auf seinen Händen und drückte sich mit den Armen wieder kräftig ab, um dann auf den Beinen zu landen. Sicher die Anspruchsvollste Übung, bisher aber auch das musste sein Schüler können, wenn er denn weiter trainieren wollte.
Der Wüstenräuber ging einige Schritte zurück und setzte sich in den Sand, um von dort aus seinen Schüler eine Weile zu beobachten.
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In einer Kammer im Tempel
Weit entfernt, ganz, ganz weit entfernt konnte Corwyn sie sehen. Sie war so endlos weit entfernt, so unendlich weit...
Eine einsame Träne brach aus seinem Augenwinkel aus und bahnte sich ihren Weg hinab, am Nasenflügel vorbei und durch die Stoppeln des Bartes, bis zum Mund. Sie schmeckte salzig. Es machte den Spitzbärtigen traurig.
Kleine Wölkchen bildeten sich bei jedem Atemzug vor seinem Mund. Es war unsäglich kalt, doch das spürte der Spitzbärtige nicht. Er stand da in seiner Robe vor dem Fenster, sah hinaus zum Himmel, an dem der runde Feuerball Innos'. Auf den Möbel und Wänden neben ihm, auf dem Boden unter ihm und an der Decke über ihm bildete sich Frost. Anfangs war es nur eine ganz dünne Schicht, doch er wusste, dass es nun mehr und mehr werden würde. Zentimeter um Zentimeter würde die Schicht wachsen, schneller, als er es würde verhindern können.
Er musste sich eingestehen, dass er es auch nicht verhindern wollte...
Doch wie war es soweit gekommen?
Er hatte die Macht gespürt, Blut geleckt an der Versuchung, sich der magischen Kraft des Stabes zu bedienen. Vorhin... er hatte es getan. Er hatte versucht, den Stab zu nutzen. Er hatte nur einen kleinen Zauber vollführen wollen, es wäre ein erster Schritt gewesen zu einer besseren Welt.
Nun musste er zu Adanos beten, um Vergebung bitten für seine Torheit und gleichzeitig um Antworten auf seine Fragen. Eine Frage keimte ganz besonders oft in ihm auf: Warum? WARUM??? Adanos!
Doch es kam keine Antwort. Dies war eine Lektion, die sein Gott ihm auferlegt hatte, die er alleine würde bestehen müssen. Er würde sich ihr hingeben, voller Leidenschaft und mit dem Willen, jede Marter durchzustehen.
Das Eis kroch knisternd vorran. Nun fröstelte auch der Spitzbärtige. Er bereitete sich schon auf die Gefangenschaft vor, wappnete seinen Geist, ließ seine eigene Magie beruhigend durch seinen Körper wallend, kraft der ihm gegebenen Fähigkeit zur Heilung bekämpfte er den Schmerz. Den Physischen wie den Psychischen. Doch vor allem Letzteres gelang ihm nicht so recht...
Er hatte verloren, versagt, er war nicht stark genug gewesen. Nun musste er mit den Konsequenzen leben.
Eine weitere Träne bahnte sich ihren Weg, doch gefror sie, bevor sie seinen Bart erreichte. Er drehte sich vom Fenster weg. Das Eis wuchs, knisternd breiteten sich die Kristalle über allem aus. Über dem Bett, dem Schreibtisch, den Möbeln und der Tür, auch über Corwyns Kleidung. Bald würde auch das Fenster zugefroren sein. Corwyn konnte den Anblick der Sonne nicht mehr ertragen. Die Sonne, der Himmel, Al Shedim und die Menschen. Er wollte jetzt lieber alleine sein...
Das Eis fing an, auf seine Schuhe überzugreifen, Reif bildete sich auf seiner Haut, doch er verspürte keine Kälte. Er verspürte nichts mehr, außer der Präsenz des Stabes und dem dichten Netz der Magie, das in diesem Raum gesponnen ward. Es war alles und nichts, wichtig und unwichtig zugleich. Wichtig? Nein, nichts war mehr wichtig.
Das Schlimmste war, dass es noch viel zu langsam ging. Corwyn wollte, dass JETZT alles zu einem Ende kam. Er ging in sich und versuchte, den Prozess auch mit seiner eigenen Kraft zu beschleunigen. Doch er muste überrascht feststellen, dass er nicht konnte. Irgendwo in ihm schien ein Rest ungebrochenen Widerstandes zu sein. Ein kleiner Teil seines Verstandes war noch nicht verseucht von den Enttäuschungen, der Gier und der Bitterkeit seiner Depression.
Doch er schüttelte vehement den Kopf. Ein schlechtes Gefühl kam in ihm auf, doch er schluckte es hinunter und setzte sich im Schneidersitz auf den frostigen Boden. Sein Blick ruhte auf dem Stab, der in der Mitte der Kammer senkrecht auf dem Boden stand, ohne dass ihn etwas stützte oder ihn jemand festhielt. Es war nur ein weiterer Beweis dafür, dass der Stab seinen eigenen Willen hatte und diesem gnadenlos folgte.
Corwyn zog seine Robe enger um seinen Körper. Er hoffte, dass es bald vorbei war. Er weinte nicht mehr, denn jede Träne gefror, noch ehe sie erschienen war. Er saß jetzt nur noch da und wartete.
Wartete er auf das Ende?
Er wollte noch so vielen Leuten danken. Hârkon und Tylon. Xadoran, Angelina. Tinquilius, Trilo. Melaine und Jail. Molgadir und viele andere Weggefährten, Leidensgenossen und Seelenverwandte traten vor sein inneres Auge. Er sah sein komplettes Leben an sich vorbeiziehen.
Seine Mutter, seinen Vater. Khorinis, Jharkendar und Al Shedim. Die Begebenbeiten im Kingsley-Herrenhaus.
All die vielen guten Freunde.
War das das
Geändert von Corwyn (28.08.2008 um 19:46 Uhr)
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Er hatte doch einiges länger gebraucht als er dachte aber mit einem Sandsturm hatte er wirklich nicht gerechnet gehabt. Nun war er aber in Al Shedim und sofort musste er auch wieder trainieren. Eigentlich hätte er etwas Ruhe gut brauchen können aber ohne Widerworte war Elonhil seinem Lehrmeister gefolgt.
Es war schon Abend, bald schon würde es dunkel werden aber das sollte ihn nicht stören. Seinem Lehrmeister hatte der junge Bursche sehr genau zugesehen und war immer noch sprachlos.
Jetzt war er an der reihe und brachte rein gar nichts, nur Wüstensand fraß er, weil Elonhil ständig auf die Fresse flog.
Egal wie er es anstellte, es gelang ihm noch nicht einmal der Ansatz der Übung. Er sprang ab aber die Drehung gelang ihm einfach nicht und die war natürlich nötig um weiter zu kommen.
Er hatte noch einige Stunden Zeit, an diesem Abend und wenn es sein musste würde er die ganze Nacht durch trainieren. Das wäre nicht das erste Mal und wenn es für den Erfolg nötig war würde der Sildener auch keinen Augenblick zögern.
Den Dreh hatte er einfach noch nicht raus und so wie er das sah musste Elonhil auch noch sehr hart daran arbeiten. Wie lange wusste er nicht aber es spielte auch nicht die geringste Rolle. Elonhil war es gewohnt nicht aufzugeben, er würde so lange trainieren, bis er es konnte und sich kaum eine Pause gönnen.
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Alte Freunde ...
Schmerz.
Unsäglicher Schmerz - das einzige, das er all die Monate gespürt hatte. Reiner Schmerz. Nun stand er da - mit braungebrannter, ausgemergelter Haut, einen schweren, doch löchrigen Panzer um die Brust gegürtet, eine dunkelbraune, zerfetzte und von Ruß durchwirkte, angeschwärzte Stoffbahn über die Schulter gehängt, etliche lange, blonde, überaus ungepflegte Haarsträhnen wie ein Schleier ins Gesicht hängend. Er stand einfach da. So als wäre nichts geschehen - ... als wäre nichts geschehen. Als wäre gottverdammt nichts geschehen ...
Das Licht, das gegen den Rücken des Fremden, welcher sich an der Kammertür befand, flutete, verdunkelte sein Gesicht, betonte einzig seine Konturen. Es verheimlichte mit dem Wall aus blondem Haar das, was er ihm nicht antuen wollte. Ihm, dem spitzbärtigen Magus, der sich bereits zu einem Großteil unter unbarmherzig kaltem Eis, viel mehr aber unter Kummer und Enttäuschung, begraben sah. Der Fremde hatte Angst. Angst. Ein Gefühl, das er nie gehabt hätte, wäre er nicht gegangen. Ja, da war er sich sicher - sein Weggang hatte ihn vieles gekostet ... Seine immer gehegte Leidenschaft, seinen Kampfgeist, ... seine Freunde und darunter vor allem ihn, den Magier vor ihm, der aufgrund des festen Eises an seinem Hals nicht mehr dazu in der Lage war, den Kopf zum Ankömmling zu regen, ihn zu erkennen.
Er wollte gerne nach vorne schreiten, den ersten Schritt ins Zimmer wagen, doch ehe er ihn tatsächlich tat, zog er die schweren, verunreinigten Stiefel wieder zurück, tippte unruhig auf den Untergrund. Er konnte es nicht - die ausgetrockneten Lippen, der schwere, verbeulte, einstmals bläulich schimmernde Rundschild, sein zersplitterter, in Zwei gebrochener Säbel, die alte Rüstung, ja all die Schuldgefühle, der blonde Hüne in sich hegte, ließen ihn zurückschrecken ... und doch ...
"... C ... Corwyn", hauchte er dem machtlosen Magier entgegen, einen letzten Schimmer Kraft aufbringend, staubige Worte über seine Lippen bringend.
Er regte sich nicht. Wie sollte er auch, gebannt durch so viel Eis und Kälte. Der Fremde atmete zunehmend tief. Riss den Kopf nachdenklich hin und her. Er kämpfte mit sich selbst, mit den Erinnerungen, den Wahrnehmungen, welchen er auf dieser womöglich letzten Reise ausgesetzt war. Die Blicke, die ihm die Nomaden zuwarfen als er sich näherte - die Alten, die den Krieg, den ewigen Kampf in der Wüste überlebt hatten, hatten ihn, ... nein, sein einstmaliges Wesen erkannt - das letzte, das er wohl noch von seinem alten Ego behalten hatte. Oder vielleicht war ihnen das Auftreten des Hünen derart unheimlich, dass sie erst einmal die Ruinenwächter alarmierten ...
Schmerz.
Es dauerte einige Zeit bis das Eis die Gesichtspartien des Magiers erreichten - sorgsam musterte der Fremde, seine Augen hinter dem Vorhang aus Haaren hervorblitzend, seinen alten Freund und plötzlich - entgegen jedweder von ihm ausgestrahlten Kälte begann sein in Trümmern geschlagenes Herz plötzlich zu brennen. Hitze. Wallung. Stärke.
Keine Sekunde darauf bahnten sich die schweren, staubigen Stiefel einen Weg zum Magier - zielstrebig, doch bedacht.
"... Corwyn ... Corwyn", kam es noch einmal von dem Fremden, der sich nun, beim Leib des Magiers angekommen, allmählich und behutsam auf die Knie begab. Ganz langsam streckte er seine rechte Hand aus, berührte erst das allmählich erstarrende Kinn, ehe er seine Wangen gar väterlich bedeckte und seine Wärme mit ihm zu teilen suchte. Er regte sich noch immer nicht, den Blick zur Decke gewandt.
"Es tut mir so leid, Corwyn ... So leid!", gab der Fremde zu verstehen, eine, im hereinströmenden Sonnenlicht unsäglich hell glänzende Träne, durch die Haare hindurch auf den Mund des Angesprochenen vergießend. Er hatte all die Marter ertragen, um ihn nun so daliegen zu sehen. Machtlos. Scheinbar ohne Erinnerung. Ohne Gefühle. Eiskalt. Es war alles so eiskalt in diesem Zimmer.
Schreie. Blut. Narben. Erinnerungen kamen plötzlich zurück, brannten sich vorwurfsvoll in die Gedanken des Fremden - er hätte nicht gehen dürfen, ihn alleine lassen, sie alle alleine lassen. Es war seine Schuld, dass er nun hier lag und er nichts mehr für ihn tun konnte ... Umsonst. Monate lang hatte er in der Marter, in der Folter verharrt, alles umsonst. Plötzlich regte sich der Magier, kämpfte gegen die Kälte an, versuchte, das noch dünne Eis am Ansatz des Gesichtes zum Zersplittern zu bringen - es klappte. Er wollte nicht, dass er ihn sah - er wollte nicht, dass er ihn so sah wie ihn Innos gerichtet hatte. Er wollte nicht, dass Corwyn ihm versuchte in sein rechtes Auge zu blicken, an die Stelle, an der sich nur noch verstümmelte, von Narben überzogene Haut spannte und längst kein Auge mehr zu sehen war. Genauso wenig wie er ihm die Verbrennungen, die Male und Narben offenbaren wollte, die ihm eingebrannt und eingehämmert wurden ... Er wollte nur bei ihm sein, diesen einen Moment, ihm beweisen, dass er gemäß seiner Hoffnungen noch lebte, standgehalten hatte und der Freundschaft ewig Eingedenk gewesen war.
"Schau' nicht mit an, was sie aus mir gemacht haben, Corwyn ... Es tut mir leid!"
Geändert von Hârkon (28.08.2008 um 20:26 Uhr)
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Heiß brannte die Sonne auf die Männer herab. Odinson konnte nicht sagen, dass es diese Hitze warm die ihn nach Al Shedim getrieben hatte. Es war eher der Wunsch aus der Hauptstadt mit ihren schrecklichen Bildern und Erinnerungen heraus zu kommen. Die Zeit würde die Wunden heilen, die dieser Krieg bis jetzt schon geschlagen hatte und die letzten Tage waren auf jeden Fall ein Schritt dahin gewesen. Die Weiten des Meeres hatten die Seele des Nordmannes beruhigt, ihr Zeit gegeben, sich zu erholen. Auch mal wieder mit seinem Freund Ronsen einfach nur zu Reden, ohne das die Steine und Menschen um einen herum flogen, war sehr angenehm gewesen. Nun saßen Odinson und der Paladin unter einem Stoff Baldachin und unterhielten sich über ihre Mission. Sie sollten für wichtige Artikel bitten, um die Hauptstadt wieder versorgen und aufbauen zu können. Doch alles was sie hatten waren Pergament und Kohle.
„Willst du sie wirklich mit einem Fetzen Papier bezahlen?“fragte der Gardist skeptisch. Natürlich hatte er dieses Zahlungswesen schon kennen gelernt, aber, da ging es um einmal kleine Geschäfte und dann war der Schuldner nicht zwei Tagesreisen entfernt.
„Warum denn nicht? Man hat mir gesagt, die Südländer würden auch solcherlei Transaktion abschließen!“ meinte Ronsen leicht hin.
„Aber sie werden wissen, dass wir nicht bald bezahlen können. Jeder Mensch mit etwas im Kopf kann sich ausmalen, wie lange eine geschliffene oder belagerte Stadt braucht um wieder aufzublühen und Gewinne zu erwirtschaften.“
„Natürlich wissen sie das! Aber das kann uns einmal egal sein, wir müssen ja trotzdem versuchen diesen Auftrag zu erfüllen und außerdem sind sie unsere Verbündeten.“
„Ist das so?“ fragte Odinson rhetorisch mit hochgezogener Augenbraue nach. Wo waren sie dann gewesen, als Vengard fast gefallen wäre? Odinson schüttelte den Kopf. Aber Ronsen hatte recht, am Ende musste er sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Sie hatten nun mal diesen Auftrag und würden ihn erfüllen, so weit es ihnen möglich war. Dennoch wollte der Nordmann nicht mit leerem Schiff zurückkehren.
„Naja, wie auch immer. Wir sollten weiter ausladen, was meinst du?“ fragte ihn der Paladin.
„Ja hast recht. Ich bin heilfroh, dass wir angekommen sind ohne einem Seeungeheuer zu begegnen!“
Ronsen gab ihm eine Kopfnuss. Der Grund dafür war, dass sie einen weiblichen Passagier hatten. Und Odinson kannte die Gerüchte, was passierte, wenn man eine Frau mit an Bord nahm. Der Südländer hingegen hielt dies für ein Ammenmärchen. Daher seine entsprechende Reaktion.
„Du solltest das nicht in der Nähe von Exorbita aussprechen, sonst wird sie vielleicht zu einem!“
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Am vierten Tag, seit Maris sich wieder erhoben hatte, konnte der Blondschopf immerhin schon wieder vorsichtig das eigene Gewicht auf das im Wiederaufbau befindliche Bein verlagern und es so nach und nach mehr beanspruchen und stärken. Unermüdlich hatte der oberste Wüstenräuber, der sich nun auch in der Lage sah, auch ohne Anirons Hilfe - wenn auch nicht ohne Gehstock - zu laufen, diese Maßnahmen ergriffen, denn sollte sein Vorschlag eines Turniers auf positive Resonanz stoßen, wollte er bis zu dessen Beginn wieder vollkommen genesen und durchtrainiert sein.
Das Kampftraining hatte er freilich noch nicht wieder aufgenommen, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis sein Bein zumindest normale Belastungen wieder aushalten konnte und er damit beginnen würde, die Schwerter wieder zu schwingen.
Nun jedoch saß Maris auf seinem Bett und ließ das Bein ruhen, das den Tag über viel zu sehr beansprucht worden war. Vor ihm lag ein Pergament ausgerollt, das auf alte nomadische Traditionen und Werte hinwies. Mit Erschrecken kam ihm bei einigen Sätzen über Kamele Petuh in den Sinn, der nun wohl schon seit Wochen oder gar Monaten in den Stallungen gepflegt wurde, doch seinen Herrn so lang schon nicht mehr gesehen hatte. Insgeheim plante er, dieses Wiedersehen mit dem einst an Aniron gegebenen Versprechen zu verbinden, ihr Mora Sul zu zeigen, und mit ihr zusammen in seiner Heimatstadt aufzubrechen, sobald er sich wieder dazu in der Lage sah, als einer der Ruinenwächter um Erlaubnis bat, einzutreten.
"Komm herein!", forderte er den Mann auf, während er in seinen Gedanken nach einem möglichen Grund für dessen spätes Auftreten suchte.
Es konnte nichts sein, das die Geschäfte als oberster Wüstenräuber betraf, die er nun - zumindest im organisatorischen bereich - langsam aber sicher wieder aufgenommen hatte, denn Männer dieses Ranges fielen nicht mehr unter seinen Einfluss, sondern waren in direkter Weise ihren Sippenführern und Tobi, dem obersten Nomaden, unterstellt. Und tatsächlich war es etwas vollkommen anderes, mit dem der Ruinenwächter Maris überraschte.
"Onatas schickt mich. Ich soll dir mitteilen, dass einige Ruinenwächter gestern den lang vermissten Hârkon gesehen haben. Er meinte, du würdest ihn womöglich kennen."
Überrascht und von einem Schauer durchfahren schrak Maris hoch.
"Hârkon? Und ich dachte schon, er wäre irgendwo in den Weiten unserer Welt verschollen!"
Oder gar Schlimmeres, dachte er insgeheim weiter, wandte sich jedoch sogleich wieder an sein Gegenüber.
"Wo ist er?"
Der Nomade zuckte mit den Schultern.
"Wie gesagt, er wurde gestern gesehen. Er war auf direktem Weg in den Tempel gegangen, niemand wagte, ihn aufzuhalten, so düster wirkte seine Erscheinung.", erklärte er.
Maris warf augenblicklich das Pergament beiseite und schnappte seinen Stock, um sich zu erheben. So schnell er nur konnte - das war jedoch zugegebenermaßen nicht allzu schnell - bewegte er sich in Richtung Tempel und trat in die schwere Luft zwischen den kalten Steinmauern des Erdgeschosses, doch einer Magier - oder war es ein ihnen Untergestellter? - versperrte ihm den Weg die Treppe hinauf.
"Es tut mir Leid, aber es ist Euch nicht gestattet, die oberen Stockwerke zu betreten.", beteuerte der Mann, der sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlte. Maris wusste, dass der Kerl Recht hatte, doch das war ihm gerade recht egal.
"Lass mich durch!"
Doch erneut wies der blau Gekleidete ihn ab.
"Es tut mir Leid, doch ich darf nicht!"
Maris fühlte sich stark versucht, ihn einfach beiseite zu schieben und sich die Stufen hinauf zu kämpfen - natürlich nicht wörtlich gemeint - doch in seiner aktuellen Verfassung wollte er diese Anstrengung nicht riskieren. Unwillig wandte er sich halb ab.
"Na gut. Ist etwas vorgefallen da oben, dass du so penibel darauf bestehst?"
Außer Hârkons Sichtung, dachte er grimmig. Der so lang verloren Geglaubte schien wie ein Geist aufgetaucht und ebenso schnell wieder verschwunden zu sein.
"Es gab... einen Vorfall.", räumte der Mann ein, der unsicher auf der Stelle hin und her trat.
"Einen Vorfall? Was ist passiert?"
"Das kann ich Euch nicht sagen, Herr."
Das war genug. Wütend schlug der Blondschopf mit der freien Hand gegen den kalten Stein.
"Verdammt nochmal! Das kann doch nicht euer Ernst sein!"
Eine Antwort wartete er nicht erst ab, sondern wandte sich nun endgültig ab und humpelte zornig aus dem Tempel, zurück in Richtung seines Zeltes. Er würde schon noch erfahren, was hier vorgefallen war.
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Da war sie wieder, noch gar nicht lange war es her gewesen, als sie hier in Al Shedim noch ausgebildet wurde, damals wusste keiner von woher sie kam und es hatte auch den Eindruck gemacht, dass es keiner wissen wollte, lediglich ihr Lehrmeister hatte ihr Geheimnis gekannt, hatte er sie doch schon in Faring ausgebildet gehabt.
Heiß war es, auf dem Meer war es wesentlich angenehmer gewesen aber es machte ihr nicht viel aus, eine ganze Zeit hatte sie in der Stadt der Nomaden und Wassermagier verbracht und auch hart trainiert, noch war sie es wohl gewöhnt.
Auch wenn Exorbita die Seefahrt sichtlich Spaß gemacht hatte war sie doch froh ihr Ziel aus erreicht zu haben. Der eine oder andere Matrose hatte sie behandelt als wäre sie eine Aussätzige und lange hatte die Edelmagd gebraucht bis sie herausgefunden hatte warum dem so war. Scheinbar gab es einen Glauben unter Seeleuten, der besagt, dass Frauen an Bord eines Schiffes Unglück bringen sollte.
Sie glaubte ja an vieles, auch an Schicksal aber Abergläubig war die junge Frau nicht und freute sich nun noch umso mehr, dass der Paladin sie mit auf die Reise genommen hatte.
Sie wusste nur in etwa was sie hier wollten, momentan konnte sie wohl nicht wirklich viel tun, also sah sich Exorbita etwas in Al Shedim um. Seit ihrem letzten Besuch hatte sich wirklich nichts verändert, nur kam es ihr so vor, als ob weniger Nomaden hier waren. In der Taverne stärkte sich die junge Frau etwas und trank dazu einen sehr leckeren Wein.
Dabei bekam sie so einiges mit, von dem sie so noch nichts gewusst hatte. Das Wüstenvolk hatte doch in den Kampf eingegriffen, davon hatten sie in Vengard direkt nichts mitbekommen aber jetzt war ihr alles klar geworden. Jetzt wusste Exorbita warum der Nachschub der Orks ins stocken kam. Die Magier hatten zusammen mit den Nomaden dafür gesorgt gehabt.
Dass sich die Waldläufer gegen die Orks gestellt und unter anderem Konvois überfallen hatten war ihr klar gewesen aber jetzt wusste die Edelmagd auch warum es sie so vorgekommen war, als seien weniger Nomaden hier, sicher hatten sie auch Verluste erleiden müssen.
Sie konnte einfach nicht mehr verstehen warum sie sich damals den Orks angeschlossen hatte. Sicher war es der leichteste Weg aber sicher nicht der Richtige und das hätte ihr damals schon klar sein sollen. Froh war sie aber endlich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Nun, da sie gegessen und getrunken hatte wollte sie doch mal schauen ob sie vielleicht helfen konnte.
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Noch immer versuchte der junge Bursche die ihm gestellte Aufgabe zu erfüllen. Erst schien es zwecklos zu sein, nichts wollte ihm gelingen aber inzwischen schaffte er es zumindest rückwärts auf die Hände zu springen. Leider noch nicht weiter, es fehlte ihm die Kraft sich wieder anzustoßen, oder viel mehr die richtige Technik. Immer wieder landete er unsanft im Wüstensand, auch wenn Elonhil schon etwas verzweifelt war und noch ist hatte er nicht aufgegeben.
Er hatte einen starken willen und wenn er sich mal etwas in den Kopf gesetzt hat konnte ihn auch niemand mehr davon abbringen. Er hatte sich schließlich entschieden die Kunst der Akrobatik zu erlernen, also musste er, auch wenn es mal nicht so gut aussah am Ball bleiben und nicht nachlassen.
Die Hitze machte ihm weniger aus, er war ja in der Wüste aufgewachsen und er schien es noch in sich zu haben.
Hartes Training war wichtig um erfolgreich zu sein, Elonhil war keiner der es so vor sich hin schob und mal schaute was daraus werden könnte, er wollte gut in dem werden was er lernte und irgendwann mal mit viel Erfahrung und etwas Glück auch mal wirklich sehr gut. Das war sein Ziel und dafür war Elonhil bereit richtig hart zu arbeiten.
Eine kleine Pause aber konnte auch nicht schaden. Sein Körper musste mal etwas zur Ruhe kommen und eine Stärkung wäre sicher auch kein Fehler.
Dazu setzte sich Elonhil in den Schatten und trank erst einmal ein Schluck Wasser aus seinem Wasserschlauch und dann gönnte er sich etwas Pökelfleisch. Es schmeckte, war nahrhaft und lag ihm nicht zu schwer im Magen, weil er ja schließlich auch weiter trainieren wollte.
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Lehrling
Negg saß am Kanal und betrachtete Al Shedim. Er hatte nichts zu tun und auch kein Geld etwas in der Taverne trinken zu gehen. Da kam ein Nomade mit einer ziemlich schweren Nomadenrüstung zu ihm.
"Du bist Negg, richtig?" Negg nickte ein wenig überrascht.
"Ich habe gehört, du bist schon ein wenig länger hier bei uns Nomaden. Anstatt hier nur rumzusitzen, könntest du dich auch nützlich machen."
Negg schaute den Nomaden neugierig an und hörte zu.
"Ich habe hier einen Brief für einen Händler in der fernen Stadt Vengard. Wir Nomaden haben ein friedliches Verhältnis zu den Bewohnern Vengards und den Anhängern Innos` in Myrtana. Deshalb können unsere Leute auch ohne große Schwierigkeiten durch ihre Städte. Wenn du dich also nützlich machen willst, überbringe diesen Brief für mich."
Negg war einverstanden. Er hatte sonst nichts zu tun und so eine Reise nach Myrtana würde bestimmt einige Abenteuer mit sich bringen.
"Gut, dann mach dich so bald wie möglich auf den Weg und laufe nicht den Orks in die Arme. Sie sind unsere erklärten Feinde. Die Assassinen natürlich genauso, das brauche ich dir wohl nicht mehr zu erzählen, was? Na dann, was stehst du noch da?"
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Den ganzen Vormittag hatte Aniron genutzt, um sich zuerst um den Kräutergarten zu kümmern und dann mit Maris ein wenig weiter zu üben, sein Bein zu belasten. Die Genesung des Nomaden ging so gut voran, dass sie sich den Nachmittag frei gehalten hatte, um endlich einen Lehrmeister zu suchen. So lenkte sie ihre Schritte in Richtung Tempel.
Kaum hatte sie das imposante Gebäude betreten, hieß eine herrliche Kühle die Hebamme Willkommen. Sie beschloss, als erstes in der Bibliothek nachzufragen. Dort würde ihr sicher jemand weiterhelfen können.
Es war still im Tempel und ihre Schritte hallten an den hohen Wänden nieder. Sie saugte kurz die Ruhe in sich auf, bevor sie die Bibliothek betrat.
An diesem Nachmittag waren wenige im Tempel und Aniron trat auf einen fremden Mann zu, der eine besondere Robe trug. Er schien eine bedeutende Person zu sein, sodass sie ihn vorsichtig ansprach.
"Entschuldigt bitte, ich möchte gerne wissen, wo ich hier eine Auskunft über Lehrmeister bekommen kann."
Der Fremde sah sie freundlich an.
"Nach was für einen Lehrmeister suchst du denn genau, mein Kind?"
Aniron überlegte kurz.
"Ich möchte gerne Magierin werden, um mit Magie heilen zu können."
Ihr Gegenüber nickte bedächtig.
"Also ist das deine erste Lehre. Nun, ich weiß von einer vortrefflichen Lehrmeisterin, die gerade in unserer Stadt weilt. Ihr Name ist Melaine. Sie solltest du aufsuchen und bitten, dich als Novizin zu unterrichten."
"Dann werde ich das tun, wo kann ich sie finden?"
"Das weiß ich leider nicht so genau, aber ich vermute, du wirst sie an der Oase treffen. Halte nach einer jungen Frau in deinem Alter Ausschau. Wenn du sie triffst, wirst du sie nicht übersehen, sie hat rotes Haar."
Aniron lächelte und antwortete:
"Ich danke Euch."
Rotes Haar also. Nun gut, hoffentlich hielt Melaine es nicht so wie Aniron, welche es bei der Hitze vorzog, ihr Haar mit einem hellen Tuch zu überdecken. Aber sie hatte Zeit und einen Namen, nach dem sie sich zur Not erkundigen konnte. Also machte sie sich als erstes auf in Richtung Oase.
So viele Frauen mit rotem Haar gibt es hier in der Wüste gar nicht, überlegte Aniron. Doch, als sie die Oase erreichte, erwießen sich ihre Sorgen, Melaine nicht auffinden zu können, als völlig unbegründet. Denn da stand die schlanke junge Frau mit ihren besagten roten Haaren. Ein wenig nervös und neugierig zu gleich trat sie an Melaine heran und sprach sie an:
"Entschuldigt bitte, mein Name ist Aniron. Ich suche nach einem Lehrmeister, der mich in die Magie einweißen kann und mir wurde im Tempel gesagt, ich solle Euch aufsuchen. Nun wollte ich Euch fragen, ob ich mich als Lehrling aufnehmen würdet."
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Lehrling
Negg nahm den Brief, den er nach Vengard bringen sollte und verstaute ihn in seiner Umhängetasche. Dann suchte er noch kurz seine zwei Nomaden-Freunde auf und verabschiedete sich. Er teilte ihnen mit, dass er eine längere Reise machen und einige Zeit fort sein würde. Dann folgte er dem Wasserkanal durch die Stadt, vorbei am Handelsviertel, an den Handwerkerständen und am prächtigen, grünen Garten, den die Nomaden bewirtschafteten. Negg ließ Al Shedim hinter sich und machte sich auf durch die Wüste mit dem Ziel, sie zu durchqueren, hinter sich zu lassen und Myrtana zu erreichen.
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Melaine verzog genervt den Mund und rieb sich sanft mit beiden Händen die Schläfen. Diese Schmerzen waren unerträglich und die Magierin hatte so eine seltsame Ahnung, dass jene Schmerzen sie nicht innerhalb der nächsten Tage wieder freigeben würden. Solche Schmerzen waren grausam und liebten es, sich im Kopf festzusetzen, bis der Geist dem nachgab und einfach nichts mehr tat. Doch die Adeptin hatte keine Verwendung für diese Schmerzen, besonders dann nicht, wenn sie sich sehr gut darüber im Klaren war, woher sie kamen.
Würde sie zu einem Heiler gehen und ihm diese Schmerzen schildern, würde er glatt behaupten, sie hätte zu viel getrunken und würde sich bloß schämen, dies zuzugeben. Die Wahrheit hätte er allerdings nicht entdeckt und ihr vermutlich auch nicht abkaufen wollen, hätte sie ihm jene angepriesen.
„Magie ist grausam, grausamer als jedes Gift, dass du auf der Erde findest, denn sie will dich nicht töten, sie will dich nicht schwächen, sie will bloß dich und wenn du dich von ihr befreien willst, schlägst sie dich, solange, bis du dich wieder zu ihr gesellst, sie umarmst und dich zu rechtfertigen versuchst, warum du sie alleine ließest.
Doch weichst du nur ein wenig von ihr ab, lässt sich dich stolpern und hart den Boden unter deinen Füßen spüren. Du wirst nicht umhin kommen, sie zu lieben, denn tust du es nicht, wird sie dich hassen… und das!“, erklärte die Lehrmeisterin scharf der anderen rothaarigen Frau, die sich als Aniron vorgestellt hatte, bevor sich erneut das Gesicht verzog, nur um schließlich mit einem leisen Fluch auf der Lippe tief in die Magie zu greifen und sich mit ihr anzufüllen. Sie hätte es wissen sollen. Nein… eigentlich hatte sie es gewusst. Corwyn dieser verdammte Verführer, der es auch gewusst hatte, hatte sie dennoch nach dem Stab greifen lassen. Und was hatte sie nun davon? Sie musste labil wie eine Drogenkranke durch die Wüste torkeln oder so viel Magie in sich aufnehmen, dass sie das Gefühl hatte, zu platzen, wenn sie nur ein Quäntchen mehr hineinstopfen würde. Und selbst das sorgte bloß dafür, dass die Schmerzen zu einem fernen Pochen abklangen, sie daran erinnernd, dass sie wiederkommen würden, würde sie nicht acht geben.
Mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen wandte sich die Rothaarige schließlich vollends zu der anderen Frau um. „Sofern du dies ertragen kannst und, trotz meiner eindringlichen Warnung, es nicht zu tun, dennoch davon überzeugt bist, dich mit der Magie zu beschäftigen, dann bist du entweder wahnsinnig oder von dem nicht weniger irren Glauben besessen, sie würde dir nicht schaden!“, fügte Melaine hinzu, versuchend ihrer Stimme die Schärfe zu nehmen. Und dafür trinke ich kein Alkohol, um mich an ihr zu besaufen!, fügte sie finster in Gedanken hinzu und dachte an die letzten Tage, in denen sie sich in ihrem Zimmer versteckt und sich ständig mit der Angst konfrontiert gesehen hatte, die Sonne würde durch ihre dicken Vorhänge brechen oder ein Windzug würde ihr den Weg frei räumen.
Erst drei Tage hatte die Furcht, die Sonne würde ihre Augen versengen, nachgelassen und die Entschlossenheit, ihr Versteckt aufzugeben, hatte sie wieder an die frische Luft gedrängt. Zwar dämmerte es bereits, doch es hatte genug Kraft zur Überwindung gekostet. Sie hatte sich in die Taverne begeben und etwas gegessen, ehe sie vor den lauten Stimmen und dem Gebrüll betrunkener Gäste wieder geflohen war.
Heute konnte sie die Welt schon wieder ein wenig besser ertragen, nichtsdestoweniger blieb der Schmerz bestehen, sie darauf hinweisend, dass die Menge der Magie, die sie mit dem Stab freigesetzt hatte, ihr nie wieder eigen sein würde, um ihn zu besiegen.
„Will der innere Drang in dir, dich mit der Magie zu beschäftigen, trotz allem nicht nachgeben. Ja, so habe ich noch einen Platz für dich frei. Natürlich nur, wenn du mir ausgiebig deine Beweggründe schilderst, warum ich dich unterrichten sollte, wieso du Adanos dienst und nicht zuletzt, was dich an diesen Ort in die Wüste verschlagen hat, anstatt dich den Druiden anzuschließen, die angeblich ebenso dem Gott des Wassers huldigen?“, fragte Melaine und ließ die Magie wieder ein Stück los, ehe sie ihr mit einem Schlag vollends entschwunden wären. Mit einem steifen Lächeln akzeptierte sie den Schmerz, der zu ihr zurückkam, wie ein Mörder, der sein Werk noch nicht vollendet hatte…
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