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    Archipoeta Avatar von Dumak
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Dumak ist offline
    »Gut, hört zu«, begann der Kanzleischreiber, ohne sich mit Formalitäten aufzuhalten. »Ihr werdet mitsamt dem Großmeister in wenigen Stunden vor den König treten. Natürlich waffenlos«, fügte er nach einem kurzen Blick auf Nienors Schwertgehänge hinzu. »Das könnt Ihr also gleich wieder ablegen. Die Audienz findet wie immer im Himmelssaal statt. Dort gibt es zwei Arten von Bittstellern. Einmal einige vorher Ausgewählte aus dem Volk. Diese werden von den Priestern vorher je nach der Art ihres Wunsches ausgewählt. Der König bekommt nur Fälle zu hören, bei denen er schnell und einfach entscheiden kann. Also keine komplizierten Streitigkeiten zwischen Nachbarn oder ähnliches. So was bearbeiten die Gerichte. Dann folgt die zweite Art Bittsteller. Das sind die aus den Reihen der Ritterschaft und des übrigen Adels. Und zum Schluß werden noch ein paar Verbrecher in Ketten vor den König gebracht, die er dann begnadigt. Als Zeichen der Milde und der königlichen Großmut. Natürlich nur einfache Vergehen. Niemand wird einen Schwerverbrecher begnadigen. Jedoch hat uns das nicht zu interessieren. Ihr und eure Begleitung«, erläuterte er weiter, wobei er sich an Nienor wandte, »gehört nämlich zur zweiten Gruppe. Ihr müßt dabei nicht von Anfang an auf den Zeitpunkt Eurer Audienz warten, sondern etwa eine Stunde nach Beginn der Audienz in den Gemächern des Hofmarschalls bereit stehen.«
    »Ah, das ist Romuald, den kennen wir schon«, fiel ihm Dumak ins Wort, erfreut auch etwas beitragen zu können.
    Der Schreiber hob eine Augenbraue und meinte dann in tadelndem Tonfall: »Romuald ist der Reichsmarschalk. Ihm obliegt alles, was mit der Verteidigung des Reiches zu tun hat. Sofern die Priester es noch nicht verstanden haben, derlei Aufgaben selbst zu übernehmen. Der Hofmarschall ist hingegen ein einfacher, aber einflußreicher Beamter, der verschiedene Zeremonien leitet. Obwohl er früher, als die Leuchtende Sonne noch nicht ins Hofzeremoniell hineingeredet hat, mächtiger war. Bei ihm meldet Ihr euch jedenfalls. Sanchon Korsun als Großmeister des Ordens von Cascadun wird Euch begleiten. Der Hofmarschall wird Euch zum Kämmerer weiterleiten, der Euch dann in den Saal führt. Beim Zeremoniell selbst, also dem Ritterschlag habt Ihr niederzuknien und der König wird Euch mit einem Schwert, das man ihm reicht, auf beiden Schultern berühren. Danach kommt der Großmeister an die Reihe, der Euch die Spitze seines Schwertes hin hält, die Ihr mit der rechten Hand berührt. Er wird Euch den Schwur auf den Orden sagen und Ihr wiederholt ihn. Vor und nach der Zeremonie wird der König vielleicht ein paar Worte sagen. Er wird Euch die Urkunde mit der Bestätigung Eures Wunsches überreichen lassen. Ihr antwortet nur, wenn Ihr gefragt werdet. Ansonsten seid still. Und mit Verlaub, aber glotzt weder den König, noch jemand anderen an. Den König schon gar nicht. Nach der Zeremonie verlaßt Ihr umgehend den Himmelssaal zur rechten Seite, während Ihr ihn von links betreten habt.
    Sanchon Korsuns Eskorte wird euch in Kürze zum Palast führen. Der Großmeister erwartet Euch dort schon. Alles klar soweit?«

  2. Beiträge anzeigen #102
    Schwertmeister Avatar von Nienor
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Nienor ist gerade online
    Nienor nickte. »Ich bin bereit.«
    »Und Euer Schwert?«, erinnerte der Schreiber Nienor an seine Worte von eben.
    »Dies ist kein Schwert, es ist das Horn eines Seeungeheuers, das ich immer bei mir trage. Keine Waffe.«
    »Nun denn, dann hoffen wir, daß dies die Wächter des Palastes ebenso sehen.«
    Das es so kompliziert werden würde, hätte sie nicht gedacht. Aber die ausführlichen Erklärungen des Schreibers beruhigten sie deshalb auch. Nicht lange, nachdem sie diese Instruktionen empfangen hatten, wurden sie auch schon zu der Eskorte gerufen, mit der sie zum Palast gebracht werden sollten. Hier beim Orden lief alles militärisch straff ab. Der Führer der Eskorte, ein etwas untersetzter, aber drahtig wirkender Mann, beäugte Nienor und Dumak kritisch, ob ihre Erscheinung auch die Augen des Königs nicht beleidigen würden, nickte dann abschließend leicht, was wohl bedeutete, daß er zufrieden war und schon setzte sich der kleine Trupp in Bewegung. Das Fähnlein durchquerte den Innenhof mit dem Brunnen und seinem Drachen und wurde durch das von den Wachen geöffnete Tor auf den Platz gelassen. Die polierten Brechränder an den Schulterplatten der Ritter glänzten im Sonnenlicht hell auf und blendeten die Augen. Die Teile der Kettenhemden, die unter den Rüstungsplatten hervor lugten und nicht von den Waffenröcken bedeckt waren, streuten glitzernd bei jeder Bewegung andere Lichtreflexe. Der Wimpel, den der Scharführer trug, flatterte aufgeregt im Wind und hinter ihnen erhob sich eine Staubwolke, aufgewirbelt von den Tritten der Füße. Doch niemand achtete darauf. Die Blicke aller waren auf den Eingangsbereich des Palastes gerichtet. Der Platz hingegen hatte sich schon wieder geleert. Aus den Augenwinkeln bemerkte Nienor noch das Gerüst, von dem schon wieder Arbeiter die Balken und Bretter fort trugen. Einzelne Menschengruppen standen hier und da, doch waren es so wenig, daß sie den Weg des kleinen Rittertrupps nicht behinderten. Vermutlich hätten diese sich auch unbarmherzig einen Durchgang geschaffen. Wenn nötig, wohl auch mit den flachen und stumpfen Seiten ihrer Klingen.
    Bald gelangten sie am Fuße der Treppe an, die Nienor und Dumak schon einmal am letzten Tag emporgestiegen waren. Diesmal hielt der Führer der Gruppe kurz an, erstattete Meldung über sein Begehr und wurde mitsamt seinen Leuten und Nienor und Dumak eingelassen. Den weiteren Weg säumten Bewaffnete, die entweder mit Schwert und Schild oder in regelmäßigen Abständen mit Spieß bewaffnet waren. Nach einigen Biegungen der gepflasterten Straße, wobei sie links und rechts einige Palastflügel, Einfahrten zu Innenhöfen und verschiedene Versorgungsgebäude passierten, erreichten sie eine weitere Treppe, die jedoch viel flacher angelegt und auch kürzer war. Dies war der Eingang zum Audienzbereich. In der Vorhalle, die mit Menschen verschiedensten Standes angefüllt war, trat der Großmeister plötzlich auf sie zu.
    »Ah, da seid Ihr ja. Prächtig. Wir melden uns sofort an. Ich bin sicher, wir werden zügig vorgelassen.«
    Nienor vermutete, daß die sicherlich hohe Stellung des Großmeisters für ein schnelles Fortkommen sorgen würde. Insgeheim wunderte sie sich, daß er wie ein gewöhnlicher Bittsteller die Stufen der Anmeldung durchlaufen mußte, obwohl er doch sicher zu den mächtigen Herren des Reiches gehörte und sich daher auch gewiß auf viel einfacherem Wege Zutritt verschaffen konnte. Stattdessen gab er sich mit irgendwelchen Höflingen und Zeremonialbeamten ab, um am Ende dort zu landen, wo er womöglich tagein, tagaus sowieso vorzufinden war: Nämlich in der unmittelbaren Nähe des Königs.
    »Die Leuchtende Sonne ist der Meinung, daß das Protokoll sehr ernst genommen werden muß«, knurrte Sanchon plötzlich und klärte Nienors insgeheime Verwunderung auf. »Deshalb muß ich hier wie ein dummer Bauer stehen und um Audienz ersuchen. Und der König läßt sie auch noch gewähren.« Es schien ihn sehr zu ärgern, daß er nicht einfach an all den Leuten, die seiner Meinung nach weit unter ihm standen, vorbei gehen konnte. Wachen an allen Eingängen hätten ihn davon abgehalten. Nienor dachte an seine Worte über die Dünkelhaftigkeit der Innospriester, die er gestern als verwerflichste Eigenschaft der Mitglieder der Leuchtenden Sonne dargestellt hatte und konnte sich daraufhin ein ironisches Lächeln, das ihre Lippen umspielte, nicht verkneifen. Doch niemand bemerkte es oder wenn es jemand sah, dann führte er es sicher auf die freudige Erregung dieser Besucherin zurück, in Kürze leibhaftig vor Pedro IV., König und Herr über ganz Haruthar (und mehr oder weniger auch über einige umkämpfte Gebiete an den Grenzen), Herrscher über alle Einwohner des Reiches und obersten Ritter treten zu dürfen.

  3. Beiträge anzeigen #103
    Archipoeta Avatar von Dumak
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Dumak ist offline
    Der Großmeister winkte die Eskorte heran, ließ sie für ihn einen Weg zum Empfangsbeamten - einem dicklichen, auffallend perfekt frisierten Mann mit bunter Kleidung - bahnen und knurrte zufrieden in sich hinein, als der Scharführer den Beamten anbellte und dabei ein Gesicht machte, als sei es weit unter seiner Würde, mit so einem buntbewamsten Zivilisten überhaupt zu sprechen: »Seine Exzellenz, der Großmeister des Ordens von Cascadun, Großgraf Sanchon Korsun von Serifa nebst Gästen. Der König erwartet sie.«
    Der Bunte schien schon bescheid zu wissen, denn er beeilte sich, Platz für den Großgrafen zu machen und ihn und seine Gäste hindurch zu lassen. Die Eskorte folgte. Dumak, dem die Merkwürdigkeit der Situation, in der sich der Großmeister als Bittsteller befand, ebenfalls nicht entgangen war, vermutete, daß der Beamte entweder großzügig bestochen worden war oder - was wahrscheinlicher war - klug genug war, um sich nicht durch irgendwelche Schikanen gegenüber einem weit mächtigeren Manne, als er es war, bei diesem unbeliebt zu machen.
    Die gleiche Prozedur wie eben wiederholte sich vor den Räumen des Hofmarschalls, wo übrigens schon viel weniger Menschen warteten. Der Vorsteher der Türwache ließ Sanchon und seine beiden Gäste problemlos ein, nachdem der Eskortenführer sie angekündigt hatte. Hier blieb die Eskorte zurück. Nachdem der Großmeister, Nienor und Dumak die Tür zu den Räumen des Hofmarschalls durchschritten hatten, fanden sie sich in einem kleineren Saal wieder, in dem einige wenige Höflinge standen und sich leise unterhielten. Hier und da sah Dumak auch einen hohen Herren, wie er der Kleidung und den Rüstungsteilen nach vermutete. Sie waren kaum in den Saal getreten, da kam schon der Hofmarschall auf sie zu scharwenzelt.
    »Mein lieeeber Großmeister. Ich freue mich ja so, daß die Gefahr des Verrats von Haruthar abgewendet wurde«, rief er aus, während er mit ausgebreiteten Armen auf sie zu lief. Es klang so, als wären Leute, die ihm seinen Beutel schneiden wollten, erwischt worden. Und zwar vom Großmeister persönlich, der ihnen auf der Straße hinterhergelaufen war, um sie zu fangen.
    »Und das sind unsere Helden?« Er strahlte Nienor für einen Moment an und streifte dann mit seinem Blick Dumak, wobei er um eine winzige Nuance blasser wurde und ihm das aufgesetzte Lächeln für einen Moment einfror, denn mit dem geübten Auge eines Mannes, dessen Beruf es ist, Leute einzuschätzen, erkannte er in ihm den Vagabunden, den Tunichtgut. Dumak verzog das Gesicht zu einem Grinsen, aber der Blick des Hofmarschalls war schon weiter geglitten.
    »Der König ist in höchstem Maße entzückt darüber, das kann ich Euch versichern. Ja der ganze Palast ist wie von einem bösen Bann befreit. Ich selbst habe Innos mehrere Kerzen gestiftet und drei mal täglich Gebete in meinem Namen im Hammerkloster aufsagen lassen. Ich bin ja so froh, daß alles gut geworden ist.«
    Seine Meinung über Dumak ließ er sich nicht anmerken.
    »Es dauert noch einen kleinen Augenblick, dann hat der König selbstverständlich Zeit für Euch und Eure ehrenwerten Gäste«, dienerte er vor dem Großmeister.
    Bis zu diesem Zeitpunkt war es noch keinem der drei gelungen, dem Hofmarschall die Luft abzudrehen.
    »Bis dahin wäre es mir eine Ehre, wenn Ihr Euch als meine Gäste betrachten würdet. Kostet von dem Gebäck, das die Pagen herumreichen und trinkt vom Wein, den mein Mundschenk kredenzt. Ihr müßt mir unbedingt erzählen, wie es Euch tapferer Kriegerin gelungen ist, das geheime Papier den sinistren Klauen der Verräter zu entreißen und damit Haruthars Sicherheit wiederherzustellen«, plusterte er sich auf.
    »...«, versuchte Dumak, das Wort an den Hofmarschall zu richten, doch dieser war schon längst mitten im nächsten Satz.
    »Das ist wirklich aufregend, echte Helden kennenzulernen, die so viel für Haruthar getan haben. Ich bin mir sicher, der König - Innos hab ihn selig - wird ähnlich denken. Ich werde...«
    Was der Hofmarschall werden wollte, erfuhren sie nie, denn aus Dumak platzte es plötzlich heraus und mitten in das Gesicht des Hofmarschalls: »Ihr werdet an der Tür verlangt!«
    Der Hofmarschall wandte sich sofort ab und tatsächlich hatte Dumak richtig beobachtet, denn dort warteten schon die nächsten Gäste, die nach der Aufmerksamkeit des Beamten verlangten.
    »Ich dachte schon, den werden wir nie mehr los«, knurrte Sanchon Korsun. In letzter Zeit knurrte er nur noch, fiel Dumak auf. Anscheinend behagte ihm der gesamte Ablauf nicht.
    Doch dem Barden war es letztendlich egal. Er schnappte sich von einem Tablett, das einer der herumlaufenden Pagen trug, eine ganze Ladung Gebäck, was den armen Pagen fast zum Straucheln ob des sich so plötzlich verändernden Schwerpunktes der Tablettladung brachte und begann, es wegzufuttern.
    »Mhm, mit Honig, ganz süß«, stellte er anerkennend fest.
    Ein andermal meinte er zu sich selbst: »Ah, das ist sicher dieses Anis, von dem ich schon gehört habe.«

  4. Beiträge anzeigen #104
    Schwertmeister Avatar von Nienor
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    Nienor ist gerade online
    Nienor hingegen wandte sich an den Großmeister. »Wird der König auch wirklich den Wunsch, wie ich ihn dem Marschalk vortrug, wortwörtlich erfüllen?«, fragte sie zweifelnd.
    »In dieser Sache kann ich Euch beruhigen. Der König ist ebenso wie der Marschalk ein Ritter. Er steht zu seinem Wort.«
    Sanchon schien sehr überzeugt zu sein von der Ehrenhaftigkeit seines Standes. Nienor hatte so ihre Zweifel, ob dies auch immer den Tatsachen entsprach, aber letztendlich blieb ihr keine Wahl, was den Wortlaut der Urkunde betraf.
    Nur wenige Augenblicke später trat der Kämmerer ein. Der Großmeister, der sich so plaziert hatte, daß er die Tür, durch die dieser kommen mußte, genau im Auge hatte, erkannte ihn natürlich sofort und wies Nienor auf dessen Anwesenheit hin. Der Kämmerer kam auf Sanchon und dessen Gäste zu, begrüßte sie kurz und teilte ihnen in knappen Worten mit, daß die Zeit der Audienz nun gekommen war. Das Amt des Kämmerers war eines der alten Hofämter und wurde ursprünglich von einem der hochgestelltesten Adligen des Reiches aus der unmittelbaren Umgebung des Königs belegt. Heutzutage wurden diese Ämter an Stellvertreter weitergegeben. Es gab natürlich noch den eigentlichen Kämmerer, doch der gab sich nicht damit ab, Bittsteller während der Audienzen zum König zu führen. Er führte lediglich den Titel Kämmerer des Königs in seinem Namen. Die Arbeit erledigte irgendein anderer, der für dieses Amt bei Hofe ausgebildet war.
    Der Kämmerer führte Sanchon Korsun, Nienor und Dumak durch die Tür in den Thronsaal. Hier, in einem hohen Saal mit geschwungener, reichverzierter Balkendecke mit hohen Fenstern an den Seitenwänden, Teppichen, die einen Weg zum Thron bildeten, Waffen an den Wänden unter denen Gruppen von Höflingen, Rittern, Würdenträgern standen, ließ sich der König zu seinen Audienzen herab. Nienor erinnerte sich an die Anweisungen und Erklärungen des Kanzleischreibers. Der Kämmerer rief ihre Namen laut auf und kündigte sie damit an: »Nienor de Brethil aus Myrtana nebst ihrem Diener, begleitet vom Großmeister des Ordens von Cascadun, dem Großgrafen von Serifa, Sanchon Korsun.«
    Und schon ging es auf dem kostbaren Teppich in Richtung des Thrones, der an der gegenüberliegenden Stirnseite des Saales um einige Stufen erhöht stand. Um den Thron herum standen die Granden des Reiches, gekleidet in kostbare Gewänder. Bei manchen schimmerte das blanke Metall der Rüstung an verschiedenen Stellen, andere hingegen - und es waren nicht wenige - trugen die Roben der Leuchtenden Sonne. Direkt hinter dem König stand ein glatzköpfiger Priester in einer besonders kostbaren Robe ihm ganz nahe, so daß er ihm ins Ohr flüstern konnte, was er für wichtig hielt, ohne daß es andere mitanhören konnten.
    Der König selbst war noch ein junger Mann, vielleicht am Beginn des dritten Lebensjahrzehntes, schätzte Nienor, mit halblangen dunkelbraunen, lockig auf die Schulter fallenden und von einem mit Edelsteinen besetzten, goldenen Stirnreif zusammengehaltenen Haaren und einem kurz gestutzten Vollbart. Der kostbare, an Säumen und Kragen mit Hermelin besetzte Waffenrock unterstrich seine herausragende Stellung noch. Er saß aufrecht und doch entspannt auf dem mit vergoldeten Schnitzereien stark verziertem Thronsessel, dessen Beine in Löwenfüße und dessen Armlehen in ebensolche Köpfe ausliefen. Mit ernstem Gesicht schaute er Nienor und dann den Großmeister an.
    Nienor hoffte, daß Dumak wegen seiner Einordnung als Diener keinen Protest anmelden würde, fast rechnete sie schon damit, doch blieb er ruhig. Dem König wurde eine gesiegelte Urkunde gereicht, die er öffnete. Er sah kurz darüber und gab sie dann an einen links von ihm stehenden Priester weiter, der sie entgegen nahm und ihren Inhalt in monotonem Tonfall vorlas. Obwohl sich die Priesterkaste ganz sicher über ihren Inhalt schwarz ärgerte, verzog doch niemand von ihnen eine Mine.
    »Im zehnten Jahr Unserer Regierung belieben Wir, Pedro, durch Innos' Gnade Großkönig von Haruthar, folgendes festzusetzen, auf das es Recht sei von nun an.
    Die Händler, die alljährlich aus den südlich unseres Reiches gelegenen Gebieten der Wüste gemeinsam in Unser Reich kommen und allgemein Thurg'arsi genannt werden, erhalten durch Unsere königliche Gnade das Privileg, sich frei in allen Städten des Reiches Haruthar bewegen zu dürfen. Weiterhin lege ich fest, daß sie an allen Märkten und für den Verkauf von Waren vorgesehenen Plätzen an allen dafür festgesetzten Tagen gleich den Bewohnern des Reiches Haruthar ihre eigenen Waren zum Wohl des Reiches verkaufen dürfen. Kein Vertreter des Reiches darf ihnen Einlaß verweigern an den Toren zu Unseren Städten.
    Weiterhin wird bekannt gegeben, daß sich die genannten Händler an die Gesetze Unserer Märkte zu halten haben und daß sie ihnen unterliegen. Sie sollen behandelt werden, wie jeder andere Handwerker oder Händler auf Unseren Märkten auch. Für den Handel auf Unseren Märkten haben sie die üblichen Abgaben zu zahlen. Wir, der König, haben das Recht des ersten Kaufes nach festgelegtem Preis.
    Im Namen Innos' und des Königs.«
    Der Priester faltete die Urkunde wieder zusammen, wobei er das unten angebrachte Königssiegel vorsichtig einklappte, so daß es vor Beschädigungen geschützt war, nahm eine runde lederne Hülle entgegen, die ihm gereicht wurde, schob das Pergament hinein, stieg dann die Stufen herunter und reichte Nienor das verpackte Schriftstück, die es mit einer Verbeugung entgegen nahm und fest hielt, fast schon umklammerte wie einen Schatz.
    »Ein recht... ungewöhnlicher Wunsch«, richtete der König nun das Wort an die Kriegerin. »Aber mir wurde von meinen Ratgebern versichert«, und hierbei wies der König mit der Hand auf Romuald, den Marschalk, dessen Mundwinkel sich für einen Augenblick zur Andeutung eines Lächelns verzogen und in seinen Augen lachte noch immer der Schalk vom letzten Tag, »daß es zum Wohle des Reiches sei, ihn zu erfüllen.«
    Er sagte tatsächlich ›mir‹ anstatt ›uns‹, wodurch er gleich weniger erhaben und entrückt erschien, sondern viel leutseliger und freundlicher, als es eben noch den Anschein gehabt hatte. Nienor schaute ihm freundlich und offen ins Gesicht und neigte für einen Augenblick den Kopf für einen stummen Dankesgruß.
    Der Priester hinter dem König lächelte kalt und sah Nienor dabei an, daß es ihr eisig den Rücken hinunter lief, als sie ihre Augen vom König abwandte und es bemerkte. Die junge Frau blieb stumm, da sie vermutete, daß der König keine Antwort von ihr erwartete.
    »Erfüllt mir doch bitte den Wunsch, Mylady Nienor, und befriedigt meine Neugier: Weshalb dieser seltsame Wunsch, von dem Ihr doch so gar nichts habt?«, hakte er jedoch mit einem feinen Lächeln um die Mundwinkel nach. Anscheinend wollte er doch hören, was Nienor zu sagen hatte.
    »Ich fand es ungerecht, daß diese Menschen ausgeschlossen wurden. Es sind ehrliche Leute, die diese Behandlung nicht verdient haben«, antwortete sie ohne großes Nachdenken, denn ihr Wunsch erschien ihr klar und einfach.
    »So habt Ihr mich denn daran erinnert, was einen König ausmacht: Gerechtigkeit für seine Untertanen. Ihr kommt aus dem fernen nördlichen Reich Myrtana, heißt es. Wenn dort alle so denken wie Ihr, scheint es ein schöner Platz zu sein, dünkt mir.«
    Nienor wollte schon dazu ansetzen, dem König von der eher traurigen Wirklichkeit Myrtanas zu berichten, doch dieser sprach schon weiter. »Außerdem habt Ihr dem Reich einen unschätzbaren Dienst erwiesen«, stellte er fest, »und so ist es nur recht und billig, Euch dafür zu belohnen, wie es ein gerechter König tun sollte. Reicht mir mein Schwert!«, rief er dann und Romuald selbst trat zum Thron und reichte ihm, mit dem Griff voran, ein vor Intarsien nur so funkelndes Schwert. Der König nahm es, stand auf, wobei ihm sein pelzbesetzter Umhang anmutig über die Schultern fiel und schritt die Stufen hinab. Nienor sank auf die Knie und beugte das Haupt.
    »Kniet nieder vor Eurem König und empfangt den Ritterschlag.«
    Nienor hob den Kopf, das weißblonde Haar fiel ihr in langen Strähnen über die Schultern. Sie sah den König unverwandt an, der ihr zulächelte und die Schwertspitze hob.
    »Ich schlage Euch durch die Berührung mit diesem heiligen Schwert zum Ritter.«
    Er legte die Schwertspitze auf ihre linke Schulter.
    »Von nun an habt Ihr die Pflicht, dem Recht zu dienen, Feinde des Reiches zu bekämpfen, die Schwachen zu schützen, die Wahrheit zu verteidigen, die Ehre zu erhalten und zu vermehren, den Glauben zu bewahren und niemals nachzulassen in Euren Bemühungen, diese Pflichten zu erfüllen.«
    Er berührte mit der Schwertspitze Nienors rechte Schulter.
    »Ihr habt das Recht, Euch Ritter zu nennen und stolz darauf zu sein, ein Teil der Grundfeste des Reiches zu sein und die Tradition derer fortzuführen, mit deren Hilfe meine Vorväter dieses Reich aufgebaut haben.«
    Er hob das Schwert und zog sich wieder auf seinen Thron zurück. Wie es Nienor erklärt worden war, blieb sie weiterhin in der gleichen Stellung. Sanchon Korsun trat nun vor sie hin und zog sein Schwert. Er mußte es eben erst umgegürtet haben. Nienor nahm die ihr dargebotene Schwertspitze mit der rechten Hand und hörte seine Worte.
    »Nienor de Brethil, schwört Ihr, daß Ihr die Grenzen des Reiches vor jedem Feind verteidigen werdet, wann immer man Euch ruft.«
    »Ich schwöre es.«
    »Und wollt Ihr schwören, daß Ihr den Worten des Großmeisters, denen der Komturen und denen anderer Ritter, so sie Euch vorgesetzt sind, folgen werdet?«
    »Ich schwöre es.«
    »Werdet Ihr nicht nachlassen im Kampf gegen alle Bedrohungen, die gegen das Reich aufstehen?«
    »Ich schwöre es.«
    »So seid nun willkommen als Mitglied des Ordens von Cascadun. Innos möge Euch schützen.«
    Der Großmeister steckte sein Schwert wieder weg und Nienor stand auf. Die Audienz war zu Ende und sowohl die Kriegerin als auch der Barde waren entlassen und wurden von einem Höfling durch einen Ausgang an einer der Seitenwände des Saales nach draußen begleitet. Der König sah ihnen noch lächelnd nach und der Großmeister folgte ihnen.
    »Ich vermute, Ihr wollt die Urkunde sogleich Euren seltsamen Freunden vor der Stadt bringen.«
    »Ja, das wäre mir am liebsten«, gab Nienor zu.
    »Ich habe ihnen heute morgen schon einen Boten schicken lassen.«
    »Ihr denkt wirklich an alles. Vielen Dank für den Brief an den Grafen Pelayo. Elias hat ihn mir heute am Morgen schon ausgehändigt.«
    Unter derlei Gesprächen erreichten sie bald wieder das große Tor zum Palastbezirk, nur durchschritten sie es jetzt in die andere Richtung. Am Fuß der Treppe verabschiedeten sie sich endgültig vom Großmeister, der ihnen auf seine väterliche Art noch einmal einschärfte, auf die Ratschläge Pelayos zu hören, ehe er sie ziehen ließ.

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    »Netter Bursche, dieser König«, meinte Dumak wenig respektvoll, als sie gemeinsam die Gassen durcheilten, um ans Stadttor und das Lager der Thurg'arsi zu gelangen.
    »Ja, höflich und zuvorkommend. Ich nehme an, diese Audienz war auch für ihn eine Abwechslung.«
    »Mhm, das ist alles? Ich habe gesehen, wie er dich angelächelt hat«, gab Dumak süffisant zurück.
    Nienor widmete ihm einen scheelen Blick.
    »Bleib lieber bei deinen Liedern«, meinte sie dann kühl.
    »Oh ja, das werde ich, ich denke, ich werde ein Lied daraus machen«, tat Dumak begeistert.
    »Das wirst du ganz sicher nicht.« Eine steile Falte zwischen ihren Augen verlieh dieser Forderung den nötigen Nachdruck.
    »Ach?«, foppte der Barde die Kriegerin.
    »Weil es nichts zu berichten gibt«, stellte die junge Frau kategorisch fest. Nienor wußte nicht warum, aber sie ärgerte dieses Gespräch. Dumak grinste kurz, doch Nienor ging nicht darauf ein. Still durchquerten sie noch so manche Straße und liefen hin und wieder über einen Platz, nur um anschließend erneut in eine Gasse einzubiegen. Nienor hatte sich den Weg gemerkt.
    »Aber wie du so vor ihm gekniet hast und er dir sein Schwert auf die Schultern gelegt hat, da ist mir ganz feierlich zumute gewesen«, gab der Barde nun ernsthafter zu. »Ich weiß nicht, aber diese Zeremonie hatte etwas ganz besonderes, seltsames und ich verstehe nicht, was daran nicht berichtenswert sein soll. Der Ritterschlag durch den König von Haruthar ist etwas berichtenswertes. Mir war, als würde mich der Atem der Zeit streifen und für einen Augenblick habe ich meinen eigenen angehalten und nur still und stumm staunend dagestanden und ein ganz wunderbares, feierliches Gefühl durchströmte mich.« Der Barde verstummte, so als wolle er noch einmal dem nachspüren, was ihn während der Zeremonie bewegt hatte.
    »Nun, wenn du darüber berichten willst, dann schreibe dein Lied«, antwortete Nienor, nun in versöhnlichem Tonfall. »Ich dachte nicht, daß dich das so beeindruckt.«
    Sie liefen eine Zeit lang schweigend nebeneinander.
    »Da vorn, das Stadttor«, sagte sie plötzlich, gerade als das Schweigen zu lang zu werden drohte. Und tatsächlich durchschritten sie bald darauf das imposante Doppeltor und gingen über die Zugbrücke, die über dem tiefen Wassergraben lag. Nachdem sie auch noch das äußere Tor passiert hatten, blickten sie kurz zurück und schauten ein letztes Mal auf die silbern schimmernde Mauer der Stadt, verkleidet mit dicken Platten geschmiedeten Erzes, das selbst dem Feuer von Drachen widerstand. Jetzt mußten sie noch eine knappe Meile gehen, bis sie zum Lager der Wüstenhändler kamen.
    Schon von Ferne sahen sie, daß sich das Lager in heller Aufregung befand. Menschen liefen hin und her, einige beluden die Rukhoa, andere standen in Gruppen und diskutierten gestikulierend miteinander. Und mittendrin erkannten sie, als sie näher heran waren, Sechab ir Khufs, den Durghari. Sobald er ihrer gewahr wurde, stürzte er mit offenem Gesichtstuch und einer für ihn ganz unüblichen Hektik auf sie zu.

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    Schwertmeister Avatar von Nienor
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    Nienor ist gerade online
    »Was ist geschehen? Ich habe eine seltsame Botschaft von einem dieser gepanzerten Krieger erhalten, daß Ihr mit wichtigen Nachrichten, die uns betreffen, kommen werdet. Doch wollte oder konnte er nicht sagen, worum es sich handelt. Alles, was er sagte war, daß wir mit unserem Aufbruch unbedingt warten sollten. Die Ältesten sind ungehalten darüber, daß uns nun nicht nur das Betreten von Haruthars Städten verwehrt wird, sondern daß uns nun sogar noch vorgeschrieben wird, wann wir reisen dürfen und wann nicht.«
    »Macht Euch keine Sorgen, Sechab«, unterbrach Nienor den äußerst ungewöhnlichen Redefluß des sonst immer so beherrscht auftretenden Durgharis. Das Lager war wirklich in heller Aufregung und diese hatte wohl auch den Durghari erfaßt. »Ich kann alles erklären und wenn Ihr mich angehört habt, dann werdet Ihr einsehen, daß die Verzögerung, die ihr erdulden mußtest, nicht umsonst war.«
    Sie zog die lederne Schutzhülle hervor, öffnete die Kapsel an der Stirnseite und zog das zusammengerollte Pergament mit der Urkunde des Königs heraus.
    »Diese Urkunde gibt euch auf alle Zeit das Recht, die Städte Haruthars zu betreten und in ihnen auf den üblichen Märkten uneingeschränkt Handel zu treiben. So wie die Bürger Haruthars das auch dürfen. Niemand darf euch nun mehr an den Stadttoren zurückweisen, nur weil ihr Thurg'arsi seid. Die erzenen Türen sind nicht länger für euch verschlossen.«
    Der Durghari, der den Worten mit immer größerem Unlauben gelauscht hatte, stand am Ende mit vor Staunen aufgerissenen Augen und heruntergeklapptem Kinn da. Dann besann er sich plötzlich, sein Gesicht nahm wieder die üblichen verschlossenen Züge an und er kniete plötzlich nieder.
    Und als er noch den Kopf vor Nienor senkte, faßte sie ihn an den Schultern und hob ihn wieder auf.
    »Weshalb kniet Ihr vor mir, Sechab? Ich habe nur getan, was ich für richtig hielt. Wißt Ihr, die Formel, sie war sehr wertvoll für Haruthar und mir wurde dieser Wunsch gewährt, weil ich sie zurück brachte.«
    Sechab brachte eine Weile kein Wort heraus. Dann sagte er: »Kommt mit zu den Führern unserer Karawane. Ich glaube, Chatab jub Hamsad wird Euch einiges berichten wollen.«
    Verwundert folgte Nienor ihm und bedeutete Dumak, zurückzubleiben und zu warten, was dieser mit einem Achselzucken auch tat.
    Sechab führte die Kriegerin geradewegs zu einem der größten Zelte, die noch nicht wie manch andere abgebaut waren. Er wechselte ein paar kurze Worte mit der Wache vor dem Zelt und dann schlug diese die Zeltbahn vor dem Eingang zurück und sie wurden eingelassen.
    Der Durghari verneigte sich kurz und antwortete dann auf ein paar Sätze Chatabs längere Zeit. Chatab nickte am Ende nur und bedeutete den beiden Besuchern, sich zu setzen. Das wurde wohl ein ausführlicheres Gespräch.
    Chatab begann zu erzählen und Sechab übersetzte für Nienor. Und folgendes sprach er:
    »Einst lebte unser Volk geeint in Besb'tha, doch erhob sich großer Streit, denn unsere Vorfahren waren als Wächter über ein Werkzeug der Götter eingesetzt worden. Ein Werkzeug, mit dem die Erde erschaffen und ihr Antlitz einst gestaltet wurde, so mächtig, daß es härtesten Felsen schneidet, daß es mit einem Wirbel Täler und Ebenen erschuf nur durch eine Bewegung. Es türmte Gebirge auf und schuf Ozeane nach dem Willen Ad'hos, der die Welt so schuf, daß die Menschen auf ihr wandeln konnten. In eurer Sprache wird es Weltenspalter genannt, denn es scheidet mit einer Bewegung nicht nur Gebirge oder Ozeane, sondern auch Welten voneinander. Formen hat es viele, denn die Götter können es so Gestalt annehmen lassen, wie es ihnen beliebt, doch ist es unter den Menschen als Schwert bekannt gewesen. Dieses Schwert zu beschützen, es zu bewachen und aufzubewahren war die Aufgabe unserer Vorfahren. Doch gerieten sie, verführt von den anderen Göttern, Ingos und Bel'gar, die dieses Werkzeug für ihre eigenen Zwecke begehrten, in Streit und entzweiten sich. Ad'hos war zornig ob der Unzuverlässigkeit der Wächter und entschied, daß unser Volk geteilt werden sollte. Diejenigen, die dem Pfad Ingos' folgten, sollten getrennt von den anderen in den Lüften wohnen, Ingos näher als andere. Die Anhänger Bel'gars sollten auf der Erde bleiben und so ihrem Gott nahe sein. Weltenspalter aber wurde geteilt. Die Anhänger Ingos in ihrer schwebenden Stadt hoch in den Wolken erhielten das Heft des Schwertes. Bei den Getreuen Bel'gars blieb die Klinge. Doch fuhr Bel'gar in seinen Ränken fort und so verbannte Ad'hos die Klinge an einen fernen Ort. Weise sagten, sie sei ins Meer gebracht worden, Ad'hos' Element, und durchpflüge nun auf ewig die Tiefen des endlosen Ozeans als Schrecken der Seefahrer, denn die Spitze bohre sich voll Wut in ihre Schiffe und bringe sie zum Untergang. Bel'gar war so erzürnt darüber, daß er viele Tage und Monate lang einen heißen Wind aus den nördlichen Bergen, die wir Corach Bel'gar - der Rachen Bel'gars - nennen, wehen ließ, der gelben Sand mit sich brachte und unser Land verschüttete, so daß es zur Wüste wurde. Erst als Besbia, die als die Schönste unseres Volkes angesehen wurde, sich ihm hingab und ihn um Einhalt bat, wurde er besänftigt und der Wind erstarb. Aber die Klinge war verloren und Bel'gar schützte seine Anhänger nicht länger, so daß sie der heißen Sonne und unbarmherzigen Trockenheit ausgesetzt waren.« Chatab machte eine bedeutungsschwere Pause.
    »Eine traurige Geschichte, doch was hat sie mit den heutigen Ereignissen zu tun?«, wagte Nienor zu fragen. Doch Chatab sprach weiter.
    »Von jeher gibt es unter unserem Volk eine Prophezeiung. Manche sagen, sie sei von Mosalla selbst, der als erster Ad'hos erkannte, andere halten sie für eine Legende. Sie lautet: Wenn der Mus'aia kommt, wird sich alles wandeln. Die Dinge werden wieder so geordnet, wie vor dem uralten Richtspruch der Götter. Die schwebende Stadt wird wieder zurückkehren auf die Erde und der Sand der Wüste wird fortgeweht und unsere alte Heimat kommt zum Vorschein. Dies soll geschehen, wenn der Mus'aia erscheint. Und es wurden drei Zeichen genannt, die erfüllt werden, um ihn anzukündigen. Als erstes Zeichen soll er Totes wieder zu Leben erwecken. Als zweites Zeichen soll er Wände hart wie aus Erz wieder öffnen, die geschlossen wurden. Die ersten beiden Zeichen haben sich durch dich erfüllt. Erinnerst du dich an die Blicke, die dir die Mitglieder meiner Karawane am Gelab zugeworfen haben, nachdem der schweigende Wald aufgewacht war? Sie kennen alle diese Prophezeiung und waren erfüllt von Scheu dir gegenüber. Dies verging. Doch nun kommst du und sagst, daß du die Tore aus Erz geöffnet hast. Dies ist das zweite Zeichen. Ich selbst kann es kaum glauben.«
    Nienor reichte ihm die zusammengerollte Urkunde.
    »Hier steht es«
    Sechab nahm sie ihr ab, als Chatab keine Anstalten macht, sie zu nehmen und entrollte sie. Er schaute auf den Text und das Siegel.
    »Es ist wahr«, bestätigte er dann. »Doch habe ich auch nicht an den Worten Nienors gezweifelt.«
    Chatab jub Hamsad sprach weiter. Sechab übersetzte.
    »Deine Waffen, die wir dir seit dem Vorfall am Gelab verweigert haben, sollen dir wiedergegeben werden. Es steht uns nicht an, dem Lauf des Schicksals entgegenzutreten. Du wirst sie brauchen und was geschehen wird, wird geschehen. So Ad'hos will.«
    Und Sechab reichte ihr in einer feierlichen Geste Bogen, Köcher und Schwert, die er aus einem Bündel am Boden nahm. Ob sie hier schon immer gelegen hatten oder für diesen Zweck hingelegt worden waren, blieb Nienor verborgen. Nachdenklich die Stirn in Falten gelegt nahm sie sie mehr mechanisch als freudig entgegen. Anderes bewegte ihre Gedanken gerade.
    »Ihr spracht von drei Zeichen. Was ist das Dritte?«, fragte sie dann und wartete auf die übersetzte Antwort Chatabs.
    »Wie kann ich dir dies verraten?«, wehrte Chatab mit einer plötzlichen Geste ab. »Der Mus'aia wird das dritte Zeichen von selbst vollenden. Sonst wäre er nicht der Mus'aia.«
    Das leuchtete ein.
    »Nun, dann bewahrt diese Urkunde gut auf und vergeßt sie im nächsten Jahr, wenn ihr wieder auf die Reise geht, nicht. Euch werden dann alle Tore offen stehen. Ich danke Euch für diese seltsamen Neuigkeiten. Ich bin, so scheint es, nicht Herr meiner eigenen Entscheidungen, sondern eingebunden in größere Ereignisse« - ob ich will oder nicht, sagte Nienor zum Schluß. Sie mußte jetzt erst einmal über das Gehörte nachdenken. Nichts war so einfach, wie es den Anschein hatte. In Gedanken versunken verließ sie das Zelt des Karawanenführers.

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    Als die Kriegerin am nächsten Morgen aus ihrem Zelt trat, um sich den täglichen Morgenverrichtungen zu widmen, sah sie überrascht, daß Dumak sich davor auf einem Schemel postiert hatte und sich an ihrer Rüstung zu schaffen machte. Fast schon wollte sie ärgerlich werde, besann sich aber. Die heiße Wut, die sie wie eine Woge damals überkommen hatte, als sie noch vor dem vergessenen Wald an einem Wirtshaus rasteten und Dumak in ihren Sachen gewühlt hatte, blieb aus. Denn sie trug ihre Trophäe, das Horn der Schlange am Gürtel, mit dem sie Hose und Wams komplettierte.
    Eifrig wischte der Barde mit einem Lappen über die Stahlpartien der Schulterstücke, fuhr die vielgestaltigen Rankenmuster nach und war sichtlich bemüht, der Rüstung weiteren Glanz zu verleihen. Ein völlig unnützes Unterfangen, denn Nienors Rüstung war so blank und glänzend, wie sie nur sein konnte.
    »Dumak, was tust du hier?«
    »Ich kümmere mich um deine Rüstung«, antwortete Dumak prompt in überzeugtem Tonfall.
    »Aber das ist Kappenarbeit«, legte ihm die verwunderte junge Frau dar.
    »Ich weiß«, erwiderte Dumak im Brustton der Überzeugung.
    Nienor verstand.
    Und seufzte.
    »Ach Dumak, du bist kein Knappe und du wirst es auch niemals sein. Du bist doch gar nicht dafür geschaffen. Laß es doch«, sagte sie sanft. Sollte sie amüsiert sein über seinen drolligen Versuch, sich um ihre Rüstung zu kümmern oder eher gerührt, eben weil er es versuchte?
    »Du warst bis vor Kurzem auch kein Ritter und nun bist du es.«
    »Ach, das war doch nur eine Angelegenheit für andere, die mich vorgeschoben haben, um ihre Hofintrigen interessanter zu gestalten«, meinte die Kämpferin abschätzig.
    »Und doch... du bist ein Ritter. Mit Bestallungsurkunde und Ritterschlag und allem drum und dran.«
    »Ach, Dumak. Ein Ritter trägt eine Rüstung von den Zehen bis zum Scheitel, er reitet auf einem ebenfalls gepanzerten Streitroß und seine Angelegenheiten sind der Krieg und die Händel der Herren, für die er reitet und sich in Stücke hauen läßt. Das ist ein Ritter.«
    »Eine Rüstung hast du schon. Ein Pferd auch, Naja, fast. Ein Rukhoa ist ein Anfang und irgendwann wird es eben ein Pferd.«
    Nienor lachte auf. »Du und deine Phantasie. Wenn du nicht Barde wärst, würde ich meinen, du hättest dein Handwerk verfehlt. Auf so eine Sichtweise kann nur ein Sänger und Gaukler, wie du es bist, kommen.
    Schau, ich habe kein Pferd, ja noch nicht einmal der Rukhoa gehört mir und ich werde auf seinem Rücken nur geduldet, weil ich ihn und die hinter ihm angeleinten anderen Tiere in der Reihe der Karawane führe und somit den Thurg’arsi etwas Arbeit abnehme. Wenn wir die Karawane irgendwann verlassen, werde ich absteigen müssen und mein Reittier nie wieder sehen, denn sein Besitzer wird ihn mit sich nehmen.«
    »Naja...«, wollte Dumak einwenden, kam aber nicht weiter, denn Nienor sprach schon weiter.
    »Und was die Rüstung betrifft, die Beinschienen bedecken nur die Unterschenkel, die Arme sind gar nicht geschützt, von Füßen und Händen ganz zu schweigen. Der vordere Hals ist offen und einen Helm hat sie auch nicht. Die Rüstung ist also sehr lückenhaft.
    Wenn man in einen der Orden Haruthars aufgenommen wird, dann muß man für seine Ausrüstung selber sorgen. Man braucht ein Reitpferd, dann braucht man ein Schlachtroß, man benötigt ein Transportpferd, daß Panzer für Roß und Reiter trägt sowie die schweren Waffen, man benötigt mindestens einen oder besser zwei Knappen, die sich um Pferde und Ausrüstung kümmern, die kochen, putzen, abends ein Lager bauen und es morgens wieder abbrechen, man benötigt ein Zelt und noch vieles anderes. All das muß der Ritter aus eigenem Vermögen zahlen.
    Ich habe gar nichts außer einem Titel, der niemanden etwas gekostet hat, meinem Schwert, meinen Bogen und diese arme antike Rüstung, die du gerade zu Tode putzt, weil sie dir nicht schnell genug entkommen konnte«, schloß sie mit leisem Spott. Aber es war nicht unfreundlich gemeint.
    Sanft wand sie ihm die Schulterteile ihrer Rüstung aus den Händen.
    »Ich danke dir, Dumak, für deinen Versuch, aber es ist nicht nötig, wie du nun siehst.«
    Das war Nienor, dachte der Barde. Immer fest verwurzelt in der schnöden Wirklichkeit.
    »Bleiben denn gar keine Träume?«, fragte er leise und ein wenig traurig.
    Nienor schaute ihn für einige Augenblicke aus ihren klugen, grauen Augen an und sagte nichts. Dann strich sie eine ihrer weißblonden Strähnen aus dem Gesicht und wandte sich ab, um die Rüstung vollends wegzupacken. Sie würde sie heute und in den nächsten Wochen sicher nicht benötigen.

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    Im Grenzland
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    Tage waren vergangen. Tage, die sich zu Wochen aufreihten. Die Karawane hatte Coïmbra noch am selben Tag verlassen. Die Nachricht, die Nienor gebracht hatte, war von den Karawanenführern geheim gehalten worden. Es war für besser gehalten worden, die Unruhe unter den Händlern nicht zu vergrößern. Hatte der Kniefall des Durghari doch schon genug angerichtet und Sechab war es schwer gefallen, die Fragen, die ihm seine Fahrtgenossen deswegen stellten, zufriedenstellend zu beantworten, ohne zu viel zu verraten. Doch Mißtrauen war geblieben, vor allem gegenüber der seltsamen Kriegerin aus dem Norden. So mieden manche aus der Karawane nun demonstrativ ihre Nähe. Doch Nienor machte das nicht viel aus, sie war im Gegenteil eher froh, in Ruhe gelassen zu werden. Der Vorrat der Phiole, die ihr Meister Dakasto gegeben hatte, war schon merklich zusammengeschrumpft, doch wagte sie es nicht, ohne ein paar Tropfen des starken Schlafmittels die Nacht zu überstehen. Seit sie ihre Waffen wieder hatte, war sie noch vorsichtiger geworden. Ihre Trophäe, das Horn, trug sie ebenso wie die an einem Halsband hängende Phiole immer mit sich herum, meist an den Waffengürtel geschnallt.


    Die Landschaft hatte sich im Laufe der Zeit gewandelt. Das üppige Grün, das die Gegend um die Hauptstadt so lieblich erscheinen lassen hatte, war wieder einem gelblichen Ton gewichen, der von trockenem Gras, lehmigen Böden und Sand her rührte. Die vergleichsweise sanft gewellten Hügellandschaften hatten schrofferen Formationen Platz gemacht. In schmalen und breiten Tälern, die sie durchzogen oder passierten, lagen hin und wieder kleine Ortschaften, Dörfer nur. In den breiteren Tälern mäanderten kleine Flüsse wie silberne Bänder. In den schmalen Tälern stürzten hingegen Bäche bergabwärts. Lichte Korkeichenwälder bedeckten die Hänge manchmal. Andernorts waren sie nur mit einer gelben, vertrockneten Grasnarbe überzogen, die von vereinzelt stehenden Schlehenbüschen unterbrochen wurde. An den Bächen und in den Niederungen der Täler standen, zu kleinen Gruppen zusammengeballt, grüne schimmernde Erlen und Weiden. Und als die Hügel höher ragten, wurden sie zu Bergen. Felsig erhoben sich ihre Spitzen aus weißem Kalkstein. Auf manchen von ihnen waren die Überreste von Mauern zu erkennen, erbaut aus ebensolchem weißen Steinen. Es waren die Ruinen alter Burgen, zerstört in den vielen Kriegen, die das Grenzland seit Jahrhunderten überzogen.
    An einem Tag waren sie an einem alten, dürren Baum vorbeigezogen. Von einem seiner Äste hing eine Leiche, ein Gehängter. Die ungewöhnliche Kleidung des Toten kam Nienor bekannt vor und nach einiger Grübelei erkannte sie in ihm einen der Berittenen, die sie vor Monaten in Gorthar gesehen hatte, als sie die Karawane der Thurg’arsi gerade kennengelernt hatte. Es war im kopflosen Einhorn gewesen und dann kurze Zeit später, als sie sich gerade den Wüstenhändlern anschließen wollte. Beide Male hatte ihr der Blick, den ihr einer dieser Männer zugeworfen hatte, kalte Schauer den Rücken hinauf gejagt. Warum dieser hier so ein unrühmliches Ende gefunden hatte, was er hier so weit im Süden machte und was aus seinen finsteren Kameraden geworden war, wußte sie nicht. Sie war beunruhigt, doch behielt sie ihre Gedanken für sich und beschloß, vorsichtig zu sein. Je weiter sie in den Süden kamen, desto gefährlicher schien dieses Land zu werden.
    Als sie die Karawane die Richtstätte passiert hatte, schaute sich Nienor noch einmal um. Ein Schwarm Raben ließ sich auf dem Baum nieder. Sicher war die Leiche für sie ein Festmahl. Von ferne hörte sie ihr Krächzen. Es war ihr, als grüßten sie die Raben höhnisch, so als ob sie schon auf sie warten würden. Schnell schaute sie wieder nach vorne. In der Nacht träumte sie trotz des Schlafmittels von riesigen schwarzen Schwingen, deren Federn einen Sturmwind entfachten, der ihr das Haar aus dem Gesicht wehte und ihr den Atem nahm. Undeutliche schwarze Gestalten suchten sie heim, wurden mal verschluckt von sich öffnenden Schwingen, mal freigegeben, wenn sich andere Flügel wieder schlossen. Kraa, kraa, das Echo verfolgte sie durch ihren Traum.
    An einem Abend gelangten sie zu einem kleinen Städtchen, die sich in den Schatten eines Berges duckte. Auf der Kuppe ragte eine Burg empor, ein schweigender Koloss, der das Tal und die Landschaft ringsum beherrschte. Im Abendrot flammten ihre hohen, dunklen und abweisenden Mauern blutrot auf, angestrahlt von der untergehenden Sonne. Dies war Sabugal. Hauptort der gleichnamigen Grenzgrafschaft. Wie immer schlugen die Händler aus der Wüste ihr Lager vor den Toren der Ortschaft auf. Diesmal würde die Rast länger dauern. Die Karawane würde einige Tage hier bleiben, um Söldner anzuwerben, die für die Sicherheit auf dem weiteren Weg sorgen sollten. Vor den Thurg’arsi lagen gefährliche Wege und Sabugal als letzte Station vor den unsicheren Landstrichen war schon immer der Ort gewesen, an dem sich bezahlte Kämpfer der Karawane angeschlossen hatten, denn es war bekannt, daß sich damit Geld verdienen ließ.
    Südlich der Grenzgrafschaften zog sich die Wildnis hin, ein wildes, unbeherrschbares Gebiet. Banden von Bergorks, von denen Väter ihren unartigen Kindern erzählten, teilten sich das Land mit furchterregenden Monstern, von denen die selben Väter lieber gar nicht erst anfingen, zu erzählen. Schroffes Gebirge durchschnitt mit seinen zerklüfteten Tälern die Landschaft. Felsen und Kartsgebiete taten ein Übriges, um es so unwegsam wie nur irgend möglich zu gestalten. Siedlungen bestanden kaum, nur einige schwer bewachte Erzbergwerke befanden sich dort und wenige Wege führten zu ihnen.
    Die Rukhori wurden in einen schnell aufgebauten Pferch getrieben, Zelte wurden aufgebaut und die dafür eingeteilten Mitglieder der Karawane entfachten die Kochfeuer. Nienor wollte jedoch in die Stadt. Da ihr ein Großteil der Händler seit Coïmbra mit mehr oder weniger unverhohlenem Mißtrauen begegnete, war sie nur froh, die Thurg'arsi endlich wieder einmal hinter sich lassen zu können. Den Brief an Graf Pelayo hatte sie sich in den Ärmel ihrer Rüstung geschoben.
    »Dumak? Willst du mich begleiten?«, rief sie den Barden, der sich weiterhin im freundschaftlichen Umgang mit den Thurg'arsi übte und bei seinen Freunden am Feuer saß.
    »Hast du etwas Bestimmtes vor?«, fragte er über die Schulter zurück. Gerade war die Suppe heiß und um nichts in der Welt wollte Dumak die letzte Mahlzeit des Tages verpassen.
    »Erinnerst du dich nicht mehr an den Brief? Dies hier ist Sabugal. Dort oben in der Burg sitzt Graf Pelayo.«

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    »Och, können wir nicht gehen, wenn ich satt bin?«
    »Dann ist es zu spät und wir werden nicht mehr hineingelassen, weil die Sonne schon untergegangen ist. Aber ich bin mir sicher, du bekommst auch oben auf der Burg etwas zu essen.«
    Brummend erhob sich Dumak und ließ die Gruppe am Feuer alleine.
    »Nunja, wenn ich ehrlich bin, kann ich etwas Abwechslung eigentlich ganz gut vertragen. Wochenlang immer nur das gleiche. Scharfe Suppe mit etwas Fett und vergilbtem Grünzeug ist irgendwann auch nicht mehr so das Gelbe vom Ei. Ah, mal ein richtiges Spiegelei, das in Fett schwimmt und dazu ein frisches Stück Brot und ein süffiges, schäumendes Bier. Das wär schon schön«, fing Dumak zu träumen an.
    »Na dann bestell deine Wünsche dem Koch auf der Burg«, schlug Nienor vor und wartete nicht länger auf den Barden, der schließlich hinter ihr her trottete.
    Sie verließen das Lager und erreichten nach kurzem Fußmarsch das kleine Städtchen am Fuß des Burgberges. Kurz bevor sie das Tor erreicht hatten, sahen sie, wie eine Ziegenherde, die tagsüber auf den kargen Grashängen der umliegenden Berge ihr Futter suchte, durch das Tor getrieben wurde. Da es noch vor Sonnenuntergang war, war das Tor, das den Einlaß im Palisadenwall, der den Ort umgab, bildete, noch geöffnet. Ein Torwächter döste in der Abendsonne und behelligte sie seltsamerweise nicht weiter. Wo doch Reisende aus fernen Ländern in dieser abgelegenen Gegend sicher eigentlich besonders interessiert betrachtet wurden. Das Städtchen war so klein, daß sie es schon nach wenigen Minuten durchquert hatten und den Weg zur Burg hinauf fanden. Die niedrigen Häuser duckten sich an den Hang des Berges, auf dessen Spitze die hohen Mauern der Burg Sabugal aufragten. Der Weg schlängelte sich in Serpentinen die Bergflanke hinauf und mündete nach mehreren Spitzkehren an einem vorgeschobenen Burgtor, an das sich linker Hand eine hohe Schildmauer anschloß, die um den Berg herum zur Hauptburg führte und so einen vorgelagerten Hof eingrenzte. Vor dem Tor lag eine herabgelassene Zugbrücke über einem aus dem Felsen herausgehauenen trockenen Graben. Das Tor selbst war geöffnet, doch machte der Posten, der hier stand, im Gegensatz zu dem am Stadttor weiter unten einen durchaus wachen Eindruck.
    »Woher? Wohin? Wes Zeichens?«, rief sie der Wachmann an und stellte sich breitbeinig in die Einfahrt.

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    »Nienor de Brethil, aus Coïmbra auf der Reise nach Süden ins Land der 'Garsi ach Elgar hinter den Grenzbergen. Ich möchte zu Graf Pelayo.«
    »Mit welchem Auftrag?«
    »Ich habe einen Brief für ihn von Großmeister Korsun.«
    Der Wächter pfiff zweimal kurz und laut mit Hilfe von einem Finger, und nach wenigen Augenblicken öffnete sich eine Tür, die wohl den Eingang zu Turm und Wehrgang bildete. Aus dem dahinter liegenden Raum traten zwei Bewaffnete.
    »Besuch für den Grafen. Führt sie hin«, beschied die Torwache kurz.
    Hier schien alles militärisch knapp abzulaufen. Womöglich war der Ablauf in der Burg und auch das tägliche Leben durch die ständigen Kämpfe geprägt, von denen man Nienor berichtet hatte.
    Die Bewaffneten führten die Besucher den Zwinger entlang zum nächsten Tor, wo sie sogleich eingelassen wurden. Im Gegensatz zum ersten Tor war dieses geschlossen und für den Durchlaß wurde nur die kleine Pforte innerhalb des Tores geöffnet. Hinter ihnen wurde der schwere Riegel wieder vorgeschoben. Sie befanden sich nun in der Vorburg, dem Wirtschaftsteil mit Ställen, Speichern und Gesindewohnungen. Doch hielten sie sich nicht lange darin auf. Durch ein weiteres, ebenfalls verschlossenes und nur für sie geöffnetes Tor gelangten sie in die innere Burg.
    »Ist das Grenzland so unsicher, daß hier so hohe Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen?«, versuchte Dumak ein Gespräch mit dem Wachmann, der sie durch die Burg begleitete, anzuknüpfen.
    »Ja, ist es«, war jedoch alles, was dieser sich entlocken ließ.
    Nienor spürte, daß es einen anderen Grund geben mußte für das Mißtrauen, das ihnen entgegenschlug. Alle waren bisher sehr kurz angebunden gewesen, alle Tore waren verrammelt und wurden eigens für sie umständlich geöffnet und sofort hinter ihnen wieder geschlossen.
    Endlich, nachdem sie eine endlos erscheinende Treppe im Wohnturm der Hauptburg hinter sich gelassen hatten, wurden sie in einen größeren, fast saalartigen Raum geführt, in dem einige Männer auf Holzbänken um einen Tisch versammelt saßen. Im Kamin brannte ein Feuer – ungewöhnlich für die Jahreszeit, war es doch selbst nachts noch angenehm warm. Aus einem geschnitzten Stuhl nahe am Kamin erhob sich ein schnauzbärtiger Mann, nicht mehr jung, denn der Bart ließ schon silberne Strähnen erkennen und auch das Haar wies schüttere Stellen auf.
    Mit einer Handbewegung gab der Mann den anderen zu verstehen, daß sie nun gehen sollten. Der fragende Blick von einem der Männer war genug Antwort, um als Reaktion darauf ein energisches Nicken des Graubartes zu provozieren. Die Männer verließen mit einem Murmeln den Raum und nun erst sprach der Mann aus dem Stuhl Nienor an, die mit Dumak alleine gewartet hatte.
    »Nienor aus dem fernen Norden, seid gegrüßt.«
    »Ihr wißt, wer ich bin?«, entfuhr es Nienor überrascht, ehe sie sich auf die Lippen biß.
    »Nur weil ich eingeigelt in dieser Burg sitze, heißt das nicht, daß ich alles verpasse, was in der Welt vor sich geht.
    Ich bin Pelayo, Graf von Sabugal. Und ich habe genug Leute, um mir von Ereignissen aus der Hauptstadt berichten zu lassen, ehe sie von selbst zu mir kommen. Noch dazu, wenn sie so langsam reisen wie Ihr.«
    »Nunja, meine Reisebegleitung ist sicher nicht besonders schnell, doch ich fühle mich wohl in ihrer Mitte.« Das war zwar spätestens seit den Vorgängen in Coїmbra nicht mehr unbedingt der Fall, doch zumindest der Durghari begegnete ihr noch immer mit demselben achtungsvollen Ausdruck wie seit Beginn der Reise. Und Nienor fühlte sich verpflichtet, etwas zugunsten der Thur’garsi zu sagen.
    »Ich habe einen Brief für Euch, von Großmeister Korsun.« Nienor zupfte den Brief aus ihrem Ärmel, trat vor und überreichte ihn dem Grafen, der ihn mit geübten Griffen öffnete. Anscheinend erhielt er öfter Briefe, was auch immer dort drin stehen mochte.
    Pelayo lachte mehrmals beim Lesen laut auf, schüttelte dazwischen immer wieder den Kopf und ließ das Pergament schließlich niedersinken, um sich an die Überbringerin zu wenden.
    »Nun, darin stehen tatsächlich einige Neuigkeiten, von denen ich noch nichts wußte. Aber da es sich wohl um Intrigen und Ränke handelte, wie sie in Coїmbra an der Tagesordnung sind, wundert mich das nicht. Allerdings muß ich zugeben, das dies eine neue Dimension ist, wenn sogar schon Posten in den Ritterorden dafür gestiftet werden. Sanchon scheint sich aber dabei köstlich zu amüsieren und der Marschalk, wenn ich seinen Worten glauben darf, ebenso.«
    Er machte eine Pause und sein Gesicht überflog ein Schatten, der eine Spur Kümmernis zurück ließ. Und nun sah man auch, daß die Jahre im Gesicht des Grafen ihre Spuren hinterlassen hatten.
    »Vermutlich werden wir für jeden Spaß, jede fröhliche Minute eines Tages bitter zahlen müssen. Vielleicht sogar schon bald. Doch sei’s drum, Nienor, Ihr habt mir das Herz erwärmt mit dem, was Sanchon mir über Euch berichtete. So viel Unverfrorenheit. Ihr habt das Herz auf dem rechten Fleck und Ihr seid mehr Ritter als viele, die es von sich glauben. Und das, obwohl Ihr eine Frau seid. Denn ist es nicht das höchste Ziel eines Ritters, den Schwachen zu helfen? Nichts anderes habt Ihr getan. Und nebenbei noch der Sonne mächtig eins ausgewischt. Ich weiß nicht, welchen Unvorsichtigen sich die Priester mit ihrer falschen Spur, die sie mit dem nachgemachten Pergament gelegt hatten, zum Ziel erkoren haben. Es kümmert mich auch nicht. Aber ich bezweifle, ob sie damit ein gutes Geschäft gemacht haben.«
    Graf Pelayo schaute Nienor eine Zeit lang an, wie sie sich auf einer der Bänke niedergelassen hatte, wie sie sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn wischte, wie sie ihn mit ihrem offenen, freundlichen Gesicht anschaute und sein Gesicht wurde wieder traurig.
    »Ihr seid das blühende Leben, so jung und habt alles noch vor Euch. Ich hingegen habe mein Leben gelebt. Nehmt es einem alten Mann nicht übel, wenn er sich an Erinnerungen fest hält, aber Ihr erinnert mich an meine Tochter.«
    »Ich würde sie gerne kennen lernen«, wagte Nienor eine höfliche Antwort.
    »Ach, ich fürchte, das wird nicht möglich sein. Denn Innos hat in seiner grenzenlosen Güte beschlossen, sie zu sich zu nehmen. Und das war vor fast zwölf Jahren.«
    Nienor verstand den Grafen nun: Er hielt sich an seinen Erinnerungen fest und daß es in den Grenzgrafschaften rumorte, führte nur dazu, daß der altersweise Graf, der zu genau wußte, das dies zu nichts Gutem führen würde, noch heftiger in die Vergangenheit gedrängt wurde, wo ihn die Erinnerungen an schönere Zeiten ohne Sorgen vom Hier und Jetzt abhielten. Denn so oft sich die Grenzgrafen gegen einen der Vorfahren des Königs erhoben hatten, so oft waren sie aufs Haupt geschlagen worden und am Ende war nur ein großes Wehklagen übrig geblieben. Nicht umsonst waren sie auf ihrer Reise an so vielen Ruinen vorbeigekommen.
    »Wie wäre es, Nienor, wollt Ihr nicht noch einige Wochen hier bleiben? Ich kann in diesen unruhigen Zeiten nicht nur jede waffengeübte Hand gebrauchen, sondern es würde vor allem mein altes Herz erwärmen, Euch hier zu wissen. Euer so schweigsamer Begleiter soll meine Gastfreundschaft natürlich ebenfalls genießen, wenn er möchte.«

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    »Mein Name ist Dumak«, meldete sich der Barde nun zu Wort. »Und ich begleite Nienor seit Beginn ihrer Reise. Wenn Ihr ein Lied hören wollt, Graf Pelayo, ich kann Euch von allem, was Ihr begehrt, etwas singen…«
    »Bloß nicht«, polterte der Graf. »Dieses abgehobene Geträllere kommt vielleicht in Coїmbra an, aber hier will ich davon nichts hören.«
    Dumak verzog beleidigt seinen Mund, wagte es aber nicht, laut zu protestieren. Statt dessen beschloß er, so schnell wie möglich von diesem langweiligen Grafen zu fliehen und sich lieber in der Burg umzusehen. Vielleicht fand er ja die Küche und dort gab es sicher etwas zu essen. Schließlich mußte er sich für die ihm entgangene Mahlzeit entschädigen.
    Unter einem Vorwand entfernte er sich aus dem Raum und ließ Nienor und den Burggrafen allein. Sollten sie doch ihre Geschichten austauschen. Er hatte Besseres vor.
    Dumak lief eine Treppe hinab, kam an einem schmalen Fenster, in das die tief stehende Sonne hinein schien, vorbei, bog in einen Gang ein und auf einmal stieg ihm ein wohlbekannter Geruch in die Nase.
    »Na also«, meinte er zufrieden zu sich selbst und lief dem Geruch nach.
    An einer Abzweigung überlegte der Barde, welche Richtung er wohl nun einschlagen sollte. Plötzlich drang die Stimme eines Mannes an sein Ohr.
    »Grotarus muß Nachricht erhalten«, flüsterte jemand. »Ich glaube, diese beiden könnten eine Rolle spielen. Kuriere oder Spione.«
    Dumak hielt inne. Der Sprecher mußte ganz nahe sein. Er drückte sich in eine Nische, um den Worten weiter zu lauschen. Offenbar handelte es sich um ein Gespräch. Von welchen beiden wurde da gesprochen? Etwa von ihm und Nienor?
    »Wie sahen die beiden aus?«, wollte eine leise, tiefe Stimme wissen. Sie klang irgendwie beunruhigend. Dumak lief ein kalter Schauer über den Rücken. Er drückte sich noch enger in die Nische.
    »Der Kerl hat schwarzes Haar und auch irgendwas schwarzes an und wirkt ziemlich schmierig. Die Frau hat 'ne silberglänzende Rüstung und elfenbeinfarbenes, langes Haar«, beschrieb er Dumak und Nienor korrekt. »Sie könnten wichtig sein!«, mahnte er eindringlich.
    Ziemlich schmierig? Was sollte das denn? Das war ja unerhört, wie hier über ihn gesprochen wurde. Doch da wurde der Dialog schon fortgeführt und es bleib keine Zeit mehr, sich über dieses nach Dumaks Meinung absolut unpassende Urteil, das soeben über ihn selbst gefällt worden war, zu ärgern.
    »Sie könnten...«, bestätigte die tiefe Stimme leise, und fuhr fort »aber sie werden keine Möglichkeit mehr haben, es zu werden. Es wurde angeordnet, daß sie Haruthar nicht lebendig verlassen dürfen.«
    Dumak hielt die Luft an. Das war ein Paukenschlag. Der zweite Mann sog hörbar die Luft ein, sagte aber nichts. Die tiefe Stimme sprach weiter.
    »Denkst du, die Sonne will sich an der Nase herumführen lassen? Noch dazu von diesem aufsässigen Pack. Sie haben sehr gelacht und fanden sich unheimlich witzig, als sie dieses Weibsstück vor den König geschoben haben. Doch der Arm der Leuchtenden Sonne ist länger. Niemand kommt ihr ungestraft in die Quere.«
    »Was tun wir also?«
    »Ich leite alles in die Wege. Du wirst dich morgen in meinem Auftrag zu Krums Leuten im Süden begeben. Sie kümmern sich um den Rest.«
    »Und was ist mit Grotarus?«, warf der erste ein.
    »Vergiß Grotarus.« Die Antwort klang sehr bestimmt. »Ihn zu informieren, würde nur Zeit kosten und letztendlich doch auf das selbe Ergebnis hinaus laufen.«
    Die Stimmen entfernten sich.
    Dumak hatte genug gehört. Fieberhaft überlegte er. Sollte er hinter den beiden her schleichen, um vielleicht nicht doch noch mehr zu erfahren? Nein, das Gehörte war eindeutig genug gewesen. Sollte er Nienor jetzt sofort warnen? Nein, noch saß sie beim Grafen und der würde nur Ärger machen, die Burg schließen, ihre Reise verzögern, sie hier behalten und wer weiß was noch alles. Also blieb nur, die Reisegefährtin morgen einzuweihen. Tief beunruhigt schlich er, nun viel vorsichtiger, zur Burgküche, die er bald fand.
    Ein gnädiger Küchenknecht gab ihm auf seine Bitten hin einige Reste der Mahlzeit vom Tage und wies ihm dann einen Platz an einem Tisch in einer Ecke zu, an dem er seinen Teller mit dicker Suppe und einen Brotkanten verzehren konnte. Dazu gab es nur Wasser, doch das war Dumak nicht mehr so wichtig, nachdem er eben das geheime Gespräch belauscht hatte.
    Und der Graf? Mußte er ihn nicht warnen, weil sich Spione der Innospriester auf seiner Burg befanden? Aber er hatte die Männer nicht gesehen, wie sollte er sie ihm also beschreiben? Vermutlich wußte Pelayo sowieso, daß sich unter seinen Männern auch eine gewisse Anzahl Verräter befanden. Was also konnte Dumak ihm Neues berichten? Daß es zwei Leute gab, die er nicht gesehen hatte - nur gehört - die für die Leuchtende Sonne arbeiteten? Und letztendlich war nicht der Graf, sondern Nienor und er selbst in Gefahr. Nein, er mußte es Nienor berichten, nicht dem Grafen.

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    »Gehen wir«, meinte Nienor, als sie das innere Burgtor erreicht und Dumak wartend in der Wachstube entdeckt hatte. Das Treffen mit dem Grafen war vorbei. Über dessen weiteren Inhalt gedachte die Kämpferin ihren Begleiter nicht aufzuklären. Es ging ihn weder besonders viel an noch würde es ihn vermutlich überhaupt interessieren.
    Das Tor wurde geöffnet und der Bewaffnete, der Nienor begleitet hatte, blieb zurück, als beide durch das Tor traten. Dumak hatte sich ihr schweigend angeschlossen, froh, endlich aus der Wachstube herauszukommen, in der auf die Kriegerin gewartet hatte.
    »Ich muß dir was sagen«, teilte ihr der Dieb tonlos mit, während sie dem Weg den Burghang hinab folgten und das Städtchen unterhalb der Burg erreichten.
    »Später, was immer es auch ist«, seufzte Nienor. Sie erwartete nichts gutes. Wahrscheinlich hatte Dumak schon wieder etwas angestellt und nun brachen die Folgen über ihn herein und er war damit überfordert und benötigte ihre Hilfe.
    »Es ist wichtig«, drängte Dumak.
    »Möglich, aber vorher habe ich noch etwas Wichtigeres.«
    »Das glaube ich kaum. Es geht um unser Leben.«
    Nienor blieb stehen und schaute Dumak mit erstauntem Gesicht an.
    »Was redest du?«
    Dumak packte sie am Arm, zischte »nicht stehen bleiben. Weiter gehen!« und zog Nienor neben sich her. »Sie können uns von der Burg aus beobachten.«
    »Was bei Beliar...« Langsam wurde sie ärgerlich.
    »Weiter gehen. Im Ort unten gab es eine Taverne, dort erzähl ich dir alles.«
    Nienor ließ sich mitziehen. Aus einer Mischung von Vorsicht und Neugier heraus beschloß sie, dem Spiel, das Dumak offensichtlich mit ihr trieb, zu folgen, bis sie mehr wußte.
    Der Barde führte sie in den Ort. Schon von weitem bemerkte sie den örtlichen Gasthof: Aus dem Haus am Platz in der Mitte des Städtchens drangen Licht und Lärm. Hier traten die beiden ein.
    »Nun, was hast du mir zu sagen?«, fragte die Kriegerin sofort, nachdem die Tür hinter ihnen zugefallen war, nicht gewillt, sich länger von diesem Lügenbold Dumak an der Nase herumführen zu lassen.
    »Suchen wir uns zuerst einen Platz, dann werde ich dir alles erklären«, meinte dieser, die Ungeduld Nienors ignorierend.
    Die Gaststube war etwa halbvoll. Neben einigen Leuten, die Nienor als Einheimische einordnete, da sie normale Kleidung trugen, meist Arbeitskittel und einfaches Zeug, saßen an drei, vier Tischen Leute, die eher nach geübten Kämpfern aussahen. Waffen waren zwar kaum zu sehen, doch sprachen sowohl die Aufmachung der meisten von ihnen, die muskulösen Körper und die Kleidung, die den meisten von ihnen etwas Verwegenes gab, eine deutliche Sprache. Im Hintergrund fuhrwerkte der Wirt oder irgendein Angestellter an einem aufgebockten Faß herum und verteilte Humpen, wahrscheinlich mit Bier. Eine Treppe führte in ein weitere Stockwerk, vermutlich mit Zimmern, die vermietet wurden.
    Endlich, nachdem Dumak und sie sich gesetzt hatten, begann der Möchtegernbarde zu erzählen, was er in der Burg erlebt hatte und erklärte auch, weshalb er Nienor nicht sofort in Anwesenheit des Grafen mit seinem Wissen konfrontiert hatte. Nachdem Nienor gehört hatte, was er zu berichten hatte, stützte sie das Kinn nachdenklich in den auf den Tisch aufgestützten Arm und meinte niedergeschlagen: »Das hätte mir von Anfang an klar sein müssen. Es war sehr dumm von mir, zu glauben, ich sei völlig unbeteiligt. Der Orden hat mir einen Bärendienst erwiesen. Es ist wie Marschalk Romuald sagte: Wir sind der Spielball politischer Intrigen.«
    »Noch ist doch gar nichts verloren«, redete da Dumak beruhigend auf sie ein. »Schau: Dadurch, daß ich von dem finsteren Plan der Priesterschergen erfahren habe« - er senkte bei diesen Worten seine Stimme - »kennen wir ihren Plan und können uns dagegen wappnen. Wir sind also im Moment im Vorteil. Denn sie hingegen haben keine Ahnung davon, daß wir bescheid wissen und werden dementsprechend sorglos vorgehen.«
    Nienors Gesicht hellte sich etwas auf. Dumak hatte recht. Es war Glück im Unglück, die Pläne ihrer Feinde zu kennen. Gerade als sie vorschlagen wollte, doch etwas zu trinken zu besorgen, baute sich einer der mutmaßlichen Söldner von einem der anderen Tische neben ihr auf und meinte: »Ihr seht aus, als seit ihr mit der Karawane gekommen. Woher auch sonst, andere Reisende gibt’s hier keine. Wenn ich mir euch beide so ansehe, wird mir klar, wieso die Krämerseelen aus dem Süden uns anheuern.«
    Das war eine klare Beleidigung. Nienor bemerkte, daß ihm seine Sätze nur schwer von der Zunge gingen. Vermutlich hatte er schon genug Bier getrunken, um nun auf dumme Gedanken zu kommen.
    »Ja, da hast du wohl recht«, erwiderte sie ruhig. An Ärger hatte sie keinen Bedarf.
    Doch der Kerl gab nicht so leicht auf. »Ach, zu feige, um mir zu widersprechen?«
    »Ja, mit so nutzlosen Leuten wie mir braucht die Karawane deinen Schutz ganz dringend.« Einen Hauch von Sarkasmus konnte die Ritterin nicht ganz verhindern. Er stand im krassen Widerspruch zu ihrer Stimme, die ganz sanft klang.
    Dumak schwieg währenddessen und sah sie aus zusammengekniffenen Augen an, abwartend, was passieren würde, die Hand schon griffbereit am Dolch.
    »Ähm... ja... genau.« Der Söldner kam aus dem Konzept. Er fand nicht den erwarteten Widerstand.
    Im Hintergrund hörte man seine Kumpane lachen.
    »Hau lieber mit der Keule zu, als mit Worten«, riet ihm einer. »Damit warst du schon immer besser.«
    Fast schien es so, als wolle er sich wieder umdrehen und zu seinem Tisch zurücklaufen, an dem seine Kameraden saßen und dem Bier zusprachen. Einer von ihnen hatte ein junges Mädchen auf dem Schoß und steckte ihr Gebäck in den Mund, das sie lachend knabberte, dabei den Arm um seinen Hals legend.
    Nienor achtete nicht darauf. Dumak ließ die Hand wieder vom Dolchgriff gleiten.
    Auf einmal drehte sich der eben Verspottete wieder um und schlug ganz plötzlich mit der Faust so heftig auf die Tischplatte, daß es schepperte. Dumak und Nienor erschraken
    »Denkst du, du kannst mich an der Nase herumführen?«, schrie er ihr und Dumak aufgebracht entgegen. »Nicht mit Trogald! Ich töte Bergorks mit einem Keulenschlag und mit Leuten wie dir werd ich noch ganz ohne Waffe fertig«, klärte er alle auf, die das wissen wollten. Und den Rest auch.
    Es war wohl zu spät zum Reden, befand Nienor. Der Typ wollte einfach Ärger. Das konnte er haben.
    Bevor er noch irgend ein Unheil anrichten konnte, war die Kriegerin aufgesprungen, wand ihm den Arm hinter den Rücken, indem sie ihn schmerzhaft verdrehte, piekte ihm mit ihrem Dolch, den sie in der Linken hielt überhaupt nicht sanft in den Hals und flüsterte dem Grobian, sich hinter ihm postierend ins Ohr: »Ich rate dir: Troll dich. Falls du morgen bei den Thurg’arsi auftauchst, um dich als Söldner zu verdingen, werde ich vielleicht sogar ein gutes Wort für dich einlegen, damit du mehr Sold bekommst. Jetzt schlaf deinen Rausch aus und laß meinen Begleiter und mich in Ruhe.«
    Trogald war zu überrascht, um sich zu wehren und dieser Augenblick der Untätigkeit reichte, um die Botschaft, die ihm Nienor zugeflüstert hatte, wirken zu lassen und ihn somit davon zu überzeugen, daß es besser war, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er entspannte sich und das war das Zeichen für die junge Frau, ihren Griff zu lockern und die Dolchspitze von seinem Hals zu entfernen. Ein kleiner Ritz an der Stelle, an der die Dolchspitze seinen Hals berührt hatte, ließ ein dünnes Rinnsal von Blut entstehen. Trogald wischte es sich achtlos vom Hals und stapfte mit wütendem Blick zurück zu seinen Kameraden.
    »Wirt, gib meinen Freunden dort am Tisch noch mehr Bier. Was bin ich dir dafür schuldig?«
    Sie ließ sich vom schnell herbeieilenden Wirt den Preis nennen und beglich dann mit einigen Kupfermünzen aus ihrer Geldkatze die genannte Summe. Dann wandte sie sich zu Dumak um und sagte nur: »Laß uns gehen.«
    Beide verließen die Gastwirtschaft.

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    Am nächsten Morgen kamen wie von Nienor erwartet einige der Söldner ins Lager der Wüstenhändler und boten ihre Dienste an. Die Söldnerführer trafen im Zelt der Karawanenführer mit den drei Oberhäuptern der Händler zusammen, um die Soldverhandlungen zu führen. Trogald war nicht dabei. Vermutlich schlief er noch seinen gestrigen Rausch aus.
    Nienor, gegürtet und den Bogen an einem Riemen, der über den Rücken lief, befestigt, trat vor Dumak und der jähe Schatten, der auf ihn fiel, ließ ihn aufblicken.
    »Dumak, willst du mich begleiten?«, fragte sie ihn.
    Der Dieb überlegte kurz, rief dann seinen großen, schwarzen Hund mit einem kurzen Pfiff heran und schloß sich Nienor mit einem Schulterzucken an, das wohl ein wieso nicht? ausdrücken sollte. Die Frühmahlzeit war vorbei, die Kochfeuer gelöscht. Der Barde hatte nichts weiter vorgehabt, als sich mit seinen Freunden unter den Thurg’arsi zu vergnügen, ihre Sprache ein wenig weiter zu lernen und von ihren Mythen und Liedern zu erfahren. Doch das konnte warten. Seit er gestern die heimliche Unterhaltung belauscht hatte, hielt er es für sicherer in der Nähe von Nienor. Außerdem konnten sie sich zu zweit gegenseitig unterstützen, falls es zu einem Kampf kam. Obwohl ihm natürlich klar war, daß sein Teil dabei wohl eher unwesentlich wäre. Wobei er diese Gedanken Nienor lieber nicht mitteilte.
    Zu zweit oder wenn man den Hund mitzählte, zu dritt liefen sie erneut zum Örtchen Sabugal.
    »Erinnerst du dich, daß ich dir gestern sagte, ich hätte etwas Wichtiges zu erledigen?«, fragte die junge Frau ihren Begleiter.
    »Oh ja, richtig. Was ist es denn?« Er hatte keine Ahnung.
    »In Badajoz habe ich einen Rüstungsschmied aufgesucht. Er bat mich, für seinen Bruder Brodgar, der sich hier in Sabugal aufhalten soll, ein Geschenk mitzunehmen. Den Brautring. Wir suchen also nach Brodgar.«
    »Du mehr, als daß er hier in Sabugal sein soll, wußte er nicht zu berichten?«, meinte der Barde skeptisch und kratzte sich im Genick.
    »Nein, wir sind hier in den Grenzgrafschaften, im tiefen Süden«, erklärte die junge Frau ihrem wohl etwas orientierungslosen Begleiter. »Badajoz liegt im Norden von Haruthar, es ist ein weiter Weg zwischen beiden Orten und Nachrichten werden nur selten ausgetauscht.«
    Sie fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Aber ich vermute, er wird auch etwas mit Eisen zu tun haben wie sein Brüder. Vielleicht ist er ebenfalls Schmied oder er arbeitet in den Erzminen.«
    »Hier gibt es Minen?«, wunderte sich Dumak.
    »Aber sicher, was glaubst du denn, wo das ganze Erz für die Tore und Mauern von Coïmbra her kommt. Der König zieht alles, was er aus den Minen der Grafschaften hier im Süden erhält, für sich und die Leuchtende Sonne ein, die damit wer weiß was macht.«
    Dumak stellte keine weiteren Fragen und so erreichten sie schweigend den kleinen Ort. In Ermangelung anderer Möglichkeiten betraten sie erneut das Gasthaus, das erst jetzt bei Tageslicht sein Äußeres richtig offenbarte. Es wirkte von außen so niedrig und zusammengesunken, daß sich Nienor fragte, wie sich im Inneren noch ein zweites Stockwerk verbergen konnte. Der weiße Kalkputz war stellenweise abgefallen und das Stroh-Lehmgemisch, mit dem die Fachwerkkonstruktion ausgefüllt war, wurde an diesen Stellen sichtbar. Windschiefe Fensterladen hingen in hölzernen Angeln und hatten ihre besten Tage schon weit hinter sich gelassen.
    Die Kämpferin öffnete die Tür und trat in die Gaststube. Hier herrschte um diese Tageszeit gähnende Leere. Nur ihr alter Bekannter Trogald saß mit mürrischem Gesichtsausdruck an einem der Tische und schlürfte eine dünne Suppe.
    »Heda, Wirt?!«, rief sie in die Stille.
    »Der ist hinten im Stall«, ließ sich der Söldner zwischen zwei Löffeln vernehmen. »Hab ihn nach den Tieren der Anführer sehen geschickt.«
    »Wieder nüchtern?«, fragte Dumak frech.
    »Verschwinde bloß«, knurrte Trogald. »Mein Schädel hämmert und ich kann nicht bei den Soldverhandlungen dabei sein. Verdammte Scheiße!«, polterte er. Er zuckte bei den letzten Worten zusammen, anscheinend hatte er eben selbst dafür gesorgt, seine Kopfschmerzen wieder zu verstärken.
    Nienor lächelte still in sich hinein und durchschritt den Durchgang in den Hof der Taverne, wo sich die Ställe befanden. Dumak folgte ihr schweigend.
    Im Halbdunkel des Stalles zwischen mehreren Pferden und Mauleseln machte sich der Wirt zu schaffen, trug Stroh aus dem Stall auf einen Misthaufen in der Mitte des Hofes, der seinen unverwechselbaren Geruch überall verbreitete. Dumak rümpfte die Nase. Karren, ein Wagen, verschiedene Gerätschaften, Werkzeug, Holzstapel bestimmten das Bild.
    »Heda, Wirt!«, rief ihn Nienor an.
    Der Wirt schaute auf. Die Morgensonne strahlte ihm ins Gesicht. »Was gibt’s?«
    Froh, seine Arbeit unterbrechen zu können, stützte er sich auf die Forke in seinen Händen und schaute Nienor aus zusammengekniffenen Augen an.
    »Ich suche einen Mann namens Brodgar. Ich glaube, er steht kurz vor der Heirat, wenn ich mich nicht täusche.«
    Die Miene des Wirtes hellte sich auf. Und trübte sich gleich wieder ein. »Klar, den kennt hier jeder. Der ist der Gangmeister des Grafen. Heiratet die junge Urraca. Oder würde es, wenn sie nicht vor wenigen Tagen entführt worden wäre. Üble Geschichte, das«, schloß er betrübt.
    »Das tut mir leid. Wo kann ich ihn finden?«
    »Geht aus dem Gasthof wieder raus, überquert gerade den Platz und dann in die Gasse, auf die Ihr zu geht. Dort das große Haus mit dem Altan im Obergeschoß.«
    Nienor dankte ihm und betrat erneut die Schankstube.
    »Ich habe etwas gegen deine Kopfschmerzen«, flüsterte sie dem immer noch leidenden Trogald zu. Streck denen Löffel vor.
    Er tat, wie sie ihm geheißen hatte. Nienor holte das Fläschchen, das sie an einer Schnur um den Hals trug unter ihrem Wams hervor, öffnete die sorgfältig verschlossene Ampulle und ließ einen winzigen Tropfen des Schlafmittels in den Löffel niederfallen. Dann steckte sie das Arzneifläschchen wieder weg und meinte: »Schluck das, es ist ein Schlafmittel. Such dir eine bequeme Ecke. Du wirst in wenigen Stunden erfrischt und schmerzfrei wieder erwachen.«
    Der vom Kopfschmerz geplagte Söldner betrachtete den Löffel skeptisch und ließ dann den Blick zu Nienor wandern.
    »Wieso tust du das? Reicht es nicht, daß du mich gestern vor allen Leuten lächerlich gemacht hast?«
    Nienor erwiderte nichts, sondern drehte sich einfach nur um und verließ die Gaststube.
    Dumak folgte ihr, drehte sich aber an der Tür noch einmal um und meinte: »Denk nicht drüber nach. Ich habs auch aufgegeben.«

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    Das Haus mit dem Altan war schnell gefunden. Und schon nach wenigen Schlägen mit dem schmiedeeisernen Türklopfer wurde das Tor aufgetan.
    »Mein Name ist Nienor. Ich komme aus Badajoz von Brodgars Bruder. Tankred schickt mich, um den Brautring hier abzuliefern.«
    Die verhärmte, ältere Frau, die ihr geöffnet hatte, sicher eine Magd oder Dienerin, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und fing an, zu barmen und beklagte sich bitter über das Unglück, welches das Haus heimgesucht hatte. Die Magd führte die Gäste durch das Haus und zeigte ihr dann eine große Stube, in der an einem Tisch ein Mann mittleren Alters mit gepflegtem Bart saß.
    »Das ist Brodgar.« Sie zog sich zurück und ließ Nienor und Dumak mit dem Hausherrn alleine.
    Nienor wiederholte ihre Erklärung. Dann zog sie einen kleinen Lederbeutel hinter dem Gürtel hervor und schnürte ihn auf. Ein Ring kam zum Vorschein, golden und wunderschön verziert, das Ergebnis bester Goldschmiedekunst.
    Erst als er auf dem Tisch lag, sprach sie weiter: »Wie mir berichtet wurde, wurde eure Braut entführt. Wenn eine Ritterin des Ordens von Cascadun Euch in irgendeiner Weise helfen kann, dann sagt es mir.«
    »Ob Ihr mir helfen könnt?« Brodgar hatte eine tiefe, volltönende Stimme. Doch jetzt klang sie brüchig. »Mir kann niemand helfen.«
    Er schaute sie aus eingefallenen Augen an, die sich vor Schreck geweitet hatten. Dann sprang er auf, stürzte auf Nienor zu. »Ihr...«, rief er, wollte die Kriegerin augenscheinlich am Hals packen, doch diese wich behände aus und packte ihn an der Schulter.
    »Kommt zu Euch, Mann!«
    Dumaks Hund knurrte, die Ohren angelegt und geduckt zum Sprung bereit.
    »Daß Ihr es wagt, hierher zu kommen!«
    »Was habt Ihr? Seid Ihr von Sinnen? Ich war weder bis jetzt jemals in diesem Haus noch kenne ich Euch.«
    Brodgar wies ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren auf den Tisch, auf dem ein Zettel lag. Als Nienor keine Anstalten machte, den Zettel zu lesen, schleuderte er ihr dessen Inhalt ins Gesicht: »Mit der Karawane kommt eine weißhaarige Kriegerin. Schicke sie zur alten Mine, wenn du Urraca wiedersehen willst. Kommt alleine, oder euer Täubchen ist tot.«
    Anklagend sah er Nienor an.
    »Ich hatte keine Ahnung, was für eine weißhaarige Kriegerin damit gemeint war. Ich kannte keine. Und jetzt spaziert Ihr hier rein und behauptet, von meinem Bruder zu kommen? Was für ein grausames Spiel treibt Ihr mit mir?«
    Bestürzt hatte Nienor die Erklärung Brodgars angehört.
    »Das gefällt mir gar nicht«, meinte Dumak. »Klingt nach einer Falle.«
    Nienor pflichtete ihm bei. »Ich muß aber trotzdem hin«, sagte sie dann und wandte sich an Brodgar: »Nun bin ich hier, du kannst mich gegen deine Braut austauschen.«
    »Das halte ich für keine gute Idee.« Dumak schüttelte den Kopf.
    »Und was ist mit Urraca? Anscheinend wurde sie nur wegen mir entführt. Irgendjemand will mich. Brodgars Braut ist nur Mittel zum Zweck. Ich kann sie nicht denen überlassen.«
    Dumak seufzte. »Wenigstens habe diesmal ich nichts mit den Schwierigkeiten zu tun.«
    »Wo ist die alte Mine?«, wandte sich die junge Frau an Brodgar.
    Er erklärte es ihr in kurzen Worten. Es war nicht weit von Sabugal entfernt. Daß die Entführer sich ihr Versteck so nahe am Ort gesucht hatten, überraschte die Kriegerin.
    »Gut, brechen wir auf. Was ist mit Euch, Brodgar, seid ihr in den Waffen geübt?«
    Die Gestalt des Gangmeisters hatte sich wieder gestrafft, seit den Worten Nienors. Ihre Art, die Dinge sogleich anzugehen, hatte ihm wieder etwas Zuversicht gegeben.
    »Selbstverständlich, kein Mann hier im Süden würde lange überleben, ohne sich verteidigen zu können.«
    »Gut, bewaffnet Euch. Wir suchen die Schurken auf.«
    Brodgar verließ das Zimmer, um seine Waffen zu holen.

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    »Denkst du, die Spitzel der Leuchtenden Sonne schlagen jetzt schon zu?«, fragte Dumak, als sie aus dem Haus traten und auf den Gangmeister warteten.
    »Du hast recht, es ist erschreckend schnell. Sie scheinen sehr gut organisiert zu sein. Aber wer sollte sonst an mir interessiert sein?«, gab Nienor mit einem Schulterzucken zur Antwort.
    »Und was willst du tun, wenn wir dort sind?« Dumak war gespannt auf den Plan der Kämpferin.
    »Ich weiß es nicht. Ich denke, du und Brodgar, ihr solltet Euch versteckt im Hintergrund halten, um überraschend einzugreifen.«
    »Das ist alles? Wir wissen nicht einmal, wieviele dort auf dich warten, ja wahrscheinlich wird dir dort ein Hinterhalt gestellt, wenn wir ahnungslos in die Mine laufen.« Der Dieb schüttelte den Kopf. »Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
    »Das Risiko muß ich wohl eingehen.«
    »Du meinst wohl wir«, antwortete Dumak ernst.
    »Tut mir leid.«
    Ehe Dumak noch etwas erwidern konnte, kam Brodgar, bewaffnet mit einem schweren Zweihänder und über dem Wams ein Kettenhemd und ausladende, stählerne Schulterstücke aus dem Haus. »Gehen wir«, meinte er finster, dann führte er seine beiden Begleiter aus dem Städtchen in die Berge.
    Wild gezackt ragten die Felsenklippen empor, bildeten Gruppen, die sich an den Bergflanken postierten, unterbrochen von Geröllhalden. Hier und dort ragten knorrige Kiefern empor, sofern sie Halt gefunden hatten an den Schutthängen, die bedeckt waren von zu kleinen Brocken zermahlenen Gesteins. Hier und dort zogen sich kleinere Waldstücke die Berghänge empor, doch machten sie in den Höhen dem nackten Fels der Berge platz, der es jedem Baum verbot, dort zu wurzeln. Vermutlich fanden sich so weit oben nur Moose und Gräser, die ein karges Dasein fristeten, das ganze Jahr vom Wind gepeitscht wurden und im Winter unter einer dicken Schneedecke lagen. Immer höher führte der Weg, gewunden an den Ausläufern verschiedener Berge entlang, teilweise in die Flanken eingeschlagen, da die Abhänge an diesen Stellen zu steil waren, um einem natürlichen Weg Platz zu bieten. An einigen Stellen konnte man die Spurrinnen der Wagenräder erkennen, doch an den meisten Stellen waren diese Hinterlassenschaften alter Tage schon längst verloren, ausgewaschen oder zugewachsen.
    »Was hat es mit der Alten Mine auf sich?«, fragte Nienor, einerseits um den Gangmeister etwas abzulenken und andererseits, um sich selbst einen Überblick darüber zu verschaffen, was die Gruppe dort erwarten würde.
    »In dieser Mine wurde bis vor einigen Jahrzehnten das Erz abgebaut, aus dem die Waffen der Streiter Haruthars geschmiedet wurden. Doch war sie irgendwann erschöpft und bot nicht mehr genügend Ertrag, so daß sich der Abbau nicht mehr lohnte. Jetzt gibt es die Grafen-Mine weiter südlich und dann noch einen Tagesritt weiter nach Osten die Grenz-Mine. Denn diese liegt an der Grenze zur Grafschaft Tentugal.«
    »Und was ist Eure Aufgabe als Gangmeister?«
    »Ich begutachte das Erz, daß aus den Minen des Grafen gefördert wird und teile es ein in Lieferungen, die nach Norden gehen und den Rest, der bei uns bleibt. Nach Norden kommt alles ab einem bestimmten Erzgehalt. Die Leuchtende Sonne kassiert das gesamte Erz, daß wir liefern, ein, um daraus die für die Verteidigung Haruthars notwendigen Waffen und Rüstungen zu schmieden. Für den Grafen bleibt nur das minderwertige Erz«, erklärte Brodgar und fuhr fort: »Wir kommen gleich an der alten Schmelzerei vorbei. Früher haben die Grafen das Erz selbst eingeschmolzen und die Barren in vereinbarter Zahl an den König geliefert, alles, was darüber hinaus ging, haben sie behalten, um ihre eigenen Gefolgschaften damit auszurüsten. Doch seit die Innospriester das Sagen im Reich haben, ist damit Schluß. Natürlich gefällt das den Grafen nicht, denn es schränkt ihre Unabhängigkeit massiv ein«, setzte er seiner Begleiterin auseinander. »Deshalb gärt es schon eine Weile. Die Leute in den Dörfern und Städten mögen das ja vielleicht nicht mitbekommen, aber unter den Grenzgrafen und ihren Rittern ist die Stimmung schlecht. Und viele machen Leute wie mich, die dafür sorgen, daß die Leuchtende Sonne ihren Anteil bekommt, dafür verantwortlich.«
    »Ich verstehe. Ihr denkt, daß einige dieser Unzufriedenen sich dazu entschlossen haben, Eure Verlobte zu entführen, um Euch zu erpressen?«, hakte die junge Kriegerin nach.
    »Das dachte ich zuerst auch«, meinte der Gangmeister, «aber als es hieß, daß sie Euch wollen, konnte ich mir keinen Reim darauf machen. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, weshalb Ihr sofort dazu bereit wart, die Entführer aufzusuchen, obwohl Ihr doch nichts Gutes erhoffen könnt.«
    »Wir werden sehen, was wir davon zu halten haben. Ich fürchte, die Sache wird vor allem mit mir zu tun haben«, vermutete Nienor mit dunkler Miene. Aus ihrem Gesicht sprach die Sorge.

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    Archipoeta Avatar von Dumak
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    Nach etwa einer halben Stunde, in der sie dem in die Bergflanken geschnittenen Weg folgten und nachdem sie die verfallenen Reste der Schmelzerei passiert hatten, von denen ihnen Brodgar erzählt hatte - man sah lediglich noch einige halb stehende Wände der Gebäude und ein paar gemauerte Plattformen, auf denen die Rennöfen gestanden hatten - hielt sie der Gagmeister an. Er zeigte auf ein dunkles Felsenloch, das durch ein Kieferndickicht hindurch an einer Felswand über ihnen gähnte. »Das ist das Mundloch der alten Mine. Von hier aus sind wir noch nicht von dort oben sichtbar, sondern erst, wenn wir aus dem Schatten der Bäume heraustreten.«
    »Gibt es noch einen anderen Einstieg?«, wollte Dumak wissen. »Ich würde mich gerne unbemerkt von einer anderen Seite nähern. Es wäre dumm, wenn wir allesamt vor dem Eingang der Mine auftauchen würden wie die Lämmer vor der Schlachtbank.«
    »Du hast recht«, pflichtete ihm Nienor bei. »Vor allem solltest du, sobald du dir genügend Informationen verschafft hast, so schnell wie möglich Verstärkung holen. Geh zum Grafen. Ich weiß, er wird mich nicht im Stich lassen. Ich glaube, er hat ein wenig einen Narren an mir gefressen.«
    Dumak lächelte schief und nickte dann. »Ich tu mein Bestes.«
    »Ich hätte gleich zum Grafen gehen sollen«, meinte Brodgar betrübt. »Aber aus verständlichen Gründen mag er mich nicht sonderlich. Immerhin bringe ich ihn um sein Erz. Ich fürchte, er würde mir sowieso nicht helfen wollen. Ob es also Sinn hat, ausgerechnet ihn um Hilfe zu bitten...« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.
    »Das wird schon. Ich hab da mehr Vertrauen in den Grafen.« Dumak hatte das Gefühl, ihn irgendwie trösten zu müssen. Außerdem kribbelte es ihn in den Fingern. Endlich wieder einmal Gefahr spüren. Er brauchte das hin und wieder. Bardendasein hin oder her. Die Vergangenheit konnte niemand abwerfen. Doch davon sagte er Nienor lieber nichts. Denn es ging um mehr als ein bißchen Nervenkitzel für den gelangweilten Dieb. Das Leben seiner Reisegefährtin stand auf dem Spiel.
    »Ihr wolltet mir von einem weiteren Einstieg berichten«, erinnerte Dumak den Gangmeister.
    »Also gut, so höre denn: Lauf diesen Weg noch bis hinter die letzte Biegung zurück, dort zweigt ein schmaler Pfad, überwachsen von Farn und Kraut nach rechts ab. Der Pfad ist kaum zu sehen, weil er längst überwachsen ist. Doch merke dir die gespaltene Kiefer, an der wir eben vorbei kamen, direkt gegenüber als Zeichen seines Beginns. Diesem Pfad folge also dem Hang hinauf etliche Fuß, bis du weit über dem Tal bist, auch weit über der Höhe des Mundloches. Der Aufstieg ist beschwerlich und wenn du nicht aufpaßt, lösen sich die Geröllbrocken auf dem Weg. Am Ende des Pfades, den du nicht verfehlen kannst, denn er endet vor einer senkrechten Felswand, findest du einen kleinen Einstieg, eingehauen in den Fels und versehen mit hohen Stufen, die mehr zum Klettern als zum Laufen gedacht sind. Dies ist der Wetterschacht. Er führt in steilem Winkel direkt nach unten hinter den Einstieg des Mundloches, dort wo sich die alten Gänge verzweigen. Ich vermute, die Entführer haben sich direkt im ersten Saal verschanzt. Jedenfalls ist das die beste Position, um sich mit geringen Verlusten verteidigen zu können. Und der Wetterschacht mündet direkt dort in die erste Ebene, wo die einzelnen Strecken, die den Erzgängen folgen, beginnen.«
    Dumak nickte nur kurz und lief los, um die beschriebene Stelle zu erreichen.

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    Nienor hingegen wandte sich an Brodgar. »Ihr folgt mir in einigem Abstand. Wenn es zum Kampf kommt, greift Ihr nur ein, wenn Ihr dadurch eure Braut nicht verletzt.«
    Brodgar nickte stumm und faßte sein Schwert fester. Mit zusammengekniffenen Augenbrauen folgte er der Kriegerin, die dem Weg, der zum Mundloch führte, zügig empor schritt, die linke Hand am Schwertknauf, die rechte am Bogen, den sie wieder über der Schulter trug, seit sie ihre Waffen zurückerhalten hatte. Unter ihren Füßen knirschten die Steine, die den Wegschotter bildeten und kleine Staubwolken lösten sich, als sich unter ihren Schritten die Steine verdichteten. Irgendwo in der Ferne gab ein Raubvogel einen Schrei von sich, doch sie achtete nicht darauf. Weder schaute sie in den Himmel, um den fliegenden Jäger zu entdecken, noch machte sie den Eindruck, daß sie sich im Moment überhaupt um derartige Beobachtungen kümmerte. Was würde sie dort oben erwarten? Was machte sie so sicher, daß sie nicht aus der Höhle heraus von irgendein einem unbekannten Schützen einfach niedergestreckt wurde? Die Rüstung schützte nicht ihren gesamten Körper. Trotzdem sagte ihr irgend etwas tief in ihrem Inneren, daß ihr nichts passieren würde. Brodgar folgte der Kriegerin, die ohne zu zögern die Steigung bis zum Mundloch der ehemaligen Mine überwand, auf dem Fuße.
    Erst, nachdem sie nach einiger Zeit am Eingang der Mine angekommen war, blieb sie stehen, schaute zweifelnd ins Dunkel und wartete, bis sich ihre Pupillen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, das die ersten Schritte in die Höhle leidlich erhellte, um weiter hinten in endgültige Dunkelheit überzugehen. Auch Dumak sollte mittlerweile hoffentlich den alten Belüftungsschacht erreicht haben, hoffte sie.
    »Könnt Ihr noch weiter?«, wandte sie sich an ihren Begleiter, der direkt hinter ihr stand.
    »Ich werde hier nicht stehen bleiben«, bekräftigte er seine Absicht, ihr beizustehen.
    »He, wer immer dort auch ist, zeigt Euch!«, rief sie in das Höhlendunkel. Verwitterte Mauerreste bildeten einst in besseren Tagen einen mit einer Tür versperrbaren Eingang, doch jetzt waren nur noch einige Lagen des Steins übrig. Der Rest lag in wilden Haufen durcheinander.
    Niemand antwortete.
    »Wir werden wohl hineingehen müssen«, stellte sie fest.

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    Archipoeta Avatar von Dumak
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    Dumak rannte den kaum erkennbaren Pfad hinauf, an Farnbüscheln, Baumstümpfen vorbei, über Felsbrocken hinweg, folgte seinen Serpentinen, auf denen er sich immer weiter nach oben schraubte. Schweißperlen liefen seine Stirn hinab. Doch er wußte, jetzt nur nicht nachlassen, es kam auf jeden Augenblick an. Seine Lederrüstung knarkste bei den schnellen Bewegungen. Verflucht, dachte er, wie soll ich noch jemals wieder ein anständiger Dieb werden, wenn ich nicht einmal eine leise Rüstung besitze? Doch er wußte, dies hatte er nur ihrem Nichtgebrauch zu verdanken. Ständig nur das Herumgesitze auf dem Rukhoa und am Lagerfeuer... Er steigerte seine Geschwindigkeit noch ein bißchen, wie um sich zu beweisen, daß er noch alles so beherrschte wie früher, als er sich tatsächlich als Dieb durchgeschlagen hatte und sprang behende um Steine und über alte Äste hinweg, die den Boden bedeckten. Zufrieden registrierte er, daß die einzigen Geräusche von seiner Rüstung verursacht wurden. Seine Fähigkeiten waren also noch immer vorhanden. Es gab Zeiten, zu denen er recht erfolgreich war. Doch ehe seine Gedanken sich an so manchem Bruch im Alten Lager damals unter der Barrierekuppel festbeißen konnten, hatte er das Einstiegsloch des Wetterschachts erreicht. Vorsichtig näherte er sich der Öffnung, um nicht versehentlich lose Steinchen mit dem Fuß hineinzustoßen und dadurch auf sich aufmerksam zu machen.
    Alles war so, wie es ihm beschrieben worden war. Der Dieb prüfte noch einmal den Sitz seiner verborgenen Messer im Stiefel, am Oberschenkel, hinter dem Gürtel am Rücken und an verschiedenen Stellen des Arms, dann stieg er in die gähnende Schwärze.
    Der Gang führte fast senkrecht hinab in die schwarze Tiefe, doch verlief er wenigstens ein wenig schräg, so daß in größeren Abständen Stufen in den Fels gehauen worden waren. Dumak kletterte eine Stufe nach der anderen herab, die meisten waren etwa drei Fuß hoch und leicht zu überwinden. Zum Glück lagen nirgendwo Dreck oder Steine, die er in die Tiefe hätte stürzen lassen können. Leider erwiesen sich die Abstände der einzelnen Stufen als durchaus unregelmäßig, so daß sich der Kletterer nie sicher sein konnte, wann er mit dem Fuß die nächste tieferliegende Stufe erreichte.
    Gleichmäßig ging sein Atem, Jahrelang war dies eingeübt, über Jahrzehnte gehörte dies zum Training, das er immer wieder durchführte, bei jedem Einbruch, bei jedem Einstieg in fremde Häuser, Scheunen, Burgen und Türme. Er erinnerte sich noch an eine besonders heikle Sache, als er dem königlichen Vogt von Montera einen Besuch abstattete. Natürlich, als dieser nicht zu Hause war, sondern in irgendeiner Mine nach dem Rechten schaute. In die Burg zu kommen, war nicht das Problem gewesen. Jedenfalls nicht auf dem Pergament. Die Felswand, an die sich die Burg des Ortes anschmiegte, war indessen glatter als gedacht und es fanden sich kaum Stufen, Vorsprünge und Ritzen als Halt für ein schnell zwischengeschobenes Messer als Griff oder Tritt. Den ganzen Weg wieder zurück zu klettern mit zwei Säckchen voller Goldmünzen über den Schultern war das Komplizierte daran gewesen. Wie gut, daß er in diesem finsteren Schacht hier keine zusätzlichen Lasten tragen mußte.
    Dumaks Fuß fand keinen Halt mehr. War dies die letzte Stufe gewesen? Vorsichtig lugte er nach unten in die Dunkelheit. Und tatsächlich war es ihm als würde ein schwacher Lichtschein von unten her die Schwärze ein klein wenig erhellen. Dort unten waren sie also.
    Das Licht wurde heller, eine Fackel wurde wohl herangetragen. Warme Luft stieg nach oben, voller Rauch, der von ihr mitgerissen wurde und Ruß. Plötzlich eine Stimme, ganz nahe, fast, als stünde derjenige direkt unter ihm. Es mußte der Fackelträger sein.

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    Avatar von Don-Esteban
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    Don-Esteban ist offline
    Die Quest wird erst einmal abgebrochen, da die Charaktere im RPG gebraucht werden und ich hier ja viel zu langsam weiter schreibe. (Wenn man hier überhaupt noch eine Fortschrittsgeschwindigkeit messen kann. ) Die angedachte Handlung gilt als erlebt. Vielleicht gehts hier ja später einmal weiter.

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