Meine Facharbeit für Deutsch von der 12. Klasse.
Ich hoffe einfach mal, dass die Lautschriftzeichen hier anständig angezeigt werden, sonst rast ich nämlich aus!
Leider kann ich hier keine Tabellen erstellen, was einige Textstellen wohl etwas schwieriger zu verstehen macht. Deshalb hab ich das Ganze als *.doc in den Anhang gepackt.
Das Referat wurde wie folgt bewertet:
Inhalt: 15
Ausdruck: 13
Aufbau: 13
Gesamt: 14
Die Entwicklung der deutschen Sprache
- Vom Germanischen zum Neuhochdeutschen -
Inhalt
I. Einleitung
- Vorwort
- Einordnung der Sprache
II. Althochdeutsch
- Lautliche Veränderungen
- Spiranten- und Affrikatenverschiebung
- Medienverschiebung
- Inneralthochdeutscher Wandel
- Umlautung
- Beispiel am Vergleich zweier Vaterunser
III. Mittelhochdeutsch
- Lautliche Veränderungen
- Abschwächung der Nebensilben
- Umlautung
- Auslautverhärtung
- Konsonantische Änderungen
- Beispiel am Vergleich zweier Vaterunser
IV. Neuhochdeutsch
- Lautliche Veränderungen
- Analogischer Ausgleich
- Diphthongierung und Monophthongierung
- Weitere Vokalwandel
- Wandel des [x]-Lautes
- Beispiel am Vergleich zweier Vaterunser
Anhang
- Fußnoten
- Lexikalischer Teil
- Quellenverzeichnis
I. Einleitung
Vorwort
Diese Facharbeit behandelt die sprachliche Entwicklung der deutschen Sprache oder, bessergesagt, diejenige der Mundarten im deutschen Sprachraum vom Althochdeutschen bis hin zum Neuhochdeutschen. Dabei werde ich sowohl auf die lautlichen wie auf die syntaktischen Wandlungen zwischen den einzelnen Sprachstufen eingehen. Es gibt - besonders vom Germanischen zum Althochdeutschen - so viele verschiedene Veränderungen, insbesondere in Hinsicht auf die Laute, dass ich mich entschieden habe, einige, wie zum Beispiel die westgermanische Synkope, aus meiner Betrachtung auszuschließen und dafür die mit dem höchsten Stellenwert detaillierter auszuführen, da der Umfang der Arbeit ansonsten jeglichen mir gebotenen Rahmen überschritte.
Am Ende jedes Kapitels findet sich stets ein Vergleich zweier Vaterunser, um die jeweiligen Veränderungen zu verdeutlichen. Dabei fällt auf, dass keines der Gebete mit einem der anderen synonym ist, da es im Laufe der Zeit immer wieder Veränderungen unterlag.
Während man heute Unser täglich Brot gib uns heute sagt, so pflegte man im neunten Jahrhundert in Bayern etwas bescheidener Pilîpi unsraz emizzîgaz kip uns eogauuanna („Unsere tägliche Nahrung gib uns irgendwann“) zu beten. Die Variation in der Aussage sticht sofort ins Auge.
Die ständige Präsenz des Vaterunsers in diesem Aufsatz soll die fortwährende Anwesenheit des christlichen Glaubens durch das Mittelalter hindurch versinnbildlichen.
Ich habe versucht, meine Formulierung so einfach wie möglich zu halten, dennoch gelang es mir an einigen Stellen nicht, von phonetischen Fachbegriffen abzulassen. Sollte also nicht klar sein, was genau ein stimmhafter uvularer Vibrant ist, kann man dies im dem Anhang beigefügten „Lexikon“ nachschlagen.
Einordnung der Sprache
Die deutsche Sprache gehört zur Sprachfamilie der germanischen Sprachen und hat sich, wie ihre Schwestersprachen, aus der gemeinsamen hypothetischen indogermanischen Ursprache entwickelt.
Im 19. Jahrhundert, in einer Zeit, in der ein großer Teil der europäischen Wissenschaft nach dem Ursprung ihres Volkes suchte, wurde auch der Ruf nach einer Ursprache laut. Der englische Orientalist Sir William Jones, der in Indien ansässig war, entdeckte große Gemeinsamkeiten zwischen der Sprache der indischen Gelehrten, Sanskrit, und europäischen Sprachen, wie dem Griechischen und dem Lateinischen und legte damit den Grundstein für einen neuen linguistischen Fachbereich - der Indogermanistik.
Diese Wissenschaft nimmt an, dass diese Ursprache um schätzungsweise 3000 vor Christus gesprochen wurde und die Heimat des dazugehörigen Volkes vermutet man in Osteuropa. Aus dieser Sprache haben sich dann im Laufe der Zeit weitere Sprachfamilien entwickelt, von denen die wichtigsten die Romanische, die Germanische, die Indische, die Griechische, die Keltische, die Iranische und die Slawische sind.
Im Allgemeinen sind unter den indogermanischen Sprachen zwei große Bereiche zu sehen: Die Kentum- und die Satemsprachen. Charakteristisch für die beiden Familien ist der Unterschied in der Aussprache des k-Lautes, denn während der Kentum-Zweig, dem beispielsweise die romanischen und die germanischen Sprachen angehören, diesen Laut als (aspirierten) Plosiv bildet, sprechen ihn die Sprecher einer Sprache des Satem-Zweiges frikativiert aus. Wie bereits erwähnt, gehören die germanischen Sprachen der Kentumfamilie an, aus der sich um circa 1000 vor Christus das Urgermanische entwickelt hat. Zwischen diesen beiden Entwicklungsstufen liegt die sogenannte erste Lautverschiebung, welche die germanischen Sprachen fortan von allen anderen indogermanischen Sprachen unterscheiden sollte. Als bedeutendste Verschiebungen seien hier die Wechsel von Indogermanisch p zu Germanisch f (Vgl. lat. „pater“ - got. „fadar“), Indogermanisch t zu Germanisch þ (Vgl. lat „tu“ - ahd. „þu“), Indogermanisch k zu Germanisch [x] (Vgl. lat. „cornu“ - ahd. „horn“ [xɔrn]) und Indogermanisch d zu Germanisch th (Vgl. lat „duo“ - schw. „två“) zu nennen. Um Christi Geburt herum, haben sich aus dem Germanischen drei weitere große Sprachfamilien entwickelt: Ostgermanisch, Nordgermanisch und Westgermanisch. Aus Letzterem entstand dann schlussendlich das Althochdeutsche, welches als einzige der germanischen Sprachen die zweite Lautverschiebung mitgemacht hat und im Gegensatz zum Gotischen, Urnordischen oder Altniederdeutschen, die aufgrund der fehlenden Partizipation an der genannten Verschiebung niedergermanisch sind, als Hochgermanisch bezeichnet wird.
II. Althochdeutsch
Lautliche Veränderungen
Im fünften bis siebten Jahrhundert nach der Zeitenwende erfolgten im Süden Germaniens einige Lautwandel im Westgermanischen, die zusammenfassend als zweite oder althochdeutsche Lautverschiebung zu bezeichnen sind und zur Entwicklung des Althochdeutschen führten. Neben diesem Wandel gab es zusätzlich noch einige andere sprachliche Neuerungen, so zum Beispiel die Umlautung und der inneralthochdeutsche Wandel, auf die später näher eingegangen werden wird.
Doch zunächst sei zu klären, warum die deutsche Mundartenlandschaft so grobe Unregelmäßigkeiten bei der Teilnahme an der zweiten Lautverschiebung aufweist. Betrachtet man die beigefügte Karte, so lässt sich erkennen, dass schon relativ weit im Süden, nämlich nördlich der virtuellen Linie vom Norden des Elsass bis zum Thüringer Wald nicht mehr zwingend ein pf anstatt eines p gesprochen wird. Als auffälligstes Beispiel sei da das Wort „Apfel“ zu nennen, welcher dieser Lautgrenze auch ihren Namen gibt, so nennt sich diese „Appel/Apfel-Linie“. Etwas weiter im Norden, nämlich südlich von Düsseldorf verläuft die wichtigste Trennlinie der deutschen Dialekte, nämlich die sogenannte „Benrather Linie“, die auch als „maken/machen-Linie“ bezeichnet wird und südlich von dieser den Wandel von k nach ch [x] einläutet. Die Benrather Linie ist deshalb so relevant, da sie ursprünglich das Niederdeutsche vom Hochdeutschen abgrenzte(1).
Als Grund für diese schrittweise eintretende Teilnahme an der althochdeutschen Lautverschiebung gibt es in der Mundartforschung diverse Theorien. Die allgemein als richtig angesehene Standardtheorie, die von Forschern wie Jakob Grimm oder Walther Mitzka vertreten wird beziehungsweise wurde, besagt, dass die Lautverschiebung im äußersten Südwesten bei den Alemannen stattgefunden hat und sich dann nach Norden hin in immer schwächerer Ausprägung bei der Benrather Linie gänzlich verliert.
Aus dem obigen Textabschnitt lassen sich bereits einige phonetische Änderungen, die zur Entstehung des Hochgermanischen geführt haben, entnehmen. Diese zweite Lautverschiebung besteht aus insgesamt 6 Wandeln, die sich in zwei Kategorien zusammenfassen lassen. Zum einen die Spiranten- und Affrikatenverschiebung und zum anderen die Medienverschiebung.
Die Erstgenannte schließt die Verschiebungen von p zu pf, f oder ff [fː], von t zu tz [ts], z [s] oder zz [sː] und von kh zu h [x], hh [xː] oder ch [kx] mit ein und die Zweite die von đ zu th, von ƀ zu ph und von ǥ zu kh.
All jene sollen nun näher betrachtet werden.
Spiranten- und Affrikatenverschiebung
ph -> pf / f / ff
Im Zuge der zweiten Lautverschiebung hat sich der aspirierte Plosiv ph je nach Stellung im Wort zu einem kurzen oder langen Spiranten (f/ff) oder einer Affrikata aus p und f (pf) ausgeprägt. Die Entwicklung von Germanisch ph zu Althochdeutsch pf erfolgte in erster Linie im An- und Auslaut nach Konsonanten, was man leicht erkennen kann, wenn man sich die niederdeutschen Wörter Pund und Kamp ansieht, die im Hochdeutschen Pfund und Kampf heißen. Schon im neunten Jahrhundert wurde allerdings das pf nach den Konsonanten r und l zu f weiterverschoben. Man vergleiche dazu das niederdeutsche Wort Dorp und das althochdeutsche Wort dorpf, welches später zu dorf wurde.
Der oben erwähnte Apfel erhielt seine Affrikata durch den ehemaligen Doppelkonsonanten pp [pː], der nicht, wie im Neuhoch-/Niederdeutschen(2) den vorhergehenden Vokal verkürzt, sondern ein Geminant war.
Die Wandlung von ph zu f erfolgte, wenn vor dem Konsonant ein langer Vokal stand; befand sich dort ein kurzer Vokal, trat eine Verschiebung zu ff ein. Anschaulich für die erste Variante ist der Vergleich zwischen dem altsächsischen slâpan und dem althochdeutschen slâfan, für die zweite Variante das altnordische skapa und das althochdeutsche skaffôn (nhd. „schaffen“).
th -> tz / z / zz
Für die Verschiebung von th zu tz beziehungsweise z/zz gelten dieselben Regeln wie für die zuvor genannte mit dem geringfügigen Unterschied, dass sämtliche Affrikaten nach den Konsonanten r und l beibehalten wurden. Dennoch seien an dieser Stelle einige Beispiele zu nennen - Vergleiche:
Altsächsisch - Althochdeutsch
Fôt - Fuoz
Watar - Wazzar
Herta - Hertza
kh -> ch / h / hh
Auch diese Lautverschiebung verlief nach demselben Prinzip wie die zuvor Genannte. Allerdings hat sich jegliches ch im Laufe des Mittelalters wieder zurückverschoben und ist heute nur noch in einigen Schweizer Dialekten vorhanden.
Vergleiche:
Altsächsisch - Althochdeutsch
Ik - Ih
Makôn - Mahhôn
Werk - Werch
Medienverschiebung
Die sogenannte Medienverschiebung bezeichnet den Wandel der germanischen stimmhaften Frikative ǥ, đ und ƀ zu den nicht aspirierten stimmlosen Plosiven k, t und p, wobei dieser nicht überall im gleichen Maße stattgefunden hat. Die Verschiebungen von ǥ zu k und von ƀ zu p gelten ausschließlich für einige oberdeutsche Regionen wie Bayern es ist, ansonsten haben sich diese beiden Laute zu g beziehungsweise b entwickelt. Ein Beispiel wäre hier kepan, was im Standarddeutschen geben heißt. Der Lautwandel von đ zu t ist zum Beispiel daran zu sehen, dass dasselbe Wort im Hochdeutschen Tag und im Nieder- sowie im Mitteldeutschen durchgehend Dag oder Daach ausgesprochen wird.
Aber auch in den anderen germanischen Sprachen haben sich diese Laute gewandelt, wie bereits am Beispiel von Dag erklärt wurde. Das ƀ wurde fast ausschließlich zu [v] (vergleiche ne. „have“ und nhd. „haben“) aber auch zu f (vergleiche schw. „gaffel“ und nhd. „gabel“) und auch in mitteldeutschen Dialekten wie dem Ripuarischen ist dies zu finden, beispielsweise in dem Wort öwer - „über“.
Das ǥ hat die unterschiedlichsten Formen angenommen. Meist wurde es zu [g] (siehe nhd. „Gast“) aber auch zu [x] (vgl. rheinisch „Daach“ und nhd. „Tag“), [j] (vgl. rheinisch „Jeck“ und nhd. „Geck“), [ç] (vgl. nhd. „sich“ und ns. „sig“), [ʁ] oder [ɣ] (vgl. rheinisch „sare“ und nhd. „sagen“) oder [ʒ] (siehe thüringisch-obersächsische Aussprache von „Morgen“ [ˈmɔɐ̯ʒən]).
Inneralthochdeutscher Wandel
Dieser Lautwandel steht für die Entwicklung des stimmlosen dentalen Frikativs [θ], der in althochdeutschen Texten stets mit th der dh realisiert wurde, zum d. Die frühesten Zeugnisse dieser Veränderung gehen auf Schriften aus dem 8. Jahrhundert aus Bayern zurück.
Umlautung
Mit Ausnahme des Gotischen haben alle germanischen Sprachen die i-Umlautung mitgemacht, was nichts anderes bedeutet, als dass ein nachfolgendes [i] oder [ɪ̯] in sofern Einfluss auf den Stammsilbenvokal nimmt, als dass er ihn in einen Umlaut verwandelt. Die betroffenen Vokale sind im Althochdeutschen a, o und u. Je nachdem, ob sie von einem Kurz- oder einem Langvokal stammten, wurden sie zu [ɛː], [øː] und [yː] beziehungsweise zu [ɛ], [œ] und [ʏ]. Charakteristisch für die Umlautung ist, dass der Artikulationsort von hinten nach vorne verlegt wird und die ehemals dunklen Vokale zu hellen Vokalen werden.
In Frühalthochdeutscher Zeit kam noch eine alte germanische Verbklasse vor, deren Infinitivendung -jan war. Ein häufiges Beispiel hierfür ist das germanische Verb *brannjan „brennen“, welches durch den Wegfall des Halbvokals j [ɪ̯] zu brennen wurde.
Substantive der i-Klasse erfuhren eine Umlautung bei der Pluralbildung. Ein Wort wie althochdeutsch gast „Gast“ bildete seinen Plural nicht, wie seine frühere germanische Form *ǥast, durch bloßes Anhängen eines i, sondern lautete den Stammsilbenvokal zusätzlich zu gesti „Gäste“ um. Das Wort tag gehört zur a-Deklination und dessen Plural war taga, was erklärt, warum auch heute noch der Plural von Tag nach einem anderen Schema, nämlich ohne Umlaut, gebildet wird als derjenige von Gast.
Es gibt auch Verben, die einer i-Klasse angehören und eines davon ist faran „fahren“, dessen dritte Person Singular ferit „fährt“ lautet. Auch hier hatte das i der Konjugationsendung Einfluss auf den Stammsilbenvokal.
Diese Entwicklung erfolgte vom Norden des deutschen Sprachraums nach Süden und wurde, wie alle sprachliche Wandel, immer stärker abgeschwächt. Im Altbairischen gab es beispielsweise einige Konsonanten, nämlich l, r und hh, die eine Umlautung des Stammsilbenvokals verhindert haben. Die dritte Person Singular von haltan „halten“ hieß in allen Mundarten heltit mit Ausnahme des Altbairischen wo es weiterhin haltit war.
Textbeispiel
Es folgt nun ein Vergleich zwischen einer altsächsischen und einer althochdeutschen (altbairischen) Variante des „Vater Unser“, um die wichtigste Sprachliche Veränderung des Althochdeutschen, die zweite Lautverschiebung, deutlich zu machen, die im Altsächsischen nicht erfolgt ist.
Fadar is ûsa firiho barno,
the is an them hôhon himila rîkea.
Geuuîhid si thîn namo uuordo gehuuilico.
Cuma thîn craftag rîki.
Uuerda thîn uuilleo obar thesa uuerold alla,
sô sama an erdo sô thâr uppa ist an them hôhon himilrîkea.
Gef ûs dago gehuuilikes râd, drohtin the gôdo,
thîna hêlaga helpa, endi âlât ûs, hebenes uuard,
managoro mênsculdio, al sô uuê ôdrum mannum doan.
Ne lât ûs farlêdean
lêtha uuihti so ford an iro uuilleon so uuî uuirdige sind,
ac help ûs uuidar allun ubilon dâdiun.
- Aus dem Heliand um 840 n.Chr.
Fater unsêr,
dû pist in himilum, kauuîhit sî namo dîn,
piqhueme rîhhi dîn, uuesa dîn uuillo,
sama sô in himile est, sama in erdu.
Pilîpi unsraz emizzîgaz
kip uns eogauuanna, enti flâz uns unsro sculdi,
sama sô uuir flâzzamês unsrêm scolôm,
enti ni princ unsih in chorunka,
ûzzan kaneri unsih fona allêm suntôn.
- Anfang 9. Jahrhundert n.Chr.
Beide Gebete stammen aus dem neunten Jahrhundert und dennoch lässt sich erkennen, dass sich in der älteren bairischen Ausgabe schon alle th-Laute gewandelt haben, das in dem sächsischen Vaterunser aber noch überhaupt nicht geschehen ist, was ein Indiz dafür ist, dass sich dieser Wandel in nördlicher Richtung ausgebreitet hat.
In Zeile vier finden sich gleich drei Beispiele für die hochgermanische Lautverschiebung. Zum einen das Wort rihhi im direkten Vergleich zu rîki und zum anderen piqhueme, das in der Vorsilbe pi- die Medienverschiebung durchgeführt hat und im zweiten Teil des Wortes qhueme eine Affrikatenverschiebung von k zu qhu. Dieser Laut [kxw] ist zudem eine Besonderheit, die nur im südlichsten Oberdeutschen vorkommt.
Zwar lässt sich in Zeile 12 die Verschiebung von t zu [s] anhand ûzzan erkennen, es liegt aber kein direkter Vergleich mit dem Altsächsischen vor.
Weiterhin sehen wir in Zeile 1 mit dem Pronomen ûsa ein Beispiel für den bisher nicht erwähnten westgermanischen Nasalschwund, der auf das Hochdeutsche kaum Einfluss genommen hat(3). Bei diesem Phänomen verschwindet der Nasal, in dem Fall das n in unsêr, vor jeglichem stimmhaften Frikativ.
III. Mittelhochdeutsch
Wenn man vom Mittelhochdeutschen spricht, meint man einen ungefähren Zeitraum von 1050 bis 1350 nach Christi Geburt. Doch dienen auch diese Jahreszahlen der Orientierung, da die sprachlichen Nova, die zum Mittelhochdeutschen führten nicht überall zur gleichen Zeit und am gleichen Ort erschienen. Erst die Summe aller Änderungen führte zu dem, was wir heute als Mittelhochdeutsch bezeichnen.
Die lautlichen Veränderungen, welche die deutsche Sprache während dieser Epoche erfahren hat, sind fast alle vokalischer Natur, doch gibt es auch einige konsonantische Wandel, die aber nicht von allzu großer Bedeutung sind.
Lautliche Veränderungen
Abschwächung der Nebensilben
Diese Änderung ist als die wichtigste dieses Zeitraumes anzusehen, da man durch sie das Mittelhochdeutsche vom Althochdeutschen abzutrennen pflegt. Im Althochdeutschen waren noch alle Nebensilben, also jene, auf denen keine Betonung liegt, volltönend, wie beispielsweise in birenkit „verrenkt“ (eigentlich „berenkt“), doch mit dem Mittelhochdeutschen verlieren diese Silben ihre volle Tönung und schwächen zum tonlosen Schwa [ə] ab. Dasselbe Wort würde nun also berenket [bəˈrɛŋkət] gesprochen. Selbstverständlich gibt es auch hierfür Ausnahmen. Sind in den fränkischen Dialekten nahezu alle Nebensilbenvokale abgeschwächt worden, darunter auch das Suffix -âg, welches zu -eg wurde, so hat es sich in den meisten anderen Mundarten lediglich zu -ig oder -îg verändert. Auch heute noch haben einige süddeutsche Dialekte ihre volltönenden Silben beibehalten. Ein Beispiel stellt hier die schwäbische Infinitivendung -a wie in schwätza.
Umlautung
Auch die i-Umlautung ist weiter vorangeschritten und schließt jetzt auch den Konjunktiv II mit ein (vgl. ahd. „zugi“ und mhd. „zœge“), Wörter mit dem Suffixen -ig, -lich sowie -isch/-isc und die Pluralendung -ir, die später aus angesprochenen Gründen
zu -er wurde (vgl. ahd. „hûsir“ und mhd. „hiuser“).
Auslautverhärtung
Gegen Ende der althochdeutschen Sprachepoche und vermehrt mit dem Eintreten des Mittelhochdeutschen fällt auf, dass die Schreiber dazu tendieren, ehemals stimmhafte Laute im Auslaut durch ihre stimmlosen Gegenstücke zu ersetzen. Die ehemalige Schreibweise des Wortes tag lautet nun tac, doch bleibt der Plural tage. Dieses augenscheinliche Phänomen ist damit zu erklären, dass die Menschen immer mehr dazu neigten die stimmhaften Plosive [b], [d] und [g] durch die stimmlosen, nicht aspirierten Phoneme [p], [t] und [g] auszutauschen.
Konsonantische Änderungen
Ab Mitte des 11. Jahrhunderts beginnen sich alle [sk] zu stimmlosen postalveolaren Frikativen [ʃ] zu palatalisieren. Dies gilt weiterhin für alle [s] vor sonstigen Vokalen wie nach r oder l. Die erstgenannte Veränderung hat auch das Niederdeutsche betroffen mit Ausnahme einiger niederfränkischer Mundarten.
In der Schreibung schlug sich das erst allmählich nieder, da viele Schreiber ihrer Schreibtradition treu blieben und während die Verbindungen sl, sm, sn und sw mit der Zeit auch den Zischlaut [ʃ] in der Orthographie annahmen, nämlich als schl, schm, schn und schw, blieb das reine s vor den Konsonanten t und p bis heute erhalten.
Man kann annehmen, dass diese Palatalisierung vom Süden aus ihren Lauf genommen hat, da sie dort die stärkste Ausprägung fand und in den nördlichsten Niederdeutschen Regionen am schwächsten ist - wie bereits angesprochen.
Textbeispiel
Nun stelle ich die oben bereits verwandte altbairische Version des Paternosters aus dem 9. Jahrhundert einer mittelhochdeutschen Fassung aus dem 13. Jahrhundert gegenüber. Mit der ungefähren Datierung um 1230 fällt es in die späthöfische Zeit, die sich, wie die von 1170 bis 1250 reichende höfische Dichtung im Allgemeinen, durch mannigfaltige schmückende Wendungen kennzeichnet. Zwar ist dieses Werk ein geistliches, dennoch war Reinmar von Zweter ritterlichen Standes und gab sich der höfischen Literatur hin, deren Stil sich auch in diesem Vaterunser niederschlägt.
Fater unsêr,
dû pist in himilum, kauuîhit sî namo dîn,
piqhueme rîhhi dîn, uuesa dîn uuillo,
sama sô in himile est, sama in erdu.
Pilîpi unsraz emizzîgaz
kip uns eogauuanna, enti flâz uns unsro sculdi,
sama sô uuir flâzzamês unsrêm scolôm,
enti ni princ unsih in chorunka,
ûzzan kaneri unsih fona allêm suntôn.
- Anfang 9. Jahrhundert n.Chr
Got vater unser,
dâ du bist In dem himelrîche gewaltic alles des dir ist, geheiliget sô werde dîn nam,
zuo müeze uns komen das rîche dîn.
Dîn wille werde dem gelîch
Hie ûf der erde als in den himeln, des gewer unsich,
nu gip uns unser tegelîch brôt und swes wir dar nâch dürftic sîn.
Vergip uns allen sament unser schulde,
alsô du wilt, daz wir durch dîne hulde vergeben,
der wir ie genâmen dekeinen schaden,
swie grôz er sî:
vor sünden kor sô mache uns vrî und lœse uns ouch von allem übele.
âmen
- Reinmar von Zweter (um ca. 1230)
Die beiden Varianten bedienen sich teilweise anderer Worte, aber dennoch lässt sich eine Reihe von Veränderungen zwischen den beiden Sprachepochen feststellen.
In Zeile 1 des mittelhochdeutschen Vaterunsers findet sich mit unser ein Beispiel für eine Nebensilbenabschwächung. Der volltönende Vokal ê [eː] der althochdeutschen Nebensilbe -sêr ist in der Mittelhochdeutschen schon zu [ə] abgeschwächt.
Für die Auslautverhärtung bietet sich ein Vergleich nicht an, da das Altbairische ohnehin nicht über Lenisplosive im Auslaut verfügt, doch kann man innerhalb von Zweters Fassung diesen Wandel nachweisen: Der Imperativ Vergip in Zeile 9 steht gegen die dritte Person Plural Präsens vergeben aus Zeile 10. Das b bleibt also erhalten und tritt nur im Auslaut stimmlos auf.
Ein Exempel für die Palatalisierung des s finden wir in Zeile 9 beim Vergleich von althochdeutsch sculdi mit mittelhochdeutsch schulde. Von Zweter berücksichtigt diese zwar in dem Falle, schreibt aber swes (Zeile 7) und swie (Zeile 10) weiterhin in der alten Art und Weise.
IV. Neuhochdeutsch
Die neuhochdeutsche Sprachperiode lässt sich in zwei Abschnitte teilen: Zum Einen in das Frühneuhochdeutsche, das den ungefähren Zeitraum von 1350 bis 1650 umspannt, und das Neuhochdeutsche, das von 1650 bis heute reicht.
Da sich beide Epochen nur geringfügig voneinander unterscheiden, werde ich sie gemeinsam behandeln und, wenn Bedarf besteht, auf spezifische Änderungen hinweisen.
Als markanteste Änderungen sind Diph- wie Monophthongierung, einige andere vokalische Wandel und eine ganze Serie analogischer Ausgleichprozesse zu sehen, die auch die Konsonanten betreffen.
Lautliche Veränderungen
Analogischer Ausgleich
Der analogische Ausgleich bezeichnet einen Wechsel der Stammsilbenvokale und
-Konsonanten sowie Flexionsendungen starker Verben und Nomen nach dem Schema anderer Konjugationen beziehungsweise Deklinationen.
Analogischer Ausgleich im Stammsilbenvokalismus der Verben
Die Flexionen der starken Verben zeichneten sich oftmals durch Unterschiede der Stammsilbenvokale zwischen Singular und Plural aus. Beim analogischen Ausgleichsprozess passen sich die Monoph- oder die Diphthonge des Singulars oder Plurals an diejenigen des jeweils anderen Tempus’ an. Solch ein Ausgleich kann auch vom Infinitiv in die flektierten Formen und andersherum sowie unter den einzelnen Personen stattfinden.
Um diesen Vorgang besser verdeutlichen zu können, habe ich das nachfolgende Schaubild beigefügt.
Ausgleich gemäß des Plurals:
mhd. rîten - reit - riten - geriten
nhd. reiten - ritt - ritten - geritten
Ausgleich gemäß des Singulars:
mhd. bieten - bôt - buten - geboten
nhd. bieten - bot - boten - geboten
Ausgleich gemäß des Infinitivs:
mhd. bieten - ich biute
nhd. bieten - ich biete
Analogischer Ausgleich im Stammsilbenkonsonantismus der Verben
Durch Verners Gesetz4) sind kurz nach der ersten Lautverschiebung konsonantische Alternanzen zwischen den unterschiedlichen Flexionsformen der Verben entstanden. Es wird angenommen, dass diese Unterschiede vom freien Akzent des Indogermanischen herrührten.
Durch den analogischen Ausgleich zum Neuhochdeutschen hin wurden diese Differenzen, wenn auch teilweise, wieder zu einem einheitlichen Konsonantismus zusammengefasst. Allerdings gibt es auch hier viele Ausnahmen. Eine davon findet sich beim Vergleich des Präteritums und des Partizips des Verbs sein - war und gewesen. So ist der Stammsilbenvokal des Präteritums fortwährend r und der des Partizips s - hier hat also kein Ausgleich stattgefunden.
Ein paar Proben positiver Ausgleichsprozesse habe ich in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Ausgleich gemäß des Singulars:
mhd. lesen - las - laren - geleren
nhd. lesen - las - lasen - gelesen
Ausgleich gemäß des Infinitivs:
mhd. lesen - las - laren - geleren
nhd. lesen - las - lasen - gelesen
Ausgleich gemäß des Plurals:
mhd. ziehen - zôch - zugen - gezogen
nhd. ziehen - zog - zogen - gezogen
Analogischer Ausgleich der Flexionsendungen der Nomen
Auch die Flexionsendungen der Nomen waren analogischen Ausgleichen unterworfen, wenn auch eher spärlich.
Schon im Althochdeutschen hat die s-Deklination, die, aufgrund der Tatsache, dass sie fast nur Tierbezeichnungen enthält, auch als Hühnerhofdeklination bezeichnet wird, das Deklinationsverfahren des a-Stammes angenommen. Zuvor lauteten Genitiv und Dativ Singular des Wortes chalb „Kalb“, dessen Plural chelbir war, chalbires und chalbire. Doch nach dem Ausgleichen der Flexionsendungen wurden diese Formen wie die des Wortes tag gebildet, dessen Genitiv tages und dessen Dativ tage war. Die Endung -ir des s-Stammes fiel damit weg, was zu den Formen chalbes und chalbe führte und das -ir kennzeichnete fortan nurnoch den Plural.
Mit dem Neuhochdeutschen wurde dieses nun reine Pluralsuffix der s-Deklination auch zu einem mannigfaltiger neutraler Wörter der a-Deklination, da deren Mehrzahl im Mittelhochdeutschen noch gleich der Einzahl gebildet wurde. Dies gilt beispielsweise für Horn - Hörner, dessen mittelhochdeutscher Plural noch einfach horn hieß.
Einige andere Exemplare der a-Deklination übernahmen die Umlautung der i-Deklination und so wurde aus dem Plural boume (ahd. „bouma“) von boum die umgelautete, uns geläufige Variante Bäume.
Andere Substantive, wie das oben erwähnte Tag, haben ihren ursprünglichen Plural beibehalten.
Diphthongierung und Monophthongierung
Die geschlossenen Langvokale î [iː], û [uː] und iu [yː] entwickeln sich zu den Diphthongen ei [aɪ̯], au [aʊ̯] und eu/äu [ɔʏ̯]. Die bereits vorhandenen Diphthonge unterliegen einer Nukleussenkung und tun es den Langvokalen gleich und somit werden auch ei [ɛɪ̯], ou und öu zu ei, au und eu/äu.
Beispiele für die Diphthongierung:
Mittelhochdeutsch - Neuhochdeutsch
fîn - fein
Hûs - Haus
Friunt - Freund
Bein [bɛɪ̯n] - Bein [baɪ̯n]
Boum - Baum
Vröude - Freude
Die Monophthongierung nahm ihren Lauf von Mitteldeutschland aus, wo sie schon im 11. Jahrhundert begann, und deshalb als „Mitteldeutsche Monophthongierung“ bezeichnet wird. Doch erst in neuhochdeutscher Zeit kam dieser Wandel zum erliegen und erreichte einige Mundarten überhaupt nicht, darunter das Alemannische, das Bairische und das Westfälische.
Der Monophthongierungsprozess betraf die mittelhochdeutschen Diphthonge ie, uo und üe, die sich durchgängig zu i, u und ü gewandelt haben. Allerdings mit der Ausnahme, dass ie [ɪ̯e] im Anlaut zu je [jeː] wurde.
Weitere Vokalwandel
Nur knapp möchte ich die restlichen Veränderungen unter den Vokalen ansprechen.
Die offenen Tonsilben, das sind akzentuierte Silben, die auf einen Vokal enden, haben eine Dehnung erfahren, bei der zuvor offene Vokale zu Geschlossenen wurden. Mittelhochdeutsch loben [lɔ-] wurde damit zu neuhochdeutsch loben [loː-].
Vor m oder t ist eine Dehnung häufig nicht eingetreten, was man am Vergleich von mittelhochdeutsch gate [gatə] und neuhochdeutsch Gatte [gatə] leicht erkennen kann.
Andersrum gab es auch Kürzungen ehemals langer Vokale, wenn zwei Vokale folgten. Dies gilt auch für aus dem Mittelhochdeutschen übernommene Komposita wie brâmber [braː-]. Die neuhochdeutsche Entsprechung hierfür ist Brombeere mit kurzem offenem o [brɔ-].
Je nach phonetischer Umgebung haben die Vokale â, e und i eine Rundung zu o, ö und ü erhalten. Das â wurde vor Nasalen und Dentalen zu o (vgl. mhd. „âne“ - nhd. „ohne“), das e vor [ʃ], Labialen, Affrikaten und l zu ö (vgl. mhd. „helle“ - nhd. „Hölle“) und das i scheinbar wahllos zu ü (vgl. mhd. „finf“ - nhd. „fünf“).
Der Halbvokal [u̯], der in der Schriftsprache mit w realisiert wurde, hat sich, je nach Region, zu einem stimmhaften labiodentalen Frikativ [v] oder einem stimmhaften labiodentalen Approximaten [ʋ] gewandelt.
Wandel des [x]-Lautes
Jegliches ch [x] hat sich nach schwachen Vokalen zum stimmlosen palatalen Frikativ [ç] verändert. Eine Ausnahme bilden auch hier wieder einige oberdeutsche Mundarten.
Textbeispiel
Nun komme ich zum letzten Vergleich zweier Vaterunser, um sprachgeschichtliche Änderungen zu verdeutlichen. Diesmal wähle ich die bereits zuvor untersuchte Version von Reinmar von Zweter und die aktuelle ökumenische Ausgabe von 1908.
Der abschließende Satz „Denn dein ist das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ war in der mittelhochdeutschen Fassung noch nicht vertreten und wurde dem Gebet erst zu späterer Zeit hinzugefügt. Ich habe ihn bewusst aus dem Vergleich entfernt, da sie für die sprachhistorische Analyse unerheblich ist.
Got vater unser,
dâ du bist In dem himelrîche gewaltic alles des dir ist, geheiliget sô werde dîn nam,
zuo müeze uns komen das rîche dîn.
Dîn wille werde dem gelîch
Hie ûf der erde als in den himeln, des gewer unsich,
nu gip uns unser tegelîch brôt und swes wir dar nâch dürftic sîn.
Vergip uns allen sament unser schulde,
alsô du wilt, daz wir durch dîne hulde vergeben,
der wir ie genâmen dekeinen schaden,
swie grôz er sî:
vor sünden kor sô mache uns vrî und lœse uns ouch von allem übele.
âmen
- Reinmar von Zweter (um ca. 1230)
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Amen.
- heutige ökumenische Fassung
Der Vergleich von mittelhochdeutsch geheiliget und neuhochdeutsch geheiligt in Zeile 3 lässt gleich zwei lautliche Wandel erkennen. Zum einen eine Nukleussenkung von
ei [ɛɪ̯] zu ei [aɪ̯] und zum anderen eine Synkope des e zwischen g und t. In dieser Zeile befindet sich außerdem mit neuhochdeutsch dein ein Beispiel für die Diphthongierung, wenn man es mit dîn aus dem mittelhochdeutschen Text vergleicht.
Ein weiterer Beweis für die Diphthongierung steht in Zeile 6, denn dort erkennt man den Wandel von ûf zu auf.
Täglich in Zeile 7 weist im Vergleich zu tegelîch eine Kürzung des Stammsilbenvokals der Endsilbe auf und zusätzlich eine Synkope des e zwischen g und l.
Bei Schuld wurde das abschließende e von schulde apokopiert.
Anhang
Fußnoten
1) Doch heute weisen beide Linien relativ weiträumige Grauzonen auf und daher ist die Lautverschiebung von k nach ch auch erst nördlich von Uerdingen vollständig unterbrochen: Heißt es im Südniederfränkischen (u.a. Düsseldorfer Platt und Limburgisch) schon „ech“ für „ich“, so sagt man im „Kriewelschen“ (Krefelder Dialekt) und nördlich davon noch „ik“, sofern man den immer weiter voranschreitenden
Dialektschwund nicht beachtet.
2) Im Schweizerdeutschen sind diese Geminanten, so wie viele andere Eigenschaften des Althochdeutschen, bis heute erhalten geblieben.
Der westgermanische Nasalschwund hat nur Einfluss auf das heutige Hochdeutsche gehabt, wenn ein Nasal vor dem germanischen [x] stand, wie man dachte sehen kann, dessen Präsens Infinitiv Form denken lautet und damit den Nasal noch erhalten hat.
3) Vergleiche hierzu auch englisch think - thought - thought. Das Schweizerische hat hier wieder eine Sonderstellung, da man beispielsweise an füf „fünf“ sehen kann, dass das n weggefallen ist. Auch einige Nordmitteldeutsche Dialekte haben diesen Nasalschwund mitgemacht, wie das Öcher Platt, dem Aachener Dialekt, dessen Sprecher auch os anstatt uns sagen.
4) Der Däne Karl Verner stellte im Jahre 1875 ein Gesetz auf, das besagt, stimmlose Spiranten wären in einer Zeit kurz nach der ersten Lautverschiebung stimmhaft geworden, wenn sie in stimmhafter phonetischer Umgebung gestanden haben und der Akzent des Wortes nicht auf dem vorhergehenden Vokal gelegen habe. Es wechselten dabei die folgenden Konsonanten: th mit d, f mit b, h mit g und s mit r. Dies hat auch zu unterschiedlichem Vokalismus innerhalb der Flexionen einiger starker Verben geführt, was die Konjugation des althochdeutschen Wortes heffen zeigt: heffen - huob - haban.
Lexikalischer Teil
Im folgenden werde ich alle im Text vorkommenden Fachbegriffe knapp erläutern, um die Arbeit verständlicher zu machen.
Affrikat Apokope Aspiration Frikativ Geminant Medien Spirant Stimmhaft Stimmlos Synkope Tenues Vibrant Vokale
Affrikat - Laut, der aus einem Plosiv und darauffolgendem Frikativ besteht. Dazu gehören im Deutschen [ts], [pf], [tʃ], [ks] sowie [kx] im Schweizerdeutschen und [dʒ] in Fremdwörtern.
Apokope - Schwund eines oder mehrerer Laute im Auslaut.
Aspiration - Einen Laut mit einem nachfolgendem [h] versehen. Im Deutschen gilt dies für alle Fortisplosive.
Frikativ - Reibelaut, Spirant
Geminant - Ein Konsonant, der länger artikuliert wird, als ein einfacher Konsonant.
Medien - Stimmhafte Plosive, Lenisplosive
Spirant - Reibelaut, Frikativ
Stimmhaft - Die Stimmlippen sind beim Artikulieren fast verschlossen, sodass sie schwingen. Stimmhafte Phoneme im Deutschen sind b, d, g, j, l, m, n, r, s und w sowie alle Vokale.
Stimmlos - Die Stimmlippen sind beim Artikulieren geöffnet, sodass sie nicht schwingen. Stimmhafte Phoneme im Deutschen sind f, k, p, t, v und ß.
Synkope - Schwund eines oder mehrerer Laute im Wortinneren.
Tenues - Stimmlose Plosive, Fortisplosive
Vibrant - Konsonant, bei dessen Artikulation der Artikulator, also beispielsweise die Zunge oder das Zäpfchen, vibriert.
Geschlossener Vokal - Vokal mit geringem Kieferöffnungsgrad. Beispiel: o in Hof
Offener Vokal - Vokal mit großem Kieferöffnungsgrad. Beispiel: o in hoffen
Artikulationsorte
Der Artikulationsort bezeichnet die Stelle im Sprechorgan, die der Artikulator - Zunge, Zäpfchen, Lippen oder Zähne - berührt, um einen Laut zu realisieren.
Bilabial - Artikulation durch Verwendung beider Lippen
Labiodental - Artikulation durch Verwendung der oberen Vorderzähne und der Unterlippe oder der unteren Vorderzähne und der Oberlippe
Dental - Artikulation durch Verwendung des Artikulators an den oberen Vorderzähnen
Alveolar - Artikulation durch Verwendung des Artikulators am oberen Zahndamm
Postalveolar - Artikulation durch Verwendung des Artikulators hinter dem oberen Zahndamm
Palatal - Artikulation durch Annäherung des Artikulators an den vorderen Gaumen
Velar - Artikulation durch Verwendung des Artikulators am hinteren Gaumen
Uvular - Artikulation durch Verwendung des Zäpfchens
Pharyngal - Artikulation durch Verengung des Rachens
Glattal - Artikulation durch Verwendung der Stimmritze (Glottis)
Quellenverzeichnis
Bücher:
Eggers, Hans: Deutsche Sprachgeschichte. Band 1 Das Althochdeutsche und das Mittelhochdeutsche. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1986.
Frey, Evelyn: Einführung in die Historische Sprachwissenschaft des Deutschen. Heidelberg: Julius Groos Verlag, 1994.
Bach, Adolf: Geschichte der Deutschen Sprache. Achte Auflage. Heidelberg: Quelle & Meyer, 1965.
Martinet, André: Grundzüge der Allgemeinen Sprachwissenschaft. Stuttgart: W. Kohlhammer, 1963.
Fischer-Fabian, Siegfried: Die ersten Deutschen. München: C.A.Kochs Verlag, 1975
Internetseiten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Vaterunser
http://de.wikipedia.org/wiki/Vernersches_Gesetz
http://apuzik.deutschesprache.ru/lektion-8.html
http://gaer27.uni-trier.de/CLL/Yolanda/ygramma.htm
http://homepage.univie.ac.at/hans.platzer/vu/vu2.htm
http://www.linguistics.ruhr-uni-bochum.de/~strunk/Deutsch/vergleic.htm
http://www.cis.uni-muenchen.de/ahdeutsch/lexikon.html