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Südlich der Stadt
Der Ausritt war für Jacques sowohl eine willkommene Abwechslung als auch eine Herausforderung. Es war schon etwas anderes, ein Pferd auf einem Ritt durch die Natur zu lenken, als sich in den klaren Grenzen des Hofes zu bewegen. Er hatte Reds Worte im Kopf – das Pferd verlässt sich auf seinen Reiter, dass er ihm den richtigen Weg weist und es nicht in Gefahr bringt! Natürlich war das in diesem Fall, wo er nur hinter Eric und dessen Knappen herreiten musste, keine große Herausforderung, aber Jacques konzentrierte sich dennoch auf den vor ihm liegenden Weg und versuchte, selbst kleine Gefahren oder Hindernisse vorzeitig zu erkennen. Das musste ihm zur Gewohntheit werden, und daher durfte er nicht erst damit anfangen, wenn er bereits auf sich allein gestellt war.
Alles in allem aber fühlte er sich mittlerweile recht wohl auf dem Pferderücken. Selbst die Tatsache, dass ihm von Redlef im letzten Moment ein anderes Pferd zugeteilt worden war, hatte ihn nur anfangs ein wenig aus dem Konzept gebracht. Der Bewegungsrhythmus des Tieres war zunächst ungewohnt gewesen, aber Jacques hatte sich rasch hineingefunden, zumal Marodeur mit stoischer Ruhe voranlief und sich nicht allzu sehr für seine Umgebung zu interessieren schien – anders als Rittmeister, der von Redlef immer wieder daran erinnert werden musste, wer die Richtung vorgab.
Es war ein angenehmer Tag. Die Sonne schien warm vom Himmel, aber die vom Meer her wehende steife Brise sorgte dafür, dass einem selbst in Gambesson und Rüstung nicht zu heiß wurde. Als sie die Stadt hinter sich ließen, wurde Jacques erst einmal wieder bewusst, wie durchdringend die engen Gassen der alten Hafenstadt doch stanken – nach feuchtem Lehm, Essensresten, Pisse, Schweiß und Meersalz. Man gewöhnte sich daran, so dass einem der Geruch der ‚Zivilisation‘ irgendwann normal vorkam, bis man sich dann doch mal wieder in die Natur wagte und merkte, wie wunderbar die Welt eigentlich duften konnte, nach frischem Gras, dem harzigen Geruch der Bäume, ab und zu einem Pferdefurz …
Weniger erbaulich war der Zustand der meisten Höfe, an denen sie auf ihrem Ritt vorbeikamen. Nur wenige von ihnen wurden noch bewirtschaftet. Der Anblick erinnerte Jacques an die Baronie von Thorniara – genau wie die Stadt auf Argaan, würde Khorinis sicherlich noch auf längere Zeit auf Versorgung vom Festland her angewiesen sein, vor allem, wenn im Kielwasser des Ordens das zivile Leben wieder aufblühen und die Bevölkerung wachsen sollte. Aber Jacques sah auch die positiven Seiten: Hier gab es Gelegenheiten für Neuanfänge. Menschen, die anderswo vom Pech verfolgt waren oder vom Schicksal gar nicht erst eine Chance erhalten hatten, konnten hier auf Khorinis vielleicht ihr Glück finden, wenn sie bereit waren, die Artbeit zu tun, die getan werden musste. An Land und Gelegenheiten mangelte es nicht für Hände, die gewillt waren, anzupacken.
Kurz schlich sich der Gedanke ein, wie es wohl wäre, wenn er selbst einen der Höfe übernähme – aber nur kurz. Das Gewicht des Schwertes an seiner Seite erinnerte ihn daran, dass er sich für einen anderen Weg entschieden hatte, und dass sein Entschluss feststand. Die Zeiten des bäuerlichen Lebens lagen hinter ihm – er war jetzt ein Gardist des Königs und so Innos wollte, würde er eines Tages ein Ritter des Ordens sein. Seine Aufgabe war nicht mehr, die Felder zu bestellen, sondern diejenigen zu beschützen, die die Felder bestellten. Sie beschützen vor …
„Orks?“, richtete Redlef gerade seine diesbezügliche Frage an Eric, und die Miene des Ritters verdüsterte sich.
„Möglich“, brummte er, „Uns liegen zwar keine expliziten Berichte über Orkangriffe vor, aber es gibt Geschichte über Höfe, die von einem Tag auf den anderen zerstört wurden, die Bewohner spurlos verschwunden. Niemand weiß, wer oder was dafür verantwortlich ist. Banditen? Orks? Außerirdische? Wer weiß. Je weiter man sich dem Minental nähert, um so gefährlicher wird es. Hagen hat zuletzt diesen Draconiz angewiesen, einen der alten Höfe zu einem Außenposten auszubauen. Das sollte uns dabei helfen, die Kontrolle über die Gegend wiederzuerlangen. Trotzdem müssen wir erst noch wissen, womit wir es eigentlich zu tun haben. Das herauszufinden, ist Teil unserer Aufgabe.“
„Moment, sagtet Ihr gerade – Draconiz?“, fiel Jacques dem Ritter ins Wort. Eric runzelte die Stirn.
„Ja, warum? Einer der Paladine. Auch wenn er einen eher … zweifelhaften Ruf genießt. Ich traue ihm nicht.“
„Ich habe ihn vor einer Weile kennen gelernt, während ich mir Sir Ulrich unterwegs war. Aber unter dem Gebirge ist er während eines Kampfes verschwunden. Er hat … gegen Ulrich gekämpft!“
Erics Augen verengten sich zu Schlitzen. „Gegen Ulrich? Ich sagte ja – ich traue ihm nicht! Weiß Beliar, was der Kerl hier zu suchen hat. Und wieso Hagen ihn nicht schon längst am nächsten Baum aufgeknüpft hat. Aber genug davon – es ist nicht an uns, das zu beurteilen. Wir sind hier, um herauszufinden, was im Umland vor sicht geht. Die Banditen zu finden, oder die Orks. Und ihnen in den Arsch zu treten! Ha, wie in der guten alten Zeit!“
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Südlich der Stadt
„Uli?“, brummte der Ergraute.
Auch wenn Bardasch’s Reitkünste nicht vergessen waren, merkte er doch die ungewohnte Anstrengung, die seine Knochen schmerzen ließ und hier und dort ein Taubheitsgefühl verursachte. Und obwohl er darum wusste, mit seinem Reittier eine Einheit bilden zu müssen, fiel ihm das schwer, dass man kaum von einem lockeren Ausritt sprechen konnte.
Aber wer sollte diesen Umstand nicht verstehen? Schließlich waren es etliche Jahre, in denen der Ergraute nicht einmal mehr ein Pferd anfasste.
Natürlich erweckte der mögliche Feind seine Aufmerksamkeit und sorgte für Unbehagen, aber der gesprochene Name seines einstigen Freundes warf ihn gerade erinnerungstechnisch eine Zeit weit zurück und lenkte die Aufmerksamkeit hin zu etwas Vergangenem.
„Wo ist Sir Ulrich!?“, wollte der einstige Nomade wissen.
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Überrascht hob Jacques die Augenbrauen und sah Bardasch an. Der heruntergekommene Vagabund wirkte nicht gerade wie jemand, den er auf der Liste der Bekannten Sir Ulrichs vermutet hätte. Und er bezweifelte auch stark, dass sich der Kommandant von irgendwem einfach so ‚Uli‘ nennen ließ.
„Ich glaube nicht, dass Ihr ihn kennt“, erwiderte Jacques nach kurzer Überlegung, „Wahrscheinlich verwechselt Ihr ihn mit einem anderen Mann dieses Namens. Er ist ein hochrangiger Kommandant in den Reihen des Ordens in Thorniara.“
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Südlich der Stadt
„Was Ihr glaubt, interessiert mich nicht die Bohne“, erwiderte der einstige Nomade.
Das Menschen Bardasch zurecht für einen Penner hielten, war nachvollziehbar. Vielleicht hätte den Ergrauten eine derartige Aussage vor Wochen nicht einmal gejuckt, aber nun, da er sich an seine alte Zeit erinnert sah und er einmal zu den Angesehenen gehörte, versetzte der Satz ihm nun doch einen Stich. Gerade bei Uli!
„Ich kenne ihn. Aus meiner Zeit als Gardist. Also – ist er also in Thorniara?“.
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„Eure … Zeit als Gardist?“ Das war eine Aussage, die Jacques nun wirklich nicht erwartet hatte. Marodeur schnaubte und tänzelte ein wenig zur Seite, als sein Reiter vor Überraschung unbeabsichtigt am Zügel zog. Jacques lenkte das Pferd jedoch rasch wieder auf den richtigen Weg.
Er musterte Bardasch von Kopf bis Fuß. Wenn es stimmte, was der Kerl behauptete – dass er einst Gardist gewesen war und Kommandant Ulrich kannte (wenn er ihn tatsächlich ‚Uli‘ nennen konnte, musste er ihn sogar verdammt gut kennen!) –, dann stellte sich die Frage, was ihn hatte abstürzen lassen. Der Verlust seines Beins vielleicht? Am liebsten hätte Jacques ihn direkt darauf angesprochen, aber dafür war es offensichtlich noch zu früh. Bardasch schien auch nicht unbedingt bester Laune zu sein. Mit seiner bärbeißigen Art war er fast wie ein zweiter Redlef.
„Er ist jedenfalls nicht nach Khorinis mitgekommen. Soweit ich weiß, wollte er zum Festland aufbrechen. Warum genau, weiß ich allerdings nicht.“
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„Hm“, brummte Bardasch in seinen Bart. Das Sir Ulrich nicht in Khorinis war, war auf der einen Seite sehr schade, aber auf der anderen Seite besser für den Ergrauten. Er war sich nämlich nicht sicher, ob es sein Wunsch sein könnte, auf diese Art und Weise vor seinen damaligen Freund zu treten. Freunde, die sich damals unter nicht schönen Umständen trennten. Und obwohl der einstige Nomade darüber nachdachte, was damals eigentlich alles vorgefallen war, blieben die erwünschten Erinnerungen leider fast vollständig aus. So war das wohl, wenn man sich das Gehirn wegsoff.
Einen Seufzer tuend korrigierte der Ergraute seinen Sitz zu Pferde, mittlerweile schon ein wenig besser daran gewöhnt im Einklang mit ‚Morgenglanz‘ zu tanzen, aber immer noch mit schmerzenden steifen Knochen und Muskeln.
Bis jetzt stellte die Reise noch keine besondere Schwierigkeit da, doch das konnte sich spätestens dann ändern, wenn Gefahren sich wie aus dem Nichts kommend auftaten. Dabei reichte die Palette von Goblins, Orks über Wölfe, Wargs und so weiter und so weiter. Die Gefahr bestand heute auch noch, selbst wenn Menschen das Gegenteil behaupteten, oder sich im Gelände bewegten, als gäbe es immer einen Morgen.
Abgesehen davon, dass der Ergraute nicht mal im Ansatz dazu im Stande wäre vom Pferd aus Gefahren abzuwehren, besaß er diese Fähigkeit zu Boden vermutlich auch nicht mehr. Und das nicht nur, weil er bis auf seinen besonderen Dolch keine nennenswerte Waffe besaß.
Ein Grund mehr darüber erleichtert zu sein, von nun an nicht mehr alleine durchs Leben schreiten zu müssen.
„Alleine?“, hackte der Ergraute bezüglich Uli nach. Ganz sicher nicht, aber Jaques würde ihn schon aufklären.
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Jaques schüttelte den Kopf. „Nein, er hat die meisten seiner Männer mitgenommen. Nur ein paar sind nach Khorinis gereist. Ich weiß allerdings nicht, ob Ulrich vorhat, ihnen hier her zu folgen, oder ob sie ihn später einfach nur über die Lage hier informieren sollen.“
Er versuchte, Bardaschs Reaktion einzuschätzen, aber die Miene des Vagabunden und angeblich ehemaligen Gardisten blieb indifferent. Er war offentlichtlich jemand, der es gewohnt war, mit verdeckten Karten zu spielen. Trotzdem fand Jacques, dass der Vagabund so langsam selbst ein paar Antworten schuldig war.
„Wie kommt es, dass ihr nicht mehr bei der Garde seid?“, fragte er daher unverblümt, „Ist es wegen … Eurer Verletzung? Dem Bein? Hoo, Marodeur, ruhig! Was hast du denn auf einmal?“
Das Pferd wieherte und tänzelte ohne ersichtlichen Grund kurz zur Seite, als wollte es den Weg verlassen. Zwar ließ es sich wieder zurücklenken, machte aber einen nervösen Eindruck. Jacques kniff die Augen zusammen und ließ den Blick über das Unterholz neben dem von Farnen und Moos überwucherten Pfad streifen. Er konnte jedoch nichts Ungewöhnliches entdecken. Vielleicht hatte sich sein Reittier ja auch nur vor dem eigenen Schatten erschreckt …
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Wie gut, dass der Ergraute nicht antworten musste.
Auch sein Pferd reagierte auf etwas Unbestimmtes, in dem es auf der Stelle tänzelte, wobei unklar war, ob es auf Marodeur reagierte oder auf etwas, was sich in der Umgebung versteckte. Während Jacques seine Sinne spitzte, brachte der einstige Nomade Morgenglanz dazu in einem kleinen Bogen geführt die Distanz zwischen sich und dem Unbekannten zu vergrößern, bis er seine Aufmerksamkeit gen Khorinis Stadt lenkte und die Laufrichtung des Pferdes erneut änderte. Während er nichts sah, schien Morgenglanz jedoch nervöser, dass der Ergraute Banditen und Orks ausschloss und… „Whou!“
Aus dem Unterholz brach Etwas hervor, was den nun panischen Morgenglanz ganz knapp am Hinterteil erwischte, dass Dieser Bardasch bei seiner Flucht nach vorn fasst aus dem Sattel trieb.
Der Ergraute hatte es versäumt die Vorboten seines Reittieres rechtzeitig zu deuten. Der angehobene Kopf und die aufgeblasenen Nüstern hätten ihm verraten sollen, dass kurz vor zwölf schon vorbei war, aber vermutlich war diese Situation auch einfach nicht zu vermeiden.
Nun blieb Bardasch nicht’s anderes übrig, als sein Körpergewicht so gut es ging nach hinten zu verlagern und leichten Zug an den Zügeln zu geben, ohne dabei an den Zügeln zu reißen.
Das Körpergewicht zusätzlich nach links gelenkt brachte der einstige Nomade das Tier dazu auf dem Weg zu bleiben und noch etwas weiter links eine Steigung zu nehmen, die Morgenglanz noch weiter ausbremste.
Zum Schluss konnte der Schwitzende nur darauf achtgeben mögliche Stolperfallen und ähnliches zu vermeiden, während Morgenglanz weiter lief.
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»Goblins«, brüllte Eric von der Spitze ihres kleinen Zuges her, während der Veteran im selben Moment in einer fließenden Bewegung das Schwert zog und seinen aufsteigenden Hengst in Position brachte, das widerliche Gesindel zurückzuschlagen.
Eine ganze Horde der grünen Gestalten war aus dem Unterholz gebrochen. Strategisch überraschend geschickt, da es sich hier um den Einritt in den Wald handelte, wo Pferd und Reiter einen Moment benötigten, bis sich ihre Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.
Auch i den Wäldern westlich von Geldern warne die feigen Viecher ein Ärgernis gewesen, sodass Redlef ihr Vorgehen nur zu gut aus seiner Jugend kannte, doch dass die schwächlichen Diebe einen Tross von fünf Reiter angriffen, war seiner Erfahrung nach sehr ungewöhnlich. War es Mut oder Verzweiflung, die sie dazu trieb?
Ein grässliches Jaulen ertönte, als Erics Schwert den Schädel des ersten unglücklichen Goblins spaltete. Der Ritter trieb Seraphis kräftig an und brachte ihn damit an Lorics linke Flanke, um Bruder Anselm auf der Schildseite Deckung zu geben. Seite an Seite stehend boten sie damit den Angreifern nur Schnappende Pferdemäuler, tretende Hufe oder tödlich herabzischende Schwerter.
Sir Eric war gänzlich in seinem Element. Jaques hingegen sah sich gleich zwei Angreifern gegenüber, doch Redlef wusste ihn, mit seinem Pferd gut aufgehoben. »Drück die Fersen fest und stetig in Möhres Flanken, er wird wissen was zu tun ist!«, rief er seinem Reitschüler zu, während er besorgt beobachtete, wie Morgenglanz mit Bardasch das Weite suchte.
Die vorwitzigen Gobbos hatten es auf die Beine des schwarz gesprenkelten Pferdes abgesehen. »Lass das Schwert stecken! Festhalten!«, kommandierte Redlef und brachte sich und Rittmeister nun mit blanker Waffe selbst in eine bessere Position.
Möhre, verärgert durch den Angriff auf seine Beine, biss nach dem näheren der zwei Goblins und erwischte ihn so heftig am Kopf, dass seine Zähne ein stück Skalp vom Schädel schälten. Der zweite Unglücklich wurde durch die Vorderhufe niedergemacht. Immer wieder stieg das Pferd nun und trat mit den Vorderbeinen wiederholt nach dem Angreifer, bis dieser mit zerschmetterten Knochen auf dem Waldboden liegenblieb.
Redlef wendete den Braunen und hielt nach Barasch Ausschau. Dabei fielen ihm drei Goblin auf, die unschlüssig am Waldrand standen und dem davon preschenden Pferd hinterher blickten. Redlef kam ein schlimmer Gedanke: Das aufscheuchen der Pferde war von vorneherein der Plan gewesen. Die Tiere in Panik zu versetzten und dadurch die Gruppe aufzuteilen war ein effektiver Weg jeden Reiter einzeln unschädlich machen zu können. Zwar war ein Ritter zu Pferd auch allein ein gefährlicher Gegner, da ein herabstoßendes Schwert grundsätzlich immer auf Kopf und Arme der Angreifer zielen musste, während diese sich nur mit den meist gut gepanzerten Beinen oder Flanken des Pferdes beschäftigen konnten, dennoch fehlte einem eingekreisten Reiter der größte Vorteil: Die Beweglichkeit und Geschwindigkeit.
Bardasch zog sich in den Sattel, versuchte oben zu bleiben und stellte sich dabei erstaunlich gut an. Eventuell stimmten seine Geschichten doch? Er hatte Erfahrungen mit Pferden und dem Reiten.
Kurz überlegte Redlef, ob er seine Männer allein lassen konnte, um Barasch einzuholen, doch da durchzog ein gellender Schrei den Wald. Dieses Mal war es kein Goblin, sondern Anselm.
Die Goblins hatte sich nach ihrem vermeidlichen Erfolg die Truppe zu trennen nicht zurückgezogen, sondern sogar Verstärkung bekommen. Nun waren die Biester gepanzert und sehr erfolgreich damit beschäftig Loric, Anselms Pferd von Sir Eric wegzudrängen und in die Knie zu zwingen.
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Auf den letzten Metern griff der Templer Dumaks Hand und zog ihn zurück auf das Dach. Nicht, dass dies notwendig gewesen wäre, doch Jan hatte ein Bedürfnis, den Barden nicht länger in der Schwebe zu lassen als absolut notwendig. Ein fragender Blick, ein Nicken, Dumak hatte alles war er wollte. Oder besser, was Esteban wollte, und das war in diesem Fall im Wesentlichen identisch. Als sie die Burg so lautlos hinter sich gelassen wie sie sie erstürmt hatten, wurde der Templer das Gefühl nicht los, dass ihm irgendwas fehlte. Rein, raus, keine Spuren hinterlassen... keine Auseinandersetzung, kein Kampf... Er hatte das Gefühl, irgendein Muster durchbrochen zu haben, dass sich seit Anbeginn der Zeit wiederholte. Nicht schlecht. Anders. Ungewohnt.
"Das hat ja ewig gedauert", begrüßte Dante die beiden, als sie ihren Weg zurück in das provisorische Lager fanden. Und tatsächlich fühlte es sich so an, als ob er Jan eine Woche auf diesem Dach in der Dunkelheit gestanden hatte. Doch die Mission war erfolgreich, niemand war tot und das alles im Namen der Wissenschaft. Was auch immer das zu bedeuten hatte.
Der Templer wusste, dass es vermutlich sinniger war, seine Rüstung abgelegt zu lassen und zu rasten, doch irgendwas bereitete ihm Unbehagen dabei, so ein riskantes Unterfangen ohne den Schutz seiner Rüstung unternommen zu haben. Stellte sich heraus, dass dies eine seiner besseren Entscheidungen war, als ein markerschütterndes Gebrüll das gesamte Tal um die Burg erschütterte. Ein Blick in die Gruppe zeigte, dass nicht nur Jan nur zu gut wusste, von welcher Kreatur ein solches Geräusch stammte...
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Vor Xardas' Turm
Françoise trat aus ihrem Versteck hervor und zog sogleich die Aufmerksamkeit der untoten Horde auf sich. Konstantin stellte sich an die Seite der Priesterin; die Hellebarde zum Angriff bereit. Ohne Zögern oder Furcht hob die Oberste Feuermagierin ihre offene Hand in die Höhe und ballte sie dann zu einer Faust. Ein Flammenmeer manifestierte sich über der Horde, was die Untoten wenig zu interessieren schien. Die beiden Lebenden waren ihr Ziel. Zombies und Skelette setzten sich in Bewegung und die kurze Strecke zu Françoise und Konstantin hätten sie zügig überwunden.
Einmal mehr beeindruckte der Drache durch seinen unerschütterlichen Mut. Obwohl sie sich klar in der Unterzahl befanden, wich der Leibwächter nicht von der Seite der Obersten Feuermagierin. Im Gegenteil mutete es fast so an, als ob er dem bevorstehenden Kampf entgegenfieberte. Seinen Beinamen hatte er wahrlich verdient.
Bevor die Untoten ihnen allzu nahe kommen konnten, riss Françoise ihre erhobene Faust herunter und öffnete damit das Flammenmeeres über der Horde. Herab regnete es sengendes Feuer. Augenblicklich gingen die Skelette und Zombies in Flammen auf. Noch bevor das Feuer den Boden berührte, vollführte die Priesterin einen eleganten Streich ihrer Hand. Der Bewegung folgend, flog der Feuerregen im Bogen wieder in die Höhe. Eine weitere Geste - ein müheloses Drehen des Handgelenks - und die Flammen umkreisten die brennenden Untoten wie ein Malstrom und konsumierten die wiederbelebten Körper nach und nach. Es war ein Feuerwerk sondergleichen und dezimierte die Angreifer buchstäblich im Handumdrehen. Jene Untoten, die es dennoch aus dem Feuer geschafft hatten, sahen sich mit Konstantins Hellebarde konfrontiert. Zombie und Skelett fielen ihm gleichermaßen zum Opfer; gezielte Hiebe erledigten alles, was Françoise zu nahe kommen wollte.
Bald danach versiegten die Flammen und gaben den Blick frei auf die Verheerung. Überall vor dem Turm lagen verkohlte Körper und geschwärzte Knochen. Sie hatten der geballten Macht der Obersten Feuermagierin nichts entgegenzusetzen gehabt. Françoise atmete bewusst ein und wieder aus. Nur selten hatte sie diese besondere Zauberformel in ihrem Leben gewirkt. Meistens reichte ein gewöhnlicher Feuerball vollkommen aus, sich Gefahren zu erwehren.
»Lästige Maden!«, donnerte es auf einmal vom Turm herab. Woher genau konnte Françoise nicht erkennen. »Selbst fernab der Zivilisation bin ich nicht vor den immer 'Guten' und 'Rechtschaffenen' sicher. Betretet meinen Turm und ihr werdet zu meinen untoten Knechten!«
Konstantin und Françoise tauschten Blicke aus.
»Klingt nach einer Einladung.«, sagte der Drache.
»Klingt nach einer Herausforderung.«, erwiderte die Priesterin.
Wer auch immer sich in Xardas' altem Turm eingenistet hatte, zeigte sich von Françoises Machtdemonstration unbeeindruckt. Entweder war derjenige lebensmüde oder tatsächlich eine ernsthafte Herausforderung. Das entfachte den Ehrgeiz in der Obersten Feuermagierin. Das letzte Mal, dass sie wahrlich von einem Gegner gefordert worden war, lag Jahrzehnte zurück. Seit ihrer Wiederkehr in diese Welt, hatte Françoise dieses Gefühl nicht mehr gespürt, und jetzt rauschte es durch ihren Körper.
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Waldrand, südlich der Stadt Khorinis
Als die Goblins aus dem Gebüsch brachen, war Jacques sofort klar, dass es einen Kampf geben würde – er hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass die größte Herausforderung dieses Kampfes das eigene Pferd darstellen würde.
Möhre, seinem harmlos klingenden Spitznamen nicht gerade zur Ehre gereichend, setzte sich mit Zähnen und Hufen gegen die Angreifer zur Wehr. Innerhalb kurzer Zeit hatte er einen von ihnen zu einem unkenntlichen Brei aus zersplitterten Kochen, zerfetzter Haut, verzogenen Eingeweiden und einer erstaunlichen Menge Blut zerstampft, während ein zweiter Goblin kreischend und auf dem Rücken liegend davonzukommen versuchte, nachdem er unangenehme Bekanntschaft mit den kräftigen Zähnen des Tieres gemacht hatte.
Jacques hingegen hatte das Gefühl, als würde er in einem Ruderboot durch einen Orkan treiben. Redlefs Anweisung, das Schwert stecken zu lassen und sich einfach festzuhalten, war völlig überflüssig gewesen – er hätte sowieso nichts anderes tun können. Es war, als hätte Möhre völlig vergessen, dass er einen Reiter trug. Das Tier warf sich hin und her, wenn es Gefahr bemerkte, bäumte es sich immer wieder auf, um mit den Vorderhufen nach angreifenden Goblins zu schlagen, oder es trat nach hinten aus. Ein Goblin, der sich wohl für besonders schlau gehalten und versucht hatte, sich von hinten zu nähern, hatte nicht einmal mehr die Zeit, seinen Fehler zu bereuen: Als der Huf ihn traf, platze sein Kopf wie eine reife Melone, die man aufs Straßenpflaster fallen ließ.
Jacques hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Er klammerte sich am Sattelknauf fest, als würde sein Leben davon abhängen (was sicher nicht allzu weit hergeholt war), und hatte das Gefühl, seinem Pferd ausgeliefert zu sein.
Zumindest wusste Möhre offenbar, was zu tun war – ganz im Gegensatz zu Bardaschs Reittier, das in Panik geriet und die Flucht ergriff. Jacques hatte allerdings keine Zeit, sich groß Gedanken um den heruntergekommenen Vagabunden zu machen, dafür war er viel zu sehr mit dem eigenen Überleben beschäftigt.
In Ermangelung irgendeines besseren Planes, versuchte er, das umzusetzen, was er unter wesentlich angenehmeren Bedingungen auf dem Kasernenhof gelernt hatte: Sein Körpergewicht entsprechend den Bewegungen des Pferdes zu verlagern, sich dem Rhythmus anzupassen. Das war alles andere als einfach, da es keinen wirklichen Rhythmus mehr gab, nach dem er sich richten konnte – er musste stattdessen versuchen, irgendwie die Aktionen seines Reittieres vorauszuahnen.
„Goblins von links!“, rief er plötzlich, als würde Möhre ihn verstehen, und zog dabei am Zügel. Das Pferd schnaubte und wandte sich den neuen Angreifern zu. Einer von ihnen hatte erstaunlich dunkle, fast schwarze Haut, die Jacques noch nie bei Goblins gesehen hatte, und trug etwas wie eine krude Rüstung aus Fell und Metallplatten. Jacques konnte mindestens eine Bratpfanne erkennen. In den Händen hielt er ein schartiges Schwert, das zwar seine besten Tage eindeutig hinter sich hatte, aber noch immer eine formidable Waffe war. Der schwarze Goblin blieb ein wenig zurück und trieb zwei weniger gut ausgerüstete grünhäutige Cousins vor sich her.
Möhre fackelte jedoch nicht lange. Mit einem Satz, der Jacques fast aus dem Sattel geworfen hätte, stürmte das Pferd auf die Goblins zu und rannte die beiden Grünen einfach über den Haufen, bevor es einmal mehr aufstieg und den schwarzen Goblin mit seinem linken Vorderhuf Bekanntschaft schließen ließ. Die Schulterknochen der lästigen Kreatur barsten wie Streichhölzer und sie ließ das Schwert fallen, um sich jaulend zur Flucht zu wenden.
„Nimm das, du kleines Mistvieh!“, rief Jacques dem fliehenden Goblin hinterher. Das Gefühl, zu diesem kleinen Sieg etwas beigetragen zu haben, machte ihn beinahe ekstatisch – auch wenn es freilich Möhre gewesen war, der das Kämpfen übernommen hatte.
Dann jedoch ertönte ein sehr menschlich klingender Schrei. Jacques warf einen Blick hinter sich, und was er sah, ließ ihn seinen kleinen Triumph nur allzu rasch vergessen: Die Goblins hatten es geschafft, Anselm und Eric voneinander zu separieren und den jüngeren der beiden Kämpfer in arge Bedrängnis zu bringen. Eric konnte ihm nicht zu Hilfe kommen, da eine erstaunlich gut koordiniert kämpfende Gruppe schwarzer Goblins mit Speeren seine volle Aufmerksamkeit erforderte, und Redlef war an anderer Stelle damit beschäftigt, sich in die Richtung durchzuschlagen, in die Morgenglanz mit Bardasch durchgegangen war.
Anselm, offensichtlich ebenfalls noch kein erfahrener Reiter, hatte sein Schwert verloren und war damit ebenfalls allein auf sein Pferd angewiesen. Doch das Tier hatte eine tiefe Wunde im Hinterteil und hinkte daher, zudem drängten die Goblins es immer weiter in Richtung des dichten Unterholzes, was seine Bewegungsfreiheit noch weiter einschränkte. Jacques war schnell klar, dass Tier und Reiter beide der Panik nahe waren und es sein konnte, dass die Goblins sie überwältigen würden, wenn ihnen niemand zu Hilfe kam.
Leider gab es in diesem Moment nur einen, der gerade etwas Luft hatte – ihn selbst …
Ohne eine Sekunde darüber nachzudenken, wendete er Möhre in die Richtung, in der Anselm um sein Leben kämpfte, und presste die Schenkel in die Flanken des Pferdes. Das Tier preschte los, sprang über einen Goblin hinweg, den es dabei mit dem Hinterhuf erwischte, und trampelte einen zweiten einfach im vollen Galopp in den Boden. Die grünen Zwerge, die gerade noch hämisch lachend und keckernd auf Anselm eingedrungen waren, rissen entsetzt die Augen auf, als die Möhre wie den fleischgewordenen Zorn Innos‘ auf sich zu galoppieren sahen, und stoben nach allen Seiten davon.
„Jaa, verschwindet, ihr beschissenen Mistkröten! Macht, dass ihr wegkommt!“, brüllte ihnen Jacques wenig ritterlich hinterher. Als er Anselm erreicht hatte, brachte er Möhre mit einem kurzen Zug am Zügel zum Stehen.
„Alles klar, Bruder?“, erkundigte er sich bei dem jungen Mann. Der nickte nur. Er sah erschöpft und verängstigt aus. Jacques nickte ihm aufmunternd zu: „Komm schon, zeigen wir es diesen verhutzelten grünen Kackhaufen! FÜR INNOS!“
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Delvin Corgano stand auf dem Deck, den Mantel geschlossen, die Hände auf dem glatten Holz der Reling, während das Schiff mit gemessenem Tempo in das Hafenbecken von Khorinis glitt. Die Sonne stand bereits über dem Horizont und ihr Licht fiel schräg auf das Wasser, das in breiten Bahnen silbrig schimmerte. Die Schatten waren noch lang, aber klar, der Himmel über der Stadt war frei und blassblau.
Die Segel waren fast vollständig eingeholt. Nur das Steuersegel hielt die Kogge noch auf Kurs, während Galbor am Ruder die letzten Anweisungen gab. Die Geschwindigkeit war absichtlich gedrosselt worden – das Schiff sollte nicht vor Sonnenaufgang anlegen. Es sollte sichtbar sein. Nicht prahlerisch. Aber zweifellos gegenwärtig.
Am Großmast flatterte der lange Wimpel aus schwerem Seidenleinen, rot-weiß, mit dem gestickten Turm des Hauses Laenar in leuchtendem Weiß. An den Seiten ergänzten zwei schmalere Banner das Bild – ebenfalls rot-weiß, ebenfalls aus gutem Tuch. Es war kein Zeichen für Macht im hergebrachten Sinne. Und doch sprach die Ordnung der Aufmachung für sich.
Am Kai blickten erste Arbeiter auf. Zwei Männer unterbrachen das Entladen eines in die Jahre gekommenen Fischkahns, einer legte die Hand über die Augen, um das Banner besser zu erkennen. Ein Hafenjunge blieb auf der Stufe eines Lagerhauses stehen, als hätte er vergessen, dass er eigentlich laufen sollte. Auch auf einem der nächstgelegenen Kriegsschiffe – eine hochbordige Karacke unter dem Banner des Königs und den Insignien des Ordens – bewegten sich zwei Wachen zum Bug. Nicht mit Hast, als wären sie in Alarmbereitschaft aber doch mit Misstrauen und Argwohn.
Delvin nahm die Reaktionen wahr, ohne sie zu kommentieren. Er stand ruhig, das Gesicht dem Licht zugewandt, während sich hinter ihm die Mannschaft in Bewegung setzte. Zu hören war nur das Geräusch von Tauen, das gedämpfte Schlagen von Holz, ein paar gemurmelte Kommandos. Die Besatzung des Schiffes mochte sich in seiner Erscheinung zwar deutlich von der feinen Dienerschaft des Burggrafen unterscheiden. Aber die Disziplin und Haltung hatten auch die erfahrenen Seemänner verinnerlicht.
Was einst am Horizont nur als schmaler Streifen zu sehen war, zeigte sich nun in seiner ganzen Pracht. Oder was von der einstigen Pracht noch übrig war. Die untersten Reihen waren von der salzigen Luft gezeichnet: abblätternder Putz, eingefallene Dächer, das Holz mancher Galerien grau und von Algen grünlich gefärbt. Dazwischen Lücken, wo einst Häuser gestanden hatten. Einige Lagerhäuser wirkten verlassen, andere provisorisch instandgesetzt.
Weiter oben lagen die Werkstätten der Handwerker. Hier war die Struktur dichter, geordneter, aber auch hier sprach der Zustand der Dächer eine deutliche Sprache: repariert, nicht erneuert. Manche der Häuser schien man gänzlich dem Verfall überlassen zu haben. Zwischen ihnen zogen dünne Rauchsäulen in den Himmel. Vereinzelte und zaghafte Zeichen von Arbeit – und vielleicht auch von Beharrlichkeit.
Am höchsten Punkt der Stadt lagen größere, alte Anwesen. Ehemalige Villen oder Amtsgebäude, deren Steinfassaden einst gepflegt gewesen sein mochten. Jetzt wirkten sie leer, grau, vergessen. Sie standen noch – aber sie hatten ihre Bedeutung bereits vor langer Zeit verloren. Dort, wo einst die Fahnen der Stadt gehangen haben mochten, waren nur noch Fetzen und der Wind.
Delvin sagte nichts. Aber er erkannte, was er sehen musste. Eine Stadt, die ihren Zenit lange überschritten hatte, in welcher die Lust zum Leben dem Willen zum Überleben weichen musste. Hier und dort hatte man bereits damit begonnen, die alte Ordnung wiederherzustellen. Doch die wurde noch immer von den langen Schatten der ständigen Unordnung verdeckt.
Ein leises Rucken ging durch das Schiff, als die Taue festgezogen wurden. Galbor gab einen letzten Befehl, die Kogge trieb sanft an den Kai. Der erste Bootshaken verband Schiff und Stadt. Die Segel flatterten leicht. Die Wimpel des Hauses Laenar standen ruhig im Wind.
Die Männer an Bord sicherten die Leinen. Die Planken wurden geprüft. Keine Befehle zum Verlassen des Schiffs wurden gegeben. Doch es konnte kaum mehr übersehen werden: Das Haus Laenar war eingetroffen und mit ihm ein neuer Anspruch auf Ordnung.
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Waldrand, südlich der Stadt Khorinis
Endlich hatte Morgenglanz soviel an Fahrt verloren, dass Bardasch effektiv Einfluss auf ihn nehmen konnte und er sein Reittier drehte, in die Richtung, wo seine Gefährten mit den Goblins zurückgeblieben waren. Bevor er aber seinem Reittier den Befehl gab, sich wieder in Bewegung zu setzen, überprüfte er von oben herab den Zustand seines Vierbeiners, in dem er ihn langsam in alle Richtungen schreiten ließ. Gebrochen war allem Anschein nach nichts. Morgenglanz lahmte nicht und so gab er dem Tier einen körperlichen und vokalen Befehl, mit dem das Tier wieder an Fahrt gewann.
Es war lange her, dass der einstige Nomade derart viel in seine Körperhaltung investieren musste, dass seine Bauch-, Rücken- und Beckenmuskeln erahnen ließen, wie viele Muskelschmerzen noch folgen würden. Aber auch andere Dinge wie sein Kreislauf und sein schon lange nicht mehr derart arbeitender Schädel ließen vermuten, dass er am Ende des Tages sowas von im Arsch sein würde. Für den Moment aber verursachte der Adrenalinspiegel ein Hochgefühl in dem Ergrauten, der ihn eine Lebendigkeit spüren ließ, die an die Zeiten als Nomade erinnerte und ihm eine schon lange nicht mehr da gewesene Entscheidungsfreudigkeit verlieh. Zurück ging es zu seinen neuen Gefährten, die wie er sich der Abwehr der Goblins hingaben und die Kontrolle zurückerlangten.
Morgenglanz ermutigt und Druck mit den Schenkeln ausgeübt, das Gewicht auf dem Rücken des Tieres verlagert und leichter Zug an den Zügeln verwendet, um Morgenglanz eine Seitwärtsbewegung vollführen zu lassen und den Vierbeiner einmal zu drehen, bevor Bardasch sich daran versuchte Morgenglanz steigen zu lassen. Was mit Simun damals funktionierte, funktionierte hier scheinbar nicht. Entweder hatte Morgenglanz nie gelernt dies mit Reiter zu tun, oder Bardasch war nicht würdig.
Also trieb er Morgenglanz nach einer Kehrtwende auf den dunkelfarbigen Goblin zu. Entweder überrannte er das erwählte Opfer oder versetze ihm Prügel.
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Die Burg im Minental
Bis zuletzt hatte Gor Na Jan gehofft, seine Ohren oder seine Erinnerung würden ihn täuschen, doch er behielt Recht. Und das war dieses Mal nichts Gutes. Als die kleine Gruppe den Rand des Dickichts erreichte war das Chaos in vollem Gange. Ein paar 100 Meter vom rettenden Tor entfernt standen drei Wägen bis oben beladen mit dem kostbaren Erz, dass die neuen Besetzer des Tals offenbar der wieder in Betrieb genommenen Alten Miene entlocken konnten. Einer davon war bereits zertrümmert, die Kisten zerschmettert und schimmernde Brocken quollen hervor, in gerigerem Radius um das Wrack verteilt. Die anderen waren noch Intakt und eine verbissene Truppe von Kriegern versuchte, dass es dabei blieb.
Ein Teil der wie Söldner wirkenden Truppe trug Rüstungen, wie man es für diese erwarten würde. Leder- und Metallteile, bunt und funktional zusammengewürfelt ohne erkennbare Fraktionszugehörigkeit. Ein weiterer Teil überraschte den Gor Na. Offenbar hatten sie in den Überresten der alten Burg noch beschädigte oder ausrangierte Rüstungen der alten Garde gefunden und diese wieder funktionstüchtig gemacht. Die Tatsache, dass nun ein Teiler dieser Truppe wie Gardisten des alten Lagers wirkte, erregte gemischte Gefühle in dem Templer. Der letzte Teil hingegen schien Rüstungen eines gemeinsamen Ursprungs zu tragen, doch konnte der einstige Zweihandmeister beim besten Willen nicht ausmachen, wozu diese wohl gehörten. Und vermutlich lag dahinter die Antwort auf die Frage, wer so großes Interesse an magischem Erz hatte, dass sie das Minental wieder in Betrieb genommen hatten. Und das im Verborgenen direkt unter der Nase des Ordens.
Zuletzt hier genannt doch zuerst ins Auge fiel jedoch die Ursache des Chaos: Ein ausgewachsener Troll. Es war nicht ersichtlich, wie die Truppe es geschafft hatte, die Aufmekrsamkeit der Bestie zu erregen und sie von ihrem üblichen Revier in den Bergen herunterzulocken. Ob sie leichtsinnig ihre Höhle zur neuen Schürfstelle erklären wollten? Oder ob ein Versuch, das Gebirge von Gefahren zu befreien, kläglich gescheitert war und der Troll nun auf Rache sann? Tatsächlich schien die Bestie es gleichermaßen nicht nur auf die Krieger, sondern auch auf die Wägen abgesehen zu haben.
Immer wieder versuchten die Söldner die Wägen von der Straße zurück Richtung Burg zu ziehen, doch der Troll wütete unter ihnen und zielte gerade immer wieder auf diejenigen ab, die ihre Ware sichern wollten, als hätte sie sich zum Beschützer der Rohstoffe dieses Tals erklärt, was natürlich absurd war. Folglich blieb den Kriegern nichts anderes übrig, als den Kampf zu suchen. Denn irgendwas verriet, wenn sie sich in die Burg zurückzogen, würde die Kreatur erst die letzten Monate ihrer Arbeit zunichte machen und dann selbst vor der letzten Bastion nicht halt machen. Und wenn der Troll die Burg stürmen sollte... Ein gruseliger Gedanke.
Und in dieser Situation standen die drei Templer, der Schwarzmagier, der Milizionär, der Barde und Heric nun und hatten die Wahl: Eingreifen oder Raushalten. Ein Eingriff hätte den Nachteil gehabt, dass sie sich selbst im Falle eines Sieges den Besetzern zu erkennen geben mussten, sofern es ihnen nicht gelang, im Eifer des Gefechts wieder zu entkommen. Doch wenn der offensichtlich in einer übernatürlichen Rage wütende Troll mit ihnen fertig war, dann war er eine Gefahr für das gesamte Tal und alles, was sie dort in Zukunft vorhatten. Ganz abgesehen davon, dass auf der guten Seite dieser Söldner zu stehen, sofern sowas möglich war, auch seine eigenen Vorteile mit sich brachte.
Es blieb keine Zeit, sich groß abzusprechen und Jans Entscheidung wurde von einem Teil in ihm getroffen, der aus weiter Vergangenheit hervordrang: Das Tal war schon immer gefährlich, doch ein Troll von dieser blinden Wut, stellte eine Bedrohung dar und dies war immer noch sein Zuhause. Als der Templer den Roten Wind vom Rücken gleiten ließ, fluteten Wellen an Erinnerung seinen Verstand. Templer mit Schwertern, ein Schwarzmagier im Minental, Söldner, Gardisten, ein Troll, die alte Burg, der Kampf ums Erz. Jan hob den Blick und schaute gen Himmel und es hätte ihn nicht gewundert, das blaue Zucken der magischen Barriere über sich zu sehen. Die Zeiten änderten sich, vieles war nicht mehr so, wie es einmal war. Und anderes schon. Wie damals vor genau 24 Jahren.
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Akils Hof
»Zieht eurer Wege und wir haben keinen Streit«, meinte der Weißhaarige und lehnte sich an einen Pfahl der Palisade. Er verschränkte betont lässig die Arme vor der Brust und schaute die vier Gestalten vor ihm gelangweilt an. »Das war hier unser Haus«, brummte ein bärtiger grobschlächtiger Mann mit kahlem Schädel. »Was soll das eigentlich hier? Was ist das hier geworden?«, fragte ein schlaksiger blonder Mann. »Ihr steht vor einem Außenposten des myrtanischen Großreiches, welches wir im Namen Rhobars, dritter seines Namens, König von Myrtana, Protektor der südlichen Inseln, Fürst von Varant und Nordmar, Herrscher über Midland und Souverän von Khorinis errichtet haben«, gab Alenya zurück, die aus dem Tor getreten war. Es war noch nicht perfekt, doch der Außenposten stand. Mittlerweile waren auch einige Bauern gekommen die Felder zu bestellen und es hatten einige Soldaten hierher gefunden. Von hier aus konnten alsbald neue Erkundungsmissionen weitergeführt werden. Nur, dass DraconiZ selbst vorerst verdammt war hier zu warten. Hagen wollte ihn hier haben um die Informationsbeschaffung zu koordinieren, nicht um selbst tätig zu werden. Eine Aufgabe die ihm nicht sonderlich zusagte und die seine Laune nicht sonderlich erhellte.
»Scheiß auf den König«, grinste einer der vier Banditen und entblößte seine faulenden Zähne. Der Paladin zog eine Augenbraue hoch. Vielleicht würde es heute doch nicht so langweilig werden. »Wie war das?«, fragte er und löste sich aus seiner Position. »SCHEIß AUF DEN KÖNIG!«, brüllte der Mann noch einmal. Die anderen lachten. Doch noch bevor das Lachen vollendet war, war der Assassine schon da und packte den Mann direkt an der Kehle. Seine Augen leuchteten in glimmenden weißen Licht. Er spürte seine Magie die zornig aus seinen Augen in die Augen anderen strömten. Die Augen seines Gegenübers weiteten als er die Inbrunst seines Zornes spürte die wie die Hand eines Riesen seine Aufmüpfigkeit brach. »Die wirst Buße tun«, befahl der Streiter mit Autorität und der Mann fiel auf die Knie. »Ja. Verzeiht Herr«, einen Moment hielt er inne, dann suchte er das Weite. Die anderen drei schauten sich an und verzogen sich dann ebenfalls. Scheinbar war es auch Ihnen nicht mehr ganz geheuer.
»Berichte, was ihr herausgefunden habt«, meinte der Paladin zu Alenya. »Wir haben Neuigkeiten aus dem Minental. Die Situation scheint ernst zu sein«. »Mhmm«, brummte der Klingenmeister.
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Waldrand, südlich der Stadt Khorinis
Schwer atmend wischte sich Jacques den Schweiß von der Stirn und tätschelte sein Pferd, das noch immer unruhig hin und her tänzelte, beruhigend am Hals. Der Kampf war vorbei. Kurz nachdem Jacques Anselm aus der unmittelbaren Gefahr gerettet hatte, war auch Bardasch wieder zu ihnen gestoßen und Eric hatte es geschafft, sich zu seinen Mitstreitern durchzukämpfen. Damit konnten die Streiter des Ordens wieder als Einheit kämpfen und die Goblins hatten ihren Vorteil verloren – was selbst sie schließlich einsahen. Jacques war sich nicht ganz sicher, ob eines der Biester tatsächlich einen Befehl zum Rückzug gegeben hatte, oder ob einfach ein paar von ihnen die Flucht ergriffen und der Rest ihnen folgte – so oder so waren die überlebenden Goblins schnatternd und kreischend im Unterholz verschwunden, fast genauso plötzlich, wie sie aus ihm hervorgebrochen waren.
„Hast du gut gemacht, Rübe!“, lobte Jacques sein Reittier, „Ich glaube, diese Goblins haben ihre Lektion gelernt!“
„Schade eigentlich, dass es schon vorbei ist“, meinte Eric grinsend, „Es fing gerade an, Spaß zu machen!“ Der Veteran wischte mit einem Lappen das Blut von der Klinge seines Schwertes, bevor er es wieder in die Scheide steckte. „Ihr habt euch wacker geschlagen“, meinte er schließlich und nickte den beiden jungen Gardisten, Jacques und Anselm, zu. „Nicht direkt gut, aber … wacker. Vielleicht wird ja doch nochmal was aus euch. Mit sehr viel Arbeit …“
„Danke, Sir“, antwortete Jacques. Anselm nickte nur zögerlich und wich dem Blick des Paladins aus. Er war mit seiner eigenen Leistung offensichtlich nicht sehr zufrieden.
„Mein Pferd ist verletzt, Sir“, presste er schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Eric runzelte die Stirn. „Warum sitzt du dann noch im Sattel? Wenn Redlef das sieht, wirst du dir wünschen, die Goblins hätten dich erwischt! Absitzen und versorgen, hopp! Wir legen eine kurze Rast ein. Aber bleibt wachsam und haltet eure Waffen griffbereit. Ich glaube zwar nicht, dass die Goblins wiederkommen werden, aber man kann nie wissen – und wer weiß, was sonst noch in diesen Wäldern lauert …“
Eric kniff die Augen zusammen und ließ seinen Blick misstrauisch über den Waldrand streifen. Im Halbschatten zwischen den Bäumen war nichts Ungewöhnliches zu entdecken, aber der Paladin wirkte dennoch angespannt. „Das ist nicht mehr das Khorinis, das ich einmal kannte…“, murmelte er, mehr zu sich selbst. Jacques sah ihn fragend an, aber Eric ignorierte ihn und ritt davon, Redlef entgegen.
„Hm … hast du eine Ahnung, was er damit meint?“, fragte Jacques Anselm, während er selbst absaß und begann, Möhre auf eventuelle Verletzungen zu untersuchen.
Anselm zuckte nur mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich bin das erste Mal hier auf Khorinis, aber selbst wenn nur die Hälfte dessen wahr ist, was man über das Khorinis von früher so hört, ist die ganze Insel echt am Arsch … hooo, ruhig, Brauner! Ich will dir doch nur helfen!“ Sein Pferd hätte Anselm beinahe umgestoßen, als er versuchte, sich die Wunde etwas genauer anzusehen. Jacques kam ihm zu Hilfe, nahm die Zügel des Tieres und versuchte, dessen Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Trotzdem konnte Anselm nicht viel mehr tun, als festzustellen, dass er nicht genug von Tierheilkunde verstand, um die Verletzung seines Pferdes richtig versorgen zu können.
„Schätze, das muss sich Redlef ansehen …“, seufzte er.
Jacques warf ihm einen Blick echten Bedauerns zu: „Tjaaa, dann … Viel Glück, Bruder!“
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In Xardas' Turm
Achtsam stieg Françoise über die verkohlten Überreste der Untoten. Es war immer Vorsicht geboten, wenn es um solche Kreaturen ging. Was einen Lebenden umbrachte, zerstörte nicht zwangsläufig das magisch reanimierte. Selbst bei solch großartigen Flammenmeeren, wie es die Priesterin heraufbeschworen hatte, konnte etwas überdauern. Konstantin ging kein Risiko ein. Mit dem unteren Ende seiner Hellebarde zertrümmerte er alles, was auch nur einen halbwegs intakten Eindruck machte. Im Großen und Ganzen hatte die Zauberformel der Obersten Feuermagierin aber ihr Ziel erreicht.
Als Françoise vor dem großen Torbogen stand, der in das Innere des Turm führte, hielt sie inne. Der unbekannte Magier hatte ein ziemliches Aufgebot vor seinem Domizil als Wachposten abgestellt. Jetzt fehlte jede Spur von weiteren Kreaturen. Womöglich hatte er nicht damit gerechnet, dass die Horde mit einem Schlag dezimiert werden könnte. Ein Fehler, den ein Anfänger machte. Das passte für Françoise nicht ins Bild. So eine Schar von untoten Dienerkreaturen zu erschaffen war nicht das Werk eines Novizen. Für die Oberste Feuermagierin ließ das nur einen Schluss zu: eine Falle.
Argwöhnisch fuhr ihr Blick über den Eingang. Zu sehen war dort nichts. Was wäre das auch für eine Falle, wenn sie mit dem bloßen Auge erkennbar wäre! Wie eine mit Löchern übersäte und getrocknetem Blut befleckte Bodenplatte. Nein, so etwas gab es nur in Geschichten. Ihr Herausforderer war gewiss zu schlau für solche Stümperei.
Kurzerhand trat Françoise über die Schwelle. Nichts passierte. Nicht alles zerdenken, dachte sich die Priesterin. Just in diesem Augenblick schloss ein magisches Siegel den Eingang des Turms. Ein violetter Schimmer ging davon aus und man konnte noch immer auf die andere Seite blicken. Geräusche drangen hingegen nicht hindurch. Konstantin machte einen Versuch, das magische Feld mit seiner Hellebarde zu zerstören. Gleich mit wie viel Kraft er zuschlug, das Siegel gab nicht nach. Mit einer Geste deutete Françoise ihrem Leibwächter aufzuhören. Sie würde einen anderen Weg herausfinden müssen, versuchte sie ihm telepathisch mitzuteilen. So groß war die Stärke der Barriere jedoch, dass die Gedanken der Priesterin den Drachen nicht erreichen konnten. Deshalb versuchte sie ihm das mit Handzeichen klar zu machen, woraufhin Konstantin nur den Kopf schüttelte. Hatte er verstanden und hielt es für eine schlechte Idee? Oder hatte er es eben nicht verstanden? Françoise kreuzte frustriert die Arme vor der Brust. Schließlich gab sie auf und zeigte einfach mit dem Finger auf den Boden; ein letzter Versuch, ihrem Leibwächter klar zu machen, einfach an Ort und Stelle zu warten. Er nickte. Hoffentlich hatte er verstanden.
Die Oberste Feuermagierin wandte sich dem Gang zu, der weiter ins Innere des Turms führte. Eine Reihe von Regalen stand an den Wänden. Auf ihnen befanden sich zerbrochene Laborfläschchen, vergilbte Pergamentrollen und nicht zu identifizierende Überreste anderer Dinge. Offensichtlich kümmerte es den derzeitigen Bewohner wenig, in was für einem Zustand sich der Turm befand.
Langsam wagte sich Françoise tiefer in den Gang und beschwor dabei einen kleinen Lichtzauber. Rechts und links führten Türen ab. Eine davon führte zu einer Wendeltreppe. Zweifellos der direkte Weg zu dem unbekannten Zauberer. Für den Anfang ignorierte die Priester die Treppe jedoch. Ohne ihren Leibwächter an der Seite, musste sie selbst auf ihren Rücken aufpassen. Zuerst galt es deshalb, das Erdgeschoss zu durchsuchen. Die nächste Tür auf der linken Seite führte in einen großen Raum. Dutzende Kisten und Fässer stapelten sich hier neben den obligatorischen Regalen. Scheinbar ein Lager. Doch wer belieferte denn einen mysteriösen Turm, der vor Untoten nur so wimmelte?
Wie aufs Stichwort klapperte hinter einem Stapel von Fässern etwas und mehrere Skelette sprangen aus dem Dunkel hervor. Ohne zu zögern kamen sie mit erhobenen Waffen auf die Priesterin zu gestürmt. Dem ersten Knochenmann streckte Françoise die offene Hand entgegen. Ein scharfer Windstoß drang aus ihrer Handfläche, woraufhin Brustkasten und Rückgrat des Untoten zerschmettert wurden. Eines der anderen Skelette hieb mit einem rostigen Schwert nach dem Arm der Obersten Feuermagierin. Françoise machte einen flinken Ausfallschritt und ließ den Schlag ins Leere laufen. Dieses Mal streckte sie den anderen Arm hervor, gezielt auf den blanken Schädel des Skelettkriegers. So nah stolperte die Kreatur an ihr vorbei, dass ihre Hand ihn fast berührte. Statt dessen schoss aber ein weiterer Windstoß aus ihrer Handfläche hervor, was den Kopf des Untoten in unzählige Stücke zerbersten ließ. Ohne Schädel mochte es zwar weniger gefährlich sein, doch die unheilige Magie hatte die Knochen noch lange nicht verlassen. Zügig duckte sich die Priesterin unter der Revanche ihres Gegners hindurch. Statt ihr traf die rostige Waffe ein anderes Skelett und blieb prompt zwischen den Rippen stecken. Noch weitere Angreifer drangen auf die Priesterin zu; zu viele, um sie einzeln zu zerstören. Aus ihrer geduckten Haltung kam Françoise empor, streckte beide Arme von sich und erzeugte eine Druckwelle solcher Stärke, dass es sämtliche Skelettkrieger von den Füßen hob und an den Wänden zerschellen ließ. Die Überreste des ein oder anderen Untoten zuckten noch, was die Oberste Feuermagierin einfach ignorierte. Nach ihrer Attacke würden sich die Kreaturen nicht mehr von allein zusammensetzen können. Dem einzigen, der dazu in der Lage war, würde sie nun entgegentreten.
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Nachdem Rittmeister gewendet war, um diesem Nichtsnutz auf dem blonden Pferd hinterher zu eilen, stach Redlef das schlechte Gewissen, wie seine Fersen die Flanken des Braunen. Seine Männer in einem Überfall zurückzulassen, war nicht entschuldbar, doch Bardasch und vor allem das Ordenspferd seinem Schicksal zu überlassen, kam dem Ordensbruder ebenso falsch vor.
Darum machte Redlef zwar Anstalten den Brüdern um Anselm zur Hilfe zu eilen, doch als er sah, wie sehr Eric und Marodeur Tod und Schmerz unter den kleinen, kreischenden Kreaturen brachten, entschied er sich doch für den alten Mann auf einem der wenigen und damit wertvollen Pferde des Ordens.
Redlef gab Rittmeister den Rücken frei und lehnte sich so weit sein Bein im Sattel es zuließ über den Hals, um in einem halsbrecherischen Galopp durch die Felder zu jagen. Er sah gerade noch Bardaschs Staubwolke einen Hügel hinauf in einen Hain verschwinden und fluchte ausgelassen. Warum bekam er das alte Pferd nicht unter Kontrolle? Und konnte er sich von ihm nicht einfach zurück nach Khorinis tragen lassen? Ein jedes Pferd kannte den Weg nach Haus, dort wo es Futter gab…
Er bog auf den Pfad Richtung Osten ab und musste das Tempo etwas zurücknehmen, da der Weg deutlich schlechter wurde. Der Boden war hart und voller Wurzeln. Prädestiniert dafür sich die Beine zu brechen. Erneut fluchte Redlef herzhaft und ließ seinem Pferd die Zügel locker, sodass es den Kopf senken und Weg und Tempo selbst bestimmen konnte.
Der Weg wurde schmaler, obwohl er einst breiter und gut gepflegt gewesen sein musste. Sicherlich führte er zu einem Gehöft, welches auch aufgegeben war, sodass dieser Weg verwilderte. Leider nahm ihm das Grün die Sicht und er hatte Bardasch aus den Augen verloren. Also zügelte er sein Pferd weiter und horchte sich um. Er hoffte das Brechen von Ästen im Unterholz zu erlauschen, welches Hinweis darauf geben konnte, wo sich der alte Zausel verfranzt hatte, doch es blieb still. Langsam ritt Red weiter und rief nach Bardasch. Doch keine Antwort ertönte. Noch einmal hob er die Hände an den Mund: »Bardasch!?« Angst vor weiteren Goblinangriffen musste er wohl nicht haben. Die verlassenen Höfe waren sicherlich schon lange ausgeplündert und hier gab es nichts mehr zu Hohlen. Und wie viele von diesen Viechern konnte es schon geben?
Doch es blieb still. Redlef ritt um einen wild wuchernden Busch herum und fand sich darauf tatsächlich auf einer kleinen Lichtung mit einer Kate wieder. Ein von wildem Efeu überwucherter Haufen zwischen jungen Bäumen gab Hinweis darauf, dass es wohl einmal eine Köhlerhüte gewesen war.
Ein Stöhnen war hinter der Hütte zu hören. Rittmeister hob den Kopf und blähte die Nüstern. Redlef schossen schlimme Bilder eines schwer Verletzten durch den Kopf. »Bardasch!«, keuchte er entsetzt und preschte um die Ecke. Doch was er dort antraf, war jenseits eines Verletzten und ließ Redlef das Blut in den Adern gefrieren. Er blickte in weiße, faulige Augen und schnappende Kiefer! Der schwarz verfärbte Körper eines Goblins war mit einer Forke an die Rückwand der Kate genagelt. Sobald er Redlef erspähte kam unheiliges Leben in seinen ausgezehrten Körper. Seine klauenartigen Hände hoben sich und versuchten nach dem Reiter zu greifen. Mit absoluten Entsetzten auf dieses Unwesen konzentriert, ließ Redlef das Pferd seitwärts ausweichen und übersah damit die drei anderen Kreaturen, die inzwischen aus dem Unterholz geschlurft gekommen waren und ihm den Weg abschnitten. Rittmeister aber hatte sie bemerkt und steig ängstlich, während er rückwärts wich. Redlef klammerte sich gelähmt vor Angst in die Mähe des Pferdes und fühlte sich viele Jahre zurückversetzt zu dem Tag, an dem er mit der Patrouille im Wald von Orks überrascht worden und sein scheuender Hengst auf ihn gestürzt war. »Innos!«, keuchte er beinahe flehend und schloss, der Verzweiflung nahe, die Augen.
Es war, also ob in weiter Ferne ein Fauchen ertönte. Und auch wann das Geräusch bedrohlich und verzehrend klang, löste es keine Furcht, sondern Zuversicht in dem Ordensbruder aus. Redlef glaubte einen warmen Hauch zu spüren, der über seine Haut fuhr. Innos heiliges Feuer!
Es brannte das Hadern, die Zweifel und vor allem Beliars Grauen fort.
Von selbst fanden seine Finger das Heft des Schwertes und sich seine Fähigkeiten erinnernd riss Redlef das Schwert aus der Scheide. Das ängstliche Grunzen des Pferdes ignorierend, trat er ihm die Fersen in die Flanken. Schreiend preschte Rittmeister vorwärts und durchbrach damit den Halbkreis, den die halb skelettierten Abscheulichkeiten um ihn gebildet hatten. Da dieser gewaltvolle Sprung sogar für die Goblins unvorhersehbar war, glückte Redlef ein Passierschlag vor die Brust eines der Kreaturen. Die Rippen und Rückgrat brachen unter der Wucht der Klinge. Mit der Rechten riss er nun die Zügel herum. Nur weil der Weg nun frei war, hieß dies noch lange nicht, dass diese Sache hier erledigt war. Einen wütenden Angriffsschrei ausstoßend preschte er erneut auf die Untoten zu. Dieses Mal waren sie vorbereitet und hoben ihre Waffen. Beide taten sich zusammen und griffen ihn auf seiner ungeschützten rechten Seite an. Da Red seine Waffe in der Linken hielt blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Schwert über den Pferdehals hinweg auf die Kreaturen hinabzustechen, die sich daran machten, sich an seinem Bein festzukrallen. Mit einem geschickten Abwärtsstich traf er einen der beiden Angreifer zielgenau zwischen den Augen und schrie doch vor Schmerz auf, da der andere es schaffte ihm seinen rostigen Dolch oberhalb des Knies im Bein zu versenken. Von Schmerz und brennender Wut getrieben drehte Red das im Kopf des Goblins versenkte Schwert und genoss mit Genugtuung das splitternde Geräusch.
Rittmeister, immer noch mit der Panik ringend, stieg hektisch und stolperte seitwärts. Redlef warf sein Gewicht nach vorn, um den taumelnden Pferdekörper zu stabilisieren. Gleichzeitig trieb er dem Pferd erneut mit aller Kraft die Fersen in die Seiten, um das panische Rückwärtsweichen in eine Vorwärtsbewegung zu verwandeln. Sollte das Pferd das Gleichgewicht verlieren, dann war es sehr wahrscheinlich, dass es hintenüber kippte und Redlef wieder unter einem Pferd begraben lag. Doch dieses Mal würden ihn die Goblins nicht, so wie die höhnisch lachenden Orks, zum Sterben zurücklassen. Das vor Schmerz stöhnende Pferd fing sich und landete auf seinen Hufen. Der Schock schüttelte den Goblin ab. Redlef nutzt die kurze Atempause, um etwas Abstand zwischen sich und den Angreifer zu bringen, wechselte für einen Moment die Zügel in die Schwerthand – ein Lockerlassen der Zügel hätte absoluten Kontrollverlust und Flucht bedeutet – und riss sich die schartige Goblinwaffe aus dem Bein. Er sammelte sich, fasste das Schwert wieder fester und brachte sich vor den verbliebenen Goblin. Hirnlos rannte der Untote auf ihn zu. Diese Einladung nahm der Reiter nur zu gern an. Er brachte Rittmeister auf der kurzen Strecke in einen Galopp, lehnte sich über den Sattel und holte mit dem Schwert aus. Mit einem gekonnten Rückhandschlag trennte er sauber Kopf vom Rumpf und lehnte sich sogleich schwer im Sattel nach hinten und zog an der Kandare. Den Kopf hochreißend und die Zunge gegen den Druck der Gebissstange herausdrückend, setzte sich der Braune auf die Hinterhand und kam schlitternd zum Stehen. Redlef ritt erneut hinter die Kate und machte auch dem angepinnten Goblin den Gar aus. Schließlich wendete er das inzwischen vor Erschöpfung durchgeschwitzte Pferd und wandte es zum Gehen. Im Vorbeireiten lehnte er sich ein letztes Mal aus dem Sattel, stach mit der Schwertspitze in den Halsansatz des abgetrennten Kopfes, zog ihn zu sich hoch und griff ihn bei den Haaren.
Es dauerte nicht lange, bis er Jacques und die anderen dort wiedergefunden hatte, wo er sie verlassen hatte. Eric hatte sich gut um die Burschen gekümmert und sogar Bardasch war wieder aufgetaucht.
Grimmig dreinblickend nickte er seinem alten Kameraden zu und bedachte dann die jüngeren Männer mit seinen Blicken. »Die Schonzeit ist zu Ende!«, verkündete er freudlos und warf den Schädel in Richtung der Gruppe, sodass dieser träge schnappend vor Anselms Füßen liegen blieb. »Es wird Zeit, dass Ihr im Sattel an die Waffe kommt. Diese Mission hier wird nerviger als erwartet!« Redlef behielt seine Gründe für sich, doch sichtlich war ihm anzumerken, dass er das Auftauchen dieses beliarverseuchten Kroppzeugs persönlich nahm. Red landete schwungvoll beim Absteigen auf dem Schädel und trat sie zertrümmerten Überreste in den Wald.
Eric gab einen erfreuten Laut von sich, bemerkte dann aber Redlefs Verletzung. Dieser spielte das Ganze herunter und wollte sich lieber die stark blutenden Schnitte an Lorics Brust und Vorderbein ansehen. »Jacques, du hast Kraft, halte das Hinterbein hoch und verhindere das Loric den Huf abstellen kann. Pferde können nicht auf zwei Beinen stehen und so kann er das verletzet Bein nicht wegziehen. Dann habe ich die Möglichkeit den Dreck aus der Wunde zu ziehen, den die Waffe hier hinterlassen hat. Es scheint etwas abgebrochen zu sein. Sollte der Splitter die Sehne verletzten ist es um das Pferd geschehen.« Redlef beugte sich zu dem Schnitt hinunter, und legte die Finger an die Wunde. Das Pferd zuckte und versuchte zu fliehen. Anselm, der es halten musste, hatte mit ihm ganz schön zu kämpfen.
»Verflucht noch mal, Junge. Halt ihn fest! Schlimm genug, dass er so zugerichtet wurde. Mach es mit Unachtsamkeit nicht noch schlimmer.« Er zog die Wundränder auseinander und mahnte in Jacques Richtung: »Lass dich nicht treten!«
Geändert von Redlef (25.07.2025 um 02:12 Uhr)
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Jacques folgte Redlefs Anweisung und hielt Lorics Hinterbein fest. Das war leichter gesagt als getan, denn das Pferd zeigte sich – wenig überraschend – nicht sonderlich begeistert davon, derart in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt zu werden und versuchte immer wieder, sich aus Jacques‘ Griff zu befreien, indem es gegendrückte oder nach hinten austrat. Damit wurde die Aktion zu einer schweißtreibenden körperlichen Arbeit für Jacques, der unterdessen beruhigend auf das Pferd einredete – ob es half, wusste er zwar nicht, aber schaden konnte es sicherlich auch nicht.
Zumal Anselm leider keine große Hilfe war. Er schien bisweilen mehr Angst vor dem Pferd zu haben, das er halten sollte, als vor den Goblins, und Loric spürte das. Immer wieder senkte er den Kopf und verpasste Anselm einen Stoß, einmal wäre der Gardist dabei beinahe über einen Ast gestolpert und konnte sich gerade noch im letzten Augenblick fangen, was ihm einen gehörigen Rüffel von Redlef einbrachte.
Am Ende verlief die Erstversorgung des verletzten Pferdes dann aber doch ohne schwerwiegende Zwischenfälle. Die abgebrochene Speerspitze war glücklicherweise nicht allzu tief eingedrungen, so dass Redlef sie behutsam entfernen konnte. Nachdem er die Wunde ausgewaschen hatte, gestattete er Anselm schließlich, Loric an einem Baum anzubinden, damit Pferd und Reiter sich erholen konnten.
Erschöpft ließ sich Jacques an einem moosbewachsenen Baumstamm nieder, der ihm als Rückenlehne dienen konnte. Eric hockte auf einem Felsblock und reinigte sein Schwert mit einem weichen Ledertuch. Das Waffenöl, das er auf die Klinge auftrug, verbreitete einen dezenten Duft über dem Lagerplatz der Streiter. Bardasch saß ein wenig abseits und kaute auf einem Streifen Trockenfleisch herum.
„Wie geht’s dem Pferd?“, fragte Eric, als sich Redlef neben ihm niederließ, das steife Bein ausgestreckt. Der Blick des Paladins wanderte zu Anselm, der sich dabei sichtlich unwohl fühlte.
„Das Pferd wird bald wieder gesund sein, Sir!“, antwortete Anselm eilig, obwohl die Frage offensichtlich an Redlef gerichtet gewesen war. Eric schaute zu Redlef, der nur brummte, was wohl so viel wie Zustimmung bedeutete.
„Na schön“, erklärte Eric schließlich, begutachtete kurz die Klinge seines Schwertes und ließ es wieder in die Scheide gleiten. „Und wie geht es dir, Red? Tu nicht so, als wäre das nur ein Kratzer, verarschen kann ich mich alleine! Lass sehen!“
Erics Tonfall ließ keinen Widerspruch zu, nicht einmal von einem professionellen Griesgram wie Redlef. Wohl oder übel musste er über sich ergehen lassen, dass der Paladin sich seiner Beinverletzung annahm.
Eric hatte offenbar Erfahrung darin, Kriegsverletzungen zu behandeln, und führte in seinem Gepäck die nötigen Utensilien zur Erstversorgung mit sich. Jacques wunderte sich inzwischen nicht mehr darüber. Im Gegensatz zu den Adelsrittern, die derartige Handarbeiten als unter ihrer Würde betrachten würden, waren die Ordensstreiter sich nicht zu schade, auch ‚niedere‘ Arbeiten selbst zu erledigen. Das hatte Jacques spätestens gelernt, als er mit Ulrich und dessen Männern die Scheune des Gestüts vor Thorniara repariert hatte, und es bestärkte ihn jedes Mal darin, dass sein Entschluss, sich dem Orden anzuschließen, der Richtige gewesen war.
Während Eric Redlefs Beinverletzung säuberte und mit einem straffen Verband umwickelte, ließ er sich von seinem Ordensbruder dessen Erlebnisse erzählen. Was er hörte, gefiel dem Paladin offensichtlich gar nicht.
„Untote, sagst du?“ Redlef nickte nur, und Eric runzelte die Stirn: „Das ist schlecht. Sehr schlecht. Goblins sind vielleicht eine Plage, aber sie sind nichts Ungewöhnliches. Wahrscheinlich haben sich die Scheißviecher unkontrolliert vermehrt in den letzten Jahren. Aber untote Goblins…? Schwarze Magie fällt nicht einfach so vom Himmel! Wir müssen der Sache nachgehen!“ Mit einem beherzten Ruck machte er einen Knoten in den Verband um Redlefs Bein: „Mit der Verletzung solltest du in Khorinis einen Heiler aufsuchen, aber fürs erste muss das reichen. Ich brauche dich bei der Truppe. Die beiden Grünschnäbel und … der da“ – er nickte kurz in Bardaschs Richtung – „sind mir sonst eher im Weg als eine Hilfe!“
Beunruhigt durch Redlefs Bericht über die untoten Goblins gönnte Eric der kleinen Truppe nur eine kurze Ruhepause und drängte bald zum Aufbruch. Gemeinsam mit Redlef, der den Weg wies, übernahm er die Führung. Hinter ihnen folgten Bardasch und Anselm, der zu Fuß ging und Loric am Zügel führte. Das verletzte Pferd sollte nicht weiter durch einen Reiter belastet werden, und weil sie ohnehin wachsam bleiben mussten, fiel der Verlust an Geschwindigkeit dadurch nicht weiter ins Gewicht. Jacques schließlich bildete die Nachhut.
Seine Gedanken schweiften zurück zu seiner letzten Begegnung mit Untoten, in dem Höhlensystem unter dem Weißaugengebirge. Seine Erinnerungen an die dortigen Ereignisse waren lückenhaft, es fiel ihm schwer, auch nur den zeitlichen Ablauf zu rekonstruieren. Woran er sich jedoch erinnerte, war das Gefühl, von einer göttlichen Macht durchdrungen zu seine, einer heiligen Kraft, die seine Bewegungen geführt und ihm eine Stärke verliehen hatte, die jenseits alles Irdischen war. In einem kleinen Säckchen, das an einer Lederkordel um seinen Hals hing, bewahrte er ein Andenken daran auf – nein, nicht ein Andenken, eine Reliquie. Einen Fingerknochen des namenlosen Märtyrers, der vor Jahrhunderten sein eigenes Leben unter dem Berg geopfert hatte, um ein uraltes Böses dort einzusperren. Wenn sie wieder auf Untote stießen – würde der Heilige ihm erneut beistehen?
Jacques hoffte es, aber natürlich konnte er sich nicht darauf verlassen. Innos hilft denen, die sich selbst helfen!, wie Opa Klaus daheim immer gesagt hatte. Und wie konnte er sich jetzt am besten selbst helfen? Indem er, wie Redlef vorgeschlagen hatte, lernte, sich nicht nur auf dem Rücken seines Pferdes zu halten, sondern vom Pferd aus zu kämpfen!
Jacques zog sein Schwert. Den berittenen Kampf zu erlernen, würde eine Menge Arbeit erfordern, aber jeder Weg musste mit einem ersten Schritt beginnen: Reiten und dabei einfach nur die Waffe halten. Ein Gefühl dafür bekommen, wie es war, mit dem Schwert vom Pferderücken aus zu agieren.
Als er sich langsam ein wenig sicherer fühlte, fing er an, leichte Luftschläge auszuführen und hin und wieder einen kleinen Ast abzuschlagen, der auf den Weg ragte. In Gedanken sah er sich schon aus vollem Ritt Goblinköpfe abschlagen …
„Vorsicht jetzt!“, rief Eric nach hinten und riss Jacques aus seinen Heldenphantasien, „Wir sind da!“
Die Bäume hatten sich gelichtet und vor ihnen tauchten die Ruinen einer seit langem verlassenen Hütte auf. Es musste die ehemalige Köhlerei sein, von der Redlef erzählt hatte.
Jacques spannte sich unwillkürlich an und spähte in alle Richtungen. Das Rauschen des Windes in den Baumkronen kam ihm vor wie das Zischen einer riesigen Schlange, und in dem Geruch von feuchtem Laub und Erde schien ein unterschwelliger Verwesungsgestank mitzuschwingen. Die Schatten wurden länger und griffen nach den Ordenskriegern, als hätten sie ein Eigenleben entwickelt.
Eric zog sein Schwert und lenkte sein Pferd langsam in Richtung des verfallenen Hauses. Seine Miene war verbissen und angespannt. Er spürte es auch: Etwas stimmte nicht an diesem Ort …
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