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»Ihr steht wirklich früh auf Ifran vier Herzen«, gähnte Lyara als sie neben ihm hertrottete. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und der Schlaf lag noch wie ein schwerer Rucksack auf ihrem Gesicht und ihren Schultern. Wieder gähnte die Schwarzhaarige. Dann fasste sie hinter sich und betastete das, was sie mitbekommen hatte. Der Proviant von Tara. Die Matriarchin hatte es gut mit ihr gemeint. »Du hast meinem Sohn ein bisschen Freude geschenkt. Die Mutter gibt und sie nimmt. Meine Familie hat bekommen und so sollst du bekommen«, hatte sie gesagt. Die Frau aus Ardea hatte sich nicht so recht einen Reim daraus machen können. Kam ihr eher vor wie eine Hand wäscht die andere. Doch es musste wohl etwas mehr dahinter stecken. Wohl dieser ewige Kreislauf von dem sie redeten. Sie stolperte unbeholfen über eine Wurzel und wäre um ein Haar gefallen, wenn sie nicht den Fokus wieder weg von ihren Gedanken auf die Straße gelenkt hätte. »Ah«, machte sie und blieb dann abrupt stehen.
»Ifran!«, meinte sie energisch und deutete auf einen der Bäume. Da saß er wieder. Der kleine Vogel, den sie zuvor schon gesehen hatte und der ihr nun wieder entgegen blickte. Die Kehle schwarz, die Augen ganz auf sie gerichtet. Irgendwie war er vertraut. Irgendwie war er gruselig. Irgendwie berührte er etwas in ihrem Inneren. »Was ist mit dem?«, fragte sie zögerlich. Der Vogel hopste weiter auf einem Ast entlang. Dann sah er sie noch einmal an und flog davon. »Kommt mir fast so vor als würde eure Natur mich jetzt schon beobachten«, meinte sie und lachte zögerlich. Für einen Moment dachte sie wieder daran, dass sie so gar nicht freiwillig hier war und vielleicht abhauen sollte. Doch sie wusste genau, dass der Puma hier in der Gegend war und der Waldläufer sie ohnehin finden würde. Außerdem hatte auch ihr innerer Drang nachgelassen zu fliehen. Irgendwie wollte sie wissen, was hier vor sich ging. Mehr davon erfahren, was es mit dem ganzen Zauber auf sich hatte. »Erzählt mir von dem Tal der Löwin!«, forderte sie. »Hat es was mit Sayaan zu tun? Ist es sowas wie eure Heimat? Schlägt dort vielleicht eines eurer Herzen Ifran?«, fragte sie. »Und was bei Innos’ langem Bart macht man mit Steinwurzeln? Du willst mich doch wohl nicht damit vergiften?«, meinte sie lachend. Sie spähte in den frühen Morgen hinaus. Jetzt wo sie Tirith wieder verlassen hatten waren sie auch wieder den Gefahren ausgesetzt die damit verbunden waren. Sie war sich nicht sicher, ob Trelis ein guter Ort war um dahin zu gehen. Er hatte aber mysteriöser Weise auch nur gesagt gen Trelis. Ob er vielleicht irgendwo anders hingehen wollte? Sie wurde aus dem allem nicht schlau. Sie schaute wieder nach oben. Der Vogel war wieder da. Scheinbar folgte er ihnen.
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Isthar
»Amara«, meinte Saraliel nachdenklich und klopfte gedankenverloren auf dem Rücken des Buches vor ihm, so als wollte er ihm die Geheimnisse entlocken nach denen er suchte. Es war spät geworden und es war schon die dritte Kerze die heruntergebrannt war. Der Raum war ihm lieb und vertraut. Die alte Bibliothek war umgestaltet worden und viele der schwarzmagischen Bände waren weggeschafft worden. Doch ein alter Kern war geblieben. Eben diesem wollte er nun entlocken was es mit diesem Wort auf sich haben konnte. »Amara, Amara?«, wiederholte der Magus und biss sich sachte auf die Lippe. Er wurde nicht schlau daraus und es wurmte ihn. Was sollte das sein? Das Wort kam ihm gänzlich unbekannt vor. Eine alte Zauberformel? Ein Element was unbekannt war? Ein anderer Name für Sand? Der Name des Dämonensultans von damals? Er klappte das Buch zu. Diesem Werk war diese Frage nicht zu entlocken. Der Magier dachte nochmal über die Begegnung mit der Frau nach. Auch diese hatte sie nicht sonderlich weitergebracht. Sie wussten schon vorher, dass al-Din gefährlich war.
Der Zauberer seufzte. Vielleicht wurde es wirklich langsam Zeit die Suche für heute zu unterbrechen. Er schaute sich im Raum um und beschwerte sich kurz innerlich, dass er wieder längere Zeit in einer Position verbracht hatte, die für seinen Körper nicht gut war. So kämpfte er sich nach oben, als wäre er 20 Jahre älter als er eigentlich war, knackte einmal mit seinem Nacken und fühlte für sich sein Rücken stark beschwerte. Morgen würde er einfach fragen, was die anderen in Erfahrung gebracht hatte. Er wandte sich der Tür zu und blieb dann erschrocken stehen. Im Türrahmen stand eine Gestalt. Eine weiße, an vielen Stellen eingerissene, Robe spannte sich um die hagere Silhouette, die groß genug war um die Türe völlig einzunehmen. Es roch verwesend und es war als hätte sich eine eiskalte Hand direkt um sein Herz gelegt. »Alles was mir genommen wurde. Mein Herz, mein Schicksal und meine Zukunft.«, die Stimme war als würde man mit Fingernägeln über eine Schieferplatte kratzen. Saraliel schaute den Mann vor sich nur an und fühlte wie sein Körper sich weiter verspannte. Die Anderen waren weit weg. Sein Herz pochte, die Blutgefäße an seinen Schläfen schienen zerspringen zu wollen. »Deine Suche ist hier zu Ende. Ich sah Potential in deinem Bruder und ich förderte ihn. Das gilt nicht für dich«. »Sagt mir worum es geht«, forderte der Feuermagier mit allem Mut den er aufbringen konnte und hob seine recht Hand.
Nicht zu spät. Im nächsten Moment waberte eine dunkle Wolke aus Tod und Verderbnis durch den Raum direkt auf ihn zu. Sie brach an seinem gerufenen Flammenschild und verteilte sich hinter ihn. Wo sie auf Bücher und Mobiliar traf, lies sie es altern und zu Staub zerfallen. »Deine Kenntnisse haben sich vertieft«, stelle Raschid fest. »Eure Bosheit ebenfalls«, entgegnete der Magier trotzig. »Was ist Amara?!«, forderte er erneut. »Was mir Innos’ nahm und was ich Innos’ nehmen werde«, knurrte er. »Was ist Amara?«, forderte Saraliel erneut. Nun brachte er all seine Magie in seine Stimme und forderte mit der Macht Innos’ eine Antwort. Der alte vom Berge lachte. »Nicht gut genug«, ertönte eine dämonische Stimme in Saraliels Kopf. »Was wünschst du dir? Sag es mir Saraliel. Sag mir was du dir mehr wünschst als alles andere. Sag mir, was ich dir nehmen soll. Was ich dir nehmen werde, so wie die deinen es mir genommen haben«. Brennender Schmerz fuhr von seiner Stirn durch seinen ganzen Kopf. Seine Zunge war für einen Moment in starker Versuchung, doch er hielt sie im Zaum. Er sah seinen Bruder. Sah wie sie vereint mit Vater an einem ruhigen Ort in eisiger Umarmung Nordmars saßen. So etwas wie Frieden hatte. »NEIN!«, donnerte er. Dann fühlte er wie seine Adern brannten, fühlte mit einem Mal unbändigen Zorn in sich aufsteigen. Seine Hände Knisterten, dann fuhr mit einem Male ein roter glühender Blitz aus seiner rechten, wonach ein weiterer aus seiner linken fuhr, direkt auf den Nekromanten zu. Noch bevor er getroffen werden konnte wurde eine weitere Gestalt sichtbar, die sich schützend vor ihren Meister stellte und von der Magie getroffen wurde und unter dem Ausbruch von Magie zerschmettert wurde.
»Blutmagie«, meinte al-Din als Saraliel auf die Knie sank und ihn aus trüben Augen anblinzelte. »Du hast also auch dunkle Geheimnisse«, stellte er fest. »Grüß DraconiZ von mir, wenn du ihn wiedersiehst. Er folgt dir irgendwann zu Beliar«. Der Schwarzmagier hob eine seiner grotesk entstellten Hände und packte Saraliel an der Kehle. Einen Moment lang presste er mit solcher Gewalt gegen seinen Kehlkopf, dass er meinte, dass er sofort zerspringen müsse. Dann war es vorbei. Wie ein Geist war er erschienen und wie ein Gespenst verschwand er wieder. Saraliel hörte Schritte. Zwei Frauen riefen seinen Namen. Elyndra und Eiryn. Innos’ sei Dank.
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Bakaresh - Haus von Haradaan - WK 1 Lehre #4
Ruga hatte sich unter Haradaan etwas Schönes aufgebaut. Sein Zimmer im Anwesen zeugte davon, dass er der erste und wichtigste Leibwächter des Händlers war und gut bezahlt wurde.
Trophäen, eine gute, ordentlich gepflegte Rüstung auf einen Ständer und mehr Waffen wie selbst Ruga tragen konnte. Geschnitzte Skulpturen, die von Torgaan stammten und kleine Figuren aus Knochen auf einem kleinen Altar.
Bei näherer Betrachtung waren es zwei Kinder und eine Frau.
“Deine Familie, Kolo?”, fragte Onyx und betrachtete die schönen, filigran geschnitzten und bemalten Figuren.
Ruga nickte und feuerte noch eine Wasserpfeife an.
“Was sagst du zu ihnen, Kolo?”, fragte der Waldläufer.
“Rago sage ich, er soll aufpassen und auf seine Mutter hören. Er muss ein großer Krieger werden und das beginnt mit Disziplin. Daga lächele ich an und streiche ihr über den Kopf. Ein gutes Mädchen. Fleißig und frech zu den Jungen im Dorf. Meiner Frau sage ich >Halt die Klappe, Weib< und >Was geht dich das an?< und schaut sie dann böse lache ich sie an und streiche ihr über die Wangen. Ein gutes Weib und eine gute Mutter.”, erzählte Ruga mit Wehmut und Stolz in der Stimme.
“Wie ist es passiert, Kolo?”, fragte der Torgaaner.
“Schattentiger. Mit meinem Sohn Sago haben wir uns gerächt. Das Fell haben wir geteilt und aus den Knochen unsere Familie geschnitzt.”
Onyx nickte und verstand. Es war torgaanische Tradition Familie und Freunden einen Altar zu widmen und mit ihnen ab und an zu reden, bis man sich nach dem Tod wieder sehen würde.
“Wo ist Sago?”
“Sago ist in der Heimat. Habe ihn dahin geschickt, damit er sich eine Frau nimmt. Er hat gut und lange als Söldner für die Myrtaner gekämpft. Jetzt muss er an Familie denken, bevor er wieder kämpft.”, meinte Ruga und beobachtete den Rauch.
“Was ist mit dir? Willst du auch zurück? Du wirst sicher bald der Baba vom Baba für den Sohn von deinem Sohn. Du musst doch ein Auge darauf haben, dass dein Blut den richtigen Weg der Dschungelkrieger geht, Kolo Ruga?”, fragte Onyx in der gemeinsamen Muttersprache. Ruga grinste auf und blickte Onyx speziell an.
“Endlich sprichst du es an, Kolo. - Haradaan bezahlt gut und du wärst der Grund wieso ich zurück gehen muss.”, sagte Ruga.
“Und du willst das, Kolo? Du wolltest mit mir über das Gesetz der Rach sprechen, heh?”
“Ich weiß nicht, was ich will. Kommt darauf an, dass ich von deiner Rache auch was habe, Kolo. Komm setz dich. Wir rauchen jetzt Wasserpfeife und überlegen uns was, Kolo Onyx.”, sagte der Krieger und holte einen Beutel aus einem seiner Schränkchen. Es roch aromatisch nach Tabak und süßlich-sumpfig, wie es Onyx aus Tooshoo kannte. Ruga ließ den Torgaaner danach riechen und schien stolz auf diese Mischung zu sein. Für Onyx roch es nach Sumpfkraut und Tabak.
“Ist ein Rezept von einem Korshaani, der nach dem Fall der Barriere in Khorinis lebte. Zu stark für diese Wichte, die es lieber honigsüß mögen. Aber wir Torgaaner halten das Zeug sicher aus. Er nannte es Krauttabak und hat es angeblich vom König der Myrtaner empfohlen bekommen. Ha! Korshaani erzählen jeden Mist, um was zu verkaufen! Komm, Kolo.”, sagte Ruga. Bei Onyx klingelte es gleich, weil er mit Abuyin schon Geschäfte gemacht hatte.
Der Waldläufer setzte sich auf ein großes Kissen gegenüber Ruga und Ruga legte den Tabak dann an der entsprechenden Stelle in die Wasserpfeife.
Es dauerte ein wenig, bis die Wasserpfeife dann bereit war, doch dann durfte Onyx als Gast sogleich dran ziehen. Der Waldläufer kannte das Prozedere, doch war er nie an so eine Mischung, geschweige denn Qualität des Tabaks gekommen. Und dann war da noch die Wirkung. Was machte es mit dem Hüter der Olvara? Sumpfkraut und Tabak hatte er bisher nicht getestet und erst recht nicht geraucht.
Im Alltag mied er Dinge die er nicht in Ruhe getestet hatte und jetzt gleich zwei Sachen auf einmal?
Umgekehrt traute er Ruga soweit und würde es ruhig angehen. Abwarten wie es wirkt und darauf reagieren so gut es ging.
Onyx zog an der Pfeife tief und fest, ließ den Wasserdampf seine Lunge füllen und stieß dann alles wieder durch die Nase aus. Dann machte er einen zweiten Zug und reichte das Mundstück an Ruga. Der tat es Onyx gleich und hielt dann nach dem zweiten Zug inne.
“Und, Kolo? Was spürst du?”, fragte der torgaanische Krieger.
“Uhhhhhhh stark…”, brummte Onyx schon gleich benebelt und erlebte einen aufkommenden Rausch, der kaum zu kontrollieren war. Ruga schien es besser zu verkraften und reichte Onyx erneut die Wasserpfeife. Er nahm an und nahm einen weiteren Zug.
“Rache, heh? Ist ein zweischneidiges Schwert, Kolo Onyx. Du gewinnst und verlierst gleichzeitig. Sag mir, Kolo. Was bringt es dir Haradaan zu töten? Er wird tot sein, aber deine Narben bleiben.”
“Er ist dann tot. Er wird nicht hier sein und dadurch gut leben, dass er mir geschadet hat. Und du…bist frei. Du nimmst deinen gerechten Lohn mit und machst was du willst, Kolo.”, sagte der einstige Bandit und schwankte schon ein wenig. Ruga schüttelte den Kopf.
“Das reicht nicht! Ich brauche mehr! Ruga lässt doch nicht einfach zu, dass sein Herr stirbt. Mein Ruf wird großen Schaden nehmen, Kolo. Erst recht, wenn ein anderer Torgaaner Haradaan getötet hat.”, sagte Ruga und reichte Onyx wieder die Wasserpfeife. Ohne dass Onyx bemerkte, dass Ruga nicht daran gezogen hatte.
“Dann stirbt Ruga den Heldentod. Lass dir was einfallen, Kolo. Ich mache mit!”, sagte Onyx und wankte nach dem vierten Zug. Ein Auge hielt er zu, weil es angenehmer war. Ruga schüttelte den Kopf und schmunzelte leicht, als Onyx sich kaum noch kontrollieren konnte.
“Und was ist, wenn Kolo Onyx von Ruga ertappt wurde, wie er Haradaan plante umzubringen?”
Onyx merkte wie seine Sinne benebelt waren, als würde eine Tsunami am Ufer einschlagen und alles mit sich reißen und ertrinken lassen. Von einem auf den anderen Moment haute das Krauttabak sowas von rein, dass Onyx zur Seite kippte und Ruga nur laut lachen hörte, während Ruga in einer visuellen Spirale ein- und wieder auszog. Onyx stützte sich mit beiden Händen vom Boden ab und atmete tief ein.
Sein Körper begann zu arbeiten und der Hüter der Olvara nahm diese Art von Gift an.
Seine Augen schimmerten grünlich auf und in seinem Kopf klang es anders. Er dachte in einer fremden Sprache, die er noch nie gehört hatte und doch irgendwie verstand.
Er blickte auf und schien von Ruga skeptisch beobachtet zu werden. Überall war Nebel und wie der Rauch in der Wasserpfeife und er begann im Nebel zu sehen.
Konturen manifestierten sich. Zwei Kinder und eine Frau aus Rauch, die ihre Hände auf beider Köpfe hatte. Sie zeigten auf Ruga. Beschuldigend, wütend und anklagend.
“Tu as tué ta famille!”, sagte er in fremder Zunge und zeigte auf Ruga. Dann erhob er sich sogar und zeigte wie die Familie auf Ruga. Der stand ebenso auf und konnte nicht glauben, dass Onyx wieder stand und erst recht nicht wissen, was Onyx da sagte.
“Meutrier!”, sagte er und atmete freier. Die fremde Zunge verschwand aus dem Kopf und so auch langsam der Rauch, der nie da war.
“Du hast deine Familie getötet! Mörder!”, klagte er auf torgaanisch an und sah wie Rugas Wahrheit Risse bekam. Seine Wahrheit die er sich einredete und allen erzählte, bis er es selbst geglaubt hatte.
“Sie sind hier und zeigen auf dich! Rago…Daga…und deine Frau. Sie sollte die Klappe halten, heh? Es ging sie nichts an, heh Kolo? Du bist ehrlos! Du warst der Schattentiger!”, donnerte Onyx mit rauchiger Stimme und kam Ruga näher.
Der schüttelte den Kopf, wurde Herr seiner Sinne und schien die Wahrheit nun töten zu wollen. Beider Blicke gingen zu Rugas Waffen und dann rannten zwei Schwergewichte auf die Waffenständer zu.
Doch Onyx wollte keine Waffe. Er sprang und riss Ruga zu Boden und dann begann ein echtes Ringen. Onyx drückte Ruga zu Boden, versuchte seinen Arm zu packen, da er gerade im Vorteil war und wehrte ein schnelles Manöver des größeren Torgaaners, um sich zu drehen, einigermaßen ab. Dann schlug er zu.
Ruga wehrte den ersten Schlag ab, versuchte Onyx Handgelenk zu packen und bekam stattdessen Onyx Linke Hand an die Kehle. Ruga packte mit beiden Händen zu und wehrte sich, während Onyx zudrückte und dann mit seiner rechten Faust zuschlug. Einmal, zweimal und ein drittes Mal. Ruga hatte eine Platzwunde über dem Auge und wehrte sich immer noch gegen Onyx Hand an seiner Kehle. Doch er war besiegt, weil er einen Nachteil ab da hatte, wo Onyx ihn auf dem Bauch hatte. Wäre es umgekehrt gewesen, dann wäre Onyx nun da und wohl schon tot.
Onyx schlug noch einmal zu. Gnadenlos ins Gesicht und Ruga ächzte auf. Dann drückte er mit beiden Händen Rugas Kehle kräftig zu.
“Ich werde Torgaan erzählen, wer du wirklich bist. Jeder wird es erfahren und dann soll Sago über seinen Vater richten. Und hast du Sago auch getötet, dann wird es dein Stamm.”, sprach der Waldläufer und ließ von Ruga ab. Dann machte er große Schritte hinaus aus Rugas Kammer.
Ein Varanter von der Wache kam zu Onyx angerannt und fragte was los sei.
“Ruga ist umgefallen. Komm mit!”, sagte der Torgaaner und führte die Wache zu Rugas Kammer. Am Türrahmen ließ er ihn kurz schauen, bevor er mit seiner großen Hand den Kopf packte und gegen die Wand schlug. Einmal und noch einmal, um sicher zu gehen. Ächzend lag der Wächter am Boden und Onyx nahm sich nicht die Zeit, um Spuren zu verwischen. Wäre er kein Hüter der Olvara, wäre er wohl längst gefesselt und bald hingerichtet worden.
“Wo ist der Herr? Ich habe eine wichtige Nachricht von Ruga. Es eilt sehr.”, sagte er in der Sprache Varants zu einem anderen Wächter, den er in einem der großen Korridore erblickt hatte. Er ließ sich schnell durch die Gänge führen und war fast schon dankbar, dass es die Treppen hinauf ging. Haradaan lag dort auf einer Ottomane und bekam fast schon klischeehaft Luft durch einen Sklaven zugefächert. Ein weißes Fell und varantische Kissen stützten seinen älter gewordenen, beleibten Körper, während er im Schatten eines großen offenen Zeltes speiste und auf dem flachen Dach seines Anwesens über Bakaresh blickte.
Onyx Problem war, dass es nur einen Zugang und einen Ausgang die Treppe runter gab und dort zwei Wachen standen. Zusammen mit der Wache, die Onyx zu Haradaan führte, waren das drei Gegner und Haradaan selbst. Zu viel, um ohne Schaden davon zu kommen. Der Torgaaner blickte gen Himmel und dann über Bakaresh. Rief innerlich nach Unterstützung.
Dann folgte er der Wache, die Onyx ankündigte. Haradaan war kleiner im Vergleich zu den Erinnerungen damals. Das Haar war lichter, der Bart grau und der Körper fetter. Nur die Augen waren immer noch dieselben und blickten Onyx irritiert an.
“Was ist er? Ein Vetter von Ruga?”
“Ein weiterer Torgaaner der euch nun dient. Er bringt eine eilige Botschaft von Ruga.”, sagte der Wächter.
“So sprech, Sohn der Hässlichkeit! Ruga wird doch nicht meine Zeit vergeuden wollen? Ihr Torgaaner schaut irgendwie alle gleich aus.”, klagte Haradaan. Onyx schwieg lang genug um dazu zu sorgen, dass der Händler ihn verärgert anblickte.
“Sayyid! Ruga grüßt euch. Er hat eine Gefahr gefunden. Ich erzähle es, Sayyid.”, sagte Onyx im besten Sklavendialekt von Varant.
“Ein Sklaaaave? Hähh? Ist das ein Spaß von Ruga?!”, fragte Haradaan während über seinem Zelt ein großer, geflügelter Schatten flog.
Onyx trat näher.
“Muha!”, rief er und blickte den verdutzten Wächter an. Dann zu den Wachen an den Treppen. Augenblicke später stürzte Adler hinab auf die Wachen und attackierte diese mit Krallen und Schnabel. Stieg wieder auf und beschäftigte sie.
Der Wächter neben Onyx sah zu, drehte sich dann zu Onyx und bekam seine Faust wuchtig ins Gesicht.
Haradaan roch den Braten und ging mit der Hand an seinen verzierten, varantischen Dolch - doch war es zu spät.
Onyx packte den älteren Mann und verpasste diesem eine satte Schelle, dass es nur so klatschte.
“Einen Torgaaner versklavt man nicht. Auch nicht drei Brüder! Deine Peitsche habe ich nicht vergessen! Erinnerst du dich, Sayyid Haradaan?”, fragte Onyx auf varantisch und bewusst im sklavischen Unterton.
Haradaan wusste nicht, wie Onyx hieß und erinnerte sich wohl nur sehr grob daran, aber er erinnerte sich garantiert an die drei Brüder von Torgaan. Er erinnerte sich sicher an die Peitsche, die er sehr motiviert gegen drei Jugendliche schwang, die fast noch Kinder waren. An ihr Wimmern und Schreien. An Worte auf torgaanisch die ihm Rache schworen.
Der Waldläufer zerrte Haradaan mit einer Wut und Kraft zum Rand des Daches, als wäre er ein Bär der seine sich wehrende Beute in die Höhle schleift. Er riss an Haradaans teuren Kleidung und schubste ihn zu Boden. Dann trat er zu und hievte den Händler wieder auf die Beine. Um ihn dann die Nase mit einer Kopfnuss zu brechen. Dann würgte er diesen auf onyxsche Art und ließ entgegen seines Planes nach.
“Du darfst leben, weil ich es so will. Ruga soll keine Geschichte erfinden dürfen. Du sollst Angst haben. Tag und Nacht. Mein Pfeil wird dich eines Tages durchbohren. Und versteckst du dich, dann komme ich und werde dich bis auf die Knochen auspeitschen, Sohn der Angst. - Bewahre!”, wünschte der Torgaaner auf varantisch, entwendete Haradaan seinen schönen Dolch, sowie einen klimpernden Lederbeutel und schlug noch einmal auf die gebrochene Nase. Die würde niemand mehr richten können.
Dann hieß es zu flüchten und das war gar nicht so einfach.
Adler flog einen weiteren Angriff, da hatte Onyx schon seine Wahl getroffen. Es war verdammt hoch, aber in der Gasse unten fuhr gerade ein voll beladener Handkarren entlang. Was unter der Plane lag, wussten nur die Götter.
Onyx sprang über die Brüstung, hing eine Körperlänge tiefer und sprang ab, bevor der Wächter, der davor eine verpasst bekommen hatte, mit seinem Krummsäbel zuschlagen konnte.
Er flog voller Adrenalin auf den Karren und keuchte auf, als er dumpf darauf einschlug. Das ganze Ding schepperte und brach an der Achse ein. Der ältere Mann, der den Karren gezogen hatte, musste sich ungemein erschreckt haben und sprang nach vorne. Onyx schüttelte sich und stellte dann fest, dass er auf Körbe gelandet war. Ein Korbhändler war der ältere Mann, der begann laut zu schimpfen.
Onyx grunzte auf, warf diesem das Ledersäckel zu und ging schnellen Schrittes los, bevor der Aufruhr noch größer wurde. Es lärmte oben bei Haradaan und kurz bevor Onyx um die Ecke verschwand, blickte er noch kurz hinauf. Ruga stand da und suchte nach Onyx. Haradaan hielt sich die blutige Nase und verfluchte alle. Die Wächter sahen sich um und einer dachte wirklich, dass er Adler mit seinem Bogen erwischen würde, als dieser hoch über ihnen kreiste.
“Weg hier…”, dachte sich der Waldläufer. Sie würden schnellstmöglich verschwinden müssen, denn jeder Torgaaner fiel egal wo auf. Außer auf Torgaan selbst.
Geändert von Onyx (24.07.2025 um 13:59 Uhr)
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Fort Nemora
Die Glut der Nacht lag schwer über dem Lager, und das bisschen Licht, das von der Feuerstelle drang, zitterte wie ein Geheimnis zwischen ihnen. Der Schinken war fast zu gut, um wahr zu sein. Rauchig, salzig, voll im Biss – Jaleel hatte geglaubt, sein Gaumen hätte sich schon längst an das Geschmacklose gewöhnt. Doch dieser Happen rief etwas wach in ihm. Etwas von früher.
Er kaute langsam, fast andächtig, während er den anderen zuhörte. Ein stiller Kreis, müde Gesichter im Zwielicht, Augen, die funkelten vor Glück und Misstrauen zugleich. Sie alle wussten, was das hier war – kein Fest. Eher ein Raubzug auf das, was man ihnen genommen hatte: Würde, Wärme, Wahl.
„Wasser im Mund und Wölfe im Nacken…“, murmelte er halblaut und fast ungewollt poetisch. „Das ist besser als manch Festschmaus in Mora Sul.“
Seine Finger hielten noch ein Stück des rötlich schimmernden Fleischs. In der anderen Hand wog er es gegen Gedanken, die schwerer waren als jeder Brocken Metall.
Dann fiel sein Blick auf den Schlüsselbund, den Kayla aus dem Wams zog. Das metallene Klirren war Musik in seinen Ohren – eine Melodie aus Möglichkeiten. Er beugte sich vor, ließ das Licht über die Form der Zähne gleiten.
„Das ist kein armseliger Schlafsaalschlüssel…“, sagte er mit gedämpfter Stimme. „Das sind die alten Zähne. Gitter, Lager, vielleicht sogar Verschlüsse an Transportkisten.“
Er lehnte sich zurück, atmete einmal tief durch und roch noch die Restschwaden von Sumpfkraut in der Kleidung, die Kayla bei sich trug. Nur Spuren, kaum mehr als Erinnerung, aber für jemanden, der es kannte, war es klar.
„Kraut… Dreckszeug. Macht träge. Macht redselig. Und wer zu viel raucht, vergisst, wo er’s versteckt chat.“
Er hob den Blick zu ihr. Kayla, der Spatz aus den Schatten. Er sah ihr die Müdigkeit an. Nicht nur körperlich – nein, da war etwas in ihren Schultern, das sich nicht mit Schlaf wegtragen ließ. Etwas Zorn. Etwas Trotz. Vielleicht auch Sehnsucht nach der Welt, die sie verloren hatte.
„Ich kann nach Bill sechen“, sagte er ruhig. „Aber nicht mit bloßem Blick. Der Mann denkt zu flach, aber er schläft wie ein Chund – ein Tritt genügt, und er beißt. Ich brauche ein Alibi. Etwas, das mir die Näche erlaubt, ohne Fragen. Vielleicht eine Waffe, die ich ‘aus Versechen’ bei ihm abliefere. Vielleicht eine Schuld, die ich vortäusche.“
Er spielte mit dem Gedanken, doch tief in ihm war das Unbehagen. Nicht aus Angst. Sondern weil ihm dieser Teil des Spiels zu vertraut war. Täuschen. Tarnen. Infiltrieren. In den Kriegen des Südens hatte er die Assassinen getan – sein Großvater, sein Vater. Er aber war kein Assassine.
Esram hatte sich in der Zwischenzeit wie ein Aal gewunden, voll Euphorie, voller Pläne. Und jedes Mal, wenn er aufgeregt wurde, verrutschte seine Stimme ein wenig. Jaleel hörte es deutlicher als die anderen. Der Rhythmus, die Silben – sie gehörten nicht hierher. Nicht zu den Varantern. Nicht zu ihm.
Und als der Dieb ihm einen Seitenblick zuwarf, voller Freude über das geraubte Glück, antwortete Jaleel mit einem schmalen Lächeln.
„Wir steigen gemeinsam in das Lagerhaus, ja…“, sagte er. „Aber vielleicht lernen wir mehr über dich als über Stallion, hm?“
Seine Worte klangen harmlos, fast wie ein Witz. Doch seine Augen lachten nicht mit. Und Esram spürte es. Für den Bruchteil eines Moments wich das Grinsen einem prüfenden Blick – dann war es wieder da. Die Maske. Der Schelm.
Später, als die Aufgaben verteilt waren und die Gruppe sich zu zerstreuen begann, blieb Jaleel kurz neben Barik stehen. Der bärenartige Mann blickte finster drein, die Stirn voller Grübelfalten, wie immer, wenn er an Dinge dachte, die über Fäuste hinausgingen.
„Wenn ich morgen Nacht nicht wiederkomme, iss meinen Teil vom Schinken, ja?“, sagte Jaleel und meinte es halb ernst.
„Wenn du morgen Nacht nicht wiederkommst“, knurrte Barik, „dann hol ich dich. Und wenn ich dafür Stallion an die Palisade tackern muss.“
Ein kurzes Nicken, ein Moment brüderlicher Stille – dann wandte sich Jaleel zur Seite, als Kayla sich ihm näherte.
Sie wollte mit ihm sprechen, noch einmal. Ihre Stimme war leise, ihr Blick forschend. Die Frage kam, wie er sie erwartet hatte – ob Esram wirklich war, was er vorgab zu sein.
„Ich weiß es nicht“, sagte er nachdenklich. „Seine Worte sind wie ein Schleier. Nicht falsch, nicht ganz wahr. Er ist kein Varanter. Vielleicht ist er mehr als das. Oder weniger.“
Er ließ den Blick in die Nacht schweifen. Ein Windhauch trug Asche vom entfernten Feuer zu ihnen herüber.
„Ich werde es cherausfinden. Nicht mit dem Schwert. Sondern mit dem, was ich besser kann: Fragen, die wie Wasser sind. Immer und immer wieder, bis sie durch Stein sickern.“
Dann blickte er sie an – direkt, ohne Ausweichen.
„Aber wenn er sich als Verräter zeigt, Kayla… dann muss einer das Messer führen. Und ich hoffe, du zögerst nicht.“
Sein Blick verharrte auf ihr, dann nickte er leicht, als Zeichen, dass sie wusste, was sie ihm bedeutete – nicht romantisch, nicht feierlich, sondern im Gewebe dessen, was sie verband: Hoffnung auf Freiheit.
„Bis morgen Nacht“, sagte er.
Und verschwand lautlos in der Dunkelheit.
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Irgendwo im Niemands-Wald
Ifran sah auf als dieser Vogel erschienen war. Beobachtete er sie? Vielleicht. War sie in Gefahr? Nein. War er in Gefahr? Wohl auch nicht. Was also zum Kuckuck war nun mit dem Vogel? Ifran konnte diesen nicht konkret benennen, aber es war wohl nur ein Vogel mit einem Vogel?
Ifran wollte es nicht näher kommentieren, da sie genug andere Fragen hatte.
“Steinwurzeln sind harmlos. Sie wachsen an manchen Ufern in Myrtana und man kann aus der Knolle zumindest was Essbares machen. Nicht besonders wohlschmeckend. Aber in der Not frisst Beliar Fliegen. Steinwurzeln findet man auch unweit des Tals der Löwin - es war eine Zeit lang meine Heimat. Im Tal existiert ein ganzes Dorf meines Volkes. Es war viele Jahrhunderte bekannt und dann kamen die Orks. Vor über zehn Jahren wurde es wieder errichtet. Das lag aber auch daran, dass Silden durch die Pest unterging. Mein Volk beschloss ab da unterzutauchen. Damals gab es ein großes Thing und große Männer und Frauen stritten um unserer aller Zukunft. Rückblickend haben wir richtig gewählt, als wir beschlossen, das Dorf wieder zu errichten und das Tal zu verbergen. Wir haben uns neu sortiert und ernten nun die Früchte der Entbehrungen und des gewählten Schicksals. Eine neue Generation ist herangewachsen. Wie Muro zum Beispiel. Es ist im Grunde der Beweis, dass mein Volk nicht klein zu kriegen ist. Das Dorf heißt Beria. In der alten Sprache heißt das Schutz. Aber eigentlich wurde es nach Beria der Löwin benannt. Sie hatte einst alle Sippen und Stämme vereint und einen großen Feind bezwungen, der alle - selbst die Menschen der Städte - bedroht und gezwungen hatte über die halbe Welt zu wandern. Das war gut vor einigen Jahrhunderten.”, erzählte der Waldläufer und hielt inne. Er orientierte sich neu und wählte einen anderen Weg.
Dann fiel auch ihm der Vogel wieder auf. Er konzentrierte sich bewusst auf das kleine Tier und erlangte seine Aufmerksamkeit. Er lauschte sehr bewusst in diesem Moment, was war, doch so wirklich kam nichts in seinen Gedanken hervor. Kein Zwitschern, kein Piepsen oder sonst etwas Vogelartiges. Entweder war dieser da sehr eigen gegenüber Menschen, verachtete selbst Ifran und entpuppte sich als Menschenfeind höchster Güte oder er war kein echter Vogel. Das wäre die Logik aus Ifrans Erfahrungen. Zwei Mal hatte er es erlebt und hier wohl zum dritten Mal?
“Haben wir den da irgendwie verärgert? Hast du mal jemanden umgebracht und hat dieser oder diese geschworen im nächsten Leben Rache zu nehmen?”, fragte der Waldläufer und sah sich weiter um. Er hatte sich wohl hier abseits des Weges gen Trelis ein wenig verlaufen, weil es nicht wie beim letzten Mal später Herbst war. Die Vegetation war nunmal anders. Doch er würde sich schon noch erinnern.
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Fort Nemora - Nacht und Nebel #3 DK2
Tiefste Nacht in Fort Nemora. Ein Militärlager, das seit Wochen ihre erzwungene Heimat war. Wenn sie gewusst hätte, was diese Mission für Barik wirklich bedeutet hätte, hätte sie es trotzdem gemacht?
Es gab Tage, da war sie sich nicht sicher. An Tagen wie heute jedoch schon. Immer wieder.
Die persönliche Reise die Sie hier machte prägte sie ungemein und zeigte ihr diese Welt. Es lehrte sie, dass sie absolut zum Waldvolk gehörte und niemals eine Myrtanerin sein wollte.
Und wer wirklich zum Waldvolk gehörte, der machte solch Himmelfahrtskommandos, um den Hintern eines der ihren zu retten. So war der Geist, die Seele des Waldvolkes.
“Und los!”, zischte sie und eilte mit Esram und Jaleel zum großen Lagerhaus. Heute wären sie zu dritt und würden zusehen, dass sie alles bekämen, was sie noch brauchten. Esram hatte Ideen, Jaleel wäre eine Hilfe und gewiss Unterstützung, wenn Esram andere Pläne verfolgte und sie selbst wollte sehen was sich da noch verbarg.
Wie beim letzten Mal kletterte sie gekonnt auf die Empore, indem sie sich an der Wand mit etwas Anlauf abstieß, sich an den Querträger klammerte und einen Fuss auf die Empore brachte. Dann zog sie sich mit Kraft hoch.
Jaleel folgte und machte es ihr gut nach. Esram konnte sich dann erlauben still und heimlich vom Jaleel und Naira hoch gezogen zu werden.
Danach war es Nairas selbstgebauter Dietrich, der das grobe Schloss des oberen Tores aufschloss.
Naira ging dann schleichend vor, ehe die beiden Männer das noch fremde Gefilde betraten und genau wie sie selbst erst einmal für mehrere Momente lauschten und beobachteten..
Sie näherte sich auf leisen Sohlen dem Geländer in der Mitte des Obergeschosses. Von dort konnte man nach unten blicken und kam zum Licht, das unten durch Fackeln an den tragenden Pfeilern erzeugt wurde. Der kleine Hebekran stand hier wie beim letzten Mal und auch die massiven Leitern, mit denen man hier hochkam, lagen am Boden.
“Damit Ratten nicht hoch kommen. Aber an Ratten die schon oben sind, denken sie nicht.”, dachte sie sich und versuchte, irgendwas zu hören, was verdächtig oder vertraut klang. Um diese Zeit schlief in der Regel jeder. Weit nach Mitternacht und noch ein paar Stunden vom Sonnenaufgang entfernt.
Draußen vor den beiden Toren der unteren Ebene waren wie gewohnt jeweils zwei Wachen. Hier drinnen erwartete sie nur Migul und natürlich Stallion.
Jaleel hatte sich ihr genähert und Esram schien von der anderen Seite schauen zu wollen. Sie war einerseits froh um die Unterstützung. Andererseits missfiel ihr, dass sie genau in solchen Momenten nicht die volle Kontrolle über beide hatte.
Sie zweifelte nicht an ihren Fähigkeiten, aber Neugier und Unwissen über die Lokalität waren nunmal Faktoren. Sie gab Zeichen, dass sie weiter lauschen würden und deutete hin, wo sie Geräusche erwartete.
Beide blickten in die Richtung, konnten aber natürlich nichts sehen. Esram gab dann Zeichen, dass sie erst einmal ein paar Vorräte sammeln würden. Primär sollte es wieder ein Schinken sein, der an der Luft trocknete, aber auch einige Äpfel, die wohl gestern oder heute hier oben platziert wurden und gut sichtbar im Fackelschein von unten im Fass zu erkennen waren.
Esram ließ es sich nicht nehmen in einem anderen Fass nachzusehen. Wobei es eher nachriechen war. Es war gepökelter Fisch, der auch in den Sack wanderte. Leider war hier oben kein Brot und alles andere müssten sie durch kochen erst einmal weich bekommen. Esram schnürte den Sack zu und schlich zum Ausgang der oberen Ebene, um ihn da bereit zu legen.
Naira indes hatte beschlossen, nicht länger zu warten und zu lauschen. Sie stieg über das Geländer und hielt sich so fest, dass sie sich kopfüber etwas unterhalb der Decke befand und schaute sich um.
Im nächsten Moment war sie sich dann sicher, dass Stallion und Migul schliefen. Sie sah von hier oben Migul schlafen und hörte ein leises Schnarchen, dass nicht zu Migul gehörte.
Sie drehte sich unter Kraftaufwand, schaukelte kurz an der Kante hängend und ließ los, als sie stillstand. Tief gebeugt lauschte sie, ob etwas auf sie reagierte und gab dann Zeichen an Jaleel und Esram. Jaleel hatte es dank seiner Größe einfacher, doch kam er wie Esram nicht umhin, an der Kante wie Naira los zu lassen.
Naiar zeigte dann auf den Kran oben, dass beide verstanden, wie man wieder hoch kam. Esram zeigte dann aber auch eine Kiste, die sie zur Not nutzen würden.
Dann begann der eigentliche Spaß. Naira zeigte zum Eingang und den Kammern, die dort waren. Der Fackelschein hier genügte, um sich dort grob zu orientieren und die Schlüssel besaß sie.
Esram zeigte dann auf sich und in eine Richtung die den hinteren Bereich des Lagerhauses beschrieb und zum bewachten Hinterausgang führte. Da war es nahezu stockfinster.
Naiar schüttelte den Kopf und zeigte auf die Fackeln.
Esram verbeugte sich und gab zu verstehen, dass er es in der Dunkelheit schon hinbekommen würde. Naira biss die Zähne zusammen und schüttelte abermals den Kopf, doch Esram war schon auf dem Weg.
Er schlich anders und hatte die Hände am Boden, als würde er den Stein erfühlen und seinen Weg so finden.
Naira indes blickte zu Jaleel und hätte dem Varanter am liebsten gesagt, dass sie besser verschwinden, ehe Esram einen Eimer im Dunkeln umwirft und es gefährlich wird. Doch beide zuckten auf, als sie im Dunkeln, wo Esram war, ein sehr diffuses, schwaches Licht sahen. Es war in einem sanften Grau und fiel fast nicht auf. Es bewegte sich und beide fragten sich, was Esram denn da hatte und machte.
Naira fing sich und packte Jaleel an der Schulter. Sie würden den Plan umsetzen.
Der Plan klang einfacher als gedacht. Die verschlossenen Türen mit den Schlüsseln öffnen und schauen, was nützlich ist. Allein zur Theke zu kommen wo die Ausgabe war, war das letzte Mal nicht möglich. Die Türen dahinter waren damals auch alle zu und mit einer Gittertür verschlossen. Dafür hatte sie den Schlüsselbund.
Doch je näher sie der Theke kamen, umso deutlicher war, dass Stallion eine Lösung gebraucht hatte. Eine Lösung dafür, wie er an die Ausgabe wieder kam und kein Vorgesetzter mitbekam, dass Quartiermeister Stallion seinen Schlüsselbund verloren hatte. War es schlau gewesen, mit einem Brecheisen manche Gittertüren auszuhebeln? Nein. Hatte er nach drei Türen eine bessere Idee? Ja. Die Türen standen offen und ein Holzklotz stand und für die Diebin stand fest, dass nur ein anderer Dieb die Türen hätte aufbrechen können. Wer aber war der Schlösserknacker? Mit großer Wahrscheinlichkeit jemand, der auch ein Sträfling war und dazu gezwungen wurde. Alternativ gab es vielleicht einen Dieb im Ruhestand, der nun der Gegenseite diente? Es blieb offen und das gefiel Naira natürlich nicht. Ein Dieb sah ein Gebäude anders und die Dinge in einem Gebäude grundlegend anders. Ein Dieb konnte erahnen, wie ein anderer Dieb vorgehen würde oder wo er wie einsteigt. Nur wussten sie, dass jemand eingebrochen war?
Die Frage war nun - gab es eine Falle oder hatte der Dieb nichts weiter, als gezwungenermaßen die Schlösser geknackt?
Naira schob leicht die aufgebrochene Tür auf, die hinter die Theke zum Pult und den Büchern führte.
Da zeigte sie auf das Bestandsbuch des Quartiermeisters auf dem Pult und die Bücher in den Regalen. Das war eine Aufgabe von Jaleel. Die Zahlen etwas zu studieren und zu schauen, was hier war. Mit passender Lichtquelle sicher einfacher als jetzt.
So zeigte sie auf die Kerze am Pult und suchte dann vorsichtig das Pult ab. In einer Schublade fand sie dann Kerzen und längliche Holzstöcke zum entzünden. Sie setzte kurzerhand ihren Gedanken um und kam Momente später mit einer brennenden Kerze zurück.Diese brannte bewusst auf sehr kleiner Flamme, da sie den Docht gekürzt hatte. Mit dieser entzündete sie dann eine weitere neue Kerze, nachdem sie den Docht dort auch gekürzt hat, da die alte Kerze am Pult schon auffallen würde, wenn sie noch mehr abgebrannt wäre.
Naira kam Jaleel ganz nahe.
“Ich schau mich nach Fallen um. Vielleicht haben sie das bewusst offen gelassen. Behalt alles im Auge.”, flüsterte sie sehr leise in sein Ohr und zeigte dann auf die jeweiligen schmalen Türen, die offen standen. Dann schlich sie mit der Kerze zu ihren Zielen.
Geändert von Naira (29.07.2025 um 10:20 Uhr)
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Bakaresh, irgendwo in der Stadt
„Scheiße.“
Einmal hatte sich der Mann hinreißen lassen. Einmal. Und was war passiert? Das hier. Eine Misere erster Güte. Ein Malheur, gesponnen von Beliar selbst. Da stand er nun in dem Zimmer, welches er sich für diese Nacht gemietet hatte, abseits der Unterkunft, die er mit seinen Begleitern bezogen hatte, um … nun ja, um eben mal wieder etwas zu tun, was man eben hin und wieder tun musste. Und da er weit entfernt davon war, der schneidige, gut gebaute, grinsende Schurke aus jungen Jahren zu sein – Krallennarben im Gesicht, der Verlust des rechten Auges, das Alter, die Auswirkung eines Naturgeistes und der Erhalt eines Stahlauges sei Dank -, musste er dafür eben in die Tasche greifen.
Und trotzdem er zu einem ordentlichen Kämpfer geworden war, einem mutigen Gesellen, der nicht vor Konfrontation scheute, hatte er sich heillos betrinken müssen, um eben diesen Mut (wobei die meisten Menschen es anders nennen würden …) aufzubringen.
„Widerlich.“
Die Vermieterin, eine alte, varantinische Vettel, stand verhutzelt und einen Besen wie einen Speer mit sich führend, in der Tür zum Zimmer.
„Äh …“, entgegnete Kiyan und bewies damit den Einwohnern der Wüste Varant, dass er nach hiesiger Formulierung ‚der Sohn des schnellen, weisen Wortes‘ war. Ein Meister der Sprechkunst eben.
„Raus hier, Perversling. Kannst froh sein, dass du im Voraus gezahlt hast.“
Sie spuckte aus und scheuchte ihn mit dem Besen raus. Der Hüne strauchelte, kämpfte immer noch mit der Veränderung seiner Physiognomie. Er stolperte, fiel und bekam mit dem kratzigen, trockenen Reißig die Kehrseite versohlt. Dabei zeterte und schimpfte die Alte schlimmer als der ärgste Sklaventreiber.
Irgendwann hockte Kiyan auf der Straße – nackt wie Adanos ihn geschaffen hatte – und bot eine gute Zielscheibe für Gespött und Gelächter. Straßenjungen zeigten auf ihn und lachten, Frauen machten Stielaugen, sahen was er zu bieten hatte und lachten dann. In der Hinsicht hatte sich seine Physiognomie wohl nicht großartig geändert. Männer jedweden Standes riefen Spottnamen oder drohten ihm, sagten, dass sei eine innostreue Stadt und hier dulde man keine Nudisten.
Dann kam Turya des Weges. „Oh Götter“, brachte sie zwischen mehreren Lachern hervor, „Die Leute hatten recht. Da hockt wirklich ein irrer Nordländer nackt auf der Straße.“ Sie wischte sich Tränen aus dem Auge. „Wobei sie übertrieben haben. Einige meinten, du klammerst dich an das Dach eines Verkaufsstandes und wirfst mit Kot. Andere meinten, du stehst mitten in einem alten, ausgetrockneten Springbrunnen und lässt das Wasser wieder fließen. Ja … aus deinem …“
„Wahnsinnig witzig“, knurrte Kiyan zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Richtiger Kracher. Sei eine gute Gefährtin und hilf mir.“
„Erstmal will ich wissen, was passiert ist.“
„Ich wurde ausgeraubt.“
Ihre Mundwinkel zuckten. „Von wem?“
„Frag nicht so dämlich!“, fuhr Kiyan die Veteranin an, „Sicher nicht von einem rattengesichtigen Straßendieb mit rostigem Messer.“
Wiehernd lachte Turya und hielt sich den Bauch. Der Waldläufer zischte verächtlich und machte sich auf zu ihrer Unterkunft. Erst hielt er sich die Hände vors Gemächt, dann pfiff er auf den Anstand und zeigte sich in all seiner relativ normalen Pracht. So ulkig der Anblick war, schaffte es seine Visage mit dem Stahlauge und den knirschenden, mahlenden Kiefern, jeden weiteren Witz direkt auf der Zunge sterben zu lassen.
Götter, wie er Varant hasste.
Und Adanos, was für ein Dämlack lässt sich ein Stahlauge einsetzen, ehe er sich in eine Wüste aufmacht. Ich hab die Nummer echt verdient, verflucht.
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GTA Bakaresh
“Kiyan? Turya? Nicht Zeit für Bunga bunga! Kommen!”, brummte Onyx, als er die beiden vor ihrer Unterkunft auf der Straße antraf. Kiyan war nackt und präsentierte sich allen, als wäre nichts gewesen und Turya machte lachend ein Auge und zeigte auf Kiyan. Onyx zog leicht den Mundwinkel hoch, weil Kiyan hier Seiten offenbarte, die er in Tooshoo nie gezeigt hatte. So einer war er also?
“Er wurde angeblich ausgeraubt…”, sagte sie schelmisch grinsend, während mehr und mehr Leute aufkreuzten die den Nackten wohl sehen wollten.
“Wir schnell los. Onyx gesucht. Kiyan hier stehen weiter. Laufen rum… - wir gehen raus woanders. Turya holen dich.”, sagte der Waldläufer und wollte die Gelegenheit nutzen, um hier zu entkommen. Ein Torgaaner mochte auffallen, wenn er durch die Straßen ging. Aber ein nackter Gorthaner stahl die Show eindeutig.
“Hast du Ärger gemacht?”, fragte sie auf waldvölkisch. Onyx brauchte etwas, nickte dann aber.
“Ein anderer Torgaaner jagt mich. Komm.”, sagte er und stieß durch die Tür, um die Treppen hinauf zu kommen. Oben warf er seinen Waldläufermantel um sich und zog die Kapuze über den Kopf, während Turya aus dem Fenster guckte und Kiyan weiter auslachte. Sie kannte wohl den Ernst der Lage nicht.
Onyx hatte seinen Rucksack angezogen, packte noch Kiyans Sachen zusammen und Turya zog zumindest eine Hose für den armen Kerl hervor. Momente später waren sie aus ihrer Unterkunft getreten und hatten den Nebeneingang gewählt.
“Onyx allein gehen zu Rand von Stadt. Wir uns treffen bei Zaun von Kamelen vor Stadt.”, machte er klar,. Dann ging die Flucht aus Bakaresh los. Nicht, dass er verfolgt wurde. Doch es galt schnell zu sein, als er mit Blick zu Turya und den nackten Kiyan - die sicher bald Besuch von myrtanischen Wachen bekämen - auch noch Ruga erblickte. Blutig sein Gesicht dank Onyx Fäusten und groß sein Zorn. Zusammen mit einer handvoll von Haradaans Wachen hatte der Hauptmann sich einen Weg durch die Menschenmenge erschubst.
Onyx wählte die engen Gassen und machte große Schritte Richtung Süden und dann wohl Westen. Bloß weg aus Bakaresh. Dann aber hörte er etwas varantisches.
“Da ist er!”, rief einer und der Waldläufer lief los, drückte sich an Menschen vorbei und sprang auf einen Eselskarren. Der Lenker erschrak bei der großen Gestalt von Onyx und erst recht, als er die Faust vor seinem Gesicht ballte.
“Los!”, knurrte er und der Eselskarren fuhr los. Leider war das kein Varanterhengst, sondern ein grauer, müder Esel. Onyx hätte den Karren schneller gezogen.
“Rasheeda!”, knurrte er und schlug mit den Zügeln zu. Der Esel i-aaahte auf und rannte im gemütlichen Eselsgalopp los. Onyx trat den Lenker vom Sitzbock und raste mit überhöhtem Gehtempo durch die Straßen von Bakaresh.
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Fort Nemora
Jaleel bewegte sich wie ein Schatten, dessen Ursprung niemand so recht benennen konnte. Jeder seiner Schritte war bewusst gesetzt, weich auf der Ferse, tastend mit den Zehen. Die Stille dieser Nacht war eine trügerische – nicht tot, sondern lauernd, wie ein aufgeschobener Atemzug. In seinem Bauch war Ruhe, aber keine Nachlässigkeit. Sein Geist war wie ein gespannter Bogen.
Dass sie hier erneut zu dritt unterwegs waren – Kayla, Esram, er selbst – war nicht nur Wagemut, sondern ein Statement. Ein Beweis, dass ihr Wille zur Freiheit nicht verglomm, sondern mit jedem gewagten Schritt heißer brannte. Und Jaleel war sich bewusst, dass es nicht die Klinge war, die ihnen die Tür in die Freiheit öffnen würde. Es war Wissen. Es waren Momente wie dieser.
Er hatte Kaylas Bewegungen mit scharfem Blick verfolgt, wie sie sich an der Kante hochzog, wie sie kletterte, sprang, tastete. Alles an ihr war Kontrolle und Wachsamkeit, aber nie steif. Sie war wie der Wind im Geäst – geschmeidig, aber unberechenbar. Und wenn sie ihn ansah, wusste er: Ihre Gedanken liefen schneller, als sie sprach. Er vertraute ihr, gerade weil sie zögerte, wo andere handelten, und handelte, wo andere zögerten.
Als Esram wie ein gekrümmter Schatten durch das obere Lager huschte, fragte sich Jaleel erneut, wer dieser Mann war. Er war kein gewöhnlicher Dieb. Nicht in seiner Sprache, nicht in seinem Tempo. Da war zu viel Anpassung, zu viel Spiel mit Identitäten. Und vor allem: zu wenig Angst. Selbst hier, in dieser Stille, war Esram nicht leise aus Vorsicht – sondern aus Gewohnheit. Das machte ihn gefährlich.
Jaleel hielt sich zurück, beobachtete. Er hatte die Worte Kaylas im Kopf, die Bitte, Esram zu prüfen. Doch jetzt war nicht der Moment für Fragen. Jetzt war das Momentum wichtig. Die Bewegung. Die Beute.
Er folgte ihr mit einem Satz über die Kante, rollte sich in der Hocke ab, atmete durch die Nase, horchte. Der Atem Stallions war ein tiefes, dumpfes Schnarchen – wie ein Tier, das vom Schlaf selbst betäubt war. Migul atmete flacher, kürzer, unregelmäßiger. Aber beide waren im Traum gefangen. Gut.
Dann das Licht. Es war kaum mehr als ein Schleier – ein matter, milchiger Hauch, dort hinten, wo Esram verschwand. Grau, wie der letzte Nebel auf einem Salzteich vor Sonnenaufgang. Jaleel zuckte nicht zusammen, aber seine Augen verengten sich. Kein Feuer. Kein Docht. Kein natürliches Licht. Aber woher dann?
Ein kurzer Blickwechsel mit Kayla. Ihre Hand auf seiner Schulter war wie ein stiller Eid. Wir ziehen es durch. Dann gab sie Zeichen, und er folgte ihr zu den Türen. Der Schlüsselbund in ihrer Hand klirrte kaum hörbar – wie ein Versprechen aus Metall. Und doch fühlte Jaleel bei jedem Schritt die Nähe des Risikos wie ein Kribbeln in der Haut.
Zwischen den offenen Türen und der Theke, zeigte Kayla ihm das Pult und die dahinterliegenden Regale. Die Kerze, die sie ihm reichte, flackerte sacht in seiner Hand, als er sich über die grob gezimmerte Fläche beugte. Der Geruch nach altem Talg, kaltem Eisen und Staub stieg ihm in die Nase. Die Seiten des Hauptbuchs waren fleckig, die Schrift dick und unsauber, als sei sie mit einem stumpfen Federkiel geschrieben worden. Mehrmals war mit breiten Strichen etwas durchgestrichen worden. Manches war mit anderem Decknamen ersetzt worden.
Jaleel blätterte mit geübtem Blick durch die Seiten. Er kannte die Struktur solcher Bücher – chaotisch bei den unteren Rängen, improvisiert geführt, oft ergänzt durch marginale Notizen am Rand, die mehr verrieten als der offizielle Eintrag. Mehl, Rationen, Pfeilköcher, Lederstücke. Immer wieder Kürzel, die keine eindeutige Bedeutung hatten. „S. E.“, „Q.F.“, „Sonderverwendung“.
Dann, zwischen zwei Seiten, bemerkte er einen leicht eingerissenen Eintrag. Nicht auf dem eigentlichen Blatt, sondern auf einem kleinen Zettel, der zwischen den Seiten steckte – halb herausgerutscht, wie versehentlich zurückgelassen. Jaleel zog ihn langsam hervor.
Das Pergament war dünn und fettig. Die Tinte halb verwischt.
„Bezahlung für nächtliche Lieferung. 2B. Geruch stark. In Schachtel mit Lederriemen. Nichts im Buch! Übergabe wie abgesprochen. – B.“
Er runzelte die Stirn. Kein Name. Nur Initialen. B war ein einfacher Buchstabe. Aber verbunden mit Kaylas Aussage, der Geruch, den er an Stallion manchmal wahrgenommen hatte…
Geruch stark. Sumpfkraut. Fast sicher.
Er faltete den Zettel nicht, sondern schob ihn vorsichtig zurück an die Stelle, wo er ihn gefunden hatte. Zu offensichtlich wäre ein Fehlen. Stattdessen markierte er sich die Seitenzahl – eine vergilbte Ecke mit drei Einschnitten – und ließ seine Augen weiterwandern. Vielleicht würde jemand diesen Zettel suchen.
Kurz darauf stieß er auf einen weiteren Hinweis. Eine Randnotiz unter einem Eintrag zu „Werkzeugkiste – nur abends öffnen“:
„Achte auf Migul. Redet zu viel, wenn B. stinkt.“
Ein Grinsen zuckte über Jaleels Lippen. Subtil. Versteckt. Und doch – mehr als genug.
Er pustete seine Kerze aus und trat leise zurück.
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Bakaresh, irgendwo in der Stadt, Grand Theft Donkey
„Ist das sein beschissener Ernst?!“, fuhr Kiyan die Waldläuferveteranin an, die ihm grinsend dabei zusah, wie er hüpfend versuchte, in seine Hose zu gelangen. Mit etwas Mühe und unter viel Gekicher der Frau, die, ohne zu zögern, töten und wahrscheinlich das Waldvolk in allerlei epische Schlachten führen könnte. So viel zu lebenden Legenden, wenn sie sich vor Lachen krümmten. Ein rascher Blick zeigte dem hünenhaft gewordenen Mann, dass er Teile seiner Ausrüstung in dem gemieteten Zimmer zurückgelassen hatte. Zum Glück hatte er aber seine Waldläuferausstattung in der gemeinsamen Unterkunft gelassen. So trug er alsbald seine Reisebekleidung, den Waldläuferbogen, seinen Rucksack, den Köcher und – das Wichtigste – seine Stiefel.
Er sah zu Turya. „Und nun, meine Liebe? Lachen wir noch etwas über meine Situation oder – verdammt nochmal – folgen diesem götterverfluchten Torgaaner. Was hat er wieder angestellt? Dem myrtanischen Statthalter in den Wein gepisst? Die Innos-Statue begattet? Dem Streitross des hiesigen Paladinfürsten ein paar auf die Nüstern gegeben?“
Die Veteranin lachte ein letztes Mal, wurde dann aber ernst, professionell. „Ein anderer Torgaaner jagt ihn. Mehr hat er nicht gesagt. Er hat Ärger gemacht, das ist offensichtlich. Ich … denke aber, dass es etwas Persönliches war.“
Der Hüne atmete tief durch und hob die Schultern. Irgendwo in der Nähe war Geschrei zu hören, ein Esel machte lautstark auf sich aufmerksam. Jemand rief auf Varantinisch, was Kiyan als sprachbegabter Weltenbummler natürlich verstand: Da ist er!
„Sie sind ihm auf den Fersen.“
Rasch bewegten sie sich von der Gasse zur Haupstraße, wo gerade eine Meute von Wachmännern, angeführt von einem Torgaaner mit zerschlagener Fresse hinter einem Eselkarren herliefen. Der fuhr natürlich in einem Tempo, welches als schnelleres Gehen oder langsames Laufen betrachtet werden könnte. Auf dem Karren hockte ein fluchender und gestikulierender Onyx.
„Dieser Idiot“, entfuhr es Turya. „Ein Eselkarren. Dieser Hornochse wäre schneller, wenn er das Ding mitsamt Esel und Kutscher ziehen würde.“
„Wir müssen ihr Tempo schmälern.“, Kiyan sah sich um, verschaffte sich einen Überblick. Im schlimmsten Falle wussten diese Wachleute, wo ihre Unterkunft war. Bedeutete also, dass sie bald Besuch bekommen würden. Stadtwache, mindestens. Jetzt waren aber nur einige verwundert dreinblickende Bürger zu sehen, das übliche Volk der Stadt und Straße. Mehr als nur ein paar riefen der Meute um den Torgaaner Schmähungen zu, scheinbar waren sie – oder ihr Arbeitgeber – nicht gerade beliebt.
„Wir scheißen auf die Ehre.“
„Sehr gut. Pfeile von hinten?“
„Pfeile von hinten.“
„Wollen wir sie töten?“
Kiyan schluckte kurz. Der Gedanke war gekommen und wieder gegangen, unbeeindruckt hatte sein Gewissen ihn passieren lassen. Die Pfeile würden töten oder zumindest verletzen, vielleicht sogar schwer. Aber … es war ihm einerlei. Die Kerle standen zwischen ihnen und ihrem Verbündeten.
Zwischen mir und dem Mammut.
„Nein, aber wenn sie dabei sterben, ist’s halt so.“ Er bleckte die Zähne. „Da muss man realistisch sein.“
Turya sprintete zur anderen Straßenseite, legte im Laufen einen Pfeil auf und feuerte, keinen Sekundenbruchteil, nachdem sie in Position gegangen war. Kiyan war an Ort und Stelle geblieben, hatte sich eine Sekunde mehr Zeit zum Zielen und Feuern genommen. Zwei Pfeile fanden ihr Ziel. Die Veteranin fällte ihr Opfer geradewegs, dass es vornüberkippte. Ehe die Wachleute reagieren konnten, ging ein weiterer mit Kiyans Pfeil im Bein zu Boden, ließ das Schwert fallen und begann schrill zu heulen. Die Spitze steckte knapp unterhalb des Knies.
Turya machte zwei Handzeichen. Handfläche zur Seite in fallender Bewegung, Zeige- und Mittelfinger nach vorne gestochen. Kiyan verstand sofort. Die Veteranin hatte ihn sehr gut unterwiesen.
Er warf sich seinen Bogen über und schoss in die Gasse zurück, aus der sie gekommen waren und sprintete los, legte auf der Nebenstraße mehrere Blöcke zurück, ehe er seitlich umgerissen wurde und schmerzhaft zu Boden ging. Der Bogen flog ihm aus den Händen und krachend landete er auf dem harten, von Füßen und Karren festgefahrenen Erdboden. Über ihm stand einer der Wachleute, den Säbel hoch erhoben.
„Hurensohn“, knurrte der Mann auf Varantinisch.
„Hinter dir“, antwortete Kiyan nur ächzend in der gleichen Zunge. Der Wächter fuhr herum, wohlwissend, dass mehrere Schützen unterwegs waren und die Zahl zwei überstieg.
„Da ist doch …“, knurrte er, sah zurück und sah erst die Krallen Kor’has vor seinem Gesicht, als es bereits zu spät war. Still wie der Tod war sie aus dem Himmel herabgestiegen, um ihren Gefährten zu schützen, instinktiv. Eben gleich einer Mutter, die ihr Junges bewahren wollte. Kreischend ging er zu Boden, ließ den Säbel fallen und versuchte die flatternde, schwarzgefiederte Kreatur von seinem Gesicht zu lösen, die zu allem Übel auch noch angefangen hatte, mit dem spitzen, harten schwarzen Schnabel zu schnappen. Kiyan stand auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung, hob den Säbel und wog ihn in der Hand.
„Brechen wir auf“, sagte er an den Vogel gerichtet, der sich abstieß und flügelschlagend wegflog. Das Gesicht des Wachmannes war eine blutige Ruine. Er stammelte varantinische Flüche oder Bittgebete an Innos oder Beliar oder wen auch immer man hier nach all den Jahren des Götterkrieges auch anbetete.
„Sei still.“, brummte Kiyan und stieß dem Mann die Säbelspitze direkt ins Herz. Und wieder schluckte er. Nicht, weil ihm übel wurde, weil er gerade das erste Mal wissentlich und in voller Klarheit getötet hatte – anders als all die Toten in Beliars Hauch – sondern weil ihn das Ableben des Mannes schlicht und ergreifend … kalt ließ.
Ein Hindernis, das zwischen ihm und dem Ziel stand. Der schrille Schrei einer Frau, die eine Ladung Wäsche fallen ließ und das Gekreische ihrer Herde an Kindern ließ Kiyan hochfahren, sich umwenden und loslaufen. Er packte seinen Bogen und schoss davon. Grob in die Richtung, in der sich der Karren und hoffentlich auch Turya bewegen würden. Vielleicht hatte die Veteranin ja auch einen Widersacher oder mehrere aufhalten können.
„Verfluchter Torgaaner“, spuckte der Waldläufer aus, „Nach der Reise kann ich mich in keiner Stadt im Morgrad mehr blicken lassen …“
Geändert von Kiyan (31.07.2025 um 20:15 Uhr)
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Bakaresh
“Pasheera!”, fluchte der Torgaaner und sprang vom Eselskarren. Er hätte schon längst einen anderen Weg einschlagen können und wäre durch Gassen und Hinterhöfe wohl irgendwie ganz entspannt entkommen. Aber stattdessen musste ein großer Torgaaner einen armen Esel alle Flüche des Torgaanischen an den blöden Kopf werfen, um geradewegs auf der Straße gut sichtbar für alle zu flüchten.
Es gab sicherlich dümmere Fluchtversuche, aber eine best-of Liste hatte er gerade auch nicht parat.
Stattdessen lief er mit Rucksack und wehenden Mantel los, um Haradaans Leuten zu entkommen.
Irgendwas hatte sie aufgehalten und das war kein umgeworfener Korb mit Äpfeln.
Ja, er schuf sogar Abstand und entkam in eine Gasse, wo er seinen Bogen spannte und dann um zwei Ecken lief. Er kam an irgendeinem Marktplatz wieder raus. Da sah er sich um, ging schnellen Schrittes mitten durch und hielt sich klein.
Doch brachte dies wenig.
“Halt! Haradaan will deinen Kopf!”, rief ein Varanter. Brüllte die Leute an und schuf zwischen sich und Onyx genug Freiraum für einen Kampf. Onyx schüttelte den Kopf, ließ den Schweiß hinab tropfen und griff an seinen Rucksack.
Der Varanter indes schwang zwei varantische Klingen gekonnt beidhändig umher, wirbelte wie ein Derwisch herum und zeigte seine gefürchtete Kunst vor der Menge mit einer doppelten Pirouette, bei der die Klingen wirbelten.
Im nächsten Moment surrte ein Jagdpfeil durch die Luft und riss durch die Wucht des Starkbogens den Varanter von den Füssen.
Jammernd hielt er sich den Bauch, während Onyx die enttäuschte Menge ignorierte und einfach an dem Typ vorbei latschte.
“Rasheeda!”, knurrte er und blickte gen Himmel. Oben war Adler und Adler sah den Weg hier hinaus. Onyx für einen Augenblick auch und dann schob er sich durch die Menge, die so recht nicht wusste, wie gefährlich er war.
Momente später war er am Rand der Wüstenstadt. Schritt langsam und wachsam zu den Gehegen der Kamele und beobachtete alles, was sich bewegte und menschlich war. Dort angekommen wählte der Waldläufer den Weg durch das Gehege und konzentrierte sich auf jedes Tier, das ihn da bemerkte oder sich gestört fühlte.
Manche waren unruhig und manche wurden ruhiger, als Onyx selbst mit sich beruhigendem Gemüt an ihnen vorbei schritt und den Blickkontakt suchte. Als er eine leichte Anhöhe erreichte und über die Kamelherde vorbei am Gehege in die Stadt blicken konnte, warf er seinen Rucksack ab, legte Pfeile und seinen Bogen herab und setzte sich hin.
Dein Blick ging hinauf gen Himmel, wo Adler kreiste.
“Tuvo!”, sagte er laut aus und auch in seinen Gedanken die Adler auf besondere Art empfing. Adler drehte ab und flog über Bakaresh, um Kiyan oder Turya zu finden. Onyx indes legte sich flach hin, um nicht weiter aufzufallen.
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Bakaresh, im Norden der Stadt, nahe dem Rand
Es herrschte Chaos im nördlichen Teil der Stadt. Woher Kiyan das wusste? Im Norden lag der Quell dessen, was ihn dahinzog. Wie Eisenspäne, die von einem Magnetstein angezogen werden. Nachdem er den Wachmann überwunden – ermordet, getötet – hatte, war er schnellen Schrittes durch die Nebengassen und Seitenstraßen gehuscht, viel ausdauernder als das noch vor einigen Monden der Fall gewesen wäre. Sicherlich lag das zum einen an der Ausbildung zum Waldläufer, die er absolvierte, aber auch und vor allem wohl an der Berührung des Mammutgeistes, Gy’liaths Segen. Oder Fluch, je nachdem von welcher Warte aus Kiyan es betrachten wollte. Im Augenblick erwies es sich aber als glückliche Fügung.
So lief er schnellen Schrittes durch Nord-Bakaresh, wich größeren Ansammlungen aus oder versuchte sich möglichst unauffällig durch unumgehbare Gruppen zu bewegen. Das war natürlich ein nahezu unrealistisches Unterfangen. Aus dem normalgroßen, unauffälligen Gortharer war ein fast zwei Meter großer Hüne geworden, der eine vernarbte Fresse wie ein alter Amboss besaß. Kiyan wusste nicht, wie schnell die Veränderungen von statten gingen, ob dies jetzt das unansehnliche, fertige Produkt war … oder er am Ende einem Schmetterling gleich diesem hässlichen Kokon entfliegen würde.
Irgendwie befürchtete er, dass ein so getriebener, gequälter Geist wie Gy’liath herzlich wenig auf die Äußerlichkeiten seiner Diener gab. Der Waldläufer vermutete, dass dem Mammut an nützlichen Werkzeugen gelegen war, weniger an schönen Nichtsnutzen.
„Kiyan!“, aus einer Seitengasse kam Turya geschossen, packte ihn und zog ihn weiter. „Sind dir welche auf den Fersen?“
„Einer. Der ist tot.“
Die Veteranin blickte ihn einen Moment aus ihrem gesunden Auge an. Ein Ausdruck, den er bei ihr nicht kannte. Besorgnis. Kiyan übersah es.
„Weiter!“, drängte er, „Richtung Norden. So Adanos will, finden wir dort diesen Blödian.“
Turya lächelte kurz. „Auf einem Eselkarren … ernsthaft …“
Aber Kiyan ging nicht weiter darauf ein, marschierte weiter vorwärts. Sie umgingen Wachen und hielten sich immer weiter am Stadtrand. Ihr Glück war, dass Bakaresh nicht eine einzige Mauer besaß. Keinen Stadtwall, keine Befestigung. Wofür auch? Die Nomaden waren nie als Belagerungsmeister bekannt gewesen und hatten in all den Jahren des Zwistes keinen Versuch unternommen, den Krieg in die Städte ihrer Erzfeinde, der Assassinen, zu tragen. Für die Myrtaner war es daher besonders einfach gewesen, trotz der Hitze der Wüste und dem Kampfeswillen der Diener Beliars, die Städte zu erobern.
„Ich rieche etwas“, murmelte Turya. Kiyan schnüffelte. Kamele. Pferde. Allen voran die Hinterlassenschaften beider Arten von Reittieren. So bewegten sie sich rasch weiter, hielten sich am Rand der Stadt, ehe sie die Koppeln erreichten, auf denen Pferde und Kamele standen.
„Die Stallungen.“
Sie sahen sich um, verlangsamten ihre Schritte, um wie zwei Jäger aus dem Norden zu wirken, weniger wie gehetzte Mörder. Am Himmel erklang der Schrei eines Adlers. Es hätte wirklich jeder Vertreter dieser Gattung sein können, aber die beiden Waldläufer erkannten den Schrei sofort. Es war Adler. Das Tier hatte sie erspäht, kreiste kurz über ihnen und drehte dann flügelschlagend ab gen Norden. Hier begann eine Gebirgskette, die sich an der Küste entlang bis nach Lago und weiter nach Braga zog. Hier würde das Klima milder werden, ähnlicher dem südlichen Myrtana als der Wüste. Hier wuchsen Bäume, Grünzeug.
Kiyan lächelte wölfisch.
„Mal sehen, ob die Hunde uns in unser Gebiet folgen.“
Turya grinste zurück. „Das werden sie bereuen.“
Kurze Zeit später erhob sich auf einer kleinen Anhöhe ein schwarzer Schatten. Hinter ihnen waren Rufe zu vernehmen, Geschrei und das Geklirr von Schwertscheiden an Rüstzeug. Keine Zeit für dumme Sprüche und Beleidigungen. Der Torgaaner nickte ihnen zu, dann hetzten sie weiter. Bald an den ersten Bäumen vorbei, hier noch Oliven und Zedern, Zypressen. Bald würde der eine oder andere dichtere, natürliche Hain folgen.
Und dann können wir den Spieß genüsslich umdrehen.
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nahe Beria, Höhle bei den Doppelwasserfällen - Treffen sich drei Druiden zum Plausch
„Meister Porgan“
Meisterin Vivin überraschte den alten, grauhaarigen Druiden und Hüter des Rippersteins, einen Erwählten der Natur, einer, der lange vor Ankunft der Leute des Sumpflagers von Khorinis schon für die Sache des Waldvolkes eingestanden hatte. Mit dem Sieg der Myrtaner über die Orks und dem Tausch eines selbstgekrönten Hauptes gegen ein anderes, welches aber nicht auf Menschenjagd ging, war es um die ihren in diesem Lande ruhiger geworden, stiller. Vivin war wesentlich jünger als der greise Druide, konnte noch gut und gerne als dessen Enkelin durchgehen, gleichwohl sie nicht mehr ganz die jugendliche Verführerin aus Sildener Tagen war.
„Ah“, der Alte drehte sich um, lächelte warm. „Die kleine Vivin.“
„Ich bin zwar Meisterin wie du, Porgan, aber ja. Ich bin’s.“
„Zufällig hier … oder hast du auch Besuch bekommen?“
Die jüngere Erwählte hob eine Rabenfeder. Der ältere holte auch eine aus seiner Robe hervor. Beide seufzten. Sie befanden sich in einer kleinen Höhle nahe der Doppelwasserfälle, die den See speisten, der wiederrum in zwei Fällen in den Ozean südlich von Kap Dun und nördlich von Trelis fiel. Flügelschlagen, ein Krähen und die beiden Druiden wandten sich gemächlich zum Eingang um. Dort stand eine schlanke, schwarzhaarige Frau, kalte Schönheit versprühend, aber trotz alle dem müde wirkend.
„Galatea.“
„Meisterin, junge Vivin.“
„Meisterin, Meisterin Galatea.“
Porgan lachte über die Schlagfertigkeit der Rothaarigen. Er neigte den Kopf.
„Grüß dich, Gala. Du bist so bezaubernd wie eh und je, weißt du das.“
Die Rabendruidin lächelte warm. „Ach Porgan, wäre ich zwanzig Jahre jünger und du zwanzig älter …“
Vivin verzog das Gesicht zu einer Grimasse, nahm aber dennoch wohlwollend die alte Bekanntschaft des Ripperdruiden mit der Rabin zur Kenntnis. Sie wirkte zwar nicht so, aber Galatea war mitunter eine vom alten Eisen. Nach den Toden all der wirklich uralten Druiden und Meisterin Garaia, war Galatea gut und gerne die älteste Weltenwandlerin, gefolgt von Noreia.
„Galatea“, Vivin machte sich nicht die Mühe mit der Anrede. „Was verschafft uns die Ehre?“
„Ja“ stieg Porgan mit ein, „Die Deinen und du seid … zurückhaltend, still … um es freundlich auszudrücken. Selbst der junge Corax verlässt sein Rabennest auf Argaan nicht. Die Jünger Iyandens wirken … abwesend.“ Er rieb sich den weißen Bart. „Obgleich ich weiß, dass die anderen Rabenfürsten nicht … untätig sind.“
Die Schwarzhaarige hob die Schultern. „Jeder wie er will. Du triffst den Nagel nur leider auf den Kopf. Ich bekam Besuch von einer aus dem Nest Il-Kaithes.“
„Der Sturmfürstin“, murmelte Vivin. Galatea nickte wohlwollend, beeindruckt von dem Wissen der jungen Frau.
„Genau.“ Sie seufzte, erzählte dann von der Begegnung mit Elorakorharise – dem niederen Rabengeist aus der Sturmlinie – und ihrer Aufgabe, die sie Galatea übertrug. Schweigend lauschten die anderen beiden Druiden.
„Wie heißt der … ich sag’s wie’s ist, arme Teufel?“
„Kiyan Calveit.“
Vivin hob eine Braue. „Ein gortharischer Name? Einer der Verwandten der dortigen Sippen?“
Galatea schüttelte den Kopf. „Es hat lange gedauert, bis ich eine … Informatin fand. Seine Begleiterin. Eine überaus mütterliche Rabin. Seine Tiergefährtin.“ Sie lächelte warmherzig. „Sie scheinen ein tiefes Band zu teilen, Mann und Rabin. Das freut mich und sorgt dafür, dass ich der ganzen Sache nicht abgeneigt bin. Was ich erfuhr … zeichnet das Bild eines Mannes, der viel durchgemacht hat in sehr kurzer Zeit. Folter und … ich denke, … so seltsam es klingt … geriet er mit einem Schamanen der Orks aneinander, denn Kor’ha – so der Name des Vogels – zeigte mir Bilder von einem Ritual, welches von niemand geringerem als dem Jadewolf durchgeführt wurde. Ein Name hatte sich in Kor’has Erinnerung eingeprägt. Ein Name der mir noch aus der Zeit bekannt ist, da hier die Orks herrschten.“
Die beiden Druiden sahen sie fragend an. „Lugdrub gro-Ogdum. Der Sohn des Steins. Der Vernarbte Wolf. Schüler des Schwarzen Panthers Kushluk, und zumindest den Namen solltet ihr kennen.“
Vivin schüttelte langsam den Kopf, aber Porgan nickte. „Faringer Kaste. Die waren die blutrünstigsten. Dieser Lugdrub … hat er dem Jadewolf nicht geholfen, ein Ulu-Mulu zu schaffen?“
Galatea nickte. „Dankbarkeit geht aber nicht über die Niederlage eines Eroberungskrieges hinaus. Jedenfalls“, fuhr sie fort, „hatte dieser Schamanengeist sich in Kiyans Geist eingenistet und da gehörigen Schaden angerichtet. Jadewolf bannte ihn in eine Tonscheibe, die der Waldstreicher bei sich trägt. Er ist mit Onyx und der guten Turya auf dem Weg hier her.“
Porgan setzte sich auf einen Stein, rieb sich die Augen. Galatea – ganz Weltenwandlerin – schuf sich mit der Wandlungsmagie eine Sitzmöglichkeit, ähnlich einem Thron. Vivin seufzte und setzte sich ungeniert auf den Boden.
„Also sollen wir ihn heilen. Das Auge?“, fragte er in die Runde.
Porgan nickte. „Ich forsche seit geraumer Zeit mit Pilzen und Sporen. Augen habe ich schon von allerlei Tieren seziert, um sie kennenzulernen. Mit Magie ist vieles möglich, die Heilung oder das Ersetzen des Auges mithilfe meiner Heilmagie sowie der der Wandlung und der Natur, sollte machbar sein.“
Er hob die rechte Hand, tippte sich an den Kopf. „Aber das … ei, da sehe ich das eigentliche Problem.“
„Die Heilungsmagie wirkt auch bei Geisteskrankheiten.“
„Aber ist es eine Krankheit? Der Schmarotzerfluch der Orks ist ein Werk aus Todes- und Blutmagie der Orkschamanen. Wir brauchen also etwas von der gegenteiligen Warte. Leben und Natur, Wasser, Einklang. Balance.“
Galatea nickte. „Das habe ich vermutet. Einen Diener Adanos. In den höheren Kreisen ihrer Magie beherrschen sie etwas, das sich … Geteiltes Leid nennt. Zwei Wesen sind dafür notwendig und die Magie … gleicht aus.“
„Dann haben wir am Ende“, merkte Vivin an, „einen einäugigen Retter mit Dachschaden.“
„Wir nehmen den Geist des Orks. Der hat keinen Körper, aber … solange der Geist noch inaktiv ist, kann durch die reinigende Macht der Magie Adanos‘ die Vervollkommnung des Geistes des jungen Kiyan erfolgen.“
Vivin sah zu Porgan. „Dann müssen wir uns nur etwas für den Körper überlegen.“
Beide fachsimpelten weiter, ehe sich Galatea räusperte. „Kennt jemand einen Magier Adanos‘, der diesen Zauber beherrscht?“
Schweigen legte sich über diese Höhle. Drei Druiden, drei mächtige Vertreter ihrer Kaste, die Flora und Fauna nach ihrem Willen gestalten konnte, übernatürliche Macht lenken konnten … saßen da und blickten ratlos zueinander.
Kiyan
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Beria
»Ge..erm TÖTET?«, frage Lyara und biss sich bei der Aussprache fast auf die Zunge. »Bei allen Göttern nein!«, polterte sie dann. »Ich hab wirklich keine Ahnung was der von mir will. Also nachgedacht Jemanden mal von den Klippen ins Wasser zu schubsen habe ich ja schon. Aber natürlich habe ich das nie wirklich gemacht«, beteuerte sie und hob fast wie zur Verteidigung ihre Hände. Ihr Gesicht war noch bleicher geworden und sie hatte sich nun wirklich keine Mühe mehr gegeben leise zu sein. Sie war von dem Gedanken völlig entrüstet. »Ich hoffe in Beria ist es genauso schön wie in Tirith. Ziemlich eigenbrödlerisch und ziemlich verschlossen auf den ersten Blick. Sehr herzlich und menschlich auf den Zweiten. Ich mochte die Menschen dort«, die Schwarzhaarige dachte einige Momente nach. »Ich werde ein Lied für sie schreiben denke ich.«, schwatze sie. Dann erstarrte sie wieder. Der Vogel schaute ihr geradewegs aus kurzer Distanz in die Augen. Sie stand vor einem Ast auf dem er sich niedergelassen hatte und sein Blick schien sich wie ein Speer in ihre Gedanken fressen zu wollen.
»Was willst du von mir?«, keuchte sie, nahm einen Stein auf und wollte ihn werfen. Doch noch bevor sie die Bewegung vollenden konnte war der Vogel schon völlig verschwunden. So als hätte die Nacht selbst ihn verschluckt. »Nerviges Tier!«, rief sie. »Nervig sage ich!«, rief sie lauter. Kurz darauf war Ifran bei ihr und legte ihn die Hand auf den Mund. »Still«, zischte er. Lyara wollte sich losreißen, doch als sie etwas hörte blieb sie still. Irgendjemand war hier ebenfalls im Wald. Es knirschte. Leise nur, doch Ifran bedeutete ihr ruhig zu sein. Er konnte sich lautlos bewegen. So als seien er und der Wald eine untrennbare Einheit. Sie jedoch….
»Willkommen alter Freund«, meinte eine Stimme die klang wie als wenn ein Löwe brüllen würde. Auch der Mann dazu sah aus als wäre er eine Mischung aus Tier und Mensch. Er war hoch gewachsen, hatte sehr dichtes starkes Haar und seine Zähne blitzten als würde er gleich ein anderes Tier reißen wollen. Lyara trat mutig vor. »Ihr seid also einer der Typen der den alten großen Feind bezwungen hat wie? Dann kannst du jetzt ja mal erzählen wer das so war und was es damit auf sich hatte!«, meinte sie grinsend.
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Fort Nemora - Nacht und Nebel #4 DK2
Naira atmete durch. Es war die vierte und letzte Tür, die sie geöffnet hatte und nirgendwo war etwas ausgelöst worden. So einen Aufwand für einen möglichen Verdacht machte man nicht, aber sicher zu gehen war trotzdem ratsam gewesen.
Sie hatte drei der vier Türen vorsichtig mit den Schlüsseln und eine mit ihrem Dietrich öffnen können. Nur zwei Schlüssel am Schlüsselbund waren nach ihr bisher nicht genutzt worden. Doch jetzt nach dem Schloss dafür suchen war zu aufwendig. Nicht bei der Zeit die sie hier hatten.
Sie widmete sich noch nicht den nun offenen Räumen und schlich erst einmal zurück zu Jaleel. Kurz blickte sie in den anderen Bereich des Lagerhauses und sah immer noch mit etwas Konzentration das diffuse Licht, welches hoffentlich zu Esram gehörte. Dann aber kam sie mit ihrer Kerze zu Jaleel, der aufsah und sich selbst umblickte.
Der Varanter hatte Informationen. Nicht als geflüsterte Worte, sondern zunächst als Gesten. Er zeigte auf das Buch. Deutete das Rauchen von Sumpfkraut an und zeigte in die möglichen Räume von denen Naira kam.
Drei Worte fielen dann doch.
“Schacktel Lederrhhiemen. Werkzeugkieeeste.”
Naira verstand und blieb erst einmal bei Jaleel. Er blätterte weiter im Buch, während sie in den Regalen die Buchtitel anleuchtete.
Dann ging sie mit Fingerspitzengefühl an die Schubladen.
Öffnete die Erste und holte daraus ein mit Stöpsel geschlossenes Tintenfass hervor, sowie drei Gänsefederkiele. Die landeten in ihrem Wams.
Die zweite Schublade bot auf dem ersten Blick nichts Interessantes mit alten Lieferscheinen mit Stempel und Bezeichnung der gelieferten Waren. Erst auf dem zweiten Blick kam der Diebin etwas in den Sinn.
Oben stand ein Name, eine Fuhrwerknummer, ein Datum und eine weitere Nummer. Auftragsnummer?
Herkunft aus Trelis mitsamt Wappen auf dem Stempel. Dann was geliefert wurde. Hier waren es drei Fässer Wein, hundert Fackeln und drei Fässer Lampenöl.
Ganz unten war mit S. E. unterschrieben und abgestempelt worden. Der Stempel für Fort Nemora.
“S. E. - Stallion? Wäre logisch. Seinen Nachnamen kennen wir nicht.”, dachte sie sich und gab dann Jaleel den Lieferschein.
Vielleicht fand er ja auch noch was im Buch? Sie zeigte auf die Nummern und stöberte dann weiter.
In der nächsten Schublade fand sie Bestellungen, die von hier waren. Sie blätterte durch und fand auf der neunten Bestellung das, was auf dem Lieferschein zuvor geliefert wurde.
Sie verstand so langsam. Jaleel bekam von ihr Besuch.
“Finde heraus wann was geliefert und dokumentiert wurde. Wir müssen wissen, wie lange es ungefähr dauert. Von der Bestellung zur Lieferung. Orte, Fuhrwerke und was weiß ich. Merk es dir bitte irgendwie. Ich habe eine Idee, wenn sich ein Muster für irgendeine Stadt ergibt.”, sagte sie und ging an weitere Schubladen. Jaleel neben ihr prüfte schon, da zeigte sie ein wenig enthusiastisch leere Blätter Pergament und dann, was sie erhofft hatte und auch schon durch Robas und Jaleels Beobachtungen wusste.
Jedes Fuhrwerk, das hier rausfuhr, hatte natürlich auch Papiere, die am Tor kontrolliert wurden. Es waren Bestellungen von den Städten, die mit den Lieferungen eingingen. Das verrieten die Stempel, Nummern der Fuhrwerke und was gefordert wurde. Stein und Erz hauptsächlich. Bestätigungen, dass die Bestellung erfüllt wurde, gab es durch den Stempel des Forts und die Unterschrift von S. E. - Zumindest war eines der Dokumente schon vorbereitet und wenn morgen dieses Dokument raus an den Fuhrmann ging, der genau diese Waren herausfuhr, dann hatte sie einen weiteren Teil für ihren wachsenden Plan.
“Den Stempel suchen und eine nicht abgeschlossene Bestellung nehmen ist zu riskant. Nicht jetzt.”, dachte sie und überlegte. Dann widmete sie sich Jaleel.
“Schau nach was in den nächsten Tagen oder Wochen eintreffen müsste. Egal von wo. Dann schreib es auf. Schau genauso nach, ob die Bestellungen außerorts direkt hier erfolgen oder erst mit der nächsten Lieferung erfüllt werden. Es wäre gut zu wissen.”, erklärte sie flüsternd und ging ihre Gedanken noch einmal durch.
Sie hatten Einfuhrpapiere und Ausfuhrpapiere. Bestellungen von hier in bestimmte Städte und genauso wohl umgekehrt.
Alles funktionierte mit einem Stempel und der Unterschrift von S. E.
Sie bräuchten Informationen über die zeitlichen Abläufe, was in kommender Zeit anstand und was wohl kommen würde. Was sie nicht wussten, war welche Fuhrwerke rein kommen würden. Aber nach ihrem Plan bräuchten sie das nicht, solange klar war was ungefähr wann gen Fort Nemora kommen würde.
Hätten sie für die nächste Zeit diese Information und Danzo Glück mit seiner Vermutung, dann würden auch sie ihr Glück herausfordern und sie selbst würde das Versprechen an Gisla verwirklichen - damit sie Hilfe von außen bekämen.
Nichts war für wahr sicher und es galt einiges vorzubereiten, aber bei den Vier! Es war ein Weg in die Freiheit. Zumindest in ihrem gerade ratternden Köpfchen.
Sie atmete einen Moment durch, blickte zu Jaleel der noch forschte und zeigte dann in die Richtung, wohin es sie verschlagen würde. Zu den vier geöffneten Türen.
“Sobald du fertig bist. Komm hinzu.”, flüsterte sie und steckte sich ein paar Blätter Pergament ein. Jaleel war gerade Gold wert und vielleicht würde er noch mehr finden.
Sie prüfte die Lage und schlich dann in die geöffneten Bereiche. Es waren kleine Räume mit Regalen oder Schränken. Einer war sehr schmal und bot höchstens Platz dafür sich auf dem Punkt zu drehen, um links oder rechts von sich was einzulagern. Hier waren kleine Dinge zu erwarten und man roch sie schon. Naira sah sich etwas um schob mit diebischen Geschick ein paar kleine Schubladen auf und fand dort vor allem Gewürze. Pfefferkörner, getrocknete Kräuter in Säckchen und so manches mehr, das sie nicht wirklich am Geruch erkannte. Manches erinnerte sie an Varant und anderes war ihr gänzlich fremd.
Sie schloss die Behältnisse und befand, dass es hier nichts Wichtiges geben könnte.
Kurz bevor sie den Raum verlassen konnte, vernahm sie Schritte. Dumpf und schwer. Mit geweiteten Augen blickte sie zu Jaleel der natürlich auch die Schritte vernommen hatte und losch ihre Kerze mit den Fingern. Jaleel folgte und nahm eine geduckte Haltung ein.
“Scheiße…alles scheiße.”, murrte Stallions verschlafene Stimme. Dumpf folgten die Schritte näher und näher zu ihnen. Kurz hielt er inne. Schnüffelte vielleicht? Und dann schlug er gegen die Eingangstür.
“Macht auf. Ich muss pissen!”, knurrte er. Draußen erklang ein Gähnen und dann Gelächter.
“Stallion Esteban muss pissen. Ho-Ho. Hast du was für uns?”, fragte die Stimme hinter dem Tor.
“Gondalf. Ich piss dir gleich ins Gesicht. Mach auf!”, drohte der Gardist.
“Komm schon. Für gute Freunde hast du doch zumindest einen Stängel, heh?”, fragte dieser Gondalf.
Stallion knurrte und murrte.
Naira blickte zu Jaleel. Er zu ihr. Was seine Mimik aussagte, wusste sie nicht, aber es galt vielleicht gleich zu reagieren.
Geändert von Ornlu (12.08.2025 um 14:46 Uhr)
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Bakaresh, im Norden der Stadt, nahe dem Rand
Onyx hatte diese Ruhe gebraucht, um die Lage zu verstehen und zu erkennen, dass sie hier im Vorteil waren. Er hätte in viele Richtungen gehen können, im Moment, da Flucht in erster Linie galt. Egal wie. Doch etwas in ihm hatte genau diesen Punkt gewählt und die extra Schritte gehen lassen, um nun hier zu stehen.
Turya kam ihm entgegen und dann Kiyan. Der Gorthaner war anders. War gewachsen, jetzt da Onyx aus der Ruhe auf ihn blickte. Sie waren nahezu gleich groß und das war maximal seltsam für den Torgaaner. Kamen Gorthaner erst sehr viel später in die Wachstumsphase? Nein. Da war irgendwas anderes passiert und wenn er nicht ganz ignorant gewesen wäre, wäre es ihm wohl schon auf Argaan aufgefallen. Wobei ignorant? Der Hüter der Olvara war genug mit sich selbst beschäftigt. Was mit Kiyan war, würde er schon noch erfahren, wenn es wirklich nicht irgendwelche verbotenen Substanzen waren die er nahm. Wobei was war denn verboten? Onyx schüttelte den Kopf. Fegte diesen Gedanken weg, wie ein Sturm ein Blatt am Boden und fokussierte sich auf das, was er vor hatte.
Die Pfeile vorbereitet und den Starkbogen gespannt, blickte er gen Himmel. Zu Adler, die mit Onyx ruhigen Geist nun eine Einheit bildete.
Er spürte, wie sie auf den warmen Winden segelte und wie leicht es war, sich in der Luft zu halten. Er bekam Eindrücke von oben und sah sich und seine zwei Gefährten für jeweils einen Wimpernschlag, sah die Tiere zwischen ihnen und was da vor dem Gehege sich sammelte. Ruga war da mit seinen Wächtern. Aber auch myrtanische Soldaten. Wenige, die dem Chaos in den Vorort nach geeilt waren.
Onyx atmete tief ein, erhob sich, damit man ihn sah und wählte den ersten Pfeil. Er spannte mit geübter Profession den Bogen bis an sein Maximum und ließ nach kurzem korrigieren der Höhe den Pfeil, ohne groß zu warten, durch die Luft surren.
Der Pfeil flog und flog und landete als Warnschuss hinter die Gruppe um Ruga.
Ruga stieg auf einen Balken der Koppel, hielt einhändig sein großes Krummschwert in die Höhe und rief Onyx torgaanische Versprechen zu. Eher Flüche.
Der Moment den der Waldläufer wollte. Onyx spürte die Winde zwischen ihnen, während Adler kreiste, sah seine Position und die von Ruga für einen Moment und wartete noch einen Atemzug, bevor er den Bogen spannen würde.
Der Meisterschütze hoffte auf besseren Wind, auf eine sanfte Woge die seinen Pfeil tragen, aber auch gewähren lassen würde.
Dann spannte die Sehne des Starkbogen knatschend und kraftvoll nach hinten. Der schnelle Kriegspfeil wurde bis auf Anschlag gespannt und alle Muskeln des Hünen spannten sich, während seine Atmung ruhig ging. Ein fokussierter Gedanke kam auf und entließ das Geschoss.
Adler kreischte über ihnen auf und der Kriegspfeil surrte wie eine Blutfliege über Kamele, Pferde, Wüstensand und durch den warmen Wind.
Schlug metallisch-klirrend ein und ließ Ruga stürzen. Ließ ihn sich am Boden wieder sammeln und seine Waffe, die ihn aus der Hand geschossen wurde, betrachten.
Das war kein Fehlschuss - das war der gewollte Schuss eines Meisters am Bogen, der die breite Klinge des großen Krummsäbels getroffen hatte.
Sie war noch intakt, doch ein tiefer Kratzer zog sich längs am Metall.
Von manchen Wächtern gab es Gelächter und Spott, doch Ruga bellte sie regelrecht an. Er hatte verstanden, dass Onyx den Schuss genauso setzen wollte. Er hätte Ruga treffen können, so wie er sich präsentiert hatte. Typisch Torgaaner. Sich zeigen, laut brüllen und sich in den Kampf stürzen.
Ruga verstand, weil er Onyx Worte an seinen Herrn nicht vergessen hatte und an ihn selbst. Ruga zu töten wäre zu einfach gewesen. Die Wahrheit über ihn jedem Torgaaner erzählen, war der weitaus schmerzvollere Akt eines irgendwann kommenden Todes. Die Wahrheit sollte Ruga hinrichten.
Ruga war die Wut, die Erkenntnis regelrecht anzusehen und natürlich wäre er dumm, wenn er Onyx nun laufen ließ. Aber hatte er eine Wahl? Kiyan und Turya kamen mit ihren Bögen hinzu und feuerten jeweils einen Pfeil ab. Bewiesen, dass sie ebenso versiert mit dem Bogen waren.
Die Myrtaner bei Rugas Leuten hatten wohl die Schnauze voll. Sie befahlen im Namen des Königs oder Statthalters sie zu unterstützen. Zumindest wirkte es so, anhand der Gesten und Mimik.
Ruga schnaubte auf und nickte dann, ohne dass er jetzt wie der große Anführer der die Spitze des Angriffs war, wirkte
Und das machte er auch nicht. Ihre Verfolger kletterten über die Koppel und liefen zwischen den Pferden und Kamelen auf sie zu.
“Pfeifer! Jetzt gleich! - Muha!”, rief Onyx in die Lüfte und Adler stürzte hinab, um Onyx Gedanken folge zu leisten. Sie kreischte auf und brachte Pferde und Kamele nahe der Verfolger dazu aufzuscheuen. Was zunächst Platz für die schuf, änderte sich, als immer mehr und mehr Tiere sich in Bewegung setzten. Es war ein schriller Pfeifer - ein Alarmpfeil des Waldvolkes der zunächst die rechte Seite der Tiere zurück scheuchte und dann ein weiterer Pfeifer der dies noch einmal verstärkte und dazu sorgte, dass einige Pferde in den Galopp übergingen.
Die Verfolger flüchteten panisch zur Koppel, manche wurden umgestoßen, Ruga brüllte ein Kamel noch knapp an sich vorbei und dann war es noch lange nicht zu Ende.
Turya und Kiyan hatten längst verstanden und sorgten mit jeweils einem Pfeifer links der flüchtenden Tiere, dass sie wieder in die Gegenrichtung liefen.
Adler kreiste am Himmel und beobachtete wie die drei Waldläufer Bakaresh den Rücken zukehrten und in die Berge und Vegetation dieser Region verschwanden.
“Was ihr gemacht so lange?”, fragte Onyx, während sie gerade Felsen hinauf kraxeln. Kurz blickte er zurück und sah, wie sich die Staubwolke legte.
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Irgendwo vor Beria
“Na was bist du für ein freches Gör!”, dröhnte die Stimme des Bärtigen, der gut und gerne zwischen Bären, Löwen und Büffeln schreiten könnte, ohne dass sie sich an diesem stören oder er sich an ihnen stört. Gehüllt in Fellen und Leder von Hirsch, Wolf und Wollbison wirkte er schon imposant, doch die zwei Säbelzahnzähne an seiner Knochenkette rundeten das Bild des Mannes ab. Etwas in die Jahre gekommen, etwas fett geworden, aber immer noch voll im Saft stehend, strahlte Brennus von den Arka die rohe, dominante Kraft aus, die alle seiner alten Familie ausstrahlten. Von Arakos den Bären begonnen. Der einzige Unterschied zu Arakos war Brennus Gemüt. Der weise Waldläuferführer des Festlandes ließ sich selten aus der Ruhe bringen und wenn doch, dann erfuhr ein jeder wieso er Arakos der Bär war.
Brennus indes hatte Temperament und handelte oft impulsiv. Manche sagten, er hätte viel mehr das Blut der lange verschollenen Ursal Familie, die zusammen mit den Baribal und den Arka dereinst die Bärensippe waren. Doch da war auch viel von einem Arka in Brennus. Das dichte, braune Haar, die hünenhafte, massige Gestalt und die Augen die es so nur bei den Arka gab.
Doch wer wusste schon, was sich in Generationen durchsetzte?
“Bewahre! Ein Gör, das zu laut flucht und im Wald trampelt wie ein Ork. Könnte deine Tochter sein, Brennus von den Arka!”, sagte Ifran mit der Andeutung eines schelmischen Lächelns.
Brennus lachte so auf, dass die langen, geflochtenen Bartzöpfe seinen prächtigen Schnauzers schaukelten. Dann klopfte der mindestens einen Kopf größere Mann Ifran auf die Schulter und beugte sich zu Lyara herab.
Sein Kopf war im Vergleich anderthalbfach größer als jener von Lyara und entsprechend wirkte sie neben ihn wie ein junges Mädchen. Aber selbst Ifran wirkte neben Brennus wie ein Knabe, der mal mehr Schnitzel essen sollte.
“Bewahre! Ich hab den alten, großen Feind nicht bezwungen. Das waren meine Vorväter, als diese Welt noch jung nach der großen Flut war. Und seinen Namen spricht man nicht aus. Das bringt Unglück! Es wurde prophezeit, dass er irgendwann seinen Namen wieder hören würde und dann wird uns allen der Arsch auf Grundeis gehen, Mädchen.”, sagte der Hüne und erhob sich wieder.
“Was ich für Aberglauben halte, alter Freund. Ich weigere mich, auf Dinge zu hören, die jemand erzählt hat, der zu viel von bestimmten Pilzen gegessen hat. Bei den Vier! Beim Vater! Und der Mutter! Der alte, große Feind starb durch die vereinten Kräfte der mächtigsten Krieger des Waldvolkes. Seine Leute starben in den Wäldern Zentralmyrtanas und von da an, wurden sie die Heimat aller. Aller acht großen Sippen.”, sagte Ifran trotzig.
“Ich diskutier nicht wieder mit dir. Es ist Geschichte, Freund. Aber Geschichte wiederholt sich. So wie jetzt. Wieder hab ich dich gefunden, weil du den Weg nicht wusstest. - Aber wo bleibt mein waldvölkischer Anstand? Man nennt mich Brennus von den Arka. Oder einfach Bren, wenn es dir lieber ist. Wer bist du? Und wieso hängt so ein hübsches Ding mit Ifran Vier-Herzen ab? Der riecht doch nach nassen Puma! Ha-Ha!”, lachte Brennus herzhaft.
Er war nicht der klassische Waldläufer. Er war laut, war nicht in braun und grün gekleidet und war redsamer gegenüber Fremden wie die meisten.
Und doch - Wer ihn erlebte, wusste dass er das Herz eines Waldvölklers durch und durch hatte. Verlässlich, still wenn es drauf ankam und ein Mann an dessen Seite man gerne kämpfte. Nicht nur wegen seiner einhändig, geführten Doppelaxt und einen zum Mann passenden Eichenschild, sondern auch weil er ein hervorragender Schütze und Krieger mit dem Speer oder besser einer brennushohen Saufeder war. Er war ein großartiger Jäger mit dem Ifran im letzten Jahr viele Monde in Nordmar auf Orkjagd verbracht hatte.
Ifran blickte zu Lyara. Sie bekam keine Antwort, wie sie vielleicht hoffte, aber dafür andere. Der seltsame Vogel war nicht mehr da. Vielleicht schon seit Brennus’ Erscheinen.
Ornlu
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Küstengebirge nördlich von Bakaresh, Richtung Lago und Braga
„Die beschissene Suppe ausgelöffelt, die du uns eingebrockt hast!“, fuhr Kiyan den hünenhaften Torgaaner an, der – nachdem die Auswirkungen der Berührung des Mammutgeistes immer offensichtlicher wurden – gar nicht mehr so hünenhaft im Vergleich war. Turya stimmte dem Waldläufer murmelnd zu, konzentrierte sich jedoch mehr darauf, Wege und Pfade einzuschlagen, die die Städter aus Bakaresh nicht erkennen würden. Je weiter sie gen Nordwesten durch das Küstengebirge hetzten, umso dichter wurde die Vegetation.
Irgendwann blieb der Torgaaner stehen und entschied, dass sie eine Pause einlegen sollten. Er schickte seinen Adler mit einem Ruf auf eine Beobachtungsmission und ohne besondere Aufforderung, folgte ihm Kor’ha mit gewissem Abstand. Sie ließen sich nieder, aßen etwas Trockenfleisch und spülten es mit sparsamen Schlucken aus ihren Feldflaschen herunter. Die Sonne brannte, trockene Hitze lag hier über den Bergen, zum Glück ging jedoch eine Brise vom Ozean her. Turyas Weg hatte sie ein wenig Kreuz und Quer über Anhöhen, um Gipfel herum und den einen oder anderen Bergrücken getrieben.
„Warum du waren nackt?“, fragte Onyx dann. Kiyan verzog das Gesicht, rieb sich das breite Kinn – ungewohnt, wie es war – und funkelte seine Begleiter kurz an, ehe er die Schultern hob. Es war, wie’s war.
„Dachte ich verbringe eine Nacht mit einer …“, er hüstelte, „… ihr versteht.“
Turya verzog kurz angewidert das Gesicht. Der Torgaaner nickte stumpf, als wäre es keine besondere Sache.
„Dahingehend ist es schon … einige viele Jahre her. Jedenfalls habe ich mir Mut angetrunken. Viel sogar. Haben uns ein Zimmer gemietet und, naja … wie’s eben kommt. Ich bin so blau, dass absolut gar nichts läuft und die gute Dame nimmt mich aus wie Lausbuben von der Straße den schlafenden Bettler.“
Nun musste er selber grinsen. „Die Vermieterin platzte herein, die Dame war schon über alle Berge und hatte mich kräftig bestohlen. Gold, mein Schwert, die Klamotten. Himmel, selbst die Schwertscheide hat sie mitgenommen, schmucklos wie sie auch ist. Ich bin also gerade als Nahkämpfer so nützlich wie ein Ziegenarsch als Trompete.“
„Du kannst Bogenschießen, habe ich gehört“, Turya knuffte ihn aufmunternd auf den Arm. Dabei musste sie sich tatsächlich etwas strecken. „Ganz passabel sogar.“
Er nickte, sah dann auf seine Hände hinab. „Mir macht die Veränderung Angst.“
Die Veteranin und der Hüter sahen sich kurz an, dann den Waldläufer.
„Du hast uns während der Seereise erzählt, was du gesehen hast, die Visionen, die Rufe und Träume. Dieser … Geist, der dich zu rufen scheint, … es ist eine Bestimmung. Die Mutter offenbart dir dadurch ihren Willen.“
Bitter lachte Kiyan und sah sie an, kramte die Tonscheibe hervor. Ihm war, als könnte er ganz, ganz weit entfernt das gutturale Lachen des Orks hören, des gebundenen Schamanen.
„Es hat sich schon einmal jemand meiner Seele bemächtigen wollen. Und ich sah, wie dieses Wesen“ – er tippte auf die Scheibe – „eine Magierin besessen hat. Sie veränderte sich, ihr Körper schien sich mehr und mehr dem eines Orks anzugleichen. Augen, Zähne, Klauen …“
„Du befürchtest, dass du am Ende das willenlose Werkzeug des Naturgeistes bist.“
Der Einäugige nickte langsam. Dann sah er auf, mit Feuer im verbliebenen Auge.
„Mein Schicksal gehört mir. Keinem Naturgeist, keinem Ork, niemandem außer mir. Ich forme es, ich schreibe seinen Verlauf.“ Er zeigte die Zähne.
Die anderen beiden nickten, dann wandten sie sich wieder anderen Themen zu. Ihrem weiteren Weg. Es würde nach Braga gehen. Als sie weitermarschierten, sah Kiyan Onyx von der Seite an.
„Und, Rache bekommen? Waren das die Verfolger, die ihrerseits Rache wollten? Erzähl uns die Geschichte, du Rachegeist.“
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Küstengebirge nördlich von Bakaresh, Richtung Lago und Braga
“Rache? Ja. Aber nicht auf direktem Weg. Haradaan hat mich und meine Brüder als Kindersklaven gekauft. Er hat uns mit der Peitsche gebrochen. Wir waren keine Kinder mehr, aber auch weit davon entfernt junge Männer zu sein. Er hat viel Gold für uns bekommen und der neue Meister in Ishtar hat uns und viele andere Kinder am Rad der Qualen geformt, bis wir bereit waren kräftige Arbeitssklaven oder Gladiatoren zu werden. Ich hatte meine Hände an seiner Kehle und er hatte Angst. Solche Angst, dass ich entschied ihn leben zu lassen und ein torgaanisches Versprechen zu geben. Das seine Zeit kommen würde. Jetzt wird er in Angst leben, bis ich komme und es beende. Seine Nase ist zertrümmert und sein Heim nicht sicher. Jeder in der Stadt wird wissen, dass ein einstiger Sklave Haradaan bestraft hat und noch strafen wird.”, sagte er auf torgaanisch zu Kiyan, als sie kurz hielten da Adler etwas entdeckt hatte. Turya kam hinzu und wollte mit hören und so wechselte er in das varantische.
“Und ja, es waren seine Leute. Der Torgaaner ist Ruga und entstammt einem der Dschungelstämme von Torgaan. Er ist sein Hauptmann und wollte mich in eine Falle locken, nachdem er erfahren hat, dass ich seinen Herrn töten wollte. Er gab mir einen sehr starken Krauttabak als wir die Wasserpfeife rauchten und über die Sache reden wollten. Sein Plan war mich wehrlos zu machen und dann seinem Herrn zu präsentieren. Aber seine Rechnung ging nicht auf. Er wusste nicht, dass mein Körper die Dinge anders verarbeitet. Er wusste es erst, als ich die Wahrheit im Rauch erkannte und seine Lebenslüge offenbart habe. Ruga erzählt jedem, dass das Schattentigerfell, das er da trägt die Rache an dem Tier war, weil es seine Familie ausgelöscht hat. Aber die Holzfiguren am Schrein sprachen im Rauch was anderes. Er hat sie getötet. - Ich werde die Wahrheit nach Torgaan bringen. Sein Stamm soll richten.”, erzählte Onyx und erntete wohl etwas wirre Blicke. Er sparte es sich aber zu erklären, was ein torgaanischer Schrein und die Holzfiguren dazu bedeuteten und genauso, wie genau sein Körper und Geist auf Krauttabak reagiert hatten. Das musste er selbst erst einmal verstehen. So aber hatte er sich erklärt.
“Dieser Ruga sah übel aus. Warst du das? Wie bist du rein gekommen? Und wird uns Ruga weiter jagen, da er um seinen ganzen Ruf fürchten muss. Ich weiß ja nicht, wie wichtig euch Torgaanern der Ruf in der Heimat ist.”, sagte die Veteranin.
“Ja. Ich fragte ob ich als Wache beginnen könnte und Ruga wies keinen Kolo ab. er zeigte mir, wie man ohne Waffen besser kämpft und dann hab ich ihn im richtigen Moment erwischt. Ruga wird sicher nicht ruhig schlafen können, wenn er weiß dass ich die Wahrheit kenne. Vielleicht wird er mich jagen. - Für manche ist der Ruf alles. Ohne Ruf und große Geschichten, nimmt dich keine torgaanische Frau. Erst recht nicht eine Zweit- oder Drittfrau.”, sagte der Waldläufer. Turya machte große Augen.
“Torgaaner gehen in die Welt hinaus und schaffen sich ihren Ruf. Einer kommt zurück, drei sterben dabei. In der Heimat hat ein Torgaaner dann die Auswahl und kann sich trotzdem nicht sicher sein. Verstehst du das?”, fragte er.
“Wo ist da die Logik? Bei so wenig Männern nimmt man doch das was man kriegen kann.”
“Es ist logisch. Man nimmt das, was ein guter Versorger ist. Torgaan ist keine heile Welt, wo selbst der Schwache zu Gold und Einfluss kommt. Nur die Starken überleben im Dschungel. Nur die Schlauen wissen an der Küste zu bestehen. Nur die Mächtigen betreten den Feuerspucker und kommen als Aschekrieger zurück.”, sagte Onyx ein wenig streitlustig.
“Und was bist du davon? Hast du vor nach Torgaan zu gehen, ein paar strammen Weibern zu zeigen, was du in den Jahren bei uns für nen Hammer bekommen hast und kleine Onyxe zu machen?”, fragte Turya frech.
“Rasheeda! Dich nix angehen!”, fluchte der Torgaaner und ließ sich nicht in die Karten schauen. Stattdessen zeigte er zu Adler.
“Adler was gesehen. Wir folgen.”, sagte er in der Gemeinsprache und ließ Turya vorgehen.
“Kiyan akzeptieren erstmal was sein. Das Onyx Rat. Du nicht Herrn besiegen, wenn du nicht wissen wer Herr ist. Onyx haben Herrin. Sein Schönste und Onyx nicht dumm und vertrauen blind. Aber Onyx gelernt mit Zeit zu verstehen. Sie helfen Onyx und Onyx helfen Herrin. Nicht wissen, was Boss Ryu gemacht und was Griffin gemacht. Aber sie sein meiste Zeit Herren von sich selbst. Du Boss Jarvo erlebt. Er nicht Herr von sich. Wir darüber reden, wenn wollen. In Ruhe. Onyx dir helfen kann, wenn Geist wild. Haben so auch Boss Jarvo und Boss Ryu.”, sagte der Torgaaner und ließ sich von Turya dabei helfen, eine Anhöhe hinauf zu kommen.
“Überleg es dir gut mit Torgaan. Deine Seele ist waldvölkisch und einen Baum wie dich…auf den klettern manche Frauen schon gerne nackt.”, sagte Turya und zwinkerte Onyx wahrscheinlich mit ihrem nicht vorhandenen Auge zu. Ob sie Kiyan böse war, dass er eine diebische Hure ihr vorzog?
Geändert von Onyx (08.08.2025 um 13:31 Uhr)
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»Ich mag dich Väterchen«, meinte sie zu Brennus von den Arka. Dann drückte sie einmal mit der Faust gegen seien Brust, wobei sie sich fast strecken musste. Dann lachte sie glockenhell und auch er lächelte wie ein alter Bär seine Nachkommen musterte. »Ich mag eure Geschichten. Sie sind fantasievoll kreativ. So ganz anders als das, was die Leute aus den Städten erzählen. Sie wollen Klarheit, Eindeutigkeit. Keine Dinge die parallel existierten können. Ihr könnt akzeptieren, dass es Geheimnisse gibt, die nicht gelüftet werden müssen. Das gefällt mir!«, plapperte sie drauf los. »Vielleicht bleibe ich auch einfach bei euch. Irgendwie gefällt es mir hier langsam entführt worden zu sein«
Sie gingen weiter den Weg entlang und während Lyara ihnen allerhand über ihr Leben erzählte und das Ifran sie entführt hatte – wobei er klarstellte, dass er mitnichten dieses getan hatte, sondern eine alte Schuld eingelöst hatte – wich der Wald irgendwann einer Ansammlung von Wohnstätten. Es erschien Lyara ähnlich wie Tirith und doch ganz anders. Auch die Menschen die hervorlugten hatten Gemeinsamkeiten mit denen, die sie kennengelernt hatte und doch waren sie völlig verschieden in anderen Dingen. Es war fast so als hätten die Menschen der Städte ihr eine Welt vorenthalten, die in ihr war und die sie nicht haben wollten, vielleicht sogar fürchteten. Als sie das Dorf betraten, durchzog Lyara ein seltsames Gefühl – wie ein Windhauch, der nicht aus der Luft, sondern aus der Zeit kam. Zwischen den Häusern aus alten Hölzern und sonnengegerbten Steinen lag etwas Uraltes, beinahe Vertrautes. Brennus ging voran, seine Axt wie immer locker über der Schulter. Ifran plauderte mit einem jungen Mann, der gerade ein Netz flickte. Scheinbar kannte vier-Herzen hier einige andere Leute. Lyara aber blieb stehen. Etwas beunruhigte sie und beflügelte sie zur gleichen Zeit. Sie wusste nicht genau was es war. Doch irgendetwas war hier, an das ihre Seele anzudocken schien.
Sie hörte mit einem Male Schritte hinter sich. Ein Jäger, der in der Morgendämmerung mit seinem Jungen das Haus verlassen hatte, kehrte mit bleichem Gesicht zurück. In seinen Armen: ein Tier. Ein junges Reh – zerschunden, aber nicht durch Bisse oder Klauen. Seine Augen waren leer. Nicht tot. Leer. Das Blut in seinem Fell war schwarz und roch faul.
Brennus trat als Erster an den Kadaver heran, seine Stirn versteinert. Er berührte das Tier nicht. Wagte er es nicht?
»Verdammte Scheiße...«
Ifran trat näher, runzelte die Stirn. »Was soll das heißen?«
»Ist … ist das der Tod den du meintest?«, fragte Lyara atemlos. Ifran hatte gefragt ob sie schon getötet hatte. Das hatte sie nicht. Doch der unheimliche Vogel war verschwunden. Hatte das etwas miteinander zu tun?
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