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    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Schrein der Mutter

    Zarra blinzelte überrascht, als Maris einen Sumpfkrautstängel hervorzog und damit vor ihrem Gesicht wedelte. Seine Erklärung, weshalb sie keinen Erfolg mit ihren Versuchen hatte, schien ihr soweit schlüssig. Glaubte sie jedenfalls. Krampfhaft etwas zu wollen, nur um dann zu scheitern schien bei ihr üblich zu sein und da war ein wenig Entspannung vielleicht die richtige Medizin. Außerdem nahm sie gern jede Ausrede in Kauf etwas Sumpfkraut zu rauchen, vor allem, wenn ihre Großmutter sich nicht in unmittelbarer Nähe befand.
    „Ehm, gerne!“, stimmte sie daher zu und setzte sich auf den feuchten Boden vor den Altar und lehnte sich an den moosüberzogenen Stein.
    Einen Moment lang fühlte es sich wie jeder andere Stein an, doch dann glaubte Zarra zu spüren, wie sie jemand liebevoll von hinten in die Arme schloss. Kurz stockte ihr der Atem, doch dann lächelte sie leicht, während ihr Mentor den Stängel entzündete.

    Das Gefühl der mütterlichen Umarmung schenkte ihr innere Ruhe und sie beobachtete, wie Maris kleine Rauchringe in die kühle Luft stieß. Ganz so wie er es mit der Magie getan hatte.
    „Wie machst du das?“, fragte sie neugierig und schaute ihm ins Gesicht, auf dem sich ein leichtes Grinsen ausbreitete.
    Er erklärte ihr wie er die Lippen formte und dass der Luftstoß tief aus der Kehle kommen musste. Ein seltsames Geräusch, einem schwachen Husten nicht unähnlich, war dabei zu hören.
    „Darf ich es auch mal versuchen?“, fragte die junge Frau und nahm das glimmende Sumpfkraut entgegen.

    Sie nahm einen tiefen Zug und spürte, wie der grünliche Rauch ihren Mundraum füllte, bevor sie Luft einatmete und ihre Lunge damit füllte. Das wohlbekannte Gefühl der Leichtigkeit umfing sie nach einigen kurzen Momenten, während sie langsam durch die Nase ausatmete. Ein wenig Dunst fand seinen Weg ins Freie und dann versuchte sie sich an der Technik, die ihr Mentor ihr erklärt hatte. Den Mund zu Oval geformt, imitierte sie das Geräusch, doch alles was dabei herauskam, waren kleine grünliche Wölkchen, die in den Himmel stiegen. Doch sonderlich ärgern tat sich Zarra darüber nicht. Mit einem „Was-solls-ich-kann-auch-ohne-Rauchringe-zu-Pusten-das-Sumpfkraut-genießen“-Schulterzucken, befreite sie den Rest des wabernden Nebels. Ein wohliger Schauer lief ihr über die Arme und sie genoss das Gefühl, welches Sumpfkraut in ihr auslöste.

    „Weißt du“, sagte sie mit leicht verträumter Stimme, „Manchmal denke ich, dass ich einfach immer Sumpfkraut rauchen sollte. Alles fühlt sich irgendwie leichter an, meine eigenen Gedanken scheinen einfacher nachvollziehbar.“
    Sie wusste, was mit Menschen geschah, die sich zu sehr an dem Kraut berauschten. Einige davon lebten hier beim Waldvolk und es war oftmals kein schöner Anblick. Immer darauf aus einen weiteren Stängel zu bekommen, unfähig sich zu entspannen oder auch nur zu schlafen, wenn sie nicht unter dem Einfluss standen.
    Das war auch der Grund, weshalb Nerea es nicht gern sah, wenn sie sich berauschte, und weshalb sie so außer sich war, als an Beltane passierte, was nun einmal passiert war. Sie nahm einen weiteren Zug und reichte das Rauchwerk zurück.

    „Ich versuche es nochmal“, kündigte sie mit vom Rauch vernebelter Stimme an, bevor sie ihn in einem sanften Nebelfall aus ihrer Nase ausstieß.
    Die Magie in ihr schien aufgeregt zu flattern, viel agiler, flexibler als zuvor. Die winzigen Motten schienen begierig darauf zu warten, dass sie sich bewegen konnten, dass sie etwas machen konnten. Ein leicht dümmliches Lächeln huschte über Zarras Gesicht, während sie sich konzentrierte.
    So viel einfacher als zuvor folgte die Energie ihrer Vorstellung. Vielleicht war ihre Imaginationsfähigkeit auch einfach ausgeprägter, wenn sie unter dem Einfluss von Sumpfkraut stand. Jedenfalls erkannte sie nun, was Maris meinte, als er sagte, dass Sumpfkraut als Medium für Magie wirken konnte.

    Weniger zwanghaft als zuvor sammelte sie die Motten in ihrer Lunge, lockte sie mit der Aussicht sich zu bewegen, sich zu entwickeln. Ein Atemzug, dann noch einer und schließlich ein dritter, den sie in ihrer Lunge behielt. Nicht gefangen, sondern als Gast, den ihre Magie ähnlich zur Begrüßung umarmte, wie die Mutter es mit Zarra getan hatte.
    Gleichmäßig und ohne den Druck zu spüren, dass sie es schaffen musste, atmete die Weißhaarige wieder aus und ihre Augen blitzten freudig auf, als ein dunkler Strom grünen Rauches über die Barriere ihrer Lippen hinaustrat. Sie öffnete ihren Mund weiter und atmete aus bis all die Luft aus ihrem Körper gewichen war. Und mit ihr versiegte auch der Strom des Krautatems. Doch der Rauch blieb bestehen, löste sich nicht so schnell auf, wie bei ihren ersten Versuchen. Und Zarra? Zarra saß einfach dort, lächelte glücklich und erkannte Muster und Gesichter in der Wolke aus Magie über ihr.

  2. Beiträge anzeigen #62
    General Avatar von Ryu Hayabusa
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Ryu Hayabusa ist offline

    Schmiede von Tooshoo

    Ryu schmunzelte, während er sich mit der Kante des Hammerkopfes an >dem Punkt< der Schulter kratzte, der irgendwie immer verspannt war, egal wieviel man knetete, massierte oder sonst dagegen vorging. Die Rußspur, die dabei zurückblieb, war jedoch nur ein Grund mehr, später heiß zu baden und sich etwas Gutes zu tun. Bei all der Disziplin, dem vielen Training und der harten Arbeit wusste der Hüter immer noch, was zu den angenehmen Dingen des Lebens zählte. Und ein heißes Bad war im Waldvolk bis dato immer Luxus gewesen. Schließlich nahm er das Werkzeug wieder von der Schulter und nickte Freiya dann sachte zu. „Möglich. Sieh es so: das ist nur die Bestätigung für das, was du geleistet hast. Und angenehmer, als eine Schnitt- oder Bisswunde versorgen zu müssen.“

    Diese Worte blieben irgendwie in der Luft hängen, als die beiden wieder nach draußen treten wollen. Jedoch auf halbem Weg bleib der Hayabusa bei einem der Lehrlinge stehen, der gerade mit dem Hammer im Begriff war auszuholen. Mit festem Griff hielt er ihn davon ab, zuzuschlagen. „Was denkst du, was du da tust?“
    „M-Meister Hayabusa?“
    „Das werden Nägel?“
    „Ja, warum?“
    „Nimm einen kleineren Hammer…“
    „Aber warum? Ich komme klar mit dem Großen.“
    „Das richtige Werkzeug für die richtige Arbeit. Beim Abflachen des Nagelkopfes geht es um Gleichmäßigkeit. Das kriegst du mit dem Hammer für die Grobarbeit nicht hin und deswegen wird Godo dir wieder in den Arsch treten, wenn er sieht, was du hier treibst.“


    Widerwillig und nach einem Moment des üblichen Trotzes, den junge Burschen nach einer Belehrung zu zeigen drohten, wechselte der Lehrling sein Werkzeug und fuhr dann mit der Arbeit fort. Vermutlich passte es ihm nicht, gemaßregelt zu werden und vor allem noch vor einer attraktiven Waldläuferin wie Freiya. „Meister Hayabusa. Soso“, äußerte sie nur süffisant, bevor sie an ihrem Wasserkrug nippte. „Ich bin …“, Ryu seufzte sachte und schüttelte den Kopf, ehe Freiya nur mit einem „… was du sein musst“, beendete. Dann jedoch, als da wieder dieser Hauch einer kühlen Briese aufkam, dieses Mal nicht zwischen den Baumwipfeln, sondern mehr auf jener Lichtung, die Freiyas Augen innewohnte, legte der Hüter ihr die Hand an den Oberarm. Der Gedanke, auf ihre Entschuldigung einzugehen hing in seinen Gedanken, aber wie sagen? Einfach darauf eingehen, nachdem schon wieder einige längere Augenblicke vergangen waren? Ihr Blick, vorhin noch so fokussiert auf die Arbeit und nun so … verletzlich(?), lud eigentlich dazu ein. „Alles gut“, entwich es seinen Lippen schließlich, begleitet von einem ruhigen Lächeln. „Du fragst, ich antworte. Und bevor du dich weiter mit der Frage quälst: ja, ich denke, es wird Zeit, dass ein Neuer an meine Stelle tritt. Odo … Garagh ... Dzabba …“

    Unbewusst festigte der Hüter seinen Griff am Arm seiner Gefährtin, während sein Blick über das Gebirge wanderte. „Die Menschen hier sind nun stark genug, sich auch ohne mich verteidigen zu können. Und ich sollte mich endlich um Dinge kümmern, die ich zu lange von mir weggeschoben habe...“

    Wieder trafen sich die Blicke der beiden und Freiya, die tapfere, rote Snapperin, suchte seinen Blick.

    „Hüterdinge?“
    „Hüterdinge“, bestätigte Ryu, nun doch etwas schmunzelnd. „Onyx‘ Erwachen, Jarvos Fortgang und das Wiederauftauchen von Griffin. Die Azurschuppe… Nach der wilden Jagd wird es Zeit, dass die Hüter neu geschmiedet werden, wie die Waffen hier in der Schmiede. Etwas in unserer Welt verändert sich, Freiya. Und egal was passiert, ich will, dass wir bereit sind. In Kriegs- wie in Friedenszeiten.“
    „Dann wirst du uns, also … Tooshoo … verlassen?“
    Ihr Blick wanderte auf die Holzplanken zwischen den Fußpaaren der beiden. Und mit ihm auch ein von seltsamer Schwere geplagtes Templerherz. Ruhig und mit einem sachten Stupser an ihr Kinn forderte der Hüter sie schließlich auf, ihm wieder entgegenzublicken. „Du solltest mich mittlerweile besser kennen, Liebes. Nur, weil ich keine Wächter auf dem Übungsplatz anbrülle, heißt das nicht, dass ich euch hängenlasse. Es sind nur andere Aufgaben, denen ich mich widmen muss und … es wäre schön, dabei jemanden an meiner Seite zu haben, der mich auf eine Weise kennt, wie vielleicht niemand sonst. Jemand, der … naja, du bist. Vollständig und mit sich selbst im Reinen. Genug im Wissen über all das. Aber mit jenem Blick von außen, der hinter die 'Monster' blickt, für die manche uns wahrnehmen. Irgendwann.“
    "Wenn ich meine Dinge erledigt habe?"
    Ryu nickte sachte, lächelte nun seinerseits etwas breiter. "Freiya-Dinge."

  3. Beiträge anzeigen #63
    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Schrein der Mutter

    Ein wohliges Gefühl von Stolz und Bestätigung breitete sich in ihm aus, als er Zarra dabei beobachtete, wie sie - nun, da das Sumpfkraut ihr die Sorgen des Versagens und die Verkopftheit nahmen - einfach ihrem Bauchgefühl freien Lauf ließ und eine erstklassige Wolke aus dichtem Sumpfkrautrauch in die klare Nachmittagsluft am Schrein der Mutter setzte.
    "Eeeeey, die war erstklassig!", rief er begeistert und nahm seine Schülerin in den Arm.
    "Siehst du? Du kannst es! Bist echt ein Naturtalent!"
    Er drückte sie einmal fest und entließ sie dann wieder aus der Umarmung.
    "Weißt du, ich glaub, mein Sohn und du würdet euch gut verstehen. Nicht wegen dem Sumpfkraut, und so, aber wegen der ganzen Kräuter und dem Heilgedöhns und so … hat er von seiner Mutter in die Wiege gelegt gekriegt. Aber er ist ein verfluchter Stubenhocker, sag ich dir. Dem würde es echt mal gut tun, es wie du zu tun und die Dinge einfach mal auszuprobieren. Vielleicht sollt ich ihn mal hier runterschicken, um seinen Horizont zu erweitern! Ja, das mach ich mal. Hihi!"

    Maris sah den Rauchschwaden dabei zu, wie sie sich langsam in der Luft verteilten und schließlich Eins mit ihrer Umgebung wurden. Dann sprang er schlagartig auf.
    "Weißt du was? Komm, ich zeig dir mal was!"
    Er griff nach dem Stab des Gesandten und stieß ihn direkt vor dem Schrein auf den Boden. Augenblicklich breitete sich eine Welle natürlicher Magie aus dem Herz der Tooshoo-Blüte an der Spitze des Stabes durch den Boden aus und verband sich mit allem Lebendigen, das sie im Umkreis erfasste. Sofort schossen Blumen und Ranken in die Höhe, einige Vögel begannen aufgeregt zu zwitschern und überall öffneten sich Blüten um sie herum.
    "Der Stab des Gesandten. Er trägt die Magie von Tooshoo in sich und ich werde ich mitnehmen auf meine Reise, um ihn überall auf meinen Wegen mit der Natur in Verbindung treten zu lassen. So bin ich nicht nur ein Vermittler für die Menschen, sondern auch für die Natur."
    "Warum riecht es hier so nach Sumpfkraut!?", keifte eine aufgebrachte Frauenstimme gedämpft aus der Entfernung. Maris zog den Kopf ein und biss die Zähne zusammen. Ihm stellten sich in Erinnerung an ihre letzten Treffen die Nackenhaare auf wie bei einer überrumpelten Straßenkatze.
    "Das ist die alte Krähe! Komm, verschwinden wir von hier!"

    Maris packte Zarra an der Hand und zerrte sie eilends fort vom Schrein der Mutter, zurück in Richtung des großen Baumes.
    "Weißt du, ich werde wohl bald in Richtung Festland aufbrechen. Vielleicht mach ich vorher noch einen Abstecher nach Hause und bringe Runa bei ihrer Mutter vorbei - das wäre vermutlich nicht schlecht. Aber davor kann ich dir noch einen letzten Spruch für den Anfang beibringen, wenn du magst." Er sah sie mit großen Augen an und starrte in das tiefe Schwarz ihrer extrem geweiteten Pupillen, umrandet vom leuchtenden Türkis ihrer Iris. "Immerhin sind wir gerade ziemlich inspiriert, nicht?"
    Sie eilten zurück über die Stege von Schwarzwasser, vorbei an den Baustellen und dem gut besuchten Badehaus, das hier im letzten Sommer neu eröffnet hatte. Bevor er abreiste, würde er hier noch einmal hingehen, nahm er sich vor. Man musste sich auch einmal etwas gönnen können.
    "Der Zauber, den ich meine, hat auch zu meinen ersten gehört. Er lässt sich aber weniger in der Abgeschiedenheit austesten, sondern eher in der Gegenwart anderer Menschen. Es geht darum, die Gefühle eines Anderen zu greifen und zu verstärken. Und was denkst du, wo man hier die besten Experimente an anderen Leuten durchführen kann?"
    Er starrte belustigt zu ihr hinüber wie eine Grinsekatze.
    "In der Sumpflilie, natürlich!"

  4. Beiträge anzeigen #64
    Lehrling Avatar von Dion
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    Dion ist offline

    Südliche Sümpfe

    Corsika streckte die Hand nach dem Ring aus, aber Dion haute ihr auf die Finger: „Hey, den hab‘ ich gefunden! Such dir deinen eigenen Sumpfschatz!“
    Er zog das Kleinod von der Skeletthand und wischte mehr schlecht als recht den Schlamm ab. Der Ring funkelte golden in dem fahlen Licht, das durch die Baumkronen hindurchdrang. Er war groß und schwer und auf seiner Vorderseite befand sich ein Sigel, das Dion nicht zuordnen konnte. Stilisierte Flammen und Schwerter deuteten jedoch darauf hin, dass es sich um den Besitz eines Feuermagiers oder Paladins gehandelt haben könnte. Wie dem auch immer sein mochte, jetzt war der Ring seiner und wanderte zu den Schneckenhäusern, bunten Steinchen, Schnitzereien und sonstigen Kuriositäten in seiner Gürteltasche.
    „Das Licht hat uns zu dem Schatz geführt!“, stellte Dion anschließend mit Gewissheit fest, „Vielleicht führt es uns noch zu anderen Schätzen? Äh … wo ist es überhaupt?“ Er drehte sich einmal um die eigene Achse und hielt nach seinem Freund, dem Licht, Ausschau, aber das war nirgendwo mehr zu sehen. Es musste sich aus dem Staub gemacht haben, während Corsika und er mit dem Ring beschäftigt waren.
    „Du hast es verscheucht!“, beschwerte er sich gegenüber Corsika und schob schmollend die Unterlippe nach vorn, „Es mag keine Wu-Du-Zauberei!“ Für ein paar Sekunden sah er Corsika aus glasigen Augen an und stellte schließlich fest: „Mir ist kalt.“

  5. Beiträge anzeigen #65
    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Freiya ist offline
    Matt blickte Freiya in den Sumpf hinaus und lauschte den Geräuschen, die an ihr Ohr drangen. Die Nacht hatte sich über Tooshoo gesenkt und sie saß wie so oft am oberen Ende des Aufzugs am Großen Baum um Wache zu halten. Eigentlich war sie sich nicht sicher, ob diese Wache überhaupt noch nötig war, aber einerseits hatte Ricklen bisher nichts anderes verlauten lassen (der wahrscheinlich eine Anweisung diesbezüglich von Ryu selbst bekommen hätte …) und anderseits war sie dankbar für diesen Platz, an dem sie einfach ihre Gedanken kreisen lassen konnte. Es war angenehm ruhig hier. Wenn nicht gerade etwas transportiert wurde, ließ sich niemand hier blicken, und das machte für die Rothaarige den perfekten Ort, ihre Gedanken ordnen zu können, ohne dass sie sich irgendwem erklären musste.

    Erstarrt war sie in der Schmiede nach Ryus Worten. Seiner vorsichtige Bitte, sich ihm und seiner Mission anzuschließen, wenn sie ihre Dinge geregelt hätte, hatte sie nichts erwidern können. Stattdessen war ihr Kopf mit einem Schlag leer gewesen, während ihr Herz in ihrer Brust angefangen hatte kräftig zu schlagen. Ihre Hände hatten sich um das Geländer der Plattform gekrallt, bis ihre Knöchel weiß hervor gestanden hatten. Nicht in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, hatte sie auf ihren zitternden rechten Arm gestarrt, bis Ryu ihr schließlich mit prüfendem Blick die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt hatte:
    „Es ist genug für heute. Ich erledige den Rest.“
    Langsam und schweigend hatte Freiya genickt, die Schürze abgelegt und nach ihrer Haarspange gegriffen, bevor sie die Schmiede wortlos verlassen hatte, um sich in ihrer Unterkunft zurückzuziehen und zu waschen. Letzteres war besonders gemein gewesen, da ihr Kreislauf es nach der Anstrengung und der Hitze an der Esse gar nicht lustig fand, dass sie auf einmal in der Kälte stand.

    Nun saß Argo bei ihr und blickte wahrscheinlich wacher in die Nacht hinaus als Freiya selbst. Ihr Körper war müde, erschöpft vom Tag in der Schmiede und von allem, was sie erlebt hatte. Doch ihr Geist war unruhig und musste endlich all die Eindrücke verarbeiten. Da war zum einen das, was Ryu ihr beigebracht hatte. Dieses neue Wissen über den Sumpfstahl, über die Bearbeitung und das richtige Zuschlagen, das Zuhören und Beobachten, all das wanderte einmal mehr durch ihren Kopf, bis Freiya es mit einem angenehmen Gefühl der Zufriedenheit – sie hatte etwas wunderbares Neues gelernt – zur Seite schieben konnte.

    Da waren zum anderen die Erinnerungen, die an die Oberfläche ihres Geistes gekommen waren. Einerseits mit ihren Eltern in der Schmiede, als ihre Mutter der Tochter ihr Handwerk gezeigt hatte, und anderseits die Begegnung mit dem Schwarzhaarigen. Die erste Erinnerung lange vergessen und doch wohltuend und tröstlich in ihrem Auftauchen, die zweite Erinnerung irgendwie herbeigesehnt und am Ende dennoch mehr Fragen aufwerfend als Antworten liefernd.
    Wie kam es, dass sie bei einem Schmied gearbeitet hatte? Durch die Zwangsrekrutierung? Welche Aufgaben hatte sie bei dem Schwarzhaarigen erfüllt? Welchem Handwerk war sie nachgegangen?
    Freiya massierte ihre Schläfen. Es musste doch einen Grund gegeben haben, dass er sie angesprochen hatte … Plötzlich hielt Freiya inne und sah auf. Was … was wenn der Schwarzhaarige …
    „Der Hammer …“, flüsterte sie. Argo drehte seine bernsteinfarbenen Augen zu ihr. „Der Hammer an seinem Gürtel …“ Langsam erhob Freiya sich. Ihr Gesicht hellte sich auf von der Erkenntnis und sie blickte mit aufgerissenen Augen zu dem Uhu, der bei ihr saß:
    „Ein Schmied“, hauchte sie. Dann verzog sich ihr Mund zu einem ungläubigen Lächeln: „Er war ein Schmied!“
    Völlig perplex ob dieser plötzlichen Erkenntnis schlug sie die Hände vor den Mund. Argo schuhuhte interessiert.
    Aber … wenn sie darüber nachdachte, was Ryu ihr heute gezeigt hatte … nichts von dem war ihr auch nur ansatzweise vertraut vorgekommen. Nun, die Umgebung der Schmiede, ja. Das machte Sinn, wenn sie eine Schmiede durch ihre Mutter und durch frühere Meister kannte. Sie kannte die Werkzeuge, nur ihre Handhabung … Nachdenklich stützte sie ihr Kinn auf ihre Hand. Es passte noch nicht alles. Dennoch hatte sie einen weiteren Anhaltspunkt gewonnen.

    Mit einem Lächeln blickte sie erneut in die Nacht hinaus.
    Der Hammer am Gürtel des Schwarzhaarigen, so wie sie ihn auf Lyrcas Lichtung gesehen hatte, hatte eine Bedeutung gehabt und sie war da endlich etwas auf der Spur. Was war noch gewesen? Freiya versuchte sich zu erinnern. Er hatte die rechte Hand ausgestreckt zu ihr, während die linke … auf dem Griff eines Schwert geruht hatte, das an seinem Gürtel hing. Dieses Schwert … sie kannte es … Nachdenklich legte sie die Stirn in Falten. Wenn sie genauer darüber nachsann … war es ihr doch weitaus vertrauter als gedacht. Freiya schloss für einen Moment die Augen, um sich die Waffe genauer ins Gedächtnis zu rufen. Ja … sie kannte diese Klinge …

    Sie sah sie vor sich. An einer Wand. Und dann plötzlich … gezogen auf einem Tisch. Nachdenklich blickte sie auf die Waffe hinab. Sie war gebraucht, das war ihr deutlich anzusehen. Der Stahl wies Kratzer und Scharten auf, die Schneide war abgenutzt. Wie viele Kämpfe dieses Schwert wohl schon ausgefochten und überstanden hatte?
    „Kann ich dabei sein, wenn Ihr Albertus etwas zeigt?“, hört sie sich fragen. Der Schwarzhaarige stand nicht weit von ihr am Tisch.
    „Natürlich. Aber ich habe für dich, wie du dir denken kannst, andere Aufgaben und Übungen vorgesehen als für ihn. Du selbst sagst, Kraft wird es kaum sein, womit du glänzen kannst. Doch hast du mir in den letzten Tagen oft genug bewiesen, dass du klug bist. Wenn du jetzt noch ein wenig flinker wirst, machst du den Nachteil wieder wett“, erwiderte er und lächelte sie ermutigend an. Sie fühlte, wie ihr Herz einen Augenblick schneller schlug. Doch dann erlosch das Lächeln auf seinen Lippen, während er weitersprach:
    „Die ... die ... Technik ... ja, die Technik wird deine ... deine Stärke sein. Dort müssen wir ansetzen. Es ist wichtig, dass du ... die Dinge ... also ... jene Sachen, die ich eben Herrn Ich-habe-ach-so-viele-tolle-Dinge-vollbracht erklärt habe, ebenfalls beachtest ... ja ... das ist wichtig..."
    Zu ihrer Überraschung wandte er sich ab. Freiyas Blick wanderte zurück auf das blank gezogene Schwert auf dem Tisch. Sie betrachtete die schartige Klinge und Gedanken wanderten durch ihren Geist wie ihre Fingerspitzen über das kalte Metall. Gedanken über den Schwarzhaarigen und über sie selbst. Schließlich sah sie sich, wie sie – mit klopfenden Herzen – von der Seite an ihn herantrat, seine Hand nahm und ihren Blick zu ihm hob, um ihm in die Augen zu sehen.

    Er erwiderte den Blick und ließ sie in seine Seele blicken. Sie sah so viele Fragen, sah Unsicherheit, wo sie sonst Stärke und festen Willen gefunden hatte. Sie sah Zweifel, sah sein Schwanken und die Zerrissenheit, die ihn plagte. Und – sie verstand es. Sie, das junge Mädchen, fühlte es. Fühlte die Frage, ob man jemanden so nah an sich heranlassen sollte, dass er das Innerste, das man doch vor der grausamen Welt schützen wollte, blank dargelegt sehen konnte, wie diese schartige Klinge da auf dem Tisch.
    Aber sie wusste es. Sie wusste, dass es richtig war, wie es war. Woher sie diese Sicherheit nahm, das wusste sie nicht. Aber es war so. Freiya sah, wie sie seine Hand hob und an ihre Wange legte. Wortlos verstärkte sie, was sie ihm sagen wollte. Dass es in Ordnung war. Dabei fühlte sie sich so stark wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Wärme durchfloss ihren Körper, die sie kannte. Der Funke in ihren Adern, er war da. Sachte strich sie ihm durch eine Haarsträhne des dunklen Haars, dann wanderte ihre Hand zu seinem Gesicht. Raue, kratzige Haut fühlte sich an wie der beste Stoff, den sie je befühlen durfte.
    Sein Blick war immer noch voller Unverständnis und Zerrissenheit, doch schien eine Erkenntnis in ihm zu wachsen, eine Art Erwachen. Und Freiya … beendete sein Zaudern, indem sie sein Gesicht in beide Hände nahm, die Distanz zwischen ihnen endgültig überbrückte und ihn schließlich küsste.

    Überrascht öffnete sie die Augen. So etwas hatte sie getan? Sie hatte gesehen, erkannt, was ihn geplagt hatte und hatte die Dinge selber in die Hand genommen?!
    Ihr Blick wanderte zu Argo, der nach wie vor aufmerksam die Umgebung beobachtete. Wie lange war das jetzt her? Wie alt war sie damals gewesen? Siebzehn vielleicht?
    Was für ein tiefes Vertrauensverhältnis musste da gewesen sein, wenn sie sich dem Schwarzhaarigen mit einer derartigen Sicherheit und Wärme im Bauch genähert hatte?
    Hatte sie vielleicht den Mut längst in sich, nach dem sie so verzweifelt suchte?
    Offensichtlich. Ihr Kopf hatte es ihr gezeigt. Er hatte es ihr gezeigt.
    Ein liebevolles Lächeln wanderte über Freiyas Züge. Was für eine Erinnerung … Sie fühlte die Wärme von damals immer noch.

    Und nun?
    „Wachablöse!“, holte jemand die Waldläuferin aus ihren Gedanken.
    Was, jetzt schon? Sie hatte doch noch gar nicht alles bedacht!

  6. Beiträge anzeigen #66
    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Sumpflilie

    “Du bist ein wenig undicht, Väterchen.”, sagte der Jäger und hatte sich zu dem Mann mit dem weißen Haar nicht gesetzt, aber er lehnte mehr an der Wand und beobachtete in selber Blickrichtung, wie die zwei Typen da nun wegen dem vergossenen Bier stritten. Die Stimmung heizte sich ein wenig auf, der begossene Pudel pfefferte dem anderen eine satte Ohrfeige und der fiel fast vom Stuhl. Dann argumentierte er, dass er auch mal dran war und stand so wie der andere auf.
    Der bot feierlich seine linke Wange hin und sagte, er hieße Jebus, damit alle wissen, dass er ein Ehrenmann sei. Dann klatschte die flache Hand gegen seine linke Wange und er schüttelte sich heftig.
    “Und ich bin Sitan! Ich bin kein Ehrenmann, aber ich halt die rechte Wange hin. Komm schon!”, forderte der Typ auf, der nichts für sein Bier konnte.
    Jebus rief seinen vielleicht verstorbenen Vater(nur Nizze die Denkerin behauptete das) im Himmel um Kraft und donnerte Sitan so eine Schelle, dass er auf dem Boden landete.
    Die Menge lachte, Jebus half Sitan auf und Sitan bestellte für beide ein Bier. Bücher wurden neu geschrieben und das Gute, das Böse und das Hässliche - in Form von Syphilia die beide anschmachtete - vertrugen sich in der Sumpflilie. Ein ganz gewöhnliches Ereignis, an einem ganz gewöhnlichen Tag im schönen Tooshoogebiet.

    Der Weißhaarige blickte zu Ornlu und erst jetzt erkannte der Druide dieses Gesicht. Lange war es her. Er blickte durch die kleine Taverne hinter den Tresen, wo die Botin im Hintergrund mit verschränkten Armen die beiden beobachtete. Er nickte ihr zu und dann verbeugte sich die Stumme gespielt übertrieben wie vor einem König und schlenderte aus der Sumpflilie. Ornlu blickte ihr nach und dachte sich, dass Andrahir damals irgendeinen Trick gehabt haben musste, um sie rum zu kriegen. Vielleicht war es aber einfach ein zu klares Meister-Schüler, Druidenältester - Agentin Verhältnis, als dass er und sie das Lager teilten. Vielleicht war es aber auch einfach der Altersunterschied? Wäre Ornlu in jungen Jahren auf Argaan gewesen und hätte ihre Mutter getroffen…dann wäre er wohl Ethorn zuvor gekommen. Dann aber wäre seine stumme Tochter nicht die Botin und er hätte sich soeben nicht warme Gedanken gemacht. Er mochte einen großen Appetit haben, aber das ging in allem Maße zu weit.
    Aber war er so alt? Ein alter Wolf? Blödsinn. Der da am Tisch wirkte alt mit seinen Haaren. Vielleicht versuchte er es mal bei der Botin. Oder er ließ es und suchte sich andere Spielgefährtinnen. Da gab es doch so einen Spruch mit der Arbeit. Doch er konnte sich daran partout nicht erinnern. War er doch alt?

    “Oh…du fragst dich immer noch, was ich meine? Du bist undicht… - gefährlich undicht muss ich sagen. Wenige spüren, dich so, als wärst du ein Kadaver und sie die Scavenger. Nur dieser Kadaver ist aufgedunsen mit faulen Gasen und wird bald platzen. Was suchst du hier, Berash?”, fragte er gelassen und doch irgendwie drohend.

  7. Beiträge anzeigen #67
    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Sumpflilie

    Zarra giggelte noch immer über die Art und Weise wie Maris sprach und fühlte Stolz ob des Lobs, welches er ihr ausgesprochen hatte. Es wog definitiv die Fehlschläge mit der Tierzunge auf du sie hatte das Gefühl, dass ihr der Krautatem weitaus nützlicher sein könnte, wenn sie mehr damit experimentierte. Denn auch, wenn ihr Mentor sie gewarnt hatte, dass es mehr als einer Person oder deutlich mehr Erfahrung bedurfte, um die Eigenschaften des Rauchs zu verändern, waren ihre Gedanken gefüllt mit Ideen dazu.
    Für den Moment jedoch schob sie diese beiseite, denn etwas, das der Druide gesagt hatte, war von größerer Bedeutung.
    „Du wirst auf’s Festland reisen? Besuchst du deine Heimat?“, fragte sie mit großen Augen, während Maris sie in Richtung der Sumpflilie schob.
    Was bedeutete das für sie als sein Schützling? Was würde sie tun, wenn er fort war? In ihr altes Leben zurückkehren? Vielleicht, doch für den Moment schienen die Möglichkeiten im Nebel des Sumpfkrauts, der in ihrem Geist Halt gefunden hatte, verschleiert zu sein.

    Stattdessen begann sie zu grinsen, bis ihre Miene der von Maris glich. Wie zwei Kinder, die etwas ausgeheckt hatten, kicherten sie abwechselnd. Zarra fragte sich, ob sein Sohn ebenso war wie Runa, auch wenn seine Beschreibung nicht den Anschein erweckte. Dabei fiel ihr auch wieder ein, dass sie dem furchtlosen Mädchen noch kein Geburtstagsgeschenk überreicht hatte. Wie konnte sie das nur vergessen?
    Noch während sie darüber nachdachte, was der Jägerin gefallen könnte, öffnete ihr Mentor die Tür zur Sumpflilie und schob sie sanft hinein. Der übliche Dunst aus Sumpfkraut, Schweiß und Bier waberte ihr entgegen. Gepaart mit den Gerüchen einfachen Essens, was dank Mama Hooquas Kochkünsten dennoch sehr gut schmeckte. Tatsächlich meldete sich auch ihr Magen bei diesem Gedanken. Irgendwie machte das Rauchen von Sumpfkraut sie immer hungrig.

    „Dein Stab“, begann die junge Frau ein neues Thema, als sie sich an einen freien Tisch gesetzt hatten – die Lilie war durchaus gut gefüllt und sie hatte Ornlu gesehen, wie er mit einem Fremden sprach, „er ist mächtig nicht wahr? Die Blumen und Vögel waren so aufgeregt!“, quiekte sie fast und ihre Wangen röteten sich bei dem Gedanken an die aufkeimende Natur, als Maris seinen Stab auf den Boden gestoßen hatte.
    Sie glaubte auch einen angenehmen Geruch wahrgenommen zu haben, der ihr sehr vertraut, aber gleichzeitig völlig fremd gewesen war. Wozu die Blüte an der Spitze wohl fähig war? Der Vermittler der Natur wollte Maris sein. Ein schöner Gedanke, ein warmer Gedanke, denn dort, wo es Natur gab, ob in oder außerhalb der Städte, die sie ihr ganzes Leben lang höchstens aus der Ferne betrachtet hatte, wären ohne die Mutter und ihr Wirken niemals entstanden.

    „Aber was genau hat es mit dem Zauber auf sich, den du mir noch zeigen willst? Gefühle verstärken? Welche Gefühle?“, fragte sie.
    Ihr Geist sprang von einem Interesse zum nächsten und sie hatte scheinbar keine Kontrolle darüber. Und das, obwohl sie eine innere Ruhe empfand, die den turbulenten Gedanken entgegenstand. Während der Erklärung nickte Zarra mehrmals, verlor vielleicht ein oder zweimal den Faden, aber klaubte ihn immer wieder auf.
    „Das… klingt wundervoll! Ich probiere es jetzt sofort!“, rief sie begeistert.
    Ohne zu wissen, was genau sie tun musste, sandte sie ihre Magie aus. Winzige Motten stoben in ihrer Vorstellung aus ihrem Körper heraus, verteilten sich im Schankraum, landeten auf Tischen, Bechern und Menschen. Sie spürte keine Gefühle, nur den weit entfernten Herzschlag der Welt.

    Mit leerem Blick wanderten die Augen der jungen Frau durch die Sumpflilie, blieb an dem Fremden hängen, der mit dem Jadewolf sprach. Er hatte weißes Haar, fast wie das ihre und ein aberwitziger Gedanke quoll an die Oberfläche. War das ihr Vater? Vielleicht war er auch einfach alt, denn sie sah lediglich sein Haar und die Spitze seiner Nase. Dennoch reichte es, um ihr Interesse zu wecken und sie konzentrierte sich auf den Mann in dunkler Kleidung. Feinfühlig, wie sie es bei der Tierzunge gelernt hatte, ließ sie ihre Magie seine Seele erkunden. Immer mehr der Motten landeten auf seinen Schultern, seinen Beinen, seinem Haupt. Instinktiv, keinem rationalen Gedanken folgend, griff sie nach der ersten Empfindung, die ihr entgegenschlug und… erhob sie über die anderen.

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    Ehrengarde Avatar von Berash
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    "Ornlu..." Scheiße, scheiße, Scheiße! dachte Berash gleichzeitig, während er den großen Druiden erschrocken anblickte. Von allen Gesichtern, die ihn hier hätten erkennen können, MUSSTE es natürlich der alte Wolf sein, wer auch sonst. Und bei Beliar, der Kerl hatte sich kaum verändert. Immer noch strahlte er diese ruhige, gefährliche Aura aus, gleich einem Raubtier, in einem Moment noch ruhig und im nächsten hätte es seine Zähne in die Kehle geschlagen.
    Der Druide wirkte zäher als früher, etwas gereifter. Doch Berash lies sich nicht täuschen, der Mann war immer noch wild und gefährlich. Wie ein alter Wolf eben, von Narben gezeichnet und durch Erfahrungen gewachsen.

    Berash hatte unbewusst nach seinem Schwert greifen wollen, als sich Ornlu zu ihm gesellt hatte. Mit seinem tätowierten Gesicht hatte er den Assassinen gemustert und angesprochen. Für einen Außenstehenden war nichts an dieser Situation bedrohlich, nur zwei Männer, der eine sitzend, der andere stehend, die einen beginnenden Tumult beobachteten. Doch Berash fühlte sich sofort in die Ecke gedrängt und schrecklich unterbewaffnet. Denn schließlich hatte er sein Schwert in seinem Bündel gelassen und unter dem Tisch verstaut, so dass er nicht daran heran kam.
    "Ich bin nur auf der Durchreise..." gab er zögerlich eine Antwort auf Ornlus Frage. Nervös fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und strich sie nach hinten weg. Ornlu musterte ihn mit seinen dunklen, stechenden Augen und gab kein Wort von sich. Götter, war der Mann auch früher schon so bedrohlich gewesen? Es schien fast als würde alles an dem großen Druiden eine unmittelbare Gefahr ausstrahlen, so groß und düster wirkte er auf Berash. Es war fast, als stünde er kurz davor dem Assassinen das Messer in den Hals zu rammen. Oder seine Zähne, schließlich hatte Berash einige Geschichten über den Wolf, der über Toshoo wachte, gehört.

    Ein kribbeln zog über den Arm des Assassinen und Berash kratzte sich nervös, während er versuchte Gelassenheit auszustrahlen. Doch der ausbrechende Schweiß auf seiner Stirn und die beschleunigte Atmung straften jeglichen Versuch Lügen. Auch das er sich immer wieder an seinem Arm kratzte, weil das juckende Kribbeln nicht aufhören wollte lies ihn nicht wirklich seriös wirken.
    "Aber was... was meinst du mit undicht?" Stotterte Berash leise, während er sich hektisch umschaute. Schien es nur so oder warfen ihm immer mehr leute versteckte Blicke zu?
    "So alt bin ich nicht. Und hier gibt es wesentlich jüngere Leute, die definitiv undicht sind..." grummelte er im nächsten Moment auch schon. Beliar, warum war er auf einmal so gereizt?

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    “Das meine ich nicht…”, sagte er etwas harscher und wollte sich hier nicht verscheißern lassen. Es war doch offensichtlich, was Berash war oder besser, was er wie eine offensichtliche Krankheit zu verbergen wusste.
    Berash machte dann tatsächlich Anstalten, als würde man ihn in die Ecke drängen. Maris und Zarra näherten sich etwas und blickten ihn ein wenig zu sehr grinsend an. Selbst Ornlu empfand es als ein wenig zu…sumpfkrautig. Zumindest bei seinem einstigen Schüler.
    Ein Blick zu Zarra und er ahnte womöglich, was los war. Berash griff nach seinem Bündel, nach einer Waffe. Ornlu packte seinen Arm, Berash sah auf und im nächsten Moment blickte er in die wölfischen Augen des Druiden.
    Ein Atemzug später fanden sie sich in seinem Kopf wieder. Berash Geist war angekettet und Ornlu tapste in der Dunkelheit. Berash zerrte und riss an den Ketten, bevor Ornlu in das trat, was der Weißhaarige sehen konnte.
    “Bewahre…”, sprach sein magischer Geist der in menschlicher Gestalt hervorkam. Berash regte sich weiter. Etwas Flüchtiges im Dunkeln flatterte schimmernd durch die Luft. Motten? Motten die Berash’ Angst in Gestalt seiner selbst trugen und die allmählich zu schwer zu tragen hatten.
    “Tolla!”, knurrte er und intensivierte seine Mächte in Berash. Die Motten vergingen, ließen die Angst fallen und diese suchte sich direkt wieder ihre angekettete Seele.

    “Gleich wird es besser. Wehr dich nicht, sonst wird es nur schlimmer. Bewahre Ruhe.”, sagte er und sah sich um.
    “Magie kann einen umbringen, wenn sie nicht kontrolliert wird. Es ist wie, als würdest du mit gebrochenen Gliedmaßen klettern. Du stürzt garantiert. Das vorhin war Magie, mein Freund. Ich lasse dich gleich los. Du lässt dir nichts in der Sumpflilie anmerken. Sei nett. Und dann erzählst du mir, was wirklich los ist. Das ist Magie, die ich schon bekämpft habe. Die im Sumpf in Verbindung mit manch Wesen ist.”, sagte der Druide klipp und klar und zog sich in die Schatten von Berash Geist zurück.
    Er blinzelte auf, nahm die Gerüche, Lichter und Geräusche der Sumpflilie wieder wahr.
    “Bewahre!”, grüßte der große Wolf und setzte sich zu Berash.
    Geändert von Ornlu (03.02.2025 um 13:05 Uhr)

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    "Was, beim Dunklen, war das...?" keuchte Berash, als sich Ornlu neben ihn gesetzt hatte. Bei allen Göttern, warum war er auf einmal so ängstlich und panisch geworden? War es sein eigener Fluch gewesen, der sich erneut gezeigt hatte? Nein, das konnte es nicht gewesen sein, dafür hatten der Geruch von verbranntem Zucker oder das dreckige Schimmern gefehlt. Außerdem war Ornlu in seinem Kopf gewesen! Oder hatte er sich das ganze nur eingebildet? Vielleicht zu viel Sumpfkrautdämpfe inhaliert?
    Der Assassine schüttelte sich und versuchte sich mit konzentrierten Atemübungen wieder zu beruhigen. Erst als sein pochendes Herz nicht mehr in seiner Brust hämmerte, konnte sich Berash wieder auf seinen neu dazu gekommenen Gesprächspartner fokussieren.
    "Ich habe ja schon so manches erlebt... aber das gerade? Das war anders." Kein Wunder, dass sich so viele Geschichten um das Waldvolk rankten.

    Berash schüttelte sich noch einmal und trank einen Schluck des, mittlerweile kalten, Tees. Weniger aufgrund von Durst, eher um Zeit zu finden, seine Gedanken zu ordnen. Ornlus Geistergestalt hatte eine Antwort gefordert auf das gefordert, was Berash unfreiwillig passiert war. Doch genau so gut hätte der Druide nach einem Rezept für Apfelkuchen fragen können. Für beides hatte Berash nämlich keine wirkliche Antwort.
    "Nun, du bist zumindest schon der zweite, der mir sagt, dass ich Magie verwenden würde." Berash schnaubte, als er an den dunkelhäutigen Varanter dachte, der irgendwo in Küstennähe herum geistern durfte. Oder vielleicht versteckte er sich ja auch in Toshoo und wartete nur darauf, den Assassinen erneut mit irgendwelchen kryptischen Aussagen zur Verzweiflung zu bringen.

    "Dann blute ich also Magie aus. Großartig. Die mich anscheinend umbringen kann." Er legte das Gesicht in die Hände und stöhnte frustriert. Dieses ewige Auf und ab von Ereignissen in den letzten Monaten wurde langsam zu viel für ihn. Er war doch kein Held in irgendeiner Geschichte, die jemand anderes für ihn schrieb!
    "Vielleicht weißt du dann eine Antwort darauf, warum ich anscheinend auf einmal der Magie fähig sein soll? Ich weiß namlich nicht weiter. Nur das ich jedes Mal, wenn sowas passiert, plötzlich verbrannten Zucker rieche und alles in ein dreckig glänzendes Schillern getaucht ist, als hätte jemand Öl in eine Wasserpfütze geschüttet."
    Vielleicht hätte Berash nie nach Bakaresh und in die Kasbah zurück kehren sollen. Möglicherweise wäre dann alles anders verlaufen. Oder er wäre dann immer noch ein rastloser Wanderer ohne wirkliche Heimat.

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    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Maris hob den Finger, als Zarra voller Enthusiasmus ihren ersten Versuch ankündigte, ohne nähere Erklärungen bekommen zu haben, doch da war es schon zu spät.
    „Also, du musst … ja, so funktioniert das.“ Er glotzte wie ein Schaf und ließ den Finger langsam sinken. „Das war gar nicht mal so übel.“
    Doch dann fiel sein Blick auf das Gesicht des Mannes, den sich Zarra zum Ziel gemacht hatte, und seine entspannte Heiterkeit war mit einem Mal verflogen. Maris blies den Rausch des Sumpfkrauts fort, als wäre er nie dagewesen, und verengte die mit einem Schlag wieder ganz und gar fokussiert blickenden Augen.
    „Über den Stab reden wir ein andermal“, sagte er zu Zarra, einen Ernst in der Stimme, wie er ihn zuletzt in Niradh bei der Jagd des Hetzers gezeigt hatte, während sein Blick nicht von dem weißhaarigen Mann abließ. „Beobachte und versuche, Emotionen zu erfühlen. Nicht magisch, sondern mit deinem Einfühlungsvermögen. Versuche, die beherrschende Emotion von jedem am Tisch herauszufinden.“

    Ohne ein weiteres Wort erhob er sich vom Tisch und schritt langsam hinüber. Maris ignorierte Ornlus Anwesenheit vollkommen – nach dem, was in Niradh geschehen war, hatte er kein Bedürfnis, mit dem Wolf zu sprechen. Mit verschränkten Armen lehnte er sich neben dem Tisch, an dem die beiden Männer saßen, an die Wand und starrte unentwegt auf seinen Erzfeind aus längst vergessenen Tagen.
    „Umbringen … wenn sie es nur täte“, griff er Berashs Worte auf, die er beim Näherkommen aufgeschnappt hatte. „Du verdammter Drecksack bist auch nicht tot zu kriegen. Bist weit weg von Zuhause.“
    Mehr sagte er nicht, sondern starrte Berash nur unentwegt an. Er wollte hören, was der Kerl hier tat und was es mit der Magie auf sich hatte, über die er so offen sprach. Und dabei war ihm egal, ob einer der beiden sich an seiner Anwesenheit störte.

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    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Freiya gähnte und streckte sich, bevor sie den Apfel, den sie bei sich trug, zwischen die Zähne klemmte, um ihre Jacke ein wenig fester um sich zu binden. Es fröstelte sie, nun, da sie sich nach dem langen Sitzen wieder auf die Beine gekommen war. Sie nahm den Apfel wieder in die rechte Hand und schlug den Weg in Richtung Sumpflilie ein. Sie würde an der Taverne vorbei zu ihrer Jägerunterkunft gehen und schlafen, sobald ihr Kopf es zuließ. Nachdenklich fiel ihr Blick auf den Apfel in ihrer Hand. Allzu frisch war er nicht mehr, er stammte noch vom letzten Herbst, aber er würde trotzdem schmecken und sie satt machen. Nicht mehr lange und der Winter würde vorbei sein, überlegte die Jägerin. Die Tage wurden bereits wieder länger, es war zu spüren, und die ersten Frühblüher zeigten sich zwischen dem ewigblubbernden Sumpf. Kleine gelbe und weiße Knospen, die ihre Köpfchen aus der Erde streckten, weil das Tageslicht wieder zunahm.

    In diesem Moment musste die Rothaarige an Apfelblüte denken, die Baumhirtin, die sie zusammen mit Ryu am Turm getroffen hatte. Sie und Ahorn. Die Wanderbäume hatte Ryu sie genannt und irgendwie war das ein passender Begriff, den die Waldläuferin mochte. Es klang viel wundersamer als Baumgeist.
    „In gewisser Weise haben die Wanderbäume ihn uns doch überlassen“, hatte Ryu zu ihr gesagt. Ihn – den Turm.
    „Uns?“, hatte sie nachgehakt.
    „Naja, uns beiden … dem Waldvolk …“
    „Soso, dem Waldvolk.“
    „Wir beide … sind Teil des Waldvolkes.“
    Freiya musste schmunzeln ob dieses merkwürdigen Gesprächs und hob den Apfel, um endlich hineinzubeißen. Doch dann hielt sie plötzlich inne und fasste nachdenklich an das Holzgeländer des Steges, auf dem sie gerade lief. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich mit einem Mal in ihr breit. Argo landete bei ihr und sie sah den Uhu fragend an, als ob er eine Antwort darauf wüsste, was in ihr gerade gedanklich zu wachsen begann. Zögernd öffnete sie den Mund, schloss ihn aber wieder wortlos. Stattdessen wanderten ihre Gedanken weiter und während die eine Hand auf den Geländer lag, wanderte die andere Hand samt Apfel an ihr Herz.
    „Jede Zeit geht einmal zu Ende“, hatte Ryu gesagt, seine Hand auf ihrer, und als ihre Blicke sich trafen, hatte ein wehmütiges Lächeln seine Lippen umspielt. Ja, natürlich, weil er die Kommandantur aufgeben würde – doch etwas anderes fiel ihr ein. Der Turm …
    „… Als wäre ich … lebendig begraben worden … Du hast mich daran erinnert, was Leben bedeutet, Freiya …“
    Sie hielt unbewusst den Atem an. Er hatte … von ihr gesprochen? Ihrer gemeinsamen Zeit? Völlig verdutzt stand sie wie versteinert an dem Holzgeländer. Ihr Blick wurde unstet, als würde sie zweifelnd nach Bestätigung suchen. Sie atmete endlich wieder aus. War es ihm vielleicht doch … um sie beide gegangen? Sie schüttelte den Kopf, wenngleich die Art, wie er sie angesehen hatte, sie nicht losließ.
    Erneut ging sie die Worte durch und jetzt erst schien ihr die Bedeutung bewusst zu werden. Wie anders das Gesagte auf einmal klang …

    Die Stirn in Falten lief sie unruhig los, die Stege hinauf und sogar vorbei an ihrer Unterkunft. Immer höher stieg die Jägerin, ging an den Wachen vorbei, die den Eingang zur Baumkrone überwachten, und lief weiter die Stege entlang. Sie sah eine Baumhöhle, die sie kannte, war doch aber froh, dass deren Bewohner gerade nicht zuhause zu sein schien. Ihr war sowieso nicht nach Gesellschaft. Sie lief weiter, bis sie schließlich am Rande einer Plattform zum Stehen kam, auf der sie schon einmal gestanden hatte. Damals, zu Beltane, mit Ryu und Griffin, als sie die wunderschönen Laternen aus Ryus Heimat in den verblassenden Nachthimmel hatten steigen lassen. Ein zartes Lächeln umtanzte ihre Lippen, als sie daran dachte. Der Wind frischte hier oben auf und sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr, während ihr Blick auf den Sumpf fiel, der sich unter ihr in der Nacht ausbreitete. Für einen langen Augenblick nahm sie das Bild in sich auf und ließ sich von der Ruhe erfüllen, die sie hier oben ergriff.

    Argo landete bei ihr und sie bedachte den Uhu mit einem warmen Blick.
    „Weißt du, was Ryu zu mir gesagt hat?“, sprach sie zu dem Nachtschwärmer. Sie wandte ihren Blick wieder nach vorn auf die Landschaft und dachte an das Gespräch mit Ryu, das sie so dermaßen aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, bevor sie die Schmiede verlassen hatte. „Natürlich weißt du das …“ Sie, Freiya und der junge Uhu, waren schließlich durch ein merkwürdiges Band miteinander verbunden. Argo schuhuhte zur Bestätigung. „Er hat gesagt, dass ich ihn auf eine Weise kenne, wie sonst vielleicht niemand. Kannst du dir das vorstellen?“, fragte sie leise. Sie stützte sich auf ein Holzgeländer. „Monster, hat er gesagt. Manche sehen ihn und … die anderen als Monster.“ Freiya nahm eine ihrer Haarsträhnen, wickelte sie um den Zeigefinger und ließ sie wieder los. „Diese Leute haben keine Ahnung, wie echte Monster aussehen.“ Energisch biss sie in ihren Apfel.
    „Ich habe den ganzen Rücken voller Narben von einem Monster“, sprach sie nach einer Weile. „Ryu, Griffin und Onyx … sie sind vielleicht anders, aber keiner von ihnen ist auch nur ansatzweise Monster wie es dieser Schneider gewesen ist. Sie sind wunderbar … auf ihre eigene Art und Weise.“ Sie würde für jeden der drei durch Beliars Hölle gehen, wenn es sein musste.
    Vielleicht hätte sie Ryu das sagen sollen … nun, wäre sie dazu im Stande gewesen. Stattdessen war sie einfach versteinert gewesen, weil seine Worte sie so unvermittelt getroffen hatten.

    Es herrschte Stille, während Freiya ihren Apfel aß und sich noch einmal das, was Ryu gesagt hatte, durch den Kopf gingen ließ. Wieder und immer wieder. Sie ärgerte sich, dass sie nicht die Reaktion gezeigt hatte, die Ryu verdient gehabt hätte. Voller Frust pfefferte sie das übrige gebliebene Kerngehäuse ihres Apfels in die Nacht hinaus und im hohen Bogen vom Baum hinunter in den Sumpf.
    Ein dumpfes „Öy!“ war aus dem Sumpf zu vernehmen und Freiya riss überrascht die Augen auf. Hatte sie jemanden erwischt? Sie hörte ein Wimmern aus der Ferne und ein leises „Glok aua.“
    Verdattert blickte sie Argo an, bevor sie „Entschuldigung!“ in die Nacht rief.
    Ein undefinierbarer Klagelaut war die Antwort, dem eine langanhaltende Stille folgte.

    Eine Stille, die Freiya nun in den Ohren drückte. Noch einmal ging ihr durch den Kopf, was Ryu zu ihr gesagt hatte. Sie zweifelte. Zweifelte an dem, was sie verstand, zweifelte an sich selber … bis … Sie hatte ihr Gesicht in ihren Händen vergraben, doch dann plötzlich sah sie auf und straffte sich. Nein, sie würde sich nicht den tiefschwarzen Wogen in ihrem Kopf hingeben. All das, was Ryu zu ihr gesagt hatte, hatte er nicht getan, um sie zum Straucheln zu bringen oder zu verletzen.
    Wärme durchflutete sie, Sicherheit stärkte sie, als sie sich in Bewegung setzte. Nach unten zur Kommandantur hin. In ihrem Bauch summte es vertraut.
    „Ich hab noch was zu klären“, rief sie Argo zu. Der Uhu folgte ihr auf lautlosen Schwingen.

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    Ehrengarde Avatar von Berash
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    Hatten sich jetzt alle Götter dieser Welt gegen ihn verschworen? Erst die Kasbah, in der es nicht so gelaufen war wie erhofft, dann die etwas hektische Abreise aus Bakaresh, dazwischen noch diese merkwürdige Begegnung mit dem Schwarzmagier Alastor. Und natürlich dieser komische Anfall von magischer Leckage, welchen sich Berash eingefangen hatte mit diesen ganzen Ausbrüchen. Als wenn das noch nicht genug gewesen war!
    Von all den Menschen, die Berash nicht hatte wiedersehen wollen, musste es NATÜRLICH Maris sein. Der Nomade aus früheren Zeiten, Widersacher und mehr als lästiger Quälgeist war anscheinend nicht von der Wüste verschlungen worden. Beliar, so viele alte Gesichter auf einmal waren einfach zu viel des Guten.

    "Maris." Berashs Stimme war eisig wie der Blick seiner blauen Augen, als er den Nomaden abschätzend musterte. Auch an ihm hatte der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen, so viel stand fest. Mehr sogar noch als an dem Assassinen, wenn er das blinde Auge des Mannes musterte.
    "Das gleiche könnte man von dir behaupten, oder?"
    Warum zum Geier hatte Berash kein Messer dabei? An sein Schwert würde er sicher nicht schnell genug kommen, das war sicher unter dem Tisch verstaut. Aber zumindest machte Maris keine offenen Anstalten ihn anzugreifen. Was vielleicht schon einmal ein Pluspunkt war.
    "Ich habe immer gedacht, dich würde irgendwann die Wüste verschlucken und nie wieder freigeben. Aber ich sehe, irgendwer hat sich zumindest große Mühe gegeben. Erzähl mir doch irgendwann mal unter vier..." Berash zögerte gespielt und zuckte dann entschuldigend die Schultern. "Verzeih, drei Augen, wie es dazu gekommen ist."
    Der frühere Emir wies mit seinem Zeigefinger auf sein eigenes Auge um so seine Worte zu unterstreichen.
    Der einzige Grund, warum Berash nicht noch unverschämter wurde, war die Aufforderung Ornlus, Nett zu sein. Und Berash fand sich schon sehr nett. Früher hätte er so einiges mehr zu sagen gehabt. Oder wäre dem Nomaden gleich an die Kehle gesprungen. Und vermutlich umgekehrt. Dafür waren sie beide ja noch zivilisiert zueinander.

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    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Am Anfang steht der Mut

    Schnell war Freiya unten am Baum angekommen. Ihre Schritte waren rasch und sicher gewesen. Sie war gelaufen, wie ausgerechnet Ryu es ihr beigebracht hatte.
    Nun stand sie vor der geschlossenen Tür der Kommandantur. Und erneut kamen Zweifel über sie. Sollte sie ihn jetzt noch stören? Um diese mitternächtliche Stunde? Er schlief vielleicht schon und sie wollte ihn ganz sicher nicht wecken. Ihre Fingerspitzen legten sich sachte auf das Holz der Tür, als könne sie so spüren, was sich dahinter abspielte. Aber vielleicht wartete er auf eine Erklärung?
    Ein leises Rascheln ließ sie aufschauen.
    „Soll ich wirklich …?“, flüsterte sie Argo zu. Doch bevor der Uhu seine Meinung kundtun konnte, ertönte eine Stimme hinter ihr:
    „Na, Prinzessin, Sehnsucht?“
    Erschrocken wandte die Rothaarige sich um und erblickte Terrence‘ strahlende Augen.
    „Ich … ich …“
    „Schau sie dir an, stehen nachts immer noch seufzend vor der Tür vom Hauptmann“, sprach der Wächter grinsend. Es brummte verräterisch neben Freiyas linker Seite. Bud war also auch da.
    „Ich … ich bin nicht eine von … also … ich bin nicht hier um …“, stammelte die Rothaarige.
    „Ja?“
    Terrence lehnte sich lässig gegen den Türrahmen.
    „Was willste denn, Wurzeln schlagen?“, knurrte Bud.
    „Ich …“, Freiya war inzwischen rot angelaufen. „Ich habe noch etwas mit Ryu zu besprechen, aber ich … ach, das kann auch bis morgen warten.“
    Sie versuchte sicher zu klingen, winkte ab und wollte sich umdrehen.
    „Oh, nicht doch, wir helfen dir, nicht war, mein Großer?“
    Bud brummte, es war unklar, ob er verneinte oder zustimmte. Terrence deutete indessen auf die Tür der Kommandantur. Sein großer Kumpel brauchte einen Moment, bis er verstand, was der Blonde wollte.
    „Wieso ich?“, maulte Bud.
    „Du willst doch nicht eine holde Maid vor der Tür des Kommandanten in der kalten dunklen Nacht versauern lassen? Das ist gegen unseren Ehrenkodex!“
    Bud ließ eines seiner markanten Brummen hören und Freiya sah völlig erstarrt dabei zu, wie er seine Pranke hob und nicht gerade leise an die Tür klopfte.
    „Wichtige Angelegenheit, Chef!“, rief Terrence.
    Freiyas Kopf hatte inzwischen die Farbe einer reifen Erdbeere und sie wäre gerne einfach in einem Loch im Boden versunken. Sie wollte sich umdrehen und wegrennen, doch Buds Pranke an ihrem Rücken ließ das nicht zu.
    Da schwang die Tür auch schon auf und zwei orangefarbene Saphire blickten in die Nacht hinaus.

    Überrascht hob Ryu die Augenbrauen, als er Freiya entdeckte. Sie wich seinem Blick aus und starrte angestrengt auf den Türrahmen neben ihm, doch Bud schob sie schon durch eben jenen hindurch.
    „Chef, ich weiß, du hast viel durchgemacht, aber dass eine Frau in der Nacht vor deiner Tür ausharren muss, das geht zu weit!“
    Freiya wollte sterben. Augenblicklich.
    „Ich habe nicht ausgeharrt!“, protestierte sie dann plötzlich. „Ich … ich wollte nicht stören.“
    „Zu spät, gute Nacht“, knurrte Bud und wandte sich um. Terrence grinste über beide Ohren.
    „Genau, gute Nacht!“, dann schloss er mit Schwung die Tür hinter Freiya.
    Für mehrere Augenblicke herrschte Stille, bis Freiya sich endlich getraute, Ryu anzusehen.
    „Tja … hier … stehen wir nun …“
    Ryu musterte sie kurz, dann machte er eine Bewegung mit dem Kopf in die Richtung eines Balkons.
    „Dann komm mal mit“, sagte er ruhig.
    Freiya war froh, dass er sich nicht hinter seinem Schreibtisch zurückzog. Sie wollte schließlich mit Ryu reden, nicht dem Hauptmann.

    Auf dem Balkon ließ er sich nieder. Sie entdeckte eine Schale mit Nüssen und eine Tasse samt Kanne mit einem ihr unbekannten Aufguss.
    „Möchtest du etwas grünen Tee?“, fragte der Hauptmann.
    „Ich habe noch nie grünen Tee getrunken“, erwiderte Freiya. Ryu holte eine weitere Tasse hinzu und schenkte ihr die dampfende Flüssigkeit ein.
    „Das ist ein typisches Getränk aus meiner Heimat“, erklärte er und reichte ihr die Tasse. Sie roch dran und ein unerwartet herber Geruch stieg ihr in die Nase. Vorsichtig nippte sie an dem Tee und bemühte sich nicht das Gesicht zu verziehen. Es war … gewöhnungsbedürftig. Sie ließ die Tasse sinken, aber hielt sie weiterhin in der Hand.
    „Also, warum maulen meine Wächterveteranen mich an, dass du vor meiner Tür ausharren musst?“, fragte Ryu schließlich.
    „Ich habe gar nicht“, fing Freiya an, und blickte nun auf in seine Augen. Als sie das leuchtende Orange sah, begann sie zu lächeln. Die Geste mit dem Tee beruhigte sie tatsächlich ein bisschen. Und am Ende … war es Ryu. Es gab nichts zu befürchten.
    „Ich war gerade erst runter gekommen, weil ich dir ein paar Dinge zu sagen habe. Dann bekam ich Zweifel, ob es der richtige Zeitpunkt wäre. Da tauchten die beiden schon auf und nahmen die Sache selbst in Hand.“
    Ryu musterte sie mehrere Augenblicke schweigend, bevor er sagte:
    „Was für Dinge hast du mir zu sagen?“
    „Mehrere Dinge, um genau zu sein“, erwiderte Freiya. Aus Verlegenheit nahm sie einen Schluck von dem Tee. Die Wärme tat gut und gab ihr auf eine seltsame Art Mut.

    „Zunächst … Die Sache mit dem Meisterschmied. Ich weiß, ich weiß“, sie hob ihre Hand, „du magst es nicht. Es ist trotzdem die Wahrheit. Ryu, deine Waffen sind legendär. Und du bist ein Meister deines Handwerkes, auch wenn du einen Aspekt davon noch nicht gemeistert hast.“ Sie legte ihre Hand wieder an die Tasse und ihr Finger fuhr vorsichtig über die Kante.
    „Ich weiß, dass du nach Perfektion strebst. Das bewundere ich auch immer noch sehr an dir. Aber wenn du zum Gipfel des Berges blickst … bitte vergiss nicht den Weg, den du schon hinter dir hast. Vergiss nicht, was du erreicht hast. Das ist etwas, worauf du stolz sein kannst, denn nur wenige kommen so weit wie du.“
    Sie lächelte ihm zu, um sich selbst Mut zu machen. Ryu indessen schwieg weiter einen Augenblick, dann nickte er einmal: „Was noch?“
    Ob er sich zunächst all ihre Standpunkte anhören wollte oder nichts zu ihren Argumenten zu sagen hatte, wusste sie nicht. Freiya nahm indessen noch einen Schluck von dem Tee, bevor sie fortfuhr:

    „Du sagtest, du hättest mich gern an deiner Seite, weil ich den Blick von außen auf euch habe. Wenn du das wirklich möchtest … dann bin ich da. Ich habe es dir versprochen.“ Das hatte sie. In der Höhle, als er sein Innerstes um den Wyverngeist vor ihr ausgebreitet hatte. „Daran halte ich fest, damit du deine Kämpfe nicht alleine bestreiten musst.“
    Sie lächelte wieder und blickte etwas verlegen auf ihre Tasse.
    „Bis dahin aber bitte … zieh dich nicht zu sehr zurück. Die Menschen brauchen dich. Und du sie. Lass dich nicht erneut begraben … bitte …“
    Unsicher suchte sie seinen Blick.
    „Noch etwas?“, fragte er ruhig, ohne Drängen und Ungeduld in der Stimme.
    „Ja“, erwiderte sie. Doch ihre nächsten Worte erforderten Mut. Mut, von dem sie wusste, dass sie ihn besaß. Es galt ihn zu beschwören. Einige Augenblicke war es still, dann sah sie ihn an.

    „Ich … bin so zerrissen. Weil ich nicht gehen will. Wie ich hier bleiben will, um den Aufbau von Schwarzwasser zu unterstützen und weil ich meiner Aufgabe als Waldläuferin gerecht werden will. Ich … ich will dir so gerne bei deinem Turm helfen. Damit … du dort glücklich wirst. Aber … “, sie dachte an das Versprechen, das sie Chala gegeben hatte, das sie sich selbst gegeben hatte, „ich gehe.“
    Die Rothaarige schluckte und ließ ihren Blick kurz wandern, bevor sie ihre Augen wieder an die seinen heftete.
    „Es ist so ironisch … genau in dem Moment, in dem ich beschließe zu gehen, läufst du mir über den Weg. Gut … du … hast an einem Ast gehangen. Kopfüber.“ Sie hielt inne, senkte den Blick und schmunzelte ob der Erinnerung, bevor ihre Gesichtszüge wieder ernst wurden. Sie sah schließlich wieder zu ihm. „Ich will nicht, dass mein Aufbruch … und irgendwie auch deiner wie ein Richtschwert über uns hängt, denn ich … ich … genieße unsere gemeinsame Zeit. Jeden einzelnen Augenblick. Aber wenn ich daran denke, dass dies ein Ende hat, dann schnürt es mir fast die Luft ab“, sprach sie mit versagender Stimme und Tränen in den Augen. „Das will ich nicht … das wird dem nicht gerecht, wenn … ich bei dir sein darf.“

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    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Sumpflilie

    Mit einer Mischung aus Begeisterung darüber, dass ihr erster Versuch sofort funktioniert zu haben schien, und Schock, welche Auswirkungen es auf den Fremden hatte, waren Zarras Augen zu denen ihres Mentors geschnellt, der im Begriff gewesen war, seiner Erklärung noch etwas hinzuzufügen. Maris hatte beobachtet, was geschehen war und mit einem Mal verschwanden die vom Sumpfkraut geweiteten Pupillen und wurden durch katzenartige Schlitze ersetzt, die einem gefährlichen Blick vorausgingen.
    Mit konkreten Anweisungen ließ er sie dann am Tisch allein zurück und durch den Ton in seiner Stimme glaubte die junge Frau, dass sie einen großen Fehler begangen hatte. Ihre eigenen Augen folgten ihrem Lehrmeister, wie er an den Tisch zu Ornlu und dem Fremden trat und tatsächlich wünschte sie sich in diesem Moment, den berauschenden Effekt, der ihren Geist bestimmte, auflösen zu können. Stattdessen konzentrierte sie sich auf das, was ihr aufgetragen worden war.

    Sie wusste nicht, ob sie konnte, was Maris verlangte, doch sie versuchte zu lesen, was den Männern ins Gesicht geschrieben stand. Allerdings war es so, als würde man mit dem Daumen schnell durch ein Buch blättern, bis man die richtige Seite fand. Man las nicht wirklich, sondern orientierte sich an Mustern oder Bildern, um zu finden, was man sich vor dem geistigen Auge vorstellte. Im Prinzip versuchte sie Emotionen zu erkennen, die sie von sich aus kannte und anders als Seiten in einem Buch hatten Menschen die Fähigkeit zu verbergen, was sich unter ihrem Einband befand.
    Maris zum Beispiel wirkte auf eine seltsam lässige Art bedrohlich. Mit verschränkten Armen gegen die Wand der Lilie gelehnt fixierte er nahezu ohne zu Blinzeln den weißhaarigen Mann, dessen Gesicht Zarra nur im Profil sehen konnte. War ihr Mentor verärgert, gar wütend? Ein ungebetener Gast, der gegen seinen ausdrücklichen Wunsch in sein Heim eingekehrt war und sich somit dem gerechtfertigten Zorn des Gastgebers stellen musste?

    Das halbe Gesicht hingegen war kaum lesbar. Lediglich einige wenige Mimik Falten waren zu sehen und über den Lippen spielte der Hauch einer abfälligen Grimasse. Wenn Zarra es nicht besser gewusst hätte, bahnte sich gerade Ärger zwischen den beiden an und sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie dazwischen- oder aus dem Weg gehen sollte.
    Doch der Jadewolf war ebenfalls noch dort und das entfernte Echo eines bedrohlichen Knurrens schien rasch aus seinen Zügen zu verschwinden, ersetzt von einem neutralen Ausdruck, der ihn schwer einschätzbar werden ließ. Allerdings vermisste die junge Frau den Schalk, der sonst in den Augen des Wolfes tanzte und auch die Ernsthaftigkeit, die sie bisher nur wenige Male erblicken durfte, aber immer in gewichtigen Momenten aufgekommen war. Diese Neutralität ließ ihn älter wirken, als sie ihn vermutete und das ließ sie unruhig werden.

    Zusammengenommen hatte sich dort eine Tischgruppe gebildet, zu der sie sich niemals gesellen wollen würde und wenn sie könnte, würde sie ihnen allen Sumpfkraut anbieten, um der Situation die Klauen und Zähne zu nehmen. Kurz überlegte sie, ob sie den kürzlich gelernten Krautatem noch einmal ausprobieren sollte. Doch sie hatte Sorge, dass Maris ihr ein weiteres voreiliges Manöver nicht mehr so einfach durchgehen lassen würde. Also schaute sie nur gebannt auf die drei Männer und knetete nervös ihre Hände auf dem Schoß.

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    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Sumpflilie

    „Ach, das?“ Maris zeigte auf sein trübes Auge und verzog den Mund.
    „Der König der Löwen wollte mir den Schädel knacken. Hab trotzdem gewonnen. Lang lebe der König.“

    Er wedelte beiläufig mit der Hand, als wollte er dieses lästige Thema zu den Akten legen.
    „Dachte ja, die scheiß Blechdosen hätten euch damals allen die Bäuche aufgeschlitzt und euch zu eurem verdammten Gott geschickt. Nicht mal das können sie richtig. Aber ich wollte dich nicht von deinem Tanz mit dem großen, bösen Wolf abhalten. Ich will nur wissen, was um alles in der Welt deinen faltigen, Beliar verehrenden Arsch ausgerechnet auf diesen Baum treibt. Macht weiter, ich bin gar nicht da.“
    Für den Moment jedenfalls, dachte er sich. Wenn man bedachte, welche Vergangenheit Berash hatte, wollte Maris ihm das Angebot eines Expresswegs zum Fuß des Baumes durchaus offen halten. Für diesen speziellen Kandidaten würde er sich eine Turbulenz in seinem moralischen Kompass ohne Gewissensbisse erlauben.

    Ohne den durchdringenden Blick abzuwenden, bedeutete er ihm mit einer Geste, mit seiner Unterhaltung fortzufahren.

  17. Beiträge anzeigen #77
    General Avatar von Ryu Hayabusa
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    Zuvor:

    Noch lange war Ryu in der Schmiede geblieben an diesem Abend. So stehengelassen zu werden, wie Freiya es getan hatte, war irgendwie … ein Magenschlag. Es war nicht unfreundlich. Nicht abweisend. Sondern einfach … wortlos. Und doch traf es ihn irgendwie härter als erwartet.

    War es falsch gewesen, ihr dieses Angebot zu machen? Nach allem, was sie über ihn wusste und wegen ihm erleben musste? Die Stunden waren vergangen, der Abend bereits hereingebrochen, als der Schmied schließlich resignierte und seine Schürze beiseitelegte. Ein letztes Mal noch, wie immer nach getaner Arbeit, trat er heraus, um die kühle Abendluft in sich aufzunehmen und wirken zu lassen. Die Augen geschlossen, die Arme leicht von sich gestreckt.

    Ein paar bekannter Schritte machten sich bemerkbar, als es Godo war, der an ihn herantrat. Der Alte mochte für manche zwar ein raubeiniger, alter Knurrbauch sein, aber er war auch einer dieser Menschen, der es verstand, wenn die Dinge einen beschäftigten. Aber statt zu bohren oder nachzuhaken, gesellte er sich oft einfach zu einem und ließ die Wahl, ob man reden wollte oder nicht. Ryu schätzte ihn dafür. Ein alter Mann, der außer seinem Handwerk nicht viel mehr hatte und sich dennoch das Menschsein behielt. Ein Held, den keiner kannte und von dem nur wenige wussten, dass sie ihn brauchten. Doch der Hayabusa? Er schwieg nur und blickte in die Ferne. Es war nicht selten, dass die beiden oft erst eine Weile beisammenstanden, ehe einer den unbeholfenen Versuch startete, das Eis zu brechen. „Also … das Mädchen kommt jetzt öfter zum Arbeiten?“

    Der Hüter schwieg. Godo senkte die Augenlider und schüttelte nur sachte den Kopf. „Gut. Die Grünschnäbel waren nämlich völlig von ihrer Aufgabe abgelenkt. Kaum huscht ein junges Ding vorbei, schon schlagen sie die Nägel schief, schleifen Waffen krumm und stolpern über die Kohlesäcke.“ Ein weiteres Schweigen war die Antwort des Hayabusa. Er senkte lediglich den Blick hinab auf das Wächterpaar, dass sich darüber stritt, wer heute die Fackeln anzünden durfte. „Weißt du, Ryu, mit euch jungen Leuten ist das nicht so einfach. Ihr kommt hier in die Werkstatt, die Augen glühend wie unsere Essen und mit Vorstellungen, Klingen zu schmieden, die Götter töten können. Aber wenn ihr dann die Hand an den Hammer legt, eure kleinen Muckis ein bisschen zu schmerzen anfangen oder ihr euch an den Funken der Esse verbrennt, ist es ganz schnell vorbei mit der Begeisterung. Nur wenige halten lange genug durch, um in den Genuss zu kommen, das Eisen singen und die Glut jubeln zu hören.“

    Ryu atmete einmal mehr tief durch, was in ein schweres Schnauben überging. Natürlich sprach der Alte nicht nur von den wenigen Lehrlingen, die auch länger blieben, um das Handwerk zu meistern. Das Schmieden war eine schmutzige, anstrengende Arbeit. Aber sie war ehrlich. Formte den Charakter und hinterließ am Ende etwas. Er verstand, dass es nicht jedermanns Berufung war. Und so auch das Dasein als Hüter. Vielleicht hatte Freiya einfach Bedenkzeit gebraucht. Vielleicht wollte sie aber auch nicht tiefer in diesen Strudel aus potenziellem Selbstmord für andere treten. Wer konnte ihr das schon zum Vorwurf machen? Und was war mit Griffin? Hatte er nicht schon genug erlebt, als dass er nicht endlich hätte, Frieden finden dürfen? War es nicht angemessen, darüber nachzudenken, ihn in eine Sache zurückzuholen, die ihn nur Leid gekostet hatte? Und Onyx? Der das Jägerleben lebte und liebte? Der noch gar nicht so lange erwacht war? Vielleicht war das Schmieden nichts für sie. Der eine hatte sich verbrannt, die andere spürte jetzt schon die Schmerzen in den Muskeln. Und noch einer hatte vielleicht kaum ein Interesse daran. Und am Ende blieb nur Godo, der wohl niemals vergehen und die Schmiede noch über seine Lebzeit hinaus betreiben würde. Nun war es der alte Schmied, der ächzend seufzte und seinen Rücken durchstreckte. „Nyeeeh … na gut. Ich mach‘ hier noch etwas Ordnung und du kannst von mir aus gehen und tun, was ihr jungen Burschen so tut.“

    Ryu nickte nur sachte und schaute kurz zu dem alten Schmied. „Danke, alter Freund.“

    Und für einen kurzen Augenblick schien es, als blitzte dort ein väterliches Grinsen inmitten des zauseligen, grauen Bartes auf, ehe der Hayabusa sich daran machte, hinabzusteigen.

    Jetzt:

    Nach ein paar Übungseinheiten mit dem Schwert und nun frisch gebadet, hatte sich der Hüter mit einem Krug grünen Tees und einer Schale mit Nüssen auf den kleinen Balkon hinter der Kommandantur zurückgezogen. Die Worte Godos hatten noch lange nachgehallt und seine Gedanken drehten sich ganz um die Ereignisse des Tages. Und darüber, dass er sich einmal mehr geöffnet und, vielleicht sogar von seinen eigenen Vorstellungen, seinem Stolz und Eifer hatte blenden lassen. Zu denken, dass das Bild, welches in seinem Kopf herumspukte, auch jenes war, das andere mit ihm zu malen bereit waren. Umso überraschender war es dann, doch noch gestört zu werden. Und das von den beiden bekanntesten Wächtern und der bekanntesten Trägerin roter Haare, die zurzeit im Sumpf residierten. Gerade die Anwesenheit Freiyas hatte ihn, gelinde gesagt, ziemlich überrascht. Was … wollte sie so schnell wieder hier? Diese Frage, die ihm durch den Kopf ging, konnte neutraler nicht sein, auch wenn sie auf einem seichten Film der Verunsicherung durch seinen Geist glitt.

    Nachdem Bud und Terrence sich also verabschiedet hatten, standen sie da und endlich hielt sie ihm die grüne Lichtung nicht mehr vor, wie, vermutlich aus der Merkwürdigkeit der Situation zuvor, den Blick abzuwenden. Ein seltsames Zucken zog sich durch seine Muskulatur. Eine gewisse Unruhe, geboren aus der Unsicherheit, seine Gedanken noch nicht einmal sortiert zu haben. Es bedurfte eines großen, disziplinarischen Aufwandes, dem Glockenschlag in seiner Brust, sie nicht schlicht in den Arm zu nehmen zu widerstehen und die rote Snapperin schließlich auf den Balkon zu geleiten. Dort, nach Angebot der üblichen Gastfreundschaft und der offensichtlichen Befremdnis des grünen Tees, der sich in ihren Zügen ausgebreitet hatte, begann sie dann schließlich, ihm ihr Herz auszuschütten … oder zumindest ihren Gedanken Luft zu machen. Zumindest, nachdem der Hayabusa, ähnlich wie Godo es zu tun verstand, irgendwie eingeleitet hatte, dass Teetrinken allein wohl nicht helfen würde. Probleme anpacken, statt um den heißen Brei zu reden. Das konnte er. Das war ein sicherer Fels im Fluss, an dem er sich halten und mit dem er arbeiten konnte.

    Womit fing sie an? Mit dem, was er bis dato erreicht hatte. Mit dem, was sich nie nach genug angefühlt, ihn aber trotzdem getragen hatte. Von legendären Waffen hatte sie gesprochen und ihn gelobt. Es schmeichelte ihm, aber, wie so oft, waren Komplimente etwas, dass er nur schwer händeln konnte. Für ihn als den, der diese Waffen fertigte, fiel jede Unreinheit und jeder kleine Fehler in seiner Arbeit sofort auf. Es war der ewige Fluch des Künstlers, seine Arbeit als nicht perfekt anzusehen und das Gefühl verloren zu haben, wann etwas ausreichte und richtig war. Und, gerade als sein Blick während ihrer so liebevoll gewichteten Worte gen Bergkette ging, war es, als maßregelte sie ihn direkt.

    Zum Gipfel des Berges. Jener Gipfel, der so nah und doch so weit entfernt wirkte. So wie Freiya sprach … wie sie ihn anlächelte, während ihrer Worte, waren es wohl nur noch wenige Meter vor einem Ziel, welches für ihn noch weit entfernt lag. Kurz fiel sein Blick auf sein sich matt in der Oberfläche des Tees spiegelnde, eigene Antlitz, dann deutete er ihr, weiterzusprechen. Und wieder ließ er sie reden. Aufmerksam lauschend und sie immer dann fangend, wenn sie mit ihren Augen einen Halt zu suchen schien. Und mit jedem Wort, so schien es, fühlte es sich auch für ihn einfacher an, sich wieder zu positionieren und jene Unsicherheit abzuschütteln, mit der sie ihn in der Schmiede hatte, stehenlassen. Dennoch … es war überraschend, zu hören, wie sie seine Worte von zuvor noch aufgegriffen hatte. Über das eigene Begräbnis und seinen Rückzug von den Menschen. Den Menschen, von denen er bisher gedacht hatte, dass sie ihn, sein ganzes Wesen und was er war, nie verstehen lernen würden.

    Aber … war dem noch so? Alte Freunde waren zurückgekehrt. Viele von ihnen ihm den Rücken stärkend. Auf ihre eigene Art. Die das, was er, auch für jene, die ihn als Monster sahen, tat, wertgeschätzt hatten. Die ihm ein Geschenk unermesslichen Wertes, das Drachenblut, anvertraut hatten, welches für ihn, Sarkany, eine ganz besondere Bedeutung hatte. Jenes Grab, welches er sich selbst geschaufelt hatte, war bereits wieder versiegelt. Mit dem Unterschied, dass er nicht mehr darin lag. Vielleicht würde es Tage und Momente geben, in denen er sich nach jenem Grab sehnen würde. Aber … das war der Weg, den er beschritt. Ein Weg, den er mit sich im Reinen beschreiten konnte. Und mal war es, diesen Weg in Gesellschaft zu gehen und dann trennte man sich an der nächsten Gabelung wieder. Und eines Tages, wenn er den Weg zur Spitze erklommen hatte … Der Hüter lächelte sanft bei dem Gedanken, was dann folgen würde und schaute schließlich wieder zu Freiya auf. „Noch etwas?“

    Und ja, sie hatte noch etwas zu sagen. Etwas, dass ihn einmal mehr überraschte. Ihr Unwille zu gehen. Die Zuneigung und die Augenblicke, die sie miteinander teilten. Offene Worte, die sich wie ein Seil um seinen Brustkorb schlangen. Die ihm das Atmen schwerer und den Herzschlag lauter werden ließen. Und doch würde sie gehen. Natürlich würde sie gehen. Sie musste, wenn sie sich selbst finden wollen würde.

    Freiya.

    Tapfere, weinende Freiya.
    Mutige, zerrissene Freiya.
    Entschlossene, aufgewühlte Freiya.

    Freiya, die, nach all den Jahren die erste war, die geschafft hatte, hinter die vernarbte, zerbrochene Fassade und den geschundenen Geist eines einsamen, in einem kalten Meer aus Gedanken und Isolation driftenden Hüters zu blicken. Und ihm den Schmerz zu nehmen. Und vielleicht war es nun an ihm, ihr den Schmerz zu nehmen. „Warte hier. Bin gleich zurück“, sagte er schließlich nur knapp und mit einem aufmunternden Lächeln und strich ihr fürsorglich eine Träne von der Wange, ehe er aufstand und durch die Kommandantur in seinen Wohnbereich eintrat. Tief durchatmend und mit dem Gefühl, gleich eine Schwelle zu übertreten, nach der es kein Zurück gab, ging er rüber zu dem Nachttisch, den der Hüter in den letzten Jahren immer gemieden hatte. Das einzige Überbleibsel, der einzige Behälter mit den Erinnerungen, an eine Person, die, ähnlich wie Freiya, den Hüter gekannt hatte. Vielleicht auf eine andere und doch so ähnliche Art und Weise. Aber beim Anblick des Rotschopfes und der Erinnerung an Myra … begann Ryu, Parallelen zu erkennen. Parallelen, die ihm das Gefühl gaben, zum ersten Mal die Kraft zu haben, einen richtigen Blick in eine der Schubladen zu werfen. Hinein in den Schlund seines Versagens, auf die Mahnmale jener Erinnerungen, die es ihm verboten, sich zu binden, wie es einst der Fall war. Die Lade, ein wenig klemmend, ließ sich nur mit Kraft und leichtem Rütteln langsam und mit einem fast schon eigenständigen Widerwillen öffnen, wobei ihm die vertraute Note jener Frau in die Nase stieg, die einst wie er den inneren Kampf mit sich und ihrem eigenen Geist ausgefochten hatte. Der Frau, der auch Griffin lange nachgesehnt hatte.

    Etwas, dass Ryu in seiner Eitelkeit nie erkannt hatte, bis es zu spät war. Einen Moment lang presste er die Augen zusammen, suchte den Schmerz von sich zu schieben und doch …war er da. Sorgsam, fast schon liebevoll strich er dabei über den oberen, hölzernen Rand der Schublade, als suchte er danach, noch einmal ihre Hand zu ergreifen. Sie um Vergebung zu bitten für sein Versagen. Und für das, was er bereit zu tun war. Aufatmend, als greife er in eiskaltes Wasser, nahm sich der Hüter ein schlichtes, sumpfgrünes Band aus der Schublade und rollte es langsam aus. Es war schlicht und einfach, enthielt die Stickereien von Sumpflilien, umrahmt von einem subtilen Rand aus Brokat. Eine Erinnerung, wie sie eines Morgens ihre Frisur damit gerichtet hatte, als Ryu sie unter der Decke heraus beobachtet hatte. Wie sehr er diese Momente geschätzt hatte. Und auch jetzt war es ein Lächeln, welches seine Lippen zierte, als seine Finger über den feinen Stoff fuhren. Sie würde bestimmt verstehen. Sie würde zwar Tage lang nicht mit ihm sprechen, aber tief im Inneren würde sie verstehen.

    Noch einmal blickte der Hüter in das kleine Sammelsurium aus Erinnerung, ehe er dann schweren Herzens die Schublade wieder schloss. Wobei das leichte ‚Klock‘ am Ende des Schubs sich fast anfühlte, als war es eine weitere Krypta, die er nun wieder versiegelte. Sein Blick fiel noch einmal auf das Band. Dann nickte er sachte, stand auf und trat wieder hinaus in die Kommandantur. Die Silhouette der roten Snapperin fiel in die Kommandantur, gleich eines wartenden Geistes. Sie hatte sich mittlerweile gesetzt, die beine an sich gezogen und den Kopf seitlich auf die Knie gelehnt. Ihr Blick lag in der Ferne und das unregelmäßige Schniefen verriet, dass sie wohl noch immer ihren Worten und Gedanken nachhing. „Entschuldige. Ich … wollte dich nicht so stehen lassen, aber …“

    Ein weiterer, tiefer Atemzug entwich dem Hüter, als er sich, nachdem sie aufgeschaut hatte, neben ihr niederließ und ihre Hand ergriff. Sie war zu einer leichten, jedoch kaum widerständigen Faust geballt und es machte Ryu seine Mühe, ihre Finger nacheinander mit seinen Eigenen Fingerspitzen zu lösen. Die orange-roten Augen lagen dabei in völliger Ruhe auf ihrer Handfläche und, wenn auch nur für den Hauch eines Moments, fasste er sich noch einmal ein Herz. Ohne sich auf die Sicherheit der grünen Lichtung zu flüchten, legte er ihr das Haarband in die Hand und schloss ihre Finger mit den seinen darum. „Du musst deinen Weg gehen, Freiya“, begann er dann, seine Hand um die ihre geschlossen. „Das bist du dir schuldig. Dir, der Frau, die du warst und der Frau, die du sein willst. Du sagst zu mir, ich soll auf das Erreichte blicken. Aber, bevor ich das tue, will ich, dass du es auch kannst. Also musst du gehen.“

    Es war schwierig, die richtigen Worte zu finden. Wollte er, dass sie geht? Ja. Und nein. Es gab keine klare Antwort darauf. Aber sie würden niemals den Blick nach vorne finden, wenn die eine Vergangenheit einen fesselte und die Schatten der anderen einem die Sicht versperrten. „Dieses Band gehörte einem Menschen, der mir sehr viel bedeutete, Freiya. Diese Person ist nie wieder zurückgekehrt.“

    Sein Blick wanderte gen Himmel, dann schloss er kurz die Augen und nickte sachte, ehe er zu der tapferen, roten Snapperin schaute und, wenn auch etwas wehmütig lächelte. „Behalte es, pass gut darauf auf. Als Erinnerung daran, dass du nicht zurückkehren wirst. Sondern daran, dass das Richtschwert, von dem du gesprochen hast in unserer Hand liegt und nicht über uns schwebt. Dass wir damit um uns und unseren Weg kämpfen. Unser eigenes Schicksal damit bestimmen können. Damit diese Wege am Ende wieder zusammenführen. Und du mich an einem Ast hängend, auf dem Übungsplatz oder in einem ollen Turm wieder findest. Und bis dahin … lass uns die Zeit bis zu dem ‚Dazwischen‘ einfach genießen.“

    Gerade für die letzten Worte fand der Hüter ein leichtes Schmunzeln und auch Freiya schien sich bei der Erinnerung an die Marotten und ihre ‚üblichen‘ Plätze, an denen man sich getroffen hatte, nicht erwehren zu können. Trotz der Tränen, die ihr über die Wangen liefen. Schließlich legte Ryu ihr den Arm um die Schulter und zog sie zu sich, ihr die Lippen sachte auf den roten Schopf drückend, während sein Daumen über jene Schulter strich. „Wenn du schon Tränen vergießt, dann aus Freude, dass der bevorstehende Abschied kein Ende sein wird. Sondern aus der Freude heraus, dass manche Wege, unsere Wege, sich wieder kreuzen werden. Dann … sind auch nicht alle Tränen von übel.“

  18. Beiträge anzeigen #78
    Waldläufer Avatar von Corsika
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    Südlichste Ausläufer, zwischen Tooshoo und dem Kastell

    Irgendwo am äußersten südöstlichen Rand des Sumpfes knisterte ein winziges Lagerfeuer. An diesem winzigen Lagerfeuer saßen zwei Reisende, die sich nichts mehr zu sagen hatten und kauten auf ein paar Streifen Trockenfleisch herum. Sie mussten sich wieder aufwärmen und zu Kräften kommen, sonst würden sie die Nacht nicht überleben. Es grenzte bereits an ein Wunder, dass sie außer dem Irrlicht bislang keiner weiteren wilden Bestie begegnet waren. Corsika würde ihr Glück diesbezüglich nicht herausfordern - nicht noch einmal. Sollte Dion wieder auf die brillante Idee kam, im brackigen Sumpfwasser baden zu gehen, würde sie ihn nicht retten. Er war wirklich der Inbegriff eines Schwamms! Er war äußerlich weich und innen hohl. Er saugte alle möglichen Informationen auf, rang sie in seinem kleinen Gehirn aus und behielt nur den Unsinn bei sich - wie die Vorstellung, dass Corsika eine Hexe wäre. Und natürlich zog er sich bereits nach ein paar Stängeln Sumpfkraut eine schwere Abhängigkeit nach der Droge zu und belastete seine Begleitung durch zusätzliche Unzurechnungsfähigkeit. Jetzt saß er bibbernd wie ein Häufchen Elend vor dem Feuer und es war unklar, ob es die Kälte war, die ihm so stark zusetzte oder aber der kalte Entzug. Jedenfalls verwahrte Corsika das restliche Päckchen Kraut nun so gut wie möglich vor ihm, wenngleich sie nicht wusste, ob sie seinen hunderten Pfund Gewicht irgendetwas entgegensetzen konnte, wenn er mit aller Brachialgie versuchen sollte, an das Kraut zu kommen.

    So überstanden sie eine Nacht und als sie am nächsten Morgen aufwachten, hatte sich Dion eine dicke Erkältung eingefangen. Seine knubbelige Nase war gerötet und sein Haar schweißgetränkt. Er hatte die halbe Nacht lang herumgewimmert.
    „Los jetzt, es wird höchste Zeit, dass wir unser Ziel erreichen“, forderte Corsika streng, während sie sich diesmal einen Großteil des Gepäcks selbst umschnürte.
    „Wollen wir nicht lieber wieder zurück zu den Kräuterhexen?“, murmelte Dion in nasaler Tonlage.
    „Von mir aus geh zurück, wenn du denkst, den Weg wiederzufinden.“ Ihr Blick war auf ihren Kompass gerichtet, der endlich wieder funktionierte. Sie würde ihm jetzt konsequent nach Südosten folgen, dann würde sie auch aus dem Sumpf kommen. Dion erwiderte nichts, er blieb nur eine Weile stehen und folgte ihr schließlich bedröppelt in zwanzig Schritt Abstand.

    Einen halben Tagesmarsch später hatten sie den Sumpf endlich hinter sich gelassen. Das Landschaftsbild veränderte sich rapide, als sie die wassergespeisten Tiefländer verließen und eine trockene, vegetationsarme Gegend erreichten. Die Felsen waren glatt und dunkel, sie flankierten den kaum erkennbaren Trampelpfad wie die schlecht gepflegte Zähne. Es ging jetzt immer weiter bergauf - eine willkommene Abwechslung für die Ziegen, aber eine Qual für die beiden Wanderer. Corsika motivierte sich mit dem Gedanken, dass sie zum Glück keinen Handkarren im Dorf der Waldbewohner erstanden hatte. Damit wäre sie kaum durch den Sumpf gekommen und erst recht nicht über den Felsenpfad.
    Dions Jammern und Zetern wurde mit der Zeit immer leiser. Seinem Körper fehlte allmählich wirklich die Kraft zum Lamentieren. Er konzentrierte sich nur noch darauf, irgendwie weiterzukommen. Das drohende Fieber tat vermutlich sein Übriges. Corsika vermied es, zu oft nach ihm zu schauen. Er hatte sich ihr Mitleid nicht verdient und sie musste einen klaren Kopf bewahren. Überraschenderweise waren ihre Kopfschmerzen wie weggeblasen, seit sie den Sumpf verlassen hatten. Vielleicht lag es alles nur an den ungesunden Dämpfen, denen sie dort ausgesetzt waren, aber möglicherweise war es auch ein Zeichen des dunklen Gottes, dass sie sich auf dem richtigen Pfad befand. Was auch immer das für sie bedeuten sollte.
    „Ich muss mal Nummer 1“, konnte sie plötzlich von Dion vernehmen und erwiderte seinen Mitteilungsdrang mit einer wegwischenden Handgeste.
    „Kurze Pause“, gab sie schließlich nach. „Die Tiere könnten auch etwas Futter vertragen.“

    Während Corsika also die Vierbeiner und die beiden Gänse versorgte, verschwand Dion hinter der nächsten Abbiegung, nur um einen Herzschlag später wieder mit weit aufgerissenem Mund und weit aufstehender Hose vor ihr zu stehen. Zum Glück verdeckte sein voluminöser Bauch einen Blick auf alles, was darunter herumbaumeln könnte, aber Corsika kam gar nicht dazu, sich über sein Gebaren zu beschweren, denn er wedelte wie wild mit den Händen und deutete auf den vor ihnen liegenden Weg.
    „Irgendwelche Bestien?“, fragte Corsika und griff vorsorglich nach ihrer Sichel. Die Tiere wirkten ruhig, also spann sich Dion vermutlich mal wieder nur irgendetwas zusammen.
    „N-nein, aber das musst du sehen!“
    Sie folgte ihm um die Ecke und konnte bereits an dem Rauschen von Wasser erahnen, dass sie sich der Küste nähern mussten. Doch das, was nun vor ihnen lag, ließ selbst eine kühle Person wie sie ehrfürchtig aufatmen. Vor ihnen befand sich eine gigantische natürliche Felsbrücke, die über eine schier endlos tiefe Kluft führte.
    „Wow“, brachte sie hervor. „Das ist atemberaubend. Du … hast doch hoffentlich keine Höhenangst, oder?“

  19. Beiträge anzeigen #79
    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Sumpflilie

    Hass konnte so schön sein. Die sich anstauende Energie zwischen den beiden Hähnen der Wüste war ansteckend. Man wollte regelrecht mitmischen, andere anpöbeln und ihnen weh tun. Wer zweifelte das Beliar existierte und im richtigen Moment die Finger in die Wunde legte, der wurde eben eines Besseren belehrt.
    Unerledigte Dinge, alte Feindschaft und Jahre, die vergangen waren. Wie groß war der Anspruch immer noch für die Sache X zu stehen und dafür den anderen zur Rechenschaft zu ziehen?
    Ornlu - sonst gerne eine Provokateur und Freund von geklärten Dingen - hielt sich dezent zurück.
    Zeigte dann mit dem Finger auf den Tisch, wo eine kleine Schale mit Brot und Salz stand.
    “Die Mama hat Berash das Gastrecht gewährt und er hat es angenommen, indem er sich an diesen Tisch gesetzt hat. Klärt das also woanders oder ein anderes Mal.”, sagte der Wolf, auch wenn er ahnte, dass beide einen Scheiß darauf geben würden.

    “Um es mal so auszudrücken, Berash. Sollte dich der gute Maris aufschlitzen oder du noch einmal so einen magischen Impuls von dir nur noch unkontrollierter und stärker im Eifer des Gefechts geben, haben wir hier Ärger. Es könnten…Dinge angelockt werden, die diese Macht haben wollen oder brauchen.”, erklärte er, ohne dass er groß daran glaubte, die absolute Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

    “Die Wilde Jagd hat aufgeräumt…nicht alles vernichtet. - Du trinkst jetzt aus und dann gehen wir in die Sümpfe. Ich begleite dich ein wenig und zeigte dir die Richtung zu deinesgleichen. Vielleicht hab ich noch ein paar Antworten auf dem Weg für dich. Hier bleiben darfst du jedenfalls nicht, als Bewahrer dieses Ortes bringe ich dich lieber sehr schnell um, statt auch nur einen guten Waldvölkler in Gefahr zu bringen. Ihr trefft euch einfach an einem Ort, wo es niemandem schadet. Alles andere ist euer Bier. Also los…”, sagte der Jäger und erhob sich.

  20. Beiträge anzeigen #80
    Ehrengarde Avatar von Berash
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    Sumpflilie

    Berash lächelte Maris gelassen an und zuckte mit den Schultern, als dieser sich darüber echauffierte, dass die Diener Innos seine Seele nicht hinab zu Beliar geschickt hatten. Maris konnte natürlich nicht wissen, dass sich der Assassine damals relativ zügig aus dem Staub gemacht hatte, nachdem deutlich zu erkennen gewesen war, dass der alte Bund unterliegen würde. Und Berash würde der Wüstenratte, Verzeihung, dem Wüstenlöwen das sicher nicht auf die Nase binden.
    Stattdessen beobachtete er gespannt, wie Ornlu Maris in die Schranken verwies und auf das Gastrecht pochte. Nun, man konnte vom Waldvolk halten was man wollte, doch die wenigen Regeln, die sie hatten, galten für alle. Und man achtete tunlichst darauf, sie einzuhalten.^

    "An mir soll es nicht liegen, Ornlu. Ich bin in friedlicher Absicht gekommen und wollte nur etwas verschnaufen, bevor es weiter geht. Das er da," Berash wies mit einem lapidaren Winken in die Richtung des ehemaligen Nomadens, "hier sich so unhöflich eingemischt hat ist nicht mein Verschulden." Der frühere Emir zuckte erneut mit den Schultern.
    Konnte es sein, dass sich Maris und Ornlu nicht leiden konnten? Die beiden wirkten fast wie Hund und Katze. Berash würde zu gern wissen, ob dahinter eine größere Geschichte steckte. Doch jetzt war nicht an der Zeit danach zu fragen, dass machte die Stimmung eindeutig. Es war wie ein Raum voller aufgewirbeltem Mehl, nur ein Funke fehlte noch und würde zu einer unweigerlichen Explosion führen. Und so sehr Berash auch geneigt war, diese einäugige Zecke an seinem Arsch dazu zu bringen das Gastrecht zu brechen...
    Nein, der Assassine wusste, wann es besser war ruhig zu bleiben. Er hatte hier keine Freunde.

    Das zeigte sich insbesondere an der Gewaltandrohung des Druiden. Während Maris noch mit einer gewissen Wut gesprochen hatte, waren die Worte Ornlus gelassen und wirkten durch ihre Schlichtheit wesentlich bedrohlicher. Das, was Ornlu sprach, war für ihn Fakt. Er würde Berash töten, ganz einfach nur um diesen Ort vor dem zu schützen, was in dem einstigen Emir brodelte.
    Berash schnaubte trocken und hob schicksalsergeben die Hände. "Meinesgleichen, hm? Tja, eine große Wahl habe ich wohl nicht, oder?"

    Es war ja nicht so, als hätte er sich das ausgesucht! Jahrelang war er für sich geblieben und hatte sich aus allem heraus gehalten, was in der Welt passiert war. Nicht ein einziges Lebenszeichen hatte er in der letzten Dekade von sich gegeben. Und dann plötzlich hatte es ihn nach Bakaresh gerufen, ganz aus heiterem Himmel. Und als wenn das nicht genug gewesen wäre, schien es auch noch so als hätte eine höhere Macht sich dazu entschieden, seinen Weg auf die Pfade der Magie zu lenken!
    Wenn Beliar sich dazu entschieden hatte, nun, da durfte sich Berash nicht drüber beschweren. Doch wenn es irgendwer anders gewesen war, dann hätte der Assassine dieser Person gerne einmal intensiv gezeigt, was er davon hielt.

    Berash erhob sich ebenfalls und leerte den letzten Rest seines kalten Tees und holte dann sein Bündel mit der Klinge unterm Tisch hervor. Ganz bewusst hielt er die Waffe, die in eine einfache Decke gehüllt war, so unbedrohlich wie möglich.
    "Und ich schwöre bei Beliar, ich möchte nichts anlocken. Nur verstehen, warum ich auf einmal diese Magie habe."
    Der Assassine nickte Maris noch einmal gelassen zu.
    "War nett, dich wiederzusehen. Wir sollten uns nicht noch mal so lange aus den Augen verlieren, oder? Lass dich bezeiten mal wieder blicken, Katzenkönig."
    Pff, König der Löwen. Miau, oder was sollte er noch dazu sagen?

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