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    Ritter Avatar von Das Waldvolk
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Tooshoo #40

    Bewahre Reisender,

    die Ruhe im Bruchwald von Tooshoo ist trügerische. Nachdem das Weißauge gefallen ist, halten sich die Echsenmenschen bedeckt. Doch noch immer hält sich das Dunkel, das die Schwarzmagier vor vielen Wintern dort entfesselten, und für jeden Sonnenstrahl, der das Blätterdach durchbricht, tummelt sich eine Kreatur in den Schatten der Mangroven, bereit unbedarfte Wanderer in die Tiefen der Sümpfe zu reißen und nie mehr freizugeben.

    Der Baum von Tooshoo steht unberührt - heute mehr denn je wie eine abgeschottete Festung inmitten der Baumkronen. Seit dem Überfall der Echsen hat ihn scheinbar niemand mehr betreten. Doch mancher meint des Nachts einen Lichtschein hoch oben am Baum gesehen zu haben - vermutlich ein verirrtes Irrlicht.
    Das unbewohnte Schwarzwasser ringsum ist im Verfall begriffen. Die Dächer sind undicht, so manche Hütte bereits eingefallen. Nur wenige Stege auf dem Hauptweg nach Süden scheinen noch von unsichtbarer Hand instand gehalten zu werden. Einzig die Sumpfkrautplantage südlich von Schwarzwasser, wo sich der Wald zu lichten beginnt, ist wieder in Betrieb und liefert das im Schutze des gefährlichen Waldlandes angebaute Rauchkraut in die Städte des Nordens der Insel.

    Es heißt, das Waldvolk sei hierher zurückgekehrt, nachdem das Fort im Bluttal durch die Orks gefallen ist. In Gruppen sollen sie den Bruchwald durchstreifen. Auch sei das ein oder andere Mal ein Reisender durch einen Pfeil oder Speer aus dem Nichts vor einer Sumpfkreatur gerettet worden. Doch die Zeiten, in denen man sie in der Sumpflilie auf ein Bier und einen Plausch antreffen oder auf dem Schwarzmarkt Waren von ihnen erstehen konnte, sind lange vorbei.

    Wenn du Kontakt zum Waldvolk suchst, probiere es lieber im südlichen Stewark. Es heißt, regelmäßig besuche eine Gruppe von Waldläufern das Gasthaus zur Gespaltenen Jungfrau. Glaube mir: Du sparst dir eine gefahrvolle Reise und es ist wahrscheinlicher, dass du jemanden triffst, der bereit ist mit dir zu sprechen.

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    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Zarra ist offline
    „Ich…“, begann sie, noch immer verunsichert durch den Auftritt des Astmanns, „Wie soll ich eine Kämpferin werden? Schau mich an, ich bin winzig, hab dünne Arme“, zur Veranschaulichung hob sie ihren rechten Arm und griff sich mit der linken Hand um den kompletten, bandagierten Unterarm, „und noch nie eine Waffe in den Händen gehalten. Ich war bei den Übungen mit den Kindern des Waldvolks immer die Schlechteste!“
    Sie erinnerte sich an die wenigen spielerischen Übungen in ihrer Kindheit, wo die Nachkömmlinge an das Überleben in der Natur herangeführt wurden. Sie war herausragend gewesen, wenn es darum gegangen war bestimmt Pflanzen zu finden oder sichere Orte. Aber alles, was mit Bogenschießen, Speerkampf oder ähnlichen Dingen zu tun hatte, hatte sie entweder nicht hinbekommen oder wurde gleich ganz davon abgezogen bis ihre Ausbildung schließlich in Nereas Hände gegeben worden war.

    „Bei der Wilden Jagd“, fuhr sie fort, „So wie ihr alle gekämpft habt, das könnte ich nicht. Aber Magie? Dabei spielt es keine Rolle, wie schwächlich ich bin, oder? Ich könnte in vielen Jahren vielleicht einem Jagdkommando helfen, indem ich sie heile wie Ambrose“, wagte sie zu hoffen.
    Irgendwie freute sie sich, dass Griffin ihr zutraute eine Kämpferin werden zu können und Ornlu hatte von wendigen Waldläufern ihrer Sippe erzählt, aber das war nicht sie, oder? Ihre Großmutter hatte konkrete Vorstellung davon, was sie erreichen sollte und Zarra fühlte sich dahingehend nach wie vor verpflichtet, selbst wenn sie sich in den letzten Wochen etwas Eigenständigkeit erarbeitet hatte.
    „Außerdem“, gab sie zu bedenken, wobei ihre Stimme immer leiser wurde, „fürchte ich mich vor dem Hauptmann. Er ist so unnahbar, so… reserviert. Und immer, wenn er mich ansieht, habe ich das Gefühl von einem wilden Tier beobachtet zu werden.“

    Es fiel ihr nicht leicht diese Worte auszusprechen, insbesondere nicht, weil sie wusste, dass Griffin und Ryu Hayabusa wie Brüder waren. Doch vielleicht war genau das der Grund, wieso sie es hatte sagen können. Vielleicht hoffte sie, dass der Hüne ihr diese Furcht nehmen konnte, die stets mit der Dankbarkeit rang, die sie durch die Rettung bei der Wilden Jagd in ihrem Herzen trug.
    „Aber wenn du mir etwas beibringen kannst, dann verspreche ich mein Bestes zu geben!“
    Sie wollte ihn nicht verletzten und sie musste zugeben, dass sie sich gern so gut bewegen könnte, wie er es tat. Beim Tanzen, beim Klettern, Griffin schien immer sehr agil zu sein.
    „Gibst du mir auch ein paar Beeren?“, fragte sie dann und hielt ihre kleine Hand offen.

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    Rollenspielmoderator Avatar von Kiyan
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Kiyan ist offline

    Übungsplatz

    Kiyan sah den Hünen an und musste lächeln, dann breit grinsen und am Ende einmal wirklich lachen.
    „Wenn ein Wolf, ein Scavenger, ein einfacher Bandit, ein schwer gerüsteter Ork und eine Stadtwache mit Schild im Verein angreifen, nehme ich die Beine in die Hand, schlage mich zum nächsten Hafen durch und kapere das erstbeste Ruderboot, um so viel Abstand zwischen meinen Hintern und diese unheilige Vereinigung zu bringen.“, antwortete er amüsiert, ehe die Miene des Torgaaners ihn dazu brachte, ernsthaft über die Frage und seinen Lösungsansatz dazu nachzudenken.
    „Also, sie greifen jeweils an, nicht zusammen.“, überlegte der Jäger laut. „Da spielen viele Gedanken mit rein. Befinde ich mich gerade auf der Jagd und treffe auf den Wolf, versuche ich ihn so schnell wie möglich unschädlich zu machen. In Myrtana sind das Rudeltiere, also ist die Chance groß, dass da noch mehr unterwegs sind. Das Verhalten des Wolfes würde mein weiteres Vorgehen beeinflussen: Greift er direkt an, müsste auch ich frontal schießen, da ich keine Zeit habe, tolle Tricks anzuwenden. Entweder versuche ich ihm einen Pfeil in den Schädel zu jagen oder – und das birgt viel Risiko – wenn er einen Satz macht, um mich mit seinem Gewicht zu erwischen.“
    Kiyan blickte auf Ornlus Waldläuferbogen hinab. „Auf der Jagd würde ich eine dünnere Sehne verwenden, Jagdpfeile. Der Schuss müsste sitzen, die Energie dahinter ausreichend sein, um dafür zu sorgen, dass der Wolf sein Ziel nicht mehr erreicht. Nun, zumindest beißend und schlagend. Fliegendes, tödlich verwundetes oder totes Gewicht wäre es immer noch.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, das wäre ein valerion’scher Weg, diese Sphäre zu verlassen. Ich würde wirklich darauf hoffen, dass der Wolf Vorsicht walten lässt und mich umkreist. So hätte ich die Zeit und Ruhe, den Kampf zu meinen Gunsten zu beginnen. Ein Pfeil in die Flanke, knapp hinter den Vorderläufen. Im besten Falle erwischt’s den Brustkorb und das Herz.“
    Onyx nickte und bedeutete Kiyan, fortzufahren. Er erklärte, auf welche Weise er den Scavenger erlegen würde. Auch hier wäre die Ausgangslage entscheidend, ob auf der Jagd oder beispielsweise beim Marsch durch den Wald. Im Fall der Fälle galt für den Jäger aber, unnötige Konflikte zu vermeiden, wenn die Möglichkeit bestand. Der leichtgerüstete Bandit würde einen Pfeil in die Brust oder ins Auge bekommen, bestenfalls aus der vorteilhaften Position des Unentdeckten.
    „Der Ork und die Stadtwache“, murmelte Kiyan, „Im Verbund mit anderen Jägern und Waldläufern würde ich zumindest den Ork angreifen in dem Wissen, das wir siegen würden. Hier, auf Argaan, deutet ein Ork aber auf mehrere hin. Ich würde also wenn möglich den Kampf gar nicht suchen, sondern unterziehen und warten bis der Ork – vielleicht ein Späher – vorbei ist. Könnte ich mich auf einen Kampf vorbereiten, würde ich wohl eine starke Sehne und einen Kriegspfeil nehmen, etwas das Panzerung durchschlägt. Angeblich“ – er fuhr sich übers Kinn – „haben die Orkjäger Nordmars einen Pfeil speziell zum Durchschlagen der Orkpanzer hergestellt, mit Klingen versehen und einer Pfeilspitze, die im Fleisch aufbricht und Schaden anrichtet.“
    Dann sah Kiyan jedoch wieder zu dem Waldläufer. „Aber wenn es sich vermeiden lässt, lasse ich den Ork seiner Wege ziehen.“
    „Was den Stadtwächter mit dem Schild angeht“, fuhr der Jäger fort, „würde ich wie in den vorangegangenen Fällen unterscheiden zwischen der vorbereiteten Position und der reagierenden Position. Aus vorher erkundeter und bezogener Stellung würde ich versuchen, den Soldaten da zu treffen, wo die Rüstung ihn nicht schützt. Stadtwachen tragen ja in der Regel keinen Panzer sondern einen Waffenrock, Kettenhemd … da gibt’s Schwachstellen, beispielsweise an den Seiten oder am Hals.“
    Er rieb sich lachend das Kinn. „Was den Schild angeht? Beliar, der Kerl wäre mein letztes Ziel. Kein Mann bei klarem Verstand würde auf den Schildträger schießen. Vorallem wenn er weiß, dass ich ihn mit Pfeil und Bogen erledigen möchte.“
    Onyx sah ihn weiter an. Kiyan räusperte sich. „Es ist meiner Meinung nach alles eine Frage der Vorbereitung, der Überraschung und des Glücks. Mal kann ich planen und habe die perfekte Position für den perfekten Schuss, dann wieder hat der Gegner das Überraschungsmoment auf seiner Seite und ich muss reagieren – egal wie, irgendwie. Und dann wieder … habe ich einfach Pech und der andere Kerl hat Glück. Oder andersherum. Das der geschossene Pfeil auch genau da trifft, wohin ich gezielt habe. Sowas.“
    Nun lächelte er kurz. „Ein weiser General des Herzogtums hat mal gesagt: Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt. Ich denke, dass gilt auch für Waldstreicher und Waldläufer, nicht wahr?“

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    Lehrling Avatar von Ronja
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    Ronja ist offline
    Ungeziefer fressen wir selber, hätte Ronja fast gesagt, biss sich aber noch gerade so auf die Zunge.
    Sie überlegte kurz.
    „Fünf Stück, das klingt gut. Ist da auch ein Ganter dabei?“
    Corsika hatte Recht, die Tiere waren wertvoll, ganz besonders für ein Waldvolk, das einerseits seinen Ort aufbauen wollte und anderseits gerade eine dürftige Speisekarte hatte. Und … ein Kopfkissen gefüllt mit Daunenfedern … Wer würde nicht davon träumen? Ronja sollte zusehen, dass sie den Handel über den Tisch bekam und dann würde sie auf eine Gans Anspruch erheben, jawohl!
    „Geld wirst du hier wenig finden, aber bei den anderen Sachen können wir dir aushelfen. Ein Zelt kannst du haben und auch Felle oder Wechselklamotten. Da kann ich dir was besorgen. Transportkarren, puh, da muss ich mal gucken, das haben wir selber nicht wie Sand am Meer, glaube nicht, dass wir einen entbehren können. Da muss wohl ein Rucksack erstmal reichen. Ich kann dir zeigen, wie du die Sachen platzsparend verpacken kannst“, bot sie der Fremden an.
    Das war schließlich etwas, was man als Jäger können musste: effektiv reisen.

    Nachdenklich legte Ronja den Kopf schief.
    „Ok, pass auf: Einen Satz Wäsche, zwei Felle von der Größe einer Sumpfratte je und einen Rucksack kann ich dir anbieten erstmal. Wenn du außerdem was suchst, was du nur hier bekommst und gewinnbringend weiterverkaufen kannst, kann ich dir noch Sumpfkraut besorgen. Das ist das beste Kraut auf ganz Argaan, das weiß jeder, damit kannst du in den Städten ordentlich Reibach machen. Oder du rauchst es halt selber, aber … du scheinst mir eher eine tüchtige Geschäftsfrau zu sein.“ Ronja zwinkerte Corsika zu. „Wenn ein Ganter unter den Gänsen ist, bekommst du noch ein Zelt dazu.“
    Dann reckte der Lockenkopf das Kinn nach vorn.
    „Also, was sagst du?“

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    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Das Felsennest Niradh

    Während er sich anzog, kroch ihm die Kälte den Nacken herab, als hätte ihn eine eisige Klaue in festem Klammergriff. Er fühlte sich steif, als wüssten seine Muskeln nicht mehr, wie sie sich zu bewegen hatten. Sein Verstand war immer noch benebelt vom plötzlichen Wechsel der Eindrücke, von der völligen Veränderung seines Denkens. Er brauchte seine Zeit, um sich wieder in Schale zu werfen. Runa, Frank und Seamus warteten derweil geduldig am Höhleneingang. Den Löwinnen hatte Maris zu verstehen gegeben, dass diese Menschen Freunde waren und den Jungen nichts tun würden. Sie nahmen es hin und ließen den Eindringlingen ihren vorsichtigen Rückzug, doch sie blieben kampfbereit.
    Schließlich, als er endlich bereit war, trat er noch einmal zu den Schwestern und ihren Jungen hinüber. „Ihr seid für’s Erste versorgt“, sagte er, „und in der Umgebung ist keine Gefahr mehr für euch. Mehr kann ich für den Moment nicht tun. Ich hoffe, das ist genug.“
    Er berührte die Schwestern mit seiner Magie und gab es ihnen so gut zu verstehen, wie es ohne Worte möglich war. Dann wandte er sich ab – nicht ohne Wehmut – und trat in das Dämmerlicht außerhalb der Höhle.

    „Zeit, zu gehen“, sagte er. „Wir sollten in Niradh übernachten. Wenn wir morgen bei Sonnenaufgang aufbrechen, sind wir zum Mittag zurück in der Lilie.“
    „Brauchst du Hilfe?“, fragte Seamus. „Siehst etwas klapprig aus, Gevatter Tatze.“
    Maris schüttelte matt den Kopf, ohne ihn anzusehen. Ihm war gerade nicht nach Scherzen zumute.
    So kletterten die Vier schweigend den Fels hinab und brachten den kurzen Aufstieg vom See bis zur Felsformation hinter sich, in der Niradh verborgen war. Maris überließ es Frank, das Essen zuzubereiten, und setzte sich in drei Decken gewickelt in eine Ecke, den Blick scheel auf die Felswand gerichtet. Er reagierte kaum, als Runa und Seamus sich zu beiden Seiten neben ihn setzten.
    „Wir sollten darüber sprechen, Kumpel“, raunte Seamus. „Die Scheiße in der Höhle, meine ich. Was zum Henker ist da drin passiert?“
    Maris schnaubte. Es dauerte einige Herzschläge, bis er Worte fand. „Ich habe mich in einen Löwen verwandelt.“
    „Sag bloß!“, knurrte Seamus. „Ich will wissen, warum du so eine Scheiße abziehst. Den Baum schwer verletzt bei Nacht und Nebel verlassen, ohne jemandem Bescheid zu sagen? Dich in einen verfickten Löwen verwandeln? Seit wann kannst du so eine Scheiße eigentlich? Und dann lauerst du deiner Tochter auf und reißt sie fast in Stücke? Hast du sie noch alle?“

    Maris antwortete nicht. Er wusste, dass das alles mächtig schiefgelaufen war. Doch das, was sich in der Höhle mit Runa abgespielt hatte, war genau der Grund gewesen, warum er allein gegangen war.
    „Paps …“ Runa senkte den Kopf und fing seinen Blick ein. Maris schloss die Augen, die Züge erfüllt vom Schmerz der Schuldgefühle, griff ihren Kopf mit seiner Hand und drückte sie an sich.
    „‘Tschuldige, Runi … das war Scheiße von mir …“
    „Was war denn los?“, fragte sie. Ihre Stimme war sanft, liebevoll. „Erzähl’s uns, Paps.“
    Maris schniefte. Er brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Dann öffnete er den Mund.
    „Als der Hetzer uns angriff, hab ich die Löwinnen und ihre Jungen vor dem Wargrudel beschützt. Das Männchen des Rudels ist gestorben, und sie waren ohne Schutz und konnten nicht jagen, ohne die Jungen in Gefahr zu bringen.“
    „Wir haben die Leichen am See gesehen“, bestätigte Seamus.
    „Ich musste ihnen so schnell wie möglich helfen. Sie sind vielleicht die einzigen Löwen auf der ganzen Insel, eine Saat für eine ganz neue Population. Also bin ich los, sobald ich stehen konnte und Leyla mich versorgt hatte. Ich wollte dich nicht in Gefahr bringen, Runa, deshalb bin ich allein losgezogen.“
    „Hat ja toll geklappt“, murrte der rothaarige Riese, doch ein scharfes „Shh!“ aus Runas Mund ließ ihn verstummen.
    „Die Löwinnen vertrauten mir nicht und wollten sich nicht helfen lassen. Ich hab in der Höhle bei ihnen geschlafen, auf Abstand, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Da hab ich sie gesehen.“
    „Wen?“, fragte Runa leise.
    „Tiaret, die Löwenmutter. Sie ist die Mutter des Großen Löwen, die Frau der ersten Großen Katze. Sie ist mir schon mehrfach im Traum begegnet, so auch diesmal. Und sie gab mir zu verstehen, dass ich selbst ein Löwe werden musste, um ihr Vertrauen zu gewinnen.“

    Maris sah zu seiner Tochter hinüber, die nachdenklich den Namen der Löwenmutter lautlos mit ihren Lippen nachformte. Seamus‘ Bass ließ ihn schließlich auffahren und zur anderen Seite blicken.
    „Du hast dich einfach so in einen Löwen verwandelt, weil sie es dir gesagt hat? Mann, deinen Druidenkram will ich echt nicht verstehen, aber mir gefällt das nicht. Und dann? Was hast du denn als Löwe angestellt?“
    „Ich habe … gejagt. Die Löwinnen und die Jungen beschützt.“
    Erinnerungen schossen durch seinen Verstand. Gerissenes Wild, das er in die Höhle geschleift hatte, um die Löwen zu versorgen. Wölfe, denen er aufgelauert, Lurker, denen er nachgesetzt und die er zerrissen hatte. Nichts im Umfeld der Höhle, das eine größere Gefahr als eine Molerat war, hatte er am Leben gelassen. Und dann sah er sie wieder vor sich. Die Löwinnen in devoter Haltung, ihm nicht zugeneigt, sondern ihr Schicksal im Angesicht des neuen dominanten Männchens mit dem Pragmatismus ihres angeborenen Überlebenswillens akzeptierend. Die Jungen, hilflos, ihm ausgeliefert. Und er erinnerte sich an den furchtbaren Instinkt, diese Brut eines Anderen zu zerfetzen und zu zerreißen, um seine eigene Saat zu pflanzen. Und all sein Wille, all seine Vernunft hatte er dafür aufgebracht, diesem Instinkt nicht zu gehorchen. Doch das war nur zu dem Preis gelungen, dass er den Weg zurück nicht mehr gefunden hatte. Den Weg zurück zum Menschsein. Bis der Anblick seines wahren Fleisches und Blut zu seinen Füßen ihn wieder daran erinnert hatte.
    „Die Geheimnisse, die wir von der Natur lernen, lassen sich nicht in der Theorie studieren. Nur ausprobieren. Dabei geht manchmal etwas schief. Du kannst dich ja an meine vielen Versuche mit Anirons Schnaps erinnern, mein Freund.“
    „Oh ja, ich hatte viel zu oft einen in der Krone nach deinen Versuchen“, lachte Seamus.
    „Diesmal ist etwas schiefgegangen. Ich wusste nicht damit umzugehen, wenn sich mein Denken verändert. Was man plant und sich vornimmt, gerät schnell in Vergessenheit, wenn man plötzlich nur noch den Verstand einer großen Katze hat. Du hast das beinahe abbekommen, Runa. Tut mir Leid, mein Schatz.“
    „Schon gut“, sagte sie und nahm ihn in die Arme. „Ich bin nur froh, dass es dir gut geht.“
    „Und ich bin froh, dass dir nichts passiert ist.“ Maris sah zu Seamus. „Naja, und beim nächsten Mal weiß ich, wie es funktioniert und was ich tun muss.“
    „Ist’n scheiß Weg, zu lernen, weißt du das?“
    „Der einzige, den ich hab. Und ich fürchte, es wird nicht einfacher werden. Ich werde eine Reise nach Varant unternehmen müssen.“

    Runa sah auf. „Nach Hause?“
    Maris staunte. Er hatte nicht erwartet, dass sie die Wüste als ihr Zuhause ansah. Immerhin waren sie und Sinan noch Säuglinge gewesen, als sie alle Al Shedim verlassen hatten.
    „Das solltest du aber vielleicht nochmal mit Aniron besprechen“, gab Seamus zu bedenken. „Und ich mit Aaliyah.“
    Maris runzelte die Stirn. „Du willst mitkommen?“
    „Denkst du, ich lass dich mit dem Scheiß alleine? Irgendjemand muss dir in die Fresse hauen, wenn du dich in einen Löwen verwandelst und kleine, hilflose Kinderchen reißen willst, oder?“
    „Du Arsch …“, grinste Maris.
    „Und ich lass dich auch nicht allein gehen“, gab Runa mit einer Entschiedenheit zu verstehen, der man kaum widersprechen konnte.
    „Darüber … darüber müssen wir nochmal sprechen, Schatz.“
    „Essen ist fertig!“ Frank winkte ihnen freudestrahlend zu und rief viel zu laut zum Essen dafür, dass die keine zehn Schritte entfernt saßen. Maris war dankbar dafür, das Gespräch vorerst nicht mit diesem Thema fortführen zu müssen. Sein Bauch ebenso, wie er mit einem lauten Rumoren zu verstehen gab.
    „Verdammt, hab ich einen Hunger. Dann wollen wir mal schauen, ob Frankie in der Küche was taugt, oder?“

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    Schwertmeister Avatar von Onyx
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Onyx ist offline

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    “So sein. Niemals irgendwas gehen genau nach Plan, wenn kämpfen. Nur das was du kontrollieren kannst. Aber wichtig sein, zu wissen was andere Denken und was sie können kontrollieren. Daraus mischen sich Aktion. - Onyx suchen nicht Held sein gegen Feind, was zu mächtig. Onyx deswegen nicht feige. Onyx leben und das Unterschied zu 99 von 100 Held. Du verstehen. - Wenn Onyx stark kontrollieren, dann Onyx nicht töten. Eins unsicher für Onyx, dann Gesetz von Minental sein Gesetz von Onyx. Menschen selbst schuld, was haben Onyx zu Feind.”, erklärte der Hüter seine simplen moralischen Vorstellungen. Er war kein verdammter Ritter, der an Eide gebunden war und für etwas starb, was niemanden nützte. Vor allem nicht Onyx selbst.

    “Du hast aber erkannt, was zählt. Wohin ein Pfeil muss, wissen die meisten. Ihren Verstand nutzten die Wenigsten. Du musst bereit sein, jederzeit auf alles zu reagieren. Einen anderen Weg gibt es nicht für uns in der Wildnis. Sei es als Jäger und sei es auf den Pfaden der Waldläufer. Sonst endet man als Beute von Snappern oder anderen Jägern. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser…denk darüber nach. - In deinen Gedanken hast du aber eine der ersten Dinge vergessen. Spezielle Pfeile. Ein Pfeifer wirkt auf Tiere. Hjarti hat damit mal ein ganzes Wolfsrudel vertrieben, weil es so laut und schrill ist und sie das Geräusch nicht kennen. Und den Schildkämpfer und auch eine kleine Gruppe und alle Art von Tieren bekämpfen wir mit Tränenpfeffer-Pulver. Die Pfeile haben ein Säckchen als Spitze und das platzt natürlich beim Aufprall. Roter Tränenpfeffer in den Augen und Atemwegen ist nichts Schönes. Aber auch das kann alles umgedreht werden. Ungünstiger Wind, ein Schuss der vorbei geht und keine passende Munition. Darum prüfen wir jeden Tag unsere Ausrüstung, wenn es Sinn macht. Wir halten uns Pfeile bereit, für den Fall eines Angriffs und sind bereit. Was ich damit sagen will - wenn du was taugst, wirst du von Turya und mir lernen auf viel mehr Dinge zu achten, wie bisher. Du wirst lernen auf den Pfaden der Waldläufer zu schreiten. Das ist ein ewiger Weg ohne klares Ziel. Ich bin gespannt, was ich auf dem Festland lernen werde.”, sagte Onyx auf torgaanisch und zeigte auf den immer noch vorhandenen Halbkreis.

    “Wir werden morgen los ziehen. Turya will nicht länger warten und Mertens erwartet Ergebnisse. Du bist mit dem Bogen soweit, dass du mehr eine Hilfe als Last damit bist. Pack später deine Sachen zusammen. Wir werden Wochen oder besser Monate unterwegs sein. Verabschiede dich von Leuten, die dir wichtig sind und esse noch ordentlich was. Ich bin am Abend in der Sumpflilie. Vergiss unseren Deal also auch nicht.”, meinte er und hatte dieses typische torgaanische Grinsen aufgesetzt. Das würde teuer für Kiyan werden.
    “Wenn wir aufbrechen wird unser erstes Ziel das östliche Tooshoogebiet sein und dann gehen wir über den Süden bis nach Setarrif. Und jetzt machen wir noch ein paar Runden.”, sagte der Hüne und hatte für danach noch einige Ziele im Sinn vor der Abreise.

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    Abenteurer Avatar von Corsika
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Corsika ist offline
    „Vielleicht zeige ich dir erst einmal die Tiere. Wir wollen doch nicht die Gans im Sack kaufen, nicht wahr?“
    Für Corsika bahnte sich hier tatsächlich ein größeres Geschäft an. Damit hatte sie nach ihrem Schiffbruch nicht mehr gerechnet, aber es war schon richtig, dass die Gänse ihren ganzen restlichen Besitz darstellten. Ohne die Vögel würde sie garantiert am Hungertuch nagen. Der Besuch des Schreins konnte noch ein wenig warten.
    Auf dem Weg zu dem kleinen Freigehege überlegte sie fieberhaft, wie sie den Handel so drehen konnte, dass sie sich sowohl ein Zelt ertauschen als auch den einzigen Ganter in ihrer Schar behalten konnte. Beides war für sie existenzsichernd, das Zelt vermutlich noch eher als das Tier. Aber sie würde sich nur ungern von ihm trennen, er war schließlich das Herzstück ihrer Geschenke an den Händlersohn, den sie aus Vermählungsgründen treffen sollte, als diese ganze elendige Reise begonnen hatte.

    Der Ziegenbock Timo meckerte laut, als sie das Gehege erreichten. Corsika hatte völlig vergessen, dass das Tier sie die ganze Zeit über begleitete. Und er brachte sie auf eine Idee, die vielleicht etwas unmoralisch und egoistisch war, ihr aber einen zufriedenstellenden Handel ermöglichen konnte. Denn neben den Gänsen besaß sie ja auch noch eine kleine Gruppe Ziegen. Gut, eigentlich gehörten sie Dion, aber der hatte ja längst bewiesen, dass er nicht auf die Tiere aufpassen konnte und eine Rückkehr in seine Innoskirche hatte sich für ihn sowieso gegessen. Die Waldbewohner hatten ihn durchgefüttert und für medizinisch ungefährlich erklärt, es wäre nur fair, wenn er sich bei ihnen erkenntlich zeigte. Und bei Corsika, die ihn hierhergeführt hatte.

    „Hier sind die Tiere“, sagte Corsika und deutete auf ihre Gänse, „und da, die Ziegen gehören auch mir. Im weitesten Sinne. Wie wäre es damit: Ihr bekommt fünf Gänse und eine Ziege und ich bekomme alles, was du mir schon angeboten hast inklusive Zelt und dazu noch drei Tagesrationen Essen.“
    So eine Ziege war immerhin viel mehr wert als eine Gans, also würde Ronja hier einen exzellenten Tausch machen.
    „Nur den Ganter kann ich nicht abgeben, ihn und Muttergans brauche ich aus offensichtlichen Gründen selbst. Aber ich sag dir was, ich lege noch die nächste Ladung Eier drauf, die sie ausbrüten. Mit ein bisschen Glück schlüpft da auch ein Ganter draus.“
    Jetzt war es Corsika, die ihre Hand zum Besiegeln des Geschäfts ausstreckte. Die rechte, unverletzte Hand, selbstverständlich.

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    King Kong Avatar von Griffin
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Griffin ist offline
    Ziemlich verlegen dreinblickend sprang der Hüter mit einem Mund voller Beeren und einer schmatzend hervorgebrachten Entschuldigung auf und huschte durch den Wald, um der kleinen Frau die gewünschten Beeren zu bringen. Ohne darüber nachzudenken hatte er Zarra zuhörend und durchaus genüsslich die letzten Reste der kleinen, geschmacklich überraschend okayen Beeren gemümmelt, sodass nach Zarras Antwort keine einzige mehr übrig geblieben war.

    Nur wenige Augenblicke später kam er mit einem halbvollen Ledersäckchen stolz grinsend zurück und reichte ihn der Weißhaarigen, die anerkennend nickte und sich eine Haarsträhne hinters Ohr strich. Griffins plötzlicher Weggang und die Tatsache, dass er noch keinen einzigen Satz zu ihrer sehr ehrlichen Aussage über Ryu geäußert hatte, schienen ihre Unsicherheit nur anzufeuern.

    »Ryu hat nen Scheißjob.«, stellte er knapp fest und setzte sich direkt neben Zarra, der er ein aufmunterndes Lächeln zuwarf.
    »Und er ist ein merkwürdiger Kerl.« Ein lautes und ehrliches Lachen hallte durch den Wald.
    »Ryu ist... kompliziert. Er trägt die Verantwortung für so viele Leute und verzichtet dabei auf so viel.« Ein schmerzlicher Gesichtsausdruck legte sich für einen Augenblick über Griffins Züge. Er musste an Freiya denken. Und an Ryu. Daran, wie der Hauptmann seine hauptmännischen Pflichten mal wieder vor sein eigenes Glück stellte. Und daran, wie sehr er seinen Waffenbruder dafür bewunderte und ihn gleichzeitig schütteln wollte.

    »Ich will dich nicht mit Erzählungen über den Hayabusa langweilen, der er mal gewesen ist, aber ich kann verstehen, dass Ryu heute für dich so unnahbar wirkt. Forsch. Unfreundlich. Distanziert. Kalt. Vielleicht auch ein wenig furchteinflößend. Und so viel weniger gutaussehend als ich, aber wa-au!« Entrüstet rieb er sich die Stelle, an der Zarra ihn geknufft hatte, um seinen Scherz zu unterbrechen. Scheinbar war er zu nachsichtig mit der jungen Frau gewesen, hatte sich von seiner Zuneigung und dem Beschützerinstinkt für das junge Mädchen einlullen lassen. Und jetzt bekam sie langsam Oberwasser.
    Er mochte das.

    Mit einem zufriedenen Grinsen fuhr er fort.
    »Du kennst dich doch mit Insekten aus.« Zarra blickte ihn überrascht ob des Themenwechsels an. Sie zögerte einen Augenblick und nickte dann. Scheinbar ahnte sie, dass sie heute die Ehre eines weiteren grandiosen Griffin-Gleichnisses erwartete.
    »Wenn du für so viele Leute die Verantwortung trägst, dann musst du auf irgendeine Weise damit klar kommen. Genau so wie es Käfer gibt, die ganz oben in den Baumkronen leben, Insekten, die tief im Boden oder im kältesten Norden überleben. Betrachte Ryus Art als seinen... schützenden Insektenpanzer. Ein bisschen stachelig. Ein bisschen hart und ziemlich rau. Viel weniger schön als meiner- he nicht wieder hauen! Ich hör ja schon auf.« Sicherheitshalber rutschte er ein Stück weg.
    »Erinnerst du dich noch an den großen Käfer, mit dem du eben gesprochen hast wie eine Verrückte? So ist Ryu auch. Er schützt sich und andere durch seinen harten Panzer. Und nur dadurch kann er die Last tragen, die auf seinen Schultern liegt.«
    Etwas trauriger fügte er dann hinzu »Eine Last, von der er tatsächlich glaubt, sie sei nur die seine zu tragen.«

    Tief sog er die kühler werdende Luft ein und seufzte dann lautstark.

    Einerseits, weil er dieser Erkenntnis über seinen Waffenbruder jetzt wieder gewahr wurde und es ihn stets schmerzte. Andererseits, weil er nicht wusste, ob er mit Zarra bereits über den riesigen, schuppigen Wyvern im Raum sprechen sollte. Sie hatte ganz offensichtlich ein feines Gespür für die Magie und schlussendlich auch für das, was Ryu und ihm selbst inne wohnte. Und er empfand keine Freude bei dem Gedanken, eines seiner größten Geheimnisse länger vor ihr und ihren riesigen, ihn neugierig anstarrenden und ihn in ihren Bann ziehenden türkisblauen Rehaugen geheim zu halten. Andererseits wünschte er ihr, dass sie von diesem Geheimnis - und der Last, die damit einherging - niemals erfahren musste.
    Daher entschied er sich zu schweigen.

    »Du musst ihm ja nicht gleich um den Hals fallen und beim nächsten Fest mit ihm tanzen - mal ganz davon abgesehen, dass ich dann ganz schön eifersüchtig wäre, junges Fräulein! Aber versuch ihn für das zu sehen, was er unter seinem Insektenpanzer ist« Er ließ die Stille zwischen den beiden einige Sekunden länger verharren als notwendig. Dann schließlich durchbrach er das Schweigen mit einem »Der zweitschönste Junggeselle des Waldes.« und lachte schallend.

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    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Während sich Zarra eine Beere in den Mund schob und Griffin dabei zuhörte, wie er über den Hauptmann sprach, versuchte sie zu verstehen. Zu verstehen, was für ein Band zwischen den beiden Männern, Freunden, Brüdern über eine lange Zeit entstanden zu sein schien. Wie war das wohl eine Verbindung zu jemandem zu haben, der nicht direkt mit einem Verwandt war? Wie fühlte es sich an, wenn jemand so viel Verständnis für sie aufbringen könnte? Jemand, der versteht wie es für sie war, jeden Tag Erwartungen gegenüberzutreten, denen sie sich nicht gewachsen fühlte? Und wie war es für Ryu Hayabusa?

    „Ich kenne das“, flüsterte sie, als Griffin erzählte, dass der Hauptmann glaubte eine schwere Last allein tragen zu müssen.
    Eine Verantwortung zu haben, die größer war, als man selbst und die keinerlei Erschöpfung, Unwillen oder Ablehnung duldete, da sie dich sonst mit Druck zerquetschte wie ein gemeiner Insektenmörder die nervende Fliege erschlug, obwohl sie nur etwas Feuchtigkeit von seiner Haut aufnehmen wollte und dabei keinem Menschen etwas zu Leide tun würde.

    „Weißt du“, sagte sie dann etwas lauter, „Du hast ein gutes Beispiel gefunden. Der Käfer von vorhin verteidigt seine Larven bis zum Tod, wenn nötig. Gegen andere seiner Art - so wie wir uns gegen andere Menschen verteidigen müssen – oder sogar gegen Vögel. Der beste Vergleich wäre wohl, wie wir uns gegen die Monster der Wilden Jagd verteidigt haben“, zog sie Parallelen, „Also… ihr!“, korrigierte sie noch schnell.
    Trotz, dass sie Griffin loben wollte, kam sie nicht umhin erneut ihre kleine Faust nach ihm auszufahren. Von wegen zweitschönster Junggeselle!
    „Du bist definitiv im Innern der Schönste!“, grinste sie frech und boxte sein Knie – das Einzige, was sie soeben noch erreichen konnte, nachdem er von ihr weggerückt war.

    „Und noch was!“, wurde sie noch etwas lauter, „Ich bin nicht verrückt, Herr Baumspringer! Ich hab den Käfer nur gefragt, ob er dich gesehen hat, weil du dich ja vor mir verstecken musstest. Er war nur anderweitig… beschäftigt“, gab sie zu und errötete leicht, als sie an die Paarungsinstinkte des Krabblers dachte.
    Tatsächlich hätte sie gern noch etwas zum Hauptmann gefragt, doch für den Moment hatte Griffin ihr genug zum Nachdenken gegeben. War er wirklich so? Ryu Hayabusa, der Nashornkäfer, der sie alle schützt wie Larven? Der Gedanke ließ sie unvermittelt losprusten, als sie an ein Detail dachte, für welches diese Insekten bekannt waren. Ihr liebenswerter Begleiter schaute sie darauf an, als wäre sie eben doch verrückt und leider konnte sie ihm gerade nicht böse dafür sein.

    „Wusstes du“, lachte sie nun erstickt, „dass Nashornkäfer ein stinkendes Sekret abgeben, um ihre Feinde zu vertreiben? Ob der Hauptmann wohl auch…?“
    Sie brachte den Satz nicht zu Ende, denn sie verlor sich in einem unkontrollierbaren Kichern. Es war ein unfairer Vergleich, doch die Gedankengänge hatten sich vermischt und nun kam sie aus dieser komischen Vorstellung nicht mehr heraus, wie Ryu Hayabusa, Hauptmann des Waldvolks mit einem Schwert als Horn über die Stege stolzierte und einen unangenehmen Geruch absonderte, um Sumpfhaie oder anderes Getier zu verscheuchen.

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    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Schmiede von Tooshoo

    Pling. Pling. Pling. Ein Rhythmus wie ein Herzschlag.
    Freiyas Augen folgten aufmerksam dem Hammer, wie er immer wieder auf das glühende Stück Stahl traf und ihm dabei das charakteristische Klingen entlockte. Das glühende Metall selbst nahm die Schläge hin und schien nur äußerst widerwillig dazu bereit, die Form anzunehmen, die ihm der Schmied aufzwang.
    Die Rothaarige musste ein wenig schmunzeln, als sich die Perfektion des Hauptmannes einmal mehr Bahn brach, indem er einerseits den Titel Meisterschmied ablehnte und anderseits vom Meistern der Waffe sprach. Und nicht nur das, sondern auch die Ablehnung, dass sie sich eine Waffe aus dem Fundus nahm, hatte seine so typische Unterschrift bar getragen. Nun gut, da sprach sicher die Ehre des Schmiedes aus ihm und sie würde es tunlichst vermeiden, ihm zu widersprechen. Daher griff sie den Gedanken mit den Erzwaffen auf:
    „Warum sind die Erzwaffen so besonders? Und warum kannst du es nicht mehr erlernen, diese herzustellen?“ Was hatte es mit dem Festland auf sich? Freiya war sofort hellhörig geworden und hatte fast ein schlechtes Gewissen, ihn schon wieder zu löchern.

    Pling. Pling. Pling.
    Der Rhythmus blieb und verlieh dem Ort seine eigene Musik. Hier, in der Nähe des Feuers, in der Hitze, kam Freiya es tatsächlich so vor, als wäre sie im Herzstück eines großen Etwas gelandet. Dass sie ausgerechnet bei der Herstellung einer Waffe für Onyx helfen sollte, erfreute sie. War der Torgaaner es doch gewesen, der sie damals nach Schwarzwasser in die Heilkammer gebracht hatte. Den ganzen Weg hatte er sie getragen, obwohl es viel leichter gewesen wäre, sie entweder in der Höhle der Goblins krepieren zu lassen oder sie den ehemaligen oder den neuen Besatzern der Silberseeburg zu überlassen. Aber das hatte Onyx mit seinem Verständnis für die Welt nicht. Damit hatte damals Freiyas neues Leben begonnen. Nicht, dass sie ihr Gedächtnis verloren hatte, sondern ihre Ankunft in Schwarzwasser und all die Folgen daraus. Auch wenn es ihr schwer fiel, ihre Dankbarkeit Onyx gegenüber in Worte zu fassen, so erfüllte es sie mit einen gewissen Stolz, bei der Erschaffung dieser Waffe für den dunkelhäutigen Hünen dabei zu sein und mithelfen zu dürfen.

    Pling. Pling. Pling.
    Je länger Freiya Ryu zusah, desto mehr schien das Klingen des Hammers ihren Körper zu durchdringen. Einer Welle gleich, hervorgerufen durch einen Stein, den jemand in einen stillen See geworfen hat. Oder auch einen dunklen Ozean, der zuvor regungslos da gelegen hatte. Wie eben schon die Erinnerung wegen der Werkzeuge, waberten vage Bilder durch den Geist der Waldläuferin und wollten sich nicht so recht greifen lassen oder formen. Aber Freiya spürte die Hitze des Feuers, hörte das Klingen des Hämmerns und roch die Gerüche, die eine Schmiede so mit sich brachte. All dies gab ihr das Gefühl, nein, das unerschütterliche Wissen einer bestimmten Vertrautheit.
    Nein, dies war gewiss nicht die erste Schmiede, die sie von innen sah.

    Pling. Pling. Pling.
    Funken stoben vom Stahl weg und suchten ihren kurzen Weg in die Umgebung, während sie für einen Wimpernschlag das Gesicht des Schmiedes erhellten, der den Hammer führte. Ryu wirkte konzentriert und auch, wenn man die Arbeit seiner Muskeln genau sehen konnte, der Schweißfilm auf seiner Haut von der Anstrengung erzählte, so spürte Freiya die Entspannung, die sich in ihm ausgebreitet hatte, als er dem nach ging, was ihm in Fleisch und Körper übergegangen war. Seinem Handwerk abseits vom Jagen gefährlicher Monster. Ein wärmender Anblick irgendwie, der sie lächeln ließ.
    … und wie unverschämt gut er einfach dabei aussah!
    Als sie ihn weiter beobachtete, erfasste sie ein Schauer. Ganz ähnlich dem, der sie überkommen hatte, als er sie am Vorabend beim Flaschendrehen unvermittelt am Oberschenkel berührt hatte.
    Sie grinste ob seines Kommentares: „Eine Schlafmütze für den feinen Herrn? Fordere mich nicht heraus, Hauptmann! Aber ich muss eh erstmal grünes Garn auftreiben für einen gewissen Tanzaffen.“

    Ob sie seinem Drang nach Perfektionismus überhaupt gerecht werden konnte? Vor allem als ungeübte Hilfe? Rote Drachensnapperin. Er versprach, sie nicht ins Feuer zu werfen, aber sie überlegte, ob das Feuer nicht vielleicht aber die harmlosere Variante war? Schließlich kannte sie nun ein wenig seine Vorstellung von gewissen Dingen wie zum Beispiel Ausflügen, egal ob ins Gebirge oder zu alten Wachtürmen, und gerade deshalb ließ ihre Vorsicht die Rothaarige innehalten. Doch ihr Zögern wurde durch sein Lächeln und seinen auffordernden neckenden Blick hinweggefegt.

    Also zog Freiya die Schmetterlingsspange aus dem Haar und legte sie in ein Regal in der Nähe auf das höchste Brett. Dann zog sie ein Haarband aus ihrer Hosentasche und band sich damit das Haar hoch. Das Gefühl des freigelegten Nackens war immer noch ein ganz besonderes für sie.
    Dann lächelte sie Ryu mit einem Funkeln im Blick an: „Was soll ich tun?“
    Es brauchte keine weiteren Worte ihrerseits.

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    King Kong Avatar von Griffin
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    Der ehemalige Hüter konnte nicht anders als lautstark loszulachen bei der Vorstellung daran, dass einer seiner ältesten Freunde tatsächlich ein Stinksekret absondernder Kerl war. Vielleicht sollte Griffin mal ein ausführliches Gespräch mit dem Hauptmann über seine Verbindung zu Sarkany sprechen. Von wegen Wyvern!

    »Aber ein bisschen verrückt bist du trotzdem.«, setzte er erneut an. Mit einer ausladenden Geste deutete er auf ihre Umgebung. »Du sitzt hier ganz allein mit einem fast fremden, sehr alten, aber noch immer knackig jung aussehenden Mann mitten im tiefsten Wald, in dem dich niemand hören kann. Es ist kurz davor, dunkel zu werden und du isst Beeren, die er dir in die Hand gedrückt hat.«
    Er schüttelte enttäuscht und ein wenig amüsiert den Kopf. Immerhin saß er hier ganz allein mit einer fast fremden, sehr jungen, bezaubernd aussehenden Frau mitten im tiefsten Wald, in dem ihn niemand hören konnte. Es war kurz davor, dunkel zu werden und er hatte sich den ganzen Tag bereits ohne jeglichen Gedanken des Zweifels darauf verlassen, dass die Beeren, Pilze und Geflechte genau das taten, was Zarra ihm mit ihrer betörenden Säuselstimme souffliert. Die Enkelin einer Frau, von der die Hälfte überzeugt war, eine Kräuterhexe zu sein, die regelmäßig irgendwen verfluchte oder vergiftete. Wenn hier jemand in Gefahr war, dann ja wohl er selbst!

    »Haben wir denn mittlerweile genug Kräuter für deine Oma? Es wir langsam spät.«
    Mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen fügte er ein »Wir könnten noch bei Ryu vorbei.«, an.

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    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Sie mochte es, wenn Griffin lachte, laut und ehrlich. Es war viel besser, wenn er nicht bloß lächelte, während seine Augen starr blieben, wie er es manchmal tat. Das machte sie traurig.
    Jetzt gerade jedoch spürte sie eine Empörung! Zarra war empört, dass dieser unverschämte Klotz nicht davon ablassen wollte, sie als verrückt zu betiteln.
    „Jetzt reicht es aber!“, begehrte sie auf, konnte aber das Grinsen dabei nicht aus ihrem Gesicht verbannen, „Ich bin nicht verrückt und du nicht alt. Wenn wir uns beim Waldvolk nicht gegenseitig vertrauen können, wem dann? Aber wenn du darauf bestehst, dann bringe ich dich armen alten Mann zurück nach Hause, damit du deine müden Knochen am Feuer aufwärmen kannst.“
    Sie stemmte die Hände in die schmalen Hüften und schnaufte einmal lautstark, ehe sie sich mit Schwung umdrehte, dabei kurz ins Straucheln geriet und dann den Weg Richtung Tooshoo antrat.

    „Und wenn du denkst, dass die paar Kräuter, die wir heute sammeln konnten reichen, um auszugleichen, was wir in der Zeit seit der Wilden Jagd gebraucht haben, dann solltest du nicht nur lernen, was es für Pflanzen gibt und wie sie dir helfen können, sondern auch wie viel du für was brauchst“, fuhr sie fort und versicherte sich mit einem Blick über die Schulter, dass er ihr folgte.
    Ihre türkisenen Augen leuchteten leicht im schwindenden Tageslicht und noch immer spielte ein Schmunzeln um ihre Lippen. So wie sie sich gerade verhielt, wäre vor einiger Zeit noch undenkbar gewesen. Sie musste in Griffins Gegenwart nicht jedes Wort abwägen, aus Sorge, dass man sie ignorierte oder missverstand.

    „Also, erzähl mir, was du heute gelernt hast, junger Mann“, verlangte sie und ahmte die Stimme ihrer Großmutter nach, „Welches Kraut eignet sich am besten für die Versorgung von Magenproblemen? Davon haben wir, weiß die Mutter, genug im Sumpf bei all dem Dreck, den die Leute hier in sich stopfen, als wäre es Moleratfleisch.“
    Sie führte ihn weiter durch den Wald, selbst wenn er den Weg wohl ebenso gut kannte, wie sie.
    „Und ob wir den Hauptmann besuchen sollten… vielleicht… wenn du willst… also…“

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    General Avatar von Ryu Hayabusa
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    Schmiede von Tooshoo

    Diese Frau und ihre Lernbereitschaft waren immer wieder beeindruckend. Ryu kam nicht umher, einmal mehr zu lächeln, als er sie dabei beobachtete, wie sie ihr Haar nach oben band und ihm diesen teils herausfordernden, teils arbeitsfreudigen Blick zuwarf. „Blau“, er warf er ihr plötzlich entgegen, als würde das alles erklären. Freiya blinzelte einmal und neigte den Kopf etwas schief. „Ich mag blaue Farben“, wiederholte er und legte kurz den Hammerstiel über die Schulter. Die rote Snapperin hob die Brauen, schüttelte dann schmunzelnd den Kopf und trat etwas näher heran. Ryu indessen nahm den Hammer wieder runter und schlug noch einige Male auf das Metall. Die restliche Hitze des Stahls wollte er noch nutzen, um einige der groben Unreinheiten aus dem Werkstück zu schlagen, bevor es wieder in die Esse musste. „Da drüben *pling* liegen noch ein paar Sumpfkrautstreifen *pling*. Leg sie über Kreuz in regelmäßigen *pling* Abständen. Wie bei meiner üblichen Waffen-*pling*-wicklung.“ Kurz überlegte er, ob sie jemals ein Auge darauf geworfen hatte. Aber spätestens mit der Griffwicklung ihres Bogens über die er seinerzeit mit Vareesa gesprochen hatte, sollte es ihr sicher aufgefallen sein.

    Prüfend schnappte der Schmied sich die erste Stufe des Stahls, wendete ihn und verpasste ihm noch zwei Hammerschläge. Dann seufzte er. „Hm, schon ausgekühlt. Mehr Kohle!“ Einer der Lehrlinge, ein großer, stiller Bursche schaffte eine vorgepackte Kiste mit Holzkohle heran und stellte diese unter einem Ächzen neben der Esse ab. „Freiya, Kommando zurück. Ich will dir was zeigen.“

    Zwar hatte sie schon angefangen, doch schien ihr die kleine Unterbrechung nichts auszumachen. Zumindest ihre Mimik verriet nichts dergleichen. Der Templer hatte derweil die Kiste gepackt und auf den Amboss gehievt, wo er den Kopf des Hammers seitlich gegen die Kante eines der quer verlaufenden Bretter schwang, die auf der oberen Seite grob vernagelt waren. Mit einem gequälten Knacken gab das Holz nach schon einem Hieb nach und die Maserung riss unter der Kombination aus festsitzendem Nagel und Hammerschlag. Mit einer kurzen Drehung wendete der Waffenschmied daraufhin sein Werkzeug, schob den Stiel unter das geborstene Brett und schlug mit sanfter Gewalt auf den Hammerkopf. Das Holz hatte keine Chance und hob sich mit nur wenig Aufwand von der Kiste ab, sodass ein einfacher Zugriff auf die Kohle ein leichtes war. „Spürst du das in der Luft? Die Hitze hat abgenommen.“
    „Hat sie das? Am Werktisch war es wirklich etwas angenehmer, aber wenn man direkt neben der, Esse war es (?), steht, ist es viel wärmer.“
    „Hm. Ja, mag sein. Aber … ach, ist vielleicht eine Erfahrungssache. Schau dir die Flammen an: sie züngeln nicht mehr so hoch wie noch vor einigen Momenten. Die aufsprühenden Funken…“
    , er nahm den zum Schürhaken improvisierten Rohstahl und stocherte in den Kohlen herum. „… sterben schneller ab.“ Freiya beobachtete das Feuer wie geheißen und verblieb einige Augenblicke mit voller Aufmerksamkeit darauf, wobei der Templer aus dem Winkel seiner eigenen bemerkte, wie sie den Funken folgte. „Und … kann man nicht trotzdem weiter schmieden? Die Hitze auf der Haut fühlt sich kaum anders an.“
    „In der Theorie, ja. Aber für diesen besonderen Stahl brauchen wir eine ganz bestimmte Hitze. Also: rein mit der Kohle, bis ich Zeichen gebe, dass es reicht.“
    „Mhm, verstehe.“


    Der Hüter machte es ihr vor: immer nur eine kleine Hand voll. Für den Sumpfstahl achtete er penibel darauf, dass das Feuer ‚richtig‘ sein würde. Nicht zu hoch brennend, aber trotzdem auf einer außergewöhnlichen Hitze mit der der Stahl weitere Feinstoffe des Krauts aufnehmen würde. Es war eine Wissenschaft für sich und es hatte viele Jahre gedauert, bis er das richtige Gefühl gefunden hatte, um den Stahl und Sumpfkraut ins perfekte Verhältnis zu bringen. „Gut, das sollte reichen. Und, spürst du es?“
    Ryu schloss die Augen und atmete tief durch. Diese Hitze war so vertraut wie angenehm und er spürte regelrecht, wie sie jedes Härchen im Gesicht und auf seinen Armen drohte zum Glühen zu bringen. Freiya hingegen hatte das Gesicht leicht abgewandt und die Hand hochgehalten. „Habt ihr keine Sorgen, dass die Plattform oder der Baum etwas abbekommen könnten? Das ist wirklich irrsinnig heiß, Ryu!“
    „Keine Sorge. Die Lehrlinge ‚wässern‘ die Schmiede regelmäßig und durch die offenen Seitenwände abseits des Baumes haben wir genug Durchzug, damit die Wärme besser abzieht. Was uns dummerweise mehr Kohle kostet. Also, lass uns keine Zeit verschwenden. Der Stahl muss wieder heiß gemacht werden, sonst hämmere ich mir noch einen Wolf. Und ein Ornlu in der Schmiede bringt nur Unglück.“


    Mit diesen Worten packte er den Stahl mit der Zange und legte ihn wieder ins Schmiedefeuer. Er würde wieder ein paar Augenblicke ruhen müssen, was der Hüter seiner frisch gebackenen Gehilfin auch so erklärte. „Gut, schauen wir uns mal das Sumpfkraut an.“ Gesagt, getan, gingen beide rüber an die Werkbank auf der einige abgeschnürte Sumpfkrautpäckchen lagen, von denen eines bereits offen lag. „Das Muster sieht in Ordnung aus. Ein wenig zu eng gelegt. Die Zwischenräume sollten gleichmäßig verlaufen.“
    „Oh, wieso das?“
    „Einerseits hilft mir das beim Erkennen, wo ich zuschlagen werde, andererseits verteilt sich die Essenz des Krauts so einfach besser. Über die Jahre habe ich viel herumexperimentiert und das war bis dato der effizienteste Weg.“
    Kurz schmunzelte er, senkte den Blick und schaute Freiya dann, leicht grinsend an, als hätte er etwas zuzugeben. „Uuund … Die Maserung des fertigen Stahls bekommt dadurch seine eigene Maserung. Sozusagen die Unterschrift eines guten Schmiedes.“
    „Ich wusste gar nicht, dass so etwas geht“
    , gab sie offen zu und schien wohl noch abzuwägen, ob er sie veralberte oder ehrlich war.
    „Godo, der alte Miesepeter da hinten brachte mich auf die Idee. Er mag zwar die Manifestation eines menschlichen Reibeisen sein, aber was das Schmieden angeht, macht ihm kaum einer etwas vor.“
    „Dann habt ihr euch bestimmt auch über diese Erzwaffen unterhalten, oder? Weiß er denn, wie man sie schmiedet?“


    Da war sie wieder! Die Frage, die er vergessen hatte zu beantworten. Der Hüter schüttelte den Kopf und blickte kurz an ihr vorbei in die Ferne. In Richtung des Festlandes. Dann seufzte er lang und tief. „Godo war schon Schmied in Silden bevor ich damals ankam. Aber er hatte nie das Glück, die Werkstätten von Nordmar zu besuchen. Dort werden nämlich die legendären Erzwaffen gefertigt.“
    „Und … was macht sie nun so besonders?“
    „Alles. Die Geschichte. Die Machart. Die Handhabung. Leicht und unverwüstlich. Immer scharf und von Rost gefeit. In den richtigen Händen sind diese Waffen in der Lage die härtesten Panzer zu durchdringen. In meiner Heimat gibt es ein altes Sprichwort: ‚Eine Seele kann nicht zerteilt werden.‘. Krieger, die einem Meister mit so einer Waffe gegenüberstanden und überlebt haben, lachen über dieses Sprichwort. Es hat seinen Grund, warum der König damals Unsummen an Kosten und Ressourcen in die Kolonie von Khorinis gepumpt hat. Der ganze Zweck dieses Ortes war nämlich der Abbau des magischen Erzes. Eine Schande, solche prächtigen Waffen an die Paladine zu verschwenden. Man hat ja gesehen, was es schlussendlich gebracht hat ...“


    Die beiden schwiegen einige Augenblicke. Freiya, vertief ins Nachdenken über diese Erzählung und Ryu in Erinnerungen an die Kolonie, das Festland und die Erzählungen der großen Krieger, denen er in seinem damals noch jungen Leben begegnet war.

    „Was denkst du?“
    „Hm?“
    „Über dieses Sprichwort.“
    „Mit der Seele?“
    „Ja.“
    „Jeder Berg hat einmal als Kieselstein angefangen. Jeder Krieger hat einmal ohne die Narben seiner Kämpfe begonnen. Jede Seele wird rein und verletzlich geboren. Das Leben und die Wege, die wir gehen und für die wir uns entscheiden bestimmen schlussendlich unsere eigene Stärke. Eine Seele gehört zu einem Körper wie unsere Arme und Beine. Was wir daraus machen, bestimmt am Ende den Wahrheitsgehalt. Und nach den Erlebnissen der wilden Jagd …“


    Seine Hand fand ihren Weg auf ihre Schulter, begleitet von einem warmen Lächeln. „ … denke ich, dass die unzerstörbare Hingabe und der Wille eines Menschen uns selbst einer Klinge aus magischem Erz standhalten lässt. Das heißt aber nicht, dass Erzwaffen nicht trotzdem der Höhepunkt sind, die ein Schmied in seinen Fähigkeiten erreichen kann. Geschweige denn davon, dass diese Waffen das Beste sind, was die Geschichten Morgrads kennt.“

    Ein Zischen ertönte plötzlich, gefolgt von lautem Knacken platzender Kohlestücke. „Ah, sehr gut! Komm und bring die Platte mit dem Sumpfkraut mit. Jetzt wird gewickelt! Schnapp dir die dicken Lederhandschuhe und die Feinzangen. Ich hoffe, du hast auch abseits vom Bogen ein ruhiges Händchen.“

    Natürlich hatte sie das. Schließlich hatte er ihre ruhigen Finger mehr als nur einmal auf seiner eigenen Hand gespürt...

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    Lehrling Avatar von Ronja
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    Ronja zog für einen Augenblick die Augenbrauen zusammen. Wenn ein Ganter aus den Eiern schlüpfen würde, waren es dann nicht Geschwister? Wäre das dann nicht Inzucht? Dann aber zuckte sie mit den Schultern. Als ob man sich über sowas hier Gedanken machen würde. Wahrscheinlich waren die meisten hier miteinander verwandt. Anders konnte man solche Gestalten wie den Bierbauchfranzl nicht erklären. Viele hier auf Tooshoo würden sagen, dass das Waldvolk die Spitze der menschlichen Gesellschaft darstellte. Was konnte man da vielleicht in der Gänsezucht erreichen, wenn man so erfolgreich verpaarte wie das Waldvolk?
    Selbst wenn die Inzucht stören würde, sie könnten die Tiere aus den Gelege auf einem der Höfe im Stewarker Umland eintauschen oder verkaufen oder einfach schlachten.
    Ronjas Blick wanderte zu den Ziegen, die nicht weit von ihnen standen. Sie kletterte auf den Zaun des Geheges, schwang ihre Beine drüber und stiefelte zu den Ziegen. Sie winkte dabei dem Tierhüter keck zu und zwinkerte. Natürlich kannte sie ihn.
    Bei der Ziege, die den besten Eindruck auf sie machte, angekommen, beugte sie sich nach unten und blickte auf die Unterseite der Ziege. Als sie den prall gefüllten Euter sah, grinste die Jägerin.
    Sie klopfte der Ziege kameradschaftlich auf die Flanke und lief dann wieder zu Corsika.

    „Also, du willst wirklich für fünf Gänse, ein Gelege und eine Ziege einen Rucksack, ein Zelt, Wechselwäsche, ein Fell und Proviant für deine Weiterreise haben?“
    Corsika hielt ihr immer noch unbeirrt die Hand hin, die Ronja einen Augenblick kritisch betrachtete. Das war wirklich allerhand für so ein paar Tiere. Dann aber schlug sie ein.
    „Abgemacht! Wollen wir die Sachen direkt zusammensuchen gehen? Wir müssen zum Quartiermeister und hastenichgesehen. Kann dir alles zeigen. Und natürlich, wie man den Rucksack packt, wie versprochen. Die Ziege bestimme aber ich.“
    Ronja hatte keine Ahnung, ob sie einen guten Handel abgeschlossen hatte. Aber sie hatte einen Auftrag bekommen, den sie über den Tisch gebracht hatte und wenn jemand ein anderes, vielleicht besseres, Ergebnis gewollt hätte, hätten sie nicht Ronja damit beauftragen sollen.

  15. Beiträge anzeigen #15 Zitieren
    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Schmiede von Tooshoo

    Sie sollte … was?
    Freiya blieb der Mund offen stehen.
    Als er sagte, dass sie ihm zur Hand gehen sollte, hatte sie gedacht, sie solle Kohle schippen oder den Blasebalg bedienen. Ganz sicher auch Wasser heranschleppen – verdammt, das kam ihr bekannt vor, schon wieder waberte ein Erinnerungsfetzen durch ihren Geist. Sie an einem Brunnen in der Nacht unter Mondlicht mit zwei Eimern …
    Jedoch - war keine Zeit für eben genau so etwas. Ryu hatte ihre eine klare Anweisung gegeben und Freiya brauchte einen Moment, um zu verarbeiten, was genau er gesagt hatte.
    Die Platte mit dem Sumpfkraut.
    Die Handschuhe.
    Die Zangen.
    Worte, die sie nicht finden konnte, blieben ihr im Hals stecken, denn Ryu präsentierte so eben den glühenden Stahl auf dem Amboss. Er hatte klar gemacht, dass keine Zeit zu verschwenden war. Freiya atmete kurz durch und strich sich mit der Hand über die Stirn, die eben noch nach der Kohle gefasst hatte. Natürlich hinterließ sie einen schwarzen Strich an ihrer Schläfe, was die Rothaarige nicht bemerkte.

    Stattdessen spürte sie die Hitze, angefacht durch das Feuer in der Esse und dem glühenden Stahl direkt vor ihr auf dem Amboss. Mit der freien Hand nahm Ryu ihr die Platte mit dem Sumpfkraut ab. Noch einmal warf sie einen Blick auf das Muster, das sie nach seinen Korrekturen noch einmal verändert hatte.
    Freiya zog sich die dicken Handschuhe an, währenddessen trat einer der Lehrlinge an sie heran und hielt ihr eine Schürze hin. Die Waldläuferin ließ sich das verschlissene Teil um den Körper binden, während sie überlegte, ob der junge Kerl so schwitzte wegen der Wärme oder weil er ihr an der Taille eine Schleife band. Es war bestimmt die Wärme. Sie warf kurz einen Blick über ihre Schulter, nur um festzustellen, dass einige andere in der Schmiede ganz plötzlich wieder ganz geschäftig ihrem Handwerk nachgingen, als sie ihren Blick sahen.
    Als sie sich wieder zu Ryu wandte, sah er sie mit seinen glühenden Augen an:
    „Bereit?“
    „Hmhm“, entgegnete sie nervös und formulierte im Kopf schon die Frage, was er mit dem Stahl machen würde, wenn sie es versauen würde. Sie durfte nicht versagen.
    Doch schon hatte er ihr Platz gemacht: „Setz die Zange hier unten an, damit der Sumpfstahl nicht vom Amboss rutscht. Dann kannst du mit der Zange den Stahl drehen –“
    „So wie du es vorhin gemacht hast, ja, ich habe es gesehen“, sagte sie eifrig. Ryus Mundwinkel zuckten nach oben.
    „Nimm“, forderte er sie auf. Freiya setzte die Zange an.
    „Was passiert, wenn ich den Stahl fallen lasse, die Plattform sich entzündet und der ganze große Baum wegen mir abfackelt?“, entfuhr es ihr, als sie spürte, wie die Backen der Zange sich an den Stahl pressten.
    „Dann solltest du eine WIRKLICH gute Ausrede finden oder direkt hinterher springen. Oder ... du lässt ihn einfach nicht fallen“, entgegnete der Hauptmann. Sie blinzelte mehrfach erschrocken, doch das amüsierte Funkeln ins Ryus Blick und auch ein leichtes Zucken seiner Nasenflügel ließ sie die Augen zusammenkneifen.
    „Och, also ehrlich, mach dich nur lustig!“, echauffierte sie sich, doch im nächsten Augenblick stellte sie fest, dass trotz des dicken Handschuhs die Zange gut in ihrer Hand lag. Wenn sie das Handgelenk nun drehte, konnte sie den glühenden würfelähnlichen Klumpen kontrolliert mitdrehen.

    „Keine Sorge, es wird schon dafür gesorgt, dass das nicht passieren kann. Vergiss nicht, was ich dir vorhin über das bewässerte Holz erzählt habe. Aber jetzt leg los, Rote Snapperin, bevor der Stahl wieder ausgekühlt ist, dann muss ich dich vielleicht doch mit dem Stahl in die Esse schieben!“
    Freiya schüttelte mit einem Lächeln den Kopf, dann aber griff sie nach dem Sumpfkraut und legte die erste Bahn unter einem Zischen auf den Stahl. Die Hitze brannte ihr auf der Haut, doch einerseits bemerkte sie es durch ihre Konzentration kaum und anderseits … Feuer … Es machte ihr viel weniger aus als gedacht.
    Das Sumpfkraut blieb sofort am Stahl hängen und buk an, was Korrekturen schwierig machte. Also musste sie schon beim Auflegen so präzise wie möglich sein. Doch sie fand schnell Gefallen an der fokussierten Arbeit. Ja, es war heiß und anstrengend, doch es war so, wie Freiya es immer geahnt hatte – oder vielmehr gewusst: Solche Arbeiten lagen ihr viel besser, als aufwendige Stickereien oder feine Ziernahten.
    Stück für Stück arbeitete sie sich an dem Quader nach oben und dachte noch einmal darüber nach, was Ryu ihr alles erzählt hatte. Über die Erzwaffen und der Nordmarischen Schmiedekunst, über den philosophischen Ansatz der Seele und was so eine Waffe zu bewirken vermochte. Sie verstand, dass es sein Traum war, eine solche Waffe selbst schmieden zu können und hoffte für Ryu, dass sich die Möglichkeit eines Tages doch noch für ihn bot.
    Freiya fragte sich, ob es das Handwerk oder der Lehrmeister war, was sie gebannt zuhören ließ. Wahrscheinlich am Ende beides. Wobei nichts, was Ryu ihr bisher je gezeigt hatte, uninteressant gewesen war. Letztendlich hätte er ihr auch eine theoretische Abhandlung über den Quarzgehalt im Gortharer Granit halten können und sie hätte zugehört, als gäbe es nichts Spannenderes, als von Glimmer und Feldspat zu hören.

    „Wenn du oben angekommen bist, beginnst du wieder von unten“, wies Ryu sie an. „Nimm die Zange nach oben, damit du den Stahl nun auch am unteren Ende vollständig einwickeln kannst. Wechsel ruhig die Seite des Amboss‘, damit du dich nicht verrenkst. Es ist wichtig, eine gute Haltung zu haben –“
    „Um nicht abzurutschen und Tooshoo anzuzünden?“, hakte sie nach und schmunzelte leicht. Ryu nickte: „Ganz genau.“
    Freiya führte aus, was er ihr angewiesen hatte: Sie ging um dem Amboss, wechselte den Griff mit der Zange und begann wieder zu wickeln.
    „Soll ich alles aufbrauchen?“
    Ryu nickte einmal.
    „Alles.“
    Das war nicht wenig. Hoffentlich kam Onyx mit seinen neuen merkwürdigen Vorlieben nicht auf die Idee, den Stahl vernaschen zu wollen.

    Wieder drehte sie die Zange und damit den Stahl, während immer mehr der Fasern um den Quader wanderten. Freiya blieb so konzentriert, wie sie es konnte, während Ryu sie mit gewohnt stoischer Art beobachtete.
    Als das letzte Sumpfkraut aufgebraucht war, war der Stahl eingewickelt und zugleich recht ausgekühlt.
    „Wieder ins Feuer damit?“, fragte Freiya den Schmied. Ob es so richtig war, wie sie es gemacht hatte?
    Geändert von Freiya (10.12.2024 um 01:29 Uhr)

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    Abenteurer Avatar von Corsika
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Corsika ist offline
    Es fühlte sich ein bisschen wie ein Aufbruch an, als Corsika mit ihrem neuen, gepackten Rucksack, den beiden übriggebliebenen Gänsen und der Ziege Timo im Schlepptau endlich in Richtung des Schreins aufbrach. Ronja hatte sich als zähere Verhandlungspartnerin herausgestellt, als sie dachte, aber solange sie noch nicht im Bilde über den lokalen Markt war, konnte Corsika nicht wählerisch sein. Sie musste jetzt erst einmal für ihr eigenes Überleben sorgen und mit dem Gepäck, das sie nun trug, fühlte sie sich das erste Mal seit Langem wieder einigermaßen sicher und zuversichtlich. Sie hatte ihren Ganter noch, Alfons und Alois waren fort, einzig und allein mit Dion musste sie sich noch auseinandersetzen und ihm beichten, dass sie seine beste Ziege eingetauscht hatte. Jetzt wäre es ihr irgendwie lieber, er würde sich noch für einen Zombie halten. Denen gegenüber musste sie nun wirklich kein schlechtes Gewissen haben. Aber so ….

    Doch darum würde sie sich später kümmern. Jetzt musste sie endlich diese Gilana aufsuchen und hoffte dabei, dass sie immer noch am Schrein und nicht an der Wurzel von Tooshoo war. Auf eine weitere Begegnung mit den beiden Knallköpfe von Wächtern konnte Corsika getrost verzichten.
    Timo mähte fröhlich an ihrer Seite. Corsika strubbelte ihm über den Kopf. Die Ziege hatte einen eigenartigen Charakter, sie konnte die meiste Zeit aufbrausend oder furchteinflößend sein, aber jetzt, wo sie nur mit Corsika unterwegs war, schien sie aus unerklärlichen Gründen zufrieden. Auch Corsikas Kopfschmerzen hatten ein wenig nachgelassen. Ob es irgendeinen seltsamen Zusammenhang zwischen ihren Kopfschmerzen und dem Gemecker der Ziege gab? Ob das Tier ihre Stimmung wahrnehmen und imitieren konnte und sich die Kopfschmerzen dann bei Timo in lautem Gemecker äußerten.
    „Ne, Blödsinn“, murmelte Corsika. „Ich bekomme nur immer Kopfweh, wenn du zu viel herummeckerst, Timo und das liegt ganz einfach an deiner eindringlichen Stimme!“
    „MÄH!“
    „Genau.“
    Sie schmunzelte.

    Da vorn war der Schrein, er schien eine zweiköpfige Frau zu repräsentieren, die ein Kind erwartete und die Arme einladend ausbreitete. Ein Abbild von Mutter Natur, der Gottheit dieser Waldbewohner. Corsika straffte ihre Haltung. Sie hatte keine Ahnung, wie die berüchtigte Gilana sie empfangen würde, hoffte jedoch, auf alles gefasst zu sein. Im besten Fall bekam sie sogar ein paar Antworten zu den seltsamen Zeichen an ihrer Handfläche und auf dem Stück Pergament, das sie vom Monolithen abgeschrieben hatte. Im schlimmsten Fall hätte sie bald eine weitere Geschichte für später zu erzählen. Sie sollte sich irgendwann ein Abenteuertagebuch zulegen.

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    Schwertmeister Avatar von Onyx
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Onyx ist offline
    Auf Tage der Vorbereitung, kam der Tag vor der Abreise.
    Dasha und die Waschweiber hatten ganze Arbeit an den Lumpen und Kleidungsstücken geleistet, die Onyx in der Gobbohöhle für sich gesichert hatte.
    Nach dem gründlichen Waschen, wurden die Kleidungsstücke und Stoffe geflickt und zusammengestellt. Dasha hatte damals schon Onyx’ Maße genommen und von da an nach Onyx Vorgabe neue Kleidung für den Waldläufer angefertigt.

    So bekam er dann schon vor zwei Tagen die von ihm gewünschten Dinge. Drei Paare Socken aus gutem Stoff, der einmal gerissene Kinderkleidung war.
    Eine oliv- und grünfarbene Tunika aus drei Kleidungsstücken. Ein Gugel aus dickem, schwarzen Stoff, der zu einem alten, halben Frauenumhang gehört hatte. Eine weitere Tunika aus roten und braunen Kleidungsstücken und zwei Hosen, die aus hellbraunen und dunkelbraunen Wollhosen entstanden waren.
    Dasha hatte sich dann in der ganzen Zeit an seine robuste Lederhose gemacht, die nach der Sache in den Tempelruinen eigentlich nicht mehr zu retten war. War sie am Ende auch nicht, aber aus ihren Resten wurde eine Lederhose geflickt und gestärkt, die Onyx als neue Hose in der Wildnis dienen würde.

    Das wichtigste Stück aus Dashas Werken war jedoch das Gambeson, das er haben wollte. Ein Einfaches. Hüftlang, langärmig und möglichst robust. So endeten die besten, passenden Fundstücke aus der Gobbohöhle als Teile des Gambesons und wurden aufwendig in zwei Finger breiten Abständen vertikal vernäht, da es zwei Lagen aus Wolle und dicken Leinen an der Oberfläche gab. Damit es nicht wie ein vierfarbiger Flickenteppich aussah - immerhin war Onyx kein bunter Vogel - wurde das fast fertige Stück noch einmal geschwärzt, so dass Schwarz- und Grautöne nur noch vorhanden waren und bekam eine Knopfleiste aus zehn Gobbo-Fingerknochen. Vielleicht brachte es ja Glück?

    Natürlich saß nicht alles von Dashas Werken perfekt und manche Nähte waren nicht meisterhaft, aber Onyx war zufrieden, wusste, dass er alles noch eintragen würde und keiner konnte dem Hünen vorhalten, er würde verschwenderisch leben wie manche Yuppies hier in Tooshoo, die jedes Jahr mit neuer Kleidung herum liefen.
    Er gehörte zu den pragmatischen Menschen und wenn ein Lumpen - selbst wenn er wochenlang am Arsch eines Gobbos war - aus gutem Stoff bestand, dann warf man den nicht weg, sondern machte daraus was. Immerhin kam nicht ständig ein Tuchhändler vorbei und Schafe rannten hier auch nicht umher.

    Und wozu hatte man sonst die Waschweiber?
    Die hatten die nicht verwendeten Kleidungsstücke aus Onyx Beutesack ebenso geflickt, gründlich gewaschen und mit Dasha dann Onyx übergeben.
    Die Bezahlung für die drei Frauen und Dasha war dann auch relativ großzügig. Wie vereinbart gab es für die drei Waschweiber einen Silberring und drei Sumpfrattenfelle als Extras. Dasha bekam den vereinbarten Silberring mit Edelstein und eine Lurkerhaut als Extra.

    Ein guter Jäger hielt sich für so Zeiten Tauschware bereit und ein Bandit wusste, wann er was brauchte und was er tauschen sollte.
    Und ein Waldläufer, der bald auf große Reisen gehen würde und lange fort bleiben könnte, der löste sich großzügig von all seinen Dingen, die er nicht mitnehmen konnte.

    So tauschte er in der Gemeinschaft seinen Besitz gegen Dinge ein, die er auf Reisen mehr benötigte.
    Salz und einen Beutel Bohnen bei Mama Hooqua gegen die Snapperzahnkette aus der Gobbohöhle.
    Bei Nerea getrocknetes Atelaskraut, Salbei, Thymian und Rosmarin. Nicht überall gab es das Zeug, aber überall konnte man in der Wildnis etwas zubereiten, was mit den Kräutern wesentlich besser schmeckte.
    Für den halben Korb Dunkelpilze gab Nerea sogar noch ein paar Sachen extra, die sowieso nur noch Restbestände waren. Onyx nahm es dankend an und erzählte Nerea dafür, dass die Pilze besonders wären. Die verstand nicht ganz oder meinte nur nickend, dass sie schon wüsste, dass genug von den Pilzen eine Wirkung haben, aber Onyx wollte mit der alten Frau auch nicht diskutieren. Sie würde schon sehen, was er damit meinte.

    Den Rest seiner Sachen tauschte er bei Mertens und dem Quartiermeister ein. Sandor hieß er und war ein einarmiger Waldläufer, der seine besten Jahre sicher noch nicht hinter sich hatte. Mertens hatte ihm den Posten zur Probe gegeben, da Iun nach seiner Genesung keine Lust darauf hatte und Ricklen und Jilvie so lange vor Ort unterstützte, bis er bereit wäre, wieder mit den Wölfen loszugehen.
    So wanderte, unter den Augen beider, Onyx verbliebener Besitz zur Gemeinschaft.
    Eine Pfanne, alte Waffen aus der Gobbohöhle, rostige Schwerter aus Varant vom Strand, zwei Lurkerhäute, vier Snapperhäute, sein alter Jagdbogen, zwei Wildschweinfelle, Hauer, Wolfszähne, Snapperzähne- und krallen, ein halbes Dutzend Hasenfelle, ein Goldring, Onyx alte Spitzhacke, ein paar alte Stiefel in Onyx Größe und die nun saubere und geflickte Kleidung. Alles für die Gemeinschaft.

    “Und was willst du dafür?”, hatte Mertens dann gefragt.
    “Rüstung, Umhang, Stiefel von unsere Stand - wenn haben. Bestens wie Onyx bekommen damals. Wenn nicht…dann anders. ”
    “Hmm, bei der Größe müssen wir mal schauen.”, sagte Sandor und sein Blick schien skeptisch zu sein, ob sich was finden würde und ob man in kurzer Zeit so schnell eine Lederrüstung parat hätte. Onyx war im Grunde kein Name bekannt, der hier vor Ort Rüstungen baute. Schon bei Freiya war es wohl Glück, dass es passende Stücke gab. Aber für einen Onyx? Selbst damals hatte es gedauert bis Onyx alles hatte.

    “Onyx Ogerschreck geht auf Reisen. Aufs Festland. Und das wäre ein großzügiger Tausch seinerseits, wenn ich das so sehe. Da schauen wir mal gründlicher, ob sich was finden lässt, Sandor.
    Sollen wir dir vielleicht noch deinen Rucksack auffüllen? Fehlt dir da was?", fragte Mertens. Onyx jedoch winkte ab und dann schauten sie nach passenden Sachen. Es gab natürlich nicht ansatzweise etwas in Onyx Größe, was nach Lederharnisch aussah. So kam was anderes in Frage.
    Fündig wurden sie erst beim vierten Ledermantel. Der war zwar nur so lang, dass er vor Onyx Knien endete und er spannte etwas am Brustkorb, wenn Onyx ihn zuknöpfte, aber erfahrungsgemäß weitete sich das Material noch mit der Zeit.
    Grau-braun war der Reisemantel aus Hirschleder und war zumindest an den Ärmeln für Onyx richtig geraten.
    “Ich habe alle Ledersachen nach der Wilden Jagd mit Moleratfett imprägniert. Ich gebe dir einen Tiegel mit. Such dir noch den passenden Umhang. Stiefel in dieser Größe haben wir ganz sicher nicht.”, sagte Sandor und schien nicht gut gelaunt zu sein. Ob er selbst gerne wieder losziehen wollte, aber nicht konnte?

    Mertens und Onyx schauten dann bei den typischen Waldläuferumhängen.
    Jeder Umhang war ein Unikat wie sein Träger selbst. Manche waren kürzer, manche länger oder schmaler. Manche waren schwarz, andere grün oder grau und wieder andere braun eingefärbt.
    Einzig das gute Material aus robusten Wollwalk, das Wind, Wasser und Dreck gut abhielt, war immer gleich und begehrt bei jenen, die die Nächte im Freien verbrachten.
    Es war dann ein knielanger Rechteckumhang in einem dunklen Grün mit Kapuze und einer einfachen bronzenen Fiebel. Onyx vorheriger Mantel aus dem Stoff war zwar nicht so dunkel, aber er war schon zufrieden damit, dass die Länge passte. Immerhin waren diese Umhänge in der Wildnis mitunter auch als Decke gedacht. Die Farbe hätte auch braun sein können, doch Grün brachte Onyx bisher wirklich Glück.

    “Passt. Tut mir leid, dass wir dich nicht mit allen Ehren ausrüsten können. Wir haben zwar ein paar Schmiede, aber keinen Meister Rüstungsschmied oder -schmiedin. Nur noch Restbestände oder Beute und die Werke unserer Kürschner wie dein neuer Mantel.”, hatte sich Mertens entschuldigt. Doch für Onyx war das nicht schlimm oder eine Enttäuschung. Er winkte abermals gelassen ab und zeigte noch auf vier kleine Ledertaschen zur Befestigung am Gürtel und fragte Sandor nach Nähzeug für Leder. Das hatte er tatsächlich nicht.

    Auf der Theke des Quartiermeisters lagen dann Onyx Tauschwaren und seine neuen Besitztümer. Er hätte wohl noch Aufgrund seiner Reputation und seiner Sachen in der Gemeinschaft mehr fordern können, wie ein paar Ledertaschen, einen sehr guten Umhang und einen anständigen Reisemantel aus Leder. Aber wozu? Was er noch besaß, kam mit auf Reisen und war zweckmäßig.

    “Boss Mertens verwahren das noch für Onyx bis Onyx zurück. Wenn Onyx tot, du machen was wollen damit.”, sagte er und gab einen Beutel an Mertens in dem sich eine Affenskulptur aus Jade befand, eine runde Scheibe aus Bronze die den Nachthimmel darstellte und SEIN Trinkbecher aus der Sumpflilie, den nur er mit den Lippen berühren durfte.
    Mertens versprach darauf aufzupassen und fragte Onyx, wann es losgehen würde.

    “Morgen. Wenn Sonne aufgehen. - Wir schließen jetzt Deal für Tausch?”, fragte er dann. Mertens und Sandor nickten und wie es Tradition für einen Torgaaner war, spuckte Onyx in seine Hand und reichte sie den beiden Männern, die die Tradition natürlich kannten und es Onyx gleich taten. So war es besiegelt.

    Nach dem Tauschgeschäft besuchte er noch Ambrose in der Heilkammer, um seinen Gefallen einzulösen.
    “Bewahre! Ich habe dich schon erwartet, Meister Onyx. Wie geht es dir, Freund?”
    “Hmm Hmm.”, grunzte Onyx und ließ dadurch andeuten, dass es ihm ganz gut ging und er keinen Bedarf für Blabla hatte.
    “Wunderbar! Mir geht es blendend. Aber genug davon. Schau her. Ich habe kleine Zeichnungen von Pflanzen der myrtanischen Flora angefertigt und zusammen mit Nerea ein paar Notizen dazu gemacht. Zehn Blätter habe ich für dich in diesem Behälter. Nochmal Danke dafür, dass ihr Mani gerettet habt.”, sagte Ambrose und übergab den runden Behälter an Onyx. Der nickte dankend und fühlte sich nun ein wenig in der Schuld.
    “Alles beglichen, mein Freund. Gute Reise und grüße mir alle in Beria. Bewahre.”
    “Danke. Bewahren!”, sagte der Hüne und verließ die Heilkammer. Seine Abschiedsrunde begann und dann würden sie sich in der Sumpflilie treffen. Danach würde er alles noch einmal prüfen und fertig packen. Und dann würde die Reise am nächsten Morgen endlich beginnen.

  18. Beiträge anzeigen #18 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Onyx
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Onyx ist offline

    Tooshoo - Hin und irgendwann zurück #1 - Das wird keine Hobbitgeschichte...

    Da stand er nun. Ein Waldläufer kurz vor der Abreise. Onyx konnte nicht leugnen, dass es da eine gewisse Vorfreude bei ihm gab.
    Waldläuferstiefel, eine schwere Lederhose mit Seitentaschen, ein dunkles Gambeson, der grau-braune Reisemantel und der dunkelgrüne Rechteckumhang, der von Leuten seines Standes getragen wurde.
    Dazu mehrere Gurte um Hüfte und Oberkörper mit vielen gut sortierten Taschen, Seilen, Köchern, der Gobbokeule an der Hüfte und den ungespannten Bogen an der Seitenhalterung seines Rucksacks.
    Dieser selbst war voll gepackt, hatte außen ein Beil und eine große Pfanne noch befestigt und eine zusammen gerollte, große Haut am Boden zusammen geschnürt.

    Onyx war bereit los zu gehen und wartete hier schon bei Sonnenaufgang auf Turya und Kiyan. Es war dann Kiyan der zuerst erschien und seine Hausaufgaben soweit wohl erledigt hatte. Ausrüstung zum Reisen hatte er auf jeden Fall und auch all seine Waffen kamen mit. Man nickte sich zu und Onyx zeigte auf das Frühstück, dass er besorgt hatte.
    Pfeifend kam dann auch Turya hinzu und hatte sich natürlich heraus geputzt, wie es sich für eine Waldläuferin gehörte.
    Ein älterer, brauner Rechteckumhang auf ihren Schultern und eine wirklich hochwertige Lederrüstung den Rest vom Körper. Snapperleder an den Stellen wo Beweglichkeit zählte, dickes Waranleder an den restlichen Stellen wie dem Torso und Armschutz und vier grünliche Chitinplatten als Schulterplatten.
    Beute von der Wilden Jagd.

    “Bewahret!”, grüßte sie etwas müde und aß gleich mit. Dies funktionierte schon einmal blendend in diesem Jagdkommando. Wenn gegessen wurde, wurde nicht unnötiges Zeug geredet. Man war still und aß sein Zeug und Fragen waren so gestellt, dass man auch mit einem grunzenden Ja oder Nein antworten konnte.

    Als sie fertig waren, kontrollierte man einander die Kleidung und Ausrüstung. Den Sitz der Dinge an den Rucksäcken, zog Riemen nach oder machte Knoten noch mal neu.
    Egal wer sein Zeug verlor, es schadete der Gruppe allgemein.
    Das war eine erste Lektion auch für Kiyan.

    “Wir schauen immer, ob alles gut sitzt. Wir sind nicht ein paar Jäger oder Reisende, die auf ihrem Weg was verlieren und sich damit verfolgen lassen oder im Eifer des Gefechts sterben, weil sich der Armschutz löst und einen behindert.”, erklärte Turya und klopfte Kiyan ab. Er war durchgeprüft und damit ging es wirklich los.
    “Onyx führt. Was ist die Route?”, fragte Turya.
    “Wir erst in Sumpf. Bis Affenkopffels. Da heute erstes Ziel für Nacht und einleben. Morgen wir steigen auf von Tal hoch zu Südspitze. Wo schwarze Festung. Da wir vorbei und gehen wieder hoch auf Ostseite von Insel. Ruhige zwei Tage. Dann gefährlich werden.”, sagte er und ging los. Er pfiff ein Signal und über ihnen flog Adler aus der Baumkrone Tooshoos los.
    Mit jedem Schritt mehr auf den Stegen entfernten, sie sich für viele Monde von ihrer Wahlheimat.

  19. Beiträge anzeigen #19 Zitieren
    King Kong Avatar von Griffin
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Griffin ist offline
    Mit beschwingten Schritten tänzelte Griffin ein fröhliches Liedchen pfeifend über die morschen Planken im Sumpf.
    Ohne dass er es gemerkt hatte, wurde er von der weißhaarigen Kräuterhexe Zarra in ihren Bann gezogen mit ihren Geschichten über Kräuter und Gewächse, den Wirkungen verschiedener Pflanzen im Sud, roh oder in Teeform und nicht zuletzt mit ihren riesigen, endlos türkisfarben blitzenden Augen und ihrem herrlich herzlichen Lachen, an dem er sich schlicht nicht satthören konnte. Daher waren die beiden in der letzten Woche beinahe täglich gemeinsam in den Wald gegangen. Meistens unter dem Deckmantel, Aufträge von Zarras Großmutter zu erfüllen, die es sichtlich genoss, neben ihrer Enkelin nun auch Griffin herumkommandieren zu können, teilweise aber auch einfach nur, damit der ehemalige Hüter Zeit mit der jungen Frau verbringen und über alles mögliche sprechen durfte.
    Er hatte schnell gemerkt, dass er sich jeden Tag erneut und jeden Tag ein kleines bisschen mehr auf die gemeinsamen Ausflüge freute. Ein merkwürdiges Gefühl. Aber eines, das er mit offenen Armen begrüßte.

    Und mit offenen Armen plante er nicht nur dieses Gefühl in Empfang zu nehmen. Wie gewohnt klopfte er an der Tür der Rimbes und breitete voller Vorfreude seine Arme aus. In den letzten Tagen hatte Zarra schon in der Nähe der Tür gewartet und war nach seinem Klopfen aus der Tür gestürmt, um ihren Körper gegen den seinen zu werfen und ihn in die Arme zu schließen.
    »Kann ich dir behilflich sein, Griffin?«
    Sein Herz setzte für ein halbes Dutzend Schläge aus, in denen er er blitzschnell die ausgebreiteten Arme senkte und mit großen Augen sein Gegenüber anblickte.
    »Oh...eh... Frau Rimbe.«, stammelte er.
    Er fischte in dem Chaos in seinem Kopf nach Worten, um irgendwie erklärlich zu machen, wieso er völlig kommentarlos und mit ausgebreiteten Armen vor ihrer Haustür gestanden hatte. In seiner Aufregung aber war es ihm nicht möglich, einen vernünftigen Satz rauszubringen. Stattdessen tat er, was sich in dem Augenblick - wieso auch immer - richtig anfühlte und verbeugte sich vor der alten Rimbe. Nur um ein Haar konnte er sich selbst davon abhalten, ihr zu allem Überfluss noch einen höfischen Handkuss aufzudrücken.
    Der ehemalige Hüter errötete sehr peinlich berührt und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Nicht ganz sicher, was die richtige Reaktion war - eine Verneigung, da war er sich sicher, war es jedenfalls nicht - stand er wortlos vor der alten Frau, die ihn neugierig anblickte. Sie hatte keinerlei Interesse daran, ihm einen Rettungsring zuzuwerfen und beobachtete stattdessen genüsslich sein metaphorisches Ertrinken. Zu gern wäre Griffin jetzt gerade wortwörtlich ertrunken.

    »Kann...also... ich bin hier, weil... kann Zarra zum Spielen rauskommen?«

  20. Beiträge anzeigen #20 Zitieren
    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Zarra ist offline
    „Oma, ist das Griffin?“, fragte die junge Frau, welche gerade damit beschäftigt war, sich ihr Haar in einen Zopf zu flechten.
    Nerea antwortete jedoch nicht, schien in diesem Moment etwas zum Besucher zu sagen. Neugierig und weil sie ohnehin bereits die Geduld verlor, beeilte sie sich mit ihrer Frisur und war mit einem gewohnt unordentlichen Strang Haar geschlagen, woraus sie sich jedoch absolut nichts machte.
    Entsprechend fertig sprang sie von ihrem Bett auf, eilte zur Tür, lugte neben ihrer Großmutter nach draußen und erkannte sofort die ausladende Körpermitte.
    „Griffin!“, rief sie freudig, schob sich an ihrer Oma vorbei und warf sich gegen den liebenswerten Hünen.
    „Zarra, ich finde es ja schön, dass du dich langsam in die Gemeinschaft integrierst, aber pass auf, dass du es nicht übertreibst. Vielleicht ist es Griffin unangenehm, wenn er von einer jungen Frau so umarmt wird“, gab Nerea zu bedenken und klang dabei ziemlich streng.

    Ein Beben erfüllte den Körper des Riesen und war begründet in seinem Glucksen.
    „Keine Sorge, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als von Zarra zerquetscht zu werden!“, lachte er und umarmte die kleine Rimbe fest zurück.
    „Dann solltest du wohl lieber aufpassen, Freundchen!“, wandte die Kräuterfrau ihren Tadel nun an ihn, „Ich hatte hier schon Frauen wegen weniger sitzen und so freundlich du auch bist, hast du immerhin einen gewissen Ruf, junger Mann!“
    „Oma!“, stieß Zarra empört aus und schaute ihre Großmutter zwischen den Armen Griffins hindurch erschrocken an.
    „Frau Rimbe… das…“, stammelte der Hüne und ihm wurde wohl gerade bewusst, dass seine Worte durchaus missverstanden werden konnten, „Ich verbringe einfach nur gern Zeit mit ihrer Enkelin und sie bringt mir viel über die Kräuter im Wald bei! Das ist alles, jawohl!“

    „So? Und ich dachte Waldläufer sollten schon das meiste wissen, wenn sie stets in der Wildnis unterwegs sind“, schien Nerea einen Braten zu riechen, wo keiner war.
    „Er kennt schon eine ganze Menge!“, schaltete sich die junge Frau wieder ein und löste sich aus der Umarmung.
    Anders als Griffin war sie weniger peinlich berührt und eher darauf aus, ihre Eigenständigkeit zu verteidigen. Wie zuletzt bei Griffin stemmte sie ihre Arme in die schmalen Hüften und blickte ihre Großmutter trotzig an, die ihrerseits die Arme vor der Brust verschränkt hatte.
    „Du solltest erstmal deine eigene Ausbildung in Sachen Kräutern beenden, bevor du anderen etwas zeigst, junge Dame!“
    „Ich kenne so ziemlich alle Kräuter, Pflanzen, Wurzeln und Insekten, die wir benutzen!“, konterte sie.
    „Das ist nicht einmal ein Bruchteil von dem, was es zu lernen gibt!“, erwiderte Nerea und wurde lauter.
    „Du lässt mich ja nie weit fort, um neue Dinge zu entdecken!“, glich sich Zarra an Lautstärke und Tonfall an.
    „Das ist nicht wahr!“
    „Ach ja? Wann war ich zuletzt außerhalb der Grenzen des Sumpfes, der Mangroven oder Bruchwälder?“, forderte sie heraus.
    „Das tut doch nichts zur Sache. Wir haben hier alles, was wir brauchen! Konzentrier dich einfach auf deine Magieausbildung!“
    „Das mache ich! Bald wieder…“

    Der kleine Streit hatte den Zenit überschritten und beide Frauen funkelten sich wütend an, während Griffin etwas unbeholfen hinter Zarra stand und sich den Hinterkopf rieb.
    Ich würde gern noch etwas mehr über die Kräuter hier lernen. Und Zarra wird nichts geschehen, Frau Rimbe“, versprach er und fing sich einen weiteren berechnenden Blick der Kräuterfrau ein.
    „Ich werde es herausfinden, wenn du lügst, Griffin!“
    Und mit diesen Worten wandte sie sich ab, trat zurück in die Hütte und zog die Tür hinter sich zu.
    „Entschuldige, Griffin. Sie ist im Moment etwas… anstrengend.“

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