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    Abenteurer Avatar von Meve
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Meve ist offline

    Baronie Stewark, Stewarker Land, Dalahs Gehöft -> kleine Bucht (Stangenwaffen 1 Selbststudium)

    „Steh nicht so steif da, verdammt nochmal.“
    „Schwing nicht so!“
    „Wenn du die Hände noch weiter Richtung Spitze bewegst, schlag den Rest ab und nutz sie als Messer.“
    Nach ihrem kurzen Austausch und der Erkenntnis, die Meve im Bezug auf Sarenya gewonnen hatte, war die Ausbildung wesentlich ernster und schonungsloser geworden. Das bisschen Sympathie, welches die Sturmkrähe für Meve wohl hatte aufbringen können, war erst einmal verschwunden und die Neckereien Beleidigungen und Schmähungen gewichen.
    „Nochmal, du Göre: In der Abwehr stehst du fest da, Beine schulterbreit auseinander, ein Bein vor, eins zurück. Den Schaft in den Boden stemmen. Da geht’s darum, Stabilität zu haben, um eine angreifende Masse abzuwehren. Ein Wald aus Speeren hält auch die beste Reiterei auf. Vielleicht nicht die Reiter, aber immer die Pferde. Die Tiere sind schlauer als ihre Besitzer.“
    Dann deutete sie auf die Kisten mit den Kohlekreisen. „Aber im Angriff, Meve, musst du flexibler sein, dynamischer.“
    „Äh …“
    Sarenya schüttelte den Kopf. „Beweglich. Anpassungsfähig. Nicht steif.“
    „Alleine mit dem Speer bist du erst einmal nur ein großes Mädchen mit einem langen Stock, auf dem zufällig eine Eisenspitze ruht. Da trägst du nicht Schwert und Schild und kannst auf kurze Distanz hauen und dich dann wieder hinterm Holz verstecken, nein. Du musst angreifen, zurückweichen. Stechen, schwingen, wenn möglich oder gar mit dem Schaft zuschlagen. Parieren fällt aus. Jedes gute Schwert zersplittert deinen Speerschaft, mach dir da keine falschen Vorstellungen.“
    Sie sah zur See, schien einen Moment in einer Erinnerung zu schwelgen.
    „Wir sind mal im Östlichen Archipel gesegelt. Schöne Gegend, seltsame Leute. Haben mal eins dieser Schiffe mit seltsam gerifften Segeln überfallen, da segelte wohl irgendeine Fürstentochter. Mussten uns am Ende zurückziehen, da ihre Leibwache zu gut für uns war. Einer von ihnen kämpfte mit einem Speer. Und weißt du, wie er sich bewegte?“
    „Wie?“, fragte Meve, weil sie meinte, sie müsste etwas sagen.
    „Wie ein Tänzer. Er sprang vor, zurück, machte sich lang, führte den Speer teilweise am langen Arm. Er stach und schnitt, tötete fünf Schwestern in wenigen Augenblicken. Kannst du tanzen?“
    Meve wurde rot. Nein, sie konnte nicht tanzen. Einmal waren einige Novizinnen ihres Ordens und sie ausgebüxt und hatten sich ins nahe Dorf begeben, wo ein Erntefest gefeiert worden war. Ihre Schwestern hatten mühelos Kontakt geknüpft und alsbald mit jungen Dörflern getanzt und geschäkert. Manche auch mehr. Meve hingegen … nun, ihre Größe hatte entweder für Eindruck oder Spott gesorgt. Die jungen Männer waren kleinlaut geworden, ihre Altersgenossinnen vom Land hatten sie hingegen ausgelacht, gefragt, wer eine übergroße Kuh zum Tanz geführt habe.
    Also nein, Meve konnte und wollte nicht tanzen. Sarenya schien das zu sehen und grinste spöttisch.
    „Na, vielleicht lernst du es noch. Beweglichkeit ist das A und O im Speerkampf. Merk dir das.“
    „Ja.“
    „Und jetzt: Runter. Liegestütze. Ich habe mitgezählt. Mh, fünfzig.“
    „So viele Stiche habe ich gar nicht durchgeführt!“, protestierte die Hünin.
    Sarenya hob die Schultern. „Gut, dann hast du noch etwas Kraft. Hundert. Los, runter.“

  2. Beiträge anzeigen #262 Zitieren
    Krieger Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline
    Armond entschied sich, zu schweigen.

    Wortlos setzte er sich in Bewegung.
    Gemächlich sammelte er unter dem wachsamen Blick Isidors die provisorischen Ziele wieder ein. Da, wo es nötig war, traurigerweise war das ausschließlich bei seinem eigenen Rucksack der Fall, zog er den Pfeil heraus und verstaute diesen in seinem eigenen Köcher. Einzig die Überreste der einstigen Glasflasche ließ er auf dem Boden liegen beziehungsweise am Bindfaden baumeln.
    Weder für das eine noch für das andere hatte er weitere Verwendung.
    Der Schmiedebursche, das spürte der Myrtaner ohne hinzusehen, wurde mit jeder verstrichenen Minute unruhiger. Und Armond schätzte Isidor mal wieder für seine Zurückhaltung und seine Selbstkontrolle.

    »Danke.«
    Die Stimme des Mannes war ruhig, als er voll bepackt zu dem unruhig aber schweigend wartenden Isidor trat.
    »Du musst mir nicht helfen. Ich mach das schon allein. Kein Problem.«
    Ein seltenes Lächeln verirrte sich auf die faltigen Züge des wettergegerbten Mannes.

    Er kramte für einige Herzschläge lang in seinem Rucksack und warf Isidor dann ein kleines Säckchen klimpernder Münzen zu.
    »Besorg dir einen vernünftigen Bogen. Oder nutz den da weiter. Pfeile hast du genug.«, erklärte er.

    Es war unnötig, große Worte über das Ergebnis der Prüfung zu verschwenden.
    Isidor hatte unter Beweis gestellt, was er konnte. Darüber hinaus hatte er Armond durch die Auswahl seiner Ziele ein weiteres Mal bewiesen, dass es eine gute Entscheidung war, den verbrannten Burschen in seine Dienste zu nehmen. Er war waghalsig genug, sich ein Ziel zu setzen, für das er bei Weitem noch nicht bereit zu sein schien. Besonnen genug, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Intelligent genug, passende Alternativen zu haben. Und zuletzt war er ehrgeizig, verbissen und dumm genug, ein einmal gefasstes Ziel nicht so schnell aus den Augen zu lassen.
    Der Brandstifter Ardan würde brennen, dessen war sich Armond sicher. Und Isidor würde alles dafür tun, um derjenige zu sein, der die Fackel an den Zunder hält.

    »Du kennst deinen Auftrag.«, erinnerte er knapp.
    »Erwarte weitere Befehle. Versuch bis dahin an der Akademie aufgenommen zu werden. Deine Fähigkeiten sollten dafür genügen.«
    Er nickte Isidor zu und schwang den Rucksack über die Schulter.
    »Es sei denn, du hast noch Fragen?«


    Felia

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    Provinzheld Avatar von Die Klingen
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    Die Klingen ist offline

    Klinge Lyva - Tiberons Ausbildungstrupp - Stewarker Umland, nahe Dalahs Gehöft

    Der Meister, der die jungen Klingen begleitete, war ein Kessel kochenden Pechs. Es reichte ein kleiner Funke und er würde explodieren. Noch nach all den Monaten erfüllte ihn solch eine Wut, so eine Abneigung gegen das Schicksal, das ihn getroffen hatte, dass die Klingen unter seinen Blicken zusammenzuckten und mit Nachdruck ihre Übungen absolvierten. Denn wenngleich ein streitbarer, impulsiver Mann, war er doch ein erfahrener Kämpfer, ein Meister in verschiedenen Arten des Waffenganges. Lyva war durchaus stolz, unter ihm zu dienen, von ihm ausgebildet zu werden, nachdem er sie vor Monden geprüft und für würdig befunden hatte.
    Die Klinge erinnerte sich an das Mädchen, das große Ding, welches am gleichen Tage großspurig um Mitgliedschaft in der Akademie gebeten hatte. Sie hatte der Meister nicht für würdig befunden, ganz im Gegenteil, er hatte sie auf eine Art abgefertigt, die hart war. Gnadenlos. Demütigend.
    Wie alle anderen Rohlinge und Klingen an diesem Tage, hatte Lyva eine kühle Miene gewahrt, obwohl ihr Herz bis zum Zerbersten gepocht hatte und bis zum Überlaufen mit Angst gefüllt war. Jeder der Anwesenden hatte gefürchtet, ebenfalls den Zorn des Meisters auf sich zu ziehen. Beim Herausschleppen hatte sie dem Mädel – Mave? Mere? – geraten, es nicht nochmal zu versuchen. Und wie’s schien, hatte sie bis jetzt den Rat beherzigt. War wahrscheinlich nach Hause zurückgekehrt, auf den Platz verwiesen, an den sie gehörte.
    Das Pfeifen eines Vogels. Schlecht imitiert. Der Meister seufzte knapp, als er es hörte, und ließ die Gruppe anhalten. Zwei Handbewegungen später verteilten sie sich im Halbkreis, bildeten einen Perimeter, in dessen Zentrum er stand. Die Hand lag auf dem Langschwert, einer Waffe, wie sie auch die Wächter der Akademie im zerstörten Setarrif getragen hatten. Erste und letzte Verteidigungslinie. Etwas, das sie immer noch mit Stolz erfüllte, auch wenn Setarrif in Ruinen lag und Stewark sich nach allem anfühlte … nur nicht nach Heimat.
    Aus dem Unterholz brach ein Aspirant, ein junger Bursche aus der Gegend um den Eberstein, einer von den Jägersleuten der dortigen Region. Ein Fallensteller und Fährtenleser sowie recht bewandert mit dem Bogen.
    „Meister Tiberon“, der Aspirant nahm Haltung an, „Ein Schiff vor der Küste. Boote an einer Bucht in der Nähe. Weibsvolk in schwarzer Kleidung.“
    Tiberon bleckte die Zähne. „Sturmkrähen“, zischte er.
    Der Name kam bei den Klingen und Aspiranten an. Einige schluckten, manche wirkten verunsichert. Lyva ließ sich nichts anmerken, wenngleich sie die Geschichten von den Seefahrerinnen kannte. Gnadenlose, brutale Weiber. Plündern, Kinder rauben und zu den ihren machen.
    „Vielleicht sollten wir Verstärkung holen, Meister …“, murmelte eine etwas ältere Klinge, unter seinesgleichen einer mit etwas mehr Erfahrung. Tiberon fuhr zu ihm herum, funkelte ihn verächtlich an.
    „Ich werde mir nicht die Blöße geben, nach Stewark zu laufen und General Lee um weitere Klingen zu bitten. Oder gar Renwicks Wache den Kampf zu überlassen. Ihr seid meine Schüler, Klingen und Aspiranten der altehrwürdigen Akademie: Ihr werdet mir in den Kampf folgen. Gegen ein paar federgeschmückte Schlampen werden wir bestehen, ohne Frage.“
    Lyva wusste, dass Tiberon nicht für begeisternde Ansprachen bekannt war. Angst trieb sie an. Angst vor seinem Zorn. Der geweckt würde, wenn er eine weitere Schande auf sich nehmen müsste.
    Langsam atmete die Klinge ein und aus.
    Ich hoffe, dass seine Ambitionen, sein Wunsch nach Ruhm und neu gewonnener Anerkennung … nicht unser Todesurteil sind.
    „Du führst uns an, Barc“ – Tiberon nickte dem Schützen zu – „Alle anderen folgen mir. Leise. Seit aufmerksam. Die Krähen sind zwar gute Kämpferinnen, aber Taktik ist ihnen fremd. Das nutzen wir aus. Marsch!“
    Die Akademiker zogen ihre Klingen und bewegten sich vorwärts. Entweder zum ersten, ruhmreichen Blutvergießen. Oder zur Schlachtbank. Während sie also durch das Küstenwäldchen schritten, teilte Tiberon die Gruppe auf. Nachdem sie einen Punkt erreicht hatten, von dem aus die Bucht an der felsigen Küste ebenso wie der fackelbeschienene Hof sichtbar waren, richtete er das Wort an seine Truppe.
    „Lyva, du gehst mit mir, Jerec, Samal und Treya zur Bucht.“
    Die genannten nickten schweigend. Der Meister wandte seinen Blick den restlichen zu.
    Die ältere Klinge, die Vorsicht gemahnt hatte, straffte sich, als Tiberons Augen auf ihr ruhten.
    „Bul, du nimmst Barc und den Rest mit. Geht Richtung Gehöft. Bleibt in Deckung, beobachtet die Umgebung, die Zugänge zum Hof. Wenn du der Ansicht bist, dass ihr eine gute Stellung gefunden habt, schick Barc Richtung Bucht.“
    Bul nickte. Die Akademiker teilten sich auf. Tiberon sah sie noch einmal an.
    „Für die Akademie.“ Und nach kurzem Zögern: „Für Ethorn.“
    „Für Ethorn. Für die Akademie.“

    Meve

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    Lehrling Avatar von Ellie
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Ellie ist offline
    Es war ein guter Tag.

    Die Luft war kühl und frisch. Der Herbstwind trieb nicht nur Laub vor sich her, sondern auch diverse Gerüche aus der Stadt. Legte man den Kopf in den Nacken und starrte in den nur leicht bewölkten Himmel hinauf, so konnte man beinahe den Eindruck gewinnen, als blicke man auf endlose Freiheit herauf. Konzentrierte man sich nur stark genug auf etwas anderes, ließ sich tief genug in die eigene Gedankenwelt versinken und von dem steten Strom an Gedanken mitreißen, dann klang sogar hier, so nah an der Schenke, das gesellige Treiben und das laute Stadtleben zu einem leisen Hintergrundrauschen ab, das gemeinsam mit dem fernen Rauschen der immerwährend heranbrandenden Wellen zu einem tiefen Flüstern der Urkräfte verschmolz und einen tiefer in die Entspannung zog.

    Tief ausatmend beobachtete, wie eine kleine Wolke eilig am Himmel über ihr vorbeizog.

    Früher einmal, vor vielen Jahren, da hatte Ellie ständig zu den Wolken heraufgeschaut.
    Sie hatte sich gefragt, wie es wohl sein müsse, als Wolke den ganzen Tag wohin man wollte zu fliegen. Städte, Wälder, Berge und Täler überall in der Welt sehen zu können. Manchmal war sie heimlich auf Bäume geklettert, um näher an den Wolken zu sein. Hatte versucht, die weißen, flauschigen Wesen so weit oben und so unerreichbar fern von ihr mit den Fingerspitzen zu berühren. Wenn sie sich nur weit genug streckte, wenn sie nur hoch genug kletterte, so dachte sie, könne sie vielleicht eines Tages auf ihnen fliegen.

    Kurz nachdem sie hier in Stewark angekommen war, aus ihrem Krankenbett heraus, hatte sie durch das geöffnete Fenster zu den Wolken heraufgeschaut, hatte einer der Wassermagier erklärt, dass eine Wolke eigentlich Wasser sei. Unendlich viele kleine Wassertropfen, hatte er ihr erklärt, seien in der Wolke vereint und keiner von ihnen konnte sich von den anderen Lösen. Zu leicht, um zu Boden zu fallen, aber zu schwer, um weiter aufzusteigen, verharrten also diese Tröpfchen, Hand and Hand, und bildeten die Wolke. Und eigentlich - das hatte er dann noch ergänzt - folge die Wolke nur dem Wind. Er sei es, der die Wolke über den Himmel trieb.

    Ellie drehte den Kopf und blickte voller Mitgefühl zu den Wassertropfen, die gefangen als Wolke ohne jeglichen Kontrolle darüber, wohin der Wind sie als nächstes treiben würde, ihr trauriges, trauriges Dasein fristeten.

    Ellie räusperte sich und neben ihr schreckte Jasque aus seinen Gedanken auf.
    Ein einzelner Regentropfen war in ihr Gesicht getropft und schon bald würde es zu regnen beginnen.
    Vorsichtig strich sie den Tropfen von ihrer Haut und blickte auf die leichte Feuchte, die ihren Finger benetzte.
    Einer hatte es also geschafft, zu entkommen.
    Sie lächelte.
    Und bei längerem Darübernachdenken entschied sie stillschweigend:

    So toll war der Tag dann doch nicht.

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    Waldläufer Avatar von Ravia
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    In den Gassen - Kreislauf?

    Der Abend senkte sich über Stewark, wie Wasser in ein Hafenbecken fließt – unaufhaltsam, aber träge. Ravia hatte den Schlüssel in der Tasche, den Kreis mit dem Punkt im Kopf und das Gefühl, dass die Stadt mit ihr spielte.
    An der Ecke einer schmalen Gasse, wo der Putz von den Wänden bröckelte, fiel ihr ein weiterer Kreis ins Auge. Größer, in Kohle gezeichnet, an einem Torbogen. Kein Punkt in der Mitte. Nur der Umriss. Sie trat näher, ließ die Finger beiläufig darüber streifen. Der Strich war verwischt. Alt. Vielleicht bedeutungslos.
    Sie folgte dem Bogen, gelangte auf einen Hof, in dessen Mitte ein trockener Brunnen stand. Neben dem Brunnenschacht ein alter Tisch mit angelehnten Stühlen. Niemand da. Aber auf dem Tisch: ein kleines, rostiges Vorhängeschloss. Offen. Leer.
    Absicht? Oder nur ein Rest?

    Sie nahm es nicht mit. Verließ den Hof auf der anderen Seite und fand sich in einer Straße wieder, die sie nicht kannte. Hier roch es nach Leder, Öl und geschmolzenem Wachs. Werkstätten. Drei Türen weiter hing an einem Schild das gleiche Symbol wie auf ihrem kleinen Schloss – nur eingraviert in eine Metallplatte.
    Drinnen: eine Sattlerei. Kein Kunde, nur ein alter Mann, der an einem Riemen arbeitete. Er blickte auf, als sie eintrat, musterte sie schweigend, und beugte sich wieder über seine Arbeit. Keine Begrüßung, kein Zeichen.
    Sie wartete einen Herzschlag lang. Zwei. Dann ging sie wieder.

    Die nächste Spur war eine kleine Kreidemarkierung an einer Kellerluke. Kreis, Punkt, aber schief. Darunter: eine Zahl. Sie zog am Griff. Verschlossen. Kein Schloss zum Üben, nur ein schwerer Riegel von innen.
    Die Gassen wurden enger, dunkler. Lichter brannten hinter Fensterläden, Stimmen murmelten. Ravia merkte, dass sie nicht mehr sagen konnte, in welchem Kreis der Stadt sie war. Nicht verloren – aber auch nicht sicher.
    Einmal meinte sie, Schritte hinter sich zu hören, doch als sie anhielt, war da nur eine Katze, die mit hängendem Schwanz im Schatten verschwand.

    Als sie eine breitere Straße erreichte, sah sie den oberen Markt in der Ferne und dahinter die schwarzen Umrisse der Stadtmauer. Die Kreise hatten sie im Kreis geführt. Vielleicht Absicht. Vielleicht nur, um zu sehen, ob sie wieder den Ausgang fand.
    Sie blieb stehen. Atmete tief durch. Spürte den Schlüssel in ihrer Tasche.
    Sie wollen sehen, ob ich zurückkomme. Nicht nur, ob ich ankomme.
    Sie wusste jetzt, dass die nächste Tür, die sie öffnen sollte, nicht irgendwo in diesen Hinterhöfen lag. Und dass es in Stewark nicht reichte, nur den Weg zu kennen – man musste auch wissen, wann man ihn ging.

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    Waldläufer Avatar von Ravia
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    In den Gassen - Die Zacken des Schlüssels

    Die Nacht war über Stewark gefallen, doch die Stadt schlief nicht. Sie schlief nie – wie kaum eine Stadt, die Ravia kannte. Es war diese Art von Dämmerung, in der die ehrbaren Bürger hinter Riegeln verschwanden und die anderen herauskamen, um zu sehen, welche Gelegenheiten die Dunkelheit brachte. Für Ravia war es die Stunde, in der jeder Schatten mehr versprach als er barg.
    Sie lehnte sich gegen eine feuchte Mauer, den Kreis mit dem Punkt auf dem kleinen Vorhängeschloss zwischen den Fingern. Immer wieder strich sie darüber, als könne sich darin etwas Neues verbergen, wenn sie nur lange genug tastete.
    Ein Kreis. Ein Punkt. Ein Loch.
    Das Pergament mit seinen Linien und Strichen fiel ihr wieder ein. Sie hatte es im Kopf, jede Kerbe, jeden Kringel. Zuerst war es wie ein Gitter erschienen, wie eine Karte ohne Maßstab. Vielleicht war es genau das. Doch wenn der Kreis ein Schlüsselloch war, dann waren die Striche vielleicht die Zacken eines Schlüssels. Keine abstrakten Symbole, sondern Wege. Gassen.

    Stewark als Schloss. Ich habe den Schlüssel in der Hand, aber die Stadt muss ihn nachzeichnen.
    Sie zog das Pergament hervor, hielt es gegen das matte Licht einer Öllampe. Drei Striche, leicht versetzt, einer länger, einer kürzer. Daneben Kerben, als Markierungen. Ein Kringel am Ende, vielleicht das Ziel.
    Ihr Herz schlug schneller. Sie hatte sich in Kreisen bewegt, war falschen Spuren gefolgt – Werkstätten, Kellerluken, Kreidezeichnungen. Vielleicht war genau das der Sinn gewesen. Wer nur dem Kreis folgte, lief im Kreis. Wer den Schlüssel sah, fand die Tür.
    Ravia steckte das Pergament zurück und straffte die Schultern. Jetzt oder nie.

    Die erste Zacke führte nach Westen. Zumindest, wenn man den Plan wie einen Schlüssel hielt, der ins Schloss gesteckt wurde. Westlich lag eine Gasse, die sie bisher gemieden hatte: eng, voller Gerümpel, von einem üblen Geruch nach altem Fisch durchzogen. Die meisten Einwohner nannten sie nur den „Grätenpfad“. Perfekt also, wenn man nicht gefunden werden wollte.
    Sie trat hinein. Die Häuser wuchsen hier förmlich zusammen, als hätten sie Angst, einzustürzen, wenn sie nicht die Schultern des Nachbarn stützten. Über ihr hingen Wäscheleinen, von denen tropfendes Wasser auf ihre Kleidung fiel. Ein Hund knurrte hinter einer Brettertür. Ein Schatten huschte davon, als sie näherkam.
    Nach zwanzig Schritten blieb sie stehen. Dort, auf Augenhöhe, war eine kleine Kerbe in den Putz geritzt. Unauffällig. Zwei kurze Striche, genau wie am Baum in der ersten Gasse. Sie fuhr mit dem Finger darüber. Frisch. Noch nicht verwittert.
    Erste Zacke gefunden.

    Sie ging weiter, folgte der Linie des Schlüssels in Gedanken. Die zweite Zacke lag schräg darunter – also nach Süden, wenn sie ihre Orientierung nicht verlor. Sie bog an der nächsten Ecke ab, kam auf eine breitere Straße, die leicht abschüssig war. Fackeln brannten an den Hauswänden, Soldaten standen an einer Kreuzung, redeten miteinander, achteten nicht auf sie.
    Ravia blieb unauffällig, schob die Hände in die Taschen und marschierte weiter, als wäre sie nur eine weitere Händlerin auf dem Heimweg. Doch ihre Augen suchten die Wände, die Pflastersteine, jede Kerbe. Und tatsächlich: Unter einer Treppe, die zu einer Taverne hinaufführte, war ein Kreis eingeritzt, kleiner als eine Münze.
    Sie lächelte flüchtig. Der zweite Zahn des Schlüssels.
    Doch dann hörte sie Stimmen.

    „He, du da!“ Ein junger Wächter, kaum älter als sie, trat aus dem Schatten. Sein Helm saß schief, und er hielt den Speer zu locker, um ihn jemals richtig einsetzen zu können. „Was treibst du hier unten?“
    Ravia hob die Augenbrauen, ließ ihre Miene so unschuldig wie möglich erscheinen. „Gehe heim.“
    „Heim? Um diese Stunde? In diesem Viertel?“ Der zweite Wächter trat hinzu, älter, misstrauischer. Sein Blick glitt über sie, von den Stiefeln über die Hände bis zu ihrem Gesicht. „Du siehst nicht aus wie jemand von hier.“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht, weil ich’s nicht bin.“
    Der Jüngere grinste. „Dann hast du dich wohl verlaufen. Soll ich dich zurückbringen?“
    „Ich finde den Weg.“ Ihre Stimme war ruhig, fast gelangweilt. Sie wich nicht zurück, wich dem Blick nicht aus. „Und ich rate, dass ihr beide besser anderswo herausfindet, wie man Wachen spielt, statt Frauen nachzulaufen.“
    Ein kurzes Schweigen. Dann lachte der Ältere rau. „Lass gut sein. Sie weiß, was sie tut.“ Er zog den Jungen zurück. „Komm. Wir haben anderes zu tun.“

    Ravia ging weiter, als wäre nichts geschehen. Doch ihr Herz klopfte schneller. Nicht aus Angst – sondern, weil sie wusste, dass die Gilde sie beobachtete. Und dass dieser kleine Zwischenfall Teil der Prüfung sein konnte.
    Die dritte Zacke des Schlüssels war die schwerste. Sie führte nicht nach rechts oder links, sondern nach unten. Zumindest, wenn man die Linien so las. Unter Stewark gab es alte Keller, verlassene Kanäle, vergessene Räume. Wenn der Schlüssel dort hineinführte, würde sie nicht einfach durch ein weiteres Viertel laufen können.
    Sie fand den Eingang an einer halb eingestürzten Treppe, die zu einem Gewölbe führte. Über der Tür, kaum sichtbar im schwachen Licht, war ein weiterer Kreis mit Punkt eingeritzt. Der Punkt war tiefer eingeschnitten, als hätte jemand mit Absicht mehr Druck ausgeübt.
    Das Schlüsselloch.

    Sie tastete den kleinen Schlüssel in ihrer Tasche. Doch das Schloss war nicht mechanisch. Es war ein Muster. Ein Weg. Und sie hatte erst den Anfang.
    Ein Windstoß fegte durch die Gasse, brachte den Geruch von nassem Stein und Moder mit sich. Sie blieb am oberen Treppenrand stehen, lauschte. Kein Laut aus dem Dunkel. Nur Tropfen, die von irgendwo her fielen.
    Sie hätte hinuntergehen können. Aber irgendetwas sagte ihr, dass sie warten sollte. Nicht heute. Nicht jetzt. Dass der Schlüssel nicht nur eine Richtung, sondern auch eine Zeit vorgab.
    Sie wandte sich ab, strich sich einige lose Strähnen aus dem Gesicht und verschwand wieder in den Gassen. Doch die Gewissheit blieb: Sie hatte die erste Zacke gefunden. Und die zweite. Die dritte wartete.
    Und wenn sie die Reihenfolge vollendete, würde sie das Schloss Stewark öffnen.

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    Waldläufer Avatar von Ravia
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    In den Gassen - Die Zacken des Schlüssels

    Der Morgen graute bleiern über Stewark. Nebel geboren aus dem Meer am Fuß der Steilklippen hing in den Gassen wie verschütteter Atem, klebte an den Mauern und ließ jedes Geräusch dumpf wirken. Ravia hatte kaum geschlafen. Zu viele Gedanken, zu viele Linien im Kopf, die sich wie Zahnräder drehten.
    Sie stand wieder vor der halb eingestürzten Treppe. Niemand beachtete sie. Zwei Händler schoben Karren vorbei, ein Hund schnüffelte an einem Holzfass, sonst nur Stille. Die Zeichen am Türsturz waren unverändert: Kreis, Punkt, tiefer eingeschnitten als die anderen. Das Schlüsselloch.
    Sie zog den kleinen Schlüssel aus der Tasche, wog ihn in der Hand. Wusste, dass er hier nicht passte – und dass er doch der richtige war. Sie steckte ihn zurück, zog die Kapuze tiefer und stieg die Stufen hinab.

    Das Gewölbe darunter roch nach feuchtem Stein und altem Rauch. Tropfen fielen irgendwo in eine Pfütze, das Echo mehr Versprechen als Geräusch. Der Gang war schmal, die Wände von Moos überzogen. Einmal streifte ihr Ärmel eine Rune, kaum sichtbar, eingeritzt in den Stein. Kein Zauber – nur eine Markierung. Jemand hatte sich hier orientiert.
    Nach zwanzig Schritten stieß sie auf ein Gitter. Eisen, rostig, doch massiv. Es versperrte den Weg in einen tieferen Korridor. Zwei Riegel hielten es, beide verschlossen. Das obere Schloss war einfach, ein Drehmechanismus. Das untere aber war verzwickter: ein alter Zylinder mit fünf Stiften, von der Art, die nur wenige Schlosser noch bauten.
    Ravia kniete sich hin, zog ihre Dietriche hervor. Ihre Finger fühlten sich ruhig an, beinahe zu ruhig. Sie wusste, dass jemand sie beobachtete – nicht sichtbar, aber spürbar, wie der Blick eines Falken auf ein Schiff.

    Der erste Versuch misslang. Der Dietrich rutschte ab, das Schloss gab keinen Ton von sich. Sie verzog keine Miene, setzte neu an. Zweiter Versuch: ein leises Klicken, doch der Riegel blieb. Der dritte: zwei Stifte setzten sich, der dritte blockierte.
    Geduld, Ravia. Hör zu, nicht stoßen.
    Sie atmete leise aus. Führte den Dietrich so sanft, als streichelte sie die Klinge ihres Messers. Da – der erste Stift rutschte ins richtige Loch. Der zweite folgte, als würde er nur darauf warten. Der dritte zickte, weigerte sich, doch dann – ein kaum hörbares „Klack“. Der vierte und fünfte gingen fast von selbst.
    Mit einem dumpfen Geräusch löste sich der Riegel.

    Sie schob das Gitter auf, langsam, vorsichtig. Rost knirschte, Metall kratzte über Stein. Der Gang dahinter war dunkler, schmaler. Die Luft kälter. Sie ging weiter, Schritt für Schritt.
    Nach einigen Metern öffnete sich der Korridor zu einer Kammer. Rund, mit niedriger Decke, Wände aus bearbeitetem Fels. In der Mitte: ein Tisch, roh gezimmert, darauf mehrere kleine Schlösser, jedes auf einem eigenen Brett montiert. Daneben eine Kerze, halb heruntergebrannt.
    Ravia blieb am Eingang stehen. Kein Mensch hier. Keine Stimme, die sie begrüßte. Nur die Schlösser, wartend.
    Sie trat näher, zündete die Kerze an. Das flackernde Licht ließ die Metalle glänzen. Es waren fünf Schlösser, alle unterschiedlich: ein einfacher Riegel, ein Doppelzylinder, ein Vorhängeschloss mit verstecktem Mechanismus, ein Drehknauf und – am Ende – ein kleines, zylinderförmiges Schloss, das ihrer Schatulle verdächtig ähnlich sah.
    Eine Prüfung. Oder eine Einladung.

    Sie begann mit dem Riegel. Einfach. Zwei Versuche, dann offen. Sie schloss ihn wieder, öffnete erneut. Ein Kinderspiel.
    Das Doppelzylinder war schwerer. Ihre Finger arbeiteten präzise, der erste Stift klickte, der zweite klemmte. Drei Versuche, dann gab es nach. Das Vorhängeschloss brauchte länger. Der Mechanismus war clever versteckt, fast hätte sie den falschen Ansatz gewählt. Doch dann fand sie den Druckpunkt, drehte den Dietrich, und es sprang auf.
    Beim Drehknauf stockte sie. Er war anders, ungewohnt. Sie spürte die Spannung im Metall, als wäre es nicht dafür gemacht, von außen geöffnet zu werden. Drei Mal versuchte sie es, scheiterte jedes Mal. Sie fluchte leise, schüttelte die Hand aus, die vom Druck schmerzte. Dann versuchte sie es erneut. Langsam, beharrlich. Beim vierten Mal glitt der Knauf endlich herum.
    Schweiß stand auf ihrer Stirn.

    Sie blieb beim letzten Schloss stehen. Zylinderförmig, klein, aber mit mehreren Einkerbungen. Fast identisch mit der Schatulle, die sie bei sich trug. Sie setzte den Dietrich an. Nichts. Der Mechanismus rührte sich nicht. Zweiter Versuch – ein kleines Klicken, aber nicht genug. Dritter Versuch – das Metall widersetzte sich.
    Sie biss die Zähne zusammen, spürte den Schweiß im Nacken. Ihre Finger arbeiteten, jeder Stift ein Herzschlag. Dann, beim vierten Versuch, gab das Schloss nach. Ein leises, triumphierendes Geräusch. Sie öffnete es, starrte hinein.
    Leer.
    Nur ein kleines Stück Stoff lag darin, zusammengerollt. Sie nahm es heraus, entfaltete es. Einfache Leinen, nichts Besonderes. Doch darauf war wieder ein Kreis mit Punkt gezeichnet. Daneben: drei kurze Striche, die wie Zacken aussahen.
    Der Schlüssel.

    Sie hatte nicht nur die dritte Zacke gefunden – sie hatte bestätigt, dass der Weg weiterging.
    Ein Geräusch ließ sie aufhorchen. Schritte, leise, irgendwo über ihr. Dann Stille. Keine Stimme, kein Gruß. Nur die Erinnerung, dass jemand beobachtet hatte, wie sie das Schloss öffnete.
    Ravia steckte das Stück Stoff ein. Löschte die Kerze. Trat zurück in den Gang. Schob das Gitter zu, verriegelte es wieder, als wäre sie nie hier gewesen.
    Als sie die Treppe hinaufstieg, war der Nebel draußen dichter geworden. Die Stadt wirkte gedämpft, stiller als sonst. Sie zog die Kapuze tief ins Gesicht, schob die Hände in die Taschen. Der Schlüssel und das Stoffstück drückten gegen ihre Hüfte.
    Sie hatte die dritte Zacke gefunden. Und wusste, dass es kein Irrweg war.
    Stewark war ein Schloss.
    Und sie hatte begonnen, den Schlüssel zu drehen.

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    Isidor fing den Beutel mit einer Hand, ohne groß hinzusehen. Ein dumpfes Klirren. Kein voller Sold, aber mehr, als er erwartet hatte.
    „Na schau an“, murmelte er, „Gibt’s jetzt schon Trinkgeld fürs Nichtversagen?“
    Er drehte den Beutel einmal in der Hand, dann verschwand er im Gürtel. Mit der anderen fuhr er sich über den Nacken, rieb den Schweiß und den Staub des Morgens fort. Die Schultern schmerzten vom Spannen der Sehne, die Finger waren rau und rissig, aber das fühlte sich gut an. Echtes Brennen – kein altes.
    Er sah kurz zu Armond, prüfend, als wolle er noch was sagen. Doch dann schüttelte er nur leicht den Kopf.
    „Nein. Keine Fragen. Nicht heute.“
    Seine Stimme war ruhig, aber nicht leer. Vielleicht einen Ton zu leise, wie jemand, der den eigenen Gedanken lauscht, während er spricht.

    Dann, nach einem Atemzug:
    „Danke. Für die Tage hier. Für den Bogen. Und dass du mir nicht jedes Wort aus der Nase gezogen hast.“
    Ein schiefer Zug umspielte seine Lippen.
    „Nicht jeder redet gern mit ’nem halb verkohlten Rüstungsschmied über seine Gefühle, hm?“
    Er sah sich kurz um. Die Bäume, der Boden, das verkohlte Glas an der Schnur – das alles würde bald hinter ihm liegen. Vielleicht war’s besser so.
    „Ich geh zurück. Wenn das reicht, was ich kann, werden sie mich nehmen. Wenn nicht…“
    Er zuckte mit den Schultern.
    „Dann bau ich mir eben ein paar Pfeile mit breiten Spitzen und schick Bewerbungsschreiben über die Dächer.“

    Er grinste kurz. Nicht weil’s lustig war. Sondern weil’s helfen musste, nicht zu viel zu fühlen.
    Dann trat er einen Schritt zurück, zog den Bogen von der Schulter, prüfte Sehne und Wurfarm wie zur Bestätigung, und nickte.
    „Wir sehen uns, Armond.“
    Und mit dem letzten Wort wandte er sich ab. Kein Heldengang. Kein Schauspiel. Einfach ein Mann mit brennenden Schultern, einem neuen Bogen und zu vielen Bildern im Kopf, die er nicht loswurde.
    Der Weg nach Stewark war nicht weit. Aber die Strecke in sich selbst… die konnte lang sein.

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    In den Gassen - Die Zacken des Schlüssels

    Der Nebel hielt sich noch, als hätte er selbst beschlossen, Stewark zu prüfen. Ravia glitt durch die Straßen wie eine Klinge in einer Scheide, unsichtbar, aber spürbar für den, der wusste, wonach er suchte. Das Stoffstück mit dem Kreis und den drei Strichen brannte förmlich in ihrer Tasche. Ein Hinweis, aber keiner, den man sofort verstand.
    Sie überlegte, ob sie zur Joka La Maji zurückkehren sollte. Pakko würde nach ihr fragen, vielleicht schon argwöhnen. Aber etwas in ihr drängte weiter. Zu viel hatte sie gesehen, zu viele Türen, die sich nicht von selbst öffneten.
    Sie bog in eine schmale Seitengasse, nur schwach erleuchtet von einer Laterne, deren Öl fast aufgebraucht war. Hier, in der Nähe des Wehrgangs, kroch die Kälte durch die Steine. Ihre Stiefel knirschten über Kies. Dann hörte sie es:
    „Du drehst den Schlüssel schon ganz ordentlich.“

    Die Stimme kam von oben. Ravia fuhr herum, der Griff ihres Messers schon an der Hand. Über ihr, auf einem schmalen Holzbalkon, stand eine Gestalt. Dunkler Mantel, Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Die Arme lässig über das Geländer gehängt, als wäre er dort schon eine Weile.
    „Weniger Zähne abbrechen, dann hält er länger.“
    Ravia entspannte die Finger nur minimal. „Kommt ganz drauf an, welches Schloss man knackt.“
    Ein leises Lachen. „Wahr. Und manche haben gar kein Schloss – nur den Anschein.“
    Die Gestalt sprang vom Balkon. Nicht lautlos, aber geschickt. Landete in der Gasse, keine zwei Schritte von ihr entfernt. Ravia blieb stehen, regungslos, wie eine Katze, die ihr Gegenüber taxiert.

    „Saarina hat dich empfohlen.“ Der Mann sprach, als ginge es um einen Handel, nicht um Vertrauen. „Aber Empfehlungen sind wie gefälschte Münzen. Sie glänzen, bis man sie auf den Tisch wirft.“
    Ravia zog langsam das Stück Stoff hervor, hielt es ihm hin. „Das war im Schloss unten.“
    Er nahm es nicht. Sah nur darauf. „Gut. Dann hast du mehr Geduld, als manche glauben würden.“ Seine Augen blitzten unter der Kapuze hervor – grau, unruhig. „Aber Geduld ist nichts ohne Präzision.“
    Er drehte sich halb zur Wand. Mit der Hand strich er über den feuchten Putz. Dort war ein Kreis eingeritzt, unscheinbar. Daneben drei Striche, wie auf dem Stoff. „Schlüsselloch. Zacken. Weißt du, was fehlt?“

    „Der Bart“, antwortete Ravia. „Ohne ihn greift der Schlüssel nicht.“
    Ein Nicken. „Genau. Und wo findet man den Bart?“
    Sie schwieg. Wusste, dass jede falsche Antwort ein Stolpern war. Also drehte sie die Frage zurück. „Ihr habt ihn. Sonst würdet ihr nicht hier stehen.“
    Wieder ein Lachen, dieses Mal länger. „Schlau. Aber nicht unrecht. Wir haben ihn – doch wir geben ihn nicht. Man muss ihn sich verdienen.“
    Er griff in seine Manteltasche, zog etwas hervor und warf es ihr zu. Ein kleines Vorhängeschloss, komplizierter als die, die sie bisher gesehen hatte. Doppelte Mechanik, winzige Kerben, kaum größer als eine Faust.
    „Öffne das. Nicht irgendwann. Jetzt.“

    Ravia fing es, drehte es in den Händen. Das Metall war kalt, schwer. Sie kniete sich hin, zog ihre Dietriche hervor. Der Mann lehnte sich gegen die Mauer, verschränkte die Arme.
    Erster Versuch: nichts. Zweiter Versuch: der erste Stift bewegte sich, blockierte dann. Sie biss die Zähne zusammen, hörte dem Schloss zu, wie sie es gelernt hatte. Dritter Versuch: ein Klicken, dann wieder Stille.
    Der Mann sah schweigend zu. Keine Eile, kein Druck – und doch fühlte sie die Zeit wie ein Gewicht auf ihren Schultern.
    Beim vierten Versuch spürte sie den Unterschied. Der erste Stift saß, der zweite rutschte nach. Der dritte klemmte, ließ sich aber mit feinem Druck lösen. Schweiß rann ihr über die Schläfen. Dann – ein dumpfes „Klack“. Der Riegel gab nach.
    Sie hielt das Schloss hoch. „Offen.“

    Er nickte, trat vor, nahm es entgegen. „Nicht schlecht. Aber du warst zu schnell beim zweiten. Fast hättest du den Dietrich abgebrochen.“
    „Hab‘ ich aber nicht.“
    „Noch nicht.“ Seine Stimme war ruhig, fast belustigt. „Morgen. Dritte Glocke. Geh zum alten Speicher am Südring. Kreis, Punkt – du wirst ihn finden.“
    Er wandte sich ab, ging einige Schritte in die Dunkelheit der Gasse. Dann blieb er stehen, drehte den Kopf halb zurück. „Und bring deine Schatulle mit. Ohne die kommst du nicht weiter.“
    Ravia erstarrte. Dass er von der Schatulle wusste, war kein Zufall. Sie hatte sie von der Prise beim Östlichen Archipel. Also hatten sie sie längst im Blick oder Saarina hatte es verraten.

    Sie wollte etwas sagen, doch er war schon verschwunden. Geräuschlos, als habe ihn die Dunkelheit selbst verschluckt.
    Ravia blieb einen Moment regungslos stehen, den Dietrich noch in der Hand. Dann steckte sie ihn ein und machte sich auf den Weg.
    Der Nebel kroch weiter durch die Straßen, die Stadt war ein einziger Schlüssel, und sie war mittendrin. Sie wusste nicht, ob die Gilde sie wirklich aufnehmen wollte, oder ob sie nur mit ihr spielte. Aber sie wusste: Morgen würde sie wieder hier sein.
    Und dann würde sich zeigen, ob das Schloss Stewark ihr gehörte – oder ob es sie verschluckte.

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    In den Gassen - Die Zacken des Schlüssels

    Der nächste Tag begann wie alle anderen in Stewark – mit Lärm. Händler schrien sich über den Markt hinweg an, Kinder jagten einander durch Gassen, in denen der Dreck kniehoch lag, und irgendwo schlug ein Schmied sein Eisen mit dem gleichen Zorn, mit dem andere Männer stritten. Doch Ravia nahm kaum etwas davon wahr.
    Sie war früh aufgebrochen, die seltsam rohrförmige Schatulle gut verborgen unter ihrer Jacke. Jeder Schritt durch die Straßen fühlte sich an, als würde sie eine Münze nach der anderen bezahlen, ohne zu wissen, ob sie dafür etwas zurückbekam. Der Hinweis war klar gewesen: Südring, alter Speicher, dritte Glocke.
    Die Glocken Stewarks schlugen anders als im Rest des Reiches – unregelmäßig, beinahe wie nach Laune. Man musste die Zeit hier nicht messen, man musste sie spüren. Und so stand Ravia in den Schatten der Mauern, als das dritte Mal an diesem Tag das schwere Eisen klang.

    Der Speicher am Südring war ein Bauwerk, das schon bessere Zeiten gesehen hatte. Drei Stockwerke, die Fenster mit Brettern vernagelt, das Dach voller Löcher, durch die Möwen kreisten. Einst hatten hier Getreidesäcke gelagert, heute war es nur noch eine Hülle aus Holz und Stein. Doch genau das machte ihn perfekt: ein Ort, an dem sich niemand länger aufhielt, als er musste.
    An der Tür prangte das vertraute Zeichen. Kreis, Punkt. Unscheinbar eingeritzt, fast verdeckt von Schmutz. Ravia legte die Hand darauf, drückte sacht gegen das Holz. Es gab nach, schwang auf.
    Drinnen war es kühl. Der Staub lag dick auf den Balken, die Luft roch nach Moder und altem, vergammeltem Stroh. Licht fiel nur durch die Spalten zwischen den Brettern, genug, um Umrisse zu erkennen.

    „Du bist pünktlich.“
    Die Stimme kam aus dem Halbdunkel. Dieselbe wie gestern. Der Mann mit der Kapuze löste sich aus den Schatten, trat langsam vor. In der Hand hielt er das kleine Vorhängeschloss, das sie geöffnet hatte. Er drehte es zwischen den Fingern, als sei es nur ein Spielzeug.
    „Gut“, sagte er, „aber heute reicht Geduld nicht. Heute geht’s um Können.“
    Ravia antwortete nicht. Sie wusste, dass Worte hier weniger galten als Taten.
    Er machte eine Geste. Hinter ihm trat ein weiterer Mann hervor – jünger, schmaler, mit vernarbten Armen. Er trug eine Truhe, die er auf den Boden stellte. Eisenbeschläge, massives Holz, ein Schloss, das größer war als eine Faust.
    „Eine Truhe. Leer. Aber verschlossen. Öffne sie.“

    Ravia kniete nieder, betrachtete das Schloss. Es war komplex, doch nicht unmöglich. Zwei Mechanismen, die gleichzeitig gedrückt werden mussten. Sie zog ihre Dietriche hervor, setzte an.
    Der erste Versuch klickte – falsch. Der zweite brachte zwei Stifte ins Lot, doch der dritte blockierte. Sie biss die Zähne zusammen, hörte dem Metall zu, atmete ruhig. Beim vierten Versuch gab der Mechanismus nach. Die Truhe sprang auf.
    Der Mann nickte. „Nicht schlecht. Aber das war nur die Aufwärmung.“
    Er deutete auf sie. „Die Schatulle.“
    Ravia erstarrte. Ihre Finger verkrampften unwillkürlich an ihrem Mantel. Sie wusste, dass er davon wusste, aber sie hatte gehofft, er würde sie nicht sofort verlangen.

    Langsam zog sie sie hervor. Die zylinderförmige Schatulle glänzte im spärlichen Licht, das Schloss unscheinbar, aber gefährlich. Sie legte sie auf den Boden.
    Der Mann trat näher, beugte sich, strich mit den Fingern über das Edelmetall. „Ein schönes Stück. Kein Zufall, dass sie in deinen Händen liegt. Manche Dinge suchen sich ihren Besitzer.“
    „Und wenn ich sie nicht öffnen kann?“ fragte Ravia leise.
    „Dann bleibst du draußen.“
    Er richtete sich auf, verschränkte die Arme. „Das hier ist deine Prüfung. Kein Trick, keine Hilfe. Öffne die Schatulle – oder verlier den Schlüssel zur Stadt.“

    Ravia kniete sich hin. Die für gewöhnlich leichte Schatulle wog schwer in ihren Händen, das Schloss glatt und kalt. Sie hatte es schon oft angesehen, sich vorgestellt wie sie es öffnetet. Aber heute war anders. Heute würde sie es öffnen.
    Sie setzte den Dietrich an. Spürte die feinen Widerstände. Kein Klicken, kein Laut. Nur das Schweigen eines Schlosses, das nicht geöffnet werden wollte.
    Der erste Versuch scheiterte. Der zweite ebenso. Sie biss sich auf die Lippen, schmeckte Blut. Der dritte brachte ein leises Zittern, aber nicht genug.
    Sie atmete tief durch. Erinnerte sich an Babas Worte: „Willst du’s aufbrechen, oder willst du’s verdienen?“

    Verdienen. Also Geduld. Kein Zwang. Kein Druck. Sie ließ die Hand leichter werden, kaum mehr als ein Hauch. Spürte die winzigen Bewegungen, als ob das Metall selbst atmete. Dann, langsam, ganz langsam, gaben die ersten Stifte nach. Einer. Zwei. Drei.
    Ihr Herz schlug schneller. Der vierte Stift klemmte, weigerte sich. Sie hielt den Atem an, drehte den Dietrich nur einen Bruchteil. Da – ein leises, triumphierendes „Klack“.
    Die Schatulle sprang auf.

    Drinnen lag kein Gold, keine Edelsteine. Nur ein zusammengerolltes Pergament, mit rotem Wachs versiegelt. Darin eingeprägt: die Silhouette eines Schattenläufers, schlank, tief eingeschnitten, als wolle das Tier selbst gleich aus dem Siegel springen.
    Ravia starrte darauf. Ihre Finger zuckten, als wollten sie das Siegel sofort brechen, doch sie hielt inne. Das Wappen war ihr fremd. Kein Kaufmann, kein Reichssiegel, kein Zeichen der Piraten
    Sie nahm das Schreiben heraus, wog es in der Hand. Das Pergament war schwer, fast ölig, als hätte man es absichtlich behandelt, um es gegen die Feuchtigkeit der See zu schützen. Kein Hinweis, kein Name. Nur das Siegel.
    Ein Brief? Eine Botschaft? Für wen war es bestimmt?
    Langsam legte sie das Pergament zurück in die Schatulle und schloss sie wieder. Sie spürte, dass dies kein Teil der Prüfung war, sondern etwas anderes. Etwas, das weit außerhalb von Stewark stattfand.

    Der Mann nickte langsam. „Gut. Sehr gut. Du hast den Schlüssel gefunden.“
    Er machte eine kurze Geste, und der Jüngere schloss die Truhe wieder, nahm sie mit. Der Ältere trat näher, sah sie direkt an.
    „Morgen, wenn die Glocke das fünfte Mal schlägt, komm hierher zurück. Bring nichts außer deinen Händen. Dann wirst du sehen, was sich hinter der Tür verbirgt.“
    Ravia nickte und stand auf. Ihr Herz raste, doch sie ließ es sich nicht anmerken.
    Als sie den Speicher verließ, war die Sonne schon hinter den Dächern verschwunden. Die Gassen wirkten dunkler, die Stadt stiller.
    Sie hatte die Schatulle geöffnet. Endlich.
    Und sie wusste, dass der Schlüssel zu Stewark nun wirklich in ihren Händen lag – doch auch, dass jemand entschied, wie sie ihn einsetzen durfte.

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    Torwirtschaft

    Die Nacht hatte sich längst über Stewark gelegt, doch Ravia fand keinen Schlaf. Sie hatte sich in einer Taverne eingemietet, die man kaum so nennen konnte – ein altes Torhaus, dessen Bögen längst zugemauert waren, während darüber Balken knarrten, als hielten sie die Mauern nur aus Gewohnheit.
    Das Klientel war so gemischt wie das Bier: zwielichtig, aber nicht gefährlich. Männer mit rußverschmierten Händen, zwei Frauen, die Karten spielten, ein Söldner, der seinen Helm neben den Krug gelegt hatte. Niemand sah sie länger an, als es nötig war. Hier verschwand man in der Menge, und das war genau, was sie brauchte.
    Hinter der Theke bediente eine junge Blondine, deren Figur den Blick vieler Gäste fesselte. Gut gebaut, mit einer Oberweite, die kaum von ihrem Mieder gezähmt wurde, bewegte sie sich flink durch den Schankraum. Sie wusste genau, wie sehr ihre Rundungen Aufmerksamkeit erregten, und setzte das Lächeln auf, das halbe Versprechen, halber Spott war. Ein kicherndes Wort hier, ein Zwinkern dort – doch wenn eine Hand zu weit wanderte, fuhr sie blitzschnell zurück, der Ton kühl wie ein Dolch: „Finger weg, oder du trinkst dein Bier mit der anderen Hand.“

    Am großen Ofen, der in den hinteren Mauern eingelassen war, saß eine ältere Frau. Ihr graues Haar war zu einem lockeren Knoten gebunden, während sie stoisch in einem großen Eisentopf rührte, aus dem der Geruch von Eintopf und altem Rauch aufstieg. Manchmal sah sie zu den Gästen, ihre Augen wach, ohne neugierig zu sein.
    Daneben lag ein großer, zotteliger Hund, dessen Fell an einigen Stellen verfilzt war. Er schlief mit dem Kopf auf den Pfoten, doch die Ohren zuckten bei jedem Türschlag. Wenn jemand den Blick zu lange auf die Schankmagd richtete, knurrte er leise – ein Wächter, dessen Drohung genügte, ohne dass er aufstehen musste.
    Ravia hatte ein Zimmer im oberen Stockwerk bekommen, klein, schief, mit einem Bett, das eher einem Bretterverschlag glich. Doch es reichte. Hier war sie ungestört.

    Die Schatulle lag vor ihr. Offen. Das Pergament mit dem Schattenläufer-Siegel daneben. Sie starrte es an, als könnte der Blick allein das Wachs brechen. Doch sie rührte es nicht an. Zu oft schon hatte sie gelernt, dass manche Türen nicht geöffnet werden sollten, ehe man den Schlüssel in der Hand hielt.
    Ihre Finger trommelten über das Holz des Tisches. Unruhig. Rastlos. Das Siegel wirkte fast lebendig im Kerzenschein, der flackernde Schatten ließ die Umrisse des Tieres zucken wie Muskeln. Ein Sprung, und es würde sie verschlingen.
    Ein Brief. Aber nicht für mich. Für wen dann?

    Sie dachte an die Handelskogge, deren Deck sie damals betreten hatte. Blut, Schreie, das Krachen der Planken. Die Schatulle war dort in die Hände der Joka La Maji gefallen, ein weiteres Stück Beute unter vielen. Niemand hatte ihr Gewicht geahnt. Niemand außer ihr hatte sie behalten.
    „Ein Schatz ist nur so wertvoll wie der, der ihn zu deuten weiß“, hatte Baba einmal gesagt, wenn es um fremde Münzen oder alte Artefakte ging.
    Hätte er das Siegel sofort gebrochen, den Brief geöffnet?
    Ravia presste die Lippen aufeinander. Sie wusste es nicht. Und das war das Beunruhigende.
    Sie stand auf, trat zum schmalen Fenster, das über das Umland von Stewark hinausging. Nebel hing noch immer über den Felndern. Aber dahinter, zu ihrer Linken, glitzerte das Meer im Mondlicht.

    Zwei Tage. Zwei Tage hatte sie Pakko genannt. Und jetzt waren sie verstrichen.
    Ist die Joka La Maji schon unter Segeln? Hat Baba die Geduld verloren?
    Ein Knoten zog sich in ihrem Magen zusammen. Loyalität war alles, was sie hatte. Ohne sie war sie nichts. Sie hatte Baba versprochen zurückzukehren. Und doch stand sie hier, zwischen fremden Mauern, mit einem Siegel, das schwerer wog als jedes Versprechen.
    Sie stellte sich vor, wie die Segel im Wind knatterten, wie die Taue ächzten und das Deck unter den Schritten der Crew vibrierte. Pakko, der am Bug stand, die Augen gen Horizont, und Baba, dessen breiter Rücken das Steuer beherrschte. Ob er ihr glaubte, dass sie zurückkam? Ob er sie vermisste?

    „Mein Zuhause ist die See und mein Platz an deiner Seite“, hatte sie ihm einmal gesagt. Heute fühlte sich das wie eine Erinnerung aus einem anderen Leben an.
    Ihre Hand wanderte wieder zur Schatulle. Das Siegel blickte sie an, stumm, unbeirrbar. Wenn sie es brach, würde sie Antworten finden. Aber vielleicht auch Ketten, die schwerer waren als jedes Ruder.
    Sie setzte sich zurück auf das Bett, das Pergament auf dem Schoß. Schob den Daumen sacht über das Wachs. Es fühlte sich kalt an. Kein Geräusch, kein Widerstand. Nur die Entscheidung, die in ihren Händen lag.
    Wenn ich es öffne, verrate ich vielleicht, was nicht mir gehört. Wenn ich es verschließe, verrate ich vielleicht mich selbst.

    Sie legte den Brief zurück in die Schatulle, klappte den Deckel zu. Das leise Klacken, als sie das Schloss schloss, hallte länger in ihren Ohren nach, als es sollte.
    Die Flamme der Kerze flackerte, als habe jemand den Atem darüber ausgestoßen. Sie lauschte, doch niemand war da. Nur das Knurren des Hundes unten und das leise Klappern der Kelle im Eisentopf.
    Ihre Gedanken wanderten zurück zur Joka La Maji. Wenn Baba ausgelaufen war, würde sie ihn erst Wochen später wiedersehen – oder gar nicht. Vielleicht wartete er noch, nur aus Loyalität. Vielleicht aber auch nicht. Ein Schiff war kein Haus. Es wartete nicht, wenn das Meer rief.

    Und sie selbst? War sie noch Teil dieser Crew, wenn sie sich von fremden Siegeln fesseln ließ?
    Sie legte sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Das Pergament brannte in ihrer Vorstellung weiter, auch wenn die Schatulle geschlossen war. Der Schattenläufer sprang über ihre Gedanken, jedes Mal schneller, jedes Mal näher.
    „Eines Tages“, murmelte sie leise, „wird sich zeigen, ob ich dich hätte öffnen sollen.“
    Die Kerze erlosch. Dunkelheit füllte den Raum.
    Und Ravia wusste: Morgen musste sie zurück zum Speicher. Doch ein Teil von ihr wollte schon jetzt hinaus zum Meer, um zu sehen, ob am Horizont ein Segel zu erkennen war.

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    Das Schlüsselloch

    Der Morgen war grau und kühl, als hätte die Stadt beschlossen, sich hinter einem Schleier zu verstecken. Ravia verließ das Torhaus, den Kragen hochgeschlagen, die Schatulle tief in ihrer Tasche verborgen. Die Blondine hinter der Theke warf ihr noch ein augenzwinkerndes „Pass auf dich auf, Schätzchen“ hinterher, während der Hund nur träge brummte und die alte Frau wortlos in ihrem Eintopf rührte.
    Die Straßen waren feucht vom Nachtnebel, Kopfstein glänzte unter den Sohlen der wenigen Händler, die ihre Stände aufbauten. Niemand schenkte ihr mehr Aufmerksamkeit als nötig. Doch Ravia wusste: Augen gab es genug in Stewark, auch die unsichtbaren.
    Sie hielt sich am Südring, dort, wo die Mauern niedriger wirkten und der Speicher stand wie ein alter Wächter, den man vergessen hatte. Die Bretter an den Fenstern sahen morsch aus, die Balken krumm, als würden sie nur noch aus Gewohnheit stehen. Und doch lag etwas in der Luft, das ihr Nackenhaar aufrichtete.

    Vor der Tür war das Zeichen wieder da: Kreis, Punkt. Frisch eingeritzt, nicht älter als die Nacht.
    Ravia atmete tief durch, legte die Hand auf das Holz und drückte. Die Tür schwang ohne Widerstand auf.
    Drinnen war es kühl und still. Staub tanzte im Licht, das durch Spalten zwischen den Brettern fiel. Ein Geruch von altem Korn und Moder hing in der Luft. Ihre Schritte hallten dumpf auf den Holzdielen, als sie eintrat.
    „Du bist wiedergekommen.“

    Die Stimme kam aus der Dunkelheit, gelassen, aber mit einem Unterton von Prüfung. Es war derselbe Mann wie zuvor, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, die Haltung locker wie die eines Spielers, der die Karten längst kennt.
    „Du hättest auch gehen können“, fuhr er fort. „Zurück zum Strand. Zurück zu deinem Kapitän. Aber du bist hier.“
    „Vielleicht hab ich nur den Weg verloren“, entgegnete Ravia kühl.
    Ein trockenes Lachen. „In Stewark verliert man keinen Weg. Man findet die falschen.“

    Hinter ihm bewegte sich ein weiterer Schatten. Eine Frau, schlank, das Haar unter einem dunklen Tuch verborgen. Sie stellte eine Laterne auf einen Tisch, deren schwaches Licht den Raum erhellte. In der Mitte war ein grober Kreis aus Kreide auf den Boden gezogen.
    „Tritt ein“, sagte der Mann.
    Ravia zögerte. Ein Kreis war nie nur ein Kreis. Aber sie tat, was verlangt wurde, und stellte sich hinein.
    Die Frau reichte ihr ein Schloss – klein, kompliziert, mit einer Mechanik, die ihr sofort bekannt vorkam. Es erinnerte an die Schatulle.
    „Öffne.“

    Ravia kniete sich, setzte den Dietrich an. Das Schloss wehrte sich, der erste Stift klemmte, der zweite rutschte zurück. Sie zwang ihre Hände zur Ruhe, hörte auf das Metall, nicht auf ihr Herz. Dann klickte es. Offen.
    Die Frau nickte knapp, nahm das Schloss zurück. Der Mann trat näher. „Gut. Doch Schlösser sind nicht nur Eisen. Manchmal sind es Menschen. Manchmal Gelegenheiten. Weißt du, wann man sie aufbrechen muss – und wann man sie unverschlossen lässt?“
    „Wenn der Preis stimmt“, sagte Ravia.
    „Falsch.“ Seine Stimme war leise, aber schneidend. „Wenn die Konsequenzen stimmen.“

    Er musterte sie lange, dann machte er eine Geste. Die Frau trat an eine verborgene Tür am Ende des Speichers. Sie öffnete sie, und dahinter führte eine schmale Treppe nach unten. Der Geruch von kaltem Stein und Kerzenwachs stieg herauf.
    „Willkommen, Ravia“, sagte der Mann, „Ab hier gibt es kein Zurück, nur noch die Richtung, die du wählst.“
    Sie trat aus dem Kreis, ihre Stiefel knarrten auf dem Holz. Ihre Hand glitt unbewusst zur Tasche, wo die Schatulle lag. Niemand hatte sie darauf angesprochen – noch nicht. Aber sie wusste, dass sie nicht ewig verborgen bleiben konnte.

    Die Treppe war schmal, das Licht der Laterne reichte nur wenige Schritte weit. Doch unten öffnete sich der Raum: ein Gewölbe, verborgen unter dem Speicher. Tische, Kisten, an den Wänden Regale mit Büchern und Werkzeugen. Nur eine Gestalt wartete dort, halb im Halbdunkel gelehnt, die Arme locker verschränkt.
    „Na endlich“, sagte er und trat ins Licht. Ein schmales Gesicht mit spitzen Zügen, Wangenknochen scharf wie Messer, das Haar dunkel und strähnig, als hätte er es noch nie gezähmt. Seine Augen wirkten zu wach, um je zur Ruhe zu kommen. Er hob das Kinn und machte eine eigenartige Bewegung: zweimal kurz nicken, eine kleine Pause, dann einmal langsam.
    Ravia blinzelte irritiert, verstand nicht sofort – ahmte die Geste dann nach, unsicher, doch er schien zufrieden.
    „Gut“, murmelte er, „Dann weißt du jetzt, wie man sich hier erkennt. Elrik. Manche nennen mich die Ratte, aber das ist mir egal, solange ich schneller renne als die Hunde.“
    Ein schiefes Grinsen zeigte unregelmäßige Zähne.
    „Gerüchte, Gassen, Leute, die zu viel reden – das ist mein Feld.“
    Seine Hände flatterten leicht beim Sprechen, als könnten sie Stille nicht ertragen.

    Hinter ihr waren die beiden anderen inzwischen ebenfalls heruntergekommen.
    Der Mann mit der Kapuze zog diese zurück. Darunter kam ein kantiges Gesicht zum Vorschein, wettergegerbt, die Stirn von tiefen Falten durchzogen. Sein Haar war grau durchsetzt, aber kurz geschnitten, der Bart stoppelig. Breite Hände, schwielig, rußgeschwärzt, hingen an seinen Seiten, als seien sie Werkzeuge wie seine Dietriche.
    „Sivo“, sagte er knapp, „Schlösser, Riegel, Mechanismen. Alles, was sich verschließt, mach ich auf. Alles, was offen steht, mach ich dicht.“
    Seine Stimme war so rau wie ein Schlüssel, der zu oft gedreht wurde.
    Die Frau neben ihm trat einen Schritt ins Licht. Das dunkle Tuch ließ ihr Gesicht streng erscheinen, doch die Haut darunter war hell, von feinen Fältchen an den Mundwinkeln gezeichnet. Ihr Haar, das unter dem Stoff hervorlugte, war schwarz mit vereinzelten silbernen Strähnen. An ihren Fingern klebten Tintenflecken, und eine feine Gänsekielspitze steckte noch hinter ihrem Ohr.
    „Alira“, sagte sie ruhig, „Schreiben, Siegel, Marken. Wenn du ein Dokument brauchst, das echt aussieht, oder einen Namen, der hält, dann kommst du zu mir.“
    Ihre Stimme war klar, ohne Zögern, fast wie das Verlesen eines Eintrags, und ihre dunklen Augen wirkten, als würden sie jedes Wort prüfen. Nun richteten sich alle drei Blicke auf Ravia. Schweigen, schwer wie Ketten.

    Sie hob das Kinn, erwiderte das eben erlernte Zeichen zögernd und sagte: „Ravia. Piratin, Diebin, Händlerin. Ich finde, was andere verstecken – und weiß, wem ich’s gebe.“
    Elrik lachte leise, Sivo nickte kaum merklich, und Alira neigte den Kopf, als habe sie den Namen bereits in ein unsichtbares Buch eingetragen.
    Die Tür hat sich geöffnet. Aber ob ich eintreten darf, das entscheiden sie – oder ich selbst.
    Ein Moment der Stille hing in der Luft. Dann trat Sivo vor, legte ihr kurz die Hand auf die Schulter.
    „Willkommen im Schlüsselloch, Diebin. Mach dich nützlich, und die Stadt wird sich dir öffnen.“
    Ravia atmete flach. Hinter ihrer Brust spannte sich ein Netz aus Furcht, Ehrgeiz und Loyalität, das bald reißen oder stärker werden würde.
    Sie war in Stewark angekommen. Endlich.
    Geändert von Ravia (23.09.2025 um 02:10 Uhr)

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    Alberichs Schmiede

    Die Mauern von Stewark waren noch dieselben. Grau, kantig, leicht bröckelnd – wie der Kater eines alten Kriegers, der den Kampf nie ganz aufgegeben hatte. Isidor streifte sich den Staub der Reise von der Schulter, während er an den Wachen vorbeischlenderte. Ein Nicken genügte. Man kannte sich inzwischen. Wenig Worte, viele Blicke.
    Der Weg zur Schmiede war vertraut. Die Stiefel fanden von allein die losen Pflastersteine, und der Geruch von heißem Eisen hing wie immer zwischen den Gassen – ein Geruch, der ihm lieber war als das Parfüm so mancher feinen Dame.
    Kaum dass er die Tür aufdrückte, schlug ihm Hitze entgegen. Nicht die flirrende, lähmende des Südens, sondern ehrliche Werkstattwärme. Schweiß, Glut, Metall. Und eine Stimme, die ihn sofort auf den Boden der Tatsachen zurückholte:
    „Da ist er ja. Der verlorene Sohn.“

    Alberichs Stirn glänzte vom Ruß, und der Hammer in seiner Hand ruhte gerade lang genug, um Isidor zu mustern.
    „War schön in der Wildnis? Oder hat der Wald dich endlich erzogen?“
    Isidor hob eine Braue, stellte seinen Rucksack ab und streckte den Rücken durch, wobei es ihm in der Schulter knackte.
    „Hab mit Bäumen gesprochen. Waren gesprächiger als du am frühen Morgen.“
    „Dann wirst du dich über dein nächstes Projekt freuen“, brummte Alberich, ignorierte den Kommentar mit einer Miene, die irgendwo zwischen Missbilligung und stummer Zufriedenheit lag.

    Elara trat gerade aus dem Hinterraum, in der Hand ein Stück Leder, das sie gerade bearbeitete. Sie warf ihm ein Lächeln zu, gewinnend und freudig..
    „Willkommen zurück. Du riechst nach feuchtem Waldboden.“
    „Ist mein neues Rasierwasser“, grinste Isidor und erwiderte ihren Blick für einen Moment. Dann wandte er sich dem Amboss zu – und dem, was dort auf ihn wartete.
    Ein halbfertiger Brustharnisch. Stabil, aber noch roh. Die Ränder mussten verschliffen, das Metall abgekühlt, dann wieder erhitzt und gebogen werden.
    Er sog die Luft durch die Zähne.

    „Alberich … das ist Arbeit für zwei.“
    „Dann fang besser doppelt so schnell an.“
    Isidor lachte trocken, griff sich die Schürze von der Wand und band sie sich um.
    Da war kein Willkommen, keine Umarmung. Aber das war auch nicht nötig. Die Glut war warm, das Eisen willig, und der Rhythmus des Hammers würde die Gedanken vertreiben – zumindest für ein paar Stunden.
    „Na dann … zurück an die Front.“
    Er spuckte sich in die Hände und packte das Werkzeug.
    Die Schmiede empfing ihn, wie sie es immer getan hatte: wortlos, fordernd, ehrlich.
    Und Isidor tat, was er am besten konnte – er arbeitete.

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    Die Arme der hochgewachsenen Blondine schmerzten vor Anstrengung, wenngleich dies aber eher von einem Mangel an Übung kam. Die alten Schinderinnen in der Ordensburg hatten für allerlei Verstöße oder falschen Blicke Liegestütze als Bestrafung gewählt. Oft zu viel. Selten war es einer von ihnen darum gegangen, etwas zu bewirken, vielmehr handelte es sich um eine wunderbare Kollektivstrafe. Die ganze Gruppe knechten, weil eine Schwester aus der Reihe getanzt war. Der Fehler war danach nie wieder gemacht worden, da die ausgelaugten Jugendlichen sich das eine, in dem Moment schwache Glied der Kette geschnappt und ordentlich vertrimmt hatten. Es hatte durchaus seine Gründe, warum Meve hart im Nehmen war. Nun, vorausgesetzt es geschah nicht durch irgendwelche grauhaarigen Arschlöcher, denen man die Aufnahme von Neulingen in der Akademie anvertraut hatte.
    Da hat die Scham am meisten geschmerzt, mehr nicht.
    Gerne redete sie sich das ein. Sie schlief dadurch besser, auf einem Lügenschiff aus Wolken in den Traum treibend.

    „Hörst du das?“, fragte Sarenya, als sich die Atmung der Blonden beruhigt hatte. Die sah sich fragend und suchend um.
    Die Sturmkrähe grinste böse. „Nichts, siehst du. Du hältst endlich die vorlaute Klappe.“
    Die trotzige Erwiderung schluckend, sah Meve die kleinere Frau nur an. Eindruck machte es jedenfalls nicht, so viel war klar. Plötzlich zuckte Sarenyas Kopf in Richtung Inland, hin zu dem Hof von Dalah. Meve lauschte ebenfalls, das Haupt schräg haltend.
    „Kampflärm“, murmelte sie laut genug, dass die Sturmkrähe es hörte. Sie wandte sich ihr zu und schien einen Augenblick lang zu überlegen, ob Meve ein Hindernis sein würde oder nicht.
    „Für Ethorn, für die Akademie!“, hörte sie schrille Schreie, die aus unartikuliertem, mitunter panischem Getöse zu hören waren.
    „Scheiße!“, fluchte Sarenya, „verdammte Scheiße nochmal.“
    Meve lächelte kalt. „Was ist, Sarenya? Scheinbar hat man in Ste-“
    Ehe sie weiterkam, lag die Hünin am Boden. Der Speer flog davon. Der Säbel der Frau war auf ihre Kehle gerichtet. „Du hältst jetzt dein Maul, Meve. Hoch mit dir. Schön langsam. Du gehst vor mir. Ich habe dich nicht gerne im Rücken, nicht jetzt.“
    Meve bleckte die Zähne. „Na und?“, knurrte sie, „Ihr habt verloren, ihr dummen Miststücke.“
    „Noch ein Wort, Titanenkind, und ich lasse dich dein Leben an diesem Strand ausbluten.“
    So sehr sich Meve auch wünschte, den trotzigen Mut einer Heldin aufbringen zu können, so sehr hing sie an ihrem Leben, war Mensch, Feigling, hatte Angst vor Schmerz und dem Tod. Tränen füllten ihre Augen. Sie schluckte den Felsbrocken, der ihre Kehle verengte.
    Stand auf. Ließ sich mit der Säbelspitze im Rücken wissend den Weg entlang treiben.
    Feige.

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    Die Akademie

    Der Wind roch nach Salz und altem Stein, als Isidor vor dem Tor der Akademie stehen blieb. Die rechte Hand am Riemen seines Rucksacks, der Bogen auf dem Rücken, die Schultern noch schwer vom Vortag am Amboss. Meister Alberich war nicht gnädig gewesen, nachdem er von seinem Vorhaben erfahren hatte, tatsächlich bei der Akademie vorstellig zu werden. Er blies einen Atemzug aus, der mehr war als Luft—ein Rest von gut gemeinten Ratschlägen seines Lehrers und Anweisungen seines Auftraggebers, die in den Muskeln stecken geblieben waren.
    „Anliegen?“ Der Torwächter klang, als hätten ihm drei Männer am Morgen bereits belogen.
    „Aufnahme in der Akademie“, erwiderte Isidor und legte so viel Selbstbewusstsein in seine Worte und Haltung, wie er aufbringen konnte, „Isidor. Rüstungsschmied. Bogenschütze in Ausbildung.“
    „In Ausbildung?“ Der Mann verzog den Mund. „Dann bist du hier richtig. Oder falsch. Je nachdem. Wir brauchen Leute, die was können und nicht erst noch laufen lernen müssen.“
    Er winkte einen jüngeren Wächter heran. „Bring ihn zum Schießstand. Und—“ sein Blick glitt über die Brandnarben an Isidors Hals „—sag wachhabenden Klinge dort, der Kandidat hat Schleifspuren, aber die Augen sind wach.“

    Der junge Wächter führte Isidor durch den weitläufigen steinernen Raum, den er bereits bei seinem ersten Besuch hier durchquerte. Gedämpfter Klingenlärm vibrierte war zu hören, Stahl auf Stahl, Fluchen, das kurze, scharfe Atmen jener, die lernten, wie man nicht starb. Die Akademie war kein Palast—sie war ein Mühlstein. Und heute sollte er geprüft werden, ob er drehte oder zerbrach.
    Am Schießstand, hinter einer der Türen, die er beim letzten Mal nicht durchschritten hatte, roch es nach gewachster Sehne und Staub. Aufgestellte Strohscheiben, dahinter Holz, dahinter eine weitere steinerne Wand. Wind. Natürlich Wind. Aber woher? Isidor musste lächeln, ganz schmal. Der Raum schien an mindestens zwei der Außenseiten des Gebäudes gelegen zu sein, denn die Wände hatten bewusste – oder nachträglich hinzugefügte, Schlitze wie Schießscharten, durch die nun die Meeresbrise heulte.
    „Irgendwas lustig?“
    Der junge Wachmann schnaubte.
    „Da vorne steht Caradoc. Er übernimmt derzeit die Aufsicht am Schießstand.“
    Isidor folgte dem Handzeichen des Wächters zu einem dunkelhaarigen, miesgelaunt dreinschauenden Mann, der sich mehr die Beine in den Bauch zu stehen schien, als wirklich zu beobachten, was am Schießstand geschah.

    „Neuer Anwärter, Caradoc!“, holte der junge Kerl den Aufseher aus seiner Wachstarre.
    Der Angesprochen wirkte alles andere als begeistert, stapfte jedoch zu ihnen, wobei er den Schmiedegesellen von Scheitel bis Sohle zu mustern schien und mit seinem Blick keinen Hehl daraus machte, was er von Frischfleisch hielt
    „Eigener Bogen?“, fragte besagter Caradoc, als er für sein Dafürhalten nah genug herangekommen war.
    „Nicht der beste. Aber ehrlich.“ Isidor legte die Hand an den Griff, fühlte den kleinen Splitter am Holz. „Wir kennen einander.“
    „Gut. Drei Distanzen.“
    Caradoc deutete: „Zwanzig. Vierzig. Sechzig. Je zwei Pfeile. Keine Sekundenorgien beim Zielen. Atem, Zug, Los“, sein Mundwinkel zuckte, „Und wenn du denkst, du brauchst Glück: nimm weniger davon und mehr Haltung.“

    Isidor nickte, nahm die Schürze im Geist ab und legte sie stattdessen als Ruhe über seine Schultern. Die Finger fanden die Sehne. Markierung. Einatmen. Halten. Aus. Der erste Pfeil ging wie ein Gruß: Zwanzig Schritt, sauber in die Mitte. Der zweite stand knapp daneben. Ein guter Anfang. Kein Geschenk.
    Vierzig. Der Wind nahm sich das Wort. Isidor senkte den Bogen, wartete auf die Lücke, die manchmal zwischen zwei Böen liegt wie Stille zwischen zwei Hämmern.
    Jetzt.
    Der Pfeil riss etwas seitlich, blieb aber im inneren Ring. Der nächste lag tiefer. Er kniff ein Auge, schob die Zunge an den Gaumen.
    Nicht zu viel Kraft...
    Beim Schweißen von zwei Platten jagte man Hitze auch nicht: man gab ihr Raum.
    Sechzig. Da, wo die Pfeile gern zu Vögeln werden und die Ziele noch kleiner wirkten. Er hörte Caradoc nicht hinter sich; das Schweigen war Prüfung genug. Isidor holte tiefer Luft, erinnerte sich an Armonds Kohlestift auf der Sehne, als wäre er ein heiliger Faden. Der Schuss brach – flog – hing. Traf. Kein Mittelpunkt, aber ein ehrlicher, fester Einschlag im Holz. Der letzte Pfeil vibrierte zu lange in seiner Hand.
    Nicht gierig werden.
    Los. Er strich die Kante des Rings. Aufhalten würde das niemanden, aber es war kein Versagen.

    „Hrm“, Caradoc trat vor, prüfte nicht die Scheiben, sondern Isidors Gesicht.
    „Du schaust direkt nach dem Schuss dahin, wo der Pfeil hinfliegen wird, weil du weißt, wann der Fehler passiert ist. Weniger, und Kuran hier hätte dich wieder rausbringen können. Aber es ist besser, wenn du gut genug bist, damit du nicht hinterherschauen musst, um dich zu vergewissern. Sei dir sicher, dass jeder Schuss trifft, sonst bist du zu langsam, wenn es drauf ankommt.“
    „Ver…standen.“
    Das waren mehr Worte am Stück, als Isidor von diesem Mann in einer Woche erwartet hätte, nicht unähnlich zu Meister Alberich.
    Isidor ließ die Sehne behutsam leer laufen, kein trockener Schuss.
    „Der Wind hat mir den zweiten Sechziger angeknabbert.“
    „Der Wind frisst die, die zu viel Meinung und zu wenig Methode im Arm haben.“
    Caradocs Stirn blieb glatt.
    „Ich stelle dich dem Leiter vor. Im Moment dürfen wir nicht wählerisch sein. Und—“ er warf Isidor einen Lederriemen zu „—bind den Griff. Splitter im Finger versauen immer den wichtigsten Schuss.“

    Der Gang zu den Räumlichkeiten des Leiters kannte er noch. Doch war er ihm beim letzten Mal lang vorgekommen, wirkte er jetzt viel zu kurz. Man wartete nicht auf ihn—der Leiter ließ warten. Zwei Aspiranten kamen bleich heraus, an der Tür stand ein Schreiber mit Tinte am Finger. Als Isidor aufgerufen wurde, roch der Raum nach Papier, Metall und einem Rest Regen, den die letzten Tage mit sich geführt hatten. Ein Mann stand am Fenster, Hände auf dem Rücken, Profil wie aus Basalt. Doch es war nicht derselbe, wie beim letzten Mal.
    „Aspirant Isidor.“
    Keine Frage, eine Feststellung, gelesen von einem Blatt Pergament, welches ihm der Schreiber nach einem kurzen Gespräch mit dem Wächter, der Isidor bis hierher begleitet hatte und nun wieder an seinen Posten gegangen war, hereingebracht hatte.
    „Ja, Herr.“
    „Bogen solide. Trefferbild streuend auf sechzig, kontrolliert auf vierzig. Zwanzig ohne Mätzchen.“
    Der Akademieleiter drehte sich um. Die Augen waren ruhiger als alle Stimmen im Hof. Intensiver und strenger, als die des Mannes, den Isidor beim letzten Mal hier angetroffen hatte. Aber auch ehrlicher.
    „Dein Handwerk?“
    „Rüstungsschmied. In Meister Alberichs Rüstungsschmiede.“
    Isidor hob seine Hände, um einen Beweis seiner Arbeit zu liefern, die Narben wie Karten einer alten Schlacht.
    „Ich kann Nieten blind setzen und scharfe Kanten so machen, dass sie nicht scheuern.“
    „Und trinken“, ein kaum sichtbarer Zug um Lees Mund, „Man sieht es dir an. Kein Saufen heute, aber alte Wege. Wir schneiden alte Wege hier ab.“
    Er trat näher.
    „Warum hier?“

    Isidor spürte, wie die Antwort in ihm zwei Zungen hatte—eine lange, dunkle, und eine kurze, helle. Er nahm die kurze, die trotzdem Wahrheit war.
    „Weil ich lernen will, wie man richtig kämpft. Nicht nur stark. Richtig.“
    „Kampf um des Kämpfens willen, ist kein guter Grund“, hob der Leiter eine Braue.
    „Es…“, setzte der Schmiedegeselle an und wie schon zuvor, wenn er versucht war zu lügen – weil Spione das so machten – entschied er sich für die Wahrheit, „Es ist so, Herr, dass ich einst Bürger des myrtanischen Reichs war, doch durch Schicksalswendungen und Enttäuschung hier gelandet bin. Und bevor ich mir erneut ein Heim ungestraft entreißen lasse, will ich dafür kämpfen können.“

    Ein Herzschlag lang Stille. Dann nickte der ergraute Mann.
    „Aspirant“, fiel das Wort wie ein Siegel, „Unterkunft im Nebengebäude, Stube dreizehn. Du meldest dich bei Meister Jooran für den einhändigen Kampf und grundlegende Taktik. Bogen behältst du, Pfeile holst du dir in der Rüstkammer. In der Schmiede kannst du abends zwei Stunden helfen—wenn Jooran dich laufen lässt. Sie kommt nicht an die von Alberich ran, aber muss trotzdem befeuert werden. Du bist hier, solange du lernst. Wer nur ist, fliegt.“
    Isidor atmete aus. „Verstanden.“
    Draußen im Gang lehnte Isidor kurz die Stirn an kühlen Stein. Er hätte jetzt gern seine Pfeife. Stattdessen band er den Griff seines Bogens mit dem Lederriemen fester.
    „Richtig, nicht stark“, murmelte er, und da war dieses kurze, trotzige Lächeln, das manchmal kam, wenn das Leben ihn nicht völlig im Griff hatte, „Na dann, Meister Jooran. Zeig mir, wie man nicht bricht.“

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    Provinzheld Avatar von Die Klingen
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    Klinge Lyva - Tiberons Ausbildungstrupp - Stewarker Umland, nahe Dalahs Gehöft, Bucht

    Lyvas Herz schlug so sehr in ihrer Brust, dass sie befürchtete, nach der Rückkehr in die Akademie von den Rüstungsschmieden eine Standpauke zu bekommen, was ihr einfiele, ihre Machwerke zu beschädigen. Sie lief geduckt hinter Meister Tiberon her, der mit zusammengepressten Lippen und dem fiebrigen Blick eines wahrhaft Ehrgeizigen die kleine Truppe zur Bucht führte. In der Ferne konnte die junge Klinge das Schiff der Sturmkrähen sehen, ein dunkles Ungetüm, schnittig wie ein finsterer Blitz.

    Der Meister ließ sie am Rande der grasbewachsenen Erhebung vor der Bucht anhalten, bedeutete ihnen, sich hinzuknien und dabei in eine Reihe aufzufächern, dann legte er sich flach zu Boden und robbte trotz Rüstzeug voran, ehe er den Scheitelpunkt der Düne erreicht hatte. Er spähte durch das aufziehende Dunkel der Nacht, während Lyva ihn von der Seite beobachtete. Das, was sie in seinen Augen erkannte, gefiel ihr nicht. Es war ein Hunger. Nach Ruhm, nach Wiedergutmachung einer Schmach, die ihm das Schicksal verpasst hatte.
    Die er selber zu verantworten hat. Nicht das Schicksal. Er.

    „Da, zwei dieser Weiber!“, zischte Tiberon und knirschte mit den Zähnen. „Die töten wir zuerst.“
    „Herr“, Lyva schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, „sollten wir sie nicht gefangen nehmen? Verhören und dann nach Stewark bringen, um sie einzukerkern.“
    Der Kopf des Meisters fuhr herum und selbst im Dunkeln schien es, als blitzten seine Augen zornig und Gewalt versprechend.
    „Höre ich da Feigheit, Klinge?“, fragte er gefährlich ruhig.
    „Nein, Herr. Töten, Herr, verstanden.“
    Treya – die zweite weibliche Klinge – und die beiden Aspiranten namens Samal und Jerec schluckten hörbar. Letzterem entfuhr sogar ein Geräusch, das fast an ein Würgen erinnerte. Lyva hörte Tiberons halb unterdrückten Fluch, als sie sich erhoben und mit ihm in der Mitte die Erhebung gen Bucht hinabhuschten wie die Schatten von Vögeln an einem Sonnentag. Je näher sie kam, desto mehr konnte Lyva die Gestalten erkennen. Eine war unheimlich groß und war unbewaffnet, die andere kleiner, untersetzter, dafür gerüstet und bewaffnet.
    Kurz bevor Akademiker zuschlagen konnten, brach aus Richtung des Hofes eine wilde Kakophonie los. Schreie, Kampfrufe, Waffengeklirr. Schrilles Kreischen, dass einem das Blut in den Adern gefror.
    Schreie im Todeskampf, dachte ein Teil der jungen Klinge kühl, während ihr die Galle im Hals zu brodeln schien. Die gerüstete und bewaffnete Frau – denn beide Gestalten waren weiblich – beschleunigte ihre Schritte, trieb die andere leise schimpfend vor sich her. Ein Stück Treibholz zu Samals Füßen, welches unter dem Gewicht des Mannes zerbrach, ließ die Krähe herumwirbeln. Sie griff sich mit der Linken an die Hüfte, zog etwas und warf es in einer geschmeidigen Bewegung. Dabei so schnell und zielsicher wie die lauernde Viper. Samal ging mit einem Gurgeln zu Boden, der silbrige Schatten des Wurfmessers im Dunkeln gut zu sehen. Er bedeckte sich mehr und mehr, verdunkelte sich, befleckt mit dem Blut aus dem zerfetzten Kehlkopf des Aspiranten. Ein letztes ächzendes Stöhnen und der junge Mann, der gerade den ersten Pflaum überm Kinn hatte und der über die derben Witze der älteren Akademiker nervös gelacht hatte, war tot.
    Lyva schrie, Treya und Jerec ebenfalls. Nur Tiberon war kalte Effizienz. Er sprang zu der Sturmkrähe, die seinen Schwerthieb mühelos ablenkte und so parierte, nachreiste und ihm direkt den Schwung der Offensive nahm und ihn in die Defensive zwang. Die größere Gestalt – blond und zopftragend – wollte sich rücklings auf die Krähe stürzen. Jene sah es aus dem Augenwinkel, stieß Tiberon mit der Klinge zurück, dass er auf dem vom letzten Regenschauer feuchten Küstengras ins Rutschen geriet, wandte sich halb um und trat der größeren Frau ohne viel Federlesen in den Unterleib, dass diese schluchzend zurücktaumelte und sich den Bauch hielt.
    Jerec schien nicht zu bemerken, dass die Getroffene wohl ebenso Grund hatte, gegen die Krähe zu sein und stürzte sich mit einer festgefrorenen, angsterfüllten Miene auf sie. Trotz den Tränen in den Augen richtete sich die Frau auf, wich dem Stich Jerecs aus und ließ diesen ins Leere laufen. Dann nutzte sie ihre Größe und stieß ihn einfach um, dass er mit Wucht im Kies landete, der hier an der Grenze zwischen Bucht und Grasland lag. Sie trat ihm in die Seite, ehe sie sich herumwandte, als Lyva auf sie zu trat. Treya stand unschlüssig da, das Schwert in der Hand und sah dem Kräftemessen zwischen Tiberon und der Krähe zu.
    Plötzlich die schreiende Stimme einer Frau: „Tööööchter, Sturmkrähen, zuuu miiiiiir!“
    Dies schien die Korsarin einen Augenblick aus dem Konzept zu bringen. Die Ablenkung nutzte Tiberon, entwaffnete sie und schlug ihr ohne viel Federlesen kräftig ins Gesicht, dass sie wie ein Sack zu Boden ging. Gerade wollte er nachsetzen und es zu Ende bringen, als ein weiterer Schrei ertönte.
    „Meeeister, Hiiiilfe!“
    „Unfähige Arschlöcher!“, brüllte Tiberon, packte Treya und stieß sie unwirsch in Richtung Gehöft. Jerec bekam einen weiteren Tritt, ehe er grob aufgerichtet wurde. Er stammelte etwas und eine schallende Ohrfeige bewegte ihn ebenso in die gewünschte Richtung. Die große Frau ignorierte er, da unbewaffnet.
    Mit offener, wutgetränkter Verachtung sah der Meister zu Lyva.
    „Bewache die beiden Schlampen, Klinge. Steht die Krähe auf, töte sie. Muckt das Ogermädel, stich sie ab. Verstanden?“
    Lyva versuchte etwas zu sagen.
    „Dreckiges Pack“, zischte Tiberon nur voller Hass und setzte Treya und Jerec nach. Lyva wandte sich um, das Schwert zitterte in ihrer Hand. Sie setzte die Klinge auf die Stelle auf der Brust, an der – unter dem Leder – das Herz lag. Ihr Blick ging zu der Großen.
    „Eine falsche Bewegung und ich bringe sie um.“, drohte sie, obwohl ihr im selben Augenblick klar wurde, dass die Frau und sie auf der gleichen Seite standen.
    „Du dämliche Ziege!“, schrie die Blonde, „Ich bin eine von euch! Aus Stewark!“
    Und da erkannte Lyva die Züge. Es war das dreiste Mädel gewesen, welches von Tiberon aufs Maul bekommen hatte. Eine Lektion in Sachen Hochmut.
    Plötzlich war sich Lyva nicht mehr so sicher, ob sie wirklich auf einer Seite standen. Vor allem, als sie merkte, wie sich die Größere versteifte.
    „Du“, sagte sie nur, „ich kenne dich.“

    Meve

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    Die Stimme und das Gesicht hatten sich Meve eingebrannt, wenngleich ihre Augen sie damals nur durch einen Tränenschleier und die Glocke von Scham und Erniedrigung, die über ihren Ohren gelegen hatte, wahrgenommen hatte. Es war die Aspirantin gewesen, der weibliche Rohling, der sie mit einem anderen Rekruten der Akademie aus der Arena bugsiert und dort vor dem Eingang in den Dreck geschmissen hatten, garniert mit einem Spruch voller Verachtung.
    Meve konnte sie fehlerfrei wiedergeben, selbst wenn wahrscheinlich fast zwei Jahre seitdem vergangen waren: Es erfordert entweder unglaublichen Mut oder grenzenlose Dummheit, um Tiberon herauszufordern. Bei dir ist es grenzenlose Dummheit, ihn auch noch zu beleidigen. Du willst der Akademie beitreten? Den Traum kannst du vergessen.
    Kalte Wut stieg in Meve auf. Als sie den gerüsteten Mann niedergestoßen hatte, der von Tiberon – also hatte sie ihn im Dunkel wohl doch recht erkannt – wie ein Leibeigener getreten und geschubst wurde, war sie einfach zornig gewesen. Beim Anblick der Frau im Rüstzeug der Klingen hingegen, bemächtigte sich eine berechnende, kühle Verachtung ihres Wesens. Die Klinge ihrerseits schien mit der ganzen Situation heillos überfordert, blickte von der Hünin zu der keuchenden Sarenya am Boden und zu dem Jüngling mit dem Wurfmesser in der Kehle, der blicklos die Augen in den Nachthimmel und die Sterne gerichtet hatte.
    „Du Schlampe“, zischte die Frau von der Akademie, nachdem sie ihrerseits vom Toten zur Krähe geschaut hatte. „Du hast ihn getötet.“
    Sarenyas Lächeln war blutverschmiert, aber ehrlich. „Selbst schuld, wenn ihr Argaaner Welpen in den Kampf führt. Denen wird genauso der Pelz abgezogen wie den großen Wölfen.“
    „Sarenya, halt einfach deine Klappe“, Meve trat zu der liegenden Sturmkrähe. „Du … nein, ihr habt verloren.“
    „Bist du dir sicher, Titanenkind?“, fragte sie spöttisch.
    „War es nicht deine Anführerin, die dort gerufen hat?“, war die Gegenfrage aus der Position der vermeintlichen Siegerin, auch wenn Meve freilich wenig zu dem Ausgang beigetragen hatte. Sarenya schwieg eisern und schloss die Augen, wie um ihre ehemalige Gefangene und die Klinge auszublenden.
    Letztere sah Meve an. „Du kennst die Krähe?“, fragte sie trocken.
    „Ja. Ich …“
    „Verräterin“, murmelte sie. Die Hünin sah, wie der Schwertarm zitterte. Bald würde Sarenya etwas versuchen, so viel war ihr klar. Sie wartete auf einen Moment der Schwäche, der Unachtsamkeit, der Überheblichkeit … und würde es zu ihrem Vorteil nutzen. Und dann würde die Klinge ihr Leben lassen, ebenso wie Meve.
    „Wie bitte?“, Meve baute sich vor der kleineren Klinge auf. „Wie hast du mich gerade genannt?“
    „Na, es ist doch offensichtlich: Meister Tiberon verpasst dir eine verdiente Abreibung. Du ziehst den Schwanz ein, läufst davon und schließt dich den Sturmkrähen an. Und dann fallt ihr hier ein.“ Sie spuckte aus. „Tiberon hätte dich aufschlitzen oder dir den Hals brechen sollen, wie einem verkrüppelten Köter.“
    „Du dämliche Pute“, Meves Stimme war kalt und gefährlich flach, „Du idiotische Kuh. Ich bin selbst Gefangene dieser Weiber gewesen. Trage ich ihre Rüstung? Renne ich so rum? Habe ich eine Waffe in der Hand? Ich habe euch geholfen, du Kackbratze, kapier es endlich!“
    „Meister …“
    „Ich scheiße auf Tiberon!“, schrie Meve und explodierte förmlich, „Soll er sich die Krätze holen oder beim Kacken vom Blitz getroffen werden! Ich scheiße auf ihn und auf dich und die ganze beschissene Akademie!“
    Sie sprang vor, packte die Klinge am Kragen. „Die Krähen haben da oben eine Bäuerin und ihre Tochter gefangen genommen, Menschen, die mir am Herzen liegen, weil sie mir ein Heim geboten haben.“
    „Ich … aber …“
    „Halt’s Maul!“, fuhr ihr Meve dazwischen, „Die Krähen haben uns überfallen, den Knecht des Hofes erschlagen und wollten die Bäuerin – Dalah – und mich … prüfen, wie sie’s nennen. Schauen, ob wir entweder zur Freibeuterin oder Arbeitskraft taugen. Das Kind haben sie auf das Schiff gebracht. Es soll … eine von ihnen werden, so machen sie’s von klein auf mit geraubten Mädchen!“
    Sarenya öffnete ein Auge. „Sie hat recht“, stimmte die Sturmkrähe Meve zu. Ohne Spott, ohne Arroganz. Sondern erfüllt von schmerzender Bitterkeit. „Ich habe es selbst erlebt. Mir ist’s widerfahren. Ich war … eine einfache Frau, ehe sie mein Dorf überfielen. Meinen Mann spickten sie mit Pfeilen, mich und … Tilly … nahmen sie mit. Ich wurde geprüft und konnte mich durchsetzen. Wurde einen von ihnen. T-Tilly … ich sah sie nie wieder. Wahrscheinlich mordet sie genauso wie alle anderen unseres Volkes, eine gedankenlose Anhängerin Il-Kaithes, der Großen Krähe des Sturms …“
    Die Klinge sah von Meve zu Sarenya, schluckte schwer. „Ich …“
    Meve zischte böse, lief ein Stück den Weg zur Bucht zurück und ignorierte den warnenden, aber schwachen Ruf der Akademikerin. Sie hob ihren Speer auf, lief zu Sarenyas Säbel und steckte sich ihn ebenfalls in den Gürtel.
    „Hoch mit dir, Sarenya“, befahl sie, sah dann zur Klinge. „Du bewachst sie. Schwertspitze in den Rücken. Wir gehen zum Hof. Adanos verfluche mich, wenn ich Dalah und Kaja nicht retten kann.“
    „Wer hat dir …“
    Meve wirbelte herum, den Speer angriffsbereit in den Händen. Der Stand war so, wie Sarenya ihn ihr eingetrichtert hatte, die Spitze bebte nicht ein Stück. Die Überraschung der Klinge wäre ihr Todesurteil gewesen, hätte Meve in der Bewegung sofort zugestochen.
    „Wollen wir das jetzt ausdiskutieren, blöde Göre?“, revanchierte sich Meve verbal für die damaligen Worte, „Es braucht Dummheit oder Mut, in der Situation so eine Scheiße von sich zu geben. Ich halte dich nicht für so dumm wie Tiberon … und ebenso wenig für mutig. Also halt den Rand und los!“

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    Jeanne

    Jeanne hockte auf dem steilen Dach und verfolgte Schritte einer Person, die in der Dämmerung eine Gasse entlangschlich. Diese Person versuchte ebenso wie Jeanne selbst nicht entdeckt zu werden, wenngleich Jeanne erfolgreicher war. Was jedoch kein Wunder war, war sie schließlich kein dahergelaufener Lump, sondern hatte sich im Laufe ihres Lebens Fähigkeiten angeeignet, die nützlich waren. Nützlich für einen besonderen Schlag Mensch.
    Die kleine Person da unter war in Lumpen gehüllt, was sie für den Rest der Bürger nahezu unsichtbar machte. Eine Rüstung der besonderen Art. Doch Jeanne hatte nach dieser kleinen Person gesucht und sie aufgespürt wie ein hungriger Wolf seine Beute.

    Geräuschlos erhob sich die junge Frau und lief auf leisen Sohlen gekonnt über das Dach des Hauses, um weiterhin im Blick zu behalten, was sie gesucht hatte.
    Der Auftrag ihres Bosses war einfach gewesen: Finde die kleinen Maden. Stewark war klein und Jeannes Boss hatte sich hier ein Geschäft aufgebaut, das seit Jahren Bestand hatte. Besonders seit die Flüchtlinge aus Setarrif und später der Silberseeburg, inklusive König und seinem Gefolge, nach Stewark gekommen waren. Zwar hatte Jeannes Boss mit größerer Vorsicht walten müssen, doch durch kluges Einsetzen seiner Fähigkeiten – und seiner besten Mitarbeiterin – hatte er trotz Gegenwart der Akademie, des Hofes und der Wassermagier ein Untergrundreich errichten können, welches unbemerkt von eben all jenen hier in Stewark existieren und florieren konnte. Doch so langsam krochen andere aus ihren Löchern, die in seinem Gebiet wilderten. Diese Wilderer galt es aus dem Weg zu räumen.

    Die junge Frau, die eigentlich vom östlichen Archipel stammte und nicht wirklich Jeanne hieß, verfolgte nun also die Spur von Wilderern oder wie ihr Boss es ausgedrückt hatte: Maden. Freundlichere Worte hatte er für eine Gruppe, die offensichtlich aus jungen Menschen bestand, nicht gehabt. Er war Geschäftsmann, der nicht durch Sentimentalitäten reich geworden war. Für seine klare Art schätzte Jeanne ihn. Bei ihm wusste man, woran man war.

    Als die Made jedenfalls im Loch einer Ruine verschwand, nicht ohne sich vorher nochmal umzusehen, ließ Jeanne sich lautlos mit ein paar geübten Handgriffen an der Hausmauer herunter. Sie landete auf dem Pflaster der Straße und bewegte sich im Schatten zu eben jenem Loch. Auch sie sah sich verstohlen um und befand, das die Luft rein war, also verschwand sie ebenfalls.
    Es war nichts Neues, dass sich kleine Diebesbanden in den wenigen heruntergekommenen Bauten in Stewark versteckten, es war immer nur eine Frage, wo genau sie das taten.

    Die Augen der jungen Frau brauchten einen Augenblick, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Direkt hinter dem Eingang sah die Ruine auch immer noch wie eine Ruine aus. Aber sie folgte den Fußspuren im Staub und schon bald vernahm die Stimmen. Entschlossen trat sie in einen Raum, in dem ein Tisch stand und um dem sich mehrere Personen versammelt hatten. Auf dem Tisch stand eine fast heruntergebrannte Kerze und beleuchtete den Raum und die Gesichter spärlich. Jeanne erkannte, dass es sich hier um Kinder oder junge Erwachsene handelte. Kein Schlägertrupp, der sofort Gefahr ausstrahlte. Dennoch würde sie auf der Hut sein.

    Sie räusperte sich, um die Blicke der Anwesenden auf sich zu ziehen.
    „Gibt es hier in der Bruchbude jemanden, der das Kommando hat?“, fragte sie ohne Umschweife.

    Aniron

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    Lehrling Avatar von Thorek
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Thorek ist offline
    Der Weg zur Stadt zog sich sanft ansteigend durch Gehölz und abgeerntete Äcker, über kiesige Pfade, auf denen schon mancher Fuhrkarren seine Spur hinterlassen hatte. Die Luft war klar, und das Kraut am Wegesrand feucht vom Tau. Thorek ging in ruhigem Schritt, seine Augen wachsam, wie einst, wenn er im Auftrag des Königs die Randzonen durchstreift hatte. Doch diesmal trug er kein Befehlsschreiben.

    Als er sich der Stadt näherte, wurden die Stimmen des Morgens lauter – das Gackern von Hühnern, das Schnalzen eines Fuhrknechts, der seine Maultiere antrieb. Die große Brücke über die Klippe kam in Sicht. Über ihr spannte sich der dunkle Schatten des Torhauses.

    Die beiden Wächter an der Pforte waren keine Fremden mehr. Sie hatten ihn schon einige Male durchgelassen, mit Wild oder eben mit jenem Karren voller Werkzeuge, die er wieder zu Bauer Gernot zurückgebracht hatte. Doch dieses Mal blieb Thorek stehen, kaum dass er die erste Schwelle überschritten hatte.

    "Sagt..." begann er, mit dem Tonfall eines Mannes, der seine Worte mit Bedacht wählte "Sucht die Stadtwache fähige Leute?" Der eine Wächter, ein stämmiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht und rotblonder Stoppelhaube unter dem Helm, stieß ein Lachen aus. "Hast du das gehört, Dak?" rief er über die Schulter. Der andere – Dak offenbar – lehnte sich lässig gegen den Hellebardenstiel, kaute auf einem Stück Wurzelwerk herum und grinste schief. "Frischfleisch, was? Hertan kann’s brauchen, das ist sicher. Bezahlen kann er’s halt nicht."

    "Hört zu." sagte der erste, während er sich zu Thorek wandte und sich den Helm zurechtrückte "Wir brauchen immer Leute. Aber wenn Ihr hier ankommt und denkt, Ihr werdet reich – sucht besser weiter." Er deutete mit dem Daumen über die Schulter, zum südlichen Ring hinab.

    "Wenn Euch ein unbequemes und zu kurzes Bett, ein Teller Suppe und etwas Stahl in der Faust reichen, dann geht zu den Baracken. Sagt, Ihr wollt aufgenommen werden. Vielleicht habt Ihr Glück, und sie schicken Euch nicht gleich wieder zurück aufs Feld."

    Thorek nickte stumm zum Dank und setzte seinen Weg fort. Schon in den äußeren Gassen klangen das Schlagen von Eisen auf Amboss, das Rufen von Handwerkern und das Kreischen hungriger Möwen durch die steinernen Schneisen. Der Morgenverkehr hatte längst eingesetzt: Händler mit schief beladenen Karren, eine Magd mit nassem Leinen über der Schulter, ein Junge, der mit zusammengebundenen Brotstangen unter dem Arm durch eine Seitengasse huschte.

    Der Jäger schritt gleichmäßig zwischen ihnen hindurch, seine Augen glitten prüfend über Fassreifen, Strohbündel, Gerberkarren, über Fensternischen, aus denen Dampf und Stimmen quollen. Am oberen Rand des Markts bog er in die breite Gasse ein, wo das Fleischhaus lag. Dort, unter einem ausgeblichenen Vordach, erkannte er den stämmigen Mann mit der blutverschmierten Schürze, der ihm noch vor wenigen Tagen das Hasenfleisch abgenommen hatte. Er blickte auf, und seine Stirn kräuselte sich. "He! Du bist doch der mit dem Hasen neulich, oder?"

    Thorek blieb stehen, nickte leicht. "Der bin ich." Der Fleischer stemmte sich mit einer Hand auf den Ladentisch, den Blick prüfend. "Hast du heute wieder was Frisches dabei?" Doch Thorek schüttelte mit dem Kopf: "Dieses Mal nicht. Bin auf dem Weg zur Stadtwache. Wenn ich wieder was habe, komme ich vorbei. Versprochen!"

    Der Fleischer wischte sich die Hände an seiner Schürze ab und nickte. "Tu das!" erwiderte er. "Solang's nicht wieder gerupft ist, wie das letzte Mal!" Mit einem kurzen Gruß setzte Thorek seinen Weg fort. Hinter ihm mischten sich Lachen, das Schlagen eines Hackbeils und das Rufen einer Kundin in die Geschäftigkeit des Morgens.

    Der Weg senkte sich nun leicht, führte durch einen gepflasterten Durchlass zwischen zwei Lagerräumen, dann über einen kleinen Platz, dessen Steine vom ausgeschütteten Waschwasser dunkel schimmerten. Am Rand hockten zwei Bettler, die Blicke gesenkt. Thorek ging schweigend weiter, ließ das Stimmengewirr hinter sich, bis sich im südlichen Abschnitt der Bereich der Stadtwache abzeichnete: Menschen in Stadtfarben, ein abgesteckter Platz für Übungen, das kurze Klirren von Metall, Kommandorufe. Zwei Gerüstete probten dort Stöße mit der Hellebarde; einer warf einen Blick über die Schulter, als Thoreks Schritte näherkamen, und wandte sich dann wieder seinem Partner zu.

    Thorek blieb einige Schritt vor der Tür stehen. Kein Zögern – nur ein Moment des Innehaltens. Dann setzte er den Fuß über die Schwelle. Er war bereit, sich dem nächsten Teil seines Weges zu stellen.

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    Lehrling Avatar von Ellie
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Ellie ist offline
    Mit einem schnellen Tritt ihres gesunden, und wenn man es genau nahm einzigen, Fußes trat Ellie die kleine Kiste laut polternd tiefer unter den Tisch und trat der fremden Person entgegen.
    Ihr Herz schlug ihr bis zur Brust.
    Nie zuvor hatte es jemand geschafft, das Versteck von ihr den anderen zu finden. Aber es konnte kein gutes Zeichen sein, dass diese Fremde nur wenige Augenblicke nach Ellie selbst den Unterschlupf betrat. Diese Frau hatte Ellie bewusst verfolgt. Und das - verärgert biss sie sich auf die Lippe - ohne dass sie es überhaupt bemerkt hatte. Sie hatte diese fremde Frau in das Herz ihrer kleinen Familie geführt.

    »In dieser Bruchbude« Ellie trat in Richtung der fremden Frau.
    »kann viel passieren.«
    Sie deutete auf die Umgebung, die im Halbdunkel nur schwierig zu erkennen war.
    »Weißt du, meine Liebe. Die Bausubstanz hier ist für'n Arsch. Schlechte Lage, es ist zugig. Und bei Adanos, dass hier noch niemand von einem herabfallenden Balken erschlagen wurde ist ein Wunder. Wenn ich also du wäre, würde ich mir ehrlich ne andere Bleibe suchen.«
    Mit mehreren Schritt Abstand blieb sie vor der Frau stehen.
    Die fremde Frau strahlte eine erschreckende Ruhe aus. Das war kein gutes Zeichen.

    »Aber wenn du Hilfe brauchst, dann tun wir, was wir können, Schwester.« Sie lächtelte die Fremde an. »Besonders heruntergekommen siehst du mir nicht aus. Hast du Hunger? Willst du was trinken? Ich lad dich gern auf ein Gläschen ein.« Sie hielt kurz inne. »Draußen.«
    Ellie machte nun einen Schritt auf die Frau zu, deren einskalter, kalkulierender Blick auf ihr ruhte. Verdammte Scheiße, wieso war diese abgebrühte Hure so verdammt ruhig?

    »Und um deine Frage zu beantworten: Hier drin gibt's niemanden, der das Kommando hat. Wir sind nur ein paar Freunde, die hier vor dem Regen Unterschlupf suchen.«
    Sie lachte nervös, als sich die Augen der Fremden zu Schlitzen verengten.
    »Aber wer bist du denn jetzt überhaupt? Der Zensus war doch schon.«

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