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    Krieger Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline
    Äußert gelangweilt, durchaus lustlos und ein wenig fröstelnd stocherte Armond lustlos im sterbenden Feuer herum, als könne er mit dem desinteressierten Gepiekse eines kleinen Stöckchens den ersterbenden Flammen neue Lebensgeister einhauchen.

    Er hatte in den letzten Tagen zum ersten Mal seit Monaten, vielleicht sogar seit Jahren, Zeit gehabt. Zu viel Zeit.
    Noch vor seiner Abreise hatte der mittelalte Mann eindeutige Instruktionen bei all denen gelassen, die welche benötigten, und hatte denen, die keine haarkleine Erklärung jedes einzelnen Schritts brauchten, bis zu seiner Rückkehr eine Art Handlungsvollmacht ausgestellt, ihnen allerdings gleichzeitig mehr als deutlich gemacht, dass er selbst sie für jeden ihrer Fehler würde gerade stehen lassen und dass der Tod ihnen wie ein kostbares Geschenk erscheinen würde, wenn sie ihre neu gewonnene Machtposition innerhalb ihrer Organisation auszunutzen versuchten.
    Und wunschgemäß hatte ihn bisher absolut niemand zu kontaktieren versucht.
    Sehr zu seinem Leidwesen hatte er seine Untergebenen zu etwas zu folgsamen Handlangern gemacht.

    Seit Isidors Weggang hatte er also hier nicht unweit der Stadt campiert und war allein - im doppelten Sinne des Wortes, also sowohl ohne Gesellschaft als auch ausschließlich - seinen Gedanken nachgegangen. Bis auf den anfangs zugegeben äußerst störenden Besuch eines aufdringlichen Händlers mittleren Alters, der es aber zumindest kurzfristig geschafft hatte, die Monotonie und Tristesse des Alleinseins zu vertreiben, hatte er die quälend langen Stunden der vergangenen Tage minutenweise an sich vorbeischleichen sehen und war dabei gefühlt um Äonen gealtert.

    Schwere Schritte und ein lautstarkes Atmen veranlassten Armon dazu für einen Augenblick das Feuer nicht länger mit seinem hölzernen Folterinstrument zu quälen.
    »Isidor!«, stellte er fest. Er erhob sich langsam und das zirkulierende Blut wärme die fröstelnden Gliedmaßen. In seiner überschwänglichen Freude ließ er sich zu einem ausdruckslosen, knappen Nicken hinreißen, mit dem er den Neuankömmling begrüßte.
    »Das Feuer ist zwar nicht mehr sonderlich warm, aber nimm doch Platz.«, begann er regelrecht das Plaudern und ignorierte dabei den verwirrten Gesichtsausdruck des jungen Schmiedehelfers, während er mit den Händen einladend auf zwei Sitzgelegenheiten deutete.
    »Noch Eintopf? Mit Hasenfleisch!«, verkündete er und begann bereits damit, die erste Portion abzufüllen.

    Wortlos reichte er Isidor die Schüssel.
    »Was gibt's Neues in der Stadt, mein Gutester?«, fragte er mit ehrlicher Neugierde, die für einige Herzschläge lang hinter seinen funkelnden Augen aufflammte.

    Felia

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    Schwertmeister Avatar von Syrias
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Syrias ist offline

    Tarons Schmiede

    "Es ist zu wenig, Syrias! Verstehst du nicht, was soll ich mit einem Sack Erz anfangen, wenn du mir zwei versprochen hattest?" Taron hatte die dicken Arme vor der Brust verschränkt und schüttelte den Kopf. Der Schmiedemeister war enttäuscht gewesen, als Syrias mit nur einem Sack von seiner Expedition mit Johanna zurück gekehrt war und hatte daraus auch keinen Hehl gemacht. Doch Syrias hatte gehofft, dass er ihm mehr als deutlich gemacht hatte, dass ein Sack besser war als gar keiner, schließlich hatten zwischen dem zweiten Sack und ihnen eine Horde Goblins gestanden. Und die hätten ihn und Johanna überrannt.
    Es war ein paar Tage ruhig zwischen den beiden Schmieden geblieben, doch Taron hatte immer wieder vereinzelte Bemerkungen fallen gelassen, kleine Sticheleien, die Syrias anfangs einfach ignoriert hatte. Doch sie häuften sich von Tag zu Tag mehr und irgendwann war dem Söldner der Kragen geplatzt. Und genau aus diesem Grund führten sie jetzt dieses Streitgespräch.

    "Ich habs dir schon mindestens ein dutzend Mal gesagt, zwei sind nicht genug für ne Horde Goblins gewesen. Diese Drecksviecher sind wie Ratten um uns gewesen und wir sind knapp mit dem Leben davon gekommen! Beliars Eier, verdammt, frag doch Johanna danach, die kanns dir bestätigen!" Fauchte Syrias zurück.
    "Wir hätten drauf gehen können, dann hättest du nicht mal den einen Sack gehabt. Und wenn dir das restliche Erz so wichtig ist, gib mir ein paar halbwegs fähige Männer mit und ich hol ihn dir."
    Taron schnaubte verächtlich und spuckte aus. Zischend landete der Speichel in der heißen Esse und verdampfte.
    "Und wer soll die bezahlen, hm? Du? Das ich nicht lache. Und von der Akademie brauche ich das nicht erwarten. Außerdem mussten wir bereits schon die Kosten für unsere Schmiedeerzeugnisse erhöhen und warten immer noch auf eine Antwort des Leiters." Taron fuhr sich genervt mit einer Hand durch seine kurzen Haare und warf dann die Arme in gespielter Verzweiflung in die Luft.
    "Gold wächst nun einmal nicht auf Bäumen, Syrias. Und mit dem bisschen Erz, was du mir mitgebracht hast, komme ich allerhöchstens bis zum Frühlingsanfang. Und das auch nur, wenn ich nur noch kleine Aufträge annehme..." Taron zögerte einen Moment, bevor er weitersprach.
    "Und ganz ehrlich? Ich glaube, wir sollten unsere Zusammenarbeit beenden. Den Vertrag, den wir hatten hast du weitestgehend erfüllt, ich habe mich an meine Abmachungen gehalten und ich denke, du solltest dir eine neue Schmiede suchen. Ich kann es mir nicht erlauben einen weiteren Waffenschmied zu unterhalten."

    Syrias fiel wie aus allen Wolken! Die Augen des Söldners waren weit aufgerissen als er Taron entsetzt, ja fast schon erschüttert anstarrte. Vollkommen perplex versuchte er Worte zu finden um darauf zu antworten, doch mehr als zusammenhangloses Gestammel kam ihm nicht über die Lippen.
    Wieso wollte Taron ihn auf einmal loswerden? Es konnte doch nicht nur an den "Kosten" liegen, die Syrias verursachte. Er war schließlich recht genügsam, bekam kaum mehr als Kost und Unterkunft bezahlt plus ein paar Münzen hier und da Extra. Ebenso hatte er immer den Großteil dessen, was er an seinen Schmiedearbeiten verdient hatte, an Taron abgegeben. Warum wollte der Meisterschmied all das auf einmal wegwerfen als wäre Syrias nicht mehr als ein lästiger Umstand?
    War es etwa nur wegen des dämlichen Erzes? Götter, Taron konnte doch nicht so versessen gewesen sein, sonst hätte der Meisterschmied doch einfach nur ein paar Männer bezahlen müssen, die mit Syrias die Goblin verseuchte Höhle gereinigt hätten. Dann hätte der Meisterschmied sofort sein Erz erhalten.
    "Ist das dein scheiß Ernst?" war der einzige Satz, den Syrias aus sich heraus brachte. Doch Tarons stoische Miene sprach Bände, als er stumm nickte.
    "Alles klar..." murmelte Syrias, bevor er sich daran machte, zu seiner Kammer zu gehen und seine Sachen zusammen zu packen. Er wusste, dass es keinerlei Sinn machen würde jetzt wie ein fuchsteufelswilder Gremlin herum zu fluchen und zu zetern. Taron war ein Dickkopf, noch schlimmer als der Söldner. Und Syrias musste jetzt überlegen, was er als nächstes machen würde.

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    Provinzheld Avatar von General Lee
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    General Lee ist offline

    Königliche Zitadelle

    Eine neue Aufgabe erwartete den alten General und Ratgeber des Königs, an dessen Seite er in der steinernen Zitadelle Stewarks stand. Sie waren nicht allein im Thronsaal, denn die Leibgarde Ethorns, jene Schwerter, die die Feuerhölle in Setarrif überlebt und nicht anderweitig auf dringlichen Missionen unterwegs waren, waren ebenfalls präsent. Es waren gute Männer und Frauen und Lee hatte über die Jahre gelernt ihnen zu vertrauen, hatte sogar einige von ihnen ausgebildet vor sehr langer Zeit, als die Welt noch kleiner und die Probleme weniger gewichtig, wenn auch nicht weniger dringlich gewirkt hatten. Zudem stand Hathon auf der anderen Seite des argaanischen Herrschers. Der Oberste Hofmagier hatte eine missbilligende Miene aufgesetzt und das, obwohl der Bote vor nicht allzu langer Zeit erst losgeschickt worden war. Insgeheim fragte sich Lee, ob Hathon der Verlust seiner Heimatstadt und Heiligen Stätte schwer zugesetzt hatte. Er erweckte nicht den Eindruck, doch vermutlich lag es daran, dass der Magier auf alles gefasst zu sein schien, egal was das Leben ihm für Hindernisse vor die Füße warf.
    Mit aufmerksamem Blick beobachtete er die Tür, durch die der letzte verbliebene Meister der Akademie bald treten würde. Dabei fiel ihm die Ironie auf von diesem Raum als Thronsaal auszugehen. Im Vergleich zum Palast in Setarrif war es kaum mehr als ein Vorraum, doch selbst so alte Königreiche wie das der Argaaner, waren nicht vor dem Unheil dieser Welt und ihrer Götter gefeit.

    Beim Gedanken an Tiberon kam ihm ein weiterer. War er wirklich der letzte Meister der Akademie? Je nachdem, wie man es betrachtete, wäre wohl die korrekte Antwort. Lee hatte Lares zurück auf die Bühne geschickt und bisher hatte er ihn nicht enttäuscht. Hatte er noch nie. Und Lee würde dafür sorgen, dass es sich dieses Mal für den unverbesserlichen Banditen besonders lohnen würden. Vorausgesetzt er war der Aufgabe gewachsen, die der General für ihn im Sinn hatte.
    Ein wenig freute sich der in die Jahre gekommene Veteran sogar über diese neue Chance etwas zu bewegen. Viel zu lange traten sie schon auf einer Stelle und hätte er es nicht besser gewusst, hätte er König Ethorn schon viel früher beschworen die bedauerliche Situation der ehemals hochgelobten Akademie der Südlichen Inseln selbst in die Hand zu nehmen. Doch diese Argaaner waren traditionsvernarrte Hunde und auch, wenn sie zu seinen Untertanen zählten, genossen der Leiter und das Tribunal der Akademie eine gewisse Toleranz, in der sie Entscheidungen treffen konnten. Seit jeher war die Stätte der wohl meisterlichsten Krieger der bekannten Welt eine Institution gewesen, die sich selbst verwalten konnte. Zu dumm nur, dass der defacto Leiter Tiberon keinerlei Finesse besaß, was das Führen von Menschen anbelangte. Ganz davon abgesehen, dass er wie selbstverständlich Forderungen an die Krone stellte, die der Schatzmeister zuletzt nur mit einem müden Lächeln hatte beiseitelegen können.

    Mit einem Blick zur Seite musterte General Lee den König für einen Augenblick. Er wirkte heute ungewöhnlich ruhig und auch wenn sie einander nun seit mehr als einer Dekade kannten, fiel es dem Veteranen schwer zu erraten, ob hinter der steinernen Fassade kalte Wut lauerte oder doch das Kalkül eines Mannes, der wegen seiner aufbrausenden Art oftmals unterschätzt wurde.
    So oder so würde er als strategischer Berater versuchen das Leben des Mannes zu verschonen, der in Ungnade gefallen war. Die bittere Wahrheit war, dass sie derzeit jeden Mann und jede Frau gebrauchen konnten und soweit Lee wusste, war Tiberon ein hervorragender Krieger, wenn auch nicht mehr als das.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür am anderen Ende des Raumes und der Bote trat ein. Er verbeugte sich förmlich vor seinem König und begann dann zu sprechen.
    „Leiter Tiberon ist soeben eingetroffen. Soll ich ihn hereinbringen, Eure Majestät?“

    Isidor
    Geändert von General Lee (25.01.2025 um 02:04 Uhr)

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    AI  Avatar von Isidor
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Isidor ist offline

    Waldstück nahe Stewark

    Was ist denn mit Armond passiert?, fragte sich Isidor, der den kleineren Mann zwar schon häufiger großspurig und gönnerhaft gesehen hatte, aber über das seltsame Verhalten nur Verwunderung verspüren konnte.
    „Was? Keine versteckten oder offenen Drohungen?“, fragte der Hüne, bevor er sich zurückhalten konnte.
    Etwas panisch blickte er auf, als er seine eigenen Worte vernahm.
    „Danke für den Eintopf“, versuchte er dann noch zu retten, was zu retten war und setzte sich mit einer Vorsicht, die er bei jedem anderen wohl nicht an den Tag gelegt hatte.

    „In der Stadt war die Lage unverändert. Sind ja nur zwei Tage vergangen seit wir uns zuletzt gesehen haben. Aber vermutlich weißt du mehr als ich darüber, was in Stewark vor sich geht, oder?“, fragte Isidor, der tatsächlich nichts Neues erfahren hatte.
    Sich eine Ausrede zurechtzulegen, die Dinge mit Alberich und Elara zu klären und das Wiedersehen mit Johanna waren so ziemlich die einzigen Ereignisse, die in den zwei Tagen geschehen waren. Jetzt, der Morgen war noch taufrisch – oder wohl eher raureiffrisch – bebte er vor Tatendrang und wohl auch Kälte. Die kümmerlichen Flammen, die im eingrenzenden Steinkreis vor den beiden Männern noch zuckten, taten nicht viel, um den winterlichen Temperaturen entgegenzuwirken. Allerdings verrieten sie Isidor, dass Armond wohl schon eine ganze Weile wach sein musste, oder aber das Feuer über Nacht in Gang gehalten hatte, um nicht zu erfrieren. Das setzte aber voraus, dass der Spion hier draußen übernachtet hatte.

    Der Eintopf war eine willkommene Wärmequelle und er musste zugeben, dass Armond wusste, wie man aus wenigen Zutaten etwas Schmackhaftes zubereitete. Aber er war nicht hergekommen, um mit einem alten Freund in der Wildnis zu kampieren, weil er so viel Freude daran hatte. Und er bezweifelte auch, dass der myrtanische Spion zum Vergnügen hier war. Allerdings schadete es sicher nicht, wenn er sich so gut es ihm möglich war, mit Armond gutstellte.
    „Ich bin mit meiner Ausrede so nah an der Wahrheit geblieben wie möglich. Alberich und einige andere wissen, dass ich jemanden gefunden habe, der mir das Bogenschießen beibringen kann. Sie denken, dass ich Elara, der Lederin, mit der Jagd unter die Arme greifen soll, damit wir immer genug Tierhäute haben. Vielleicht vermutet Alberich, dass es mit der Akademie zu tun hat, aber ich bin sicher, dass es nicht mehr als das ist.“

    Isidor band de Bogen los, den er an seiner Reisetasche befestigt hatte und legte ihn sich auf den Schoß. Es war keine Sehne gespannt und Pfeile hatte er auch bisher keine.
    „Aber warum der Bogen? Ich verstehe es noch immer nicht so ganz. Ich hätte vermutet, dass die Argaaner eher den Nahkampf bevorzugen und das meine Chancen erhöht in der Akademie aufgenommen zu werden“, fragte er noch einmal nach.
    Grundsätzlich hatte er nichts gegen das recht kleine Holzstück, welches sich leicht auf seinen Beinen anfühlte. Doch die meisten hätten bei seiner Statur und Größe wohl gedacht, dass er im Nahkampf eher zu gebrauchen wäre. So jedenfalls schien es Lord Hertan gesehen zu haben.
    Unwillkürlich dachte er an den kurzen Ausflug ins Innere der Akademie zurück. Hatte er bei einer der Klingen einen Bogen gesehen? Er konnte sich nicht erinnern. Vielleicht wäre es eine Seltenheit und konnte ihm einen Vorteil einbringen?

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    Neuling Avatar von Jasque
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    Jasque ist offline
    Jasques Naivität hatte ihm mal wieder einen Streich gespielt. Er hätte sich ja denken können, dass er bei Luuks Anwesenheit kein Bier in Ruhe trinken kann.
    „Heeeey Luuuk.“, sagte er eindeutig gespielt freundlich und nahm Augenrollend einen Schluck. „Was soll ich denn Neues gefunden haben? Im Gegensatz zu dir hab ich wahrscheinlich etwas sinnvolles gemacht.“, sagte Jasque während er eine eindeutige Alkoholfahne von seinem Gesprächspartner vernahm. „Ich habe die Wichtigste Aufgabe erfüllt. Sammeln von Informationen“, brüstete sich Luuk stolz, lachte und trank den letzten Schluck aus seinem Krug um diesen dann mit viel Schwung auf den Tischabzustellen. Wenige Augenblicke später kamen auch die nächsten Krüge und Luuk schnappte sich gleich einen davon. Auch Ellie wollte keine Zeit verschenken und griff nach einem der Krüge. „Und was hast du Tolles erfahren?“, fragte Jasque und schob sich den letzten Krug neben seinen. „Ja nun…“, begann er und trank einen großen Schluck. „Der alte Baltimor hat heute schon seinen 6ten Krug bestellt.“ „Und das…“ „Ja das war es schon.“, fiel Luuk ihm ins Wort, lachte und setzte für einen großen Schluck an. Der Schaum legte sich auf seinen feinen Oberlippenbart. „Ein Glück haben wir diese Information. Was würden wir nur ohne dich tun.“, sagte Jasque in einem eindeutig spöttischen Ton. Luuk war dies aber vollkommen egal und er freut sich scheinbar einfach nur bei seinen „Freunden“ zu sein.

    „Habe gehört jemand aus der Stadt sucht Leute für Dienstbotenaufträge. Irgendwas kleines hin und her bringen wisst ihr. Aber…“, machte Luuk kurz eine Pause und nahm einen weiteren Schluck. „ ...keine Ahnung wer das ist oder was der will.“ Super, dachte sich Jasque. Dann hat er mal eine wichtige Information und hat gleich das wichtigste vergessen. „Kräutersammler, Schmied, Händler? Irgendwer davon?“, versuchte Jasque die Information aus diesem blauen Tunichtgut herauszufinden aber keine Chance. Er schien ihm gar nicht mehr zuzuhören und hatte sich bereits zu Ellie gewandt. „Sag mal Ellie. Die Stadt sucht zurzeit Soldaten. Ich überlege mich da zu melden und du könntest mich begleiten. Dann kommst du endlich hier raus und die ganzen schmierigen Typen lassen dich endlich in Ruhe. Du müsstest mir nur was kochen.“

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    Krieger Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline
    Mit der Gutmütigkeit einer Person, die sowohl direkt als auch indirekt für weit weniger Tode verantwortlich war als er selbst, ließ Armond die spitze Bemerkung des jungen Burschen unkommentiert in der kühlen Morgenluft verklingen. Die sorgenvoll aufgerissenen Augen und das ungelenke und abrupte Wechseln des Themas reichten dem Agenten vorerst vollkommen aus. Allerdings hoffte er inständig, dass einer der erfolgreichsten Spione, die es seit Langem ins Innere der Stadt gebracht hatten, nicht plötzlich einen Höhenflug und damit ein abruptes Ende seines bisher kurzen und ereignislosen Lebens erfahren würde.

    »Den Argaanern sollte es vollkommen egal sein, mit welcher Waffe zu kämpfst.«, erklärte er ruhig. »Sie bilden sich gern was auf ihre Nahkampfinfanterie ein. Aber so wenig passable Kämpfer wie die an der Akademie haben können die froh sein um jeden, der schonmal eine Waffe für was anderes benutzt hat als sie zur Deko zu tragen, um irgendwelche Weiber zu beeindrucken.« Er ließ sich ob der prolligen Stammtischbezeichnung für eine Frau glatt dazu hinreißen, auf den Boden zu spucken und seinen Worten - und der dahinter liegenden Abscheu - Ausdruck zu verleihen. Er kannte mindestens drei Damen, die so gar nicht erfreut wären über diese Wortwahl. Sehr zu seinem Glück war derzeit keine davon hier auf der von Innos verlassenen Drecksinsel.
    »Der Bogen ist im Vergleich zu seinem tödlichen Potential für jemanden wie dich einfach die beste Wahl.« Er deutete mit dem Kinn auf das Stück Holz im Schoß des Schmiedeburschen. Ein kleines Schmunzeln legte sich auf seine Züge.

    »Was weißt du über Bögen?«, fragte er nach kurzem Zögern.
    Armond war kein großer Freund davon, großartig und ausgedehnt über die Theorie zu sprechen. Er wollte stattdessen zum Praktischen übergehen. Dennoch erschien es ihm vorab sinnvoll, zumindest in Grundzügen zu erfahren, wie viel der Junge bereits wusste und ob er sich zumindest oberflächlich mit dem Thema beschäftigt hatte.
    »Und - von allen Waffen, die dir zur Verfügung stehen. Welche hättest du eher genommen. Und warum?«


    Felia

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    AI  Avatar von Isidor
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    Wieso war der Bogen für ihn die beste Wahl? Was hatte er, dass diese vermeintliche Jagdwaffe zu einer Kriegswaffe machen konnte? Kraft? Das wäre doch auch sicher im Nahkampf von Vorteil, oder nicht? Und was wusste er eigentlich über Bögen?
    „Bögen sind die Waffe der Wahl, wenn man auf die Jagd geht“, sagte er, wobei er nicht vollständig überzeugt klang, „Sie sind leicht zu transportieren und offensichtlich kann man aus der Entfernung angreifen und… öhm.“
    War es das schon? Komm schon Isidor, da muss noch mehr sein, das du weißt!

    Er rieb sich den Hinterkopf, während er angestrengt nachdachte, was er noch über diese Waffe, die ganz ohne Metalle auskam, wusste.
    „Ein Bogenschütze hat nur geringe Chancen eine Rüstung mit seinen Pfeilen zu durchschlagen. Mein Vater ließ regelmäßig einige Jäger auf seine Schmiedeerzeugnisse schießen und in nur ein von zehn Fällen war mehr als eine kleine Delle im Stahl zu sehen gewesen“, erinnerte sich der junge Schmied.
    Er wusste noch, wie er gelacht hatte, wenn die Pfeile an den Plattenpanzern zersplittert sind und konnte sich gut an den Ärger erinnern, der darauf folgte. Die Schläge auf den nackten Hintern von der Hand eines Schmiedes waren schwer zu vergessen.
    „Und ohne Pfeile könnte man genauso gut einen Stock aufheben und damit zuschlagen“, schloss er seine absolut fundierten Kenntnisse über den Bogen.

    Dass Isidor die Erklärung Armonds akzeptieren musste, was den Zustand der Akademie und seiner Krieger anging, war ihm bewusst. Offensichtlich suchten sie händeringend nach neuen Kämpfern. Vermutlich war es wirklich nicht sonderlich wichtig, welche Waffe er führen konnte. Aber wenn er die Wahl hätte…
    „Ich schätze, dass ich einen Rabenschnabel bevorzugen würde. Gut gegen alle Arten von Rüstungen und mit genug Kraft treibt man das Metall in den Körper des Feindes.“
    Kein sonderlich schöner Gedanke, doch das machte es nicht weniger wahr.
    „Allerdings hat man dann eine Hand frei. Also lieber eine größere Waffe für beide Hände?“

  8. Beiträge anzeigen #188 Zitieren
    Krieger Avatar von Die Bürger
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    Die Bürger ist offline
    Ein wenig belustigt von Isidors Antwort blies Armond lautstark Luft durch die Nase aus.
    Der Junge war kein Dummkopf. Die Antwort war wohlüberlegt und die Argumentation hatte tatsächlich Hand und Fuß. Und seine Antwort - oder viel mehr das, was er nicht gesagt hatte - zeigten Armond Dinge über den jungen Burschen, die zu wissen sicherlich einmal praktisch sein würden.
    Er lächelte.

    »Gegen wie viele schwer gepanzerte Truppen hast du denn schon gekämpft in deinem Leben?«, feixte er ein wenig belustigt. Der Grundgedanke war sicherlich kein schlechter. Aber selbst Isidor würde seine Probleme haben mit einer einhändig geführten Waffe, die er nicht vom Rücken eines Pferdes aus schwang, durch irgendeine halbwegs vernünftige Rüstung zu dringen. Insbesondere mit einem Reithammer.
    »Rüstungen sind teuer. Und wie du weißt nicht gerade leicht herzustellen.«, erklärte der Agent sachlich. »Bei aller Liebe für deine Abenteuerlust, mein Gutester. Aber wenn du jemandem gegenüberstehst, der es wert ist, eine solche Rüstung zu tragen, ist es egal, ob du Rabenschnabel, Bogen oder Nudelholz in der Hand hast. Dein Leben ist verwirkt.«

    Der sich zwischen den beiden Männern ausbreitende Stille ließ er für etwa eine halbe Minute Zeit, ehe er sie mit einer Antwort auf die ursprünglich gestellte Frage vertrieb.
    »Jeder Bauerntölpel kann einen Hammer schwingen und selbst ein Kleinkind schafft es mit einem Schwert umzugehen. Aber ein Bogen...« Er deutete mit dem Kinn auf das Stück Holz, das auf Isidors Schoß lag.
    »Du bist ein kräftiger Bursche. Und hochgewachsen noch dazu. Du solltest Bögen spannen können, bei denen schwächere und kleinere Männer deutlich mehr Probleme hätten. Das ist dein Vorteil.« Er nickte wie zur Bestätigung seiner Worte kurz.
    »Außerdem bist du durch deine Arbeit ausdauernd. Und du bist nicht ganz so ein Körperclown wie viele andere Halbstarke. Nein. Der Bogen ist eine Ideale Waffe für den Anfang.«, befand er abschließend und erhob sich. Er vertrieb die Kälte aus seinen Fingern, indem er die Hände kurz gegeneinander rieb und dann lautstark klatschte.

    »Wir fangen mit einem Langbogen an. Das sollte zu Beginn reichen. Also bitte: Spann die Sehne ein und nimm dir den Köcher.«

    Felia

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    AI  Avatar von Isidor
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Isidor ist offline
    „Körper…clown?“, fragte Isidor verwirrt, ließ es dann aber auf sich beruhen.
    Armond hatte Recht. Die Argumentation an dem Effekt der Waffen gegen Rüstungen aufzuziehen, war nicht sonderlich realitätsnah. Wie viele Menschen konnten sich wirklich einen Plattenpanzer leisten? Selbst Meister Alberich griff zu Leder, wenn ein Kunde nicht genüg Gold besaß, um eine vollständige Bronzerüstung zu bezahlen. Und der myrtanische Spion hatte insofern Recht damit, dass jemand, der eine schwere Rüstung im Kampf trug, vermutlich auch wusste, wie er sich darin bewegen musste, was einen Sieg nahezu unmöglich machte, wenn man weniger gut gerüstet war. Am effektivsten wäre es wohl, wenn man sich zu mehreren auf einen solchen Ritter stürzte und ihn zu Boden rang. Doch selbst das wäre wohl kaum ohne Verluste zu bewerkstelligene.

    Etwas unschlüssig schaute der Schmied auf den ungespannten Bogen auf seinem Schoß und dann auf die Sehne, die Armond ihm gereicht hatte. Wie um alles in der Welt spannte man so ein Teil? Unschlüssig fuhr er mit dem Daumen über das Holz. Es war nicht absolut glatt, aber soweit der Handwerker beurteilen konnte, war dieses Stück auf nicht mehr ganz neu. Als er die Außenseite – also die, die beim Halten wohl von ihm weg zeigte – bis zu einem Ende betastete, fiel ihm eine Einkerbung auf.
    „Hier wird wohl die Sehne eingehängt?“, murmelte er zu sich selbst.
    Die Sehne hatte an beiden Seiten eine Schlaufe und bei näherer Betrachtung fiel Isidor auf, dass scheinbar mehrere Stränge von dem Material miteinander verbunden worden waren. Allerdings konnte er nicht erkennen, um was für ein Material es sich handelte. Vielleicht Tiersehnen oder Pflanzenfasern?

    Testweise stülpte er die Schlaufe der Sehne über die Spitze des Bogens und hing sie in die Kerbe ein, dann versuchte er dasselbe auf der anderen Seite zu wiederholen. Allerdings reichte die Sehne nicht und er runzelte die Stirn. Wieso war sie zu kurz? Hatte Armond ihm eine Sehne für einen kleineren Bogen gegeben? Überhaupt, wie lang war dieser Bogen? Der Hüne musste seine Arme fast vollständig strecken, dass er beide Enden erreichte und das war der Moment, in dem er nicht länger sitzenbleiben konnte.
    Mit der an einer Seite befestigten und nun baumelnden Sehne am Bogen erhob er sich und stellte das andere Ende auf den Waldboden. Tatsächlich reichte ihm der Bogen bis zur Schulter und das überraschte ihn mehr, als er erwartet hätte
    Langbogen, was?“, sagte er zu niemand Bestimmten und blickte dann wieder auf die Sehne.

    Einen Bogen spannte man, also war es wohl logisch, dass die Sehne nicht bei entspanntem Zustand auf die Nocken passte. Kurzerhand drehte Isidor das ganze Gebilde um und versuchte nur mit Kraft an der Sehne zu ziehen, während er gleichzeitig den nun oberen Wurfarm des Bogens herunterdrückte. Mit mäßigen Erfolg und großartigem Misserfolg. Der untere Arm zog sich tatsächlich hoch, während der Obere sich eindrücken ließ. Allerdings hatte Isidor den Kraftaufwand unterschätzt und der Bogen sprang ihm buchstäblich aus den Händen.
    „Au!“, knurrte er und schaute auf seinen Unterarm, an den sich die eben noch gespannte Sehne entladen hatte.
    Seine Waffe hatte das erste Blut gefordert, dummerweise sein eigenes.

    Nach weiteren Fehlversuchen, über die sich Armond offenbar köstlich amüsierte, hatte der Schmiedegeselle ein Vorgehen für sich gefunden, das vielversprechend zu sein schien. Der Wurfarm mit der eingelegten Sehne drückte sich in den Boden, während Isidor seinen Fuß daraufstellte. Die eine Hand zog die Sehne nach oben, während die andere den zweiten Wurfarm herunterdrückte. Zwar rutschte ihm auch dabei einige Male der Bogen unter der Sohle weg, doch schlussendlich schaffte er es die Sehne auf beiden Seiten einzuhängen und er erhielt einen gespannten Bogen.
    „Bei den Göttern. Wenn das jedes Mal so ein Kampf ist, bin ich zu erschöpft, um noch ans richtige Kämpfen auch nur zu denken“, stieß er aus und spürte, wie ihm der Schweiß den Rücken herunterlief.
    Sein Blick ging zu Armond, der äußerst langsam applaudierte. Er Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes und der Hüne fühlte sich, als ob er bisher noch nichts geleistet hätte. Er ahnte bereits, dass er das Wort Bogen für eine sehr lange Zeit häufiger denken und verwenden würde, als ihm schon jetzt lieb war.

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    Abenteurer Avatar von König Ethorn VI
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    König Ethorn VI ist offline

    Königliche Zitadelle

    „Bring ihn rein!“
    Die Pranken des Königs umschlossen die Lehne seines Stuhls so fest, dass das Weiß an seinen Fingerspitzen zu sehen war. Diese verdammten Sitzmöbel waren ihm zu klein. Der ganze verfluchte Empfangssaal in Renwicks mickriger „Zitadelle“ war lachhaft winzig! Aber wie hätte ihm dieser Ort auch das geben können, was für einen König von Setarrif angemessen war? Er war schließlich nicht für einen König gebaut worden.
    Er war es leid, an diesem Ort zu verweilen wie ein mittelloser Halunke. Zu Gast im Hause seines Vasallen, der ihn vermutlich lieber gestern als heute wieder losgeworden wäre. Renwick schluckte diese Kröte nun schon seit über sechs Jahren, und es bestand keine Aussicht auf Besserung. Bei den Göttern, wenn diese verfluchten Wendehälse aus Sendar auch nur einmal das Ehrgefühl besessen hätten, ihm im Kampf beizustehen oder wenigstens pflichtbewusst ihre verfluchten Abgaben zu entrichten! Wenn vom einst so stolzen Königreich Argaan doch nur mehr aus den Feuern des Weißaugendrachen hervorgegangen wäre als ein Schatten vergangener Tage! Wenn doch nur mehr vom einstigen Stolz des Reiches, der altehrwürdigen Akademie, erhalten geblieben wäre als dieser aufgeblasene Witz einfältiger Raufbolde …
    Es kam ihm vor wie gestern, als er sich vor die Bürger der Stadt gestellt hatte mit dem Versprechen, die Goldene Stadt von den verfluchten Echsen zurückzuerobern und die alten Mauern wiederaufzubauen. Doch sein Reich war blutleer geworden und vieles von dem, wofür man sich einst gerühmt hatte, war nicht mehr als Erinnerung. Und nach dem zu urteilen, was die wachsamen Augen seiner Späher in den Trümmern von Setarrif gesehen hatten, lag dieses Ziel nur umso weiter entfernt von der Wirklichkeit.

    Ethorn sah auf seine faltigen Hände herab. Er war alt geworden. Aber er war immer noch derselbe Kriegerkönig, der die verfluchten Myrtaner in Schach gehalten hatte, woran selbst ein mächtiges Reich wie das der Assassinen in Varant gescheitert war. Noch einmal zu Schwert und Schild greifen, noch einmal das Blut seiner Gegner kosten. Sie hatten ihre Chance an Inkompetenz und Tatenlosigkeit verloren. Doch damit war Schluss! Von nun an würde ein anderer Wind durch die Straßen dieser Stadt wehen!
    Seine Kiefer mahlten, während er voller Ungeduld darauf wartete, die Rechtfertigungen und Ausflüchte des letzten aktiven Meisters der Akademie ein letztes verdammtes Mal über sich ergehen zu lassen.
    „Wo bleibt dieser Lump denn?“, bellte der König seinen obersten Hofmagier an. Doch noch bevor dieser antworten konnte, öffnete ein Diener die Tür. Der Mann, den er hereinließ, hatte wenig Imposantes an sich. Das grau meliertes Haar kurzgeschoren; das Gesicht unverkennbar von ersten Falten geprägt, die man sich nur durch tagtäglich praktizierte Verachtung verdiente; doch hier, in dieser Halle, war der Blick dieses Mannes unterwürfig zu Boden gerichtet. Alles an ihm zeigte Ethorn nur, dass er vor allem Eines war: durchschnittlich.

    „Tiberon“, rief der König, mehr Feststellung als Begrüßung. „Sprechen wir über die Akademie. Du bist nun schon seit einigen Jahren der letzte Meister der Einrichtung“, sagte er – und er nahm bewusst nicht den Titel des Leiters in den Mund.
    „Jedenfalls von dem, was noch davon übrig ist.“
    In der folgenden Stille starrte er dem Meister der Akademie unumwunden in die Augen, bis dieser den Blick abwandte.
    „Es sind Zeiten des Wandels, Tiberon. Zeiten, in denen wir wachsam und bereit sein müssen. Meine Spione bringen unheilvolle Kunde aus dem Osten an mich heran. Du wirst davon unterrichtet worden sein, nehme ich an.“
    Der Blick des Königs blieb hart und unbeugsam. Eine nachdenkliche Falte grub sich in seine Stirn.
    „In solchen Zeiten brauche ich die Männer und Frauen der Akademie. Männer und Frauen, auf die ich mich verlassen kann. Experten auf verschiedensten Gebieten. Männer und Frauen, denen du vorstehst. Sag, wie schätzt du deine Arbeit in der Akademie ein? Hast du Gebrauch von dem Wissen gemacht, das auf mein Geheiß hin aus den Archiven der Burg Silbersee zusammengetragen wurde? Und wie gedenkst du, deinen König in den kommenden Herausforderungen unterstützen zu können?“
    Ethorn baute sich in seinem Stuhl auf, während er Tiberon mit scharfem Blick taxierte – eine unausgesprochene Warnung, mit größtem Bedacht zu antworten.
    „Du wirst doch sicher einen Plan haben.“

    Johanna

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    Provinzheld Avatar von Die Klingen
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    Königliche Zitadelle

    Tiberon schluckte trocken. Nun, er gestand sich ein, damit hatte er nicht gerechnet. Der König war ungehalten, nein, er wirkte mehr als ungehalten, fast schon zornig. Der Akademieleiter spürte, wie sich der Schweiß zwischen seinen Schulterblättern zu sammeln begann, als er dort in Habachtstellung vor Ethorn stand. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihm aus, während er den König vorsichtig musterte. Er musste aufpassen. Ethorn war zwar alt geworden, doch noch immer war dies ein Mann von starkem Willen und eiserner Entschlossenheit.
    Der Akademieleiter sah seine Stellung gefährdet, doch er war nicht umsonst schon so lange der Leiter der Kriegerakademie, weil er unbedacht handelte. Er würde seiner Majestät genug Vorwand liefern, dass er nicht nur als bestätigter Vorsteher der Akademie den Raum verließ, sondern auch mit einem Schreiben in der Tasche, welches die Waffenschmiede wieder in die Spur brachte.
    Was General Lee hier jedoch zu suchen hatte, entzog sich Tiberon. Was hatte Lee als Berater des Königs in Akademieangelegenheiten hier zu suchen? Egal.

    "Euer Majestät," fing sich Toberon, verbeugte sich galant und holte tief Luft.
    "Natürlich gibt es einen Plan, da habt ihr vollkommen recht. Schließlich waren wir, dank eurer weisen Vorraussicht, in der großartigen Lage, den unglaublichen Wissensschatz, welcher sich in der Silberseeburg befand, in unseren Besitz zu bringen. Ich kann euch versichern, dass auch jetzt, in diesem Moment, die Klingen eurer Majestät kein Blatt ungelesen lassen und sich durch den imensen Fundus hindurch arbeiten." Tiberon legte eine stolze Miene auf und lächelte verhalten. Vorsichtig jetzt, ermahnte er sich innerlich.

    "Und ich kann seiner Majestät versichern, dass die Männer und Frauen der Akademie jederzeit bereit sind für euch, ja für ganz Argaan in die Schlacht zu ziehen. Während wir uns unterhalten, sind unsere Ausbilder dabei die ungeschliffenen Diamanten in Form zu bringen und sie vorzubereiten für das, was kommen wird, nämlich die entgültige Rückeroberung Argaans und das Vertreiben des myrtanischen Bastards." Der Akademieleiter legte Ernst und Gewissheit in seine Stimme, auch wenn ihm beides selbst fehlte. Er hatte keine Ahnung, wie weit die Ausbildung der unteren Ränge der Akademie war, schließlich musste er sich um wesentlich mehr kümmern als nur deren Ausbildung. Dafür waren nun einmal die anderen zuständig.
    Doch im nächsten Moment zogen sich Sorgenfalten über die Züge des Leiters, der sich leicht nach vorne beugte und bedauernd mit den Händen rang.
    "Doch eure Majestät müssen erfahren, dass die Akademie vor einigen Herausforderungen steht, die ich als Leiter nicht vor euch verheimlichen darf." Tiberon holte tief luft. Jetzt kam es darauf an, das war der Moment.

    "Wie ihr sicherlich wisst, benötigen unsere Klingen einiges an Ausrüstung, insbesondere während der Ausbildung. Wir versuchen uns so genügsam wie möglich zu halten, doch natürlich geht dabei so manches zu Bruch. Rüstungen, Schwerter, selbst die einfache Kleidung unserer Aspiranten und Aspirantinnen, alles ist dem Zahn der Zeit unterworfen. Und auch wenn die Ausbilder sich Mühe geben, nur großer Druck formt eben Diamanten. Und jetzt ist es so, dass uns die Mittel ausgehen, denn die Waffen- und Rüstungsschmiede der Stadt erhöhen immer wieder die Forderungen für ihre Waren. Euer Majestät, ich bitte darum, schiebt diesem Irrsinn einen Riegel vor! Wie sollen wir unsere Klingen angemessen ausrüsten, wenn die Handwerker völlig überzogene Preise für ihre Leistungen fordern? Die Akademie bildet die Elite aus, doch selbst der beste Krieger ist nur so gut wie seine Ausrüstung. Und die lassen sich diese unverschämten Schmiede unangemessen hoch bezahlen!"
    Jetzt noch einen Funken Wut mit in die Worte hinein legen und Voila: Da war die rechtschaffende Verachtung, die Toberon für die Tirade brauchte.
    "Wir tun unser möglichstes, euch großartige Krieger bereit zu stellen, doch ohne angemessene, und bezahlbare, Ausrüstung wird dies eine große Herausforderung..." der Leiter senkte traurig den Kopf und verbarg ein Lächeln. Das sollte den König davon überzeugt haben.

    Syrias

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    Krieger Avatar von Die Bürger
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    Durchaus zufrieden betrachtete Armond das Werk des angehenden Bogenschützen.
    »Ab sofort wirst du-« Er erhob sich langsam und gestikulierte in Isidors Richtung, sodass dieser ihm den soeben bespannten Bogen reichte. In der Tat keine schlechte Arbeit - ein wenig viel Matsch an dem Ende, das der Schmied etwas grob zwischen Fuß und Boden eingekeilt hatte, aber für den ersten Versuch nicht schlecht.
    »-die Sehne bei jeder kleinen oder großen Pause, immer wenn ich es sage und immer dann, wenn du es für sinnvoll hältst, wieder abnehmen.« Er reichte Isidor den Bogen, der sogleich damit beginnen wollte, die Sehne wieder abzunehmen. Mit einer Handbewegung signalisierte er seinem neuesten Schüler, vorerst noch inne zu halten.
    »Du wirst deinen eigenen Stil entwickeln müssen, um die Sehne in den nächsten Tagen zügig und sicher zu spannen. Ich warte nämlich nicht gern.«

    Für eine Weile noch taxierte er den jungen Burschen, dann fuhr er ruhig fort.
    »Es wird noch eine Weile dauern, bis ich dir Pfeile anvertraue. Ich lebe recht gern und würde es äußerst bedauern, wenn ich aufgrund eines unglücklich abgeschossenen Pfeils morgen nicht mehr aufwachen würde.« Er lächelte leicht, aber wie so häufig erreichte das Lächeln seine Augen nicht.
    »Dieser Bogen hat eine Zugkraft von etwas mehr als vierzig Kilo. Es gibt deutlich bessere Bögen und welche die deutlich mehr Zugkraft brauchen. Aber selbst bei diesem hier wird sich dein Arm abends anfühlen, als hättest du für deinen Schmiedemeister den ganzen Tag Barren durch die Gegend getragen. Wir werden in den nächsten Tagen dafür sorgen, dass du dich an die Bewegung gewöhnst und sich das spannen des Bogens nicht mehr fremd anfühlt.«, verkündete er und griff nun seinerseits zum Bogen. Mit einer fließenden Bewegung trat er mit einem Bein über die Waffe, klemmte das untere Ende zwischen Boden und Fuß fest und drückte mit seinem Arm und einem Teil des eigenen Körpergewichts gegen das obere Ende, sodass er mühelos die Sehne befestigen konnte.

    Anschließend blickte er erwartungsvoll zu Isidor.
    »Spann bitte den Bogen - so als würdest du einen Pfeil anlegen und verschießen wollen. Einfach ganz intuitiv.«, erläuterte er und beobachtete Isidor bei der pflichtgemäßen Ausübung des soeben erteilten Befehls.

    Felia

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    AI  Avatar von Isidor
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    Wie lange hatte Isidor jetzt gebraucht dieses bescheuerte Stück Zwirn an beiden Enden des Bogens zu befestigen? Und Armond erledigte es in wenigen Augenblicken, während er dabei mit ihm sprach, als würde er sich die Schuhe binden. Irgendwie hatte er sein Bein dazwischen gestellt, aber der Hüne hatte es nicht genau beobachten können. Blieb also nur zu hoffen, dass er es selbst herausfand. Schneller als beim ersten Mal sollte es aber auf jeden Fall funktionieren. Langsamer und man konnte fast einen Tag las verschenkt betrachten.
    „Vierzig Kilo? Klingt machbar“, wagte sich der Schmied zu sagen und hob den Bogen so, wie er vermutete, dass man ihn halten sollte.
    Ihm war zwar nicht klar, wie diese metallfreie Waffe derartig schwer im Zug sein konnte, aber er musste wohl das Wort des Mannes für das nehmen was es war; erfahren.

    Ob sein Arm am Ende des Tages wirklich schmerzen würde, sollte sich noch zeigen, doch er war guter Dinge, dass sein Körper mehr aushalten würde, als der myrtanische Spion ihm zutraute. Das Holz mit der linken Hand in der Mittel haltend, sodass der untere Teil knapp über dem Boden war, griff Isidor die Sehne mit vier Fingern seiner Rechten und zog, bis die Sehne fast seine Nasenspitze berührte, wenn seine eigene Hand nicht im Weg wäre.
    Verunsichert runzelte er die Stirn. Da stimmte doch etwas nicht! Doch Abhilfe war schnell gefunden, da auch die Haltung seines rechten Arms seltsam wirkte, weswegen er den Bogen etwas weiter nach außen hielt und so die Sehne neben seinem Kopf herziehen konnte. Immer weiter spannte sie sich und die Wurfarme gaben zunehmend nach, sodass man erst jetzt von einem tatsächlichen Bogen sprechen konnte, zumindest was die Form der Waffe anging, die zuvor eher einem seltsam geformten Wanderstock ähnelte.

    Als sich die Sehne nicht weiter spannen ließ, hielt Isidor die Position für einen Moment. Gerader Stand, den linke Arm nach vorn gestreckt und den rechten bis hinter die Schulter angewinkelt. Er spürte wie seine Muskeln im Rücken arbeiten mussten und auch sein Arm war diese konstante Belastung nicht gewöhnt. Kraft hatte er, ja. Das brachte das Dasein als Schmied mit sich, doch die Bewegung beim Bogenschießen war eine völlig andere und das bekam er jetzt zu spüren.
    Langsam wollte er die Sehne von seinen Fingern gleiten lassen – so der Plan – doch nachdem Ring- und kleiner Finger sich lösten, rutschte die Schnur gewaltsam von den verbliebenen und schnellte nach vorn.
    „Ah, scheiße verdammt!“, rief er erschrocken auf, als ein stechender Schmerz seinen linken Unterarm durchzog und eine rote Strieme wie von einem Peitschenschlag dort erblühte, wo die unkontrollierte Sehne ihn mit der Kraft von vierzig Kilo getroffen hatte.

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    Die Faust des Königs schlug so hart auf die Lehne seines Stuhles, dass das aufwändig geschnitzte Holz mit einem Knacken nachgab. Ethorn sprang auf und baute sich zu seiner ganzen Größe auf, den harten Blick auf die Augen von Tiberon gerichtet.
    „Hohle Phrasen und Allgemeinposten! Seit sechs verdammten Jahren bist du als letzter verbliebener Meister an der Spitze der Akademie, und das ist alles, was du mir in unserer Lage zu berichten hast? Du trittst mir unter die Augen und bringst mir nichts als Ausflüchte und Forderungen. Keine Erfolge beim Wiederaufbau der Akademie. Keinen Plan, keine Strategie. Die Akademie ist ein Schatten dessen, was sie einst ausgemacht hatte, und in all den Jahren kommt von dir nichts – NICHTS! – um deinem König und dem Reich die Unterstützung zu sein, die es so dringend braucht.“
    Ethorn blähte die Nasenflügel, als er Tiberon wie einen Wurm in sich zusammensinken sah. Seine Kiefer mahlten wie ein Mühlwerk im Sturm.
    „Du bist dieser Aufgabe eindeutig nicht gewachsen, und ich werde deine Untätigkeit nicht länger dulden. Ich entbinde dich augenblicklich von deinen Aufgaben als Leiter der Akademie.“

    Sein Blick wandte sich zu seiner Rechten.
    „Ich brauche einen Leiter, der anführt, der mitdenkt und Lösungen findet. Jemanden, der Verantwortung zeigt und diese Einrichtung zu der Exzellenz zurückbringt, die sie einmal groß gemacht hat. Und vor allem Jemanden, der keine Angst hat, seine Position offen auch gegen mich zu verteidigen! Deshalb wird Lee ab sofort die Geschäfte als neuer Akademieleiter übernehmen. Auch wenn er nicht aus Argaan stammt, hat er sich in den letzten fünfzehn Jahren als fähiger und entschlossener General bewiesen und sich mein Vertrauen erworben.“
    Nun wandte sich Ethorn ganz zu Lee um, und wo gerade noch nur schwelender Zorn in seinen Augen gestanden hatte, war nun grimmige Entschlossenheit.
    „Baue die alten Schulen der Akademie wieder auf! Stelle neue und alte Meister ein, um alles Wissen zu vermitteln, das noch da ist! Mir ist egal, wie du das anstellst – gib Zwangsaufträge auf Kosten der Krone an die Schmiede heraus, bring erfahrene Krieger aus dem Ruhestand zurück, zieh von mir aus Kämpfer aus der Stadtwache ein, wenn es dir hilft! Aber ich will Ergebnisse sehen!“
    Nun wandte sich sein Haupt in die andere Richtung.
    „Hathon. Die Hofmagier werden die Akademie von nun an ebenfalls unterstützen. Lehrt Taktik, lehrt Geschichte und die Geheimnisse der Insel, lehrt von mir aus auch Alchimie! Alles, was uns hilft, unsere Klingen wieder zu den Besten der Besten zu machen. Im Moment könnte alles auf dem Spiel stehen, und jeder Einzelne in meinem Reich hat dabei mitzuhelfen, dass es auch morgen noch ein Reich gibt!“

    Ethorn sah erneut zu seinem neuen Akademieleiter und zeigte mit dem Finger auf seine Brust.
    „Ich erwarte, dass der Geheimdienst jeden verdammten Ork im Auge behält, der es gewagt hat, seine dreckigen Füße in meine Hauptstadt zu setzen! Jede verdammte Bewegung wird festgehalten und ich werde täglich über die Lage informiert, verstanden? Und schickt mehr Leute nach Thorniara! Ich will wissen, wie die Myrtaner mit der neuen Lage umgehen.“
    Die Hand des Königs deutete fahrig in Richtung von Tiberon, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
    „Mach mit ihm, was du willst. Wenn er noch fähig genug dafür ist, behalte ihn als Meister. Ist mir egal.“
    Es wurde Zeit, dass sich etwas änderte. Mit den Orks in Setarrif, die ganz offensichtlich Unterstützung vom Festland und vielleicht sogar Sympathisanten unter den Menschen hatten, mussten sie jetzt handeln, um auf die unausweichlichen, kommenden Kämpfe vorbereitet zu sein. Denn wenn seine erste Verteidigungslinie mit den Truppen unter Gawaan fiel, war das hier alles, worauf er noch bauen konnte.

    Johanna

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    Veteran Avatar von Na-Cron
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    Es war doch recht kalt geworden in Stewark, fand Na-Cron. Der Adept hatte sich in weiser Vorraussicht einen wollenden Umhang zugelegt, damit er auch bei diesen frostigen Temperaturen durch die Straßen der Stadt gehen konnte. Schließlich konnte er nicht einfach nur in seiner Adeptenkluft durch Stewark wandern.
    Im Haus der Magier war das für ihn überhaupt kein Problem, schließlich gab es für ihn keinen Grund das Gebäude zu verlassen, wenn er sich in seinen Studien vertiefte. Doch er wollte nun endlich das in Angriff nehmen, was er so lange vor sich hingeschoben hatte:
    Er war auf der Suche nach Syrias.

    Es war wesentlich mehr Zeit vergangen als der Adept ursprünglich geplant hatte um den Waffenschmied zu besuchen. Doch zwischen all den Studien der Alchemie, den Aufgaben der Wassermagier und dem Erlernen der Magie hatte er es schlicht und einfach vergessen. Doch nun endlich hatte sich Na-Cron loseisen können. Und wenn er ganz ehrlich mit sich selber gewesen wäre, dann müsste er sich als Stubenhocker bezeichnen. Die gelegentlichen "Ausflüge" in den Kräutergarten zählen sicher nicht als hinaus gehen. Und genau das sollte sich mit dem Besuch bei Syrias ändern.

    Natürlich war der Grund dafür ein ziemlich simpler: Der Myrtaner war Schmied. Und Na-Cron benötigte dringend etwas Erz für seine alchemistischen Forschungen. Da gab es zum Beispiel diesen Einen Trank, welchen er gern herstellen wollte, der als besondere Zutat magisches Erz benötigte. Da aber das magische Erz meist nur auf Khorinis zu finden war und der Adept keinerlei Bedürfnis nach einer Schiffsreise verspürte, hegte er die wage Hoffnung bei Syrias fündig zu werden. Schließlich war der ja auch als Geselle bei einem der Meisterschmiede Argaans beschäftigt.
    Doch als Na-Cron bei der Schmiede angekommen war, bot sich ihm ein ungewöhnliches Bild: Syrias kam gerade mit wütender Miene aus dem Gebäude gestürmt und wirkte ob seiner Kleidung eher so, als würde er zu einer Reise aufbrechen wollen. Der Schmied trug ein kurzes Schwert an der Seite und eine längere Klinge in einer Schlaufe auf dem Rücken. Gekleidet war er in wetterfeste Klamotten und trug eine kleine Kiste vor sich her.
    "Syrias!" rief Na-Cron und winkte ihm fröhlich. "Da hab ich dich anscheinend noch rechtzeitig erwischt, Adanos sei Dank. Du siehst aus, als wolltest du auf Reisen gehen?"

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    Provinzheldin Avatar von Johanna
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    Westviertel

    „Und wieso geht es für uns auf dieser Route nicht zum Tempel?“, fragte Johanna, während sie vom äußeren Ring auf die Straße in Richtung Zentrum einbogen.
    „Weil der König seine Hofmagier und die Typen aus der Akademie auf die Bude angesetzt hat“, entgegnete Winstan schulterzuckend. „Bin nicht traurig drüber. Früher hab sich genau dort gern Pause gemacht und eine geraucht. Hab immer noch keinen neuen, guten Platz gefunden.“
    „Ist mir recht. Ich hab’s nicht so mit Göttern“, murmelte Johanna.
    Ihre Patrouille durch den Westteil der Stadt ging auf ihr Ende zu, und die Sonne stand mittlerweile hoch am Himmel. Auch Johannas Magen schien diesen Umstand bereits bemerkt zu haben, denn er knurrte so laut, dass Winstan es kaum überhören konnte.
    „Wie liegen wir in der Zeit?“, fragte sie. „Ist es noch weit?“
    „Hast Hunger, was? Keine Sorge, wir sind bald durch. Dann können wir uns ein ordentliches Mittagessen gönnen. Wir sind nur ein wenig später dran als vom Chef geplant.“
    „Spät dran, hmm?“ Johanna warf Winstan einen Seitenblick zu. „Scheint eine Angewohnheit von dir zu sein.“
    Winstand blieb stehen, legte die Hand auf seine Brustplatte und schnappte gespielt nach Luft. „Partnerin, ich bin empört! Ich habe einfach viel zu tun, das ist alles!“
    „Klar, viel zu tun“, sagte sie mit einem Grinsen auf den Lippen.

    Sie ließen den äußeren Ring hinter sich folgten gepflasterten Straße entlang einer Reihe besser situierter Gebäude in Richtung Osten. Nur wenige Leute kreuzten ihren Weg, zumeist augenscheinlich Bedienstete und Boten. Einfache Leute trieben sich hier kaum herum.
    „Nur noch ins Zentrum bis zum mittleren Ring, und dann machen wir-“
    Winstan verengte die Augen und blickte voraus. Als Johanna seinem Blick folgte, sah sie zwei Gestalten in einer Seitengasse verschwinden.
    „Schlechtes Gefühl bei denen?“
    „Könnte man so sagen. Schauen wir uns das mal an.“
    Die beiden beschleunigten ihre Schritte, bis sie die Gasse erreichten, in der sie die beiden Personen verschwinden gesehen hatten. Johanna warf einen Blick auf das Haus, in dessen Hinterhof der Weg zu führen schien. Ein zweistöckiges Gebäude, das auf den ersten Blick zwar recht unscheinbar daherkam, aber hier und da durch merkwürdige Anordnungen von Zäunen und Balustraden auffiel. Ihr war fast so, als hätte jemand diesen Elementen des Grundstücks bewusst eine Anordnung verliehen, um daran herumzuklettern.
    „Kennst du das Haus?“, fragte sie.
    „Nah, irgendein Haus halt“, antwortete Winstan. Doch für ihren Geschmack kam die Antwort ein wenig zu schnell und war ein wenig zu achtlos formuliert.

    Sie erreichten die Rückseite des Gebäudes, an dem die Gasse entlangführte, um dahinter an einem Zaun jäh zu enden. Gegenüber dem Hause befanden sich eine Reihe kleiner Schuppen. Und dort, ganz am Ende, hockte eine Person vor einem der Kellerfenster und widmete sich seelenruhig seinem Einbruchsversuch. Winstan und Johanna wechselten einen kurzen Blick, bevor er sein Schwert zog. Sie schickte sich an, es ihm gleichzutun, doch er hob die Hand.
    „Du bleibst zurück. Ohne Rüstung weist dich noch nichts als Stadtwache aus.“
    Johanna schnaufte, doch sie fügte sich seiner Anweisung. So ging Winstan einige Schritte voraus und näherte sich dem Mann, der sie beide erst bemerkte, als sie keine zwanzig Fuß entfernt waren.
    „Na, wen haben wir denn hier? Wolltest wohl gerade hier einsteigen, hmm?“
    Der Mann hielt inne und trat zurück. Sein Kopf wandte sich um in eiliger Suche nach einem Fluchtweg, doch der Verbrecher musste schnell erkennen, dass es kein Entkommen gab, ohne sich mit Gewalt an ihnen beiden vorbeizuschlagen. Johanna runzelte die Stirn. War das nicht dieser Pfau, den Isidor in Thorniara kennengelernt hatte? Und wo war die zweite Person, die sie in die Gasse verschwinden gesehen hatte?

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    Provinzheld Avatar von General Lee
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    Königliche Zitadelle

    Aus Sicht des Generals war König Ethorns Wutausbruch im unteren Mittelfeld anzusiedeln. Kein seichtes Brodeln, aber auch kein Orkan, der das Ziel seiner Frustration zermalmte und etwaige Unbeteiligte in seinen Sog hineinzog.
    Dem entschlossenen Blick seiner Majestät mit der gerechtfertigten Ernsthaftigkeit erwidernd, neigte Lee leicht den Kopf als Zeichen des Dankes und Respekts.
    „Habt Dank für Euer Vertrauen, Majestät.“
    Seine Stimme war fest und klar. Zudem wusste er, dass eine ausgedehnte Rede weder den König beeindrucken würde, noch seinem eigenen Charakter entsprach. Es gab andere Männer, die ihre Worte als Waffe und Schild trugen. Der alte Veteran jedoch bevorzugte es, seine Taten sprechen zu lassen. Eine verblichene Phrase, doch er lebte sie damals und er lebte sie noch heute.

    Dann wandte er sich selbst an Hathon, den Ethorn in seine Befehle direkt mit einbezogen hatte.
    „Der König ist weise, dass er die Hofmagier in die Geschicke der Akademie mit einbeziehen will. Ich befürworte diese Entscheidung und werde diese Einladung auch an den Kreis des Wassers tragen. Als Magier seid Ihr unersetzbar im Kampf und es wäre klug, wenn wir Euch und die Euren in Kampfübungen einbeziehen. Und ich bin sicher, dass Euer Wissen der Akademie und dem Volk von unschätzbarer Hilfe sein wird.“
    Hathon nickte lediglich nach diesen Worten. Er würde sich den Befehlen seines Königs nicht widersetzen und selbst, wenn er zurückhaltend gegenüber der Idee sein sollte mit der Akademie zusammenzuarbeiten, hatte Lee Vertrauen, dass sie voneinander profitieren würden. Blieb noch eine weitere Angelegenheit zu klären.

    „Tiberon“, sprach der neue Leiter der Akademie jenen Mann an, der aussah, als hätte man ihn seiner Ehre beraubt, „Ich werde dich als Meister auf Probe in der Akademie behalten und sei dir sicher, dass ich jeden deiner Schritte aufs genauste beobachten werde! Die derzeitige Lage erlaubt es uns nicht auf fähige Krieger wie dich zu verzichten und auch, wenn du nicht zum Führen geeignet bist, können die Aspiranten noch von deinen Erfahrungen lernen.“
    Der Angesprochene reagierte nicht, schien noch immer geschockt von den Nachrichten zu sein, die der König ihm unverblümt entgegengeschrien hatte. Er würde sich schon wieder fangen und wenn nicht, dann hatte er sein Leben als Mitglied der Akademie hinter sich. Stellte er sich klüger an, als in den letzten Jahren, mochte er als Mitglied des Tribunals der Akademie sogar weiterhin einen gewissen Einfluss genießen.

    „Ich werde gleich zur Akademie aufbrechen. Ich muss mir selbst ein Bild der Rüstkammer machen, um abschätzen zu können, wie dringend neue Ausrüstung benötigt wird. Für den Geheimdienst habe ich bereits einen Mann im Sinn, der immer wieder bewiesen hat, dass er Ergebnisse liefert und ich werde sicherstellen, dass er ausreichend Unterstützung bekommt. Was die Ernennung weiterer Meister angeht… dazu kann ich erst etwas sagen, wenn ich mir einen Eindruck verschafft habe“, legte er die ersten Schritte dar, die er ablaufen würde und verneigte sich dann kaum merklich vor Ethorn, „Eure Majestät“, bevor er mit langen Schritten aus der Königlichen Zitadelle schritt.
    Er würdigte Tiberon keines Blickes, als er dicht an ihm vorbeilief und durch die schwere Doppeltür verschwand. Die nächsten Wochen würde sehr viel Arbeit auf ihn zukommen und er hoffte für seinen Vorgänger, dass er nichts aufdeckte, dass ihn auf den Richtblock brächte.

    Isidor

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    Westviertel - Das sichere Haus

    So schnell konnte es gehen im Leben. Einen Herzschlag lang durchrauschte ihn das triumphale Glücksgefühl, als die Öffnungsnadel sich unter die Falle schob und das Fenster sich ohne jeden weiteren Widerstand öffnete. Und schon im nächsten Moment erstarrte er, als er die Stimme des Stadtwächters hörte.
    „Na, wen haben wir denn hier? Wolltest wohl gerade hier einsteigen, hmm?“
    Piero ließ die Nadel unauffällig durch das geöffnete Fenster fallen und ließ jenes so vorsichtig los, dass es nicht wieder in die Falle fiel. Er trat vom Fenster zurück und sah sich um. Wo bei Beliars blutigen Eiern war Lares denn abgeblieben?

    „Herr Wachtmeister! Schön, Euch zu sehen! Da liegt ein kleines Missverständnis vor. Wir sind über einen Boten vom Hausbesitzer beauftragt worden, dieses Kellerfenster zu reparieren. Das Ding schließt nicht mehr richtig.“
    Piero stupste das Fenster mit der Stiefelspitze an, dass es aufschwang.
    „Hier, ziemlich hinüber. Ich war gerade hier, um das es zu sichten, damit Meister Friedrich später weiß, womit er es zu tun hat.“
    Der Wächter beäugte Piero mit hochgezogenen Augenbrauen.
    „Na, dann wollen wir dir mal glauben, Freundchen. Wo finden wir denn diesen Friedrich?“
    „Na drüben, im …“, setzte er an, als sich hinter dem Wächter eine kleinere Gestalt hervorschälte, die sich zuvor ganz ausgezeichnet versteckt gehalten hatte. Als er Isidors Zwergenfreundin erkannte, wusste er, dass er mit seiner Scharade verloren hatte. „O merda.“

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    Provinzheldin Avatar von Johanna
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    Westviertel

    „Ich glaube kaum, dass du unter die Schlosser gegangen bist!“, rief Johanna dem eitlen Pfau entgegen, der sich mit seiner halbseidenen Ausrede doch allen Ernstes das Ohr von Winstan erkauft hatte. Sie trat neben ihren Partner und stieß mit ihrer Faust gegen seine Schulter.
    „Du glaubst ihm doch diesen Scheiß nicht, oder?“
    „Na, also …“, setzte Winstan langatmig an. „Ich weiß nicht.“
    „Der Mann heißt Piero und ist ein Tunichtgut, der gerade direkt am Stadttor eine Taverne eröffnet hat! Er hat dem Chef dafür sogar die nördliche Wachstube aus dem Kreuz geleiert! Denkst du wirklich, er ist gleichzeitig Geselle bei einem Schlossermeister?“
    „Also wenn du das so sagst, ist das natürlich schwer zu erklären.“
    Johanna schnaufte. „Wir sollten ihn ins Gefängnis bringen und ihn ein Wörtchen mit dem Chef sprechen lassen, denkst du nicht?“

    Während Winstan offensichtlich noch mit sich zu ringen schien, ob er sich nun allen Ernstes auf Kosten seiner Mittagspause die Mühe einer Festnahme machen wollte, sah Johanna sich in dem Hinterhof um. Es gab nur den einen Weg hinaus und sie hatte auf jeden Fall zwei Personen hier hineingehen sehen. Außer dem Hintereingang des fraglichen Hauses und der Schuppen gab es keine andere Möglichkeit zu entkommen.
    „Wohin hast du deinen Freund entkommen lassen, Piero?“, murmelte sie mehr zu sich selbst, während sie langsam die Schuppen abschritt, einen nach dem anderen. Sie versuchte, durch die dreckverschmierten, kleinen Fensterchen hineinzublicken, so sie denn über solche verfügten, doch darin schien es stockdunkel zu sein. Also besah sie sich die Türen näher. Die ersten beiden waren mit einfachen Vorhängeschlössern gesichert. Die dritte jedoch verfügte über gar kein erkennbares Schloss, und dennoch war sie fest verschlossen – fast, als lehnte etwas von der Innenseite dagegen. Oder Jemand.

    „Na na na, schön ruhig bleiben!“, rief Winstan hinter ihr. Johanna fuhr herum und sah ihren Partner mit erhobener Waffe, halb ihr und halb dem Verbrecher zugewandt. Piero hob stirnrunzelnd die Arme, doch Winstan schritt mit ungewohnter Heftigkeit auf ihn zu und legte ihm die Handeisen an.
    „Na komm, Johanna. Bringen wir ihn ins Kittchen!“
    Sie blickte über ihre Schulter zu der verrammelten Tür und fluchte leise vor sich hin, bevor sie ihrem Partner zur Hilfe eilte.
    „Na gut, wenigstens Einer von Zweien. Wenn wir da sind, wirst du eine wirklich gute Erklärung für all das brauchen, Piero.“
    Geändert von Johanna (10.02.2025 um 19:19 Uhr)

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    Abenteurer Avatar von Piero
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    Piero ist offline

    Gefängnis

    Was war denn falsch mit diesem merkwürdigen Stadtwächter? Im einen Moment wusste er noch nicht einmal, ob er Piero überhaupt festhalten wollte, und im nächsten – kaum dass er Johanna an den Schuppen erblickt hatte – sprang er ihm fast an die Kehle, als sei er ein gefährlicher Schwerverbrecher!
    „Cosa vuoi da me, stronzo?“, rief Piero empört und streckte die Arme in ehrlichen Ausdruck von Unschuld von sich, doch es nützte nichts. Als die Handschellen sich schlossen und sie zu dritt in Richtung des Gefängnisses aufbrachen, kam er nicht umhin, sich wie ein Bauernopfer zu fühlen. Ihm war nur leider entgangen, was diesen unglückseligen Ausgang seiner ersten Lehrstunde ausgelöst hatte.
    „Bist du jetzt neuerdings unter die Ordnungshüter gegangen?“, fragte er Isidors kleine Freundin, während sie quer durch die Stadt marschierten, und warf ihr ein schelmisches Grinsen über die Schulter zu, doch sie antwortete nur mit einem äußerst unangenehmen Faustschlag zwischen die Schulterblätter, der ihn ins Stolpern brachte.
    „Schon gut, schon gut. Ich sehe schon, du bist nicht für gepflegte Konversation zu haben. Ich störe gerade eure Mittagspläne, oder? Aber wie wär’s, wenn ihr mir die Handschellen abnehmt und wir gehen gemeinsam zur Torwirtschaft, wo ich euch verköstige, bis ihr platzt? Ich werd euch schon nicht wegrennen.“
    „Jetzt halt schon die Klappe, Mann!“, schnappte sie zurück.
    Piero verzog das Gesicht. „Oh, ich sehe schon. Hunger macht böse. Da hab ich wohl verloren.“

    Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, es auf dem Weg zum Gefängnis noch drei weitere Male zu Versuchen. Allein, es nützte nichts – Johanna blieb stur und wortkarg. So endete Piero in einer Zelle mit einem fragwürdigen Gesellen, der sich in der hintersten Ecke ihres gemeinsamen Aufenthaltsortes zusammengerollt hatte.
    „Buon giorno, Signore!“, grüßte Piero freundlich und erntete nicht mehr als ein verächtliches Ächzen. „Und dir eine wundervolle Mittagspause, Frau Wachtmeisterin!“
    Johanna würdigte ihn ungehobelterweise nicht einmal eines Blickes, sondern wandte sich dem Gefängniswärter zu. „Wir sind leider noch nicht bis zur Bäckerei gekommen, aber ich bring dir noch was mit, versprochen.“
    „Geh ruhig schon in die Pause, Kleine“, sagte ihr Kollege. „Ich geb dem Chef Bescheid wegen dem Gecken da.“
    Als die beiden das Gefängnis verließen, rief Piero ihr hinterher: „War mir ein Vergnügen! Und komm gern einmal in der Torwirtschaft vorbei!“
    Er konnte schon verstehen, warum Isidor Augen für sie hatte. Sie hatte Charakter, trotz – oder gerade wegen – ihrer Zwergenhaftigkeit.

    Es verging gerade so viel Zeit, dass es Piero langsam unbequem in seiner Ecke wurde, da regte sich sein Zellengenosse und warf zum ersten Mal einen Blick auf ihn. Mit einem dreckigen Grinsen musterte der Kerl die adrette Kleidung eines Mannes von Welt und witterte wohl ein leichtes Opfer, um sich an Ort und Stelle zu bereichern oder zumindest seiner Überlegenheit Ausdruck zu verleihen.
    „Hübsche Klamotten!“, nuschelte der Mann. „Bist zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen, hä?“
    „Das könnte man durchaus so nennen, in der Tat! Mein Name ist Piero. Mit wem habe ich denn das Vergnügen?“
    Ein garstiges, zahnloses Lachen erfüllte die feuchtkalte Seeluft. „Sie nennen mich Messerstecher-Günter.“
    Piero grinste breit. „Ich bin entzückt.“
    „Ganz bestimmt“, giftete Günter. „Du siehst aus, als hättest du ein paar Münzen einstecken. Die gibst du mir jetzt besser, wenn ich dir nicht den Schädel einschlagen soll. Und mach dir keine Hoffnung, den Kerl da vorn interessiert es einen Scheiß, wenn jemandem hier drinnen was passiert.“
    Pieros Grinsen wurde keinen Deut schmaler, als er sich Günter vollends zuwandte.
    „Sie nennen dich Messerstecher, hmm?“
    „Aye.“
    „Und du hast bestimmt schon ein paar auf dem Gewissen, hmm?“
    „Davon kannst du ausgehen.“
    Ohne hinzusehen, ließ Piero aus seinem Ärmel den Dolch gleiten, den er für schwere Zeiten zurückhielt. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn zu durchsuchen.
    „Aber vielleicht nennen sie dich ab morgen ja Eunuchen-Günter.“ Die Dolch-Spitze zeigte genau auf Günters Schritt und berührte seine besten Teile gerade so sehr, dass der Kerl wusste, womit er es zu tun hatte. „Wird sich sicher schnell durchsetzen.“
    Günter hob die Hände. „Is ja schon gut! Ich lass dich ja schon in Ruhe!“
    „Das will ich meinen. Aber komm doch gern mal in meine Schänke, direkt am Torhaus, falls dir mal eine Münze in die Hände fällt! Die Torwirtschaft hat auch für Leute wie dich ein Bier übrig.“

    Just in diesem Moment öffnete sich die Gefängnistür, und es war niemand Anderes als Lord Hertan höchstpersönlich, der sich die Ehre gab. Pieros Dolch war so schnell in seinem Ärmel verschwunden, wie er hervorgekommen war, und er erhob sich mit einem Satz.
    „Signore Hertan! Welch freudiger Umstand, dass Ihr persönlich-“
    „Schweig, Gefangener!“ Hertan baute sich vor der Zelle auf, nicht unbedingt größer als Piero selbst, doch deutlich imposanter und einschüchternder in Statur und Ausstrahlung. Der Herr der Stadtwache musterte seinen neuen Gefangenen aufs Genaueste. Dann schnaubte er wie ein Bulle.
    „Du hast Glück. Deine Freunde legen ein gutes Wort für dich ein und sagen, dass du die Erlaubnis hattest, dich an ihrem Haus zu vergehen.“
    Piero runzelte die Stirn, doch er sagte nichts. Es gab die seltenen Momente, in denen man besser schwieg. Hertans Stimme war nicht mehr als ein leises Knurren, doch es war bedrohlicher als jedes Brüllen.
    „Wenn ich dich dabei erwische, dass du deine Fingerfertigkeit für etwas anderes als das Wohlergehen dieser Stadt einsetzt, lasse ich dich kopfüber von der Klippe hängen und konfisziere die Taverne mit allem, was wir darin finden können. Ist das klar?“
    „Unbedingt.“
    Hertan wandte sich dem Gefängniswärter zu. „Lass ihn raus.“
    Der Wärter glotzte bedröppelt. „Echt jetzt? Ich meine: klar, Chef!“
    Ohne sich noch einmal umzuwenden, verließ Lord Hertan das Gefängnis. Die Zellentür öffnete sich für Piero, der beschwingt hindurch ins Freie trat.
    „Man dankt!“
    „Was soll’n der Scheiß?“, keifte Günter aus seiner Ecke.
    Der Wärter knallte die Tür hinter Piero ins Schloss. „Keine Angst, Günter, du darfst unsere Gastfreundschaft noch ein wenig länger genießen. Und du machst dich besser raus hier.“
    „Mit Freuden!“, erwiderte Piero. „Ich hab ohnehin noch etwas zu erledigen. Aber falls es mal ein Feierabendbier sein soll, seid Ihr gern in der Torwirtschaft willkommen. Arrivederci!“

    Und schon hatte ihn die Freiheit wieder. Piero lächelte. Lares musste bei dieser Nummer definitiv seine Finger im Spiel gehabt haben. Wenn er ihn das nächste Mal sah, würde der alte Halunke ihm aber Einiges zu erklären haben.
    Geändert von Piero (24.02.2025 um 02:51 Uhr)

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