Portal-Zone Gothic-Zone Gothic II-Zone Gothic 3-Zone Gothic 4-Zone Modifikationen-Zone Download-Zone Foren-Zone RPG-Zone Almanach-Zone Spirit of Gothic

 

Seite 4 von 16 « Erste 123456781115 ... Letzte »
Ergebnis 61 bis 80 von 306
  1. Beiträge anzeigen #61 Zitieren
    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
    Registriert seit
    Jul 2014
    Beiträge
    744
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist offline

    Klippenschänke

    Ein zufriedenes Schnauben entfuhr Chala, nachdem sie ihr Besteck beiseitegelegt und den geleerten Krug abgesetzt hatte. Kostenlose Mahlzeiten schmeckten besonders gut, insbesondere wenn man etwas dazu bekam, womit man es herunterspülen konnte. Doch kurz darauf verzog sie angestrengt das Gesicht, als ihre Rippe sie peinigte. Irgendetwas stimmte damit ganz und gar nicht.
    „Da wart ihr fleißig“, scherzte die Aranisaani im Bezug auf die drei Kinder und lächelte schief.
    Wenn sie alle nach Runa schlugen, dann wäre es eine Rasselbande, vor der der Morgrad in Zukunft nicht sicher wäre.
    „Ich kann nur sagen, dass ich sehr beeindruckt von Runa war. In ihrem Alter war ich nicht so unerschrocken“, log sie zu Gunsten der Mutter.
    Tatsächlich glaubte sie, dass sie keinerlei Erinnerungen an eine Zeit hatte, wo sie in Runas Alter war. Doch darauf würde sie später zu sprechen kommen. Die Heilkammer klang nach einem passenden Ort dafür. Doch zunächst wollte sie den Wunsch der Wehmutter erfüllen und ihr mehr über die Wilde Jagd berichten.

    „Ornlu kennt Ihr also auch?“, fragte sie überrascht und dachte mit einem Mal an viel nackte Haut und seltsame Fragen, was ihr ein unweigerliches Grinsen ins Gesicht zauberte, „Ein interessanter Mann“, fügte sie bedeutungsschwanger hinzu, wobei sie die Verwendung des Wortes bedeutungsschwanger in Gedanken bereits bereute.
    Unbewusst ließ sie ihre Hand auf den Bauch sinken und rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, bevor ihr bewusstwurde, was ihr Unterbewusstsein da zu Tage fördern wollte.
    „Ich weiß nicht viel über die Hintergründe der Wilden Jagd“, zwang sie sich zum Thema zurückzufinden, „Scheinbar hat Tooshoo verschiedenste Menschen mit einem Mal versehen, welches sie in die Sümpfe geführt hat.“
    Sie reckte ihr Kinn nach oben und offenbarte die hellhäutigen Stellen in ihrer sonst dunklen Haut.

    „Mir hat der Weltenbaum das hier vermacht und am liebsten würde ich es stets verbergeben. Es war ein seltsames Schauspiel, der Beginn dieser Jagd. Ein Schrei hallte durch die Sümpfe und unsagbare Monster erhoben sich gen Tooshoo, welche von den Bäumen selbst abgewehrt wurden. Riesige Pilze schossen in die Höhe und mächtige Tiere standen für ihren Lebensraum ein. Sie kämpften für jemanden, der als Schamane bezeichnet wurde. Mein Volk hat auch Schamanen, doch sie sind anders, als dieser. Es wurde verkündet, dass mehrere korrumpierte Wesen gefunden worden waren und wie im Waldvolk üblich sandte man Jagdtrupps nach ihnen aus. Als Außenstehende, aber durch das Mal gezwungene Teilnehmerin, wurde ich einer Gruppe zugeteilt, die Auskundschaften sollte, wo sich diese Viecher befanden. Allerdings wurde uns wenig Wahl gelassen und wir mussten selbst kämpfen. Untote, lebendige Ranken und toxischer Nebel. Einige der Bestien wurden erlegt und Trophäen in ein Basislager gebracht, welches aus dem Boden gestampft worden war. Es ging darum, mehr von ihnen zu erlegen, als die auserwählten Tiere dieses Schamanen.“

    Chala hielt mit ihrer Erzählung inne, öffnete ihre Tasche und schaute, ob sie fand, wonach sie suchte. Doch ihr fiel auf, dass sie alle Blüten der merkwürdigen Pflanze im Sumpf gelassen hatte.
    „Ich hatte eine Blüte von der Pflanze, die mehr als die Hälfte des Kommandos ausgelöscht hat, dem ich zugeteilt worden war“, erzählte sie ohne Bitterkeit in der Stimme, „Aber sie ist wohl noch im Sumpf.“
    Es waren nicht ihre Leute gewesen und auch nicht ihre Freunde. Wichtig war, dass sie es lebend herausgeschafft hatte.
    „Am letzten Tag der Frist von drei Tagen wurden alle Teilnehmer der Jagd – schon witzig, wenn man bedenkt, dass wir keine Wahl hatten – zum nördlichen Tempel gerufen, wo sich alles als ein großer Schwindel herausstellte. Eine Art Mischling aus Sumpfhai und Lurker in der Größe eines Trolls griff uns an, zusammen mit weiteren verdorbenen Wesen. Der Hauptmann des Waldvolks, Ryu Hayabusa tötete die Kreatur und eine riesige Kröte verschlang die…Essenz? Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Jedenfalls wurde die Kröte noch größer und wurde als Herr über den Sumpf ausgerufen. Was auch immer das bedeuten mag.“

    Dieser ganze Hokuspokus war über ihren Kopf hinweggeflogen. Sie hatte weder verstanden, um was es im Endeffekt bei der Wilden Jagd ging, noch, wie sich das Ergebnis auf das Waldvolk auswirken würde.
    „Ich bin dann nach Beltane losgezogen, nachdem ich mit Maris über mein Problem gesprochen habe. Er hat dieses Tagebuch“, sie holte es aus ihrer Tasche und zeigte es Aniron“, benutzt, um irgendetwas über mich herauszufinden.“

  2. Beiträge anzeigen #62 Zitieren
    Mamka  Avatar von Aniron
    Registriert seit
    Aug 2007
    Ort
    Dresden
    Beiträge
    7.996
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Aniron ist offline
    Aniron lauschte, was Chala ihr da berichtete. Die Priesterin war sich sicher, dass sie noch nie einen derartig detaillierten Bericht über die Machenschaften des Völkchens im Süden der Insel gehört hatte. Weder von ihrem Mann noch von Ornlu oder sonstwem.
    Doch, nachdem Chala mit dem Bericht geendet hatte, lehnte die Wehmutter sich zurück und schüttelte den Kopf. Mit der einen Hand griff sie zitternd nach ihrem Krug, mit der anderen Hand fuhr sie sich zunächst über die Stirn und dann über die Augen. Bei all dem hatte nicht nur ihr Mann mitgemacht, sondern auch ihre Tochter mittendrin gesteckt. Und das nur, weil sie ihm aus jugendlichen Trotz hatte folgen müssen!
    „Entschuldigt, ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln“, sprach Aniron. Diesen wahnsinnig anmutenden Wettbewerb also hatten die Menschen für sich entscheiden können. Was hätte es bedeutet, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre? Hätte eine andere Macht als die der Menschen die Insel übernommen? Offensichtlich war es jenen Leuten dort unten, auch Maris, Runa und dieser Chala, und ihrem offensichtlich fähigen Hauptmann zu verdanken, dass sie alle noch so leben konnten, wie sie es taten. Keiner hier hatte etwas davon geahnt oder mitbekommen … Sie würde es Tinquilius berichten. Doch nicht jetzt. Jetzt sollte ihre Aufmerksamkeit Chala gelten, die ihr die Nachricht ihres Mannes und ihrer Tochter überbracht hatte und noch etwas auf dem Herzen zu haben schien. Fragen, die Aniron zu all dem in den Sinn kamen, würde wohl nur Maris oder Ornlu beantworten können. Ob sie …

    Aniron lehnte sich wieder nach vorn.
    „Es tut mir leid, dass Ihr das alles erleben musstet. Willkommen in Stewark, Chala“, sagte sie und prostete der Dunkelhäutigen mit den vollen Lippen zu. „Habt noch einmal Dank für die Nachricht und auch für Euren Bericht. Wie steht es jetzt um den Sumpf und seine Bewohner?“
    Sollte sie wirklich den Weg nach Tooshoo einschlagen, brauchte sie einen Lagebericht.
    Dann fiel ihr Blick auf das Buch, das Chala hervorgeholt hatte. „Gut, also, was hat mein Mann herausgefunden und warum schickt er euch her? – Ach, nein, lasst uns zur Heilkammer gehen. Auf dem Weg berichtet Ihr mir vom Waldvolk und in der Heilkammer könnt Ihr mir erzählen, was es mit dem Buch und überhaupt allem auf sich hat.“
    Aniron leerte den Rest ihres Kruges in einem Zug. Vielleicht brauchte sie heute mal einen ihrer eigenen Kräuterschnäpse …
    „Ach ja, Ornlu kenne ich, ein alter Freund meiner Familie. Patenonkel der Kinder, wenn man es so will. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das ein guter Einfluss ist“, sagte sie und grinste schief, während sie die Klippenschänke verließen. Chalas Verhalten, was Ornlu betraf, kam ihr merkwürdig vor. Aniron wollte ein bisschen mehr wissen, in welcher Verbindung sie zu dem Druiden stand. Vielleicht gab sie ja noch etwas preis, auch wenn Aniron sich nicht zu große Hoffnungen machte. Diese Frau umwehte eine geheimnisvolle Aura. Sie schien wie jemand, der seine Angelegenheiten am liebsten mit sich selbst klärte.
    Geändert von Aniron (27.09.2024 um 19:26 Uhr)

  3. Beiträge anzeigen #63 Zitieren
    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
    Registriert seit
    Jul 2014
    Beiträge
    744
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist offline
    Verständlicherweise war Aniron betroffen von dem Bericht, den Chala ihr aus dem Sumpf um Tooshoo gebracht hatte. Doch tatsächlich empfand sie selbst dabei nur wenig. Sie hatte getan, was ihr aufgetragen worden war und würde bald zu dem Anliegen kommen, was sie überhaupt hergeführt hatte. Sie hatte keinen Sinn darin gesehen die Dinge zu beschönigen. Maris und Runa ging es gut und keine blumigen Worte hätten diesen Umstand noch weiter verbessern können. Dennoch fragte sie sich, ob sie der Magierin zu viel auf einmal zum Verdauen gegeben hatte. Sie wirkte bei ihrem letzten Schluck so, als wäre sie traurig, dass es kein Wurzelschnaps war. Wenn die Aranisaani ehrlich war, könnte sie auch etwas Stärkeres vertragen.
    „Ich glaube fast nicht, dass Ornlu für irgendwen ein guter Einfluss ist“, lachte die Dunkelhäutige, als sie vor der Wehmutter durch die Tür hinaus auf den Torplatz trat und sie über ihre Schulter hinweg ansah, „Obwohl er durchaus Talente besitzt, die ich nicht verleugnen kann“, fügte sie noch grinsend hinzu.

    Chala ließ Aniron den Vortritt, damit sie sie zur Heilkammer führen konnte. Währenddessen überlegte sie, was sie noch berichten konnte. An Beltane hatte sie keine Erinnerungen und am nächsten Morgen war sie bereits aufgebrochen. Was sich in den letzten Wochen am Weltenbaum getan hatte, war ihr also nicht bekannt.
    „Was möchtet Ihr noch wissen? Ich war die letzten Tage im Weißaugengebirge unterwegs und kann nur von der Zeit bis Beltane, dem Sommerfest sprechen. Zu dem Zeitpunkt waren die Wunden noch nicht alle geleckt und das ohnehin zerstörte Schwarzwasser hat unter der aufbegehrenden Natur weiter gelitten. Tooshoo selbst ist unversehrt und mit dem Verschwinden dieses riesigen Lurker-Sumpfhais hat sich wohl auch die Lage in den Sümpfen beruhigt.“
    Als die dreifache Mutter sie auf eine Treppe führte, stöhnte Chala ungewollt auf. Ihre Rippe schmerzte bei dieser Bewegung besonders stark und es fühlte sich an, als würden die Knochen ihr Innerstes punktieren.

    Oben angekommen musste sie durchatmen. Entweder holte sie ihr Hang zum Sumpfkraut ein oder sie war schwerer verwundet, als gedacht. Aniron betrachtete sie besorgt und gleichwohl fachmännisch, während die Kriegerin versuchte schnell wieder die Fassung zu gewinnen. Schwäche zu zeigen war ihr zuwider, doch neben ihren Rippen würde sie wohl sehr bald eine viel tiefersitzende Schwäche offenbaren müssen – oder zumindest die Vermutung dahingehend. Nach wie vor schien es ihr unmöglich, dass mehr als eine Seele in ihrem Körper lebte. Doch das ließe beinahe nur eine andere Interpretation dessen zu, was Maris gesehen haben wollte. Beinahe hoffte sie, dass sich die Fähigkeiten des Varanters als reiner Jahrmarktsschwindel entpuppten. Lieber hätte sie etwas Zeit verschwendet, indem sie herkam, als dass eine der beiden Möglichkeiten wahr war.
    „Geht schon wieder“, überspielte sie ihren Zustand, „Wohin jetzt?“

  4. Beiträge anzeigen #64 Zitieren
    Mamka  Avatar von Aniron
    Registriert seit
    Aug 2007
    Ort
    Dresden
    Beiträge
    7.996
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Aniron ist offline
    Aniron musterte die Frau mit der schönen Haut mit gewohntem Blick. Dann deutete sie ihr nur stumm mit einer Geste an, dass sie der Wehmutter weiterhin folgen sollte. Sie gingen eine weitere Treppe hinauf und an der Zitadelle vorbei, um zur Heilkammer zu gelangen. Dort angekommen durchquerte Aniron mit ein paar Schritten den Raum. Sinan kam ihr sofort entgegen:
    „Und, sind die … du weißt schon wer wieder weg?“, fragte er leise.
    Aniron nickte und sah, wie sein Blick dann auf Chala fiel. Mit unverhohlenem Interesse musterte er sie, während Chala selbst sich umsah.
    „Das ist Chala, sie hat mir Nachricht von Papa und Runa gebracht! Es geht ihnen gut, sie sind im Sumpf“, erklärte sie, dann drehte sie sich zu Chala um.
    „Das ist Sinan, er ist Runas Zwillingsbruder“, erklärte sie ihr und blickte dann ihren Sohn wieder an. „Ich erzähl dir später mehr, ja? Chala und ich werden uns nach ganz hinten verziehen für ein vertrauliches Gespräch.“
    Sinan musterte sie immer noch, Aniron konnte es ihrem Sohn nicht verdenken, war er sicherlich erstaunt von der exotischen Schönheit.
    „Soll … soll ich euch den Raumtrenner bringen?“, fragte er dann etwas langsam.
    „Ja, bitte.“

    Aniron deutete Chala, zum hintersten Bett im Raum zu gehen und sich dort auf eine der Liegen zu legen. Als Chala dem nachkommen wollte, hob Aniron die Hand:
    „Zuerst die Stiefel ausziehen.“
    Etwas missmutig hob Chala den rechten Fuß an, sog dabei aber scharf die Luft ein.
    „Ich bin übrigens die Leiterin der Heilkammer“, sagte Aniron, als sie sich zu Chalas Füßen begab. Hatte sie doch gewusst, dass die Fremde etwas plagte. „Und auch Wehmutter.“ Sie half Chala aus den Stiefeln raus und die Beine auf der Liege abzulegen.
    „Also, zuerst schauen wir uns Eure Rippen an, dann sagt Ihr mir, warum Ihr hier seid.“
    Chala schien sich dem stumm zu fügen. In diesem Augenblick brachte Sinan den Raumtrenner, ein Metallgestell mit einem schweren Vorhang, der dafür sorgte, dass sie hier ein bisschen mehr Privatsphäre hatten, auch wenn die Heilkammer selbst nicht stark besucht war.

    Als Aniron den Stoff so drapiert hatte, dass Chala gut verdeckt war, half sie ihr dabei, sich so zu entkleiden, dass Aniron die Dunkelhäutige untersuchen konnte.
    „Achtung, ich habe etwas kühle Hände“, sprach die Hebamme und tastete vorsichtig über Chalas Rippen. Schnell fand sie die Stelle, die ihrer Patientin Schmerzen bereitete. Die Rippe schien nicht gebrochen, um aber ganz sicher zu gehen, ließ Aniron einen Augenblick ein wenig Magie fließen und fühlte nach den Organen, die dahinter lagen. Doch sie waren in Ordnung.
    „Hm, so eine angeknackste Rippe tut ganz schön weh. Wenn Ihr mögt, mach ich Euch etwas Heilpaste drauf, dann sollte das in zwei Tagen spätestens wieder ausgeheilt sein. Ohne die Salbe könnte es noch zwei, drei Wochen dauern, bis es besser wird“, bot die Priesterin schließlich an.
    „Aber ich nehme an, das habt Ihr, im Gegensatz zu dem Buch und Eurer Nachricht, nicht aus dem Sumpf mitgebracht.“
    Anirons Gedanken wanderten kurz zurück zu dem, was Chala erzählt hatte.
    Aha, hatte sie es doch richtig verstanden, sie schien irgendwas mit Ornlu zu haben oder gehabt zu haben. Aber war er denn nicht mehr mit Suzuran zusammen? Was war da los? Vielleicht sollte sie wirklich mal einen Abstecher in den Sumpf machen!

  5. Beiträge anzeigen #65 Zitieren
    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
    Registriert seit
    Jul 2014
    Beiträge
    744
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist offline

    Heilkammer

    Aus dem oberen Teil ihrer Lederrüstung hatte die Heilerin ihr geholfen und ihr Leinenhemd hatte sie bis unter die Brust hochgerollt, um ihre Rippen freizulegen, die leicht unter ihrer Haut sichtbar waren. Sie unterdrückte erfolgreich den Reflex zu Zucken, als die kalte Hand die schmerzende Stelle berührte. Allerdings wurde ihr Atem flacher und schneller.
    „Euer Sohn sieht Runa wirklich sehr ähnlich“, versuchte sich Chala mit Konversation abzulenken. Aber ansonsten wirken sie grundverschieden.“
    Aniron nickte etwas abwesend, während sie sich auf die in Mitleidenschaft gezogene Rippe konzentrierte. Ihre Frage, ob sie eine Heilsalbe haben wollen würde, bestätigte sie mit einem knappen Nicken.

    „Nein, die Rippe muss ich mir im Gebirge verletzt haben“, bestätigte sie die Vermutung der Leiterin der Heilkammer, während sie im Gesicht der anmutigen Frau nach etwas suchte.
    Ihr übliches Misstrauen war in Gegenwart dieser Magierin seltsam schwach ausgeprägt. War es die Art und Weise, wie sie sich um ihre Tochter und ihren Mann sorgte? Oder der warme Ton ihrer Stimme? Chala konnte nicht anders, als sich gut aufgehoben zu fühlen, obwohl sie sich bis vor Kurzem von allem, was entfernt mit Magie zusammenhing, ferngehalten hatte. Vielleicht nutzte sie sogar bereits einen Zauber, um ihren natürlichen Argwohn zu mindern?
    Darum habe ich sie gemieden, grämte sich die Aranisaani in Gedanken, Ich weiß einfach nicht, woran ich bin, wenn Magie im Spiel ist.

    Nachdem Aniron die Heilsalbe auf die Haut aufgetragen hatte, schaute die Kriegerin kurz darauf. Sie spürte eine angenehme Wärme an dieser Stelle.
    „Darf ich mein Hemd wieder herunterkrempeln?“
    Die Heilerin nickte und setzte sich dann auf einen Hocker, der neben dem Bett stand. Nun war wohl der Moment gekommen, auf den Chala die letzten Wochen hingefiebert hatte. Allerdings war sie nicht mehr sicher, ob sie wirklich die Wahrheit erfahren wollte. Vorausgesetzt die Wassermagierin konnte ihr überhaupt helfen.
    „Also, dieses Buch“, begann sie und wollte sich nach ihrer Tasche strecken, doch wurde sie von der Wehmutter aufgehalten, die für sie ihr Tagebuch hervorholte.
    Kurz schaute sie darauf, ehe sie es an die Besitzerin gab.

    „Es ist mein Tagebuch und Ihr könnt es gern lesen, insofern ihr torgaanisch könnt. Der springende Punkt ist, dass die Handschriften in dem Buch unterschiedlich sind und ich habe es nie aus der Hand gegeben. Außerdem habe ich oft lange Zeitspannen, in denen ich keine Erinnerungen habe. Oft ist es so, als würde ich an einem Ort wach, ohne zu wissen, wie ich dorthin gelangt bin. Manchmal bin ich sogar mitten im Gespräch mit Leuten, die mir völlig fremd sind, die mich wiederum aber zu kennen glauben.“
    Es war verwirrend, für sie und wohl auch jedem, den sie davon erzählte. Doch wie fasste man in Worte, was man selber nicht fassen konnte?
    „Maris sagte, er könnte Dinge sehen, Vergangenes oder Zukünftiges. Ich weiß es nicht mehr genau. Jedenfalls sprach er von einer Fragmentierung, was immer das bedeuten soll und von fünf Herzen unter einer Brust. Ich will verstehen, endlich wissen, was mit mir nicht stimmt.“

  6. Beiträge anzeigen #66 Zitieren
    Mamka  Avatar von Aniron
    Registriert seit
    Aug 2007
    Ort
    Dresden
    Beiträge
    7.996
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Aniron ist offline
    Ach, das konnte ihr Mann? Das war ja erstaunlich.
    Vielleicht sollte sie doch mal mit ihm reden, statt es immer zu verhindern, weil sie der Meinung war, dass es besser war, dass sie nicht wusste, was er so trieb, wenn er abwesend war. Aus Sorge und Angst. Aber anscheinend verpasste sie eine ganze Menge.
    Doch ihre Konzentration sollte ihrer Patientin gelten. Nachdenklich legte sie den Finger an den Mund.
    „Ihr habt Aussetzer und könnt Euch an Bestimmtes in der Vergangenheit nicht mehr erinnern …“, wiederholte sie. Chala nickte. Nachdenklich griff sie nach dem Buch und holte noch einmal mit einem fragenden Blick Chalas Erlaubnis ein, sich das Buch anschauen zu dürfen, sicher war sicher. Nachdem die Dunkelhäutige erneut genickt hatte, begann die Wehmutter darin zu blättern.
    Fragmente … 5 Herzen … ging es ihr durch den Kopf.
    Aniron hielt inne.
    „Seid Ihr schwanger?“, fragte sie.
    Chala starrte sie mit großen Augen an.
    „Ich bin Hebamme, mein Mann hat Euch zu mir geschickt, ich muss alle Möglichkeiten in Betracht ziehen“, erklärte sie. Ihre Patientin begann mit äußerstem Unbehagen auf der Liege hin- und herzurutschen.
    Aniron legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
    „Ich kann das kurz und schmerzlos herausfinden“, sprach die Wehmutter. Das war eine der Übungen, die sie, auch wenn sie noch längst nicht am Ziel ihres magischen Heilkönnens auch nur ansatzweise angekommen war, schon so oft gemacht hatte, dass sie es wirklich schnell und schmerzlos konnte.
    „Wisst Ihr, wenn wir es mit einem medizinischen Rätsel zu tun haben, müssen wir alle Möglichkeiten eine nach der anderen abarbeiten. Und das wäre nun einmal im Moment das Offensichtlichste.“
    Chala schien sich zu winden, dass Aniron Mitleid bekam mit der Frau. Nun gut, fünf Herzen unter einer Brust? Das könnte vier weitere Herzen bedeuten …

    Dann atmete Chala durch und lehnte sich nach hinten, als würde sie ihren Henker erwarten.
    „Gut, lasst mich kurz nachsehen“, sagte Aniron schließlich und legte ihre Hand auf Chalas Unterleib. Erneut ließ sie die Magie strömen, tastete sich durch das Gewebe. Sie wusste genau, wie es sich anfühlen musste. Auch, wenn noch kein Herzschlag da war, reagierte der Körper einer Frau auf das entstehende Leben und Aniron hatte gelernt, die kleinen Anzeichen genau zu lesen. Und hier, bei Chala, war es eindeutig so, dass sie –
    „Nichts zu spüren, Ihr seid nicht schwanger“, sagte sie und hatte das Gefühl, dass der Fremden eine große Last von den Schultern fiel.
    Aniron setzte sich wieder: „Also schauen wir uns mal das Buch an, ob es uns Auskunft geben kann.“ Sie begann, langsam durchzublättern. „Ihr kommt also von Torgaan? Ich kann kein Torgaanisch“, sagte sie mit einem sanften Lächeln. „Ist Euch etwas aufgefallen, wenn Ihr Euer Tagebuch lest? Und wie lange habt Ihr diese Aussetzer schon?“

  7. Beiträge anzeigen #67 Zitieren
    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
    Registriert seit
    Jul 2014
    Beiträge
    744
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist offline

    Heilkammer

    Es war, als hätte sich der höchste Berg des Weißaugengebirges von ihren Schultern gerollt. Sie war nicht schwanger und damit eine Bürde los, der sie sich nicht gewachsen gefühlt hätte. Ein Kind wäre ihr wohl schon zur Belastung geworden, doch vier oder gar fünf, je nachdem wie man es interpretieren wollte, wenn fünf Herzen unter der Brust schlugen, wären ihr sicheres Ende gewesen. Nervlich und körperlich.
    „Danke“, hauchte sie und ließ sich in die Liege sinken.
    Eines Tages vielleicht, wenn sie sicher sein konnte, dass sie erreicht hatte, wonach sie sich sehnte und keine Sorge haben musste, dass ihr oder einem potentiellen Kind etwas geschehen würde. Doch dieser Tag musste erst noch kommen.
    Lieber früher als später, dachte sie.

    „Ich bin nicht von Torgaan“, knirschte sie mit den Zähnen.
    Es war schon schlimm genug, dass sie diese Lüge den Streitern Innos‘ hatte auftischen müssen. Zwar wusste sie, dass König Ethorn torgaanische Piraten und Söldner unterhielt, aber das machte es für sie noch schlimmer.
    „Meine Heimatinsel nennt sich Aranisa, noch weiter südlich als Torgaan oder Argaan. Aber wir sprechen auch torgaanisch“, gab sie zu.
    Doch damit endete ihrer Meinung nach auch schon die Gemeinsamkeit mit diesem Volk.
    „Seht selbst“, lud Chala Aniron ein genauer auf das Tagebuch zu achten, „Manche Seiten sind mit kindlichen Kritzeleien gefüllt, andere weisen eine gedrungene Handschrift auf. Meine ist die auf der letzten beschriebenen Seite.“

    Die Aranisaani erinnerte sich, wie sie früher gern durch das Buch geblättert hatte, sich an den seltsamen Einträgen belustigen konnte. Aus heutiger Sicht war sie einfach dumm und naiv gewesen und dieses Gefühl verabscheute sie.
    „Die Aussetzer…“, begann sie die nächste Frage zu beantworten, „Gute Frage. Ich kann mich nicht an meine Kindheit erinnern und der längste Aussetzer, den ich hatte, war wohl vor etwa acht Jahren. Er dauerte fast zwei Jahre, in denen ich scheinbar in Thorniara war. Der letzte Aussetzer war zu Beltane. Ich war dort, doch ich erinnere mich an nichts. Und seid versichert, dass es nicht an zu viel Alkohol oder Sumpfkraut lag“, beteuerte sie.

  8. Beiträge anzeigen #68 Zitieren
    Mamka  Avatar von Aniron
    Registriert seit
    Aug 2007
    Ort
    Dresden
    Beiträge
    7.996
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Aniron ist offline
    „Ah, ich verstehe. Tut mir leid, von Aranisa habe ich noch nie etwas gehört. Da muss ich mal unseren Erzdekan Hyperius fragen, er ist Kartenzeichner, er kann mir sicher Eure Insel zeigen. Außerdem ist er ein wirklich guter Freund. Der vielleicht bei diesem Rätsel auch helfen könnte …“ Die letzte Worte murmelte sie eher nachdenklich vor sich hin.
    Als Chala auf das Tagebuch deutete, sah Aniron hinein. Sie verstand, was die Dunkelhäutige meinte und nickte.
    „Die verschiedenen Schriftarten tauchen immer wieder auf“, sprach die Priesterin schließlich. „Schaut mal, hier … und hier … Wie viele verschiedene Arten gibt es?“
    Chala zählte durch: „Fünf!“
    Die Wehmutter und ihre Patientin schauten sich an. Was Aniron jedoch wunderte, war, dass Chala explizit gesagt hatte, dass eine Schrift davon ihre sei. Also hatte sie tatsächlich keine Verbindungen zu den anderen? Woher kamen diese dann? Und was hatte das mit den Erinnerungslücken zu tun?
    5 Herzen vereint unter einer Brust … Fragmentierung …

    „Wisst Ihr, Erinnerungslücken kommen vor, besonders dann, wenn unser Geist uns vor etwas Schlimmen schützen will. Aber bei Euch zieht sich das schon sehr lange hin. Und eine Lücke von zwei Jahren ist auch nicht gerade eine Kleinigkeit, abgesehen von der fehlenden Kindheit.“
    Aniron erhob sich und machte ein paar Schritte.
    „Die Sache ist … vielleicht will Euch Euer Geist tatsächlich vor etwas schützen, vielleicht steckt auch etwas anderes dahinter. Ich muss mit anderen Heilern darüber reden, weil meine Erfahrung hier nicht ausreicht. Aber Ihr solltet Euch sicher sein, dass Ihr das auch wollt. Es könnte sein, dass Ihr alte und sorgfältig verdrängte Wunden aufreißt.“
    Sie verschränkte nachdenklich die Arme und biss sich auf die Lippen.
    „Wenn Ihr wollt, bleibt erstmal hier. Ich werde mich beraten. Und ich habe auch noch andere Angelegenheiten zu klären, das versteht Ihr sicher.“
    Sie wollte unbedingt nach den Novizen sehen.
    "Aber ich werde so schnell es geht wieder bei Euch sein. Ruft nach Sinan, wenn Ihr etwas braucht. Ihr könnt die Heilkammer jederzeit verlassen ansonsten", erklärte die Priesterin schließlich.

  9. Beiträge anzeigen #69 Zitieren
    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
    Registriert seit
    Jul 2014
    Beiträge
    744
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist offline

    Heilkammer

    Jemand, der eventuell von Aranisa gehört hatte? Das wäre in zehn Jahren der erste Mensch, den sie traf, der ihre Heimat kannte oder zumindest von ihr gehört haben könnte. Ein Gespräch mit diesem Erzdekan versprach also interessant zu werden, sollte es dazu kommen.
    Über die weiteren Worte Anirons dachte Chala sorgsam nach. Gab es wohl Dinge in ihrer Vergangenheit und auch während der Episoden, wo sich keine Erinnerungen hatte, die ihr Geist mutwillig unterdrückte? Doch immer, wenn sie sich an einem Ort wiederfand, ohne zu wissen, wie sie hergelangt war, schien es keine schlimmen Dinge im Vorhinein gegeben zu haben. Aber eventuell war ihr Geist auch durch etwas, was in ihrer Kindheit geschehen war, langfristig instabil geworden und diese Aussetzer waren eine Folge davon. In ihren Augen blieb nur eine Möglichkeit.

    „Ich brauche die Gewissheit, was mit mir nicht stimmt. Lieber ertrage ich jahrealten Schmerz und riskiere Wunden aufzureißen, die längst Narben hätten sein sollen, als noch länger durch die Dunkelheit zu tappen, ohne den kleinsten Funken Licht.“
    Die Kriegerin hatte ihren Entschluss gefasst und alles, was an Konsequenzen folgte, würde sie in Kauf nehmen. Für den Moment jedoch konnte sie sich entspannen. Wie es schien war die Wehmutter auf Hilfe angewiesen, da Chalas Problem komplizierter war, als ein einfacher Knochenbruch. Sie wäre schon glücklich, wenn es in Stewark jemanden gäbe, der ihr überhaupt helfen könnte. Immerhin war die Wassermagierin ihre einzige Spur gewesen.
    „Danke für Eure Hilfe und danke, dass ich bleiben darf“, meinte sie schließlich ehrlich und lächelte sogar freundlich, ehe sich Aniron verabschiedete und hinter der Trennwand verschwand.

  10. Beiträge anzeigen #70 Zitieren
    Mamka  Avatar von Aniron
    Registriert seit
    Aug 2007
    Ort
    Dresden
    Beiträge
    7.996
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Aniron ist offline

    Kräutergarten

    Ein weiteres Mal an diesem Tag befand Aniron sich im Kräutergarten. Dieses Mal begleitete Fianna ihre Mutter und hatte ihren Korb samt Holztiere wieder dabei. Das Mädchen war schon eifrig dabei, die Figuren durch den Garten galoppieren zu lassen. Aniron selbst wartete darauf, dass die Novizen - ihre Novizen des Wassers - eintrafen. Aaras hatte sich bereit erklärt, sie zu suchen. Die Wehmutter selber nutzte diesen Augenblick, um ein bisschen in den Beeten zu schauen, was gemacht werden musste. Hier und da waren verblühte Blüten abzuschneiden und das ein oder andere Unkraut aus dem Beet zu entfernen. Eine einfache Arbeit, die sie gerade dringend nötig hatte, um ihren Kopf zu leeren und ihren Geist zu entspannen. Einerseits war da immer noch die Sache mit den Feuernovizen, die ihr durch den Kopf geisterte und anderseits beschäftigte Chala und ihr Zustand sie sehr. Doch noch hatte sie nicht mit Tinquilius oder Danee sprechen können.
    Jetzt hatte sie einfach das Bedürfnis, nach ihren Pflanzen zu schauen, die ihr einerseits keine Rätsel aufgaben und anderseits auch kein Kopfzerbrechen über Diplomatie bereiteten. Die Pflanzen waren einfach immer da.

    Zufrieden füllte sie den Korb mit den abgeschnittenen Blüten und gezogenem Unkraut, während sich Kisha, Mera und Na-Cron wieder im Kräutergarten einfanden. Auch Aaras war zur Stelle.
    Mit einem Lächeln näherte die Priesterin sich der Gruppe und stellte das Körbchen neben sich auf den Boden.
    "Na, habt ihr den Besuch der Novizen des Feuers einigermaßen überstanden? Sie haben die Stadt wieder verlassen. Was für eine Aufregung ... Aber, erzählt mir, wie es euch ergangen ist! Worüber möchtet ihr sprechen? Und habt ihr euch überlegt, was es noch gibt, was ihr lernen möchtet? Ihr seid alle schon sehr weit gekommen!", sagte sie nicht ohne ein bisschen Stolz und schaute gebannt in die Runde.

  11. Beiträge anzeigen #71 Zitieren
    Veteran Avatar von Na-Cron
    Registriert seit
    Jul 2023
    Beiträge
    511
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Na-Cron ist offline
    Na-Cron musste lächeln, als er Anirons Tochter dabei zusah, wie sie mit ihren Holztieren durch den Kräutergarten rannte und dabei allerlei fantasievolle Geschichten durcherlebte. Zumindest vermutete der Novize das, so in ihrem Spiel versunken war die Kleine. Einmal noch mal Kind sein, sorgenfrei durch die Welt wandern und in den Tag hinein leben... Na-Cron hoffte, dass Aniron ihrer Tochter so viel Zeit als Kind ermöglichen würde, wie sie konnte. Denn früher oder später würde die Welt der Erwachsenen sie für sich beanspruchen, ob sie wollte oder nicht.
    Und in diesen Zeiten geschah dies oftmals eher früher als später.

    Der Novize versicherte sich mit einem kurzen Griff ob das Buch über Alchemie noch immer fest in der ledernen Hülle war, welche er an seinem Gürtel befestigt hatte. Aaras, der rothaarige Adept, hatte ihn beim Durcharbeiten dieser Lektüre unterbrochen, worüber Na-Cron zwar froh gewesen war, schließlich bedeutete es, dass die Lektionen in der Magie weiter gehen konnten, aber gleichzeitig wollte der Novize so schnell wie möglich zurück und sich weiter mit dem Buch beschäftigen. Er hatte bereits mit Mörser und Stößel angefangen zu üben und wollte sich bald daran machen, die ersten Dinge zu mörsern.
    Aber jetzt galt seine Aufmerksamkeit erst einmal Aniron. Die Priesterin sah müde aus und wirkte etwas erschöpft. Hatte die Geschichte mit den Feuernovizen sich doch negativ entwickelt? Davon hatte er nichts gehört. Und da sie die Stadt wieder verlassen hatten... Nun, es war vielleicht auch nicht so wichtig im Nachhinein.

    Er blickte von Mera zu Kisha und wieder zurück zu Aniron und nutzte die Chance, diesmal der erste zu sein. Bei Mera war er sich recht sicher, dass sie sich erst als letzte äußern würde, ihre Art war einfach vorsichtiger, aber der Novize wollte diesmal vor Kisha anfangen. Sonst schwirrte ihm am Ende wieder der Kopf von all den fremden Wörtern ihrer Heimatsprache, mit denen sie gerne ihre Sätze füllte.
    "Die fremden Novizen waren... interessant." Gab Na-Cron vorsichtig wieder. Wobei Arrogant und hochnäsig wohl besser gepasst hätten, aber seine Mutter hatte ihn zur Höflichkeit erzogen. Und ein dicker Kochlöffel war da eine sehr deutliche Lernhilfe gewesen.
    "Aber wenn sie jetzt weg sind... gut. Und wenigstens habe ich was spannendes zum Lesen gefunden. Ich wusste gar nicht, dass man mit Kräutern und Pflanzen so viele Sachen herstellen kann. Alleine das Drachenwurzeln einen Mann so stark wie einen Ork machen sollen, wenn man sie zu einem Sud aufbereitet und destiliert."
    Ein aufgeregtes Glänzen trat in die braunen Augen des Novizen, als er sich an die Gruppe wandte.
    "Wusstet ihr, dass man sogar Tränke herstellen kann, die eine Art von geistiger Erschöpfung heilen können? Also wenn ein Magier zu viel Magie auf einmal verwendet, kann er angeblich mit so einem Trank danach weiterzaubern, als wäre nichts gewesen. Oder man rennt so schnell wie ein Snapper. Wie ein verdammter Snapper! Könnt ihr euch das vorstellen? Die Biester können ihre Beute blitzschnell jagen und erlegen. Oh, und es soll sogar einen Trank geben, der angeblich aus Dracheneiern hergestellt werden soll. Dracheneier! Mal abgesehen davon, dass es ziemlich schwer wäre an überhaupt ein einziges ranzukommen, aber gleich mehrere? Bei Adanos, das ist doch..."

    Na-Cron hielt inne und blickte in die erstaunten Mienen der anderen. Er war etwas abgedriftet, als er von der Alchemie angefangen hatte, etwas sehr abgedriftet. Verlegen verstummte er und räusperte sich, während eine leichte Röte über seine Wangen zog.
    "Verzeiht. Es ist ein spannendes Thema..." Er grinste unbeholfen, bevor er sich auf Anirons ursprüngliche Frage besann.
    "Ich wüsste da etwas. Du hattest, als wir uns alle das erste Mal versammelt hatten, Licht aus dem Nichts erschaffen. Das war unglaublich und wäre, wenn ich ehrlich bin, sogar noch praktischer als das hier," sprach der Novize und konzentrierte sich auf den magischen Fluss in seinem Körper. Mit einem Schnipsen entzündete er ein bläulich schimmerndes Feuer in seiner Handfläche, welches er kurz brennen lies bevor er es mit dem Verschließen seiner Hand wieder löschte.
    "Ich habe nicht immer Kerzen zur Hand und das Lesen bei Kerzenschein ist... riskant." Adanos sei Dank hatte er noch keine Wachsflecken auf irgendeinem Buch hinterlassen.

  12. Beiträge anzeigen #72 Zitieren
    Lehrling Avatar von Thorek
    Registriert seit
    Nov 2023
    Ort
    Stewark
    Beiträge
    32
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Thorek ist offline

    Die Klippenschänke

    Thorek lehnte sich für einen Moment zurück, ließ den Blick über den schlichten Holztisch gleiten und beobachtete, wie die Lichtstrahlen der untergehenden Sonne durch das verstaubte Fenster der Klippenschänke drangen. Die Münzen, die Ariaan ihm auf den Tisch gelegt hatte, funkelten leicht im warmen Schein, und Thorek hob sie auf, ließ sie durch seine Finger gleiten. Sie fühlten sich kühl und schwer an, ein Zeichen dafür, dass dies mehr als nur eine materielle Geste war. Ariaan hatte ihm Vertrauen entgegengebracht, eine Möglichkeit eröffnet, die er lange nicht mehr für sich gesehen hatte.

    Er drehte die Münzen nachdenklich, wog sie in der Hand, und in ihm wuchs das Gefühl, dass dies der Beginn von etwas Neuem sein könnte. Er warf einen Blick zum Fenster hinaus. Draußen lag die Stadt, lebendig und geschäftig, selbst in den späten Stunden des Nachmittags. Händler und Handwerker gingen ihrer Arbeit nach, Kinder liefen über die Straßen, und über allem lag die Stimme der Stadt selbst – ein beständiges, unaufhörliches Murmeln, das das Leben in diesen Mauern begleitete.

    Thorek stand schließlich auf, seine Stiefel knarrten leise auf dem Holzfußboden der Taverne, während er sich langsam in Richtung Ausgang bewegte. Die Münzen steckte er sorgfältig in seinen Beutel, den Gürtel ein wenig fester ziehend. Drei Tage hatte Thorek nun Zeit – drei Tage, um über das nachzudenken, was er mit den beiden Fremden besprochen hatte.

    Draußen empfing ihn die klare, frische Luft des späten Nachmittags. Der Himmel über Stewark leuchtete in sanftem Orange und Rosa, während die Sonne sich langsam dem Horizont näherte. Thorek atmete tief ein, ließ die kühle Brise über sein Gesicht streichen und fühlte, wie die Spannung, die ihn seit dem Gespräch mit Ariaan begleitet hatte, langsam nachließ. Der Duft von gebratenem Fleisch und frisch gebackenem Brot wehte von einem nahegelegenen Marktstand herüber, mischte sich mit dem salzigen Hauch des Meeres und den vertrauten Gerüchen der Stadt.

    Seine Schritte führten ihn den staubigen Weg hinunter, weg von der Taverne, hinunter zu den schmalen Gassen des unteren Stadtteils. Gedanken wirbelten in seinem Kopf umher. Würde er tatsächlich zur Stadtwache gehen? Vielleicht war das der richtige Weg, um sich nützlich zu machen, seine Fähigkeiten als Kämpfer wieder aufzufrischen. Oder sollte er die einfachere Route wählen und sich als Jäger verdingen? Er kannte das Land, die Wälder, die Pfade. Es wäre ein Leben in Freiheit, abseits von politischen Intrigen und kriegerischen Konflikten.

    Während er den Kopf hob und die untergehende Sonne betrachtete, konnte Thorek spüren, wie etwas in ihm zu wachsen begann – ein Funken, der lange unter der Asche verborgen gelegen hatte. Vielleicht, dachte er, hatte Ariaan recht. Vielleicht war es an der Zeit, Wiedergutmachung zu leisten, sich erneut zu beweisen. Aber diesmal nicht für andere, sondern für sich selbst.

  13. Beiträge anzeigen #73 Zitieren
    Schwertmeister Avatar von Syrias
    Registriert seit
    May 2007
    Beiträge
    830
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Syrias ist offline
    Mit einem Ächzen wuchtete Syrias den letzten Sack Kohle auf den Haufen mit den anderen Säcken, bevor er sich den Kohlenstaub von den Händen rieb. Götter, jetzt, wo Meve ausgefallen war musste er das alles wieder selber machen. Mit einem leisen Schnaufen lehnte er sich an die Wand des Kohlenkellers und rieb sich das rechte Handgelenk. Als er den letzten Sack angehoben hatte, musste sich der Söldner wohl irgendwas im Handgelenk gezerrt haben.
    Zumindest fühlte es sich etwas unangenehm an, dieses leichte ziehen und brennen, welches sich bei gröberen Bewegungen darin ausbreitete. Er wurde wirklich so langsam alt.
    Hoffentlich würde es nicht noch schlimmer werden. Am besten wäre es, wenn er später noch zu einer Kräuterfrau ginge. Vielleicht hatte die einen Umschlag oder eine Salbe für ihn. Schließlich musste er die nächsten Tage noch einen Karren ziehen.

    Warum fragte Johanna nicht doch ihren großen Freund? Egal, ob der Kerl nun ein Ork war oder nicht, mit der kräftigen Statur hätten sie dann gewiss jemanden gehabt, der vermutlich den ganzen Haufen Eisenerz allein gezogen hätte. Und dann noch mit der anderen Hand (oder Pranke?) Äxte jongliert!
    Aber gut, es war nun so, wie es war. Dann mussten halt Er und Johanna alleine ihre Karren ziehen. Wenigstens hatte Syrias die schon besorgt. Und hoffentlich dachte Johanna an die restlichen Dinge.

  14. Beiträge anzeigen #74 Zitieren
    AI  Avatar von Isidor
    Registriert seit
    Apr 2024
    Beiträge
    431
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Isidor ist offline
    „So, das dürfte alles sein“, beschied Isidor laut für sich selbst, als er seine Tasche zuschnürte.
    Derzeit befand er sich noch in seinem Zimmer in der Klippenschänke. Der Zuber, den er auf Nachfrage bei Ingor hochgetragen und später mit Eimerweise unerwärmten Wasser befüllt hatte, stand noch mitten im Raum. Sein Haar war zu einem üblichen Dutt gebunden und der Bart mit einem Messer getrimmt. Nicht die beste Arbeit oder mit einem Barbier vergleichbar, doch das Gold hätte nicht mehr gereicht.
    In seinen Beutel hatte er alle wesentlichen Dinge verstaut und dafür gesorgt, dass sie wie im Falle des Eintopfs, sich nicht im Innern des Leders verteilen konnten. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihm, dass er sich bereits auf den Weg machen sollte, um Fräulein Frieda abzuholen. Leider hatte er Johanna nicht mehr getroffen um sich mit ihr abzustimmen. Es blieb also zu hoffen, dass sie ein ähnliches Zeitgefühl besaß wie er und dafür sorgte, dass das Picknick ungestört ablief.

    „Dann mal los“, sprach er sich selbst Mut zu und verließ sein Zimmer.
    Den Zuber würde er später wieder herunterbringen. Seine Tasche geschultert verließ er die Schänke und lief geradewegs auf die Treppe zum mittleren Ring zu. Er würde zwischen der Akademie und der Kaserne hindurch auf die Straße der Händler und Handwerker abbiegen und dann wären es nur noch einige wenige Schritte bis zur Bäckerei Zum goldenen Nudelholz.
    Er kam auch am Roten Hahn vorbei, wo tatsächlich die Vorhänge nicht länger den Blick hinein verbargen. Zufällig bemerkte der Hüne Livia, die sich aus ihrer Morgengarderobe in ein ansehnliches Kleid geworfen hatte, was ihre Vorzüge noch weiter betonte. Kein Wunder, dass der Halbstarke, den Isidor hier kurz nach Mittag getroffen hatte, ihr verfallen war.
    Die Tür stand ebenfalls auf und es schien, als würden bereits die ersten Leute eintreffen, die den Feierabend mit etwas Spaß abklingen lassen wollten. Was dort drin wohl geschehen würde, wenn der Abend weiter fortgeschritten war?

    Schon auf der Treppe hinab zur Handwerkerstraße wehte Isidor der Geruch von Zimt um die Nase und seine Vorfreude die Bäckermeisterin zu treffen, stieg an, sodass er sich fragte, ob er bis jetzt überhaupt schon realisiert hatte, was es bedeuten würde einen Abend im Freien mit der rothaarigen Dame zu verbringen. Worüber sollten sie reden? Backkunst? Schmieden? Das klang für den jeweils anderen recht langweilig, wenn er sich vorstellte, wie die süße Bäckerin höflich nickte, während er davon erzählte wie er das Geräusch liebte, wenn man glühenden Stahl in das feuchte Nass des Wassertrogs steckte und die Flüssigkeit zum Siedepunkt erhitzte und lautstark Blasen und Dampf aufstiegen.
    Auch glaubte er nicht, dass seine Aufmerksamkeit lange von gewölbten Broten, saftigen Vanilleplunder und großen, runden Zimtschnecken gebunden werden würde.
    Obwohl…, begann er einen Gedanken und ließ ihn mit einem schelmischen Grinsen unvollendet.

    Die Bäckerei kam bereits in Sicht, doch von Fräulein Frieda war noch nichts zu sehen. Wartete sie wohl drinnen? Wie lange würde die Bäckerei üblicherweise geöffnet sein? Hatte sie jemanden, der für sie übernahm? Er wusste nicht mehr recht, ob Johanna etwas dahingehend erwähnt hatte. Aber das würde sich wohl in den nächsten Momenten aufklären, wenn er die Stube betrat.
    Mit einem Klopfen an den Rahmen der offenen Tür kündigte er sein Ankommen an.

  15. Beiträge anzeigen #75 Zitieren
    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
    Registriert seit
    Jul 2014
    Beiträge
    744
     
    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist offline

    Heilkammer

    Das Bett – oder die Liege? – war bequemer, als erwartet. Besser als die meisten Schlafgelegenheiten in Herbergen und um Welten angenehmer als der harte Boden des Weißaugengebirges. Dennoch fühlte sich Chala rastlos. Wie lange war es her, dass sie mit Nichtstun beschäftigt gewesen war?
    Gar nicht so lange, erinnerte sie sich an die Zeit bei der Silberseeburg zurück, als die Temperaturen des Winters langsam den Blüten des Frühlings wichen.
    Und trotzdem gab es einen Unterschied zu damals, denn sie war nicht länger ziellos. Allerdings fiel es ihr schwer, jetzt wo sie auf dem richtigen Pfad zu sein glaubte, einfach nur abzuwarten. Konnten die Wassermagier nicht sofort zu ihr kommen? Je schneller sie wusste was mit ihr nicht stimmte und je eher die Robenträger sie heilten, desto besser. Allerdings schien es auf sich warten zu lassen.

    Sinnan, der Zwillingsbruder von Runa, hatte zwischendurch einmal bei ihr hereingeschaut, nachdem er sich höflich angekündigt hatte. Nicht, dass es die Kriegerin sonderlich interessierte, ob der Jüngling sie beim Wechsel ihrer Kleidung oder anderen, in seinen Augen beschämenden, Aktivitäten überraschte. Einen Krug Wasser hatte er ihr gebracht und sich erkundigt, ob sie noch etwas anderes brauchte. Doch die Aranisaani hatte ihn fortgeschickt. Im Augenblick wollte brauchte sie nichts. Ihre Rippe fühlte sich bereits besser an und sie musste zugeben, dass es guttat, einmal ohne ihre Lederrüstung ausruhen zu können. Vorsichtig verlagerte sie ihre Position bis sie bequem lag. Die Decke der Heilkammer war recht unspektakulär und den Rest konnte sie nicht sehen, da der Raumtrenner noch um sie herum aufgebaut war. Neben ihrer Liege gab es einen kleinen Tisch, auf dem nun der Krug und zwei Becher standen. Wohl für Besucher, die ihre kranken Liebsten sehen wollten. Nicht, dass Chala so etwas hätte.
    Ganz langsam überkam sie die schwere Müdigkeit, welche sie nach Wochen der Anstrengungen endlich einzuholen schien. Mitten am Tag war es, doch wurde ihr das mit jedem weiteren, langsamen Herzschlag unwichtiger.

    ***

    Durch ein lautes Brüllen wurde Chala aus dem Schlaf gerissen. Neben ihr regte sich ein Körper, doch er machte keine Anstalten aufzustehen, um nach den Kleinen zu sehen. Wenn sie nicht sofort hinging, würden auch die anderen wach werden und das Geschrei würde sich ins fünffache steigern. Mit einem resignierten Seufzer schälte sie sich aus der Decke und erhob sich vom Wolfsfell. Ihr Rücken schmerzte und ihre Gelenke knackten unangenehm, als sie aufstand und sich streckte. Mit geübten Handgriffen bändigte sie ihr krauses Haar zu einem Knoten, während sie die wenigen Schritte zur Krippe der Säuglinge zurücklegte. Sie wusste bereits, welcher der Rabauken aufgewacht war und hob gezielt den kleinen Luron hoch. Kaum lehnte sie ihn sich gegen die Schulter, begann sie auf und ab zu laufen und ihn beruhigend in ihren Armen zu wiegen.
    „Alles gut, mein Süßer, Mama ist ja da“, redete sie liebevoll auf ihn ein, selbst wenn sie übermüdet und genervt war.

    „Kannst du nicht mit ihm rausgehen? Ich will schlafen“, murrte Ornlu vom Wolfsfell aus und drehte sich auf die Seite, während er sich den Hintern kratzte.
    „Du könntest auch mal aufstehen, wenn die Kinder schreien!“, fauchte sie ihn an, was Luron noch lauter werden ließ, „Nicht du, mein Liebling, dein Papa ist nur mal wieder ein kolossales Arschloch“, versprach sie dem Baby liebevoll und verlagerte ihn auf die andere Schulter.
    Seine kleinen Finger gruben sich in den groben Leinenstoff, in dem Chala schlief und nach und nach beruhigte er sich, auch wenn das Oberhaupt Tooshoos sich immer wieder grummelnd beschwerte.
    „Wenn der Kleine wieder schläft, komm wieder auf’s Fell. Wenn ich schon wach bin, können wir auch…“
    Der Druide kam nicht dazu seinen Satz zu beenden, denn ein Messer schlug wenige Handbreit neben ihm im Boden ein und blieb stecken. Mit einem wölfischen Knurren warf er die Decke von sich, schnappte sich einen seiner Stäbe und verließ die Baumhöhle, wobei er etwas in seinen Bart nuschelte, was verdächtig nach Undankbarkeit klang, dafür dass die Aranisaani sich fast allein um den Nachwuchs kümmerte.

    „Wo willst du bitte hin? Die Sonne ist noch nicht mal am Himmel!“, zischte sie ihm hinterher.
    „Wölfe sind nachtaktiv“, gab er zurück und zeigte die Zähne, ehe er in der Dunkelheit außerhalb der Erzfackeln verschwand.
    „Typisch“, schnaufte sie und blickte auf Luron herab, der wieder eingeschlafen war, trotz des Ärgers, der in seiner Mutter brodelte.
    Vorsichtig legte sie ihn wieder zu seinen Geschwistern, prüfte noch einmal, ob alle noch tief und fest am Schlafen waren und begab sich dann erleichtert zurück zum Fell, um selbst noch etwas Erholung zu finden, ehe in wenigen Stunden alle fünf Rabauken wach sein würden.

    Doch dazu kam es gar nicht erst, denn zuvor segelte ein Schatten in die Baumhöhle herein und setzte sich auf den Rand der Krippe, in der die Säuglinge gerade noch schliefen. Zumindest so lange, bis Wroc lauthals krächzte und wenige Augenblicke später das Geschrei von neuem losging, nun jedoch mehrstimmig und so laut, dass der senile Rabe sich beschwerend von seinem Sitzplatz erhob und auf einem nahen Tisch landete, der zu allem Übel mit allerlei Firlefanz beladen war, den Ornlu nicht wie versprochen weggeräumt hatte. Mindestens die Hälfte davon fiel scheppernd zu Boden und spätestens jetzt war es vorbei mit einer ruhigen Nacht, als auch das einzige Mädchen des Nachwuchses, die sonst immer engelsgleiche Geduld mit ihren Brüdern besaß, aus ihren Träumen gerissen wurde.

    „Mutter, schenk mir Kraft“, schickte Chala ein Stoßgebet an die Natur, „Wenn ich dich in die Finger kriege, gibt es wenigstens mal wieder etwas Fleisch, Wroc!“, fluchte sie und machte einen drohenden Schritt auf das Federvieh zu, das nur unbeholfen krähte und dabei versuchte sich aus einem Leinentuch zu befreien, in dem sich seine Krallen verfangen hatten.
    Allerdings hatte sie keine Gelegenheit ein Suppenhuhn aus dem Schildraben zu machen, denn die Kakophonie der Kindsschreie drohte ihr das Trommelfell platzen zu lassen.
    „Ist ja gut, meine Kleinen. Mama ist doch da“, versuchte sie mit beruhigenden Worten die Wand des Geschreis zu durchbrechen.
    Mühsam hob sie Nolur und Runlo aus dem Bettchen und schaukelte sie vorsichtig auf ihren Armen. Noch waren sie klein genug, dass sie zwei tragen konnte, doch wenn sie älter wurden, hätte sie große Probleme damit.

    Unterdessen schlug Luron wild um sich und traf dabei Unlor und Alcha im Gesicht, was die beiden noch mehr in Rage versetzte.
    „Luron!“, rief die überforderte Mutter tadelnd und ließ den sich beruhigten Runlo auf das Wolfsfell nieder, um sich den Aufwiegler zu schnappen, der wie immer das größte Maß an Aufmerksamkeit einforderte, „Wie der Vater“, murmelte die Aranisaani und verzog verstimmt die Lippen, als der Beliarsbraten an ihre Brüste fasste.
    Scheinbar hatte er Hunger und dem Schmerz in ihrer Oberweite nach zu urteilen, wäre es gut, wenn sie die Rasselbande fütterte. Es war zwar früher als gewöhnlich, doch wenn sie sich damit ein wenig Ruhe erkaufen konnte, sollte es so sein. Keine andere Möglichkeit sehend legte sie den noch immer schniefenden Nolur zurück in die Krippe und setzte sich mit Luron auf einen Hocker, der an der natürlich gewachsenen Wand der Baumhöhle stand. Mit einer schnellen Handbewegung entblößte sie sich und verhalf dem kleinen Racker zu seinem Frühstück, wobei sie kurz zusammenzuckte.
    „Hast du etwa einen Zahn, du Kröte?“, fragte sie empört und gewöhnte sich allmählich an das unangenehme Gefühl.
    Es half ja nichts.

    Chala schloss die Augen, während der Säugling trank und versuchte für einen Moment ihre anderen Kinder auszublenden. Kein Versuch, der sie mit Stolz erfüllte, doch wenn sie ihre eigenen Gedanken nicht mehr hören konnte, half das weder ihr noch dem Nachwuchs. Doch so sehr sie es auch versuchte, sie konnte der Realität nicht entfliehen, auch nicht für einen kurzen Augenblick.
    „Das reicht, du Gierschlund! Deine Geschwister haben sicher auch noch Hunger“, entschied sie und küsste Luron auf den Scheitel, ehe sie ihn vorsichtig von ihrer Brust löste, über die Schulter legte und seinen Rücken rieb bis er rülpste, und schließlich auf das Wolfsfell legte, von wo sie Rulon aufhob.
    Für den Moment wäre es besser, wenn der Aufwiegler allein war, auch wenn er jetzt nicht mehr schrie.
    „Nur noch viermal, Chala, fast geschafft“, sprach sie sich selbst verzweifelt Mut zu und legte den zweiten Wolfswelpen an ihre andere Brust an.

    Vier Säuglinge und ein vollgespucktes Leinenhemd später lagen sie alle wieder in ihrer Krippe und dösten vor sich hin, während die Mutter sich die Oberweite hielt, die nun auf andere Weise schmerzte, als zuvor.
    „Wenn es beim Waldvolk wenigstens eine Amme gäbe“, äußerte sie ihr Wunschdenken und durchstöberte ihre eigenen Essensvorräte, die sich in den letzten Tagen rapide dem Ende zugeneigt hatten.
    Also stand wohl für heute ein Abstecher zum neuen Markt an. Aber wie sie das anstellen sollte, wenn Ornlu nicht da war, um auf die Kinder aufzupassen, war ihr ein Rätsel, denn einkaufen war er auch nicht gewesen.
    „Krah“, tönte es vom halb abgeräumten Tisch herüber, auf dem Wroc noch immer hockte und sie vorwurfsvoll anschaute.
    „Mach dich nicht lächerlich, du Federvieh. Ich lass meine Kinder sicher nicht in deiner Obhut“, sprühte sie vor Wut auf den Raben, der sie um wichtigen Schlaf gebracht hatte, „Und wenn du Ornlu was zu sagen hast, dann such ihn gefälligst. Ich hab schon genug zu tun!“

    Mit einem empörten Krächzen hob Wroc ab und verschwand durch den Eingang der Baumhöhle, nichts anderes hinterlassend als mehr Chaos und einige schwarze Federn. Mit einem Ächzen zog Chala das Küchenmesser aus dem Boden, welches sie nach Ornlu geworfen hatte und schnitt sich von einem Hartkäse einige Stücke ab, die sie mit einem Viertellaib Brot aß und mit etwas Wasser herunterspülte. Man sollte meinen, dass Oberhäupter besser lebten, als der Vater ihrer Kinder es tat, doch scheinbar war Macht nicht gleichzusetzen mit Unbeschwertheit. Da stellte sich der Aranisaani die Frage, ob sie vor über einem Jahr an Beltane nicht besser aufpassen hätte sollen. Nur deswegen saß sie jetzt hier fest, auch wenn sie nicht leugnen konnte, dass ihre Kinder ihr viel zurückgaben. Sei es durch ein Lachen oder die süße Art wie sie schliefen, selbst wenn sie sich wünschte, dass das ein Zustand war, der länger als wenig Stunden am Stück anhielt.

    Nach ihrem eigenen Frühstück machte sie sich daran aufzuräumen, was Wroc verwüstet und Ornlu im Vorhinein nicht weggeräumt hatte. Was für ein Saustall! Wofür brauchte der Kerl bitte so viele unterschiedliche Stäbe? Musste wohl was mit dem Drang eines Köters, Stöcke anzuschleppen, zusammenhängen.
    Alles wieder an Ort und Stelle, einigen offensichtlichen Abfall – Apfelgehäuse, ein Krug der nach vergorener Moleratmilch roch und deutlich zu viele Haare, die nicht von ihr stammten – vor die nicht vorhandene Tür gestellt, nutzte Chala die Zeit der noch immer ruhenden Kinder, um sich ihr Nähzeug zu nehmen. Kleidung für so viele Kinder, die erstaunlich schnell größer wurden, wuchs leider nicht an Bäumen. Auch, wenn die ehemalige Kriegerin keinerlei Erfahrung mit dem Schneidern hatte, wurde sie doch stetig besser. Immerhin erkannte man mittlerweile, was Ärmel sein sollten und welcher Teil für den Oberkörper gedacht war!

    Langsam erhob sich die Sonne und drang durch die Äste der Baumkrone Tooshoos. Bald schon würden die Strahlen in die Gesichter der Babys scheinen und sie wecken. Das Problem hätte sie nicht, wenn Ornlu ihr endlich die Vorhänge besorgen würde, worum sie ihn schon seit mehreren Wochen bat. Sie würde es ja selbst machen, aber dann musste sie erst jemanden bitten auf die Kinder aufzupassen. Und auch, wenn sie Hilfe brauchte, würde sie nicht danach fragen. Es reichte schon, dass sie ihr Selbstwertgefühl eingebüßt hatte, seit sie sich nicht mehr Kriegerin nennen konnte. Da würde sie nicht auch noch ihren Stolz herunterschlucken. Dieser Kampf war ihrer und auch, wenn er nicht auf dem Schlachtfeld war, so war es doch der wichtigste, den sie je gefochten hatte.

    Mehrere blutende Finger und ausschweifendes, wenn auch leises, Fluchen später, klopfte es an der Rinde des Eingangs und die noch immer in Schlafkleidern gehüllte Chala blickte sich verwirrt um.
    „Guten Morgen Chala“, grüßte sie ein freundliches Gesicht, welches zu Ambrose gehörte, „Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass eure Vorräte knapp werden und ich dachte, dass es dir sicher nichts ausmacht, wenn ich welche vorbeibringe?“
    Erst jetzt bemerkte die Mutter den großen Weidenkorb, den er bei sich trug. Gefüllt mit frischen Äpfeln, Brot, Käse und sogar zwei Hartwürsten war es das Schönste, was sie an diesem Tag zu Gesicht bekommen hatte. Mit einem erschöpften Lächeln stand sie auf und ging Ambrose entgegen, der ihr den Korb reichte.
    „Ich danke dir! Wenigstens auf dich ist Verlass“, bedankte sie sich bei dem zuvorkommenden Seher, „Ich werde mich revanchiere“, versprach sie.
    „Nicht nötig! Ich weiß doch, dass es nicht einfach mit den fünf Zwergen ist. Wenn ich daran denke wie Mani war, als er ein Baby war…hach.“
    Der große Argaaner lächelte glücklich in Erinnerung schwelgend. Die Mutter der Fünflinge bezweifelte, dass ein Moleratwelpe eine ähnliche Herausforderung wie fünf Mini-Ornlus war, aber sie hielt den Mund. Es gab keinen Grund ihrem unverhofften Helfer vor den Kopf zu stoßen.

    Während sie also die Vorräte verstaute, beugte sich Ambrose über die Krippe. Behutsam streckte er eine Hand hinein und streichelte Alcha über die Wange, die ihn aus großen dunklen Augen anstarrte.
    „Pass auf, Wolfswelpen beißen und sie bekommen langsam Zähne“, scherzte Chala, die den Besucher beobachtete.
    „Keine Sorge, ich bin vorsichtig“, lachte er, zog die Hand aber vorsichtshalber doch zurück.
    „Brauchst du noch irgendwas, wenn ich schonmal da bin? Der Jadewolf scheint ja wieder unterwegs zu sein.“
    „Hör mir auf!“, fauchte sie zornig, „Der räudige Flohteppich ist noch vor Sonnenaufgang verschwunden und hat mich mit fünf schreienden Säuglingen alleine gelassen. Der kann was erleben, wenn er zurückkommt!“
    „Das…ehm…tut mir leid“, stammelte Amborse etwas perplex ob der heftigen Reaktion.
    „Ja, mir auch“, gab Chala zurück und seufzte dann schwer, „Nein, du hast mir schon sehr geholfen und ich werde gleich wohl die Kinder wickeln müssen und das Moos tauschen. Da willst du lieber nicht hier sein.“
    „Ah, ja, das ist sehr rücksichtsvoll von dir“, antwortete Ambrose, der beim Wort wickeln nervös zu werden schien, „Dann lasse ich euch sechs mal wieder in Ruhe!“
    „Danke für die Vorräte, Ambrose!“
    „Gerne!“

    Kaum war er fort, meldete sich Alcha und bestätigte damit den Mutterinstinkt.
    „Na dann komm, meine Kleine. Vielleicht lassen wir Papa ein wenig vom Moos übrig, woran er später schnüffeln kann. Das mögen Hunde doch bekanntlich.“
    Tatsächlich war das saugfähige Moos unter den Leinenbändern überbeansprucht und die ehemalige Kriegerin musste zu ihrer Schande sogar würgen, als ihr der bestialische Gestank um die Nase wehte.
    „Mit dem Geruch würdest du selbst einen Schattenläufer verjagen, meine Kleine“, lobte sie auf zweifelhafte Weise ihre einzige Tochter, ehe sie sich daran machte, sie zu säubern und frisches, trockenes Moos in neue Bänder zu fatschen.
    Das leise Wimmern des tapferen Säuglings legte sich langsam und es war Zeit auch die Jungs zu säubern.

    Viel Gezeter, einige Fußtritte und einem, ihrer noch nicht ganz verlorenen Körperbeherrschung zu verdankenden, knappen Ausweichmanöver, das einen gut gezielten Urinstrahl an sich vorbeischießen ließ, später, waren alle Babys versorgt und saßen zufrieden auf dem Boden der Baumhöhle. Diejenigen, die schon Krabbeln konnten, waren auf Erkundungstour, welche Chala mit dem Verschieben der Krippe vor den Eingang beschränkt hatte.
    Die Sonne näherte sich unterdessen bereits dem Zenit, was bedeutete, dass es bald Zeit fürs Mittagessen wurde. Also holte sie die frischen Zutaten, die sie eben verstaut hatte, wieder hervor und begann für den Nachwuchs einen Brei aus Karotten, Sumpfkartoffeln und Rüben über der Feuerstelle zu kochen, wobei sie immer wieder darauf achten musste, dass vor allem Luron sich von den Flammen und dem heißen Topf fernhielt.

    Im Akkord fütterte sie die Rasselbande direkt aus dem Topf. Die Arbeit fünf Schüsseln abzuwaschen, wollte sie sich ersparen. Sorgfältig pustete sie auf jeden Happen, damit er nicht zu heiß war, doch wie so oft lief nicht alles so, wie du Mutter es sich gewünscht hätte. Brei auf dem Boden, Brei in ihrem Haar, Brei auf dem Kopf eines Geschwisterkinds oder sogar an der Wand.
    „Luron! Jetzt iss deinen verdammten Brei!“, verlor Chala die Nerven, woraufhin der Bengel anfing zu Brüllen.
    Dicke Krokodilstränen rannen ihm über die Pausbäckchen und im Nu war der Ärger der Aranisaani wie weggeblasen.
    „Tut mir leid, mein Schatz. Mama wollte dich nicht anschreien“, redete sie entschuldigend auf den Säugling ein und hob ihn auf ihren Schoß.
    Den Moment der Unachtsamkeit nutzend, schaffte es Unlor irgendwie an den Topf zu kommen und riss ihn vom Holztisch. Zwar war nicht mehr viel Brei darin gewesen, doch durch das laute Scheppern erschraken sich alle und im nächsten Augenblick hatte sie es nicht mehr nur mit einem weinen Kind zu tun, sondern mit fünf.
    „Ihr Götter“, stieß Chala hilflos aus und wäre am liebsten hinausgerannt.

    Gefühlte Stunden später waren sie alle erschöpft, die Säuglinge vom Schreien, die Mutter vom Beruhigen. Wenigstens lagen die Fünflinge wieder in der Krippe und schauten aufmerksam in die Luft, wo immer wieder die Hand ihrer Mutter auftauchte, um sie zuzudecken oder ihnen etwas gab, woran sie lutschen konnten. Keine andere Option mehr sehend, entschied sich die Aranisaani ein Lied zu singen, was ihre eigene Mutter immer gesungen hatte.

    Lala mtoto lala lala lala lala
    Lala sinzia lala
    Lala mpendwa lala lala lala lala
    Lala sinzia lala.

    Jua nalo limezama,
    Lala sinzia lala.
    Ndege wote wamelala,
    Lala sinzia lala.

    Lala mtoto lala lala lala lala
    Lala sinzia lala,
    Lala mtoto lala lala lala lala
    Lala sinzia lala.

    Mama baba wakupenda
    Lala sinzia lala.
    Bibi babu wakupenda
    Lala sinzia lala.

    Lala mtoto lala lala lala lala
    Lala sinzia lala,
    Lala mpendwa lala lala lala lala
    Lala sinzia lala.


    Auf wundersame Weise schien es zu wirken und nach dem dritten Mal wurden auch die Augen der wackeren Alcha schwer, bis auch der letzte Wolfswelpe endlich wieder schlief. Vollkommen erschöpft ließ sich Chala auf den Boden fallen. Sie hatte nicht mehr die Kraft gehabt bis zum Hocker zu laufen. Zu allem Überfluss schienen es die Götter mit ihr heute nicht gut zu meinen, denn in diesem Moment tauchte die Person auf, welche sie als letztes sehen wollte.
    „Ich bin wieder…“
    Ornlu konnte seinen Satz wieder nicht zu Ende führen, denn die ehemalige Kriegerin hatte irgendwo noch Kraftreserven in sich gefunden und war einer Katze gleich aufgesprungen, um ihn aus der Baumhöhle zu drängen.
    „Du verdammter Köter!“, giftete sie ihn an, als sie außer Hörweite der Babys, dafür auf der offenen Baumkrone waren, wo jeder sie hören konnte, der nah genug war.

    „Was fällt dir ein mich Tag um Tag mit den Kindern allein zu lassen und einfach loszuziehen, um zu treiben, wonach dir der Sinn steht?“, verlangte sie zu wissen und hielt ihn dabei fest an seiner Robe.
    „Lass mich los, Weib! Die Kinder sind deine Verantwortung!“, wagte er sich zu erwidern.
    „MEINE Verantwortung? Wer hat denn einen weggesteckt und scheut sich jetzt vor der Verantwortung, hm?“
    „Du wolltest es doch auch!“
    „Aber ich wollte nicht…das!“, schrie sie und deutete mit einer Kopfbewegung auf ihre Baumhöhle.
    „Du willst unsere Kinder nicht?“, fragte Ornlu sichtlich betroffen.
    „UNSERE Kinder, aber wo bist DU, wenn es um sie geht?“
    „Ich werde sie mitnehmen, wenn sie älter sind“, versprach er.
    „Aber ich brauche JETZT Hilfe, du verdammter Streuner!“
    Mit einem Ruck löste der Jadewolf ihre Hände von seiner Robe und trat an ihr vorbei.
    „Warte! So einfach lass ich dich…“
    „Ich gehe jetzt zu meinen Kindern. Komm nach, wenn du dich abreagiert hast“, zeigte er ihr die kalte Schulter und ließ sie einfach stehen.

    „Wäre ich nur mit der Rothaarigen durchgebrannt!“, murmelte er im Weggehen und dachte wohl nicht, dass die Aranisaani ihn hören konnte.
    „Wäre ICH nur mit IHR durchgebrannt!“, schimpfte Chala mit Zornestränen in den Augen und wäre ihm beinahe hinterhergelaufen.
    Doch sie wollte ihren Kindern nicht den Vater nehmen. Sie musste hoffen, dass er irgendwann einsah, was sie alles durchmachen musste und er reumütig nachholte, was er alles verpasste und vermasselte.

    ***

    Mit einem wütenden Schrei schlug Chala die Augen auf. Desorientiert schaute sie sich um und brauchte einige Zeit, bis sie realisierte, wo sie war.
    „Alcha?“, fragte sie verwirrt nach ihrer Tochter bis sie begriff, dass sie noch immer in der Heilkammer der Magier in Stewark lag.
    Sie musste eingeschlafen sein und etwas so Wirres geträumt haben, dass sie selbst jetzt noch davon aufgewühlt war. Energisch wischte sie sich durchs Gesicht und bemerkte, wie ihr Gesicht feucht von Tränen war.
    „Was…ist passiert?“, fragte sie sich, als sie hörte, wie sich einige Leute ihr eilig näherten.
    Dunkel erinnerte sie sich an ein Lied, welches sie gesungen hatte. Sie kannte es, doch die Worte entschlüpften ihr, bis sie wieder im Unterbewusstsein verschwanden, zusammen mit all den anderen Erinnerungen ihrer Kindheit.
    Geändert von Chala Vered (05.10.2024 um 15:53 Uhr)

  16. Beiträge anzeigen #76 Zitieren
    Provinzheldin Avatar von Johanna
    Registriert seit
    Sep 2023
    Ort
    Stewark
    Beiträge
    232
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Johanna ist offline

    Friedas Bäckerei

    „Uuund draußen bleiben!“, rief Johanna vergnügt und preschte mit ausgestrecktem Arm in Richtung der Tür des Goldenen Nudelholzes, wo sie dem verdutzten Isidor mit der ganzen Entschlossenheit eines kämpferischen, kleinen Menschen gegen die breite Brust drückte, um ihn wieder hinauszubefördern.
    „Hallo Isi- hallooo!“, rief sie beeindruckt und ließ die Hand ein klein wenig zu lang auf der muskulösen Brust ruhen, die sich in dem einfachen, aber farbenfrohen Wams beeindruckend abzuzeichnen wusste. Als sie ihren Fehler bemerkte, zog sie die Hand eilends zurück, starrte sie einen Moment lang verlegen an und hüstelte den peinlichen Moment gekonnt beiseite.

    „Siehst gut aus, Großer!“, gab sie mit keckem Lächeln freimütig zu. „Aber wart erst, bis die schönste Frau der Stadt aus der Tür tritt! Hast Glück, dass ich sie mir nicht gleich selbst da drinnen geschnappt hab!“
    Johanna trat noch einen Schritt näher an Isidor heran und streckte sich verschwörerisch an sein Ohr.
    „Hast du alles, was du brauchst? Ich mach mich jetzt auf den Weg und sehe zu, dass euch niemand stört, ja? Wenn du aus dem Stadttor trittst, einfach linkerhand dem Weg folgen. Ich leg euch ein Zeichen an den Wegesrand, wo du einfach nach rechts mitten auf die Plantagen abbiegen kannst, klar so weit?“

    Als sie ihm so nah war und ihm in die Augen hinauf schielte, hielt Johanna einen Moment inne. Er sah heute wirklich verdammt gut aus, so frisch gewaschen und rasiert und in geschmackvollen, neuen Kleidern. Und er roch erstaunlich gut! Sie blinzelte zweimal und besann sich zurück auf ihre Aufgabe. Unbeholfen klopfte sie Isidor auf die Schulter und trat von ihm zurück.
    „Also dann, viel Glück. Sie ist verdammt aufgeregt, kann ich dir sagen!“, kicherte sie. „Wir sehen uns dann morgen, wenn alles gut geht. Wart einfach hier draußen, bis sie kommt, ja? Und halt dich am besten irgendwo unauffällig fest, damit du nicht umkippst, wenn du sie siehst.“
    Johanna lächelte aufmunternd und trat an ihm vorbei auf den Weg gen Süden.
    „Genieß es, ja? Ich freu mich für euch.“

  17. Beiträge anzeigen #77 Zitieren
    Waldläufer Avatar von Kisha
    Registriert seit
    Jul 2023
    Ort
    Torgaan
    Beiträge
    118
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Kisha ist offline

    Haus der Magier - Im Kräutergarten

    „Überstanden? Ich hätte dieser kleinen Nyoka mwenye sumu den Hals gebrochen, wenn sie mir noch einmal dumm gekommen wäre!“, rief Kisha mit einer Barschheit, die sie Aniron gegenüber bislang noch nicht an den Tag gelegt hatte. Sie hielt sicher nicht damit hinter’m Berg, was sie von diesen Novizen des Feuers hielt, und sie würde das Bild auch nicht schöner malen, als es war.
    „Ich versteh nicht, warum ihr solchen Menschen helft. Die Kizalongwe ehren das Ukarimu, wir sind freundlich zu Gästen und teilen alles mit ihnen. Aber wer uns keinen Respekt zeigt oder uns angreift, bekommt keinen Platz an unserem Feuer und keine Hilfe durch unsere Hand. Diese Leute haben unsere angegriffen und uns angelogen. Die Nyoka hat Mera bedroht und ihre Magie gegen mich benutzt. Und trotzdem helft ihr denen?“
    Kisha verschränkte die kräftigen Arme vor der Brust schob trotzig das Kinn vor. Sie sah Aniron direkt in die Augen. „Und ihre Magie? Sie klang scheiße.“
    Sie dachte an das schrille Kreischen zurück, das ihr entgegengeschlagen war, als Felia ihre Flamme gewirkt hatte. Ein Zauber, dem ihren so ähnlich, doch von so gänzlich anderer Natur. Ein Schauer lief ihr bei der Erinnerung an das Geräusch über den Rücken. Wenn die Verbindung dieser Feuermagier zu den Vizuka von derselben Art war wie der Klang ihrer Magie, war es kein Wunder, dass diese Leute so verkorkst und ekelhaft waren.

    „Ich hab eine alte Schmiede im Keller gefunden“, schob Kisha schließlich leiser hinterher. „Da unten sind Werkstätten, eh? War aber schon lange keiner mehr drin. Ganz viel Staub und Spinnen. Ich glaub, ich krieg das wieder hin. Kann aber sein, dass die Hammerschläge manche beim Lesen stören.“
    Und als wäre nichts gewesen und aller Zorn verraucht, zeigte Kisha ihre Zähne und lachte beim Gedanken daran, wie Na-Cron bei jedem künftigen Hammerschlag aus dem Keller über seinen seltsamen Tränkebüchern zusammenzuckte, aus voller Kehle.
    „Ja, ein Licht zu zaubern, ist sehr nützlich“, pflichtete sie ihrem Mitschüler bei. Doch wenn sie ehrlich war, wusste sie auch gar nicht, welche anderen Möglichkeiten ihr zu diesem Zeitpunkt offenstanden. Was lernte man denn sonst noch alles, wenn man gerade erst begriff, wie man Wissen aus dem Flüstern der Vizuka erlangen konnte? Es war Einerlei – mit dem Licht würde sie schon nicht viel falsch machen. So etwas konnte man immer einmal gebrauchen.

  18. Beiträge anzeigen #78 Zitieren
    Abenteurer Avatar von Mera
    Registriert seit
    Aug 2023
    Beiträge
    88
     
    Mera ist offline

    Haus der Magier - Im Kräutergarten

    Mera kam nicht umhin bei den harten Worten Kishas zu nicken. Wenn sich Gäste derart benahmen, mit welchen Recht verlangten sie Respekt? Auch wenn ihre eigene Kultur, ihr eigenes Gedankengut sich von der der Kizalongwe unterschieden, so stimmten sie in diesem Aspekt doch überein. Es zeigte eindrucksvoll, das man auch mit Menschen aus völlig Fremden Kulturen doch immer auch einen Teil seiner Moralvorstellung teilte.
    „Ich mochte sie nicht.“ meinte sie zustimmend, nachdem Kisha fertig war. „Sie waren gemein und arrogant. Ich habe mich in der Heilkammer versteckt, bei Danee. Bei ihr fühle ich mich wohl.“
    Sie dachte zurück an die Salbe, die sie ihr geholfen hatte zuzubereiten. Ein paar Kräuter hier gereicht, ein wenig heißes Wasser dort. Vermutlich war sie weniger Hilfe gewesen als Ablenkung, und doch hatte sie das Gefühl, das die alte Heilerin ihre Anwesenheit und ihre Hilfe schätzte.
    „Sie meinte wir sollen nicht so schnell urteilen. Weil wir nicht wissen, wer sie tief drin sind. Und warum sie so geworden sind wie sie sind. Und das jeder Mensch nur die Summe seiner Erfahrungen ist. Und sie hat recht damit. Aber wenn jemand so ist wie diese Novizen… dann kann ich nicht anders, als sie nicht zu mögen.“
    Sie schloss die Augen und sog tief Luft ein. Sie waren nun weg. Es gab keinen Grund mehr sich zu beunruhigen.
    „Ich würde gerne irgendwann verstehen können, was in solchen Menschen vor sich geht. Und beruhigend sein. Streit schlichten. Danee meinte, dass so etwas mit Magie geht. Aber ich kann ja noch nicht einmal wirklich ein Licht zaubern so wie Kisha und Na-Cron. Ich hab es nur einmal geschafft, und das war bestimmt nur ein Zufall...“

  19. Beiträge anzeigen #79 Zitieren
    AI  Avatar von Isidor
    Registriert seit
    Apr 2024
    Beiträge
    431
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Isidor ist offline

    Friedas Bäckerei

    Zu Isidors Überraschung wurde er von einem allzu bekannten Gesicht abgefangen, an dem ein kleiner Körper hing, der ihn wild gestikulierend und mit erstaunlich viel Durchsetzungsvermögen wieder durch die Tür der Bäckerei nach draußen bugsierte, sodass er fast über seine eigenen ungeschickten Füße stolperte.
    „Johanna?“, fragte der Hüne verdutzt und schaute auf seine Freundin herab, deren Hand auf seiner Brust ruhte, welche er in das neue Wams gehüllt hatte. Sein letztes Gold war für dieses gute Stück über die Ladentheke gewandert und er musste zugeben, dass er stolz war, etwas gefunden zu haben, was ihn nicht wie ein zu groß geratener Trottel aussehen ließ. Kein Brokat oder Seide, das hätte ohnehin nicht zu ihm gepasst. Aber fein gewobene Wolle in farbenfroher, gedeckter Pracht. Etwas eng war das Wams zugegebenermaßen, aber selbst die breite Auswahl hatte ihre Grenzen gehabt.

    Sie zog ihre Hand zurück und für einen Moment bedauerte er es. Die Stelle war noch immer warm und er freute sich ungemein die liebgewonnene Dunkelhaarige zu sehen. Es kam ihm vor, als wäre er den ganzen Tag durch die Gegend gehetzt, ohne auch nur einen ruhigen Moment zu haben und irgendwie fühlte er sich bei ihrem Anblick…entspannt.
    „Schön dich zu sehen“, warf er etwas unbeholfen ein, während sie ihn aufklärte, wie er die Stelle finden würde, die sie für Frieda und ihn auserkoren hatte.
    Isidor wusste nicht, ob er alles mitbekommen hatte, was sie ihm soeben gesagt hatte, doch er war etwas durch den Wind ob der stürmischen Begrüßung. War es überhaupt eine Begrüßung gewesen? Zu allem Überfluss kam sie ihm im nächsten Augenblick wieder näher und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm etwas zuzuflüstern. Der Geruch einer Schmiede stieg ihm in die Nase, zusammen mit etwas Zimt – hatte sie wieder genascht? – und einem Hauch von Duftholz, welcher ihm besonders gut gefiel.

    „Ja, ich…denke, dass ich alles habe“, murmelte er etwas unsicher, als sie wieder einen Schritt zurückgetreten war, „Und danke, dass du Ausschau für mich…also uns…also Fräulein Frieda und mich…ehm…hältst.“
    Bei den Göttern, warum war er plötzlich so nervös? Frieda war noch gar nicht hier und schon verhielt er sich wie ein Jüngling, der bei der Anwesenheit von Frauen verrücktspielte.
    „Ja, wir sehen uns morgen, oder später“, verabschiedete er sie und folgte ihrem Rat, als er sich versucht lässig auf einen der Tische setzte, die für die Gäste der Bäckerei im Außenbereich standen.
    Dass er dabei so fehl am Platz aussah wie ein varantischer Warmblüter bei der Stewarker Eselzuchtmesse, war ihm peinlich bewusst. Obwohl er sich auch weniger mit einem so edlen Pferd verglichen würde, eher mit einem…

    Doch den Gedanken konnte er nicht zu Ende führen, denn in diesem Moment öffnete sich die Tür der Bäckerei und Frieda trat heraus. Der vorherige innere Monolog war zusammen mit allen Zweifeln und Ängsten wie fortgewischt. Die junge Bäckermeisterin hatte ihr rötliches Haar hochgesteckt wie er es bei gut betuchten Damen in Vengard beobachtet hatte. Ihre Wangen waren anmutig gerötet und ein Hauch von dunklem Kohlestift betonte ihre braunen Augen, die nervös glitzerten, als sie ihn entdeckte. Ein adrettes Kleid wusste zu betonen, was die Natur ihr gegeben hatte und wenn jemand in diesem Moment den Namen Livia erwähnt hätte, hätte Isidor nur verständnislos Blinzeln können, da es kein Zweifel gab, dass Fräulein Frieda um ein Vielfaches schöner war.
    Zusammen mit ihr trat auch der himmlische Geruch von Vanille und vielfältigen Gewürzen in die abendliche Luft hinaus, wobei der überrumpelte Schmied nicht fassen konnte, ob es von ihr oder dem kleinen Weidenkorb ausging, den sie unter ihrem Arm trug. Mit einem Mal wusste er nicht, ob er Meister Alberich nicht besser nach einem Vorschuss gefragt hätte, um sich passender einkleiden zu können. Doch das leicht zurückhaltende Lächeln ließ keine weiteren Zweifel zu. Der Frühling hatte den jungen Herbst abgelöst:

    „Fräulein Frieda, Ihr…seht bezaubernd aus“, waren die ersten Worte, die er hervorbrachte, nachdem er einige Male erfolglos den Mund aufgemacht und wieder zugeklappt hatte.
    Ihre Wangen nahmen einen tieferen Rotton an und sie senkte verlegen den Blick.
    „Ich…ehm, habe gedacht, dass wir vielleicht einen kleinen Spaziergang vor die Tore der Stadt wagen könnten“, versuchte er nicht schon in den ersten Minuten zu versagen und trat einen mutigen Schritt auf sie zu.
    „Das klingt großartig“, piepste sie, konträr zu ihrer offenen, freundlichen Stimme.
    Sie selbst schien es ebenfalls zu bemerken und räusperte sich, bevor sie mit einem leichten Lächeln endlich wieder aufschaute.
    „Du siehst auch sehr gut aus, Isidor. Und bitte, Frieda reicht“, bot sie an und schien auf etwas zu warten.
    „Sehr gerne, Frieda“, erwiderte er und brauchte sicher zwei Momente zu lange, um zu begreifen, was von ihm erwartet wurde, „Wollen wir?“, fügte er verspätet an und bot ihr seinen Arm an.
    „Mit Vergnügen“, grinste sie und hakte sich bei ihm ein.

  20. Beiträge anzeigen #80 Zitieren
    Mamka  Avatar von Aniron
    Registriert seit
    Aug 2007
    Ort
    Dresden
    Beiträge
    7.996
     
    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
    Aniron ist offline

    Kräutergarten

    Aniron hatte den Novizen zugehört und nickte. Ein angenehmes Gefühl breitete sich in ihr aus. Einerseits war es ein Zeichen des Vertrauens, dass die Novizen, besonders Mera, so offen sprachen, anderseits offenbarte sich ihr das Gegenteil von dem, was Felia ihr hatte weißmachen wollen. Die Novizen waren keine ungehobelten Zöglinge, die eine dringende Unterweisung im Benehmen brauchten, sondern sie waren nicht nur menschlich in ihrem Tun, vielmehr hatten sie durchaus einen guten Blick auf ihre Mitmenschen. Sie waren geistig wach und im Herzen empfänglich für die feinen Schwingungen, mit denen Adanos sie bedachte. Das war eine wunderbare Voraussetzung für ihr weiteres Vorgehen. Die Priesterin warf Aaras einen Blick zu, dem Ähnliches durch den Kopf zu gehen schien.

    Die Wehmutter wandte sich als Erstes zu Na-Cron:
    „Ah, die Alchemie, wirklich ein ganz spannendes Feld, dem ich mich auch gerne mehr widmen würde. Ich kann deine Faszination sehr gut nachvollziehen. Wenn du irgendwelche Pflanzen brauchst, kannst du dich natürlich jederzeit hier im Kräutergarten umsehen und dir etwas nehmen. Wir haben natürlich auch einen Fundus an nichtpflanzlichen Stoffen, mit denen man experimentieren kann. Auch dort kannst du dir Sachen nehmen, aber denk dran, dass für alles, was wir nehmen, auch wieder etwas der Gemeinschaft zugutekommen muss.“
    Dann wanderten ihre Augen zu Kisha:
    „Eine Schmiede im Keller? Das klingt gut. Ich denke, wir könnten so etwas sehr gut gebrauchen. Schau mal, was dort unten und im Lager alles da ist. Erstell eine Liste von den Dingen, die du sonst noch brauchst und wir legen diese Tinquilius vor, damit über weitere Anschaffungen entschieden werden kann. Na-Cron, schau doch mal, ob du im Keller in den Werkstätten nicht vielleicht auch einen geeigneten Arbeitsplatz für dich und deine Experimente findest“, überlegte Aniron und musste ein Kichern unterdrücken. Dann wäre zwischen Kishas Hammerschlägen dann vielleicht ein Brodeln, Zischen und gelegentlich dumpfes Wummern zu hören.

    Schließlich wandte sie sich auch an Mera:
    „Danee hat Recht, wenn du etwas fortgeschrittener bist in der Magie, kannst du dich am Schlichten probieren. Ich beherrsche das und habe das sogar mit euch allen im Tempel gemacht. Mit den Feuernovizen natürlich auch. Ganz ungefragt, ich hoffe, ihr verzeiht mir das. Für das Erfühlen von wahren Emotionen habe ich auch schon eine Idee und wenn ich es ausprobiert habe, hoffe ich, dass ich dir mehr darüber erzählen kann.
    Allerdings, ich bin froh, dass ihr so offen gesprochen habt, was die Novizen des Feuers anging, denn ich habe im Grunde ähnlich gedacht. Doch, etwas zu fühlen und dann zu handeln, das sind für uns als Bewahrer des Gleichgewichtes zwei verschiedene Paar Schuhe. Ja, die Art der anderen Novizen mag uns nicht geschmeckt haben, doch sie sind zum einen Teil ihrer Magiegemeinschaft und nicht ohne Grund zur Prüfung des Feuers zugelassen. Zum anderen aber ist es an uns, besonnen zu bleiben, wenn wir lieber eine kräftige Vernunftschelle verteilen würden. Dass ihr“, sie blickte zu Kisha und Mera, „bedroht wurdet, wusste ich nicht. Das hätte auf jeden Fall noch einmal Konsequenzen nach sich gezogen. Doch hätten wir ihnen nicht geholfen, hätten sie vielleicht versucht, ihren eigenen Weg zu gehen und diesem Risiko wollten wir unseren Tempel nicht aussetzen. Abgesehen davon, dass zwischen Tinquilius und der Obersten Feuermagierin tatsächlich so etwas wie eine Freundschaft herrscht, die für Frieden zwischen unseren Schulen sorgt. Dies müssen wir bewahren und Tinquilius ist nicht bereit, das wegen ein paar sturer Schüler auf der Seite des Feuer aufzugeben. Sie sind das Feuer, die Hitze, die Leidenschaft. Wir aber stehen für das Wasser, das kühle und ewig fließende. Für den Fels, der sich dem Wind entgegenstemmt und gleichzeitig den Sand, der macht, dass die Düne in der Wüste sich stets verändert. Alles ist in Adanos‘ Fluss.“

    Sie atmete einmal durch und ließ ihren Blick schweifen, entdeckte ihre Tochter balancierend auf ein paar Steinen und ein Lied singend. Nach einigen Augenblicken der nachdenklichen Stille sah sie wieder zu ihren Novizen:
    „Also, Licht, ja? Gut, darf ich, Bruder Aaras?“
    Aaras nickte.
    Aniron erzeugte eine Lichtkugel.
    „Es ist tatsächlich ein einfacher und sehr praktischer Zauber. Er ist der einzige Zauber, den jeder Magier ausführen kann und gleichzeitig noch etwas anderes erledigen kann.“
    Aniron sah sich um. Ah, ja, da war eine Harke! Diese würde sie jetzt mal kurz zweckentfremden! Das durfte sie, war mit der Leiterin den Kräutergartens abgesprochen …
    Die Lichtkugel folgte ihr, und in etwas Abstand zu den Novizen packte Aniron das längliche Gartenwerkzeug: „Stellt euch vor, das wäre ein normaler Kampfstab, keine Harke.“
    Sie stellte sich in die Grundposition und führte eine kurze Kombination aus Schlägen aus, ließ die Lichtkugel dabei immer wieder auf ihren improvisierten Kampfstab fallen und schlug dagegen. Nach ein paar Schlägen ließ sie die Kugel nach oben wandern und vollführte noch eine schnelle Drehbewegung, dann ließ sie die Harke wieder sinken.
    „Habt ihr gesehen? Also, ihr könntet kämpfen, ihr könntet andere Magie wirken, ihr könntet nebenher schmieden, kochen, was auch immer.“
    Sie stellte die Harke wieder an die Wand und ging zu den Novizen und Aaras zurück.
    „Und jetzt die Frage, wie macht ihr das? Ganz einfach: Stellt euch vor, ihr wollt Licht machen. Ihr braucht Licht. Ruft das Gefühl durch eine Erinnerung oder den puren Wunsch hervor und lasst eure Magie wirken. Ja, so einfach ist das.“
    Sie lächelte und ließ die Lichtkugel vorerst wieder verschwinden.
    „Wenn ihr das könnt, widmen wir uns den verschiedenen Farben.“

Seite 4 von 16 « Erste 123456781115 ... Letzte »

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
Impressum | Link Us | intern
World of Gothic © by World of Gothic Team
Gothic, Gothic 2 & Gothic 3 are © by Piranha Bytes & Egmont Interactive & JoWooD Productions AG, all rights reserved worldwide