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“Aha…”, dachte sich Onyx und betrachtete das Konstrukt.
Simpel und harmlos wirkte es ja. Aber das tat er auch, wenn er schlief - so nahm er an.
Da er aber nicht blöd war, schlug er nicht sofort auf das Ding. Nein, er tippte es an und sah sogleich, dass es sich natürlich auf der anderen Seite zu ihn hin bewegte.
Das war die Aufgabe. Er schlug zu, dann schlug sein ‘Gegner’ für jetzt auch zu und er musste das irgendwie abwehren oder einstecken.
Der Fachkräftemangel von Tooshoo war besorgniserregend, wenn man sich nicht einmal einen Trottel borgen konnte, der mit einem Kampfstab gegen hielt.
Umgekehrt kannte Onyx nur einen, der mit einem bloßen Stab sehr gut umgehen konnte und der würde wohl selbst bei einem Onyx gnadenlos zuschlagen.
Der Jadewolf schonte niemanden, denn er hatte das Grundprinzip verstanden. Einen Grundgedanken, den viele im Waldvolk verstanden.
Man verliert, wenn man nur halbe Sachen macht. In der Wildnis wirst du gefressen und im richtigen Kampf umgebracht, wenn du zögerst oder nicht achtsam bist.
Onyx umgriff die Keule und dachte sich, dass eine Schlaufe wohl gut wäre. Nur für den Fall der Fälle. Dann spielte er erst einmal mit der Keule und tippte den dicken Stab erst rechts an und dann links, wieder rechts und wieder links und dann wurde er schneller und wuchtiger.
Ein Überkopfschlag gegen links, sorgte dazu, dass rechts von unten nach oben auf Onyx zu hielt und er das Ding nicht schnell genug abwehren konnte. Sein Unterarm wurde getroffen und die Keule kam nicht dem Tempo hinterher. Das war das was Darius prophezeit hatte und noch war er dem nicht gewachsen.
Onyx trat zurück und schlug erneut zu. Dieses Mal schlug die Keule gegen Rechts und der Stab taumelte oder schaukelt eher in einen Bogen in die Luft und schwang unkontrolliert mit einem Linksdrall auf Onyx zu. Der fluchte und schlug einfach zurück. Schlug gegen das Ding so fest, dass es im Uhrzeigersinn rotierte, ausschwang und wieder zurück rotierte. Onyx machte einen Schritt zur Seite, entging einen Treffer und jagte dann mit der Keule dem vorbei schlagenden Stab hinterher.
Der Stab kam zurück und Onyx wiederholte den Schritt vom ersten Schlag. Wenn es so funktionierte, erkannte er das Muster und würde jetzt besser reagieren.
So schlug er mit einem Überkopfschlag gegen den zurück schwingenden Kampfstab und erwartete den heftigen Schlag von unten nach oben ziehend.
Diesesmal handelte er anders.
So wie Darius erzählt hatte, wie er den Kopf der Keule wie einen Faustkeil verwenden würde oder anders greifen, so umgriff Onyx die Keule anders. Er packte an den Kopf und den Griff und blockte den Schlag dann mit dem Schaft. Mehr schlecht als recht und mit der Erkenntnis zumindest einen Schutz aus Leder an den Händen künftig besser zu tragen. Handschuhe oder Fingerlinge. Er würde herum fragen und schauen was andere Waldläufer mit sich trugen.
Es hatte ja nicht jeder ein Schwert mit Eigennamen was einst zerbrochen und wieder zusammen geschmiedet worden war. Nein, es gab Axtkämpfer, Speerkämpfer und Schwertkämpfer mit Schwertern ohne Parierstange. Die brauchten doch auch eine Lösung.
Nachdem der Stab sich wieder im Gleichgewicht befand, begann der Hüne das soeben erkannte umzusetzen.
Schlag - Block mit umgreifen und wieder Schlag.
Oder Schlag - ausweichen und Schlag.
Mehrere Male machte er das, bevor er zumindest zwei Mal sehr gut blocken und dann wieder schlagen konnte.
Eine Kunst war es schnell genug zu sein und dann mit dem Keulenkopf die Attacke offensiv abzuwehren. So weit war er noch nicht, um dies intuitiv wie beim Bogenschießen zu machen. Aber es hinderte Onyx nicht daran es zu versuchen und dann hier und da einzustecken.
Das gehörte dazu.
Als er jedoch beim gewöhnlichen blocken wieder was auf die Finger bekam, war Schluss mit lustig.
Wütend donnerte er gegen den Stab, wich seiner Rotation aus und auch dem Pendeln und schlug erneut zu. Der Stab jagte in seine Richtung und Onyx blockte nicht nur ab. Er änderte den Winkel beim abwehren in der Bewegung, damit der Stab nicht zu einfach am Holzschaft entlang glitt und packte das Seil oberhalb des Knotens.
So in etwa hätte er wohl den Gegner an der Kehle gepackt.
Onyx ließ ab und atmete durch. Ging in Gedanken das gerade Geschehene durch.
Ja, so könnte es klappen.
Sein Blick ging kurz zu Darius, doch dann dachte sich der Hüne, dass Darius schon nochmal vorbeikommen würde. Kurz sah er dem Pärchen zu und fand, dass das nun besser aussah. Nicht mehr so lustlos und zu seinem Glück zwingend. Mehr ein Ich-bin-hier-um-mich-zu-zeigen.
“Und?”, fragte dann Darius Stimme.
“Sein interessant. Besser vielleicht aber jemand was kämpfen gegen. Fachkraftmangel nicht groß, wenn zahlen gut. Aber Onyx nicht beschweren. Sein Herausforderung gegen Stab und sich selbst. Ihr überlegt ganze Anlage vielleicht? - Sagen Onyx wo am meisten wehtun ausser Kopf? Sagen wie Unterschied zu Axtmann? Sagen Onyx was sollen machen für Pflege von Keule? Was letzte Preis von gute Keule mit Bäääm? Was kann Onyx hier besser?”, fragte er und zeigte dann Darius in einer relativ schnellen Abfolge das, was er eben noch umgesetzt hatte.
Nicht elegant, aber das interessierte Onyx wenig
Er suchte den besten Weg, um dem Stab wehzutun.
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Schrein der Mutter
Gespannt und gleichwohl erleichtert lauschte Zarra den Ausführungen Maris zur Mythischen Sphäre. Es waren also nicht die Seelen verstorbener Tiere, die er rufen konnte, sondern eine Art Echo aus einer anderen Dimension, welches einem einzigen Befehl zu folgen bereit war, ehe es nach Hause zurückkehren konnte. Etwas störte sie dennoch und das war der Umstand, dass man die Wesen dazu brachte etwas bestimmtes zu tun. Auch Ornlu hatte zu ihr gesagt, dass sie dem Erz befehlen musste auf ihre Magie zu reagieren. Hatte Magie immer etwas damit zu tun, dass man Herrschaft über etwas ausübte? Das wollte sie nicht.
„Eine Frage habe ich noch, ehe du Vareesa suchen gehst, wenn ich darf“, äußerte sich die junge Frau zaghaft und lächelte, als Maris ihr bedeutete einfach zu fragen, „Hat Magie immer etwas damit zu tun, dass man Tieren oder der Natur allgemein etwas aufzwingt? Müssen wir Befehle auf magische Weise formulieren um zu erreichen, was wir wollen? Das klingt nicht nach Harmonie mit der Umwelt wie ich es mir immer vorgestellt habe. Selbst beim Sammeln von Kräutern achte ich darauf den Pflanzen nicht so sehr zu schaden, dass sie durch meinen Eingriff vergehen und ich bin für jedes Blatt und jede Blüte dankbar, die mir die Natur zur Verfügung stellt.“
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf die Umgebung. Bei der Erwähnung lebendiger Tiere, mit denen sie ausprobieren sollte in Verbindung zu treten, dachte sie natürlich sofort an Insekten, von denen hier im Hain der Mutter mehr als genug vorhanden waren. Gerade die hohe Luftfeuchtigkeit und das stehende Gewässer lockten allerlei Mücken, Wasserläufer und auch Libellen, die an dem Sumpfschilf saßen und alles um sich herum im Blick behielten. Die Nähe zum Schrein bedeutete einen sicheren Hafen für sie alle und die Tiere spürten, dass sie hier keine Angst haben brauchten gefressen zu werden. Allerdings galt das nicht für die Menschen, denn seit sie hier angekommen waren, labten sich immer wieder einige Blutsauger an Zarra. Ein unschönes Gefühl, aber sie lebte damit, weil sie wusste, dass die Mücken davon abhängig waren. Tatsächlich konnte sie die Nähe zu den winzigen Fliegern jetzt ausnutzen, um umzusetzen, was Maris ihr aufgetragen hatte.
Unverwandt hob sie die Hand, auf der sich soeben eine der Mücken gesetzt hatte. Ungerührt durch die abrupte Bewegung saugte das kleine Kerlchen das Blut aus der ohnehin schon blassen Frau. Sie spürte es kaum, doch sie wusste, dass sie danach etwas gegen den Juckreiz würde tun müssen. Doch was, wenn sie das Insekt bitten würde, sich nicht an ihr satt zu trinken?
Konzentriert versuchte sie das Gefühl zu schaffen, wie es bei Maris und ihr gewesen war. Die metaphorischen Ameisen ihrer Seele krabbelten los, strömten zu der Stelle, wo die Mücke auf ihrer Hand saß und suchten den Rüssel des Blutsaugers.
Den Bruchteil einer Sekunde empfand sie ein Gefühl der Sicherheit, als sich ihre Magie mit der Seele des kleinen Wesens verband, doch im nächsten Augenblick erhaschte sie einen Hauch von Angst und die Mücke hob eilig ab, verschwand über den Tümpel in Richtung der Büsche.
„Das war wohl nicht richtig“, murrte Zarra und schaute auf die Stelle, wo sich bereits eine unangenehme Pocke formte.
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Schrein der Mutter
Zarra war so ein herzensgutes und rücksichtsvolles Mädchen. Sie wirkte wie ein zartes Pflänzchen, eine zerbrechliche Orchidee im Vergleich zu dem unverwüstlichen Löwenzahn, den er sein eigen Fleisch und Blut nannte. Maris hoffte, dass der Libellengeist nicht so ein unterdrückerisches Arschloch wie al-Hamza war und sie von Wesen dieser Art noch lange verschont blieb, bis sie sich an die rauen Spielregeln der Natur gewöhnt hatte.
„Nicht alle Zauber zwingen einem anderen Wesen den eigenen Willen auf“, antwortete er. „Dein erster Zauber basiert vielmehr auf Zusammenarbeit und ist deutlich schwieriger, wenn man gegen den Willen seines Ziels zu handeln versucht. Aber es stimmt, einige Zauber verwirren das Ziel, täuschen es, manipulieren es oder zwingen es, Dinge zu tun, die es nicht möchte. Wir müssen uns immer bewusst darüber sein, dass wir mit unserer Magie das natürliche Gleichgewicht der Natur aufwühlen und dadurch jemand zu Schaden kommen kann, auch unabsichtlich. Deshalb setzen wir sie nur bedacht ein und nur dann, wenn wir sie brauchen. Es spricht für dich, dass du zuerst an die Anderen denkst und nicht daran, welchen Vorteil du aus den Zaubern schlagen kannst. Deshalb mache ich mir bei dir keine Sorgen, dass du diesen wichtigen Grundsatz immer beherzigen wirst.“
Maris hielt inne, legte den Kopf schief.
„Es mag Andere geben, die sich weniger an diesen Grundsatz gebunden fühlen. Sie können damit großen Schaden anrichten, denn die Gabe der Magie birgt ziemlich große Macht, sowohl zum Guten, als auch zum Schlechten. In solchen Fällen werden dann Leute wie Ornlu aktiv und machen Jagd auf diejenigen, die vom Weg abkommen.“
Er sprach es nicht als Warnung aus, wie er es bei anderen getan hätte. Denn er machte sich keine Sorgen, dass Zarra ihre Macht missbrauchen würde. Das widersprach schlichtweg ihrem Naturell.
Runa verlagerte mit einem Ausruf des Unwillens ihr Gewicht und hob die Hand. Jedoch nicht, um sich bemerkbar zu machen, sondern, um zum Schlag auszuholen. Denn auf ihrer Wade hatte sich eine dicke, fette Mücke niedergelassen, so wie zuvor auf Zarra. Maris ergriff ihren Arm, bevor sie zuschlagen konnte.
„Paps! Die sticht mich doch!“, rief seine Tochter empört.
Er blickte auf die Mücke herab, die sich augenblicklich erhob und in gerader Linie eiligst davonflog. Dann ließ er Runa los. „Schlechter Zeitpunkt, Schatz.“
Er wandte sich wieder Zarra zu. „Probier es erstmal mit einem etwas langsameren Tier, das vielleicht auch nicht so einen stark ausgeprägten Fluchtinstinkt hat und dir mehr Gelegenheit gibt, die Verbindung aufzubauen“, riet er seiner Schülerin. „Auch deshalb haben viele von uns ihre bevorzugten Tiere. Man kann nicht die Eigenheiten jeder Art kennen, und ein tiefes Verständnis der Bedürfnisse und Ausdrucksformen hilft enorm, um solche Verbindungen zu schaffen. Ich zum Beispiel halte mich bevorzugt an Katzen, wenn ich etwas Neues probiere.“
Maris baute erneut eine Verbindung zu Zarra auf und sandte ihr einen ermutigenden Gedanken. Er mochte die Färbung ihrer Seele. Sie war so sanft und angenehm, als könnte sie niemandem etwas zuleide tun.
„Weil du mir gegenüber offen bist, geht es ganz einfach für mich. Dein Ziel und du, ihr braucht beide Ruhe und Gelassenheit; dann kannst du Kontakt aufnehmen, und wenn die Verbindung steht, kannst du deine Gedanken übermitteln, indem du sie einfach denkst. Und eine Sache noch: für den Anfang belass es bei bloßem Erfahrungsaustausch. Man neigt dazu, gleich einen Nutzen aus der Fähigkeit ziehen und die Tiere zu etwas überreden zu wollen. Aber seinen Willen durchzusetzen und ein Tier zu etwas zu bringen, das es nicht im Sinn hatte, ist eine Spur zu schwierig für den Anfang.“
Nun erhob er sich.
„Also dann, ich mach mich mal auf den Weg. Bleibt ruhig noch ein wenig hier, ihr beiden. Ich denke, auch du kannst dabei noch Einiges lernen, Runa.“
Maris lächelte beide nacheinander an. „Bis später, ja?“
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„Ahnen, gebt mir Kraft!“ murmelte Ylva leise, als sie den Mann mit den vielen Namen brabbeln hörte. Er spinnte sich eine sehr interessante, wenngleich vollkommen zusammenhangslose Geschichte zusammen. Von Hochzeiten (jeder mit jedem), Verrat (jeder gegen jeden), Waisenkindern (in Bruchteilen) und einem Mann namens Eugen.
„Lustig, so hieß einmal ein Pferd von mir“ sagte sie trocken, nachdem der Kerl aufgehört hatte die Worte aus seinem Mund zu lassen, wo sie lieber verblieben wären.
„Jadewolf, meine ich. Nicht Eugen.“ ergänzte sie. „Das wäre ein ziemlich beknackter Name für ein Pferd. War mir ein treuer Gefährte, bis es mit einem Steinbock durchgebrannt ist.“
Zwar stimmte kein Wort von dem was sie sagte, aber wenn sie sich hier schon trafen um sich Märchen zu erzählen, wollte sie nicht zurückbleiben.
„Ich komme aus Nordmar, aye.“ antworte sie schließlich auf die schlussendlich doch halbwegs verständliche Frage des Mannes mit den vielen Namen. „Ich heiße Ylva. In der Sprache des Nordens heißt das 'Wölfin'. Scheinbar haben wir zumindest etwas gemeinsam. Auch wenn du eindeutig bekloppter bist als ich.“
Sie musterte den Mann, der aus dem Baum kam, noch einmal eindringlich. War er wirklich so bekloppt, wie er den Anschein machte? Sicher, seine Worte bezeugten es, und auch die seltsam geweiteten, unfokusierten Pupillen waren ein gutes Indiz, doch irgendwie war sich die Jägerin nicht ganz so sicher. Er erschien ihr, als könnte er in einer anderen Situation ein anderes Gesicht zeigen. Eines von Weisheit, vielleicht sogar Autorität. Maris war ihm mit Respekt begegnet, als sie ihm begegnet waren, am Rande des Dämonensumpfes, und auch Runa war ihm eher mit aufgeregter Freude begegnet. Sie zuckte mit den Schultern. Vielleicht war mehr an ihm dran. Wahrscheinlich nicht.
„Wohnst du in diesem Baum?“ fragte sie ihn in der vagen Hoffnung auf eine klare Antwort. „Wo kommt der her?“ Sie blickte nach oben, einer schier endlosen Wand aus Holz folgend. Aus den Augenwinkeln sah sie auch, wo Ornlu hinschaute. Sie blickte ihn an. „Wenn du da noch weiter hinstarrst kommt Eugen Ziegenschreck und klaut dir die Augen.“
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Vareesas Bognerei
Wie unsagbar still es doch gerade war. Das Thing lag nun schon wieder gefühlt eine Ewigkeit zurück und die anfängliche Aufregung hatte sich nach einigen langen Gesprächen mit den ehemaligen Fels-, nun Sumpfnattern gelegt. Ob sie es wollte oder nicht: Vareesa war nun so etwas wie deren Kindermädchen. Zwar hatte Sechet direkt damit begonnen, die Wanderin als ‚Matriarchin‘ zu bezeichnen, aber diesen Titel unterband sie ebenso schnell wie diesen Zofen-Blödsinn. „Vareesa. Einfach Vareesa. Nicht Zofe. Nicht Matriarchin.“, hatte sie mehrfach erklärt. Erschöpft und mit der Vorstellung, einem störrischen Sumpfhai mehr Verständnis lehren zu können als den beiden die in der, für waldvölkische Verhältnisse aufgewachsenen Bergbewohnern.
„Wenn ihr beiden hierbleiben wollt, ist das die erste Regel: Ich will nicht, dass ihr Aufsehen auf mich zieht. Egal in welcher Form. Ich will hier einfach nur meine Bögen bauen und in Frieden leben …“. Ja, das hatte sie zuvor noch klargestellt. Mittlerweile aber saß die Bognerin auf dem Boden der Bognerei, nahe der Fenster die einen Blick auf den großen Baum zuließen. Das eine Bein an sich herangezogen, das andere angewinkelt und zur Seite gedreht. Langsam lehnte sie ihre Stirn an den klammen Stoff der Hose. Das vorbeigezogene Gewitter hatte die Luft klamm und schwül hinterlassen. Der Druck, den sie damit ausübte, unterdrückte das Pochen hinter den Schläfen zumindest teilweise und gab ihr die Möglichkeit, tief ein- und wieder auszuatmen.
Kalt ein. Warm aus. Immer im Wechsel.
Die Worte, die sie sonst an Sechet richten wollte, es am Ende jedoch nur gedanklich getan hatte, durchzogen ihren Geist. „Ich will einfach nur überleben und dieses verdammte Gift aus meinem Körper entfernen.“. Tatsächlich aber hatte die Bognerin auch den Mehrwert darin erkannt, von den Nattern mehr über die große Schlange zu lernen. Schließlich hatte dieses Biest bis dato alle Karten in der Hand und ihre ‚Zofe‘? Sie wusste nichts und musste nur folgen. Eine heiße Welle aus Frust und Zorn stieg ihr bei dem Gedanken aus der Tiefe ihrer Magengrube nach oben und zwang Vareesa, die Zähne zusammenzubeißen.
Kalt ein. Warm aus. Immer im Wechsel.
Sie wollte nicht spielen, aber sie musste. Musste ein Spiel lernen, auf das sie keine Lust hatte. Ob jemals ein Tag kommen würde, an dem sie wirklich frei tun konnte, was ihr im Sinn stand? Ohne Gift in den Adern? Ohne Zwänge oder das Dasein als Kindermädchen? Vareesa seufzte verdrossen und schob ihre Stirn am groben Stoff auf und ab. Das Jucken, irgendwo hinter ihrer Stirn wurde etwas leiser. Ließ ihr wieder Raum zum Atmen. Doch ihre Augen blieben zusammengepresst.
Kalt ein. Warm aus. Immer im Wechsel.
Es gab Hoffnung. Ganz bestimmt! Schließlich kannte Sechet sich mit Giften aus. Und, sicher, er war kein Meister, aber die gruseligen Holzmasken die Djeser zu schnitzen vermochten wären sicher eine nette Beigabe für die Bognerei gewesen. Das Gesicht der Bognerin, zu einer leichten Grimasse verzogen durch das angepresste Knie, wandte sich leicht zum oberen Fensterrahmen, von dem aus sie die Maske anstarrte, die der junge Mann in den Tagen vor dem Thing geschnitzt hatte. Sie war … hübsch. Unkonventionell, aber hübsch. Das Stück erinnerte die Bognerin an das ausdruckslose Gesicht eines Frosches der, dort wo seine Glubschaugen sitzen sollten, in ihren Pupillen jeweils ein Loch hatte durch das der Träger hindurchblicken konnte. Nun, zumindest er würde sich hier handwerklich nützlich machen können. Außerdem erklärte es sich von selbst, dass Djeser Sechet begleiten würde, wenn es um Besuche bei der alten Rimbe ging. Schließlich war da ja noch das dritte Mitglied jener Sippe im Anmarsch. Oder Ankrabbeln? Kinder … Wieder vergrub sie das Gesicht im Hosenstoff und atmete durch. Sie würde nie eine Mutter sein. Aber, bei einer derartigen Vergangenheit konnte sie auch gut darauf verzichten. Eine Wahl … gab es da ohnehin nicht mehr.
Kalt ein. Warm aus. Immer im Wechsel.
Aber sie hatte überlebt. Und sie würde alles daransetzen, weiterhin zu überleben. Diese Gedanken waren mittlerweile ein fest eingefressenes Mantra in den Gedanken der Frau mit den grünen Strähnen. Eines, dass ihr immer wieder Ruhe schenkte in solchen Momenten. Ein letzter, langer Atemzug, dann lehnte sie sich seufzend gegen die harte Holzwand, schlug mit den Handflächen links und rechts flach auf den Boden auf und schob sich dann an der Wand nach oben, wieder auf die Beine. Das Meerblau fuhr über die Werkbank in der anderen Ecke des Raumes. Dort ruhte, mit verschiedenen Lacken und Kleister-Arten behandelt, der geschundene Bogen Onyx‘, des großen, wortkargen Jägers. Das gute Stück hatte viel zu erzählen und noch viele Wunden mehr aufzuweisen, die nun in Ruhe heilen mussten. So zumindest das Gefühl der Bognerin, wenn sie die Waffe so ansah. Nichts, was sie nicht hinbekam, aber doch …
„Was als nächstes? Ein Essen unter Sternenhimmel mit dem Bogen? Reiß dich zusammen, Frau!“, schalt sie sich und klatschte dabei mehrfach mit den flachen Händen gegen die eigenen Wangen. Dann fiel es ihr wieder ein: Sechet hatte sie gebeten, einige einfache Pilze und Kräuter zu besorgen, da sie ihr einen ersten Einblick in die Geheimnisse der Nattern geben wollte. Was war das noch gleich? Ein paar von diesen Pilzen. Wie hatte sie die noch genannt? Schippenfleisch? Gräbermorchel? Und noch etwas von diesem Kraut. Sumpf-Siglinde? Nun, grob hatte sie ja zugehört. Das eine waren grünlich-blau wirkende, glatte Pilze und die Kräuter trugen Blüten in der Farbe, ähnlich wie dieses Zeug mit dem hochgestochenen Namen. Lavendel? Ein Name, der die Bognerin an einen alten Knacker in einen Kämmerchen voller Glasflaschen und allerlei Kräuter erinnerte. Nun, sie würde schon finden wonach sie suchen sollte. Und vielleicht nebenbei ein paar abgestoßene Zweige oder Äste von Tooshoo finden. Die waren immer ganz besonders beliebt!
Und, gerade als die Bognerin zur Tür herausgetreten war, sah sie aus dem Augenwinkel eine doch recht markante Kopfbedeckung um die Ecke verschwinden. „War das … Uh, halt! Maris!?!“. Sie stolperte und fiel fast über die eigenen Füße im Versuch, die paar Stufen von der Hütte nach unten zu hasten und, dem, auch wenn sie es nicht ganz bestimmen konnte, großen Löwen zu folgen.
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“Du meinst sein Geist? Hmm, glaube ich nicht! Der wacht immer noch am Pass gen Nordmar und vertreibt die Ziegen. Sein dingsder Enkel Eugen Ziegenschreck der 16. rennt hier irgendwo rum, aber der ist nur ein Schatten der einstigen Legende. - Jedenfalls hab ich natürlich nur überlegt, woher du die Lederkluft hast und wer sie gemacht hat - die ist ganz schick und wie du siehst, hab ich bis auf Sumpfhailederstiefel und der passenden Hose dazu leider nichts mehr. - Und wie lang brauchst du sie auszuziehen? “, fragte er dreist und hatte sie auf den richtigen Fuss erwischt. Dreckig grinste er und hob beschwichtigend die Hände.
“Hübsch anzusehen bist du - musst du selbst zugeben. Da oben im Norden wissen sie vor lauter Ehre und Orks jagen nur nicht, dass ihre starken Frauen hinter ihrer Schroffheit oft sehr viel Leidenschaft verbergen. Nordmarern scheinen da oben paar Dinge einzufrieren. Ist so. - Wir haben hier ein paar Nordmarer und was soll ich sagen, die sind aufgetaut und haben unsere eher freie und offene Art angenommen. Hjarti zum Beispiel. Aber der musste deine Heimat verlassen, weil er irgendwie die Tochter eines Clanlords ein wenig geschwängert hat und nicht in jeden Satz irgendwas von Ehre sagte. So seine Version.”, erklärte Ornlu die Laberbacke und blickte wie sie eben den Baum hinauf.
“Hier brauchst du ein dickes Fell, wenn du mit dieser Art nicht klar kommst und musst gleichzeitig bereit sein, dich den Menschen zu öffnen. Natürlich auch Argumente. So wie deine Axt. Aber ich denke du verstehst was ich meine. Nimm es mir nicht übel, wenn ich dahin gestarrt habe. Es liegt in meiner Natur und es liegt mir fern, sie zu unterdrücken. Ich bin kein Paladin wie du sicher schon gemerkt hast.”, sagte er mit wölfischen Grinsen und blickte zu ihr. Kurz grüßten sie ein paar Leute, ein Waldläufer zwinkerte Ylva zu und ein Handwerker fragte sie, ob sie Werkzeug aus Nordmar für ihn hätte. Klar trug jeder der aus Nordmar kam bei sich. So wie jeder vom Waldvolk ein Jäger war und immer irgendwo einen Pfeil versteckte.
“Ich wohne dort - ja. So wie fast alle hier, auch wenn wir bald einige neue Hütten bauen werden. Und das ist gut so, denn dieser Baum ist heilig und nicht das Wohnhaus unzähliger Menschen.
Tooshoo ist für mein Volk heilig und etwas Besonderes in dieser Welt. Mit nichts vergleichbar und mehr wie nur ein sehr alter Baum.”, erklärte er Ylva und überlegte kurz, was er ihr noch sagen konnte.
“Tooshoo ist ein Weltenbaum. Würde dieser Baum sterben, würde diese Welt sterben. Langsam und unaufhaltsam.”, erzählte er dann und klang nicht mehr wie der zugekiffte Jadewolf.
“Deswegen sind wir hier. Weswegen bist du hier? Wieso nicht daheim und wo ist dein daheim genau? Was hast du gedacht und gespürt, als du Tooshoo zum ersten Mal gesehen hast, Ylva?”, fragte der Druide.
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Erfolgreiche Navigation war eine Kunst, die damit begann, zu wissen, wo man eigentlich hin wollte. Und genau da ging es in Maris‘ Fall bereits los. Denn er wusste zwar, wen er finden wollte, doch er hatte absolut keinen Schimmer, wo er suchen sollte. Nun gut, Vareesa war eine Bognerin. Also musste sie doch irgendwo hier eine Bognerei haben, nicht? Er hatte sich noch nie viel aus Bögen gemacht – und seit er Varant verlassen hatte, auch keine Armbrust – also wusste er auch nicht, wo sich diese Bognerei befinden mochte. Gut, er konnte fragen. Doch im Wald war das mit der Auskunft immer so eine Sache. Wenn man Pech hatte, traf man auf Einen wie Osmo, der einem was vom Paarungsflug holzfressender Zikadenschweine erzählte und über die Wölbung von Steinbögen philosophierte, bevor er mit einem bekifften Grinsen weitermarschierte. Hier musste man sich schon sicher sein, dass die Informationsquelle zuverlässig war.
Also lief es am Ende immer wieder auf die Sumpflilie hinaus. Denn wohin gingen am Ende des Tages alle Leute und wer kannte ausnahmslos Jeden in dieser Gemeinschaft? Richtig, und manchmal war einem das Glück sogar hold und man traf die gewünschte Person gleich direkt in der urigen Spelunke. So entschied sich Maris, sein Glück zuallererst dort zu versuchen. Doch allzu weit kam er nicht. Denn manchmal fand der Berg den Propheten ganz von allein, ohne dass der alte Herr seine müden Füße erst zur Erderhebung schleppen musste.
„Vareesa! Das trifft sich aber. Genau zu dir wollte ich gerade! Wie geht’s dir?“
Er legte eine Hand auf seine Brust und deutete eine galante Verbeugung zum Gruße an.
„Ich habe gerade begonnen, Zarra mit ihrem ersten Zauber zu konfrontieren, und wollte nun nach dir sehen. Sie übt erstmal am Schrein der Mutter, wir haben also Zeit, uns auch etwas anzuschauen – falls es dir passt, jedenfalls. Wo, ist mir egal. Lass uns gern irgendwohin gehen, wo du dich entspannen und konzentrieren kannst.“
Das hatte jedenfalls mit Zarra gut funktioniert. Und da er auch Vareesa wie einen Menschen einschätzte, der am besten an vertrauten Rückzugsorten funktionierte, wollte er es für den Anfang gern noch einmal so probieren.
„Ist schon ein paar Tage her, seit wir darüber gesprochen haben, ich weiß. Aber ich wollte dir ja zeigen, wie du die Magie nutzen kannst, um dich zu wehren.“
Er zog die Nase kraus. Hatten sie seit der Jagd eigentlich schon einmal wieder richtig miteinander gesprochen?
„Wie ist es dir eigentlich bei der Wilden Jagd ergangen? Ich hoffe, du bist nicht in schlimmere Kämpfe verwickelt worden. Ging ja ziemlich drunter und drüber …“
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Schau an. Er konnte Sätze mit Sinn und Verstand formen und klang nicht mehr wie der alte Innbjörn aus dem Feuerclan, der jeden Pilz unter der Sonne futterte und mehr als einmal meinte 'Visionen' zu haben. In Wahrheit saß er brabbeln und mit Schaum vor dem Mund in einer Ecke, während sich die Kinder des Clans einen Spaß daraus machten ihm Ideen einzugeben, die er nach seinem Rausch als göttliche Eingebungen wiederkaute.
Ylva lachte. Dieser Ornlu war ein direkter Kerl, wenn auch ein wenig verschroben. Sie winkte ab. „Wenigstens starrst du nur. Wenn du wüsstest, was andere schon probiert haben – und denen habe ich nicht nur die Augen geklaut.“ Sie klopfte auf ihr Jagdmesser, das ihr schon seit Jahren treue Dienste geleistet hat. „Hätte die Tochter des Clanlords auch so ein Messer gehabt, wäre sie nicht schwanger geworden. Und Hjarti würde ein paar Oktaven höher singen.“ sie grinste schelmisch. Auch wenn Ornlu inzwischen ernst geworden war, konnte sie sich diesen kleinen Abstecher in die Geschichte der Fabeln nicht verkneifen.
„Ich bin mit Maris hierher gekommen. Er meinte etwas in einer alten Schnitzerei zu sehen, die ich in Nordmar gefunden hatte.“ Die Jägerin zuckte mit den Schultern. „Wissen die Ahnen, zu wem er mich bringen wollte. Er wollte mir noch nicht einmal verraten, was er an der Schnitzerei fand. Ich habe ihn dann aus den Augen verloren, als hier diese... Dinger kamen.“
Innerlich verfluchte sie den Varanter und seine Verschwiegenheit in diesen Dingen, bevor sich ihre Gedanken anderen Dingen widmete, die Ornlu angesprochen hatte.
Sie folgte dem Blick des Jadewolfs, der nun wie sie zuvor dem Stamm hinauf blickte, in die weit ausladende Krone, die wie eine dichte Wolkendecke die Umgebung in tiefen Schatten hüllte.
„Ich habe mich gefragt, ob er Wirklichkeit ist, oder ich halluziniere.“ antwortete sie auf die Frage Ornlus. „Es ist also der Weltenbaum. Nie hätte ich gedacht, dass ich ihn mal sehen würde. Dass er überhaupt existiert! Världens Pelare! Urgamla Asken!* Trägt seine Krone den Himmel? Ragen seine Wurzeln in das Reich der Toten, wie der Baum aller Welten in den Sagas?“ fragte sie neugierig, staunend, auch ungläubig.
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*nordmarisch: Säule der Welt! Uralte Esche!
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“Den Himmel trägt Tooshoo nicht. Ich war schon ganz oben. Am höchsten Ast den man erklettern kann. Bis zum Himmel ist es noch ein gutes Stück. Aber die Wurzeln, Ylva. Die Wurzeln ragen tief in diese Welt. Sie halten die Berge, Flüsse, Wälder und Wüsten zusammen. Ohne sie, würde alles auseinander driften und ein Ende finden.”, erklärte der Druide und war mit seiner Umschreibung des Siegels unter Tooshoo ganz zufrieden. Letztlich würde die Welt untergehen, wenn die Mutter des Lebens in ihrer Sphäre wieder sichtbar werden würde.
“Maris hat mir davon erzählt. Ich wollte es aber noch einmal von dir selbst hören. Mein Onkel Bogir hätte dir vielleicht schon in Nordmar mehr dazu erzählen können. Er weiß um eure Ahnen, alten Sitten, verlorenes Wissen und Verbindungen in eine sehr alte Zeit. Nordmar ist mehr wie nur Eis, Schnee, Nadelwälder und eine rothaarige Jungfer die den Ahnen ein Opfer bringt.”, sprach er wissend um mehr und doch nur wie ein einfacher Mann, der weit weg von der komplexen nordmarer Seele war, die auf die Flachländer so einfach anmutete.
“Ich lasse dir die Wahl. Wir können hoch gehen und du kannst von der Baumkrone aus mal einen Blick werfen. Wenn man schon mal hier ist und durch einen Wildfremden in Gedanken schon nackt auf einem Eiswolffell lag - dann hat man das Recht sich das mal anzuschauen und vielleicht die Schnitzerei von da oben einfach weg zu werfen bis sie jemand anderes findet. - Oder wir machen das, was Maris eh mit dir im Sinn hatte. Wir gehen zum Schrein der Mutter und geben ihr was. Vielleicht gibt sie dir ja auch was. Wenn auch nur eine Antwort auf die Schnitzerei. Ich selbst könnte sie mir angucken und so tun als wüsste ich was, wenn du dich für einen Ritus nackt auf ein Eiswolffell legst - aber das wäre nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass ich vielleicht etwas mit meinen Jägeraugen und Lagerfeuergeschichten erkennen kann, was andere bisher nicht sahen. Aber ich würde dich am Ende auch nur zum Schrein der Mutter schicken. - Also? Was ist deine Wahl?”, fragte er unverblümt und ehrlich.
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Wie seltsam. Gefragt zu werden, wie es einem ging. Nach all der Aufregung um die wilde Jagd hatte Vareesa kaum Zeit gehabt, die Ereignisse richtig zu verarbeiten. Und wenn doch, war sie wirklich mittlerweile so abgebrüht? Oder hatte sie einfach ein Talent entwickelt, die Dinge zu verdrängen und weg zu atmen? Ein seltsam gemischt Gefühl aus Erleichterung, Maris zu treffen, aber auch dem beklemmenden Gefühl im Angesicht des Sumpfherren wie ein in die Enge getriebenes Tier kämpfen zu müssen, stieg in ihr auf. Diese seltsame Form von Adrenalin, die der magische Ausbruch beim Angriff der geflügelten Kreischhexen freigesetzt hatte. Ein tiefer Atemzug folgte, dann hoben sich die meerblauen Augen wieder und begegneten dem Blick des Löwen. Ein wenig zaghaft, der Griff ging an ihren linken Arm und rieb unsicher mit dem Ärmelstoff auf und ab. Dann neigte sie sachte das Haupt und vollführte die übliche Grußgeste. Wie einstudiert.
„Danke. Also, dass du nach mir siehst. Das, äh, ist etwas ungewohnt. Eigentlich wollte ich gerade ein paar Kräuter für Sechet sammeln gehen, aber …“, begann sie zu erklären und schaute dann über die Schulter zu ihrem kleinen, aber feinen Heim. „… gehen wir doch rein.“.
Schweigend waren sie die paar Meter zurück zur Werkstatt, die Treppen hinauf und zur Tür rein gegangen. Nicht, ohne dass dem Mann aus der Wüste der große Loch in der Wand zwischen Vor- und Hauptraum aufgefallen war. Die gerunzelte Stirn sprach da ganz ihren Teil. „Unser Hauptmann fand es nicht witzig, dass Kiyan und dieser Salzknilch es sich hier bequem machen wollten während meiner Abwesenheit. Ansonsten, willkommen in der besten Bognerei auf ganz Argaan!“, kommentierte die Hausherrin nur und breitete, mitten im Raum stehend, der aus Werkstatt und Wohnbereich bestand, die Arme aus. Zwar gab es noch die Tür, mittig am Ende des Raumes, aber die kleine Schlafkammer dahinter war kaum der Rede wert. „Bitte, mach‘ es dir bequem.“, bot sie an und deutete auf die Eckbank, die den provisorischen Ess- und Pausentisch, der in einer Ecke das Raumes wartete und von einer Eckbank halb umrahmt wurde. Ohne groß zu fragen, stellte sie den blassen Krug, gefüllt mit einer Teemischung verschiedener Waldfrüchte auf den Tisch und dazu zwei schlichte, hölzerne Becher. Dort, direkt neben den Gefäßen lagen noch einige Schnitzwerkzeuge, mit denen Djeser ihr am letzten Abend gezeigt hatte, wie sie den Knüppel mit dem unaussprechlichen Namen für Kisha hatte besser in Form bringen können. Das Ding sollte sie auch alsbald fertigstellen und für die letzten Schliffe noch einmal Ryu aufsuchen. Ohnehin war da noch ein Scavanger mit ihm zu rupfen gewesen. Aber alles zu seiner Zeit. Nun wollte sie erst einmal die Chance nutzen, sich in Ruhe mit Maris zu unterhalten. Doch sie schwieg. Der Versuch, die Dinge in Ruhe aufzugreifen und der Reihe nach darüber zu sprechen, fiel ihr schwer. Sich die Bilder von Blut und Tod vor das geistige Auge zu rufen war nichts, was eine einfache Handwerkerin wie Vareesa gerne tat.
„Es geht mir nicht gut …“, gestand sie, die Hände auf der Tischplatte ineinander gefaltet und den Blick zwischen ihre Unterarme gesenkt. Einen Punkt in der groben Maserung des Tisches suchend, der sich schlussendlich als Überrest eines Holzfehlers entpuppte. „Erst griffen uns die Harpyien an und haben mir fast die Schulter ausgerissen. Wer weiß, wohin sie mich geschleppt hätten, hätte ich …“, ja was eigentlich? Sie hatte die Beherrschung verloren und irgendetwas gebrüllt, womit ihre bis dato eher, verhältnismäßig friedlichen Schlangen getötet hatten. „… Ich glaube, ich habe die Beherrschung über meine Magie verloren. Falls man jemals von Beherrschung sprechen konnte...“. Die Erinnerung, bisher eher gut verpackt in einem Regal ihres Unterbewusstseins abgeschoben wurde nun deutlich. Das berauschende Gefühl von Macht und Kontrolle, zumindest der süßliche Geschmack davon breitete sich wieder auf ihren Lippen aus. Leicht zitternd bis sich die Bognerin auf den inneren Rand ihrer Unterlippe, ließ ihre Zunge darüberfahren, als konnte sie es schmecken. Dann atmete sie tief durch und schloss die Augen.
„Es hat sich so gut angefühlt, zu sehen, wie das Leben aus der Harpyie herausgequetscht wurde. Wie in einem Rausch. Obwohl ich weiß, dass es falsch war, aber …“, zögerlich, geplagt von Schuldgefühlen derer sie, im Angesicht der Situation keine haben sollte und dessen sie sich auch bewusst war, hob sie den Blick zu dem geduldig lauschenden Lehrmeister. „… ich weiß, dass sich das so nicht anfühlen sollte. Einfach alles war falsch an dieser ‚Jagd‘. Nein, eher Gemetzel… Und wenn ich nur an dieses … dieses Ding denke, das die anderen Wesen befehligt hat wie Wegwerfware … Mir wird immer noch schlecht, wenn ich nur an diese Fratze denke. Ich sehe sie, wenn ich die Augen schließe und habe noch immer Alpträume von alledem. Und jetzt soll ich auch noch Kindermädchen für eine Sippe spielen, die bald Nachwuchs bekommt, mich für irgendeine Dienerin ihrer verdammten Schlange hält, und mich mit alldem arrangieren. Nein. Nein, es ist mir überhaupt nicht gut ergangen!“. Ein weiterer, tiefer Atemzug folgte und Vareesa hob die Hände vor ihr Gesicht. Tränen flossen keine, doch war der tiefe, von einer trockenen Kehle geplagte Luftzug deutlich zu hören. Dann griff sie zu dem Holzbecher und nahm einen Schluck. Die Situation war zu obskur, als dass sie gerade Tränen übrig hatte. Zumal seit der Jagd schon genug geflossen waren und sie all der Dinge einfach überdrüssig war. „Tut mir leid. Das muss unglaublich wehleidig klingen. Aber, zu meiner Verteidigung: Du hast gefragt und ich will nicht lügen!“
Geändert von Vareesa (29.07.2024 um 21:21 Uhr)
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Schweigen. Mit einer Hand befühlte Ylva die kleine Statuette in ihrer Tasche. Sie hatte eine Größe, dass sie sich bequem in ihre Handfläche schmiegen konnte. Sanfte, weiche Formen, ohne harte Kanten oder Grate. Sie war schon so gewesen, als sie sie gefunden hatte, damals vor – wie lange mochte es nun her sein? Fünf Jahre? Sieben? Sie war dreckiger gewesen, als ob sie frisch aus der Erde kam, Jahrhunderte von Moos bedeckt war und nur jüngst, wie ein Artefakt der alten Kulturen, wiederentdeckt wurde.
Selbst nach all den Jahren, den sie nun in ihrem Besitz war, wusste sie nicht, was es darstellen sollte. Zu vage waren die Formen angedeutet, zu ungenau und abstrahiert. Mochte es ein Wolf sein, oder ein Hund? Ein Schwein, einer jener wilden Keiler? Oder gar, auf seltsame Art und Weise, ein Mensch?
Und wo kam er her? Wer hatte ihn gefertigt? In den Händen welchen Individuums wurde es geschnitzt, und was er sich wohl dabei dachte? Hatte es einen kulturellen Zweck, oder war es nur Schmuck? Was hat ihn bewogen, ein Stück unbehandeltes Material zu nehmen und langsam, Stück für Stück, diese Figur freizulegen, als ob sie schon immer darin geschlummert hat, nur darauf wartete, das Licht der Welt zu erblicken?
Sie ließ ihren Glücksbringer los und fühlte ihn zurück in die Tiefen ihrer Tasche sinken. Sie blickte Ornlu an. Ob sie ihm vertrauen konnte? Sie hatte ihn eben erst hier getroffen, in den seltsamsten aller Umstände. Und nun bot er ihr an, die Geheimnisse der Statuette zu lüften? Wer sagte ihr, dass er es konnte? Genauso gut mochte es sein, dass er sie einfach nur irgendwo hin locken wollte und dann… irgendwas mit Eiswolffellen. Sie berührte den Kopf ihrer Axt. Auch wenn sie noch nicht wirklich damit umgehen konnte, gab er ihr ein Gefühl von Sicherheit.
„Also gut.“ nickte sie und schaute den Jadewolf ernst, fast schon grimmig entschlossen an. „Führ mich zu diesem Schrein der Mutter. Dabei kannst du mir gleich erzählen, was das ist.“
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Trainingsplattform - Darius
In aller Ruhe hatte Darius Onyx dabei beobachtet, wie er mit dem Stab am Rangeln war. Es hatte schon etwas für sich, den Mann, der sich bisher nur auf seine Kraft verlassen hatte derart ungelenk zu sehen. Aber verstand er auch zu schätzen, dass Onyx nicht dumm war, sondern ehrlich wissen wollte. Dass er nicht nur stumpf befolgte, was man ihm sagte, sondern auch das Interesse zeigte, das der werte Hauptmann wohl schon lange bei seinen anderen Schülern und den Wächtern vermisste. Vielleicht nicht in dem philosophischen Maße oder den Ausschweifungen, wie es ihm diese Templer-Typen eingehämmert hatten. Aber selbst der Teil, der zwischen dem Gesabbel über Fachkräftemangel (den gab es wirklich, wenn der Bartträger so an die letzten Wachpläne dachte!) und Preisverhandlungen über Keulen an ihn herandrang, ließ ihn doch etwas grinsen.
„Immer langsam mein Großer. Eins nach dem anderen. Tjo, also: der größte Unterschied zu einer Axt ist, dass du nicht so präzise treffen musst, um jemanden zu verletzen. Mit einer Axtklinge dagegen hast du sehr gute Chancen, deinem Gegner ein Körperteil abzutrennen oder direkt den Schädel zu spalten. Es ist natürlich immer unterschiedlich, wie und wo du gut triffst. Der Kopf ist generell immer eine Zone, bei der du deinem Gegenüber die Kerze ausbläst. Aber ein gebrochener Knochen bei einem Treffer auf den Arm lässt sich, für gewöhnlich, besser richten, als wenn das Ding ab ist.“, dabei gestikulierte er, das Mundstück der Pfeife zwischen den Zähnen herum und ließ tippte sich erst an den Kopf, dann an den Oberarm. Letzteren ließ er daraufhin im rechten Winkel etwas baumeln, als würde sein Unterarm nur noch am seidenen Faden hängen. „Aber! Ich würde zum Beispiel ein gutes Keulchen jederzeit einer Axt vorziehen, wenn ich gegen diese elenden Dosen des Königs ins Feld ziehen müsste. Wenn sich so ein eingedellter Brustpanzer Platz schafft, wo eigentlich die Rippen des Trägers sind, macht das schon einiges aus. Da müsstest du mit der Axt schon wieder genauer in die Gelenkgegend treffen.“.
„Oder Kopf.“, ergänzte Onyx, woraufhin Darius nickte und kurz schmunzelte. „Oder den Kopf. Aber wie bereits erwähnt: Das ist alles ziemlich von der Situation und deinem Gegner abhängig. Ich selber bin ja ein Freund der Bauernwehr …“, dabei tätschelte er das simpel gehaltene, handelsübliche Schwert, das die meisten Wächter an ihrem Gürtel trugen. „… oder, wenn es enger wird, ein Sax. Auf jeden Fall irgendwas, was schneiden kann bei all den Viechern, die hier im Sumpf herumkriechen. Außerdem lässt sich damit gut durchs Unterholz kommen. Und um kleinere Brocken Feuerholz zu schlagen, lohnt das Sax eben auch, ohne dass man ein Beil mit sich führen muss. Ist meiner Meinung nach einfach angenehmer am Mann zu tragen. Und verirrt sich doch mal ein Crawler aus dem Gebirge in die Gegend, lohnt es sich ohnehin, die Platten nicht mit einer Keule zu beschädigen. Wäre schade um das Handwerksmaterial. Ich meine, Ryu hat sogar mal eine der Platten so bearbeitet, dass er ein Axtblatt daraus fertigen konnte. Keine Ahnung, was am Ende damit passiert ist oder wem er das Ding gegeben hat. Aber es hat Eindruck hinterlassen. Ach, noch eine Sache zur Axt: ein geübter Kämpfer könnte damit, wenn das Axtblatt richtig geformt ist, sogar in den Schild eines Gegners einharken und ihn damit knacken wie ein Walnuss. Aber das … ist wirklich was für Fortgeschrittene.“
Onyx hatte mittlerweile seine Versuchen, nachzustellen wie er eben mit dem Stab gerangelt hatte, aufgegeben und drehte die Keule immer wieder, lauschend, in seinen Händen. Ab und an nickte er und Darius erkannte, dass er das Gesagte offenbar filterte und für sich herauszuziehen schien, womit er arbeiten wollte. „Also sagen, Schneiden von Schwert besser als Bäääm von Keule?“, vergewisserte sich der Torgaaner noch einmal mit leicht skeptischem Blick, woraufhin Darius die Pfeife aus dem Mund nahm und mit den Schultern zuckte. „Für unsere Gegend auf jeden Fall von Vorteil.“
Nun aber ging Darius hin zu dem noch immer unruhig kreisenden Stab und ergriff ihn, nahe des Seils mit einer Hand. Langsam und gemütlich führte er dabei ein Ende nach vorne, das andere nach hinten, vollführte dabei eine Bewegung, ähnlich einer Acht. „Tja, und nun zu deinen Bewegungen: Du bist zu ungestüm. Du hast gut angefangen, dich aber viel zu schnell aus der Ruhe bringen lassen. Mit einem Mal war da wieder der Kraftprotz, der sich von einem Stöckchen nicht vorführen lassen wollte. Der Gedanke, dass du den Gegner mit aller Gewalt überrumpeln musst. Dein Fokus liegt mehr beim Angriff, dass du an die Verteidigung denkst.“, erklärte er dann weiter.
„Übrigens: die Idee, deinen Gegner zu packen fand ich nicht schlecht. Darauf kann man aufbauen. Nur, dass du bis dahin schon etliche Wunden und vermutlich den ein oder anderen Finger verloren hättest. Und das soll nicht der Sinn sein. Es ist zwar nett, seinen Gegner am Ende niederzustrecken. Wenn du aber kurz darauf an deinen Wunden stirbst, ist das kein wirklicher Sieg. Also, versuch erst einmal zu überleben, bevor du andere nicht überleben lässt. Wenn du möchtest, üb noch etwas weiter, oder mach eine Pause, denk noch einmal über deine Waffenwahl und den ollen Stock nach. Und später, oder morgen, treffen wir uns hier wieder. Vielleicht ist der Hauptmann dann auch zugegen. Keine Ahnung, wo der schon wieder steckt. Sei’s drum!“
Darius strich sich einmal die Haare zurück, schnippte mit Zeige- und Ringfinger an sein Ohr, die übliche Geste bei ihm, sich zu verabschieden und ging dann rüber zu Valerion und Selana, die so langsam aus allen Löchern pfiffen. „Was, schon müde?“, war die erste Bemerkung. „Bisschen hin und her Geklopfe und ihr wollt schon wieder an den Wasserschläuchen zuzeln? Also. Im Feld werdet ihr auch keine Möglichkeit haben, mal eben einen Schluck zu nehmen, nur weil ihr müde seid.“, bemerkte der Pfeifenenthusiast und schüttelte sachte den Kopf. „Verdammt, Darius, wir sind aber nicht im Feld! Und deine pikierte Art, wie du mit den Leuten umspringst, seit du den Hauptmann vertrittst, geht mir gewaltig auf den Senkel!“, protestierte Selana schließlich und schoss ihm dolchartige Blicke entgegen. Dieser blickte nur unbeeindruckt zurück und schmatzte zwei Mal gemütlich. „Glaubst du, der Hauptmann geht zimperlicher mit den Leuten um? Im Gegenteil. Der würde euch schwitzen lassen, bis ihr kotzt.“, entgegnete er nur seufzend. Selana rollte dabei mit den Augen, sagte jedoch nichts. „Gut, von mir aus ruht euch aus und macht mit dem Rest des Tages, was ihr wollt. Am Ende entscheidet ihr selbst über den Erfolg dessen was ihr macht.“
Der Wächter-Veteran hob nur die Schultern und wandte sich dann ab, hielt jedoch auf halber Drehung inne und blickte noch einmal zu Valerion. „Die Jagd scheint dir ganz gut getan zu haben. Etwas langsam, aber dein Gefühl kommt wohl langsam wieder.“, dabei tippte sich der Pfeifenfreund zwei Mal kurz gegen die Schläfe und zwinkerte mit einem Auge. „Jetzt noch ein bisschen hier oben mitarbeiten, dann könnte das ja doch noch was werden. Also, bewahret ihr zwei! Spätestens morgen will ich euch beiden hier wieder üben sehen.“
Ryu~
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Wasserfall der Geister - Felsenhöhle
Freiya … Wie so oft hatte sie die richtigen Worte gefunden, um den Hayabusa von der selbst aufgeladenen Schuld zu befreien. Nun, oder zumindest ihm diese Last leichter zu machen. Zu oft nun schon hatte er sich selbst infrage gestellt, wenn etwas schief ging. Dennoch blieb die Frage im Raum stehen: hätte er Jun vor den anderen Eiferern bewahren und ihm einen neuen Weg aufzeigen können? Ein leises, wohliges Seufzen entfuhr ihm bei diesen Gedanken, die jedoch schnell mit der, anfangs noch eher schmal aufziehenden Spur entzündeten Holzes zur Decke der Höhle stieg. Schließlich erinnerte das Bild, welches sich dort vor ihm abspielte, ihn an zwei Menschen, die ihm einst nahegestanden waren wie keine andere: Seine Mutter und Myra. Schon als Kind hatte der Hüter mit einer gewissen Ruhe im Herzen beobachtet, wie die liebevoll lächelnde Frau, deren sanftmütiges Wesen klar in ihren Augen zu erkennen war, einmal mehr die löchrige Kleidung ihres Sohnes zu flicken. Jenes Verständnis, dass sie für den damals noch kindlichen Ryu aufgebracht hatte, für den es noch eine ganze Welt zu entdecken gab, war einfach unerreicht. Selbst diese kleine Geste, ihm das Hineinschlüpfen zu vereinfachen, erinnerte an die Vergangenheit. An eine friedvolle, unbeschwerte Zeit.
Aber gleichermaßen war da dieser Ausdruck in Freiyas Augen. Die Ruhe nach außen, aber die bewegte Welt im Inneren, die der Hüter auch nur im Ansatz lesen, aber deutlich erahnen konnte. Eine Eigenschaft, die Myra oft an den Tag gelegt hatte. Ob das so ein Ding unter Schneidern war? Ryu schloss die Augen und lehnte sich etwas gemächlich an die Höhlenwand. Wie zu erwarten, legte sich das Kleidungsstück kühl und feucht an seinen Rücken, doch das machte nichts. Es kühlte die noch immer fühlbaren Spuren der letzten Kämpfe und ließ ihn unter einem kalten Schauer auf dem Rücken leise aufatmen.
Dann harkte der Templer erneut bezüglich der Haarspange nach und richtete den Blick auf sie. Jene Strähnen, die ihr dabei ins Gesicht fielen, als sie das, wie sich ihrer Erzählung nach herausstellte, wertvolle Kleinod aus den Haaren zog, untermalten nur, was sie war: ungezähmt und frei. Lebensfroh und willensstark. Liebevoll in Friedenszeiten und aufbrausend im Kampf. Zerstreut, wenn es um ihr Innerstes ging, aber stark und organisiert, wenn sie für andere einstehen musste. Ein wundervoller Mensch. Einfach Freiya.
Und während sie so erzählte, befühlte er die Stelle am Stoff. Nun, er versuchte es zumindest, konnte jedoch keine Spur einer Ausbesserung finden. Das war doch mehr als ein ‚für ein paar Stiche hat es immer gereicht‘ ! Aber vielleicht war es auch die simple Begeisterung, die der Hayabusa für Handwerke an den Tag legte, von denen er selbst keine Ahnung hatte. Es faszinierte ihn, jene dabei zu beobachten und selbst die banalsten Dinge zu lernen. Ohne dabei das fast schon kindliche Erstaunen zu verlieren, wenn man das Endergebnis ihrer Arbeit sah. Und war es nur eine einfache Naht. Natürlich fing er nicht mit großen Augen und aufgerissenem Mund zu staunen an. Aber das leichte, verschmitzte Lächeln ließ sich hier und da dann doch nicht unterdrücken.
Dann, was den Hayabusa doch mit einem Stirnrunzeln aufblicken ließ, stellte sie ihr Licht weit, oh so weit unter den Scheffel, wo es gar nicht hingehörte. Begann von Ronjas Wahrnehmung über sie zu sprechen und Vergleiche anzustellen zu … ihm. Eine längere Pause machte sich in der Höhle breit und lediglich das Knistern des Feuers und das raue Jaulen des Windes, hielt die Geräuschkulisse zwischen den beiden aufrecht. Dann schloss der Hüter die Augen und hob die Mundwinkel. „Es geht aber nicht nach Ronja, deren Leidenschaft aus dem Polieren von Stangen, seien es Holz oder Kerle, besteht. Und das ist auch gut so.“, Ryu hob den Blick zur Seite, in Richtung der leichten Steigung der Höhle. Sie würde nach ein paar Metern nach oben auf das Plateau führen, dass oberhalb der Wasserfälle lag. Der Hayabusa hatte diesen Ort schon fast vergessen. „Ehrlich gesagt, finde ich das, was du so von deiner Mutter erzählst, sehr …“, nun lächelte er ihr ruhig entgegen. „… friedlich. Und wenn man bedenkt, welchen weiten Weg du im Leben genommen hast, um heute hier zu sitzen ist das alles andere als langweilig.“
Kurz ließ er seine Worte in der Luft und beugte sich dann nach vorne und streckte in freundlicher Aufforderung die offene Hand in ihre Richtung, den Blick auf der Haarspange. „Darf ich?“. Freiya zögerte einen Augenblick, reichte ihm dann das Kleinod unter wachsamen Blicken. „Du bist wie dieses kleine, aber schöne Schmuckstück. Du weißt um seinen Wert für dich und ich erkenne ihn ebenso an. Aber für einen Außenstehenden, der keine Ahnung von diesem Handwerk hat, ist das erstmal nur eine Spange.“, erklärte der Hüter und griff dabei mit der freien Hand in eine seiner Taschen aus der er ein fein faseriges Tuch zum Polieren holte. „Dieses Schmuckstück hat eine Vergangenheit, die aufpoliert werden muss. Schau. Mit viel Vorsicht, dem richtigen Werkzeug und Geduld …“
Mit höchster Vorsicht nahm sich der Hayabusa dem Kleinod an und tat, was er konnte. Er war zwar kein Kunstschmied, wusste jedoch wie man Verzierungen und Metallen so umging, dass sie ihre Geschichte im richtigen Licht wiedergaben. Und auch hier wurde schnell deutlich, dass das Silber nur ordentlich poliert werden musste, um erneut im alten Glanz zu leuchten. „… wird eine schöne, strahlende Erinnerung freigelegt, deren Wert sich uns erst mit ein wenig Arbeit zeigt. Bitte schön.“, damit reichte er ihr die Spange zur Betrachtung zurück und legte derweil die Hände auf den Knien ab. „Friedlich bedeutet nicht langweilig. Friedlich ist etwas Gutes. Etwas, dass es Men… Menschenfreunden wie mir einfacher macht zu tun, was wir eben tun. Weißt du, mein Leben war auch schon hier und da 'langweilig': Zuhause, als Junge der tagein, tagaus zum Fischen ging. Auf Khorinis, wo meine ersten Gehversuche als Schmied stattfanden. Hufeisen, Nägel und solchen Kram. Gefühlt ist das schon sicher zwei Leben her. Aber es waren die Anfänge eines Mannes, den die Welt aufgegeben hatte. Und heute sitze ich hier und erzähle dir Geschichten, die selbst für die wildesten Märchenbücher zu irrsinnig wären.“
Die Wyvern-Augen blickten gen Höhlendecke, dann schlossen sie sich erneut und er nickte sachte. „Der größte Berg hat auch mal als kleiner Kieselstein angefangen, Freiya. Und wer weiß: Vielleicht liegt der Berg, von dem du herab gerieselt bist in deiner Vergangenheit. Und wenn nicht, ist es nie zu spät deine Geschichte zu schreiben. Zu träumen. Nicht davon, wer du bist, sondern davon, wer du sein willst. Und dann, irgendwann, zu erwachen und festzustellen: Du bist, wer du sein willst. Wenn du es nicht sogar schon bist. Und, wenn die Freiya die du gerne sein würdest, gerne in die Fußstapfen ihrer Mutter treten würde … Ich bin zwar nur ein einfacher Waffenschmied aus dem Sumpf, klingt langweilig, ich weiß …“, er zwinkerte ihr schließlich zu. „… aber ich verstehe etwas von der Arbeit mit Metallen. Soll heißen: wenn ich dir etwas beibringen kann, dass dir dabei helfen könnte, lass es mich wissen. Du wählst deinen Weg, Freiya. Und wenn er dich erfüllt, wird er auch nie langweilig sein. Dazu bedarf es keiner alter Geister oder Erinnerungen an Leben, die wer weiß wie lange vor uns gelebt wurden. Aber genug davon. Ich philosophiere schon wieder, entschuldige. Man hat nicht oft die Möglichkeit, solche Momente zu ... Naja, du weißt schon ...“
Geändert von Ryu Hayabusa (08.08.2024 um 23:01 Uhr)
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Schrein der Mutter
“Gute Wahl.”, kommentierte der Druide und wies ihr den Weg. Es hätte Ornlu eher gewundert, wenn Ylva nur oben mal gucken würde und dann wieder verschwand. Am besten ihren Vettern in Nordmar davon erzählen würde und sie dann ein Gasthaus extra für Nordmarer errichten müssten, weil niemand die Mischung aus stinkenden Ziegenbock und faulen Brackwasser aus den Sümpfen aushalten würde.
Nicht zu vergessen, dass gebaren und erklären was der Baum wäre. Streitereien und Blutvergießen. Ne, das brauchten sie nicht.
Sie verließen die Stege und es wurde ruhiger. Ornlu führte sie sicher am schwach beleuchteten Pfad gen Schrein.
“Die Mutter ist die Mutter allen Lebens...der Natur. Sie nährt uns, sie behütet uns und sie bewahrt uns vor Unheil. Als das Chaos losbrach, war sie für uns auf ihre Art da.
Wenn du sie sehen wirst, wirst du in zwei Gesichter blicken. Ein Junges und ein Altes. Sie ist schwanger und streckt die Arme aus. Sie ist der ewige Kreis von geboren werden, Jugend, Alter und Tod.”, erklärte er, während sie den Pfad verließen und schwach gedimmte Erz Fackeln schon zu sehen wären.
“Sie ist für jeden und jede ihrer Kinder, die ihren heiligen Frieden wahren, da. Egal ob Mensch oder Tier. Denk aber bloß nicht, dass sie einfordert zu knien oder sonst so ein Blödsinn. Nein, eine Mutter liebt bedingungslos und so musst du das auch sehen.
Unsere Jäger gehen dort hin, um für eine gute Jagd zu bitten. Geben kleine Gaben am Schrein ab. Manch junge Frau geht dorthin und bittet um Fruchtbarkeit. Andere Menschen wiederum bitten um etwas anderes. Man muss erst geben, um zu bekommen. Einfaches Prinzip. - Manchmal hört sie einen, manchmal sind ihre Taten verborgen und manchmal kann sie auch nicht helfen. So denke ich. - Aber du wirst spüren wenn sie dir nah ist. Wie eine wohlige Umarmung. - Wir sind da.”, sagte der Druide und bog mit Ylva um die Ecke und blickte zum Eingang des Haines. Bunte Vögel, Libellen und Schmetterlinge flatterten umher, Blutfliegen brummten auf einem Busch vor sich hin und ein Fuchs lugte aus dem Unterholz hervor. Im knöcheltiefen Wasser blickten Krötenaugen auf die beiden und um den Schrein schlichen gerade Sumpfscvaneger umher, während ein Lurker gurgelnd irgendein Grünzeug futterte.
“Achja…Zarra ist auch da. Stören wir sie nicht. Sie muss sich auf etwas konzentrieren. Übrigens…wenn es blubbert, dann trete nicht vor und atme die Gase ein. Gehen wir. Wie gesagt…lass es auf dich wirken, entscheide was du machen willst und falls du was geben willst…dann mach es.”
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Schrein der Mutter
„Oh, da ist Onkel Ornlu!“, rief Runa plötzlich und winkte wild mit einem Arm, um ihn und seine hochgewachsene, blonde Begleitung zu begrüßen, „Und Ylva!“
Das Mädchen schien über letztere sehr erstaunt zu sein, doch bekam Zarra das gar nicht mit, da ihre Aufmerksamkeit einem Marienkäfer galt, der auf ihrem Finger saß. Die kleinen, unter Chitin verborgenen Flügel zuckten immer wieder vor und jedes Mal befürchtete die junge Frau, dass das kleine Kerlchen abheben würde, wenn sie etwas mehr Magie in die Spitze des Fingers leiten würde.
„Was…?“, fragte sie geistesabwesend, als die Worte und Bewegungen der Dunkelhaarigen zu ihr durchdrangen.
Sie hatte sich wohl wieder zu sehr von der realen Welt entfernt, denn ihre Sicht schien sich zu klären, als sie von dem roten Käfer mit schwarzen Punkten aufsah. Es war, als würde sie noch immer das Muster seines Panzers sehen, als sie zum Eingang des Hains blickte. Tatsächlich waren dort der Jadewolf und eine ihr unbekannte Frau. Etwas irritiert ob des unerwarteten Auftauchens der beiden, hob die Weißhaarige zögerlich die Hand. Scheinbar kamen ihre Gedanken nach der ganzen Zeit des Konzentrierens auf eine einzige Sache nicht mehr mit dem verarbeiten neuer Eindrücke hinterher.
Runa sprang auf und watete vom Schrein aus durch den seichten Tümpel, wohl froh darüber, dass sie etwas Ablenkung erlebte. Denn Zarra konnte gar nicht mehr bestimmten, wie lange sie nun schon vor dem Altar kniete und versuchte eine Verbindung mit einem Tier aufzubauen. Dabei war sie äußerst schweigsam gewesen, was das Mädchen sicher zur Langeweile getrieben hatte. Der große Erfolg war ausgeblieben, auch wenn sie ein oder zweimal eine Verbindung hatte aufbauen können, waren die Eindrücke, die sie von den Insekten bekommen hatte immer nur Fluchtinstinkte gewesen, als würden sie bedroht werden. Und das, obwohl sie sich am Schrein der Mutter befanden, wo sie sich sicher fühlen sollten.
Den Abbruch der aufkeimenden Verbindung nutzte der Marienkäfer um sich wieder in die Lüfte zu heben. Sicher würde er sich nach einigen Blattläusen umsehen, die auf den vielfältigen Pflanzen des Hains lebten.
Ein leichtes Seufzen entwich der jungen Frau, als sie sich langsam erhob. Ihre Beine waren vom langen knien schon ganz steif. Das Ganze war deutlich schwieriger, als es den Anschein gehabt hatte, während sie mit Maris verbunden gewesen war. Zuletzt hatte er es sogar gemacht, ohne dass sie sich berührt hatten, doch daran war noch gar nicht zu denken, wenn sie es nicht einmal schaffte, eines der Tiere davon zu überzeugen, dass sie ihm niemals etwas antun würde.
Etwas wackelig machte sie sich auch auf den Weg zurück durch das trübe Wasser, wobei sie die Augen auf Runa gerichtet hatte, die einige Worte mit Ornlu wechselte, ehe sie sich wieder zu ihr umwandte und breit grinste. Was er ihr wohl erzählt hatte?
Beim letzten Schritt aus dem Wasser bemerkte Zarra, wie etwas fortgespült wurde. Ihr Blick folgte instinktiv der Bewegung und sie entdeckte eine Libelle, die von den kleinen Wellen ihres Beines unter Wasser gedrückt wurde. Hecktisch zog die junge Frau Luft ein und formte mit ihren Händen eine Schale, mit dessen Hilfe sie das Fluginsekt aus seiner Notlage befreite.
„War ich das? Tut mir leid!“, wisperte sie atemlos zu dem nassen Tier, dessen Flügel schlaff herunterhingen, „Alles wird gut! Du musst nur kurz trocknen“, flüsterte sie und starrte auf die prächtige Färbung des kleinen Wesens.
Der Hinterleib war abgeflacht und strahlend rot, während an den Seiten kleine schwarze Keilflecken mit der Spitze nach vorne prangten. Etwas unter den Markierungen zog sich ein gelber Streifen den kompletten Körper entlang. Die dunklen Beinchen versuchten sich aufzurichten, doch das Wasser hatte die Flügel zusammengeklebt und so war das Gleichgewicht ein Problem.
Fast instinktiv reckte Zarra ihre magischen Fühler nach der Libelle aus. Anders als bei den vorherigen Versuchen war sie viel feinfühliger, weil sie Sorge hatte das nasse Insekt noch mehr Stress auszusetzen. Mit einem Mal spürte sie wieder das Bedürfnis zu fliehen. Bedauern überkam sie und sie dachte daran, dass sie der Libelle Sicherheit vermitteln wollte.
Als hätte das Fluginsekt sie verstanden, versiegten die Fluchtinstinkte und stattdessen spürte sie, wie Müdigkeit von dem kleinen Wesen ausging. Kein Wunder, eine solche Nahtoderfahrung war sicherlich erschöpfend. Die Weißhaarige versuchte ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln und erinnerte sich daran, dass Maris sagte, sie könne auch Gedankenbilder nutzen, um sich zu verständigen. Konzentriert versuchte sie der Libelle zu zeigen, dass sie die Flügel behutsam trocknen würde. Nach kurzem Zögern legte sie sehr vorsichtig die Leinenbinden, die um ihre Unterarme gewickelt waren, an die feuchten Membrane. Es war nicht viel Flüssigkeit und wurde vom Stoff schnell aufgesogen. Bewegung geriet in die Flügel und Zarra konnte beobachten, wie sich die Muskeln auf dem Rücken bewegten.
„Gleich geschafft“, murmelte sie und beobachtet, wie sich die Paare voneinander lösten und in schier unmögliche Richtungen rotierten, „Na also.“
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Valerion hatte gerade die Übungsschwerter wieder zurückgebracht, als er die kleine Diskussion von den beiden mitbekam. Kurz ging er nochmal seine ganzen früheren Kämpfe durch, die meisten hatte er immerhin mit können und Glück bestanden und war deswegen noch am Leben. Ja Darius hatte zwar recht, aber auch Selana hatte recht, sie waren weder in einem Feldzug noch aktiv in einem Krieg. Bei der Wilden Jagd hatte er auch alles gegeben und es gab nur wenige Zeit um sich zu erholen. Doch als Darius ihm ein Lob gab fühlte er sich doch etwas geehrt. Ja langsam kam sein Gefühl zurück und das er sich bei der Wilden Jagd auch gut gemacht hatte, war sicher ein gutes Zeichen, um sich hier weiterhin gut zu machen.
„Wir werden morgen wieder hier sein um weiter zu trainieren, ich will die Lehre bald beendet haben, oder wenigstens wieder in den Grundlagen drin zu sein, bevor nochmal so eine Wilde Jagd oder was auch immer vor der Tür steht“, er grinste kurz und blickte zu Selana, schwieg jedoch zu dem vorherigen Thema.
„Außerdem brauche ich langsam ein neues Schwert oder einen Schmiedemeister, mein Salzschwert macht es sicher nicht mehr lange“, er lachte nochmal kurz über den schlechten Scherz, ging dann aber mit Selana weiter. Kurz fing er noch den Blick von Onyx auf, der ihn nur kopfschüttelnd ansah. Er hatte immer noch keine große Lust, jemals gegen diesen Kerl zu kämpfen.
Da der Tag wohl bald zuende war, wollten sie noch etwas Zeit alleine verbringen, aber erst einmal wollten sie etwas Essen, um wieder zu Kräften zu kommen. Das Training hatte sie immerhin einiges gekostet. Nicht nur das Training, auch der Wachdienst hatte ihn ziemlich fertig gemacht, immerhin war er wieder mit diesem elendigen Schwätzer auf einer Schicht gewesen. Der Alte war einfach nervig, Valerion fragte sich, wie lange dieser Typ wohl noch am Leben war und vor allem wo er bei der wilden Jagd war, aber wahrscheinlich hatte er hier weiterhin seine Schicht gehalten.
Er wollte nicht darüber nachdenken, nachdem sie ihr Essen und etwas Wasser bekommen hatten, machten sie sich etwas außerhalb vom Baum gemütlich um noch etwas Zeit zu verbringen. Zwar hatte Valerion Gerüchte über Selana gehört, gerade von etwas jüngeren Baumbewohnern aber er wollte die Zeit aktuell einfach mit ihr genießen, immerhin war sie eine hübsche junge Frau und das sie so einen Kerl wie ihn überhaupt anziehend fand, fand er auch gut, so konnte er immerhin sein angeknackstes Ego etwas aufbauen.
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Trainingsplattform
Darius hatte Onyx natürlich zum Denken gebracht. Das war schon gestern so und heute morgen nun ebenso. Es ging darum die Waffe zu wählen, die für Onyx am praktischsten war oder am meisten Sinn machte.
Die Keule war einfach und tödlich. Mochte ja sein, dass hier keine Blechbüchsen herum liefen, aber auch ohne Blech wollte bestimmt niemand das Ding auf die Birne geschlagen bekommen. Und ob Arm ab oder Arm dran und gebrochen - nun beides war wohl in einem Kampf die Entscheidung.
Onyx hatte zwar mal von einem Ritter gehört, der alle vier Gliedmaßen abgeschlagen bekam und trotzdem kämpfen wollte, aber das waren wie man in Torgaan sagte fliegende Kokosnüsse. Unsinn.
Mit einer Axt konnte er natürlich ähnlich wie mit der Keule kämpfen, nur schnitt sie noch zusätzlich und wäre praktisch in der Wildnis. Die Frage war, ob sie zu Onyx passte? Das konnte er mit Ja beantworten und musste dann schon abwägen ob die Keule nun besser war oder nicht.
Mit einem Schwert indes wollte er nicht kämpfen. Zu kompliziert, zu aufwendig die Techniken. Schön anzusehen und gewiss mit Status verbunden, aber warst du nicht gut, warst du einfach tot.
Die Einfachheit einer Keule oder Axt erlaubte Onyx da mehr Chancen und am Ende ging es darum zu überleben. Er würde nicht Hals über Kopf in ein Gefecht rennen. Er würde Pfeile verschießen und das machen, was er am besten konnte. Auf Distanz töten. Es ging deswegen darum welche Waffe er vorziehen würde, wenn es gar nicht anders mehr ginge. Wenn er aufgeschmissen wäre den Bogen zu nutzen und nur der Nahkampf noch sein Leben retten würde.
Da versetzte er sich wieder in die Situation mit dem Oger. Die Überlebenschance im Nahkampf war so oder so gering, aber mit einer Machete oder einem Schwert wäre der Oger nicht sonderlich verletzt worden. Dafür hätte er entweder was ganz Großes gebraucht oder eine Technik, Schnelligkeit und Wendigkeit, die Onyx normal nicht besaß. Die hatte damals Ormoss der Schatten mit seinen zwei Klingen, aber Onyx war kein Ormoss.
Eine Axt wäre wohl mit einem guten Treffer bis zum Knochen durchgekommen, hätte eine böse Wunde verursacht und im besten Fall den Schädel gespalten - wäre er damals irgendwie da dran gekommen. Auch gegen gepanzerte Viecher wäre es wohl effektiv geworden. Aber dafür gäbe es dann letztlich auch die Keule.
Die Keule wäre gegen den Oger gut gewesen, um seine Finger zu zertrümmern, seine Knie zu zertrümmern und dicke Knochen effektiv zu verletzen. Quasi wie bei einer Rüstung. Vorteil war wohl auch, dass so eine Keule nicht im Fleisch stecken blieb. Eine Axt tat das manchmal.
“Keule…und eine Axt nehme ich immer mit.”, sagte er sich dann. Er war ein großer Kerl und wenn er unterwegs war, hatte er eh seinen Rucksack dabei. Da passte eine Waffe garantiert noch rein.
Der Hüne setzte sein Training am Stab aus, als er Darius sah. Er hatte sich bemüht nicht zu impulsiv, zu angriffsorientiert zu agieren. Vorsichtiger, bedachter - ohne den Drang nach vorne zu verlieren.
“Du etwas beobachte, heh? - Gut. Onyx nachgedacht. Keule werden erstmal Waffe von Wahl. Onyx nicht rennen in Kampf. Onyx schießen bis müssen in Nahkampf. Dann Nahkampf muss sein schnell. Muss sein aggressiv und machen in Kopf von Feind Angst. Sollen denken - Rasheeda! Besser weg.
Onyx ehrlich zu sich und nicht beste Nahkämpfer werden. Da Onyx muss wählen Waffe, was Kampf beenden mit eins, zwei gute Treffer. Keule macht Bäääm und Knochen kaputt. Egal was tragen Feind. Onyx aber nicht dumm. Werden sein wie Waldläufer, weil ist Waldläufer. Passen an, an Umgebung. Manchmal Axt besser ja - darum Onyx später lernen kämpfen mit Axt. Jetzt aber lernen mit Keule werden Bäääm und machen Angst. Kapieren? - Gut. Dann Onyx zeigen wie Situation lösen. Wie Onyx gehen am besten an, wenn Feind angreifen und kommen mit Schwert, mit Axt und Schild. Das meist so. Niemand rechnen mit große Keule. Das gut für Onyx. Onyx nicht Duell und kämpfen stundenlang mit reden über Vater und Kindheit. Das Märchen und du wissen auch von echte Kampf. Hier aber träumen Leute und wollen erzählen in Sumpflilie. Das delulu! Onyx suchen will Entscheidung sofort. Wie machen? Zeigen bitte für üben.”, forderte der Hüne und hatte sich so seine Gedanken darüber gemacht, was er für ein Nahkämpfer sein wollte. Realistisch und nicht einen Vision folgend, die er ein Leben lang verfolgen müsste - falls er so lange überlebte.
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Vareesas Bognerei
„Richtig, ich habe gefragt“, entgegnete Maris mit nachdenklichem Blick. „Und ich bin froh, dass du nicht mit einer hohlen Phrase geantwortet hast, sondern ehrlich. Eine furchtbare Angewohnheit, dass alle immer meinen, es dürfen ihnen niemals schlecht gehen. Es ist völlig in Ordnung, sich nicht gut zu fühlen, wenn einem Schlechtes widerfährt.“
Er sah sich in der kleinen Bognerei von Vareesa um. Ein praktisch und platzsparend eingerichteter Ort, der gleichzeitig aber die typische Heimeligkeit eines Raumes aufwies, welcher nicht nur für Arbeit, sondern auch zum Leben genutzt wurde. Das kleine Bisschen an Unordnung zeigte, dass hier gearbeitet wurde, und war ihm viel lieber als ein absolut geordneter Raum. Das Gleichgewicht aus Chaos und Ordnung war immer noch der beste Nährboden für lebendiges Schaffen.
„Öffnet schön den Raum. Das Loch, mein ich“, sagte er spitzbübisch, wurde aber schnell wieder ernst.
„Klingt, als hätte die Jagd bei dir tiefe Wunden gerissen. Es braucht Zeit, bis so etwas heilt. Zeit und eine Aufgabe – das sind zumindest die Erfahrungen, die ich mit solchen Gefühlen gemacht habe.“
Er dachte daran, wie er nach dem Tod Abdul ben Erasis, als dessen Leibwächter er gedient hatte, in ein tiefes Loch gefallen war. Wie ihm die lange Abwesenheit von seiner Heimat den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Wie der Fall Setarrifs nicht nur ihn, sondern ein ganzes Königreich vor das Nichts gestellt hatte. In keinem dieser Momente hatte er die Hoffnung verspürt, es würde besser werden. Doch die Zeit heilte selbst schlimmste Wunden, und eine Aufgabe half dabei, den Blick nach vorn statt zurück zu richten.
„Dieser Ausbruch, von dem du erzählst … ich kenne so etwas. Auch wenn es in meinem Fall mit dem Großen Löwen zu tun hat, der die Kontrolle über mich errungen hat. So etwas kann gefährlich sein. Ja, in solchen Extremsituationen kann man große Kräfte freisetzen. Aber sie sind nicht kontrolliert – schlimmer noch, sie rauben dir die Kontrolle über dich selbst. Lassen dich anders fühlen und denken, als du es für gewöhnlich tun würdest. Aber du kannst aus diesen Momenten lernen und daran wachsen, wenn du verstehst, wie es dazu gekommen ist.“
Dann zeigte er auf sich selbst.
„Als ich das letzte Mal die Kontrolle verlor, war Ornlu in der Nähe. Wir töteten den Weißaugendrachen in den Ruinen von Setarrif, und die Kraft einer kollabierenden magischen Sphäre riss uns alle um. Der Löwe übernahm in mir und ich rannte über das Ruinenfeld zum Kadaver des Drachen. Mutter, ich hab vor lauter Gier und Siegesrausch sein verdammtes Herz gefressen! Und es war köstlich! Ornlu sah das, und er warnte mich sehr eindringlich. Nicht mit Worten, doch ich wusste genau: wenn ich die Kontrolle vollends verliere, tötet er mich an Ort und Stelle. Zum Glück hat sich der Löwe zurückgezogen, weil er die Gefahr erkannt hat. Und das hat mir Gelegenheit gegeben, ihm endgültig die Zügel aus der Hand zu reißen, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Dein Ausbruch ist weniger drastisch, aber trotzdem kann so ein Moment dich und andere gefährden. Deshalb müssen wir dem auf den Grund gehen.“
Er betrachtete sie und dachte über das nach, was sie ihm damals in der Taverne erzählt hatte.
„Die Harpyien packten dich also und du hast dich mit allem, was du hattest, dagegen gestemmt, ja? Du meintest damals zu mir, dass du dich hilflos fühlst und nicht zu wehren weißt, wenn ich mich richtig entsinne. War es hier auch so? Hat die Verzweiflung dich dahin getrieben, weil du nicht wusstest, was du tun kannst? Erzähl mir, was genau passiert ist! Vielleicht können wir dir ein Werkzeug an die Hand geben, das dir hilft.“
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Vareesas Bognerei
Wie surreal das Ganze war, einmal anerkannt zu bekommen, dass Gefühle, die man hatte, wichtig waren. Dass man Schwäche zeigen durfte. Ein wenig ungläubig hatte Vareesa den Mann der Wüste in den Blick genommen und seinen Worten gelauscht. Er war so ganz anders als Ornlu, von dem sie nur Strenge kannte. Es war so anders, einmal nicht das Gefühl zu haben, in kaltes Wasser geworfen zu werden. Egal ob man ertrank oder nicht. Aber die Aussicht auf eine Aufgabe, einen Punkt, an dem man sich inmitten der unsteten Wellen festhalten konnte, … das war ein Sinnbild, mit dem die Bognerin sich vielleicht arrangieren konnte. Aber da war doch ein Haar in der Suppe. Maris hatte einen Drachen getötet. Gemeinsam mit dem Wolf. Einen. Verdammten. Drachen. Und dann war er einfach hingerannt, um das Herz zu verspeisen? Was war nur los mit den Leuten vom Waldvolk? Warum waren sie alle derart verflucht gewesen? Vareesa schluckte bei Maris Erzählung schwer und ihr Blick senkte sich auf die eigenen Fingerspitzen, die sich vor Angst gelähmt in die Haut ihrer Hände bohrten. Da waren so viele Gedanken und Fragen. Aber allem voran Angst. Nun gab es also schon zwei Möglichkeiten: am Gift zu verenden, oder sich in unkontrollierter Magie zu verlieren, nur um von den Wölfen gefressen zu werden. Das erste Mal seit ihrer Rückkehr, begann sie zu bedauern, überhaupt hierher zurückgekommen zu sein. Es war das eine, selbst ums Überleben kämpfen zu müssen. Nun aber eine mögliche Gefahr für andere zu sein … Wie sollte sie da bewältigen, was man ihr mit Sechet und Djeser auferlegt hatte?
Maris sprach weiter. Die Wanderin verstand die Intention, ihr helfen zu wollen. Und dass es wohl einfach dazu gehörte, ihr auch die Gefahren aufzuzeigen für den Weg, den sie ihn gebeten hatte zu weisen. Trotzdem stach allein die Vorstellung über all die Szenarien, wie die Dinge hatten ausgehen können einfach anders. Nachdem er also weiter nachgefragt und sich vergewissern wollte, wie die Lage einzuschätzen war, hielt die Bognerin einen längeren Augenblick mit ihrer Antwort inne. Nicht etwa, weil sie nicht offen antworten wollte. Sondern um selbst noch einmal zu rekonstruieren, was sich an diesem Tag abgespielt hatte.
„Ich habe mich so hilflos gefühlt“, begann sie schließlich und suchte wieder das dunkle Stück der Verastung auf dem Tisch. Nur widerwillig löste sie die ineinander verkeilten Finger und fuhr daraufhin nachdenklich mit dem Daumen der linken Hand über jene Stelle. „Zwei von ihnen hatten mich gepackt und wollten mich wer weiß wohin schleppen. Dann tauchte dieses stumme Mädchen, diese, äh, Botin, glaube ich, auf. Sie formte irgendwelche Zeichen und ließ so eine Art Vogelgeist aufsteigen, der eine der Harpyien verletzte. Ich hatte versucht, das irgendwie nachzuahmen. Irgendeinen Effekt zu erzeugen. Selbst einen Unterschied zu machen. Aber es ging nicht. Weißt du, ich war so lange auf Reisen und am Ende hat das alles nichts gebracht.“
Dunkle Erinnerungen aus den hintersten Ecken ihrer Vergangenheit kamen gleich auf mit der Galle, die sich in ihrem Hals sammeln wollte. Erinnerungen an die wohl dunkelste Zeit ihres Lebens. Die Zähne aufeinandergepresst und die Brauen zusammengezogen, krallte sie sich in das faserige Holz und schaute wieder zu Maris auf. Auch jetzt fühlte sie diese Frustration. „Natürlich war ich verzweifelt! Aber auch so unglaublich frustriert und wütend über, naja, alles eben! Das letzte, das mir noch einfiel war, zu brüllen was in den Tagen davor diese ganze wilde Jagd ausgelöst hatte. Dieses …“, nun senkte sie ihre Stimme und atmete tief durch, ehe sich ein leises ‚Echuio‘ von den Lippen der Bognerin löste. Wieder zog ein schweigsamer Moment an den beiden vorbei. „Mir macht das alles solche Angst, Maris. Ich will nicht sterben. Ich will ich bleiben. Ich will nicht, dass der Wolf mich jagt. Ich ... Tut mir leid. Ornlu sagte damals immer, ich jammere zuviel ...“
Geändert von Vareesa (01.08.2024 um 15:06 Uhr)
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Schrein der Mutter
Sie stand etwas abseits der Statue und betrachtete grinsend, mit verschränkten Armen, wie Runa auf Ornlu stürmte und ihn begrüßte. Hatte sie bis eben noch Zweifel an dem Mann gehegt, wurden diese verstreut. Dass Maris' Tochter ihm scheinbar nicht nur vertraute, sondern sogar mochte und fast wie ein Familienmitglied empfing hatte für sie mehr Bedeutung als jegliche Worte Ornlus haben konnten. Er war also kein lustbesessener Triebtäter und auch kein Pilze naschender Dorfidiot, sondern… was auch immer er war. Ein seltsamer, etwas verschrobener Typ, der scheinbar mehr war, als er sich anmerken ließ. Die Jägerin begrüßte Runa mit einem Nicken und betrachtete die andere junge Frau, die erst am Schrein der Mutter stand und sich dann von ihm entfernte und etwas aus dem Sumpf hob. Sie konnte kaum älter sein als Runa, und hatte dennoch weiße Haare wie eine alte Frau. Die Nordmarerin legte nachdenklich die Stirn in Falten, ehe sie mit den Schultern zuckte.
Mit schweren, bedächtigen Schritten trat die Jägerin auf den Schrein zu. Das Bildnis einer Frau blickte sie mit zwei Köpfen an, einer Frau die jeden Mensch symbolisierte und auch keinen. Den Gang jedes Lebens, von der Geburt bis zum unausweichlichen Ende. Kein Lebewesen konnte dem entkommen. Nichts davon geschah freiwillig – weder das geboren werden noch das Sterben. Ein Baum entschied sich nicht aus einem Samenkorn zu sprießen und auch nicht im Sturm umgeknickt zu werden. Ein Hase hatte keine Entscheidungsgewalt über den Beginn seines Lebens im Bau, genauso wenig darüber, im Maul des Fuchses zu enden. Und auch der Fuchs war dem nicht gefeit. Ob in der Falle eines Jägers, durch einen stärkeren Jäger oder das Alter. Nichts unterschied ihm in diesen Dingen von einem Hasen, einem Baum oder auch ihr selbst – Ylva. Sie alle waren ein Spielball der Natur, kaum in der Lage zwischen dem Anfang und dem Ende ihr eigenes Schicksal zu bestimmen. Und doch versuchten sie es alle. Suchten Bedeutung und einen Sinn, was auch immer dies sein sollte. Neue Weidegründe, um über den Winter zu kommen und die Kälber großzuziehen. Ein neuer Ast, ein weiterer Zentimeter, um über die anderen Baumkronen zu ragen. Ausziehen, ein neues Jagdrevier für sich zu beanspruchen, in dem es vor Rehen und Wildschweine nur so wimmelte.
Und für sie? Welches Schicksal war es, das sich Ylva aus dem harten Holz der Vorhersehung schnitzen würde? Wo sollte sie anfangen zu suchen? Hier, an diesem Schrein, inmitten des Sumpfes, dieser leicht schief stehenden Statue, umgeben von Feuchtigkeit und Wasserflecken, Gras und Bäumen, umschwirrt von Mücken? Es war ein Ort so gut wie jeder andere. Und vielleicht ein besserer.
Zögerlich, fast schon vorsichtig griff sie in ihre Tasche und umfasste die kleine Statuette, die in ihr ruhte. Ihre Finger umschlossen das Kleinod, jene kleine Figur aus Elfenbein oder Knochen, durch Jahre und Jahrhunderte zur Unerkenntlichkeit poliert, und zog sie hervor. Sie lag in ihrer Hand wie ein kleines Tier, eine Maus, die zahm dort lag und keine Angst davor hatte, von ihr berührt zu werden. Ein kleines Tier. Ja, doch welches?
Ein letztes Mal betrachtete sie sie die Figur, bevor sie einen Schritt näher trat und sie sanft auf den Altar vor ihr legte. Sie sah dort verloren aus, ein weißer Fleck auf grauem Stein, wie von einem Kind vergessen. Wie eine Muschel, die vom Strand aufgelesen wurde und nun prominent in einem Haus im Landesinneren lag.
„Moder, mitt offer för dig“ sagte sie in der Sprache des Nordens. Sie kam ihr hier richtiger vor. Intimer und urtümlicher zugleich. „Nu berätta för mig: Varför är jag här? Vad är mitt öde?*“
Sie blickte auf die Statue vor ihr, jener Frau mit dem Bauch einer Schwangeren und zwei Köpfen, die auf dem selben Rumpf saßen. Erwartete sie, dass der Stein begann zu sprechen? Ihr all ihre Fragen beantwortete? Oder dass sie eine plötzliche Eingebung bekam, ihr alle Antworten eingegeben wurden, in einem Geistesblitz? Oder dass ein weiser Mann hervortreten würde und ihr alles erklären würde. Nein, sie erwartete nichts davon. Ebenso wenig jedoch hatte sie erwartet, dass nichts passieren würde. Das sie hier stand, wartend, jedoch nicht wissend auf was. Sie kam sich dumm vor. Hereingelegt. Sie schloss kurz die Augen, öffnete sie wieder und wollte nach der Figur greifen, die sie auf den Altar gelegt hatte, hielt aber in der Bewegung inne.
Hatte sich die kleine Figur gerührt? War da nicht eine winzige, fast nicht merkbare Bewegung im Material? Sie blickte ihren Glücksbringer an, während der Rest der Welt nicht nur ausgeblendet wurde, sondern verschwand.
Die Figur zitterte leicht, wie ein Blatt im Wind, das sich nicht traute in die Luft gehoben zu werden. Die Bewegungen wurden deutlicher, ein Stück schien sich zu lösen, nur um sich als Gliedmaße herauszustellen. Es war ein aufrollen, aufrichten und entwirren, während zeitgleich nichts zu passieren schien. Auf einer anderen Ebene lag dort immer noch ihr uralter Glücksbringer, so wie sie ihn in der Höhle gefunden hatte. Doch hier, auf ihrer Ebene, bildete sich ein Tier heraus, weiß wie Elfenbein, kleiner als eine Maus, und doch realer als die Mücken, die um den Altar brummten. Realer, als die meisten Tiere es je sein würden. Vier Beine, die in Pranken endeten, detailliert wie in der Natur selbst. Jedes Haar war sichtbar, das gesamte Fell des Tieres, das dort nun stand, sich aufrichtete wie ein Mensch und sie anblickte. Ihre kleine Figur war all die Zeit ein Bär gewesen!
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*nordmarisch: Mutter, meine Gabe an dich. Nun verrate mir: Warum bin ich hier? Was ist mein Schicksal?
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