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  1. Beiträge anzeigen #221
    Schwertmeisterin Avatar von Chala Vered
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Chala Vered ist gerade online
    Was eine wilde Verfolgungsjagd! Mit einem akrobatischen Trick, beflügelt von Magie, hatte Ornlu sie beide aus der brenzligen Situation befreien können. Es hatte nur einen Moment gebraucht, wo Bud und Terrence keinen Sichtkontakt mit ihnen hatten und schon waren sie, aus ihren Augen, wie von Geisterhand verschwunden. Die seltsamen Fäden um ihren Körper waren glücklicherweise wieder verschwunden, doch ebenso der Jadewolf, von dem jegliche Spur fehlte, nachdem er sie auf die Plattform gezogen hatte. Gerade wollte sie nach ihm rufen, als sein Gesicht von oben herabkam und genau vor dem ihren innehielt, ein spitzbübisches Grinsen auf den Lippen. Kurz erschrocken, grinste dann auch Chala zurück, als er ihr ein Kompliment machte und sie küsste. Ihre Finger gruben sich in das kurze Haar, die Lebensmittel fielen zu Boden.
    „Sehr clever, Spinnenmann“, kicherte sie, nicht glauben wollend, was in den letzten Momenten geschehen war, „Wie hast du…“, wollte sie noch fragen, als etwas längliches und hartes neben ihr zu Boden fiel, begleitet von einem wilden Rufen durch die Nacht.
    „Was zum…“, entwich es Ornlu, der sich schlussendlich wieder auf festen Boden abseilte und die angebissene Hartwurst aufhob, die ihn wohl getroffen hatte.
    Ein wissendes Lächeln ersetzte die erste Verwirrung in seinem Gesicht und seine Augen suchten die Äste des großen Baumes über ihnen ab.
    „Dieser Kerl…“, murmelte er und biss dann von der anderen Seite der Wurst ab.
    „Was…oder wer war das?“, fragte die Aranisaani verwirrt und folgte den Blicken der Wolfsspinne.
    „Ein alter Freund“, erwiderte er geheimnisvoll und zog Chala im nächsten Moment wieder zu sich heran, seine Hände bereits wieder auf Wanderschaft.

    „Ich habe immer noch Hunger…“, flüsterte sie ihm zweideutig ins Ohr und presste ihre Hüfte gegen ihn, „und mir wurde ein zweiter Ritt versprochen.“
    Die Nasenflügel des Mannes blähten sich auf und seine Augen verengten sich, als er ihren Körper hinabschaute. Seine Finger glitten über ihre Wirbelsäule, hinab zu den Lendengrübchen, knapp über ihrem Po. Sie bog ihren Rücken durch, das Verlangen intensivierte sich erneut, mischte sich zum Adrenalin der Flucht zuvor. Auch seine Lust wuchs spürbar, zeigte sich in der Anspannung seines Körpers.
    „Erst Essen!“, ermahnte Chala spielerisch und löste sich aus der Umarmung, nur um sich im nächsten Augenblick nach einigen verstreuten Äpfeln und Pökelfleisch zu bücken, wobei sie wohl darauf bedacht war Ornlu zu reizen.
    Sie hörte seinen Atem, spürte fast physisch, wie er sich zurückhalten musste und statt seinen Trieben nachzugehen, ihr beim Aufklauben des Essens half.

    Wieder in seiner Baumhöhle angekommen und gestärkt vom Essen, schob sich die Aranisaani gerade eine tiefrote Erdbeere in den Mund. Ihre vollen Lippen wölbten sich leicht und ein schmatzendes Geräusch ertönte, als sie ihre Zähne in das Fruchtfleisch grub. Dabei schaute sie dem Wolf in die Augen, der seinen letzten Bissen gerade mit einem Schluck Wein herunterspülte. Ungeduld lag in seinem Blick und sie wusste, dass er ihr künstlich in die Länge gezogenes Vorspiel nicht viel länger tolerieren würde. Die Erdbeere in ihrem Mund, den Strunk zur Seite gelegt, näherte sie sich ihrem Gefährten für die Nacht, drückte ihren Rücken durch und schaute ihn von unten herab an. Ihre Hand strich ihm über den Oberschenkel und er lehnte sich ein Stück auf dem Eiswolffell zurück, sehnsüchtig erwartend, was folgen würde.
    Chala begann seine Brust zu küssen, das Fleisch und der Saft der Erdbeere noch immer in ihrem Mund, was ein kühlendes Gefühl erzeugte. Immer tiefer glitten ihre Lippen seinen Körper hinab.

    Eine unbestimmbare Zeit später standen sie draußen auf der Baumkrone. Noch immer war die Aranisaani fasziniert von der immensen Höhe und der begehbaren Spitze. Der Festplatz leerte sich allmählich, doch das Ende des Feierns war noch nicht in Sicht. Eine Überraschung ließ sie jedoch keuchen und selbst Ornlu, der hinter ihr gestanden hatte und seine Hände, Arme um ihre Hüften geschlungen, auf ihren Bauch gelegt hatte, ließ von ihr ab und trat näher an den Rand, spähte hinab auf das, was sich dort ereignete.
    Eine riesige Kröte mit Hörnern und Warzen, die selbst von hier oben einzeln zu erkennen waren, materialisierte sich neben dem großen Freudenfeuer. Ein Karren mit Gaben wurde herbeigeschafft und schwach wehten die Worte eines blonden Mannes zu ihnen herauf.

  2. Beiträge anzeigen #222
    Ranger-General  Avatar von Kiyan
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Kiyan ist offline
    Wäre Kiyan doch mal in der Unterkunft geblieben oder hätte sich für eine Wache gemeldet, um die Wächter des Hauptmannes zu entlasten … dann wäre ihm zwar das Fest entgangen, was jedoch kein Umstand gewesen wäre, der ihn gestört hätte. Begonnen hatte das verstärkte Unwohlsein mit Ricklens volltrunkener Truppe, die ihn drängte, bei irgendeinem Lied mitzukrakelen. Und dann, als er sich wieder gesetzt hatte, neben dem Hünen namens Onyx, der ihm ein guter Sitznachbar gewesen war – schweigsam trinkend und essend – hatte sich eine Waldläuferin aus Mertens Kommando zu ihm gesetzt und ihn – anders konnte Kiyan es nicht nennen – bedrängt. Turya hieß sie, war narbenübersät, einäugig und von kräftiger Statur. Sie trank mit ihm, wollte, dass er vom Kampf gegen Wroot und den Oger berichtete, was er ein wenig peinlich berührt auch tat. Ihre aufdringlichen Versuche, ihm näher zu kommen, wehrte er vehement ab.
    „Ah, du stehst wohl eher auf …“, sie grinste freizügig und nickte in Richtung Onyx. Kiyan lief rot an.
    „Nein, verdammt!“, erwiderte er prompt, „Es … ich …“
    Der Jäger nestelte an der Brosche seines Umhangs herum, geformt wie ein Schmiedehammer. Er seufzte. Hörte ihr Lachen. Sah ihr Gesicht. Sicher, auf ihre Art war sie Turya ähnlich. Aber … anders. Angenehmer. Er lächelte, auch wenn etwas irgendwo zwischen betrübt und bitter schwankte. Die Veteranin blickte ihn wohlwollend, ja fast mitfühlend an.
    „Ich verstehe“, sagte sie nur sanft, packte sein Gesicht mit beiden Händen und drückte ihm einen kräftigen Kuss auf die Lippen, „Aber wenn die andere Dame irgendwann passé ist, kannst du dich bei mir melden, mein Lieber.“
    Und damit sprang sie auf, packte sich eine Schankmaid und eine andere Jägerin und hatte weiterhin ihren Spaß. Kiyan sackte etwas in sich zusammen, schüttelte den Kopf und fragte sich, wo die Frau wohl war, der er diese Brosche eigentlich schenken wollte.
    Er seufzte, erhob sich und wehrte etwas unwirsch die Versuche seines Kommandos ab, ihn zum Sturztrinken zu verleiten. „Muss Wasser abschlagen“, knurrte er nur und kicherte insgeheim, als ein schwarzer Schatten in den Bäumen die Flügel ausbreitete. Die Verbrecherin wusste, dass er einen Khorinischen Abgang machen würde. Zum Pinkeln abmelden und dann verschwinden.
    Als der Herr des Sumpfes seine Gaben entgegen nahm und andere brachte, war Kiyan schon nicht mehr unter den Feiernden.

  3. Beiträge anzeigen #223
    Ritter Avatar von Das Waldvolk
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    Das Waldvolk ist offline

    Fynn und Enya

    „Ich glaube, ich habe eine gute Strophe zusammen“, murmelte Fynn gedankenverloren, während er in Gedanken noch einmal durchging, was die Musikanten um ihn herum vorgeschlagen hatten. Auf einem groben Blatt Pergament hatte er einige Striche gezeichnet, mal mit Bögen, mal mit dick auslaufenden Enden. Es waren Symbole für die Melodie, die er sich vorstellte, während er die Worte sinnvoll zusammensetzte.
    „Der Herr der Sümpfe verdient ein Lied zu seinen Ehren“, meinte Enya bestärkend und mit leicht erröteten Wangen, da der Alkohol ihr langsam zu Kopf stieg.
    Dennoch war sie so schön wie immer und beinahe hätte Fynn vergessen, was er soeben gedichtet hatte, während er ihre ebenen Gesichtszüge musterte. Jede kleine Falte war eine Erinnerung an wunderbare Zeiten und er wollte keine davon missen.
    „Hey, konzentrier dich!“, mahnte sie und grinste glücklich, dass sie noch immer diesen Effekt auf ihn hatte.
    „Ich…äh, ja! Ich glaube, dass wir es so lassen können. Schau dir bitte die grobe Melodie an“, bat er seine Frau und reichte ihr das Stück Pergament mit den Kohlestift Symbolen.
    „Hmm, ja, das ist gut! Nicht zu schnell und es trägt die Ehrfurcht mit sich, die angebracht ist“, überlegte Enya und griff nach ihrer Laute.
    Konzentriert folgte sie den Symbolen, zupfte die entsprechenden Saiten, die Fynn sich vorgestellt hatte. Immer wieder war der alte Barde überrascht, wie schnell sie in der Lage war sein Gekrakel in wundervolle Melodien zu spinnen. Er bemerkte bereits, wie sie Anpassungen vornahm, weil es sich für sie „richtig anfühlte“, wo er selbst nur eine Vorstellung verfolgt hatte. Wären sie nicht schon verbunden vor der Mutter, würde er sie gleich jetzt zum Schrein tragen, um bezeugen zu lassen, dass er diese Frau auf ewig lieben würde.

    „Gut, ich denke mit kleinen Änderungen können wir das spielen“, schätzte Enya und lächelte schwach, „Ein gutes Lied. Und der Text?“
    Fynn rezitierte, was er sich zuvor überlegt hatte, und auch hier passten sie einige Stellen an, doch es würde mehr als eine Nacht dauern eine zufriedenstellende Version zu bekommen. Doch es war Beltane und etwas großartiges war geschehen, also mussten sie versuchen, das Beste daraus zu machen.

    „Haben das alle soweit?“, fragte Fynn ein letztes Mal in die Runde, woraufhin zustimmendes Nicken und Bekundungen folgten.
    „Gut, dann lasst uns beginnen. Enya.“
    Mit agilen Fingern glitten die Finger der Bardin über ihre Laute, gaben den Rhythmus vor, dem sich die anderen anschlossen. Dann erhob sie ihre klare, warme Stimme, um Prinz Dzabba zu ehren.

    Im Schatten der Wälder, so still und so feucht,
    Herrscht Dzabba die Kröte, im Sumpfland sein Reich.
    Er schützt die Natur, das Waldvolk erfreut,
    Sein Pakt mit Beltane, in Ewigkeit leucht'.

    Oh Dzabba, der Prinz, der die Sümpfe bewacht,
    Dein Geist wie das Wasser, so dunkel, so sacht.
    Zu Beltane wir rufen, dein Siegel erneut,
    Der Pakt mit dem Waldvolk, in Liebe und Freud'.

    Die Blätter sie flüstern, die Vögel sie sing'n,
    Von Dzabba, dem Prinzen, und den Gaben, die er bringt.
    Er tanzt mit den Schatten, er singt mit dem Wind,
    Ein Hüter der Erde, der Frieden uns bringt.

    In den Nebeln des Sumpfes, wo die Zeit stillsteht,
    Wo das Moos leise wächst und der Wind sanft weht.
    Da schließt sich der Kreis, das Versprechen besteht,
    Dzabba wacht über uns, wenn Beltane naht.

    Er ruft die Geister, die im Dunkel web'n,
    Ein Bündnis der Schatten, das ewig leb'n.
    Mit jedem Jahr, das leise verweht,
    Erneuert sich der Pakt, der niemals vergeht.

    Oh Dzabba, der Prinz, der die Sümpfe bewacht,
    Dein Geist wie das Wasser, so dunkel, so sacht.
    Zu Beltane wir rufen, dein Siegel erneut,
    Der Pakt mit dem Waldvolk, in Liebe und Freud'.

    So singen wir Lieder, am Feuer so klar,
    Für Dzabba, den Prinzen, im Sumpfland so wahr.
    Er wacht über alle, die hier finden Heim,
    Der Krötenprinz Dzabba, im Mondenschein.

    Oh Dzabba, der Prinz, der die Sümpfe bewacht,
    Dein Geist wie das Wasser, so dunkel, so sacht.
    Zu Beltane wir rufen, dein Siegel erneut,
    Der Pakt mit dem Waldvolk, in Liebe und Freud'.

    Zarra

  4. Beiträge anzeigen #224
    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Maris ist offline

    Ein fernes Land - Der Weiße Löwe von Varant

    Als sie Seite an Seite durch die weitläufigen Reihen der Zelte in Richtung des dicht bewachsenen Hains im Herzen der Oase liefen, ertappte sich Maris dabei, immer wieder fasziniert die Züge von Ramza zu mustern. Sie trug eine zeitlose Stärke und Schönheit in sich, die ihn zutiefst beeindruckten. Je öfter er die Reaktionen der Menschen auf ihre Anwesenheit sah, desto mehr wurde ihm bewusst, dass Ramza die Anführerin und Mutter der gesamten Gemeinschaft war.
    „Ich erkenne viel von der Löwenmutter in dir“, gab er freimütig zu. „Sie ist mir schon oft begegnet. In meinen Träumen.“
    Ramza lachte leise vor sich hin. „Ja, sie hat so ihre Art.“
    Ramza zeigte nicht die geringste Spur von Erstaunen darüber, dass Maris die Löwenmutter so gut kannte. Wusste sie etwa doch, wer er war, oder hatte zumindest eine Vermutung?
    „Erzähl mir von deiner Großmutter“, sagte er schließlich. Er wollte es genauer wissen. Konnte da mehr als eine zufällige Namensgleichheit sein?
    „Meine Djadda war… besonders. So wie du mich ansiehst, so habe ich immer zu ihr aufgeschaut. Sie war stark und gütig, eine Anführerin durch und durch. Unter ihrer Führung kämpften die Sippen zum ersten Mal seit unzähligen Generationen wieder vereint und befreiten das Land. Und sie half ihm dabei, es der Natur zurückzugeben und sie erstarken zu lassen. Und sie war stets siegreich aus ihren Kämpfen hervorgegangen. Ihren ersten Dämon schickte sie bereits mit 13 Jahren zurück in Beliars Reich. Dieses Schwert ist ein Zeugnis ihres Sieges und sie vermachte es mir, als ich den Bund mit Tiaret übernahm. Gemeinsam mit diesem hier.“
    Ramza schlug ihre Kluft zur Seite und entblößte ein Messer an ihrem Gürtel. Behutsam zog sie die Klinge aus der Messerscheide hervor. Maris erkannte das blaue Schimmern der magischen Erzklinge und die darin eingravierten Lettern auf der Stelle. Seine Augen weiteten sich. Also doch – das war unfassbar!
    „Vor allem aber war sie meine Mentorin“, fuhr Ramza fort. „Sie hatte so viele Kämpfe bestritten und so Vieles gesehen, dass ihr Wissen um die Welt seinem beinahe in nichts nachstand. Von ihr lernte ich alles, was ich über die Mutter Wüste und die Schöpfungen der Natur weiß.“

    „Ich bin sprachlos“, gestand er.
    „Dann sprich nicht“, entgegnete sie und schenkte ihm ein warmes Lächeln. Sie näherten sich den ersten Baumreihen des Oasenwalds, das sich über das gesamte Tal des Löwen zu erstrecken schien. Zwischen den Bäumen sah er zwei Löwinnen, die im Dickicht umhertrotteten. Ganz in ihrer Nähe spielte eine Gruppe von Kindern mit einer Frau. Sie blickten nur kurz auf, schienen sie zu grüßen und spielten dann weiter.
    „Ihr lebt mit den Löwen?“, fragte Maris erstaunt. Ramza nickte.
    „Du kennst es anders, hm? Für uns ist das völlig normal. Sein Segen erlaubt uns, im Einklang mit ihnen zu leben. So ist es, seit ich denken kann.“
    Diese Welt – diese Zeit – war schlichtweg erstaunlich. Das alles musste ein Traum sein, ein Trug. Geboren aus den frommen Wünschen seines eigenen Verstandes. Wie sonst sollte all das zusammenpassen?
    „Ramza, sag: weißt du, was aus den Geschwistern deiner Großmutter wurde?“
    Sie blickte ihn überrascht an. „Geschwister? Nein, tut mir leid. Ich habe sie nie danach gefragt. Wenn es welche gab, dann waren sie zumindest nie hier gewesen.“
    Die Fassade seiner Vorstellung, er befände sich in einer wundersamen Traumwelt, erhielt einen feinen, aber unübersehbaren Riss. In einer idealen Welt hätte er eine andere Antwort erwartet.

    „Wir sind gleich da.“
    Die Palmen wuchsen dicht und hoch in diesem Tal, das er völlig anders in Erinnerung hatte. Oft war er nicht hier gewesen – immerhin lag diese Oase unweit von Ishtar, in dem dereinst Zuben wie ein König über Varant geherrscht hatte. Doch Dieser Ort hier hatte kaum etwas mit der Oase aus seiner Erinnerung gemein.
    „Wohin bringst du mich genau?“, fragte Maris.
    „Zu ihm. Er wartet schon lange auf deine Ankunft, wenn du der bist, für den ich dich halte. Das dürfte interessant werden.“
    Interessant? Wer war diese ominöse Person, dessen Namen selbst eine Frau wie Ramza nicht aussprach? Und warum wartete er schon so lange auf Maris‘ Ankunft?
    Sie erreichten einen Teil des Waldes, in dem die Pflanzen so dicht umschlungen wuchsen, dass sie wie eine grüne Wand aufragten. Nur eine Öffnung in Form eines Torbogens erlaubte Einlass. Wenige Schritte vor diesem Eingang blieb Ramza stehen.
    „Hier ist es. Viel Glück.“ Sie trat auf ihn zu und umarmte ihn – zunächst etwas unbeholfen, doch als er die Umarmung erwiderte, drückte sie ihn fest und innig.
    „Du bist so sanft. Wie unerwartet.“
    Als sie sich lösten, sah er ihr in die Augen. „Wie meinst du das?“
    „Geh“, sagte sie, „und deine Fragen werden Antworten erhalten.“

    Seine Verwirrung wich purem Erstaunen, als er den Hain des Löwen betrat. Denn er kannte diesen Ort, hatte ihn schon so oft gesehen und war darin gewandelt. Immer, wenn die Löwenmutter ihn in seinen Träumen zu sich gerufen hatte, war es in ebendiesem Hain gewesen. Dieser Ort schien wie aus einer anderen Welt zu sein.
    „Sei willkommen im Hain des weißen Löwen von Varant.“
    Am anderen Ende des Hains, umgeben von einem Löwenrudel mit strahlend weißem Fell, drei Jüngern mit sandfarbenen Kapuzenmänteln und dem gehorsam bereitstehenden Amal saß ein Mann, dessen Anblick Maris vollkommen den Atem raubte. Wie Ramza trug er sein langes, strahlend weißes Haar offen wie die Mähne eines Löwen, und ein spitz zulaufender, ebenso weißer Bart umrahmte sein von tiefen Falten zerfurchtes Gesicht. Seine schneeweiße Robe strahlte selbst hier im Dämmerlicht. An seinem aus goldenen und silbernen Fäden gewobenen Gürtel befand sich das Gegenstück zu Ramzas Skorpionsklinge. Und an seinem Hals erstrahlte eine ebenfalls aus Gold und Silber gewirkte Kette, an deren Ende ein eingefasster Edelstein auf seiner Brust ruhte. Dieser Stein erstrahlte in faszinierendem, gelb-orangem Glanz, doch er wurde durchzogen von einer feinen, ozeanblauen Linie, und die enorme magische Kraft des Druidenkristalls überstrahlte alles andere in dem Hain.
    Als der Mann sich von seinem Platz auf dem steinernen Podest erhob, erfasste eine Welle der Dominanz den gesamten Hain. Es brauchte nur ein Kopfnicken seinerseits, und Menschen wie Löwen ließen sie augenblicklich allein.
    „Du erkennst diesen Ort, nicht wahr? Ich erschuf ihn als getreue Kopie – was für eine Sentimentalität…“
    Er trat langsam von dem Podest und schritt auf Maris zu. Seine Finger hoben sich, und der Zugang zum Hain verschloss sich.
    „Ich erinnere mich, wie ich einst dort an deiner Stelle stand. So viele Fragen. Und dann diese nagende Ungewissheit: ist irgendetwas davon wahr?“
    Maris zwang sich zu atmen. Zitternd sog er die Luft des Löwenhains in seine Lungen ein. „Wer bist du?“
    Der Alte lachte leise vor sich hin. „Kannst du es dir nicht denken? Ich bin, was sein kann. Ich war, was du bist. Einhundert und elf Mal hat sich die Blüte des Lebens geöffnet, seit ich sah, was du siehst. Ich bin der, der den Weg gegangen ist. Wirst du ihn auch gehen?“
    Er legte seine faltige Hand auf den Kristall auf seiner Brust. Die Magie, die er entfesselte, war erdrückend.
    „Du fragst wer ich bin?“
    Der Mann beugte sich vor, als seine Mähne größer wurde, seine Hände sich zu gewaltigen Pranken formten und sein Gesicht sich zu einer riesigen, weißen Schnauze verformte.
    „Ich bin der Befreier der Wüste, der Beschützer des Wüstenvolkes. Der Große Löwe, die Große Katze.“
    Japsend blickte Maris auf in die leuchtenden Augen eines riesigen weißen Löwen, der ihn selbst sitzend um mehr als eine Mannslänge überragte.
    „Ich bin Maris al-Bayda, der weiße Löwe von Varant. Und du bist gekommen, um dein Schicksal zu erfüllen.“

  5. Beiträge anzeigen #225
    King Kong Avatar von Griffin
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Königin des Tanzes war ein Titel, den der kleine Wildfang sich nicht nur ehrlich verdient, sondern angesichts der vielen tanzenden Frauen und Mädchen um sie herum, auch hart erarbeitet hatte. Und wie gut der Titel zu ihr passte!
    Während andere Kinder ihres Alters unbeholfen von einem Fuß auf den anderen wippten und dabei mehr damit beschäftigt waren, nicht über ihre eigenen nackten Füße zu stolpern oder vollkommen nervös noch nach den Orten suchten, an denen sie bei ihrem Gegenüber die Extremitäten durch merkwürdigste Verrenkungen platzieren konnten, vermochte die kleine Runa es problemlos, sich dem Rhythmus der Musik hinzugeben. Ihre Bewegungen waren wild, vollkommen unkoordiniert, chaotisch und frei von jedem Tanzstil, den Griffin in seinem Leben gesehen hatte. Ihre Tanzbewegungen und Schritte waren durchzogen von einer solchen Unbeschwertheit und Unbekümmertheit, dass er nicht mehr konnte als neidisch zu versuchen, ihren Bewegungen zu folgen. Er erinnerte sich daran, dass er vor vielen Jahrzehnten auch mal so getanzt haben mochte: Frei von Erwartungen und Regeln des normalen Tanzes. Einzig gesteuert durch das, was sich in dem Moment richtig anfühlte und in irgendeiner Weise zu der Musik zu passen schien. Absolut unbeeindruckt von allen Blicken und Äußerungen der Umstehenden.

    »Oh Königin des Tanzes!«, lachte er lautstark und hielt sich mit seiner linken Hand den auf und ab hüpfenden Wanst, während er mit der rechten das kleine Mädchen drei, vier, fünfmal um die eigene Achse drehen ließ. »Mir scheint, ich kann noch eine Menge von dir lernen!«, rief er ihr entgegen und versuchte mit mäßigem Erfolg, das ungestüm tanzende Mädchen in eine andere Richtung zu lenken. Führung im klassischen Sinne des Tanzes war etwas, das Runa kategorisch ablehnte. Jeder Versuch des Hünen, das Mädchen gezielt zu steuern wie es bei anderen Tänzen vielleicht üblich sein mochte, bedachte sie mit einem lautstarken Brummen und zu Schlitzen verengten Augen mit finsteren Blicken.

    Es dauerte zugegeben ein bisschen, bis Griffin sich an diesen wilden Tanzstil gewöhnt hatte und sinnvoll seine eigenen Tanzbewegungen auf diejenigen des Wildfangs abzustimmen vermochte. Ab diesem Moment aber, waren die beiden zu einer unaufhaltsamen Naturgewalt auf der Tanzfläche herangewachsen, der man sich nicht entgegenstellen sollte. Die beiden zappelten, sprangen, rollten, hüpften und rutschten wild mal ganz nah an einem eng umschlungen tanzenden Paar, mal mitten durch drei Tanzgruppen, verließen dann mal gänzlich die Tanzfläche, um sich über Tische, Stühle und auf Geländern tanzend fortzubewegen und dann und wann sogar führten sie wilde Tanzbewegungen in der Luft aus - wobei hier zugegeben ausschließlich Runa diejenige der beiden war, die in die Luft geworfen wurde, da die umgekehrte Vorgehensweise, auch wenn Runa sie zweimal vergeblich ausprobiert hatte, an eine körperliche Unmöglichkeit gegrenzt hätte.
    Wie viele Lieder genau die beiden auf diese Weise vertanzt hatten, war für die zwei nicht leicht zu sagen, denn ihrem Tanzwahn verschwammen ebenso wie die Tanzfläche und die Tanzenden selbst, irgendwann auch die Gesänge und Instrumente.

    Als sie aber schließlich völlig außer Puste endeten und mitten auf der Tanzfläche zur Ruhe kamen, grinste das kleine Mädchen zufrieden. Mit einem solcherlei spitzbübischen Lächeln, das ihr ein fast wölfisches oder großkatzenartiges Aussehen - ganz so genau konnte man das nicht festmachen - verlieh, klopfte sie ihm auf die Plautze. »Ganz schön gut getanzt, mein Dicker.«, feixte sie und entfernte sich dann auf der Suche nach dem nächsten Tanzpartner mit ebenso ausufernden und rhythmischen Tanzbewegungen. »Hätte ich dir gar nicht zugetraut!«, erklang ihre Stimme über die Musik und die Gespräche der Feiernden hinweg. Griffin blieb mit einem Kopfschütteln, einem breiten und zufriedenen Grinsen und herzlich außer Puste zurück.
    Noch ein Tänzchen würde er vermutlich nur schwerlich überleben.

  6. Beiträge anzeigen #226
    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Zarra ist offline
    Die Intensität der Farben nahm langsam ab und endlich erkannte Zarra die Dummheit hinter ihrer Tat. Doch das hielt sie nicht davon ab, weiterhin zu grinsen, während sie die letzten Reste des Tränenpfeffers zerkaute. Sie spürte ihren Mund längst nicht mehr, doch zumindest half das starke Gewürz dabei, die Spitze der Wirkung des Traumrufs abzuschwächen.
    „Deine Augen klären sich, wirkt der Pfeffer?“, fragte die Hexe – Nein! – ihre Oma mit einem tadelnden Unterton, während sie Thanan etwas Wasser einflößte.
    Der Junge war inzwischen kreidebleich und noch immer waren seine Reaktionen langsam und träge. Er schien die Blüte gar nicht gut vertragen zu haben und das sorgte dafür, dass sich Schuld durch die träge Masse der Gefühle des Mädchens an die Oberfläche kämpfte.
    „Ja“, antwortete sie kleinlaut.
    Das Wort drang langsam und undeutlich zwischen dem mittlerweile pürierten Pfeffer aus ihrem Mund. Ihr Blick ruhte auf ihrem Tanzpartner.
    „Schau ihn dir gut an. Das passiert, wenn du deine Experimente übertreibst!“, tadelte Nerea sie, eine Miene zwischen Zorn und Sorge, „Und spuck den Pfeffer aus, bevor du dir den Magen verdirbst!“
    Die Weißhaarig drehte ihren Oberkörper vom Tisch weg und spuckte die dunkle Flüssigkeit, welche hauptsächlich ihr Speichel war, auf den Boden.
    „Nicht auf den…bei der Mutter, Zarra!“, rief die Kräuterfrau empört und wäre beinahe aufgestanden, doch in diesem Moment nuschelte Thanan etwas Unverständliches.

    „Sag das nochmal, Junge“, bat Nerea ihn und hielt ihr Ohr näher an seinen Mund.
    „Papa wird…“
    „Nichts wird dein Vater! Ich sorge schon dafür, dass du nüchtern bist, wenn er dich einsammelt. Dafür müssen wir nur hoch in unsere Stube. Schaffst du das?“
    Thanan nickte und nahm nun selbst einen Schluck Wasser. Etwas Farbe kehrte bereits in sein Gesicht zurück.
    „Ich helfe dir, Oma!“, beeilte sich das Mädchen zu sagen, doch wurde mit einem strengen Blick bedacht.
    „Du hast für heute genug geholfen! Ich habe genau gesehen, dass du diese Beutel vom Jadewolf in meine Bowle geschüttet hast. Darüber werden wir noch sprechen!“, fuhr die Alte auf und wäre Thanan nicht da gewesen, wäre das Gespräch wohl hier und jetzt geführt worden.
    „Ich…es tut mir…“
    „Leid, ja. Mir auch. Aber du solltest dich lieber bei dem Jungen entschuldigen, statt bei mir. Vor allem, wenn du es nur tust, damit ich nicht mehr wütend bin."
    „Thanan…ich…“
    Doch bevor Zarra aussprechen konnte, erhob sich der Sohn des stellvertretenden Hauptmanns ruckartig und hatte wohl entschieden, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt war, zu gehen.
    „Ruhig, Junge. Dir ist sicher schwindelig“, versuchte Nerea ihn zu beruhigen, erhob sich und packte seinen Arm zur Unterstützung, „Komm, ich bringe dich zum Baum.“

    Sie schoben die Bank hinter sich fort, die dabei scheppernd umfiel. Einige Momente später zuckte Thanan vor Schreck zusammen. Das sah wirklich nicht gut aus.
    „Thanan…“, versuchte Zarra es erneut, wurde jedoch von ihrer Großmutter unterbrochen.
    „Weißt du was, Zarra? Vielleicht solltest du dich zuerst bei Griffin entschuldigen. Er hat dich hergetragen und hat Thanan hier beschuldigt, dir Sumpfkraut gegeben zu haben. Wenn du das erledigt hast, kannst du hinterherkommen.“
    Damit entfernten sich die beiden und ließen die Jugendliche allein am großen Tisch zurück. Das Fest hatte sich langsam geleert, doch noch immer sprangen und tanzten, tranken und lachten viele um das große Feuer. Die Welt hatte sich aufgehört zu drehen, doch stattdessen drehte sich nun ihr Magen, der mit einem tiefen Grummeln eiligst nach Nahrung verlangte. Ihre Hand glitt auf ihren Bauch, während sie auf dem Tisch nach etwas Essbarem suchte. Nichts. Auch einige Tische weiter waren die Platten wie leergefegt.
    „Hier“, erklang eine vertraute Stimme, und ein Stück Brot und etwas Käse wurde ihr vor die Nase gestellt.
    Sie schaute erstaunt und verwirrt auf, blickte in die tiefblauen Augen Vareesas, deren Wangen leicht gerötet waren.
    „Danke…Schwester.“
    „Nicht der Rede wert“, winkte sie lächelnd ab und schwebte dann wieder davon.
    Verwirrt blickte Zarra ihr nach, doch konnte sie ihren Hunger nicht mehr im Zaum halten. Sie verschlang das Mahl und war der Grünsträhnigen mit jedem Bissen dankbarer. Sie spülte die Reste mit einem großen Becher Wasser herunter, ehe sie sich umsah.
    „Wo mag Onkel Griffin sein…“, fragte sie sich leise, ihr beruhigter Magen sorgte dafür, dass der Effekt des Traumrufs sie auf seltsame Weise wacher werden ließ. Es war, als würde die Nacht sich erhellen.

    Da!, rief sie in Gedanken aus, als die die massige Gestalt Griffins aus der Menge der Tanzenden stapfen sah.
    Sie sprang auf und lief eilig zu ihm, darauf bedacht, nicht zu sehr über ihre seltsam schwingenden Gliedmaßen nachzudenken. Noch ehe er sie bemerkte, warf sie sich ihm an den Bauch, vergrub ihr Gesicht in seinem warmen Oberkörper.
    „Onkel Griffin…“, murmelte sie erstickt, den Mund gegen sein Hemd gepresst, „Es tut mir leid.“
    Tränen drohten damit ihre Schuldgefühle noch deutlicher zu offenbaren, doch sie versuchte sich weiterhin vor der Welt zu verstecken.

  7. Beiträge anzeigen #227
    King Kong Avatar von Griffin
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Griffin ist offline
    Noch immer mehr als nur ein bisschen außer Atem kämpfte der Braunhaarige sich durch die Menge der unerschütterlich Feierwütigen und wurde von einem eilig heranflitzenden Körper unsanft gebremst. Nicht zwingend, weil der Aufprall des kleinen Körperchens ihn in seinen Schritten aufgehalten hätte, sondern viel eher aufgrund des durchaus überraschenden Angesprungen-Werdens in seiner Bewegung angehalten hatte. Üblicherweise war der Akt des Überraschend-von-der-Seite-Angesprungen-Werdens nämlich ein anhaltenswürdiger Grund. Die weiße Haarpracht, die auf dem Kopf verwurzelt war, der sich fest in seine Brust grub, ebenso wie die kaum lauter als im Flüsterton hervorgebrachte Entschuldigung ließen nur einen Schluss zu: Zarra ging es wieder besser. Ihre Großmutter hatte wahrlich ganze Arbeit geleistet, wenn das junge Ding nach einer halben Sumpfkrautblüte jetzt schon wieder so mobil war.

    Der Südländer brummte leise und schüttelte den Kopf. Es war kein abwehrendes und auch kein gedankenabwesendes Kopfschütteln, sondern vielmehr das Kopfschütteln, das man nur schütteln konnte, wenn man gleichermaßen besorgt, glücklich und enttäuscht war. Ein vollkommen überwürztes Potpourri der Gefühle blubberte vorsichtig köchelnd in seinem Inneren und er wusste selbst nicht so wirklich, wie er vorgehen sollte. Ehrlich gesagt wagte er es nicht mal, den Deckel zu heben, um reinzublicken. Also entschied er sich dazu, alle verwendeten Gefühle irgendwie zu realisieren. Seine große Besorgnis brachte er zum Ausdruck, indem er vorsichtig seine Arme um die Weißhaarige legte. Seine Freude darüber, dass es ihr nunmehr besser ging, vermochte er durch den festen und stetigen Druck der Umarmung herüberzubringen. Die Enttäuschung schließlich konnte Griffin ihr deutlich machen, indem er sie, nachdem die Umarmung einige Herzschläge lang gedauert hatte, vorsichtig von sich weg schob und ihren Blick zu suchen versuchte. Ein Unterfangen, welches er sich deutlich einfacher vorgestellt hatte, denn Zarra schrumpfte mit jedem Zentimeter, den er sie von sich weg schob weiter und weiter in sich zusammen und wich gekonnt seinem Blick aus. Ganz offenbar war ihr die Angelegenheit äußerst peinlich.

    »Das war große Scheiße.«, fasste er lyrisch wertvoll zusammen. Zarra schrumpfte weiter.
    »Das war richtig große Scheiße.«, wiederholte er und nahm das weißhaarige Mädchen wieder in die Arme. Einerseits, um ihr Trost zu spenden, andererseits, weil er es nicht ertrug, ihr trauriges Gesicht zu erblicken. »Aber wir alle haben mal große Scheiße gebaut.«, flüsterte er ihr zu. »Wenn du mit deiner Oma sprichst, guck einfach ein bisschen bedröppelt und sag, dass ich mit dir geschimpft habe.« Sie nickte, ohne den Kopf zu heben.
    »Ich fürchte aber, dass du ganz so leicht nicht davon kommst. Du schuldest mir mindestens einen Tanz!«, sagte er ernst und hob Zarra von den Füßen. Mit einigen wenigen Schritten trug er sie kurzerhand zur Tanzfläche und stellte sie dort ab.

    Er lächelte sie sanft an und zum ersten Mal wagte das junge Mädchen, ihn anzublicken. »Eine Blume habe ich zwar keine, aber dann musst du wenigstens keinem alten Mann ein Küsschen auf die Wange aufdrücken.«, scherzte er. Sein ehrliches Lachen hallte über den gesamten Tanzplatz.
    »Die eine Hand hier..«, erklärte er langsam. Sanft legte er ihre linke Hand auf seinen Oberarm und schloss dann ihre Rechte fest in seine Linke. Für einen Moment verharrten sie in dieser Position, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das ist falsch.« Er trat einen kleinen Schritt zurück, löste sich aus der Grundstellung und tippte sich nachdenklich einige Male an die Nasenspitze. »Eine Frau wie du, wird nicht geführt.«, verkündete er und trat wieder an Zarra heran. Mit einigen wenigen Bewegungen korrigierte er ihre Position, was ob des Größenunterschieds eine mittelschwere Herausforderung war. »Du hältst mich hier«, er führte ihre Hand an sein Schulterblatt und platzierte seine Pranke an ihrem dünnen Oberarm. Dann legte er seine freie Hand in die ihre. »und du bestimmst, wo es langgeht.« Er blickte warm lächelnd zu ihr herab.
    »Damit du das nächste Mal mit deinem Mini-Darius keine Blüten mehr brauchst, sondern weißt, wie man hier im Wald tanzt.«, erklärte er und zwinkerte der errötenden Zarra zu.

    »Auf drei. Eins, zwei..«

  8. Beiträge anzeigen #228
    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    “Dzabba…der Herr des Sumpfes hält sein Wort.”, sagte Ornlu leise und erleichtert. Er hatte es gewusst und nicht daran gezweifelt, dass Dzabba sie reingelegt hatte.
    Die Zeiten hier würden wirklich besser werden. Das mochte man jetzt noch nicht sehen und ahnen, aber es öffneten sich Türen die zuvor verschlossen waren.
    “Was meinst du damit?”, fragte sie und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, um ihn anzublicken.
    “Ich meine damit, dass diese riesige Kröte den Sumpf beschützen wird und mein Volk hier auf dem Baum duldet. Das ist mehr, wie man sich vor der Jagd erhoffen konnte. Jetzt gilt es den Arsch hoch zu bekommen und diese Heimat wieder lebenswerter zu machen.”, sagte er und sah wie sie dann zu, wie Dzabba verschwand. Die Feierlichkeiten gingen weiter und Ornlu zögerte nicht damit, auch ihre Feierlichkeiten weiterzuführen. Sanft führte er eine Hand an ihre Brüste und die andere in tiefere Regionen. Liebkoste ihren Hals und ließ sie spüren, dass er wieder Lust hatte. Er führte sie wie beim Tanz in Richtung Baumhöhle, ergötzte sich an ihren nackten Bewegungen und ließ sie spüren, wie sehr er sie begehrte. Fast vor dem Eingang packte er sie fest an ihrem Oberschenkel, küsste sie begierig nach mehr und drückte sie dann an den Stamm des riesigen Baumes. Er hob sie an und vereinte sich mit ihr, ließ sie ihn kratzen, während er das Tempo vorgab. Sie genoss sichtlich die Bewegung und den Ausblick über das Tooshootal und er genoss es sie dabei zu sehen und an seiner Haut zu spüren.
    Hungrig aufeinander waren die beiden und noch lange nicht müde. Die beste Voraussetzung für die Magie von Beltane.
    Geändert von Ornlu (27.05.2024 um 12:43 Uhr)

  9. Beiträge anzeigen #229
    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    „…drei!“, sprachen Griffin und Zarra gemeinsam die letzte Zahl aus und setzten sich in Bewegung.
    Zunächst sehr ungelenk, denn das erste, was geschah, ließ das Mädchen den großen Fuß ihres Tanzpartners unter dem ihrem begraben.
    „Entschuldige!“, rief sie erschrocken und zog ihren Fuß schnell wieder zurück.
    „War was?“, fragte der Hüne und zwinkerte ihr mit einem Grinsen im Gesicht zu.
    Es half ihr sehr dabei die Nervosität und Reue zu verlieren, die sie noch immer im festen Griff hielten. Sie konzentrierte sich nun mehr auf die Musik, starrte dabei jedoch herab auf ihre Füße. Ihre Arme musste sie weit nach oben strecken, um die richtige Haltung zu erreichen. Griffin zeigte viel Geduld und ihre gemeinsamen Bewegungen erinnerten immer mehr an einen Tanz, wenn auch ein sehr simpler.
    „Versuch nicht nur auf deine Füße zu starren“, riet ihr der Mann aus geballter Liebenswürdigkeit.
    „Ist gut“, murmelte Zarra konzentriert und hob zaghaft den Blick, bis sein eindrucksvoller Bauch vor ihr auftauchte.
    „Hey, meine Augen sind hier oben!“, ermahnte er sie scherzhaft und gluckste freudig, als ihre Augen schließlich die seinen fanden, „Na also!“
    Ein schüchternes Lächeln kam der Weißhaarigen über die Lippen, was dem Hünen ein Strahlen entlockte.
    „So sollte eine Frau wie du lächeln“, komplimentiert er sie.
    Sie spürte, wie ihr Herz anschwoll, Freude über seine Worte und dem Moment, den sie teilen konnten.

    Das nächste Lied war ein ruhigeres Stück, folgte einem langsamen Takt. Die Paare um sie herum begannen enger miteinander zu tanzen und nicht wenige von ihnen berührten sich auch mit ihren Lippen, küssten innig und leidenschaftlich. Zarra schluckte schwer. Das würde man doch nicht auch von ihnen verlangen, oder?
    Mit einem Flattern im Magen und einen Schritt nach vorn verringerte sie den Abstand zwischen Griffin und sich auf ein Minimum, während sie weitertanzten. Mit einer Frage in ihren Augen blickte sie zu ihm empor, als er seine breiten Arme um sie legte. Er war so warm und sie fühlte sich mit einem Mal so geborgen, als würde sie genau hier hingehören.
    „Achte nicht auf die anderen“, flüsterte er ihr zu und sein Bauch bebte, als er stumm lachte, schüttelte sie etwas durch.
    Sich entspannend lehnte sie ihre Wange gegen seinen Oberkörper, ließ sich langsam von seiner Umarmung treiben zum Klang der sanften Flöte. Ihre Fantasie ging auf Reisen und sie mahlte sich die Zukunft aus. Doch allzu bald fielen die letzten Noten und der magische Moment war vorüber. Griffins Arme verharrten nur einen kleinen Moment länger um ihren kleinen Körper, ehe er sie zu lösen begann. Fast panisch griff sie nach seinem Ärmel, wollte nicht, dass es schon endete.
    „Alles in Ordnung, Zarra?“, fragte er sie besorgt und beugte sich etwas herab zu ihr.
    Blitzschnell reckte sie ihm ihren Hals entgegen, küsste seine Wange und hielt für einen Moment die entgegengesetzte in ihrer freien Hand.
    „Danke…“, flüsterte sie, löste sich dann aus der schwindenden Umarmung und lief mit hochrotem Kopf davon.

  10. Beiträge anzeigen #230
    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Ihr war heiß. Zarra war sich sicher, dass Rauch von ihrem Kopf in die kühler werdende Nacht stieg. Was war nur in sie gefahren? Der Traumruf spielte ganz üble Spiele mit ihrem Kopf und es sah ihr so gar nicht ähnlich wie sie sich gerade gegenüber Griffin verhalten hatte. Was sollte er denn von ihr denken? Und dann war da noch Thanan, dessen Beltane sie völlig ruiniert hatte und an die Wut und Enttäuschung ihrer Großmutter wollte sie gar nicht erst denken. Unbedacht rieb sie sich die mit Bandagen bedeckten Unterarme, spürte selbst durch den Leinenstoff die Erhebungen der Rückstände ihrer Experimente. War sie zu weit gegangen, als sie es für eine gute Idee befunden hatte, eine halbe Sumpfkrautblüte zu essen? Noch schlimmer, jemand anderem dasselbe machen zu lassen, wobei sie nicht einschätzen wusste, wie viel Erfahrung derjenige mit der berauschenden Wirkung hatte? Vor allem war es eine konzentrierte Variante gewesen.
    „Ich bin so dumm“, verfluchte sie sich selbst und trat aus Wut gegen einen halben Apfel, der am Boden lag.
    „Ho, immer langsam junge Dame!“, rief ihr eine männliche Stimme zu.
    Sie suchte nach dem Ursprung und fand sich schnell als Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Bardengruppe wieder. Das hatte sie ja ganz fantastisch hinbekommen!

    „Entschuldigt“, murmelte sie, für eine Sekunde froh, dass sie nicht noch röter werden konnte, als sie ohnehin schon war. Wieso war ihr nur so heiß?
    Sie wollte sich gerade abwenden, wieder fortlaufen von der Aufmerksamkeit, bevor sie noch etwas anderes peinliches tat. Doch sie bekam nicht die Gelegenheit dazu.
    „Du bist doch die Enkelin von Nerea, nicht wahr?“, fragte nun die Bardin, welche den ganzen Abend über so wundervoll gesungen hatte.
    Zarra nickte, blieb jedoch stumm. So war die Gefahr geringer, sich bloßzustellen.
    „Deine Mutter, Saelind, war eine gute Freundin von mir, auch wenn sie jünger war. Sie war den anderen ihres Alters stets weit voraus. Ich bin übrigens Enya.“
    Die Augen des Mädchens weitete sich, als sie hörte, wie diese Frau von ihrer Mutter sprach. Sie wusste so gut wie nichts von ihr, denn Nerea schmerzte die Erinnerung zu sehr und darum hatte Zarra das Thema stets gemieden. Wie im Bann lief sie auf die Musikanten zu.
    „Ich habe sie nie kennengelernt“, flüsterte sie traurig und die Hitze in ihrem Gesicht schien langsam zu verfliegen.
    „Ich kann dir viele Geschichten erzählen, wenn du magst. Doch nicht mehr heute Nacht.“
    Enttäuschung machte sich in ihr breit, doch sie verstand, warum Enya so entschied. Sie waren hier, um Beltane zu feiern und ihre Musik war ein wichtiger Teil davon.
    „Komm, setz dich für das nächste Stück zu uns“, lud die Bardin sie mit einem Lächeln ein, ihre Augen offenbarten, dass sie wusste, was Zarra gerade dachte.

    Etwas zögerlich, doch überzeugt von den freundlich einladenden Gesichtern der Spieler setzte sie sich auf die Bank neben Fynn – so hieß er zumindest, wenn ihr Gedächtnis sie nicht täuschte. Er hatte eine große Trommel vor sich stehen und zwinkerte ihr zu.
    „Spielst du ein Instrument?“, fragte er sie lächelnd.
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Es ist nie zu spät eins zu lernen!“, verkündete er und griff nach einer Rassel, die neben ihm lag, „Hier, versuch einfach im Rhythmus zu bleiben. Und wenn es nicht klappt, dann ist es eben eine neue Interpretation!“
    Zaghaft nahm die Weißhaarige das hölzerne Instrument entgegen, welches tatsächlich ein rasselndes Geräusch erzeugte, wie Kies, der auf neuen Pfaden verteilt wurde.
    „Ich weiß nicht, ob…“
    „Es geht los!“ rief Enya und stürzte sich so gleich mit ihrer Laute in das nächste Lied, welches die Tanzenden laut Jubeln ließ.

    Es war wie der Rausch des Sumpfkrautes Teil der Gruppe zu sein, die die ganze Nacht über den Feiernden einen Puls gab, zu dem sie das Leben genießen konnten. Wie ein Herz, dass den Körper versorgte, brachten die Barden die Musik, welches das Waldvolk so dringend brauchte. Vor lauter Aufregung vergas Zarra, dass sie mit ihrer Rassel mitspielen sollte, doch ein freundliches Stupsen mit dem Ellbogen von Fynn erinnerte sie an ihre Aufgabe. Konzentriert versuchte sie den richtigen Moment abzupassen, um mit der Rassel etwas beizutragen, statt das schöne Lied mit schlechter Leistung zu beleidigen. Wann immer Fynn auf kräftig auf seine Trommel schlug, ruckte sie mit der Rassel und erntete dafür ein anerkennendes Nicken und ein schiefes Lächeln des Barden.
    „Weiter so“, sagte er leise zwischen zwei Schlägen zu ihr und brachte damit auch sie endlich zum Lächeln.
    Enya war wieder ganz in ihrem Element, sang von den ersten Blüten des Jahres, den Kirschen, die in einem pinken und rosa Regenschauer auf die Erde fielen und einen Teppich des Frühlings formten. Ihre Stimme war so kraftvoll und klar, dass es schwer war nicht beeindruckt zu sein und Zarra, die das Lied kannte, stimmte leise für sich mit ein. Eine Strophe, dann die zweite bis sie beim Chorus, angespornt vom Hochgefühl des Muszierens und der anhaltenden Wirkung des Traumrufs, laut genug mitsang, dass Fynn ihr einen Seitenblick zuwarf. Es lag kein Tadel in seinen Augen, sondern überraschte Anerkennung.
    „Sing lauter“, forderte er sie auf und sie ließ sich darauf ein.
    Ihre Stimme bildete eine Harmonie mit Enyas, wobei Zarra ihr niemals die Führung streitig machte. Wie beim Tanz ließ sie sich lenken, glitt mit ihrer Stimme sacht an jener der Bardin entlang.

    Die letzten Worte des Refrains verhallten und Enya wandte sich zu der jungen Frau um.
    „Das nenne ich Talent!“, bestimmte sie und legte der Weißhaarigen die Hände auf die Schulter, „Du kannst singen Mädchen!“
    „Danke, aber…das war doch nichts. Ich liebe bloß dieses Lied!“, versuchte sie von sich abzulenken, doch die Barden wollten davon nichts wissen.
    „Die Musik liebt dich. Bitte sing weiter mit uns!“
    „Ich…sollte nicht. Meine Oma…“
    „Ah, verstehe“, lenkte Enya schnell ein, ihre Enttäuschung verbergend, „Dann lass uns morgen noch einmal sprechen, in Ordnung? Ich erzähle dir etwas von deiner Mutter und du singst für uns, hm?“
    „Ich…ja, das klingt schön.“
    Damit verabschiedete sich Zarra von den Barden, ein stolzes Herz und etwas weniger fatalistisch eingestellt, als noch zuvor. Dennoch stand ihr noch immer das Aufeinandertreffen mit ihrer Großmutter bevor. Das konnte was werden…

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    Der Herr ist gereist  Avatar von Maris
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    Ein fernes Land - Die Worte des Alten

    Entsetzt starrte Maris auf den riesigen weißen Löwen, der sich majestätisch vor ihm aufbaute – in das Antlitz seines Selbst. Das konnte unmöglich real sein! Doch die Worte des Weißen Löwen von Varant hatten genau jenen schleichenden Verdacht bestätigt, der bereits an Ramzas Seite in ihm aufgekeimt war. Das hier war kein Trugbild einer Zukunft, in der er all seine Ziele erreicht hatte. Es war real. Der Alte selbst hatte einst an dieser Stelle gestanden! 111 Jahre – und immer noch kämpfte Maris al-Bayda, Maris der Weiße, seinen Kampf.
    „Ich – ich fürchte, ich muss mich setzen“, sagte er. Als er einen Schritt zurücktrat, formte sich aus dem Boden ein Podest, über das er regelrecht in eine sitzende Position stolperte. Der weiße Löwe sah schnaubend zu ihm herab, dann verwandelte er sich genauso mühelos zurück, wie er diese gewaltige Form angenommen hatte. Maris betrachtete den Druiden, der da vor ihm stand. Nun sah er es. Seine eigenen Züge, versteckt durch das Alter und den Bart. Das dort war tatsächlich er selbst!
    „Hast du mich hierher gerufen?“, fragte er zögerlich. „Warum bin ich hier?“
    „Tooshoo hat dich hergeführt, Maris. Das hier ist die Vision von dem, was sein kann. Nur, dass du nicht nur siehst. Du bist hier. Eine spezielle Art von Humor, den die Mutter da zeigt, gebe ich zu. Dich so zu sehen, so – schwach! – ist auch für mich eine seltsame Offenbarung.“
    Der Alte breitete die Arme aus. „Du bist hier, um deinen Weg zu erkennen. Um zu sehen, was getan werden muss – und wohin dich die Reise führen kann, wenn du die richtigen Entscheidungen triffst.“
    Maris presste die Lippen aufeinander. Er starrte sein gealtertes Ebenbild nur an.
    „Hat es dir die Sprache verschlagen?“, knurrte der Druide. Ein gefährliches Funkeln lag in seinen Augen.

    „Ich sehe“, sagte Maris. „Als deine – meine – Urenkelin mich hierher führte, habe ich gesehen. Und nun sehe ich immer noch. Du bist also meine Zukunft?“
    Eine Zukunft.“ Wie ein Raubtier bleckte der Alte die Zähne. „Du hast gesehen? Dann berichte mir. Was hast du gesehen?“
    „Ich sehe eine Welt, die du vollkommen verändert hast. Wovon ich träume, hast du wahr gemacht. Varant ist befreit, das Wüstenvolk zieht frei umher. Du sorgst dafür, dass niemand mehr über dieses Land herrscht außer der Natur selbst und hast dabei selbst eine Dynastie aufgebaut.“
    „Weil ich mein Ziel nie aus den Augen verloren habe. Es war keineswegs leicht und erforderte harte Entscheidungen. Es ist jeden Tag aufs Neue ein Kampf. Doch ich bin bereit, ihn zu kämpfen, für das größere Wohl.“
    Maris schloss die Augen. Seine Stirn legte sich in Falten. Vor Unverständnis. Vor Sorge. Vor gewittertem Schmerz.
    „Wie hast du es geschafft, an diesen Punkt zu gelangen? Wo hast du angefangen?“
    Das Funkeln in den Augen des Alten barg eine unverhohlene Genugtuung.
    „Ich setze dir keine Fußstapfen in den Sand, in die du treten kannst. Ich stehe nur in der richtigen Richtung. Doch ich will dir einige der Kämpfe nennen, die ich ausgefochten habe.“
    Der weiße Löwe genoss diesen Moment. Und Maris verstand ihn. Er war siegreich gewesen in allem, was er erstrebt hatte. Und hier stand er nun, war zum Lehrmeister seines jüngeren Ichs geworden, um es auf denselben Weg zu führen.
    „Ich begann mit dem Offensichtlichen. Ich tat das, was getan werden musste, in der Reihenfolge, wie es am dringlichsten war. Ich ging nach Varant, und dort erhielt ich Rat. Und dann erkannte ich es. Wendel Schneeweiß – seine Krankheit hat in deiner Zeit immer noch die Löwen der Berge befallen. Merze das Übel aus!“
    Er hob die Hand. Über seinem Haupt erstrahlte eine Lichtglobe aus Dämmerlicht. Dann schloss er die Finger zur Faust und die Globe kollabierte.
    „Als die direkte Bedrohung für die Löwen beseitigt war, wandte ich mich der Gefahr aus den eigenen Reihen zu. Du weißt, welche ich meine. Du magst ihn in der mythischen Sphäre besiegt haben, aber der Große Löwe unterwirft sich niemandem.“
    Er schnippte mit dem Finger. Die Blätter des Hains setzten sich raschelnd in Bewegung, verschoben sich und verschränkten sich ineinander, bis sie das Antlitz eines brüllenden Löwen bildeten.
    „Ich beendete seine Existenz ein für alle Mal“, zischte der Alte mit einer Härte, die Maris zurückschrecken ließ. Eine Ranke schoss aus dem Dickicht hervor und durchstieß den Blätterlöwen, der in unzählige Fragmente zerstob.
    „Du hast seinen Geist zurück in den Löwenstein gebannt?“
    Maris al-Bayda verzog die Lippen zu einem Lächeln, das furchterregender war, als jedes Brüllen es zu sein vermochte. „Nein…“

    Maris riss die Augen auf, als der Druide aufhörte, seine Aura zu verbergen, und ihr freien Lauf ließ. Die pure Macht blendete seine magische Sicht, als blickte er direkt in die Sonne. Maris spürte die Energie al-Hamzas so deutlich, dass es keinen Zweifel gab, wohin die Seele des Großen Löwen gegangen war. Erst jetzt begriff Maris, was es bedeutet hatte, als der Alte gesagt hatte, er sei der Große Löwe.
    „Was bist du?“, flüsterte er voller Schrecken.
    „Ich bin geworden, was zu werden mir vorbestimmt war. Ich bin geworden, was nötig war!“
    Ungläubig schüttelte Maris den Kopf. „Du sagtest, du seist die Große Katze.“
    „So, wie es seit einst gewesen war“, stimmte der Alte zu. „Ich holte mir zurück, was mir gehörte!“ Doch die Genugtuung in seinem Blick wich einer Spur von Bedauern. „Das war der Moment, in dem die Bande zerrissen.“
    „Wie meinst du das?“
    „Kämpfe bringen Opfer mit sich, Maris. Und in der gnadenlosen Welt der Natur können Freundschaften schnell bedeutungslos werden. Doch die Menschen können das nicht sehen. Nach alledem ging ich nach Varant, kümmerte mich um meine Angelegenheiten und trat dem Wolf nie mehr unter die Augen. Ich ließ ließ ihn und seine Jünger weiter Bäume hüten, und er hielt sich aus meinem Reich heraus. Ein stilles Abkommen, uns nicht gegenseitig zu töten wegen des Opfers, das meine Aufgabe mit sich gebracht hatte.“
    Maris sah zu Boden. Das also war der Preis für die Erfüllung all seiner Wünsche. Der Verlust von Menschlichkeit. Der Verlust von Freundschaft und Zusammenhalt. Einsamkeit.
    „Was ist mit Aniron? Und den Kindern?“
    „Aniron…“ Der Alte ließ den Namen nachdenklich über seine Zunge rollen, als müsse er sich erst erinnern, zu wem er gehörte. Sein Blick ging nun ins Leere.
    „Sie konnte mir nicht verzeihen, was ich geworden war und was ich getan hatte. Fianna genauso wenig. Also ersparte ich ihr den Schmerz und ging, während sie blieb, wo sie gebraucht wurde. Nur Runa kam mit, stark und treu wie immer. So stark, dass sie das Geschenk erhielt, welches sie an Ramza weitergab, als sie müde von all den Kämpfen geworden war. Sinan hatte in den folgenden Jahrzehnten immer wieder versucht, in der Familie zu vermitteln – er hatte sich sogar dem Al Shedimer Kreis angeschlossen, um eine Brücke zu schlagen. Aber es wurde nie wieder so wie zuvor.“
    Maris sah sein Ebenbild mit offenem Mund an. Tränen standen ihm in den Augen.
    „Du hast die Familie geopfert.“
    Er nickte fest. „Ich sagte doch, ich musste harte Entscheidungen treffen. Und nein, ich opferte die Familie nicht. Du hast gesehen, wie zahlreich meine Brut um den Hain ist. Die auf zwei Beinen und die auf vieren.“
    „Und war es das wert?“
    Der Alte hob das Kinn voller Stolz. „Es war jeden Verlust wert. Aniron ist mittlerweile seit einem ganzen Menschenleben tot. Selbst Runa ist schon lange fort. Und sieh nur, was ich geschaffen habe!“
    Die Tränen flossen ungehemmt über Maris‘ Wangen. Der Alte verzog angeekelt das Gesicht.
    „Du bist so weich und so schwach.“

    „Ja, ich weine“, entgegnete Maris. „Ich weine darüber, wie du alle menschlichen Bande mit Füßen getreten und deine Tochter – meine Tochter! – für deine Zwecke missbraucht hast. Ich weine darüber, dass du jede Menschlichkeit verloren hast, als du al-Hamza in dich aufgenommen hast. Und ich weine darüber, was für ein Dummkopf du selbst nach einhundertundelf Jahren bist, das nicht zu erkennen. Dein Versprechen ist hohl und dein Paradies nur eine Illusion. Sobald du aufhörst, zu kämpfen, bricht all das ein. Und für die da draußen ist nur noch dein Schutz wichtig. Du aber – ohne dich sind sie besser dran.“
    Er lachte trotzig auf. „Wie passend, dass du dich nach dem Tyrannen benannt hast. Al-Bayda… Denn du bist genau das geworden. Du widerst mich an!“
    Der Sturm aus rasiermesserscharfen Blättern traf ihn völlig unvorbereitet. Sie rissen ihn rücklings zu Boden und zerschnitten ihm das Gesicht, die Brust, Arme und Beine, als schlüge ein ganzes Löwenrudel seine Fänge in seinen Körper.
    „Denk nur nicht, weil du dieselbe Vergangenheit wie ich teilst, lasse ich dir eine solche Frechheit durchgehen!“, brüllte der Weiße Löwe von Varant. Maris spuckte Blut. Vergeblich versuchte er, sich aufzurichten. Die Pflanzen am Rande des Hains verformten sich zu riesigen Klauen, die ihn an Armen und Beinen packten. Maris brüllte vor Schmerz, doch er war machtlos gegen die Zauber des Alten. Die Krallen gruben sich tief in seine Haut, rissen Fleisch von den Knochen.
    „Du hast genug gesehen, Maris al-Shedīmī. Sieh durch den Abscheu, den dir deine menschliche Kurzsichtigkeit aufbürdet, wenn du zurückkehrst, und erkenne die Wahrheit mit jedem Schritt, den du von nun an gehst! Ich bin fertig mit dir.“
    Maris al-Bayda zog seinen Säbel und führte die Klinge an den Hals von Maris al-Shedīmī. Noch bevor der der Sehende erkannte, wie ernst es dem Alten war, fuhr das Schwert nieder.
    Maris fiel zurück in die Schwärze. Und das Einzige, woran er denken konnte, war Bedauern. Das Bedauern, Ramza nicht noch einmal gesehen zu haben, um das Gute zu betrachten, das die Tyrannei seines zukünftigen Ichs hervorgebracht hatte.

  12. Beiträge anzeigen #232
    Fischjägerin Avatar von Larah
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    Ehemaliges Kontor der Rattensippe, Schwarzmarkt, Schwarzwasser

    Larah starrte an die Decke. Der Hauptraum war noch weitgehend intakt. Besonders der gemauerte Kamin hatte sich über die vergangenen Winter gut gehalten. Im Anbau hingegen klaffte ein riesiges Loch in der Decke. Yared hatte es am Vortag noch vorläufig mit einigen Brettern, die er sich von Melford besorgt hatte, und etwas Pech verschlossen, damit vorerst kein Regenwasser mehr eindrang. Es war keine dauerhafte Lösung, aber eine die mindestens einen der in Südargaan kaum spürbaren Winter halten würde.
    Immerhin reichte der Platz hier, um ihre Hängematten aufzuhängen. So mussten sie beide sich nicht mit den anderen, die ohne eigene Behausung in Tooshoo waren, in der engen Hütte am Baum, die neben der umgezogenen Sumpflilie notdürftig als neue Massenunterkunft umgewidmet worden war, drängen und um die wenigen Betten konkurrieren.

    Von Draußen klang das fröhliche Lärmen der Feiernden herüber. Die Fischjägerin wusste nicht, ob sie die einzige war, der gerade nicht nach Feiern zumute war.
    Sie wollte gerade nicht berauscht und johlend durch die Krone, im und am Stamm entlang oder zwischen den Wurzeln des Beryyrn* und über die Stege Schwarzwassers ziehen, wollte nicht im Klang der Barden um die Feuer tanzen, wollte sich nicht den Wanst mit dem Festmahl füllen, dass die Köche des Waldvolkes aus den eigentlich kärglichen Resten der Wintervorräte gezaubert hatten, wollte sich nicht trunken von Gewürzwein und Met oder der Magie des Beltane in fremde Sphären entführen, wollte nicht zügellos durch die Nacht tollen und sich das Stroh mit dem oder der nächstbesten teilen.
    Sie war erschöpft. Der Schlaf während ihrer Anreise war kein erholsamer gewesen. Die Tage der Jagd nicht weniger anstrengend. Seit sie Silden verlassen hatte, war die Anspannung ihr steter Begleiter gewesen, der erst von ihr abgelassen hatte, als Garagh das zeitliche gesegnet hatte.
    Sie war froh gewesen, das vertraute Gesicht des Kapitäns zu sehen, als sich Schlamm und Nebel der aufgewühlten Sümpfe rund um den historischen Schlagabtausch zwischen dem Hauptmann der Wächter und dem Herren der Sümpfe gelegt hatten.
    Yared war gemeinsam mit Bud und Terrence eingetroffen. Offenbar hatten die beiden es nicht mehr im Riesenbaum ausgehalten, während der Bruchwald tobte und ihr Hauptmann und ihre Gefährten um ihr Leben kämpften. Der Paladin hatte sich von ihnen breitschlagen lassen, mitzukommen, damit sie schnell und sicher an den Ort der Schlacht kamen – gerade rechtzeitig, um ihren Anführer in das Krankenquartier zu überführen.
    Nun lag sie hier, starrte an die Decke und lies in Gedanken die letzten Tage vor ihren Augen vorbeiziehen. Sie war nicht müde. Sie war erschöpft.

    Unvermittelt schwang die Türe auf. Larah fuhr hoch und setzte sich auf.
    Im Schein des hellen Vollmondes stand eine Gestalt in der Tür. Die Fischjägerin brauchte nicht lange, um die Umrisse zuzuordnen. Es war Yared.
    „Jetzt sag nicht…“, wunderte sich der Paladin, ohne sie dezidiert zu begrüßen.
    „Sag nichts. Ich war da. Ich habe am Blütenritual teilgenommen.“, erwehrte sie sich.
    „Und …?“
    „… habe mich im Hintergrund gehalten,…“, ‚…damit niemand mitbekommt, dass ich nicht festlich gekleidet bin‘, fügte sie im Stillen noch hinzu. Auch wenn sie wusste, dass seine Neugier in Sorge um sie gründete, konnte sie das jetzt eigentlich nicht gebrauchen.
    „Dachte ich es mir doch.“ Der Kapitän zog die linke Augenbraue hoch und grinste.
    Larah winkte ab.
    „Ach, kennst du ein Beltane, kennst du alle. Das ist hier doch dasselbe, wie damals bei mir zuhause. Frauen, die sich nach alter Vatersitte herausputzen und dann nach alter Müttersitte mit Gewürzwein abschießen. Männer, die nicht verstehen, dass es beim Stecken einer Blume ins Haar einer anderen Frau im Regelfall keine tiefer liegende Bewandtnis gibt. Und dann gibt es immer irgendjemanden, der nach nassem Hund riecht und jeden antanzt, der nicht bei drei auf den Bäumen ist, bis ihn schließlich seine Ehefrau, Lebensgefährtin oder Mutter in den Senkel stellt und am Ohrläppchen nach Hause zerrt oder alle im Delirium versinken“, ergoss sich ein für die Gortharerin eher ungewöhnlicher Wortschwall über Yared.
    „Mir war gar nicht klar, dass du so ein Feiermuffel bist, Larah.“
    Sie schnaubte nur und ließ sich wieder in ihre Hängematte plumpsen.
    Nicht dass ihre Beschreibung aus der Luft gegriffen war – die Sippen des Things von Cymria feierten nicht minder wild und ausschweifend, wie die Tooshooer in diesem Moment. Aber das war nicht ihr Beltane. Sie vermisste die Ruhe, die Geduld des Wachsenlassens – und sie vermisste noch mehr…
    Die vergangenen Winter hatte sie Beltane meist allein begangen. Auf ihren Reisen hatte sie sich eine einsame Lichtung gesucht und einen kleinen Kranz aus Samen in die frisch erwachte Frühlingserde gepflanzt – ganz so, wie sie es früher in ihrer Kindheit immer bei ihrer Familie erlebt hatte.
    „Nicht grundsätzlich, aber es fühlt sich hier irgendwie nicht richtig an. Ich glaube, ich gehöre hier einfach nicht her.“
    „Das kann ich nicht beurteilen, Larah“, entgegnete der Kapitän offen und entwaffnend, „Aber ganz egal, ob du dich hier niederlässt – was als Trägerin des Mals niemand hier infrage stellen wird – oder morgen früh zum Strand wanderst und mit deiner Proa hinaus aufs Meer segelst – auch, wenn du mich in ein paar Tagen oder Wochen wieder nach Thorniara begleiten solltest – du solltest jetzt eigentlich da draußen sein und den Sieg feiern, an dem du nicht unerheblichen Anteil gehabt hast. Wer weiß, wann sich wieder die Gelegenheit ergibt?“
    „Zum Feiern? Nach jedem Winter. Oder meinst du für einen Sieg oder einen Kampf mit einem durchgeknallten und machtbesessenen Naturgeist und seinen Kohorten?“, entgegnete die blonde Gortharerin schnippisch, beinahe pampig. Er nervte sie gerade. Sie wusste, dass er das wusste.
    „Geschenkt. Auf die schiefe ideologische Bahn geratene Naturgeister und verzweifelt erfochtene Siege gegen sie gibt es gefühlt wie Sand am Meer – wenn auch von ersterem mehr als von letzterem. Aber du weißt, was ich meine, Larah.“
    „Ja, ich weiß, was du meinst.“, sagte sie, wollte aber nicht darüber nachdenken.
    „Du vergisst allerdings etwas. Selbst wenn mir gerade der Sinn danach stünde, ich habe nichts anzuziehen. Als über die Weltmeere reisende Fischjägerin hat man weder Geld noch Gelegenheit für die bei solchen Anlässen übliche Kleidung. Ich habe ja kaum mehr als das, was ich gerade trage.“

    __________________
    * altwaldvölk.: Schutzbaum
    Geändert von Larah (28.05.2024 um 06:18 Uhr)

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    Ihre klaren dunkelblauen Augen blitzten ihn herausfordernd an.
    „Das…“, Yareds Blick schweifte zugleich mit seinen Gedanken nach einer Erwiderung suchend durch die enge Hütte und durch sein Gedächtnis, bis er an der Beute hängen blieb, die sie auf dem Tisch ausgebreitet hatte.
    Da war ein Halsreif in Form einer rund gebogenen Stange mit kreisrundem Querschnitt aus Gold, die sich an den Enden konisch verbreitert. Yared hob ihn an. Er war massiv gearbeitet, aber wesentlich leichter als man ihm ansah. Der Paladin spürte ein ganz leichtes Gribbeln, als er ihn berührte.
    Daneben lag ein Halskragen, ein mehr als handbreites Collier aus Gold und auf Perlschnüre aufgezogene dünne Steine aus Lapislazuli, Türkis, Glimmerquarz und Obsidian, das durchaus die Dimensionen eines Gollers annahm.
    Dazu passend konnte der Kapitän ein Paar Ohrhänger aus Golddraht und ebenfalls Lapislazuli entdecken, sowie zwei Armschienen, ebenfalls aus Gold, allerdings in einer scheinbar härteren Legierung und dazu passend Armreife für die Oberarme, beide gleichfalls mit blauen und türkisen Steinen besetzt.
    Als letztes fiel sein Blick auf den Gürtel aus Goldfäden und weißer und dunkeltürkiser Seide, der so breit war, dass Larah ihn als sehr kurzen Rock würde tragen können - vorausgesetzt, die Flecken ließen sich irgendwie entfernen.
    Es war ein beeindruckendes Sammelsurium. Das Geschmeide würde außerordentlich gut zum Blondton ihres Haares und der Farbe ihrer Augen passen.
    „Und was ist mit dem Ornat der Tempelwächterin?“
    Geändert von Yared (28.05.2024 um 04:25 Uhr)

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    „Das? Das ist im Kampf mit dem besudelt worden, was auch immer Dämonen aus Beliars Sphäre bluten.“
    Die Bestandteile ihrer Beute lagen immer noch auf dem Tuch, das ursprünglich um die Spitze der Hellebarde gewickelt gewesen war. Sie hatte ihre Beute hinein gepackt und es mit einem Strick zugeschnürt, den sie mit ihrem Dolch aus den Überresten ihres im Kampf zerstörten Netzes gelöst hatte.
    Den Kopfschmuck hingegen hatte sie unangetastet gelassen, genau wie die Brustbinde, die das weiblich anmutende Skorpionwesen getragen hatte. Das Haupt war schließlich zunächst Verhandlungsmasse mit der Tooconda gewesen und Larah hätte es als ehrlos empfunden, ihre Gegnerin zu entblößen – selbst wenn es sich dabei um eine dämonische Chimäre handelte.

    Yared schien von ihrem Einwand kein bisschen um- oder auch nur nachdenklich gestimmt. Der Paladin lächelte vielmehr mit Gewissheit und befreite zunächst seine Hände, die die ganze Zeit seit seinem Hereinkommen abwechselnd ein hölzernes Behältnis an einem Ring getragen hatten.
    Erst jetzt, als er ihn abstellte, fiel Larahs Blick auf den kleinen Käfig aus Weidengeflecht, den der Kapitän während der Begutachtung ihrer Beutestücke in seiner Linken gehalten hatte. Zwischen der geflochtenen Gitterstäben lugte eine Taube hervor, die trotz ihrer sichtbaren Erschöpfung noch eine gewisse Neugier an den Tag legte und zwischen dem Picken nach einzelnen Körnern und dem Nippen an einem am Korb aufgehängten Wasserschlauch immer wieder ihren Kopf hob, um zu Larah hinüber zu sehen.
    „Ist das eine Brieftaube?“
    „Ja. Ich habe Nachricht aus Thorniara erhalten.“
    Larah wusste noch aus der Zeit, als sie im Kontor auf dem Schwarzmarkt ausgeholfen hatte, dass die Rattensippe alle paar Monde per Brieftaube zwischen der Insel und dem Festland Botschaften ausgetauscht hatte. Sie selbst hatte Quen regelmäßig bei der Versorgung der Tiere geholfen. Aber dass Yared immer noch auf Schwarzwasser als Heimatschlag abgerichtete Tiere besaß, erstaunte sie nun doch.
    „Und, was stand drin?“
    „Du bist aber auch überhaupt nicht neugierig.“
    Larah konnte schlecht zugeben, dass sie sich eigentlich nur vom eigentlichen Thema ablenken wollte, also setzte sie zögerlich an: „Nun…“
    Doch der Kapitän schien es ihr sowieso erzählen zu wollen: „So wie es aussieht, habe ich den Auftrag bekommen, für Orden und Krone nach Gal Ran zu reisen.“
    „Ostgorthar?“
    Der Kapitän nickte.
    „Ja, ich soll den Hohen Rat der Hegemonie überreden, seine Unterstützung für Ethorn einzustellen.“
    Larahs Augen wurden abermals groß.
    „Heißt das, du musst sofort aufbrechen?“
    „Nein. So schnell können die Santorija und die Alesstyna gar nicht auslaufen. Soetwas muss sorgfältig vorbereitet, die Route geplant und der nötige Proviant beschafft werden. Ein bis zwei Wochen wird es noch dauern, bis wir auslaufen werden.“
    Yared hatte sich zwischenzeitlich vor ihrer Beute positioniert, nachdem er während der Erläuterungen zu seinem anstehenden Auftrag die ausgebreiteten Stücke vorsichtig enger zusammen drapiert hatte.
    „Was hast du…?“
    „Gib mir bitte kurz einen Moment“, antwortete er ihr jedoch nur, hob die Hände und legte sie beinahe salbungsvoll auf das aufgetürmte Sammelsurium. Erst mit dem zweiten Blick erkannte sie, dass er tatsächlich jedes einzelne Stück zumindest mit einem Finger berührte.
    Seine ganze Aufmerksamkeit schien jetzt auf die Beutestücke gerichtet, als seine Lippen anfingen sich lautlos zu bewegen. Larah meinte mehr als einmal den Namen des Feuergottes in den Bewegungen erkennen zu können.
    Dann durfte die Gortharerin mit sich immer weitenderen Augen zusehen, wie sich ein überweltliches Licht von seinen Händen und Fingern aus über das Geschmeide auf dem Tisch ausbreitete – und genauso schnell wieder verschwand wie es aufgetaucht war.
    Yared schloss führ einen kurzen Moment seine Augen und atmete tief durch. Dann nahm er ein Stück nach dem anderen kurz über dem Tisch hoch und schüttelte es leicht.
    Das bläulich bräunliche Blut und die Spritzer der Körpersäfte hatten sich aus der Seide und von Gold und Edelsteinen gelöst und rieselten nun als feine Asche auf das darunterliegende Tuch.
    „So jetzt ist es gesäubert.“, verkündete er ihr.
    „Es ist trotzdem noch viel zu knapp. Man könnte es über ein Kleid anziehen, aber ohne Kleid geht es nicht. Außerdem…“
    „Was brauchst du wirklich?“, fragte er sie ohne Vorwurf in der Stimme.
    Als sie nach kurzem Warten nicht reagierte, fragte er sanft: „Wirst du hier bleiben?“
    Nun war es an Larah tief Luft zu holen – aus anderen Gründen.

    Es war die unausgesprochene Frage, die die ganze Zeit über all ihren Gedanken schwebte. Als Trägerin des Mals hatte Tooshoo sie anerkannt. Als erfolgreiche Teilnehmerin der Jagd würde niemand ihr Anrecht, sich hier niederzulassen, in Frage stellen können. Doch das nährte nur Unruhe und Unwohlsein in ihr.
    In den Augen eines jeden Angehörigen des Waldvolkes auf ganz Morgrad, war dies, war Tooshoo der Ort, der sie anerkannt hatte. Es war beinahe zu gut, um wahr zu sein. Doch das schlimmste war, dass sich Larah nicht sicher war, ob sie das überhaupt wollte. Es war wie eine Erbschaft eines Adelstitels in einem fremden Land. Es war eine Ehre, die weit über die Anerkennung durch eine Sippe hinausging. Es war mehr, als sie sich einst je hatte erhoffen können, als sie, ohne Platz im Thing von Cymria zu finden, von Gorthar aufgebrochen war.
    Doch seitdem waren mehr als zehn Winter vergangen. Seitdem hatte sie die Welt gesehen. Seitdem war sie eine andere geworden.
    „Ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich bin mir sehr unsicher.“
    „Was möchtest du wirklich, Larah.“, fragte der Kapitän nocheinmal.
    „Ich glaube…“, begann sie zögerlich. Sie war sich erst unsicher, doch dann kam der Gedanke plötzlich sehr klar und deutlich und fühlte sich richtig an, „Ich möchte meine Eltern besuchen.“
    Sie blickte auf.
    „Bevor ich eine Entscheidung treffe, möchte ich meine Eltern besuchen. Es ist jetzt mehr als zehn Winter her, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe. Wenn ich mich hier niederlasse, werde ich Argaan für eine ganze Weile nicht mehr verlassen. Wer weiß, ob ich dann überhaupt noch einmal die Möglichkeit haben werde, sie wiederzusehen?“
    Der Kapitän nickte. Das verstand er offenbar nur zu gut.
    „Dann reist du mit uns. Ich kann dort drüben eine ortskundige Führerin gut gebrauchen.“

    „Möchtest du nicht doch noch auf das Fest und dich etwas amüsieren, bevor wir gehen?“
    Larah schüttelte ihr blondes Haupt.
    „Ich bin nach wie vor nicht in Stimmung. Ich werde lieber packen und bald schlafen gehen.“
    Der Kapitän nickte wieder, offenbar seine eigenen Pläne neu sortierend.
    „Ich nehme an, das Thing möchtest du auch nicht abwarten?“
    Larah schüttelte ihr Haupt.
    „Nein. Wozu, wenn ich noch keine Entscheidung getroffen habe, hier zu bleiben?“
    Geändert von Larah (28.05.2024 um 13:58 Uhr)

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    General Avatar von Yared
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    „Gut.“, schloss Yared und wandte sich um, um die Hütte zu verlassen.
    Doch Larah hielt ihn nochmals auf: „Was hast du eigentlich mit den Lurkerhäuten gemacht?“
    Der Kapitän drehte sich im Türrahmen nochmals zu ihr um.
    „Ich habe sie Anders gegeben. Er war früher einer der hiesigen Gerber.“
    „Oh, ich kenne Anders“, sagte sie und reagierte mit einem leichten wissenden Kopfnicken, „Bei Besorgungen für Quen bin ich ihm bei den Gerbern hin und wieder begegnet. Aber das letzte, was ich von ihm mitbekommen hatte, war, dass er gemeinsam mit uns nach Südstewark floh, als die Echsen kamen, und sich dann mit den anderen im Bluttal niederlies. Es freut mich zu hören, dass auch er dem Orküberfall im Bluttal entronnen ist.“
    „Das hat es mich auch“, stimmte der Kapitän zu, “Er ist erst kürzlich hierher zurückgekehrt, vermutlich auch wegen der Jagd. Ich habe ihn zufällig am ersten Abend in der Sumpflilie getroffen, nachdem Melford und ich am Baum angekommen waren. Er war hellauf begeistert von der Qualität der Häute.“
    „Das wundert mich nicht. Du hast sie vor unserer Abreise in Silden gut einsalzen lassen, wenn ich das richtig gesehen habe.“
    „Ja, von Jens dem Gerber. Wir sind alte Bekannte.“
    Yared schmunzelte, Gerber waren im Waldvolk wirklich bekannte und angesehene Leute - ganz anders als sonst in den Königreichen.
    „Jedenfalls: Wenn du in ein paar Monden von Gorthar zurückkehrst, sollte er die Häute bereits gegerbt haben, sodass du das Leder dann bei ihm abholen kannst.“
    „Wunderbar. Vielen Dank.“ Larah schenkte ihm ein dankbares und erleichtertes Lächeln.
    Er konnte regelrecht sehen, wie es ihr merklich besser ging – nach ihrer Entscheidung. Ihre ganze Haltung war viel aufrechter, statt in sich zusammengesunken, wie zuvor.
    Yared wandte sich baermals zum Gehen. Der Kapitän wusste, sie würde nicht lange zum Packen brauchen. Bei Larah war es fast so wie bei ihm selbst, der beinahe immer abreisebereit auf seinem gepackten Seesack saß. Bei ihm brachte das das Leben als Korsar in myrtanischen Diensten mit sich. Bei der Fischjägerin lag es daran, dass sie – außer vielleicht ihrer Proa – keinen Ort wirklich ihr Zuhause nannte. Ob sich das änderte, würde nur die Zeit zeigen.
    „Was machst du jetzt? Gehst du noch feiern?“
    „Nein, ich muss ja morgen offenbar früh raus", antwortete er mit einem schiefen Grinsen, dass sie aber nicht sah, weil er sich nicht nochmal umdrehte, sondern nun wirklich auf die Tür zusteuerte, "Ich möchte nochmal in die Heilkammer, schauen, wie es Jarvo geht und ob er vielleicht wach ist, damit ich mich noch verabschieden kann. Die Wahrscheinlichkeit ist jetzt höher, als morgen in der Früh, wenn hier alle ausschlafen. Und wer weiß, ob und wenn ja, wann ich wieder nach Tooshoo komme…“

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    General Avatar von Ryu Hayabusa
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    Also waren Tänze nichts anders als Schrittfolgen in einem Kampf. So simpel das Ganze war, so wenig hatte sich der Templer je bewusst gemacht, wie es vonstattenging. Freiya war eine gute, geduldige Lehrmeisterin gewesen, die mit der nötigen Geduld aber auch dem entsprechenden Nachdruck und Forderung das lehrte, was sie als so einfach und Ryu als so fremd kannte. In seinem Leben hatte er sich bisher nie wirklich mit den Künsten wie er sie sonst nur von Höfen oder Städtern kannte, befasst. Stets setzte er sich mit den Dingen auseinander, die er im Alltag, in der Praxis benötigte: Schwertkampf, Klettern, die Jagd und das Schmieden. Das Anschleichen an ahnungslose Beute und Opfer und das Zuschlagen aus den Schatten heraus. Hier und heute so... 'Frei' von Pflicht und Nutzen zu tanzen war... Anders. Nicht schlecht. Aber gut?

    Es war in erster Linie fremd gewesen. Vielleicht war es aber auch genau das, was ihn seit Jahren an den eigenen Wänden seiner Möglichkeiten kratzen ließ. Diese Engstirnigkeit und der Fokus auf das Bekannte. Natürlich waren das ewige Wiederholen, Ergänzen und Ausprobieren neuer Dinge und Abwandlungen in den gekannten Dingen wichtig und essenziell. Doch war das alles? Ein Schwertkämpfer würde niemals im Feld bestehen, wenn er nur gegen andere Schwertkämpfer antrat. Speere, Äxte, Flegel und all diese anderen Waffen existierten schließlich auch. Wenn man diesen Gedanken also ausweitete auf das Leben und all die Vielfalt und, eine Weile verblieb sein Blick auf Freiyas Augen, dessen Schönheit ausweitete... Dann lag es doch gar nicht so fern.

    Kämpfen. Kämpfen. Kämpfen. Das war sein Leben. Doch hier und heute daran erinnert zu werden, für welche Dinge er eigentlich kämpfte, gab ihm eine innere Ruhe und Zufriedenheit wie er sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Unter den Spuren ihrer warmen Berührungen und an seinen Händen auf den bandagierten Armen kam der Hüter nicht umher, einen kurzen Blick auf seine rechte Handfläche zu werfen und zu grinsen. Neben dem Gefühl innerer Ruhe trafen ihn da noch zwei Erkenntnisse. Zum einen war es die Antwort auf ihre Frage. Zum anderen die Bestätigung, wie straff der Hintern der roten Snapperin sich doch anfühlte! Ob sie damit Walnüsse knacken konnte? Eine Frage, die er wohl niemals stellen, ihn jedoch bis an sein Lebensende beschäftigen würde! Aber da brannte noch etwas anderes heiß an seinen Wangen: Jene Spuren, die ihre Finger in so sanfter Berührung hinterlassen und seine Augen unruhig hatten umherwandern lassen. Wann hatte er das letzte Mal eine derartige Zärtlichkeit auf seiner Haut gespürt? Bei Chala? Nein… das in der Kommandantur hatte sich mehr nach Begierde und Leidenschaft angefühlt. Nach dem Hunger der stets in den Augen der Südländerin zu erkennen war. Den sie nun offensichtlich mit Ornlu zu stillen vermochte. Aber so gab es wenigstens keinen Grund für Schuldgefühle oder Vorwürfe, sich in diesem los gelösten Moment einfach… Wohl und vertraut zu fühlen. Entrückt von all der Grobheit und Gewalt, die vor allem die letzten Tage bestimmt hatte. Es fühlte sich einfach gut an. Schließlich war er am Ende auch nur ein M… Ein Gedanke, den er nicht zu Ende denken wollte. Nicht hier. Nicht jetzt. Für diese eine Gelegenheit wollte er den Moment wirken lassen. Ob Mensch, Monster oder etwas ganz anderes.

    Allgemein, nun, da sie ihn fragte, was... Oder wie er sich fühlte, atmete er einmal tief durch, wobei sein, durch den Alkohol eher betäubtes Schmerzgefühl nur ein leichtes, dumpfes Pochen in seiner Rippengegend zuließ. Doch der Gedanke an gerade eben, als sie so in der Luft ‚schwebte‘ ließ ihn nicht los. Die Art, wie sie den Wechsel aus Wärme, Nachtluft und Sternenhimmel genoss war einfach… so besonders. Der Hayabusa beneidete seine Schülerin, nun auch Lehrerin um diese Ausstrahlung, die sie hatte. Sich fallen zu lassen im Moment und einfach nur das Leben mit ausgestreckten Armen willkommen zu heißen. Doch war es auch der Duft, der an ihr haftete und noch immer in der Nase Ryus verblieben war: das schläfrig süße Aroma der Honigkuchen, von denen wohl noch ein kleiner unscheinbarer Rest am unteren Saum ihrer Bluse hängen geblieben war, aber auch die rauchige Note der dunklen Marinade, in der der Schinken ihres vorherigen Mahls lange gelegen hatte verlieh ihr etwas gemächliches. Etwas Gemütliches… Wie das Gefühl nach einem langen Weg durch den Schnee in eine warme Stube einzukehren in der man sich sofort heimelig und geborgen fühlen konnte. Es war diese Mischung aus süßer Schwere, die den Templer schlussendlich sanft zum Lächeln brachte, als er über die Frage der roten Snapperin nachdachte. Wohl einen Ticken zu lange, als Freiya schließlich den Kopf etwas schief legte und ihr Lächeln breiter, die Augen aber auch durch jene Neugier größer wurden und dabei wundersam im Glanz von Laternen, Fackeln und Nachthimmel leuchteten. Fast schon übernatürlich.

    Nachdenklich aber nicht weniger ertappt und schmunzelnd, schob Ryu in der Suche nach den richtigen Worten seinen Unterkiefer hin und her, nickte dann jedoch. „Ich fühle mich…“, doch bevor er noch das Wort ‚zuhause‘ anfügen, sich die Blöße offen gelegter Gedanken geben konnte, ertönte das laute Quaken des aufgestiegenen, neuen Sumpfherren. Da war sie wieder… Die Pflicht.

    Gemeinsam, Ryu hatte Freiya unbewusst an der Hand genommen. Jedoch, als sie nahe genug waren, um Dzabba zu sehen und festzustellen, wie er zufrieden die Gaben genoss, die man herangeschafft hatte, hatte die rote Snapperin ihre Hand gelöst und sich eher hinter ihrem Tanzpartner, ja, fast schon versteckt. Offenbar war ihr heute so gar nicht nach Schleckermäulern und Warzen zumute. Für den Hüter verständlich, der jedoch kurz nach der Zufriedenheitsbekundung der großen Kröte selbst große Stielaugen bekam, als er einige der grün schimmernden Erzbrocken ins Auge und kurz darauf mit der Hand erfasste, die er ihnen als Geschenk gemacht hatte.

    Noch während Mertens auf den Karren sprang, an den sich der Hüter gelehnt und Dzabba zuvor mit wachsamen Augen bei seinem Verschwinden beobachtet hatte, ging dieser dann doch direkt einige Schritte nach vorne und beugte sich nach unten um einen der Brocken aufzuheben. Dabei ignorierte er die fragenden, teils unsicheren Blicke der anderen Waldvölkler die, zuteilen durch die wilde Jagd, nun wohl doch ein anderes Bild von ihrem Hauptmann hatten als noch davor. Warum auch nicht? Schließlich hatte er ihnen offenbart, was da eigentlich in ihm schlummerte. Dass er eigentlich eine Monstrosität war, gebändigt von einem menschlichen Käfig. Gemurmel drang an seine Ohren das er weitestgehend ignorierte. Jener Erzbrocken in seiner Hand war dafür viel zu faszinierend. Sorgsam und vorsichtig fuhr der Schmied mit dem Daumen über die Maserung des mysteriösen Schmiedeguts und eine seltsame Vertrautheit machte sich in seinem Geiste breit. Eine innere Ruhe, wie er sie ähnlich gespürt hatte durch die bitterer Pampe Onyx‘, nur weniger… Nun, bitter. „Aus den Tiefen der Tempel also…“, äußerte er nur und neigte dabei fasziniert das Haupt hin und her, während der Erzbrocken immer wieder abgewogen wurde. Ryu entwich ein vorfreudiges, fast schon hibbeliges Schmunzeln. Wie bei einem Jungen, der sich irrsinnig darauf freute, mit seinem neuen Spielzeug vor den Gleichaltrigen anzugeben. Dieses Erz würde sicher für eine ganze neue Reihe an Schmiedewerken herhalten! Ob Leyla davon geahnt hatte? Ob es ihr perfider Plan gewesen war, den Waffenschmied so lange von seiner Werkstatt fernzuhalten, bis sie im Besitz des Erz waren? Dieses Schlitzohr! Vorfreudig biss er sich auf die Unterlippe und zog die Mundwinkel in die Höhe, hielt jedoch inne, als sich ein Schatten über ihn legte. Gefolgt von einem missmutigen „Dann… gehst du jetzt wohl wieder an die Arbeit? Was wirst du Leyla sagen?“, seitens Freiya. Ein Blick über die eigene Schulter verriet, wie sie dastand. Die Schultern etwas hängend, die Rechte an ihrem linken Unterarm und wo vorhin noch die Freude am Fest in ihren Augen stand, war diese einer seltsamen Mischung aus Akzeptanz, Verständnis aber auch Bedauern gewichen. Einen Augenblick verharrte der Hüter so wie er war. Auf ein Bein kniend, dabei die rote Snapperin im Blick. Tapfere Freiya. Egal ob im Kampf oder… Eben jetzt… Ryu schloss die Augen und atmete tief durch. Dann stand er auf und wandte sich nun ganz zu ihr. Kurz blickte er auf den Erzbrocken, dann in Freiyas Seelenspiegel. Als wöge er ab, welches Grün denn nun das dominantere, faszinierendere gewesen war.

    „Weißt du… Wettschulden…“, langsam schob er den Erzbrocken in die Tiefen seiner Jacke, ging dann auf den Rotschopf zu und reichte ihr die Rechte, die zuvor noch das Erz gehalten hatte „… sind Ehrenschulden. Und wenn du heute schon einen Rock trägst, sollte ich das auch mit gebührendem Respekt und Wertschätzung bedenken. Steht dir, ganz nebenbei, wirklich ausgezeichnet... Außerdem stehen…“, er drehte die Hand nach oben, zeigte dabei alle Finger in die Höhe außer seinen Daumen und grinste. „… genau vier Dinge zwischen der Schmiede und mir: Erstens – Eine junge Dame, die mir noch einmal das mit der Drehung zeigen sollte. Ich glaube, das muss ich nochmal sehen. Zweitens – Wollte ich dir und Griffin später noch etwas zeigen… oben, auf der Baumkrone. Drittens – Mit leerem Magen schmiedet es sich echt beschissen… Und Viertens – Leyla ist Heilerin. Das heißt, sie weiß genauso gut wie man Knochen brechen kann… Und es hüte sich, wer die Frauen von Tooshoo erzürnt! Also…“, er war zu dem Wagen gegangen, auf dem auch noch einige Blumen zur Dekoration platziert waren, zog sich dabei eine Fliederblüte heraus und ging dann zu Freiya hin, ihr jenen Flieder reichend. „Darf ich um diesen Tanz bitten?“
    Geändert von Ryu Hayabusa (28.05.2024 um 19:50 Uhr)

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    King Kong Avatar von Griffin
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    Griffin ist offline
    »Sie hat Recht, weißt du?«
    Vorsichtig legte er seine Hand auf den kleinen Kopf des weißhaarigen Mädchens, die vor Schreck kurz zusammenzuckte. Er schaute nicht zu ihr herab, sondern gemeinsam mit ihr auf die kleine Hütte, in der vermutlich Nerea auf Zarra wartete und damit der Grund war, wieso die junge Frau regungslos auf den Stegen Stand.
    »Enya, meine ich.« Das Grinsen auf seinen Zügen war in den gesprochen Worten deutlich zu entnehmen. Genauso wie Zarra die Schamesröte, die sich blitzschnell in ihrem Gesicht ausbreitete, bis auf die Kopfhaut zu spüren war. Sie glühte förmlich.
    »Du kannst verdammt gut singen.«, fügte er breit lächelnd an.

    Für eine Weile blieben die beiden noch so da stehen. Der große Südländer mit seiner Pranke auf dem Kopf des weißhaarigen Mädchens, das beinahe reglos vermutlich an dem Versuch scheiterte, im Boden zu versinken. Dann aber verschränkte Griffin die Hände hinter dem Kopf und blickte in den Nachthimmel. Oder zumindest in die Teile davon, die durch das dichte Blätterdach so nah an Tooshoo überhaupt sichtbar waren.
    »Wenn du willst«, setzte er nach einiger Zeit an. »packen wir unsere Sachen. Ich habe gehört, Stewark sei ein schönes Städtchen. Von da nehmen wir das nächste Schiff nach Khorinis oder wir fahren so weit nach Süden, bis uns niemand mehr versteht.« Ein nachdenkliches Brummen entfuhr ihm. »Du müsstest vermutlich einen anderen Namen annehmen. Und die Haare färben Aber dann findet uns deine Oma nie.« Er lachte leise. »Zumindest hoffe ich das. Sonst kriege ich auch noch Ärger.«
    Zarra kicherte vorsichtig. Ob es die Vorstellung war, wie die hutzelige Nerea Griffin zur Schnecke machte oder ob eine andere Vorstellung sie lachen ließ, vermochte der ehemalige Hüter nicht zu sagen. Aber es fühlte sich an, als habe eine ganze Blumenwiese in seinem inneren gleichzeitig zu blühen begonnen, als er das Kichern des jungen Mädchens vernahm.

    »Wir könnten auch alles Ornlu in die Schuhe schieben.«, sinnierte er nachdenklich. »Der ist für seinen schlechten Einfluss bekannt. Wir sagen einfach, er hat dich verzaubert, erpresst oder gezwungen. Vielleicht auch alles zusammen.« Einen kurzen Augenblick hielt er inne. Die Vorstellung, wie die alte Nerea den Jadewolf zur Schnecke machte war in der Tat durchaus verlockend. Verdient hatte er es alle Male. Irgendwas hatte dieser Kerl schließlich immer angestellt.
    »Oder du gehst da rein.«, schloss er kurz. »Holst dir den Ärger deines Lebens ab und wir hoffen, dass sie deinen Kopf dran lässt.«
    Einen Augenblick lang hielt er inne, dann beugte er sich zu Zarra herunter. »Wenn du willst, komme ich mit rein.«, bot er an.

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    Provinzheld Avatar von Zarra
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    Zarra ist offline
    Wie aus dem Nichts legte sich Griffins große Pranke auf ihren Kopf, begleitet von seinen leisen Worten. Erschrocken zuckte Zarra zusammen, schaute sich um, sah seine schemenhafte Gestalt auf dem von der Dunkelheit der Nacht umspülten Steg, wie er dich hinter ihr stand. Sie spürte seine Wärme, die sich von seinen Fingern durch ihren Körper ausbreitete. Sein Gesicht lag im Schatten und doch sah sie seine Zähne blitzen, als er lächelte. Wieder wurde sie rot, wurde sich bewusst, was zuvor auf dem Festplatz geschehen war.
    Doch seine Komplimente, mit denen er ihren Gesang lobte, und die Aussicht darauf dem wütenden Sturm, der in der Hütte auf sie wartete, zu entgehen, wenn sie nur einwilligte, mit ihm fortging, ließen ihr Herz wieder anschwellen, sodass sie sich sicher war, dass jeder Schlag durch ihre Brust sichtbar war. Doch was dann? Was gab es im Süden für sie, außer endloses Meer und einige Inseln? Dabei fiel ihr die dunkle Haut des liebevollen Riesens auf. War er gar von einem dieser Orte, die jenseits der bekannten Welt lagen? Wie würde sie selbst mit dunklem Haar aussehen? Konnte sie ihre auffälligen Augen auch irgendwie verbergen? Gab es Pflanzen oder gar Insekten, mit denen ein solches Ziel erreicht werden konnte? Eine Verwandlung? Ja! Sie musste bloß lernen, wie sie sich verwandeln konnte so wie Ornlu! Dann würde sie als Libelle auf Griffins Schulter sitzen und sie könnten reisen, wohin auch immer sie wollten. Sie musste kichern, ein Lächeln blieb auf ihren Lippen, als er mit seiner humorvollen Art die Geschichte weiterspann.

    „Ornlu war es, der mir den Traumruf gab“, wisperte sie schließlich in die Nacht, „Aber meine Hand leerte den Beutel in die Bowle und ich war es, die Thanan die Hälfte der letzten Blüte abgab. Er wollte es erst nicht“, gab sie zu, wobei ihre Stimme etwas zu zittern begann.
    „Ich…wollte nur wie die andern sein. Ausgelassen Feiern und Spaß an Beltane haben. Es war das erste Jahr, wo mich Oma nicht an ihre Seite gezwungen hatte. Das erste Jahr, wo ich selbst entscheiden konnte.“
    Sie machte bewusst einen Schritt zurück, sodass sie sich an Griffin lehnen konnte, ihre Hand suchte die seine auf ihrem Haupt.
    „Sie ist sonst nicht so. In letzter Zeit mache ich ihr jedoch viele Probleme“, vermutete sie und ihre Worte schienen einen Damm in ihr selbst gebrochen zu haben, „Sie war stets gut zu mir, brachte mir bei mit Kräutern und Insekten umzugehen, sie zu erkennen und schätzen zu lernen. Dank ihr hatte ich das Bergmehl bei mir, als du mich vor dem Riesentausendfuß gerettet hast, zusammen mit den anderen. Ohne sie wäre ich allein gewesen, mein ganzes Leben lang.“
    Sie wurde wieder still, konzentrierte sich auf die gleichmäßige Atmung Griffins, dessen Bauch sich sanft hob und senkte.

    „Entschuldige…“, flüsterte sie schließlich, „Der Traumruf spricht aus mir.“
    Sie wollte sich lösen, doch sein freier Arm legte sich um sie, hielt sie an sich gedrückt.
    „Was…?“
    Er sagte nichts, drückte sie nur an sich. Zarra lauschte dem beruhigenden Klang seines Herzens, während ihr Kopf an seiner Brust lehnte. Langsam löste er seine Arme, griff nach ihrer Hand.
    „Komm, wir sprechen mit Nerea“, meinte er mit ruhiger Stimme und zog sie mit sich zur Hütte, klopfte an den hölzernen Rahmen, dem noch immer ein Vorhang als Tür diente und trat ein.
    „Guten Abend Nerea, wie geht es dem Jungen“, waren seine ersten Worte.
    Sein breiter Körper verbarg Zarra vor ihrer Großmutter und nahm auch ihr die Sicht auf das Innere.
    „Griffin? Thanan geht es gut. Ich habe ihm Baldrian und jede Menge zu trinken gegeben. Er schläft“, hörte sie die Stimme ihrer Oma antworten, die sehr müde klang.
    „Das ist gut. Zarra kam zu mir. Sie bereut sehr, was geschehen ist.“
    „Wo ist sie?“, fragte die Kräuterfrau, ein Hauch Ungeduld färbte ihre Stimme.
    „Ich habe mit ihr gesprochen. Sei nicht zu hart zu ihr. Wir alle waren mal jung“, bat Griffin und trat dann zur Seite, ließ den erhellenden Kerzenschein auf die kleine Frau fallen.

    „Es tut mir schrecklich leid, Oma. Ich war dumm und es wird nicht wieder passieren“, entschuldigte sie sich mit gequältem Gesichtsausdruck.
    Ihre Finger zuckten, wollten nach Griffin greifen, der ihr beistand. Nerea seufzte schwer, legte ein Tuch zur Seite, mit welchem sie eben noch ihre Hände getrocknet zu haben schien.
    „Ich habe heute keine Kraft mehr mit dir zu streiten, Liebes. Der Traumruf zeigt ohnehin noch seine Wirkung, wenn ich mir deine Augen so ansehe.“
    Sie wandte sich an den Südländer, der den erstaunlich milden Verlauf der Wetterfront mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete.
    „Danke, dass du sie hergebracht hast. Ich schulde dir etwas. Aber es wird Zeit, dass Beltane vorübergeht.“
    Ein Rauswurf, wie er ihrer Großmutter ähnlich war.
    „Ich verstehe“, meinte Griffin und wandte sich um, „Gute Nacht die Damen“, verabschiedete er sich und lächelte sanft.
    „Griffin…“, flüsterte Zarra und wollte wieder nach ihm greifen, aber er war schon durch den Türrahmen.
    Nerea schaute sie skeptisch an, schüttelte nur kurz mit dem Kopf und wandte sich dann ab. Die Gedanken der jungen Frau rasten, Bilder und Worte mischten sich, trieben sie an, warnten sie, ermutigten sie.

    „Griffin!“, rief sie ihm nach, nachdem sie aus der Hütte geeilt war.
    Er war bereits ein gutes Stück den Steg entlang gegangen, drehte sich jedoch noch einmal zu ihr um. Mit schnellen Schritten lief sie auf ihn zu, wollte sich ihm wieder in die schützenden Arme werfen. Doch stattdessen griff sie seinen Händen, zog ihn zu sich herab und küsste ihn auf die Stirn, wobei sie sich auf ihre Zehenspitzen stellen musste.
    „Danke für alles. Lass uns morgen sprechen, ja?“, bat sie, lächelte ihn an wie die ersten Strahlen des aufgehenden Mondes und ließ ihn dann los.
    Er nickte, sichtlich verwirrt, aber mit funkelnden Augen, ehe sie einander eine gute Nacht wünschten.
    Geändert von Zarra (29.05.2024 um 23:03 Uhr)

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    Waschweiber-Verführer Avatar von Ornlu
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    Müde, sehr müde regte sich der Körper von Ornlu, als er aus seinem Schlaf erwachte. Er wusste nicht um die Tageszeit und auch nicht, ob heute irgendwelche Termine anstanden.
    Was er wusste, war dass er eine wunderbare Nacht hatte und einen herrlichen Ausblick nun genießen konnte. Sie lag da seitlich an ihm. Stützte den Kopf an seine Schulter und war spärlich zugedeckt. Eine Brust lag an seinem Oberkörper und ein Bein umschlang das seine, während er eine Hand an ihrem Hintern hatte und sie sanft an sich drückte.
    Sie regte sich ganz langsam, hob leicht den Kopf und legte ihn wieder ab. Minuten vergingen, bevor ihre Hand langsam an Ornlus Oberkörper entlang der Narbe tastete und dann zur Decke an der Hüfte fuhr, sie kurz anhob und mindestens eine Sekunde zu lang sie oben ließ, als dass man hätte sagen können - dass ihr nicht gefiel was sie da sah.
    “Guten Morgen…”, sagte er verschlafen und strich ihr mit der Hand am Rücken entlang. Sie hob den Kopf, musterte ihn ganz seltsam, als würde sie gerade versuchen zu erklären, wer er war und wie sie hier nackt gelandet ist. Sie drückte sich ab und betrachtete Ornlu von Kopf bis Fuss, dann wieder hoch und dann zog sie die Decke weg, um noch einmal sicher zu gehen, dass er so nackt wie sie selbst war. Doch so wie sie ihn anblickte, blickte er auch zurück.

    “Dieser Anblick...ich kriege von dir nicht genug, Naurothiel.”, wisperte er und erhob sich auch mit dem Oberkörper. Er strich ihr sanft über den Arm, fuhr ganz leicht mit den Fingern entlang ihrer Brust und hielt sie dann an ihrer Taille, während er sich ihr näherte und mit einer gewissen Gier, aber auch einer sanften Leidenschaft - die passend zum Morgen war - küsste. Seine tierischen Augen blickten in ihre Augen und sanft war sein Lächeln. Er war gewiss keine sechzehn mehr, aber immer noch besoffen von Lust, Leidenschaft, Gier und der Ekstase einer wirklich langen Nacht, in der sie sich wie solch junge Leute ausgetobt hatten.
    Sie beide rochen nach der körperlichen Vereinigung, Schweiß, Sumpfkraut, Wein und irgendwie klebten sie beide ein wenig dank einer oder mehr zermatschter Erdbeeren, die im Eifer des sinnlichen Gefechts zu Schaden kamen.
    “Alles in Ordnung?”

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    Burgherrin Avatar von Freiya
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    Beltane

    Vielleicht sollte sie Jadewolf doch für seinen infantilen Streich danken. Nie im Leben hätte Freiya ihre Gedanken laut ausgesprochen, hätte das Zeug in der Bowle nicht ihre Zunge gelockert. Aber was hatte es ihr gebracht, dass sie einfach mal gesagt hatte, was sie gedacht hatte? Dass sie nicht geschwiegen hatte, sondern ihren Gedanken Ausdruck gegeben hatte?
    Belohnt wurde sie. Und wie!
    Gerade hatte sie sich noch gefragt, ob sie noch ganz bei Trost gewesen war, Ryus Hand loszulassen, nur weil die große Kröte mal wieder mit ihrer Zunge warf! Und nun das … Mit großen Augen blickte sie auf den Flieder und dann zu Ryu, dann wieder auf den Flieder. Sie fühlte eine Wärme in ihren Wangen aufsteigen und ihr entwich ein zunächst schüchternes dann strahlendes Lächeln. Sie nahm den Flieder und befestigte ihn an ihrem Kranz. Als sie das Blumengebinde wieder aufgesetzt hatte, machte sie einen Schritt auf Ryu zu und sprach:
    „Danke für … das Kompliment … Ich hatte ja eigentlich fest daran geglaubt, dass du das mit der Wette vergessen hattest bei all den Sachen, die passiert sind.“
    Sie hatte immer noch ein feines Lächeln auf den Lippen, als sie ihre rechte Hand auf seine Schulter legte und die Fersen leicht anhob, um auf die Zehenspitzen zu kommen. Dann hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange und verharrte kurz ganz nah bei seinen Augen. Da spielten die Barden wieder auf. Sie ließ Hand und Fersen wieder sinken.
    „Wie wäre es erst noch mit einer Stärkung? Mit leerem Magen schmiedet es sich nicht gut, sagst du, aber es tanzt und lernt sich auch ganz schlecht, sag ich“, meinte sie spitzbübisch mit einem Funkeln in den Augen. Sie selbst hatte Durst und musste dringend etwas trinken. Aber vielleicht doch lieber nicht mehr von der Bowle … Dass er wirklich da blieb und dann auch noch mit ihr tanzen wollte! Freiya freute sich wie eine kleine Schneekönigin.

    Während Ryu sich an den Tisch zu seinem Essen gesetzt hatte, war Freiya zu Vareesa gegangen, um einen Krug Wasser zu holen.
    „Oh, du bist ja noch wach?“, begrüßte die Bognerin die Rothaarige. „Ich hatte schon Angst, dass es dich früher in die Felle zieht, so nachdenklich wie du geschaut hast. Ich hoffe, alles ist in Ordnung?“
    Freiya nahm den Krug entgegen und blickte Vareesa an. Dann fiel ihr ein, was sie meinte.
    „Ja! Ja … “, erwiderte sie und hielt inne. Sie blickte auf den Krug und dann zu der Frau mit den eisblauen Augen. „Weißt du“, sprach sie, „ich tendiere dazu, die Dinge zu zerdenken. Aber … Ronja und Ambrose haben mich wieder etwas grade gerückt. Naja, und Jadewolf, wahrscheinlich ...“
    Sie lächelte die Handwerkerin an, von deren Begabung Ronja immerzu schwärmte. Vareesa indessen schien verstehend zu nicken. Dann reckte die Frau mit den grünen Haarspitzen das Kinn.
    „Und, ist er … artig?“, fragte sie. Freiya drehte sich um, nur um zu sehen, dass Vareesa auf Ryu gedeutet hatte. Sie lächelte amüsiert:
    „Ja, das ist er.“
    „Denkst du … es geht ihm gut?“, fragte Vareesa nachdenklich.
    Freiyas Blick wanderte von Vareesa zurück zu Ryu.
    „Das … wünsche ich ihm.“
    Schließlich aber fanden ihre Augen wieder zu der Frau mit dem schönen Kranz auf dem Haupt.
    „Wir alle brauchen unsere Zeit zum Heilen von dem, was geschehen ist“, sagte sie. Dann schenkte sie Vareesa noch einmal ein warmes Lächeln, bevor sie sich wieder zu Ryu an den Tisch begab.

    Als sie sich gesetzt hatte, fiel ihr Blick auf ein Pärchen, das etwas abseits stand. Es waren Ronja und Ambrose. Dass die beiden überhaupt noch da waren, grenzte an ein Wunder. Freiya hätte erwartet, dass Ronja ungeduldiger wäre. Allerdings … Freiya schmunzelte. Die beiden waren in einem leidenschaftlichen Kuss versunken. Ambrose‘ Hand strich über Ronjas Brust, die andere Hand war nicht zu sehen. Als hätte Ronja geahnt, dass sie beobachtet wurde, löste sie sich und nahm seine Hand. Sie drehte sich um, linste kurz grinsend zu Freiya rüber und dann verschwand sie mit ihrer Eroberung im Dunkeln. Sie hatte es also geschafft. Die Rote Snapperin goss sich etwas Wasser ein und stieß in Gedanken auf ihre Freundin an, die wahrscheinlich empört gewesen wäre, dass Freiya Wasser dazu nahm. Da drang Gesang an ihre Ohren und sie blickte zu den Barden, weil ihr etwas aufgefallen war. Da war eine neue Stimme. Und sie staunte nicht schlecht! Zarra war da bei den Barden und sang mit! Schweigend lauschten die Rote Snapperin und der Hauptmann der Musik. Freiya war erstaunt, was für eine schöne Stimme die junge Frau doch hatte und wie gut sie sich mit Enya ergänzte. Aber nach einem Lied verabschiedete Zarra sich bereits und verschwand ebenfalls im Dunkeln. Das war wahrscheinlich genug Aufmerksamkeit gewesen für das sonst so schüchterne Mädchen.

    Freiya ließ ihren Blick schweifen, sah das Feuer, das nicht mehr ganz so hoch brannte und die Gespräche, die langsam leiser wurden, während die meisten Blicke glasig waren und viele Schritte unter einem Schwanken getan wurden. Trotzdem sog sie weiterhin alles auf, die Musik, die vielen Gerüche, die Stimmen, das Lachen und das Klirren der Krüge, wenn sie aneinander stießen. Sie atmete tief durch. Dann sah sie zu Ryu, der ihr Schweigen einfach ebenso mit Stille hingenommen hatte. Sie mussten nicht reden, wenn es nichts zu reden gab. Eine Tatsache, die die Rothaarige sehr schätzte. Und selbst das stille Nebeneinandersitzen erfüllte sie mit Ruhe und Wärme.
    Neugierig lugte sie auf sein Essen, er hatte nur noch den Honigkuchen übrig.
    „Den ganzen Kuchen kannst du doch unmöglich alleine vernichten?! Ich denke, ich sollte dir helfen!“, stellte sie fest. „Griffin ist schließlich nicht da.“
    Wo war ihr bärtiger Freund eigentlich geblieben? Vorhin hatte sie ihn noch beim Tanzen gesehen. Na, das war ja überhaupt auch so ein Ding! Erst nicht tanzen wollen und dann war er gar nicht mehr da weg zu bekommen! Aber Freiya hatte auch den Grund erkannt: eine junge Frau mit weißem Haar. Erst Maris‘ Tochter und dann Zarra, Griffin schien beliebt bei den jungen Damen!
    Ryu riss sie aus ihren Gedanken:
    „Dass du mich nach den letzten Tagen immer noch so unterschätzt, ist ja schon fast beleidigend. Na schön, sieh es als Dankeschön für die Tanzstunde“, erwiderte der Hauptmann und in seinem sonst so lauernden Blick lag ein Lächeln. Freiya griff nach einem Stück und heftete ihren Blick wieder an seine Augen.
    „Du meinst, als Entschuldigung für die Male, die du mir auf die Füße getreten bist“, kicherte sie und brachte das Stück Kuchen schnell in Sicherheit, bevor er es sich anders überlegen konnte. Sie machte einen Bissen, kaute genießerisch und schluckte herunter. „Du weißt ja nicht, was dir noch blüht als Revanche für meine Ausbildung bei dir! Du hast mir auf den Po gehauen mit diesem … Bambusding! Ich musste rennen und klettern und mich fallen lassen! Und wie eine Echse … herum … echsen!“
    Sie biss erneut von dem köstlichen Kuchen ab und als sie heruntergeschluckt hatte, wurde sie ernst.
    „Ich hatte noch gar nicht die Möglichkeit, mich bei dir dafür zu bedanken, also, für alles, was du mir gezeigt hast. Und für dein Vertrauen, ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Also, danke, Ryu“, sagte sie und, wieder von einem aufkommenden Moment Leichtigkeit erfasst, aber auch ernsthafter Dankbarkeit und Verbundenheit, legte sie ihre Hand auf seine. Seine Haut war wärmer als ihre, aber auch rauer, und trotzdem fühlte es sich angenehm an. Für ein paar Augenblicke streichelte sie nachdenklich mit den Fingern über seine und wurde dann dessen gewahr, was sie eigentlich tat. Verlegen hielt sie inne, Ryu war rücksichtsvoll genug in diesem Moment, um nichts zu sagen.
    „Also … gut, dann lass uns zur Tat schreiten, Herr Schüler!“, sprach Freiya dann freudig. Sie musste sich bewegen, sonst würde sie ihn noch anstarren oder mehr Kuchen wegessen oder ihn weiter berühren oder alles zusammen.

    Freiya dachte gerade darüber nach, was sie Ryu wohl zeigen wollte. Eigentlich wäre er perfekt für eine schnelle Runde ums Feuer, doch die Barden spielten etwas Langsameres auf mit Laute und Geige und dem samtenen Gesang von Fynn und Enya. Hm, gut, dann eben etwas Langsameres, überlegte die frisch gekürte Tanzlehrerin mit den roten Haaren.
    „Also, an was erinnerst du dich?“, sagte sie, stellte sich wieder seitlich zu ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter, so wie schon beim Tanz zuvor.
    „Dass, wenn ich dir auf die Füße trete, ich noch mehr Kuchen abgeben muss“, antwortete Ryu. Freiya lachte leise und nickte.
    „Eine sehr wichtige Lektion, die du da verinnerlich hast!“
    Dann begann sie sich langsam zu bewegen, so dass sie wieder langsam im Kreis schritten. Sie zeigte ihm, wie man mit ein paar einfachen Bewegungen auseinander gehen konnte und wieder zusammen, wie die Füße dabei zu schreiten hatten und lachte, wenn er sie mit leichter Verzweiflung ansah, wenn sie ihn aufforderte, nicht auf die Füße zu schauen.
    Sie fühlte sich so leicht in diesem Augenblick. Nach allem, was geschehen war, nach all der Sorge die letzten Tage um ihn, war er hier und lebendig! Sie war so froh, dass es ihm wieder gut ging. Und dass sie sogar eine weitere Seite von ihm kennen lernen durfte. Wieder ein Mosaiksteinchen in dem großen Bildnis, das sich in ihrem Kopf bildete. So viele Facetten, wieder kam sie zu der Erkenntnis, dass er ganz anders war, als sie es erwartet hatte.
    Wenn er dann noch eines seiner seltenen Lächeln zeigte, dann war das schon etwas sehr Besonderes.

    „Wenn du den Arm so hochnimmst, kann ich mich drehen“, sagte Freiya dann und führte seine Linke nach oben, woraufhin sie sich unten drunter drehte.
    „Genau so”, entfuhr es ihr und sie lächelte, doch hatte ihre Drehung sie ihm auf einmal so nah gebracht. Sie spürte seine Hand auf ihrem Rücken, wo er sie hielt – was für ein angenehmes Gefühl. Seine andere Hand ließ ihre nicht los, er schien zu verharren und sie blieb ihm nah. Ein rosiger Hauch legte sich über Freiyas Wangen ob dieser Nähe. Sie konnte im Licht des Feuers jedes Detail in seinem Gesicht erkennen und wieder war sie seinen faszinierenden Augen so nah und atmete seinen Duft ein. Sie betrachtete sein Gesicht, hob ihre freie Hand und strich ihm sanft eine Haarsträhne von der Stirn. Ihre Finger blieben auf seiner Haut, fuhren seine Schläfe hinab, seine Wange entlang und verweilten zögerlich, bis sie ganz langsam über seine Lippen strich, die sich ganz samtig anfühlten. Ihr Blick wanderte auf und ab zwischen ihren Fingerspitzen und seinen Augen. Ein Gedanke, eine Frage schoss ihr durch den Kopf und das Gefühl als wäre eine ganzer Hummelschwarm in ihrem Körper wollte sie gerade durchfluten – als eine Naturgewalt von der Seite über sie beide kam und sie durchschüttelte.
    „Kinders!“, rief Griffin im Überschwang, die Arme um beide gelegt und sie in einer schraubstockartigen Umarmung haltend. „Ich wurde gerade von einem Schmetterling geküsst.“
    „Was du nicht sagst, alter Mann!“, kam es von Ryu zerknautscht unter Griffins Arm hervor.
    „Luft!“, keuchte Freiya, der einerseits der Schreck in den Gliedern steckte und die anderseits wirklich kaum atmen konnte. Ihr Kranz war ihr im Eifer des Gefechtes vom Kopf auf die Augen gerutscht. Griffin ließ sie los, er strahlte, während die Rothaarige nach Luft rang.
    „Also, ein Schmetterling hat dich geküsst?“, sagte sie schließlich, als sie wieder einigermaßen sprechen konnte und ihren Kranz richtete.
    „Ja, auf die Wange! Und auf die Stirn!“
    Er wirkte beseelt und glücklich. Freiya, der immer noch der Moment mit Ryu nachhing, lächelte mit ein wenig Wehmut, gönnte dem Bärtigen jedoch alles Glück, das er empfand.
    „Ah, Zarra!“, sagte sie schließlich, als es ihr dämmerte. Griffin grinste und es war schon irgendwie sehr niedlich, wenn gleich er sie hatte so heftig aus ihrem eigenen zauberhaften Moment gerissen. Mochte der Kuss des Schmetterlings Griffin bis an den Himmel tragen …
    Die Rothaarige wagte es erst gar nicht, zu Ryu zu blicken, doch dann suchte ihr Blick nach seinem. Für einen Wimpernschlag sahen sie sich an und dann entfuhr ihr ein Kichern ob der Absurdität des Moments. Ryu kratzte sich am Kopf und sagte schließlich:
    „Tja … nun … Kommt mal mit, ich will euch etwas zeigen.“

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