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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #47
“Saubere Arbeit…”, urteilte der Druide und besah sich den Toten mit dem kaputten Schädel. Ein Stab mochte nicht gefährlich wirken, aber alles was eine Wassermelone mit Wucht zerstören konnte, konnte auch einen Schädel zerstören. So einfach war das. Deswegen trugen Krieger einen Helm. Es war die Lebensversicherung schlechthin.
Der andere hingegen war noch am Leben. Kaputte Hand, kaputte Nase die immer noch blutete. Angeschwollene Gesichtspartie und schon blau werdende Blutergüße. Ein Stich ins Gesicht. Stumpf und mit viel Wirkung. Es konnte so simpel sein, wenn man gut traf und das konnte man bei Berash erwarten. Mit einem Schwert hätte er wohl auch ordentlich zugeschlagen. Mit Zweien womöglich noch mehr, aber wäre er so gut aus dem Kampf heraus gekommen? Das war immer die Frage für den Druiden. Natürlich war er kein Ryu Hayabusa oder Griffin zu seiner besten Zeit, aber in manchen Situationen war es wohl einfacher mit dem Stab auszuteilen, als mit dem Schwert zu richten.
“Und der andere ist weg gerannt? - Hmm, nicht gut. Oder vielleicht doch? Die Frage ist ob er zu Ravix rennt oder sich vor Angst einfach versteckt, wenn du verstehst was ich meine. Es ist ja nicht so, dass das keine Menschen sind. Im Kopf zu haben, dass da zwei Weggefährten oder Freunde tot sind, macht was mit einem. Vielleicht ist er sogar noch in der Nähe, wenn der da ihm was bedeutet? Oder er hat einfach Angst und will mit dem ganzen Scheiß nichts mehr zu tun haben.”, sagte der Jäger und blickte den doch leidenden Kerl an. In seiner Haut wollte er nicht stecken und auch nicht die Schmerzen gerade haben.
“Margarita wird wohl bald auftauchen. Vielleicht kann sie heilen? Wie wäre es? Heilung und dein Leben für ein paar Wahrheiten, hmm?”, sagte Ornlu, doch der Kerl stöhnte nur vor Schmerz.
“Ich habe leider nichts gefunden. Auch nicht mit meinen besonderen Sinnen. Ich will aber später was versuchen, falls Margarita auch nichts gefunden hat. - Ha! Wenn man von Beliar spricht…”, sagte er und deutete auf die Wassermagierin, die da mit doch schnellen Schritten zu ihnen eilte. Dann blickte sie sich erst den Toten an und dann den Verletzten. Dann Ornlu und Berash.
“Bewahre! Sie haben zu dritt Berash angegriffen. Einer ist entkommen. Ravix Knechte. Kennst du sie? Sind sie von hier?”, fragte der Druide direkt.
Margarita schaute noch einmal hin und schüttelte den Kopf.
“Ihr seid wohl aus Stewark? Frühere Setarrifer?”, fragte sie bestimmt den Verletzten. Der nickte nur und fürchtete wohl die Wassermagierin.
“Wer begräbt den Mann da?”, fragte sie. Ornlu zuckte mit den Schultern und zeigte auf den Verletzten.
Margarita schüttelte den Kopf und begann dann Magie zu wirken. Ornlu sah gleich was ihr Ziel war.
Sie hob ein wenig zu dramatisch die Arme und sorgte dazu, dass der Tote vom Uferboden verschlungen wurde.
“Faszinierend.”, kommentierte Ornlu und dachte sich, dass es ganz nützlich wäre, jemanden bis zum Hals verschlucken zu lassen.
“Kannst du diesen Köter von Ravix heilen?”, fragte Ornlu und wusste nicht ob Margarita sie verurteilte oder es feierte. Oder wassernagisch neutral blieb.
“Du da! Du hast die Wahl. Leben oder Tod?”, fragte der Jäger und blickte zu Berash. Dann kurz zu Margarita. Sie verstand wohl.
‘Er ist dein Gefangener. Es obliegt dir die Fragen zu stellen.”
Geändert von Ornlu (31.05.2025 um 08:06 Uhr)
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"Ist ja nicht so, als wäre ich eventuell etwas beschäftigt gewesen..." grummelte Berash auf den Einwurf des Druiden. Ja, einer war entkommen. Das passierte nun mal. Dafür hatte aber auch einer überlebt, also hielt sich das in der Waage, befand der Assassine. Und das würde doch bestimmt der Wassermagierin gefallen, Gleichgewicht und so.
Berash versorgte den Schnitt an seinem Arm und unterdrückte ein Fluchen. Das würde eine Narbe hinterlassen, so viel stand fest. Und sein Mantel erst... Vielleicht hätte er doch lieber wieder auf robustere Kleidung umsteigen sollen.
Zumindest etwas stabileres wäre sicher nicht verkehrt, seufzte er innerlich.
Nachdem er den Schnitt grobflächig gereinigt und verbunden hatte (und dabei wieder über das schmerzhafte Brennen fluchte), wandte er sich nun dem stöhnenden Etwas zu, dass ihnen zu Füßen lag.
"Meiner, hm?" kommentierte der Assassine trocken, bevor er seufzte und sich auf ein Knie herab lies um besser mit dem Gefangenen sprechen zu können. Die Schwellung in dessen Gesicht wurde von Minute zu Minute dicker, während der Blutfluss aus der gebrochenen Nase langsam versiegte. Doch noch immer schniefte und spuckte der Schläger zwischen den Schmerzlauten und versuchte dem ganzen Herr zu werden. Sein nicht zugeschwollenes Auge (überraschend Grün, wie Berash feststellte) sprühte förmlich vor Wut, als es den Assassinen fokussierte.
Berash lies ein kurzes Lächeln aufblitzen, bevor seine Miene wieder Kühl und gelassen wurde.
"Ach bitte, nun schau mich doch nicht so böse an, ja? Was hast du denn erwartet, ihr habt mich angegriffen und versucht umzubringen. Sei doch froh darüber, dass du noch lebst. Wobei der Schwerpunkt der Aussage auf noch liegt, versteht sich."
Der geschlagene Bandit versuchte Berash anzuspucken, doch der blutige Speichel kam nicht weit und lief stattdessen am Kinn herunter. Aufjaulend lies er den Kopf wieder nach hinten fallen.
Der Assassine tippte dem Mann kräftig auf die gebrochene Nase, was weitere Schmerzlaute hervor rief.
"Mach das bitte nicht noch einmal, ja? Ich möchte das nicht." Berash nickte nachdrücklich.
"Also, wir machen das einfach: Ich frage, du antwortest. Lüg mich an und du wirst es bereuen, ich merke sowas sofort."
Wieder wurde der Assassine wütend angefunkelt, während der Bandit eine Antwort fauchte.
"Ich verrat dir gar nix, Penner!" nuschelte er zwischen den aufgeplatzten Lippen hervor und versuchte sich aufzurichten. Berash drückte ihn kommentarlos wieder zu Boden und seufzte.
"Ich möchte dir eine kurze Geschichte erzählen, okay? Und dann überlegst du dir es vielleicht noch einmal ob du weiter den starken, schweigsamen Krieger spielen möchtest, welcher geschlagen am Boden liegt, aber zu stur um aufzugeben. Also pass auf:
Ich komme aus Varant, einem großen Wüstenreich und gehörte sehr lange einer Gemeinschaft an, die sich Assassinen nannte. Vielleicht hast du ja von ihnen gehört? Nun, diese Gemeinschaft bestand aus wirklich großartigen Kriegern und Attentätern, hervorragenden Meuchelmördern und noch vieles mehr."
Verwirrung zeigte sich im Gesicht des Banditen, doch Berash fuhr fort:
"Die Assassinen waren dafür bekannt Grausam und unerbittlich zu sein. Wen wir tot sehen wollten, der wurde am Ende auch zu Beliar geschickt. Und wir kannten wirklich viele Wege. Und manchmal brauchten wir Informationen über unsere Ziele, an die wir nicht so einfach rankamen. Dabei haben wir dann natürlich auch mal gerne auf Folter zurück gegriffen. Wusstest du zum Beispiel, dass ein durchschnittlicher Mann in der Regel 80 bis 100 Schnitte aushält, bevor er sich einscheißt?" Erfand Berash aus dem Stehgreif.
"Oder es insgesamt maximal 365 Schnitte braucht, bis jemand ausblutet? Verdammt schwer die ganzen Schnitte am Körper zu setzen, sag ich dir."
Berash fokussierte das Gesicht des Mannes und bekam so nicht mit, wie Ornlu und Margarita auf seine Aussagen reagierten.
Aber er konnte genau sehen, wie ihm nicht geschwollenen Auge langsam Panik aufstieg. Doch noch versuchte der Bandit hart zu bleiben. Auch wenn ihm mittlerweile der Schweiß auf der Stirn stand.
Berash indessen machte weiter.
"Ich habe jetzt natürlich kein Messer dabei. Und die Zeit dafür auch nicht. Aber dafür habe ich das hier," sprach der Assassine und packte seinen Stab, welchen er neben sich abgelegt hatte. Die andere Hand hielt der Assassine vor die sorgenvolle Miene des Banditen, so dass er sie gut sehen konnte.
Berash nahm etwas Macht aus seinem Inneren und lies diese in die leere Hand fließen. Mit einem Fauchen entflammten dunkelviolette Flammen in der Hand und strahlten in ihrem finsteren Schein. Erschrocken riss der Bandit die Augen weit auf und versuchte mit einem Schrei von der Flamme wegzukriechen, woraufhin Berash die Schattenflamme wieder erlöschen lies und ihn blitzschnell am Kragen packte.
Sein Gesicht glitt näher an das des Mannes heran, während seine eisblauen Augen kalt und hart ihn anstarrten. Dabei nahm er einen plötzlichen, beißenden Geruch war, der aus Richtung der Körpermitte kam. Da brauchte wohl jemand eine neue Hose.
"Möchtest du vielleicht doch reden?"
Der Bandit nickte hektisch und fing fast das heulen an.
"Ja! Ja! Aber ich weiß nix! Wirklich nicht! Wir wurden beauftragt, jeden umzubringen, der irgendwas über ne Wassermagierin und den See wissen wollte. Mehr nicht. Das schwör ich!" Jammerte der Kerl.
"Wer hat euch beauftragt, hm?"
"Weiß ich nicht! Ich war nie dabei, hab nur meine Kohle vom Boss bekommen." Dabei glitt sein Blick zu der Stelle, wo vor kurzem noch der Tote gelegen hatte.
"Er hat die Bezahlung immer abgeholt. War dafür immer ein paar Tage in Stewark und wenn er zurück kam dann bekamen wir unsere Münzen. Mehr weiß ich wirklich nicht!" wimmerte der Bandit.
Berash seufzte, bevor er sich wieder aufrichtete, sich den Stab unter den Arm klemmte und seine Hände an der Hose abklopfte.
"Hat irgendwer von euch noch eine Frage an ihn?" Wandte er sich an den Druiden und die Wassermagierin.
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #48
Egal wie es damals in Varant war. Welche Kämpfe und Herausforderungen er bestand. Er traf nie auf einen richtigen Assassinen und je mehr er Berash zugehört und zugesehen hatte. Seinen Blick, Körpersprache und Worte verinnerlichte… - Umso mehr konnte er sich glücklich schätzen, nie Probleme mit diesem Schlag von Mensch bekommen zu haben.
Nicht dass er sich unterlegen fühlte oder auch damals unterlegen war, aber er, der große Wolf, hatte ein wenig Angst vor diesem Berash. Ein wenig spielte der gesunde Menschenverstand mit und hätte es auch damals, diese Menschen zu meiden. Er hätte keine ruhigen Moment gehabt.
Das war Macht und es war für wahr ein Jammer, dass diese geheime Kaste wohl verschwunden war durch das myrtanische Reich.
“Was wirst du machen, wenn wir dich laufen lassen?”, fragte er.
“Heiler…dann weg.”, ächzte der Mann.
“Ravix hat eine sehr eigene Art mit Fehlverhalten umzugehen. Du tust gut daran zu verschwinden. Wie lange geht das schon? Wie lange bezahlt man dich?”, fragte Margarita.
“Drei…Jahre.”, stöhnte der Bandit. Ornlu sah der Wassermagierin an, wie eine gewisse Anspannung sich legte.
“Und wo sind die, die vor vier Jahren hier jemanden verschwinden ließen?”, fragte sie ernst.
Der Bandit schüttelte den Kopf. Er wusste es wohl nicht.
“Schade… - und du? Hast du jemals deinen Auftrag erfüllt?”, hakte sie nach.
“Erster Kampf…”, sagte er und deutete auf Berash.
“Kann ich das glauben?”, fragte sie und der Mann regte sich, ging auf die Knie und winselte irgendwas daher.
Es war die andere Art von Macht, von Autorität. Margarita verstand es mit normaler Stimme und kurzen Sätzen ein Drohpotential zu schaffen. Das würde er sich abschauen.
“Ja. Und sollte er hier in der Region wieder aufkreuzen…wirst du es wissen und ihn verschwinden lassen.”, sagte der Druide und trat näher.
“Lauf!”, befahl er und blickte den Kerl aus wölfischen Augen an.
Keine zwei Atemzüge später schleppte sich der Kerl davon.
“Ernüchternd. Aber Ravix arbeitet genau so. Wir haben nichts erfahren. Haben seine Leute schwer verprügelt und haben wohl auch nicht ganz zufällig das gefunden was wir suchen. Irgendwie taugt dieses schicksalsgebundene Trio nicht so, oder?”, fragte Margarita nüchtern.
“Wir sind nicht weiter gekommen, aber auch nicht zurück gefallen und vielleicht kommt Ravix und hat Zeit für ein nettes Gespräch. Ist euch eigentlich klar, dass Lytta vielleicht einfach nur Rache an Ravix will und dann vielleicht Ruhe herrscht?”, fragte der Jäger.
“Es klingt zu einfach, um wahr zu sein. Es sprechen einige Dinge dagegen, Jadewolf. Lytta würde Ravix doch heimsuchen und nicht hier…verweilen.”
“Hmm…mag sein, aber einen Versuch ist es wert. Jedenfalls habe ich noch einen Weg für Informationen. Ich mag es nicht euch beiden zu zeigen, aber mir bleibt keine Wahl. Lytta ist etwas Bösartiges und ich habe auch eine Pflicht dem Gleichgewicht gegenüber.”, sagte Ornlu und hatte einen Weg.
“Gleichgewicht? Also doch ein Wassermagier? Von wo?”, fragte Margarita skeptisch.
“Es gibt euer Gleichgewicht und unser Gleichgewicht. Folgt mir einfach unauffällig…”, wies er an und blickte zu Berash. Der hatte seinen Verband noch einmal geprüft und nickte. Die Wassermagierin blickte sich um, richtete ihr Haar und nickte dann.
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Das kleine Scharmützel hatte die Meinung der Kopfgeldjägerin über den Jäger geändert. Er war mehr als nur ein Trunkenbold mit Bogen. Seine Fähigkeiten gingen über das eines einfachen Schützen hinaus. Nicht so viel, dass er der beste aller Zeiten wäre, doch gut genug um sich etwas Respekt von Vicious zu verdienen. Im Anbetracht wen sie hier eskortierten, war der Fremdländerin diese Unterstützung nur willkommen.
Nun saß sie auf einem Baumstamm mit einem Lederlappen in der Hand und dem Wurfanker in der anderen. Die Kettenglieder liefen langsam durch den Lappen, bis aller Unrat davon entfernt worden war. Anschließend schoss Vicious die Kette wieder auf und befestigte sie an ihrem Rucksack. Das verbliebene Breitschwert kam als nächstes dran. Zuerst reinigen, dann auf Scharten prüfen und anschließend mit einer dünnen Schicht Öl polieren. Währenddessen hörte Vicious den Gesprächen der anderen zu. Oder vielmehr dem Monolog, den Zoyt vortrug. Madam steckte der Schreck gehörig in den Knochen und der andere wusch sich vermutlich die Hosen aus.
Es war geradezu rührend, wie zaghaft der Jäger versuchte Caarelia zu erklären, dass ihr tierischer Gefährte nicht mehr wiederkommen würde. Vicious hielt es für unnötig, das überhaupt aufzugreifen. Es war ein Streifenhörnchen. Das Vieh hatte sie alle vermutlich längst vergessen. Schließlich war es kein Hund oder dergleichen.
»Ich werde garantiert nicht nach dem Tier suchen.«, warf die Marmo trocken ein. »Das ist es nicht wert. Hat sich längst einen schönen Baum als neues Zuhause ausgesucht und sammelt gerade Nüsse.«
Die Fremdländerin gähnte genüsslich. Ein letzter prüfender Blick auf die Klinge; ganz passabel. Hoffentlich gibt es wirklich einen Schmied im Sumpf, dachte sich Vicious.
»Wir sollten weiter.«, sagte sie schließlich, erhob sich und steckte das Schwert in die Scheide. »Du kannst doch garantiert Spuren lesen, Zoyt. Dann sag mal, wo ist Henderson abgeblieben?«
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #49 - Druidenfeuer
Das Feuer knisterte langsam vor sich her. Ornlu hatte am nahen Ufer gut fünfhundert Schritt weiter und zurück an den Ort den er vor seiner Rückkehr als passend empfand, ein Feuer entfacht. Verhältnismäßig groß für nur drei Leute, doch war dies so gewollt. Die Sonne senkte sich langsam im Westen Argaans und hüllte das Ufer nahe des Ebersteins schon in Schatten.
Ornlu saß still am Feuerkreis und ignorierte Fragen von Margarita, während Berash schwieg und wohl gespannt war, was sein eigentlich ungewollter Weggefährte da nun vorbereitete.
Er mochte wissen, dass Ornlu ein Druide war. Aber er hatte gar keine Ahnung was ein Druide zu tun vermochte. Bis zum Abend würde er und leider auch Margarita etwas mehr erfahren.
“Ihr bleibt ruhig. Egal was passiert. Was kommt, wird euch nicht angreifen, solange ihr nicht von selbst beginnt.”, gebot er und hatte schon längst diese Magie in der Stimme. Magie die langsam anstieg und sich vorbereitete entlassen zu werden. Nicht rasch und heftig wie für einen Kampf. Sondern ruhig und aufbauend.
Dann, als seine Augen vor Magie zu glimmen begannen, hob er die Arme und vertrieb mit seiner Magie jegliches Feuer. Statt diesem schoss eine helle, grüne Stichflamme auf und brannte als großes, in Grüntönen loderndes Feuer an der Feuerstelle weiter. Statt Wärme spürte man die pure Magie des Druiden und sie rief in magischen Echos alle her zum großen Druidenfeuer.
Es begann zu rascheln und überall laut zu werden. Fledermäuse und Vögel flatterten über ihnen. Tierlaute erklangen und näherten sich vom Eberstein aus. Das Wasser am Ufer wurde unruhig und nicht lange und die drei Menschen waren von allerhand Lebewesen umgeben.
Zwei Lurker waren hergeschwommen, Scavenger schaukelten neugierig mit den Köpfen umher, das Wiesel war wieder da und auch einige Riesenratten waren erschienen. Auf einem Ast landete ein Weißkopfseeadler und schlug mächtig mit den Flügeln und aus dem Wasser kroch eine große Schildkröte.
Sie vernahmen dann, dass Fiepen und Tapsen zweier Minecrawler und einige Insekten und Kleintiere, wie Mäuse und Fleischwanzen, tauchten auch auf. Ein junger Hirsch erschien stolz mit seiner Krone und fast natürlich auch ein kleines Rudel Wölfe, wenn der Wolfsdruide schon rief.
Imposant war der dunkle Schatten, der in den helleren Schatten blieb und nur kurz sein mächtiges Horn und gefährlichen Augen offenbarte.
Im Wasser kam sogar ein verdammt großer Wels hervor und streckte den Kopf nah am Ufer heraus.
Fischschwärme tummelten sich an der Wasseroberfläche und ein großer Keiler waren auch nicht ferngeblieben.
Allerhand Lebewesen versammelten sich hier am Druidenfeuer des Ornlu und er tat gut daran, sie nun zu begrüßen.
Es war eine seltsame und doch friedvolle Szenerie, die sich ergab.
In der alten Sprache der Druiden grüßte Ornlu jede Tiergruppe, die vertreten war und dankte für das Erscheinen - was sicherlich länger dauerte wie die Grußworte eines 111jährigen Abenteurers, der die bucklige Verwandtschaft einlud obwohl er die Hälfte nicht mochte.
Dann kam er endlich zur Sache, während seine befriedende Magie wirkte.
"Ein Mann des alte Menschenvolkes der Wälder, ein Mann des Herrn am Ende des Kreises und eine Dienerin des Vaters erbitten eure Hilfe. Erinnert euch an die alten Tage, wo wir alle eine Sprache sprachen und die Welt noch jung war. Es bestand ein alter Bund, das ewige Gesetz der Mutter. Es gab alte Freundschaften, wie auch Zeiten, in denen Feindschaft zu ruhen hatte, wenn das Feuer der Mutter brannte. Ich der erwählt wurde, diesen alten Bund zu bewahren, das ewige Gesetz zu ehren und das Gleichgewicht unter uns allen zu stärken, ersuche nun euren Rat. Vor vielen Sommern starb hier eine Dienerin des Vaters. Ein Diener des Vaters - ihr Gefährte - hat etwas versteckt, was kein Menschenkind finden darf. Sie ist rastlos. Sie ist ein Kind des Dunklen und kann nicht zurück in den ewigen Kreis. Sie ist es, die in der Nacht das Gleichgewicht stört.”, klagte der Druide in der alten, melodischen Sprache der Natur.
“Lasst uns wissen, an was ihr euch erinnert. Erzählt uns, wo diese Sache verborgen ist. Helft uns, die Dienerin des Vaters zu erlösen.", vollendete er und blickte in die große Runde.
Manche Tiere reagierten kaum, hatten keine Antwort und blieben nur, weil das Druidenfeuer sie band. Andere hingegen hatten was zu ‘sagen’.
Es waren die Lurker die äußerlich für die beiden Nicht-Druiden nur ihre typischen Laute vollbrachten, aber gleichzeitig durch Ornlu übersetzt wurden. Der Druide nahm eine gebückte Haltung wie sie an, drehte den Kopf leicht und stieß die Worte aus.
“Meeeeeennnschen…..maaaaannn! Dieeener des …..Vaaaaters! Eiiiiissssige Gefaaaahr! Klauuuuut Eeiiiiiii….er! Bruuuuutdie….be! Eeeiiiiierdie…..be!”, klagten die Lurker und fauchten Margarita an, obwohl sie wohl nichts damit zu tun hatte.
“Ruhe.”, gebot Ornlu in magischer Dominanz in der Menschensprache und meinte damit beide Seiten.
Der junge Hirsch stampfte hervor.
“Sie tanzt, sie singt, sie schreit, sie flüstert, sie droht, sie jagt… - Tötet sie! Tötet sie!”, sprach der Druide wie ein König befehlend und mit sehr tiefer Stimme, während der Hirsch weiter aufstampfte und sich dann abwandte. Ornlu blickte zu den Wölfen. Deren Alphawolf näherte sich gelassen und knurrte auf, so wie Ornlu die Worte knurrend wiedergab.
“Meeeeinnnn Herrrrr…die Väterrrrr haben es geseeee-hen! TOOOOT die Welpen! TOOOT das Weib! - Blluuuuut! Bluuuut! Der Monnnnd schaut zuuu! - Heißes HERRRRRZZZ! Blluuuutiges Herrrrz! - Das Herrrrrz gefangen! Das Weib lleeeeebt! - Die Beeeeeute leeeebt! Der Mann rrrrrrennt! Das Weeeeeiib heult. - Dunnnnkler Monnnnnd!”, erzählte der Wolfdruide durch seine Schützlinge. Die beiden Menschen schüttelten sich bei dem grausamen, Urängste weckenden Knurren und Drohen des Wolfes und des Antworten des Druiden. Dann zog sich der Wolf mit einer dezenten Verbeugung zurück.
Ornlu atmete durch. Kämpfte damit, sein Wesen nicht den wölfischen Sinnen verfallen zu lassen. Dann kamen die Minecrawler.
Widerwärtig, schrill war ihr Fiepen und Klackern mit den Mandibeln und Ornlu machte es mit seinen Kiefern gleich.
“Uuuuuuuuuuuuuuuunser Berg! - Der Dieeeeeeennnerr…hat da nichts zu suuuuuuchen! - Geeeeeehhht weg! Geeeeht! Aaaaalllle!”, drohten die Minecrawler und sorgten für Unruhe. Die Wölfe und Scavenger knurrten und klagten. Die kleineren Tiere ebenso und dann erklang sein Ruf wie der eines Löwen. Laut und furchtbar. Der Schatten bekam Gestalt und schritt näher an das grünliche Feuer, während der Abend nahte.
Die Minecrawler verschwanden eilig. Dann blickte die Bestie dem Druiden in die Augen und er sprach.
“Der Frieden soll gewahrt werden. Die Kinder Mayadas sind unwürdig. Fahre fort, blauer Wolf. Ich habe den beiden Menschen nichts zu sagen.”, erklang Ornlu in einem erhabenen, mächtigen Ton. Dann trat der Schattenläufer zurück und ließ das kleine Wiesel vor.
Der Schritt von der erhabenen Haltung eines Schattenläufers zu jener eines Wiesels war sehr groß und doch…auch diese Wesen sollten gehört werden.
“Die Wiesel haben nichts gesehn…hahaha. Haben den Diener des Vaters nie durch den Wald schreiten sehen…hahahha! Die da wissens! Jajajaja!”, sagte Ornlu mit heller, ausgelassener Stimme und kam einem Wiesel in der Körperhaltung nahe. Er zeigte auf den Weißkopfseeadler, die Schildkröte und den Wels. Der große Greifvogel war es, der dann begann. Ornlu hob das Haupt und ließ sich auf seinen Schreie ein.
“Hööört! Der Schönste hat Etwas nicht gesehen! Höööört! Viele Menschen sind am See! Höört! Keine Menschen sind im Zentrum des Sees! - Hööört! Kein Diener des Vaters war gesehen! Hööört!”, schrie der Jäger und hatte das Gefühl, dass dieser Adler sich nicht so gut ausdrücken konnte. Oder besser Ornlu in dem was der Adler vermittelte und kurzweilig am Druiden übernahm.
“Ein Zentrum? Was genaus, Jadewolf?”, hakte Berash nach. Doch Ornlu schüttelte nur den Kopf. Der Adler hatte die Verbindung abgebrochen. Kurz pausierte das Geschehen, bevor auf langsamen Flossen die Schildkröte näher kam und den Druiden anstarrte, wie der Bösewicht aus jedem Märchen. Ornlu legte sich instinktiv auf den Bauch, reckte den Kopf und blickte die Schildkröte genauso an wie sie ihn.
“Der Diener….des Vaters….” - Ornlu sprach sehr langsam und betonte die Worte wellenartig - “...ist…un…freundlich!!”
“Was? Wieso?”, fragte Margarita und Ornlu übersetze magisch.
“Hat…seinen Panzer…abgeworfen. Hat…das Was….ser vertrieben. Hat…nicht geg…rüßt! Hat…unsers…mit Strömun…gen vertrieben. - Unfreund…lich.”, sagte Ornlu auf eine merkwürdige oder eher komische Art und Weise.
“Wo liegt sein Panzer?”, fragte die Wassermagierin und der Druide übermittelte die Frage.
“Beim Kreuz…dorn!”
“Wo genau?”, waren die Gedanken von Ornlu nun.
“Bei den….großen Stei…nen. Tief…im Was…ser.”
“Dan…ke…”, sagte Ornlu fast selbst wie die Schildkröte und brach den Kontakt ab. Er spürte wie das was die Schildkröte noch von sich geben würde…nicht ans Ziel führte.
Der Druide klopfte sich ab und setzte sich vor das grüne Feuer. Dann widmeten sich seine magischen Augen den sehr kleinen Augen des Welses der da ruhig am Ufer alles bisher beobachtet hatte.
Sie verbanden sich langsam miteinander. Er spürte von Anfang an, dass er keine Fischseele hatte und schlichtweg sich unwohl beim Kontakt fühlte. Der Wels war alt und gefräßig. Wie alt konnte Ornlu nicht mal sagen, aber in sein Maul passte gut und gerne eine Ente.
“Wahhhghhhhh…es bitzelt…Wahhghhh…jedes Mal wenn ich es berühre….Wagghhhha…”, sagte Ornlu und würgte die Worte fast vor.
“Weißt du wo es ist?”, fragte Berash und Ornlu übersetze magisch.
“Wahhghhh…Fels der Menschen…mein Zuhause….Wagghhgh…”
“Wo finden wir es?”, waren die druidischen Worte Ornlus.
“Waghhgg Finden? Nein. Tiefer wird es nicht. Ihr kommt. Waghhgg”, würgte Ornlu und hatte genug. Er schüttelte sich und war erst einmal mit Fischen bedient.
“Wenn das alles nicht Unsinn oder Sumpfkraut ist, dann finden wir es. Tiefster Punkt des Sees. Fels der Menschen. Bei den großen Steinen.”, fasste Margarita zusammen und wirkte etwas euphorisch und zugleich angespannt.
Noch ganze drei Tierarten kamen durch Ornlu zu Wort.
Die Riesenratten beschrieben durch rattenhaftes Gehabe von Ornlu exakt wie viele Menschen sich gerade um den Eberstein befanden.
Ein Fuchs fragte, ob der Jäger durch diese Kreatur starb und ob die Kreatur sie vielleicht vor Menschen beschützen würde. Und eine Eule schuhute durch den Druiden, dass sie und andere Kinder der Magie die Dienerin des Vaters hören würden.
Als der Kontakt zu ihr abbrach, hatte Ornlu genug.
"Ich danke euch allen für euer Erscheinen. Geht in Frieden und dem Segen der Mutter.", sprach er in der Sprache der Natur und dann zerstob das Druiden-Feuer in alle Winde und strömte an der Versammlung vorbei. Momente später verschwanden die Tiere nach und nach. Friedvoll und in alle Richtungen.
Ornlu setzte sich, atmete tief ein und blickte die beiden an. Die Runde brauchte etwas, um das was eben geschehen war zu verarbeiten.
“Was war das? Was bist du, Jadewolf?”, fragte die Wassermagierin.
“Ein Bewahrer. Ein altes Märchen. Mehr musst du nicht wissen, Wassermagierin.”, sagte er müde und schaute sie aus seinen wilden, tierischen Augen an.
Zu gern hätte sie wohl mehr gewusst. Zu gern behielt es Ornlu für sich. Sie und Berash hatten genug gesehen. Genug Druidenmagie für ein ganzes Leben.
“Ich ruhe mich etwas aus. Ihr überlegt euch, wie ihr an das Ding kommt. Lasst uns dann zu Lytta und aufpassen, dass sie kein Unheil stiftet.”, schlug er vor und holte sein Sumpfkraut hervor. Das brauchte sein Kopf jetzt…
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Lehrling
Caarelia starrte wie benebelt auf die Beeren, die Zoyt ihr eben in die Hände gedrückt hatte. Die Diebin hatte große Mühen, die Geschehnisse der letzten Stunden zu verarbeiten. Der Fakt, dass Lord Streifenwind, ihr treuer Gefährte und Essensreste-Verwerter, nicht mehr bei ihr war, schmerzte ihr Herz so sehr, dass sie sich fragte, wann sie jemals so etwas gefühlt hatte.
Die Diebin konnte Zoyts Worte dumpf wahrnehmen, aber nicht wirklich hören. Mit einem Mal, war alles unwichtig geworden. Ihre Reise. Das Treffen mit ihrem Onkel. Die Antwort, auf die Frage, wo sie herkam.
Alles war bedeutungslos, wenn sie dies nicht mehr mit dem kleinen Lord teilen konnte.
Caarelia wollte sich gerade in ein weiteres trauriges Gedankenkarussell stürzen, als Vicious‘ Worte zu ihr durchdrangen.
„Wir sollten weiter“, hatte sie gesagt, woraufhin Caarelia sich automatisch erhob und Zoyts Beeren auf den Boden fallen ließ.
„Ich hole Henderson“, sagte die Diebin tonlos und schlurfte zum Strand. Wie eine leere Hülle ihrer Selbst schlenderte Caarelia durch den Sand, unfähig diesen zwischen ihren Zehen zu spüren. Nicht einmal die sanfte Brise des Meeres, vermochte es, ein Gefühl in ihr auszulösen.
Gedankenverloren fasste die Diebin an ihren Dutt, als sie plötzlich ein Kichern vernahm.
Sie drehte sich nach rechts und sah jemanden, der von der Statur her Henderson sein könnte. Die Diebin ging ein paar Schritte auf den Mann zu, der anscheinend kleine Krümel in das Sand fallen ließ.
„Henderson?“, fragte Caarelia emotionslos, woraufhin der Abdecker aufschreckte, als hätte man ihm bei etwas Kriminellem erwischt. Hektisch wischte er sich seine Hände an seiner Hose ab und räusperte sich verlegen.
„Oh, Lady Caarelia, ich hatte dich gar nicht gehört“, sagte Henderson, die Hände hinter dem Rücken versteckt. Er wollte gerade weiter zum Reden ansetzen, als die Diebin ihm zuvorkam.
„Die anderen möchten weiterziehen“, kündigte Caarelia an und deutete in Richtung des Lagers. Henderson nickte entschlossen und wollte der Diebin folgen, als er dann aber doch stutzte, als sie keine Anstalten machte, sich zum Lager zu bewegen.
„Lady Caarelia, ist alles in Ordnung?“, fragte er Abdecker ehrfürchtig, woraufhin die Diebin sich von ihm wegdrehte und ihren Tränen freien Lauf ließ.
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Beliar, das war beeindruckend gewesen. Eine solche Zurschaustellung arkaner Macht... Berash hatte zwar gewusst, dass Ornlu als eine Instanz im Waldvolk galt, aber das? Bei allen drei Göttern, das hatte das Zeug für eine Legende!
Auch wenn die Magie des Assassinen aus einer anderen Domäne stammte als die des Druiden... er hoffte dennoch, irgendwann einmal genau so mächtig zu sein. Schwarzmagier galten als Herren des Todes, meisterhafte Manipulatoren und mächtige Beschwörer. Was Berash mit solch einer Macht alles anfangen könnte! Vielleicht wäre Bakaresh niemals gefallen, wenn er eine solche Macht sein eigen hätte nennen können.
Doch diese Chance war lange vergangen.
Während der Druide weiterhin sein Sumpfkraut rauchte, kam Margarita zu Berash hinüber und setzte sich neben ihn. Somit saßen sie etwas abseits von Ornlu.
"Was ist er?" fragte sie mit gesenkter Stimme, wohl in der Hoffnung, dass Ornlu sie nicht hören konnte.
Berash hob fragend die Augenbrauen, als sie ihn aus seinen Gedanken riss. Er hatte nicht mitbekommen, wie die ältere Frau sich neben ihn gesetzt hatte.
"Hm?"
"Jadewolf! Was ist er?" zischte sie leise, während ihr Blick wieder zu dem Druiden zurück glitt.
"Er bezeichnet sich als Bewahrer, aber diese Macht... Bei Adanos, sowas habe ich noch nie gesehen!"
Berash blickte zu Ornlu, dessen Augen geschlossen waren, während er wie selbstvergessen einen Sumpfkrautstengel zwischen den Lippen klemmen hatte. Nur das aufglimmen der Spitze und der gelegentlich ausgestoßene Rauch zeigten, dass der Druide nicht einfach eingeschlafen war.
Der Assassine schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern.
"Ich weiß es nicht." war seine Antwort darauf. Er hatte noch sehr gut die Drohung des Druiden im Hinterkopf, sollte Berash Außenstehenden von der Macht der Druiden und den Geheimnissen des Waldvolks erzählen. Und er hatte Ornlus Macht oft genug gesehen um zu Wissen, dass der Assassine ein ziemlich schmerzhaftes Ende zu erwarten hätte, würde er dieses Versprechen brechen.
Margaritas Miene verfinsterte sich, wütend kniff sie die Augen zusammen.
"Verarsch mich nicht, Schwarzmagier!" fauchte sie, bevor sie hektisch einen Blick zu Ornlu hinüber warf und dann fortfuhr.
"Ich seh doch, dass ihr schon länger zusammen unterwegs seid. Und da willst du mir erzählen, dass du überhaupt nichts über ihn weißt? Den Schwachsinn kannst du deinem Gott erzählen, vielleicht glaubt der dir das ja."
Berash verdrehte genervt die Augen. "Berash."
"Was?" Margaritas Miene war verwirrt.
"Ich heiße Berash."
"Das weiß ich doch?"
"Dann benutzt ihn doch auch bitte, wärt ihr so freundlich?" Der Assassine blieb bewusst bei der förmlicheren Anrede. Margarita war gezwungenermaßen ihre Reisegefährtin, doch Berash würde sich von der Wassermagierin nicht von Oben herab behandeln lassen, nur weil sie mächtig war. Er könnte ihr immer noch ein Messer in die Seite rammen, wenn sie nicht damit rechnete. Wenn er denn eines hätte.
Margarita verdrehte nun ihrerseits genervt die Augen, bevor sie fortfuhr.
"Also gut,Berash, jetzt erzähl mir was du weißt."
"Ich weiß nichts, werte Margarita. Und wenn Jadewolf nicht darüber sprechen möchte..." Berash stand auf und klopfte sich den Hosenboden ab, bevor er seinen Stab ergriff und sich Richtung des Druiden begab. Der hatte sein Sumpfkraut aufgeraucht und wirkte nun wieder etwas weniger erschöpft als zuvor.
"Können wir? Ich hasse es, wenn wir eine Dame warten lassen müssen." Sprach Berash und reichte dem Druiden die Hand um ihm aufzuhelfen. Das wütende Funkeln Maragaritas, was sie dem Assassinen hinterher warf, ignorierte Berash geflissentlich.
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #50
Es war ein intensiver Kampf gegen Lytta. Nicht nur war sie vor Rickon schon eine Gefahr, doch für die beiden soweit zu besiegen. Doch nun, da sie wohl Rickons Lebenskraft oder die Magie von Hilds Ring aufgenommen hatte…hatte sie mehr Macht. Das hatten die Drei sofort sehen dürfen, als sie zu ihren Gebeinen kamen und sie da schon stand. Als ob sie gewartet hätte.
Sie kreischte auf. Gierig wirkten ihre leeren Augenhöhlen, als sie tänzelnd in geisterhaften Schleiern auf sie losstürmte und eindeutig ein Ziel hatte.
Der geraubte Druidenstab den sie besaß und korrumpierte, schwang und traf den Eisschild von Margarita. So fest und von Lyttas Magie verstärkt, dass dieser zerbrach.
Ornlu und Berash attackieren mit ihren Stäben, doch merkte der Druide früh, dass sein Stab keine Wirkung gegen sie besaß. Berash neuer Stab indes traf auch Lytta in Gestalt der geisterhaften Schleier. So übernahm der Druide die Abwehr, denn sein Druidenstab war von dieser Welt. Er blockte die mächtigen Schläge ab, spürte wie das Holz fast barst und verstärkte es in den Momenten, als Berash attackierte. Ihre Taktik ging auf und Lytta wurde gezwungen sich nach dem letzten Treffer zu teilen. Sie tanzte um die Drei und wirkte dann einen Zauber.
“Margarita! Vernichte die Schleier, wenn sie sich materialisiert!”, rief Ornlu zu, der gerade von drei Skeletthänden gepackt wurde, die aus dem Boden kamen. Starke Stöße zertrümmerten diese, doch Neue kamen langsam nach.
“Berash! Hau dich frei und spring!”, rief der Druide dem Schwarzmagier zu, wartete den kurzen Moment und dann jagte er selbst einen heftigen Impuls in das Erdreich. Das Gras regte sich und wickelte sich um Knochenhände. Margaritas Eislanze vernichtete eine Geistererscheinung und Berash jagte eine Zweite dahin, wo sie hingehörte.
Lytta kreischte auf. Laut und ohrenbetäubend und riss ihren nicht vorhandenen Mund mit der langen, faulen Zunge auf, als sie auf Margarita zuflog. Ornlu spürte Schuld in diesem Schrei und Margarita wirkte perplex. Der Kristall in Ornlus Druidenstab leuchtete in einem violetten Dunkel auf und Lytta streckte die Hand nach Margarita aus. Nach dem Ring…
Margarita zitterte, hatte Angst und weinte. Ging langsam auf die Knie, während Lytta immer größer vor ihr schien. Ihre Finger gingen an den Ring und…
Berash zertrümmerte den Torso von Lytta und ließ ihr Wirken verklingen. Ornlu stellte sich vor Margarita und beschwor mit einem Griff an seinen Druidenstein nach und nach ein kleines Rudel Geisterwölfe, während ein paar Meter vor ihnen sich Lyttas Knochen wieder zusammenfanden und die Geisterfrau sich in ihnen materialisierte. Sie hob Ornlus Druidenstab und beschwor Skelette um sich. Skelette, die aus dem Boden stiegen und mit wenigen Fetzen und Ausrüstung am Leib, nicht wie die typischen Skelette aussahen. Mehr wohl wie die Novizen, die damals wohl auch ihr Ende hier fanden.
Ornlu ließ die Geisterwölfe sofort los, als zu spüren war, dass sie verschiedenartig attackieren würden. Berash ging mit dem Stab vor und duellierte sich mit einem Skelett, das ebenso einen Stab führte und Margarita kam endlich zur Räson. Die Erde zitterte und es flogen schwere Erdklumpen, die zwei Skelette wegfegten. Ornlus Geisterwölfe hatten ihren Part erledigt und vergingen. Berash zertrümmerte den Schädel des stabkämpfenden Skelettes und Margarita stellte sich zu den beiden. Bereit magisch zu agieren.
Lytta war noch lange nicht fertig und ließ nun ihre andere Magieform sprechen.
Erst wurde es feucht, dann gefror die Luft. Ornlu spürte die Kälte regelrecht in seinen Lungen, bevor
Margarita dagegen hielt.
“Halt dich bereit!”, sagte Ornlu zu Berash, als ein eisiges Duell entfachte. Margaritas eisiger Schild gegen Lyttas Eislanzen. Heftig waren die Einschläge im Sekundentakt und brachen fast durch.
Dann stoppte es und im nächsten Moment zertrümmerte Lytta den Eisschild so heftig, dass alle Drei zu Boden gingen. Margarita war ihr Ziel und sie streckte die Finger nach ihrem Ring aus.
Ornlu spürte den Sog, spürte wie die Luft trocken wurde und am Boden kleine Schattenflammen aufloderten. Lytta hauchte etwas Unheilvolles und näherte sich ihrer einstigen Freundin.
Gleich wäre es vorbei um Margarita.
Doch sie war nicht allein.
Berash griff beherzt ein, während Ornlu seinen nächsten Zauber vorbereitete. Er spreizte die Finger und entließ magische Fäden. Dünn wie Spinnenfäden wickelten sie sich um das dunkle, magische Wesen. Sorgten dazu, dass sie sich durch die Magie materialisierte und zugleich gefesselt wurde, als die Fäden auf Fingerdicke anwuchsen. Ornlu zog an ihnen und zerrte an der Nachterscheinung wie an einer Puppe.
Berash zertrümmerte ihren Schädel und alle sahen, wie sie unter magischen Aufwand sich wiederherstellte und sich stark gegen die Fäden wehrte.
Dann schrie sie markerschütternd auf und zwang die Menschen zu weichen, da es nicht nur in den Ohren schmerzte. Ornlu hielt sie immer noch an sechs dicken Spinnenfäden fest, während Margarita mit ihrer Magie die materialisierte Lytta attackierte.
“Du musst das nicht, Liebes!”, rief sie ihr zu und begann sie mit unerbittlicher Kälte zu vereisen. Lytta wehrte sich, doch froren ihre Knochen ein und Eis blockierte die Gelenke. Ornlus magische Spinnenfäden schlängelten noch etwas um sie, doch ab einen bestimmten Punkt ließ er ab. Kräfte schonen, denn er wusste, dass Lytta nicht einfach so besiegt war.
Lyttas schlängelnde Zunge gefror und dunkle Augenhöhlen starrten sie alle an, bevor Margarita sichtbar ermüdend von ihrer Magie einen finalen Stoß setzte. Das Eis zerbröckelte kontrolliert in hunderte Eissplitter und lag da am Boden.
“Das wars…”, sagte Margarita. Doch beide Männer schüttelten den Kopf. Sie behielten recht. Lyttas Geistergestalt erschien auf. Ornlu nutzte die Gelegenheit und gebot Berash, seinen Stab vorzuhalten. Dann begann er, den druidischen Bannfluch zu sprechen. er war gescheitert und wusste im Grunde, dass Lytta sich so nicht einfangen ließ und doch machte er es. Um sie zu schwächen und sie sich nicht mehr für einen Angriff sammeln zu lassen. Es kostete sie schon viel Magie, um sich wieder Knochen und Gestalt zu verleihen, um den Druidenstab zu greifen, der vom Eis nicht berührt worden war.
Lytta schrie auf, aber nicht mehr so mächtig wie zuvor. Dann materialisierte sie sich und zerrte magisch am Druiden. Der Wisperte alte Worte und hielt mit seiner Willenskraft gegen ihre Magie, die an seiner Magie zerrte. Dann war es Berash, der sie mit einer Schattenflamme erwischte und sie zurück trieb.
Sie brach ihren Angriff ab und Ornlu vollendete den Fluch. Doch wieder geschah nichts. Das Holz fing sie nicht ein, weil Lyttas Geist nicht vollkommen hier war.
Die Geisterfrau beschwor wieder Untote mit ihren letzten Reserven. Abermals erhoben sich die Skelette die sie vorhin vernichtet hatten. Drei weniger wie zuvor. Ornlu bezwang mit dem Stab eines direkt und die beiden anderen Menschen den Rest. Sie kamen ihr nun näher. Ihr Schrei - der zuvor Schmerzen in den Ohren und der Seele verursachte - verklang ohne große Wirkung und dann verging das Geister-Gerippe und erschien mehr und mehr als Lytta. Eine junge Frau mit blasser Haut und besonderen, hellen, blauen Augen. Sie blickte Margarita an und lächelte ihr sanft zu, dann erklang ihr Lied.
Margarita kam ihr näher und Ornlu blickte gespannt zu. Die junge Frau die sie damals um Hilfe bat, streckte eine Hand aus. Lächelte abermals, als Margarita näher kam. Doch das Lächeln war kalt und falsch. Ihr Lied verklang in der letzten Strophe und die Wassermagierin war nur noch eine Armlänge von ihr entfernt. Dann kam es wie es kommen musste. Lytta verzog ihr hübsches Gesicht und aus ihrem Mund kam diese grässliche, sehr lange, verweste zunge und packte Margarita am Handgelenk. Die dünnen Finger der materialisierten, menschlichen Geisterfrau griffen nach Margaritas Fingern und ihrem Ring.
Die Wassermagierin schreckte zurück, wehrte sich und sah dann zu, wie eine geisterhafte Fangheuschrecke wie es sie in Jharkendar gibt die menschlich wirkende Geisterfrau mit den Fängen vom Oberkörper ab durchtrennte und mit einen Hieb der scharfen Fangarme die Zunge abschnitt. Dann löste sich das Rieseninsekt auf und was blieb war eine Lytta die am Boden wieder zu dieser furchtbaren und angsteinflössenden Geisterfrau wurde und Margarita die weinend sich die Hand hielt und nach Lytta rief.
Berash zog sie weg, als Lyttas leere Augenhöhlen aufglühten und um sie ein Kreis aus Schattenflammen aufloderte. Minuten der Stille vergingen.
“Das war knapp…irgendwann hat sie uns.”, sagte Ornlu und wischte sich den Schweiß ab. Seine Lichtkugel erhellte den Ort sanft.
“Margarita. Alles gut bei dir?”
“Ja…ich muss mich nur sammeln.”
“Dann mach das. Morgen müssen wir weiter kommen. Noch ein paar solcher Kämpfe und sie hat einen von uns mit Sicherheit. Ohne dich, wären wie zwei nicht so glimpflich davon gekommen.”
“Ohne euch, wäre ich gestorben.”
“Dann ist das doch ein guter Anfang.”, sagte der Druide.
“Morgen früh müssen wir fündig werden. Du und Berash müsst in den See. Kann das deine Magie? Und denkst du nicht auch, dass dein Ring für sie, wie ein stinkender Kadaver für Geier ist?”, fragte Ornlu und musterte Berash. Er war auch platt wie Margarita und Ornlu. Ornlu hätte zwar eine sehr gute Möglichkeit den See zu erkunden, aber das würde womöglich zu viel Kraft kosten. Kraft die sie vielleicht bald ziemlich brauchen würden. Über das was im Kampf geschehen war, würden sie noch genug sprechen.
Geändert von Ornlu (11.06.2025 um 00:49 Uhr)
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Auch wenn sie die Nacht über hatten ruhen können, hing den dreien immer noch der letzte Kampf in den Knochen. Lytta war mächtiger als jemals zuvor gewesen, was sowohl Berash als auch Ornlu erschreckt hatte. Ohne Margarita wären die beiden Männer verloren gewesen, soviel war sicher. Vielleicht hätte es einer von ihnen noch geschafft sich zu retten, aber das schien unwahrscheinlich. Lytta hätte sich erst den einen, dann den anderen einverleibt, so wie sie es bei Rickon auch getan hatte.
Sie mussten der Sache endlich ein Ende setzen!
Und genau aus diesem Grund standen die drei heute erneut am Ufer des Silbersees.
Berash und Ornlu standen mit etwas Abstand zum Ufer, während Margarita sich ihre Stiefel ausgezogen hatte und nun mit den Füßen im kalten Wasser stand. Nachdenklich blickte die ältere Frau (die doch nicht älter wirkte) auf das Wasser hinaus und versuchte einen Weg hinein zu spüren. Hier war ihre Macht gefragt.
Weder der Druide noch der Assassine würden hier wirklich von Nutzen sein. Ersterer herrschte über das Leben selbst und konnte über Tieren und Pflanzen gebieten. Berashs Kräfte hingegen waren wesentlich dunklerer Natur, außerdem steckte er noch, was seine arkanen Fähigkeiten anging, in den Kinderschuhen. Und wie mächtig Ornlu auch im Vergleich zu ihm war, auch er konnte dem See nicht einfach befehlen.
Dafür benötigten sie nun einmal eine Wassermagierin.
Doch Margarita wirkte zunehmend frustriert.
Zuerst hatte die Wassermagierin eine Hand über dem Wasser ausgebreitet und die Augen geschlossen gehabt. Dann waren gurgelnde Geräusche ertönt, als mehrere Strudel sich gebildet hatten und das Wasser mit sich zogen. Doch je größer die Strudel wurden, desto angestrengter wurde auch die Miene der Hohen Wassermagierin. Schweiß troff ihr von der Stirn, welche vor Konzentration in Falten gelegt war.
Das Wasser am Ufer glitt langsam zurück, während mehr und mehr Uferschlamm, Pflanzen und anderes Kroppzeug sichtbar wurde. Doch dann fing Margaritas Arm an zu Zittern. Sie streckte den anderen Arm aus und lies mehr Magie in ihren Zauber fließen. Doch auch bald darauf war auch dieser Arm am Zittern, bis sie erschöpft abgebrochen hatte und keuchend die Hände auf ihren Knien abstützte.
Dabei hatte jedoch etwas Berash Aufmerksamkeit erregt, wodurch sein Blick für kurze Zeit vom Spektakel abgelenkt wurde. Doch bevor er sich wirklich sicher sein konnte, was er da gesehen hatte, war das Wasser schon wieder zurück geschwappt und hatte verdeckt, was ihm aufgefallen war.
Als nächstes hatte sie es mit einer Variation von Eis probiert, was jedoch genauso erfolglos gewesen war.
Und noch während vereinzelte Eisschollen in unterschiedlicher Größe auf dem See umher trieben, trat sie zurück aus dem Wasser ans Ufer. Ihre nackten Füße quietschten und quatschten durch den Uferschlamm.
"Verdammt!" Fluchte die Wassermagierin. "Ich verstehe es nicht! Ravix ist stark, aber ich hätte nicht erwartet, dass er einen ganzen See beherrschen kann. Das ganze macht keinen Sinn. Er ist schließlich keiner dieser Heiligen, die ein Meer teilen konnten. Dafür bräuchte man eine ganze Gemeinschaft von Wassermagiern, wie beim Tempel in Stewark. Und selbst das war eine ziemlich anstrengende Arbeit..." schnaufte sie, bevor sie einen kleinen Flakon aus ihren Taschen hervor zog, entkorkte und einen großen Schluck daraus trank.
Sofort wirkte ihr Gesicht wieder etwas entspannter und die tiefen Konzentrationsfalten glätteten sich etwas.
"Ich weiß nicht, wie wir hinunter kommen sollen, es ist ja nicht so, als gäbe es hier irgendwo einen Tunnel zur tiefsten Stelle!" fluchte sie weiter.
Berash horchte auf. Da war doch was...
"Ich..." Berash zögerte.
"Was? Sprich dich aus, Berash."
"Ich bin mir nicht sicher, aber... Also ich war für einen Moment der Meinung, ich hätte Stufen gesehen, als das Wasser vom Ufer zurück gegangen ist. Also zumindest ein oder zwei. Da." Der Assassine wies in die entsprechende Richtung.
"Stufen?" Margarita runzelte die Stirn, blickte ihn die gewiesene Richtung und schüttelte den Kopf.
"Wieso sollte jemand Stufen am Seeufer..." sie blinzelte, schloss die Augen und konzentrierte sich für einen Moment, bevor sie die Augen wieder aufriss.
"Aber natürlich!" jauchzte sie, klatschte in die Hände und stapfte kurzerhand zu der Stelle hinüber, wo Berash die Stufen vermeintlich gesehen hatte. Der Assassine warf einen verwirrten Blick zu Ornlu, der jedoch mit den Schultern zuckte. "Folgen wir ihr." kommentierte er trocken.
"Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie Ravix zum Grund des Sees gekommen sein soll, denn selbst mit seiner Gefolgschaft kann er doch keinen so mächtigen Zauber wirken, dass er einen See teilen könnte. Oder einfrieren. So viel Macht hat er nicht." erklärte die Wassermagierin freudig den beiden Männern, als sie zu ihr getreten waren. Wieder stand sie mit den Füßen im Wasser, der Saum ihrer Robe schwamm vor sich hin.
"Aber er hat Verbindungen zu den Hofmagiern. Und die besitzen ein paar mächtige Artefakte. Und wer prüft schon, ob ein Fokus immer noch in der Truhe liegt, oder nicht?"
"Wovon redet ihr, Frau?" fragte Berash verwirrt. "Hofmagier? Artefakte? Fokus? Ich kann euch nicht ganz folgen."
Natürlich wusste er von göttlichen Artefakten, schließlich hatte er einst die Klaue Beliars in den Händen halten dürfen. Das die anderen Götter ihre eigenen Artefakte hatten war da natürlich naheliegend. Aber ein Fokus?
"Er hat einen magischen Fokus genommen und damit seine Magie gewirkt. Und so konnte er sich einen Weg hinunter in den See erschaffen. Und damit er ihn nicht immer mitnehmen muss..." Sie blickte mit konzentrierter Miene auf den See hinab und lächelte verschmitzt. Dann wedelte sie mit den Händen und wirkte Magie.
Es war, als würde ein plötzlicher Riss durch den See gehen. Rauschend glitt das Wasser beiseite und offenbarte nasse, teilweise im Schlamm versunkene krude Steinstufen, die glitschig und gefährlich wirkten. Sie führten hinab in den See.
"Das ist genial..." murmelte Margarita, während Berash vor Staunen der Mund offen blieb.
"Er hat den Zauber gebunden. Ich muss mich zwar konzentrieren, aber es kostet mich wesentlich weniger Mühe als gedacht. Los. Hinunter jetzt." Scheuchte sie Berash voran. Der Assassine war immer noch völlig verblüfft aber machte sich vorsichtig daran über die glitschigen Stufen hinab in den See zu steigen. "Du bleibst hier oben, Jadewolf. Zur Sicherheit."
Während sie vorsichtig hinab stiegen kam Berash nicht umhin die stätig größer werdenen Wasserwände zu bewundern, welche sich links und rechts von ihm aufbauten. Fische und anderes Getier schwamm darin herum, so als würde nicht einfach ein Riss durch ihren Lebensraum gezogen werden.
Neugierig streckte Berash die Hand aus in Richtung der Wasserwand. Doch statt einer festen Wand konnte seine Hand ganz einfach in das eisig kalte Wasser tauchen. Neugierig schwamm einer der Fische näher heran und wollte diesen merkwürdigen Neuankömmling begrüßen.
"Lass das!" knurrte Margarita, woraufhin Berash sofort die Hand wieder herauszog. "Das kostet mehr Kraft, also steck nichts in die Wand."
Schweigend folgten die beiden den Stufen und stiegen hinab zum Grund des Sees, bis sie dort angekommen waren.
Sie hatten das gefunden, wovon die Fische gesprochen hatten. Einen Steinkreis. Und dort war auch der umgekippte Findling, unter dem wohl der Wels lebte.
"Wie, bei allen Göttern..." Berash schaute sich stauend um. Um den Steinkreis herum waren die Wände, deren Wasser rauschend hinab floss. Man konnte sogar das Loch sehen, welches ihnen den Blick bis zum Himmel ermöglichte.
"Beeil dich. Ich weiß nicht, wie lange ich das hier noch aufrecht erhalten kann." Knurrte die Wassermagierin angestrengt.
"Also gut..." Berash packte seinen Stab und stapfte hinüber zu dem alten Steinkreis. Dieser war mit Algen oder ähnlichem Grünzeug verhangen und halb im Schlamm des Sees begraben. Doch wie bei allen Steinkreisen üblich befand sich, genau in der Mitte, ein Altarstein. Und genau auf diesem Stein lag etwas.
Berash stapfte durch den Schlamm hinüber.
Als er näher kam, konnte der Assassine erkennen, dass es sich um eine kleine, aus angelaufenem Silber bestehende, Schatulle handelte, verziert mit diversen Symbolen und Siegeln. Vorsichtig näherte er sich dem ganzen und hielt seinen Stab abwehrbereit, während sein Blick immer wieder hin und her glitt. Doch nichts schien darauf zu schließen, dass hier irgendeine Gefahr lauerte.
"Beeil dich gefälligst!" Rief Margarita hinter ihm. Berash verdrehte die Augen und schnappte sich kurzerhand die Schatulle. Öffnen konnten sie die auch noch, wenn sie wieder am Ufer des Sees waren.
Doch kaum hatte er die Schatulle ergriffen, schoss ein eisiger Schock durch seine Hand. Berash zischte schmerzerfüllt. Er hatte die Worte des Wels vergessen!
Die Schatulle fiel dem Assassinen wieder aus der Hand und landete mit einem klappern auf dem Stein. Fluchend schüttelte er seine Hand und versuchte das taube Gefühl wieder aus seinen Fingern zu vertreiben. Stattdessen holte er ein Stück Leinen hervor und warf es über die kleine Box, bevor er sie erneut berührte. Wieder ströhmte Kälte in seine Finger, doch dieses Mal nicht so stark wie zuvor.
Schnell leerte er den Inhalt seines Münzbeutels aus, stülpte ihn über Schatulle und Tuch, bevor er das ganze umdrehte und aufnahm.
"Hab es!" rief er zurück zur Wassermagierin. Und plötzlich war da ein Knirschen und Rumpeln zu hören, Während Margarita schmerzerfüllt aufstöhnte. Der Assassine eilte zu ihr, als sie in die Knie sackte und hielt sie fest, bevor sie ganz zu Boden ging.
"Ich weiß nicht, was du gemacht hast, aber wir müssen zurück. Jetzt sofort!" keuchte sie, Während Berash ihr wieder aufhalf. Kurzerhand stützte der Assassine mit seiner Schulter und zog sie mehr, als das sie selber ging. Sie eilten den glitschigen Stufen hinauf, jegliche Vorsicht vergessen, während hinter ihnen langsam, aber sicher mehr und mehr Wasser von den "Wänden" hintunter stürzte.
"Scheiße, Scheiße, Scheiße!" Fluchte Berash, während sie versuchten dem See und seinem nassen Grab zu entkommen. Irgendwie hätte das aber schon etwas ironisches gehabt: eine Wassermagierin und ein einstiger Assassine, die in einem See ertranken.
Doch Berash hatte keine Zeit, die Ironie darin zu genießen. Stattdessen schleppte er die Wassermagierin weiter die Stufen hoch, während sich hinter ihnen der Weg hinunter mit einem lauten Rauschen schloss. Sie würden es schaffen! Sie mussten es schaffen!
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #51
“Das war knapp und nass...”, sagte Ornlu und sah zu wie die Wassermassen wieder langsam am Ufer zurückgingen. Natürlich war es ein Spektakel und eine magische Naturgewalt, die sich abgespielt hatte. Zu gern hätte er über dieses Element auch verfügt. Doch dem war nicht so und so war seine Aufgabe gewesen Berash zu helfen Margarita möglichst schnell hoch zu bringen. Es möchten zwar nur fünf Schritte gewesen sein, aber er bildete sich etwas darauf ein, dass sie ohne ihn ins Wasser zurückgezogen worden wären.
So wurden sie einfach bis zur den Oberschenkeln nass, weil die Wassermassen irgendwohin mussten.
Interessiert betrachteten sie die sich verteilenden Wassermassen, die natürlich auch Untergrund aufgewirbelt hatten und das Wasser entsprechend trüb aussah. Dann aber kam er nicht umhin auf das zu blicken was sie geholt hatten.
“Also war da tatsächlich was. - Und da unten…?”, fragte der Druide.
“Ein Kreis aus Steinen mit einem Altar in der Mitte.”, sagte Margarita stark erschöpft.
“Wie viele Findlinge? Standen alle?”, fragte Ornlu schwer interessiert.
“Sechs Findlinge. Einer lag am Boden.”, erzählte Berash und mochte aus der Mimik des Druiden wohl nicht genau deuten was dies für ihn bedeutete. Für Ornlu bedeutete das immens viel.
“Wenn das vorbei ist. Will ich mir das nochmal anschauen, Margarita. Dann…bin ich bereit auch etwas zu erzählen.”, lockte er sie und malte sich aus, was er bewirken könnte, wenn er den Steinkreis wieder zum Leben erwecken könnte. Kalad hatte also damals Recht behalten, dass er oben vom Gebirge aus verräterische Schatten im See gesehen hatte. Nur für einen Moment, da die Sonne passend dahin schien.
“Mir wäre recht, wenn wir uns auf das Wesentliche nun konzentrieren. Ravix wird sicher bald hier sein. Wir müssen uns beeilen.”, sagte sie.
“Wir sollten nicht so nah bei Lytta und nicht am offensichtlichsten Ort für Ravix uns mit der Schatulle beschäftigen. Lasst uns den Eberstein hinaufgehen. Irgendeine Mine.”, schlug er vor und nachdem Margarita ihr Ok gab, ging es auch los. Nicht zu schnell, aber gezielt.
Die Drei betrachten die Schatulle, die eiskalt war und noch immer in Berash’ Beutel.
Nach etwas Zeit und Ornlus Maßnahmen des Spuren Verwischens, betraten sie eine der kleineren Minen und gingen ein Stück tiefer hinein. Ornlus Licht erleuchtete die modrigen Gänge bis sie an einer Stelle waren, die einmal Knotenpunkt mehrere Gänge war.
“Also was haben wir auf dem Weg hierher alles heraus gefunden?”, fragte Margarita oberlehrerhaft.
“Das was du vermutet hast. Magisch verschlossen.”
“Und was lehren uns die Lehrbücher dazu?”, fragte die Wassermagierin. Berash und Ornlu zuckten mit den Schultern, wie zwei einfältige Schuljungen, die nie aufpassen. Berash konnte es nicht wissen und Ornlu…nun der erinnerte sich nur sehr vage an die Worte seines Lehrmeisters dazu, denn diesen Zauber hatte er damals nur einmal verwendet.
“Vom Jagdewolf hätte ich mehr erwartet. Lehrte man es dich nicht?”, fragte die alt-junge Frau.
“Nicht genug, um kniend vor meinem Meister in tiefster Nacht irgendwelche Texte zu rezitieren oder zur Strafe gezüchtigt zu werden. Erleuchte uns bitte, Margarita.”, spottete der Druide. Fast hatte er gedacht, dass der gemeinsame Kampf gegen Lytta das Verhältnis ein wenig geglättet hätte.
“Es braucht den Erschaffer des magischen Siegels oder der Magier Drei…die zugleich verschiedener Magieschulen angehörig sein müssen. Einen Schwarzmagier der nichts weiß haben wir ja. Ein Feuermagier bist du aber nicht, Jadewolf.”, urteilte Margarita.
“Aber etwas anders… - damit sind wir Drei. Ich weiß nur nicht, wie man sowas bricht. Erleuchte uns erneut, Margarita.”, bat der Jäger und konnte sich nicht daran erinnern, wie das damals war.
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Margarita seufzte. "Wenn ich wenigstens eines der Bücher dazu dabei hätte..." sie rieb sich mit der Hand über ihr Gesicht.
"Also gut. Wir drei setzen uns erst einmal um das Kästchen herum, jeder von uns eine Armlänge Abstand zum nächsten." Sprach die Wassermagierin und setzte sich kurzerhand auf den Boden. Berash und Ornlu taten ihr es kurz darauf gleich und nach einigem Hin und her gerutsche saßen sie ungefähr im gleichen Abstand zueinander.
"Und nun?" fragte der Assassine, nachdem Margarita die Schatulle in der Mitte positioniert hatte.
"Jetzt kommt der wichtige Teil: Jeder von uns wird seine Hand ausstrecken und aufeinander legen. Erst ich, dann du und oben dann Jadewolf. Er und ich sind am erfahrensten was die Anwendung von Magie angeht, du wiederum..." Sie machte eine wegwerfende Geste mit ihrer Hand, welche Berash galt.
"Wir müssen unsere Magie ineinander fließen lassen, mit welcher ich dann das Siegel brechen kann. Und da du der unerfahrenste von uns dreien bist, werden Jadewolf und ich als Begrenzung für deine Kraft dienen. Unfokussierte Magie ist gefährlich und könnte dich und auch uns verletzen."
Berash nickte nur. Margarita hatte ja auch irgendwie recht, schließlich brauchte der Assassine seinen Stab um gezielte Magie zu wirken. Ohne diesen waren seine arkanen Kräfte ungezügelter, was ja der Hauptgrund war, warum Lytta überhaupt erst frei gekommen war. Erst durch den Stab und Ornlus Worte war es ihm gelungen seine eigene Macht besser kanalisieren zu können.
"Schade. Ich habe schon lange nicht mehr die Hand einer Wassermagierin halten dürfen." kommentierte Ornlu das ganze mit einem Grinsen auf den Lippen.
Margarita verdrehte nur die Augen und streckte ihre Hand aus, welche kurz über der Schatulle schwebte.
"Danke für diesen Einwurf, Jadewolf. Los jetzt. Berash als nächstes, dann du."
Die drei Magier legten nun die Hände aufeinander, Margarita zuunterst, dann Berash, ganz oben auf Ornlu.
"Öffnet euch euer Magie, lasst sie einfach fließen. Wirkt keine Zauber, versucht nicht ihr irgendeine Form zu geben. Ich werde die Magie sammeln und dann hoffentlich das Siegel brechen." Sie zögerte für einen Moment, bevor sie sich noch einmal direkt an Ornlu wandte. "Vorrausgesetzt, du bist wirklich was du behauptest, Jadewolf." Dann holte Margarita tief Luft und schloss ihre Augen.
"Also los. Möge Adanos uns beschützen..." murmelte sie noch, bevor sie ihre Atmung beruhigte und eine konzentrierte Miene aufsetzte.
Berash schloss ebenfalls die Augen und atmete tief ein. Noch während er sich darauf konzentrierte seine Magie zu wecken spürte er schon ein Kribbeln auf seinem Handrücken und eine fließende Wärme, welche von oben herab in seine eigene Hand glitt.
Das ist bestimmt Ornlus Magie, dachte er noch, bevor er auf einmal einen überwältigenden Geruch von verbranntem Zucker war nahm. Auch seine Magie hatte sich frei gesetzt, pulsierte und pochte in seiner Hand. Es schien fast, als wolle sie ausbrechen und nach oben hin weg strömen. Doch Ornlus magische Kraft verhinderte dies und wirkte wie eine Wand. Oder nein, eher wie eine Düne, deren Sand immer weiter den Hang hinunter glitt. Sie drückte die dunkle Macht des Assassinen hinunter, wodurch die rohe, unfokussierte Kraft Berashs keine andere Wahl hatte als nach unten weg zu fließen, hinein in die Hand der Wassermagierin.
Margarita unterstützte den ganzen Prozess, indem sie ihre Magie und die Magie der beiden Männer miteinander verwob und langsam um das Kästchen herum ausbreitete, bis es von einem blass-blauen Leuchten umgeben war. Hätte Berash seine Augen geöffnet, dann wäre der Assassine auch in der Lage gewesen die grünen und schwarz-violetten Wirbel zu sehen, welche immer wieder auftauchten und verschwanden. Sie pulsierten wie das regelmäßige Schlagen eines Herzens.
Auch das blass-blaue Leuchten begann zu flackern, erst langsam, dann immer schneller. Die Wirbel wurden stürmischer und vermengten sich mit dem Leuchten, bis sie zu einem kaskadenhaften Aufblitzen wurden. Und dann, mit einem Mal...
Klick.
Die Magie verschwand und die Schatulle sprang auf. Margarita seufzte erleichtert und öffnete die Augen, ebenso wie Berash. Sie alle drei zogen ihre Hände vom Kästchen zurück und sahen, wie es einen kleinen Spalt offen stand. Keiner von ihnen fand den Mut den Deckel anzuheben. Nur die Götter, und Ravix, wussten, was wirklich in diesem Kästchen war. Auch wenn Berash die ein oder andere Vermutung hatte.
"Also... " Berash räusperte sich. "Erfahrenere Magier vor?"
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #52
Es war eine neue Erfahrung als Dreiergespann so ein Siegel zu brechen. Ornlu - trotz seiner vielen Jahre die er nun schon als Druide lebte - hatte sowas nun zum ersten Mal gemacht und war wieder einmal am Punkt angelangt wo er realisierte, dass er noch sehr viel über die Magie, ihr Wesen und Zauber lernen sollte. Nicht nur für seine Magie, sondern auch über jene der Magier. Irgendwann oder sogar bald würde er auf einen Wassermagier treffen, den er umbringen musste. Er besaß gute Karten, denn über die Magie der Natur wusste kaum jemand etwas. Gleichzeitig musste er eingestehen, dass die Mächte der Wassermagier eine sehr zerstörerische Natur besaßen, wenn man sie richtig einsetzte. Auch sie vermochten die Geschicke der Menschheit derart zu beeinflussen, dass durch Dürren, Überschwemmungen oder eisige Sommertage die Ernten zerstört wurden. Den Aspekt hatte er noch gar nicht gesehen. Für wahr vermochte Feuer auch vieles zu zerstören. Aber die Kräfte Adanos waren tiefgründiger in ihrer Natur.
Er schaute kurz zu Berash und fragte sich nur, ob er so vermessen und bösartig wäre, einen Riss in Beliars Reich zu schaffen. Einen Weltenriss zu beschwören, der eine ganze Region verdarb und veränderte.
Dann blickte er zur Schatulle und machte keine Anstalten, besonders vorsichtig zu sein. Wären da Schutzmechanismen, hätten sie schon ausgelöst.
Der Druide schob den Deckel der Schatulle auf und schreckte zurück. So wie die beiden anderen auch. Ein blutverkrustetes, vernarbtes und irgendwie wieder gewuchertes Menschenherz schlug da im ruhigen Rhythmus.
“Bei Adanos…”, murmelte Margarita.
“Bleib ruhig und schließ die Augen sacht
liege still, liege ruhig, doch sei gewarnt
vor dem Magier, verschlagen grausam
Gefangen mein Herz sein Werk
Er hakt und schlägt, teilt es in Zwei
Martert mich Mal für Mal.”, sagte Ornlu und erklärte damit, was sie da sahen. Es war Lyttas Herz und es erklärte, wieso sie ein Loch in der Brust hatte.
“Ich weiß nicht was Ravix damit macht…aber wenn man es wortwörtlich nimmt…dann hat er sich hieran ausgetobt und das Herz verheilte trotzdem auf…seine Art.”, sagte Ornlu und blickte darauf, wie es pochte und doch nichts fließen ließ.
“Margarita. Du bist Heilerin…was spürst du? Berash…hast du sowas schon mal gesehen?”, fragte der Druide und versuchte sich immer noch einen Reim darauf zu machen, was das alles sollte und ob Lytta das Herz brauchte oder bloß nicht bekommen sollte.
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Lehrling
Westküste - Hännos Oma ist eine Kröte
Je bodenständiger ein Mensch veranlagt war, desto schwerer fiel er in die Leere, wenn ihm tatsächlich einmal der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Henderson war sich sicher gewesen, an diesem Morgen bereits den schwersten emotionalen Sturz erlitten zu haben, doch Lady Caarelia vor sich zu sehen, wie sie bitterliche Tränen weinte, lähmte ihn regelrecht und umgarnte ihn mit einem Mantel der Trauer. Auch er hatte den kleinen Nager in der kurzen Zeit, in der sie sich kannten, liebgewonnen. Und es war selten der Abschied selbst, der ihn erschütterte. Den Tod kannte er, er war sein Geschäft. Aber das Leid der Menschen, die zurückblieben, damit wusste er nicht umzugehen. Er war kein Prediger im Namen Innos, der den Hinterbliebenen Trost in dieser schweren Zeit spenden konnte. Er war einfach nur ein abgestumpfter Stein im Flussbett der Tränen.
Er setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm und klopfte auf den Platz neben sich. Caarelia zögerte eine Weile, schniefte und ließ sich schließlich langsam neben ihm nieder. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, die blonden Haare hingen ihr ungewohnt wüst vor den Augen. Henderson atmete hörbar aus und begann dann mit einer kleinen Geschichte. Leiser als das Heulen des Windes und möglichst schonend.
„Als ich noch ein Dreikäsehoch war, gingen mein Bruder Anderson und ich regelmäßig zum Fischen an den Fluss. Manchmal entdeckten wir auch Frösche oder Kröten am Ufer. Anderson wollte die immer essen, weil die bei edleren Menschen angeblich als Delikatesse gelten.“
Caarelia blickte ihn verständnislos an, aber Henderson hob beschwichtigend die Hand. Er würde bald zum Punkt kommen.
„Na ja, eines Tages jedenfalls entdeckten wir einen Frosch, der ein außergewöhnlich runzeliges Gesicht hatte und ein Quäken von sich gab wie meine Oma, wenn sie nach mir rief. Hääännoo! Häääänooooo! Verstehst du? Er war auch ganz zutraulich und wich uns nicht von der Seite. In dem Moment wollte ich fest daran glauben, dass das meine Oma war, die als Kröte wiedergeboren vor mir saß. Die Seelen unserer Liebsten verlassen uns nämlich nie wirklich.“
Er nickte, mehr zu sich selbst und um der Geschichte tatsächlich zu glauben.
„Oh ja, ich vergaß zu erwähnen … Oma ist bei einem Reitunfall gestorben. Der Gaul hat sie zehn Meter weit geworfen, das war ein Anblick … definitiv nichts für Kinderaugen.“
Er seufzte melancholisch.
„Hat dir die Geschichte geholfen?“
„Was …? Nein, das war grausam“, schnäuzte Caarelia. „Deine arme Oma. Und habt ihr den Frosch dann wirklich gegessen?“
„Äh … oh schau mal, was ich gefunden habe.“ Er wollte geschickt vom Thema ablenken und reichte ihr die hübschen Muscheln, die er am Ufer gefunden hatte. Caarelia nahm sie schweigend entgegen. Sie war wirklich fertig mit der Welt.
„Wir sollten uns ein paar Stunden hinlegen. Es ist schon dunkel, wir wollten doch erst in den frühen Morgenstunden aufbrechen“, meinte Henderson schließlich und führte Caarelia zurück ins Lager. „Die Sonne geht schon in sechs Stunden wieder auf. Ein wenig Schlaf wird uns guttun.“
Was die beiden nicht ahnten, war, dass unter der Schale einer der Muscheln, die Caarelia in ihrer Tasche verstaut hatte, ein kleines, erdnussgroße Ei klebte, aus dem vielleicht schon bald ein neuer Begleiter für die junge Frau schlüpfen mochte. Und vielleicht wohnte die Seele von Lord Streifenwind in ihm …
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"Ja leck mich doch..." murmelte Berash, jeglichen Anstand vergessend, als er den Inhalt des Kästchens deutlich vor sich sah. Das verwüstete und vernarbte Ding hatte kaum Ähnlichkeit mit einem Herzen und doch war es genau das, Lyttas schlagendes Herz.
Jeder von ihnen war auf seine Art schokiert. Auch wenn das Lied deutlich gesagt hatte, was tief unten im Silbersee gelegen hatte, es nun hier vor sich zu sehen, gebettet in makelosen Samt... Der Assassine hätte dies nicht für möglich gehalten.
"Das kann nicht sein." murmelte Margarita, während sie zögernd ihre Hand nach dem Herzen austreckte, nur um die Hand sofort wieder zurück zu ziehen. Lyttas vernarbtes Herz lies sich davon nicht aus der Ruhe bringen und schlug einfach weiter in seinem Rythmus. Als würde es noch in der Brust eines lebenden Wesens stecken.
"Ich weiß nicht wieso, aber es ist..." Margarita zögerte damit, die nächsten Worte auszusprechen. Es wirkte zu surreal, doch schien es keine andere Möglichkeit zu geben.
"Es ist lebendig, oder?" Warf Berash ein. "Es sollte nicht so sein, aber es ist so, habe ich recht?" Der Assassine sah der Wassermagierin tief in die Augen. Diese schluckte trocken und nickte dann.
"Ja. Ich kann deutlich spüren, wie dieses... Ding voller Lebenskraft ist. In all meinen Jahren als Heilerin... Ich habe so etwas noch nie erlebt..." Margarita wirkte verstört, während sie immer wieder zu dem Herzen blickte, welches auch weiterhin einfach nur vor sich hin pulsierte.
"Adanos beschütze uns... welche Mächte hast du hier nur beschworen, Ravix?" murmelte sie leise, während sich Tränen in ihren Augen sammelten und langsam ihre Wangen herab liefen. "Oh Lytta... warum hast du denn nichts gesagt?" Die Wassermagerin hatte die Männer um sich herum anscheinend vergessen und war ganz in ihrer Erinnerung gefangen.
Berash nahm Ornlu ein Stück beiseite und gab Margarita damit einen Moment für sich, bevor er leise zum Druiden sprach.
"Ich kenne den Tod in den unterschiedlichsten Formen, aber das? Das sollte nicht möglich sein. Ich bin vielleicht kein Priester, aber das hätte selbst Beliar nicht gewollt. Tot und Lebendig zu gleich, gefangen zwischen den Sphären? Das würde der Herr der Nacht nicht wollen, denke ich."
Ornlu nickte nachdenklich, während er einen Blick zu Margarita herüber warf.
"Trotzdem, das Herz ist da. Und grundlos bestimmt nicht. Warum also nimmt Ravix die Mühe auf sich und entfernt einer Frau das Herz und verwahrt es tief im Silbersee?"
"Weil er von ihrer Lebenskraft zehrt." Sprach die Wassermagierin als sie zu den beiden Männern trat. "Ich habe es im ersten Moment nicht wahrgenommen, aber jetzt spüre ich es. Ihre Lebenskraft verweilt nicht in ihrem Herzen, sondern wird abgesogen. Als würde ein Parasit all das, was das Herz hat, immer wieder absaugen. Wie ein verdammter Blutegel!"
Zorn blitzte in den Augen der Wassermagierin auf.
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #53
“Wie ein Blutegel, heh?”, kommentierte Ornlu und sammelte selbst seine Gedanken.
Eine Art von Zauber, der die Lebenskraft erweitert oder erneuert. Unsterblichkeit? War dies Ravix Ziel?
Es wäre irgendwie logisch nach all dem was bisher geschah.
Der Druide versuchte jedoch seine Erfahrung auf das Ganze zu projizieren. Alles was er über Leben und Tod wusste und Seltsamkeiten. Dinge die ebenso lebendig und zugleich tot sein mussten.
Aber auch Unsterblichkeit.
Letzteres war etwas, was manch Druide von der Natur verliehen bekam. Man war natürlich sterblich durch äußere Einwirkungen. Doch kam es dazu nicht, dann konnten solch Druiden wie Runak existieren, die noch zu den ersten Menschen nach der großen Flut gehörten.
Und auch er besaß dieses Geschenk. Glaubte aber nicht, dass er durch seinen Lebensstil auch so alt werden würde.
Ornlu kannte aus der Natur, aus dem ewigen Kreis des Lebens keine Form oder Art, die so wie Lyttas Herz existieren konnte. Es konnte nur mächtige Magie sein oder ein Fluch. Aber gab es sowas unter der Magie des Vaters? Ornlu zweifelte das an.
War Ravix dann aber ein Diener des dunklen Gottes? Laut Berash wäre selbst Beliar über diese Sache angepisst. Womöglich hatte der einstige Emir wohl recht.
Was würde die Mutter des Lebens dazu sagen?
Das Leben galt immer vor dem Tod. Aber so ein Leben? Nein, sie würde es nicht gut heißen. Niemand wünscht seinem Kind ein Dasein wie jenes von Lytta.
Dann bliebe Innos, doch der war gegen sowas wie Lytta.
Alle vier Gottheiten wären wohl dagegen. Das war eine Rarität musste man sagen. Gab es noch einen fünften Gott?
Ornlu bezweifelte dies.
“Lytta verfügt durch ihr Dasein als Kreatur aus Beliars Reich über Magie die den Schwarzmagiern ähnlich ist. Ihr Geist kommt von da. Also war sie irgendwie schon in Beliars Reich. Gleichzeitig hat sie aber auch Magie des Vaters gewirkt. Wassermagie. Magie dieser Sphäre. Wie kann es also sein, dass dies funktioniert? Wir wissen gar nichts und stochern wieder im Dunkeln.”, meinte der Druide und blickte zu Margarita.
“Welche Zauber beschreiben die hohe Magie Adanos? Gibt es einen Zauber der für Lyttas Dasein zuständig ist? Gibt es in der Heilmagie sowas? Oder Alchemie? Irgend eine Erklärung dafür, dass jemand es schafft Beliars und Adanos Gesetzen zu trotzen?”, fragte Ornlu. Margarita verneinte. Kurz und knapp.
“Dann können wir nur einen fragen wie das geht und was das soll.”, sagte Berash.
“Er wird nicht reden. Selbst wenn er im Sterben liegen würde.”, meinte die hohe Wassermagierin.
“Sicher? Ich würde es ja testen. Margarita. Wie mächtig ist er als Magier?”, fragte der Jäger.
“Stärker als ich. Das müsste er wohl sein. Er ist sehr alt, aber wirkt noch heute wie jemand in den besten Jahren für einen Magier.”
“Dann braucht es einer List. Eines Planes. Ein direktes, magisches Duell könnte schief laufen oder auch besser für uns ausgehen. Ich vermute, er wird nicht lange auf sich warten lassen. Uns finden und sich nehmen, was sein ist.”, sagte Ornlu.
“Eine Falle? Wie soll die ausschauen?”, fragte die Wassermagierin.
“Ich kenne ein paar von euren Zaubern..."
"Aha... Wirklich?", fragte Margarita.
"Ja. Ich kenne ein paar von euch. Schon immer. Tinquillus, Aniron, eine Jail, Jimney, Hyperius und Myxir. Nur nicht den Umfang der hohen Magie. Aber die brauchen wir nicht, wenn du als argaanische Wassermagierin ordentlich ausgebildet wurdest. Und Berash ist der perfekte Köder. Wenn wir beide im Verborgenen bleiben…kriegen wir im richtigen Moment unsere Gelegenheit. Wir warten hier vor dem Eingang. Berash draußen. Ich in der Vegetation vor der Mine und du Margarita in den Schatten der Mine. Dann musst du…”, erzählte der Jäger und schmiedete daran, eine schlaue Falle zu bauen.
Geändert von Ornlu (15.06.2025 um 08:58 Uhr)
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"Das ist eine ganz miese Idee..." mumelte Berash verdrossen, während er auf einem Stein saß und das Kästchen fast gedanken verloren in den Händen drehte.
Ornlu und Margarita hatten sich etwas abseits in den Tunneln des vergessenen Stollens verzogen, während der Assassine im Licht eines improvisierten Feuers darauf wartete, dass der Besitzer des Kästchens sich zu ihnen gesellte.
Schritte ertönten und ein blau-weißliches Leuchten näherte sich der Position, wo Berash sich befand. Die Schritte wirkten gelassen und zielgerichtet, so als wüsste die Person ganz genau, wo sie hin musste. Berash atmete tief ein und wieder aus, bevor er das silberne Kästchen beiseite legte und seinen Stab ergriff. Nun würde sich zeigen, ob der Plan des Druiden funktionieren würde.
"Ich glaube, du hast etwas, dass mir gehört." sprach eine sonore Stimme entspannt. Sie hatte einen vollen Klang und vermittelte den Eindruck von dunkler Schokolade und warmen Honig, deren Wirkung durch den leichten Hall der Stollen sogar noch verstärkt wurde. Und als der Sprecher um die Ecke kam, zeigte sich eine eindrucksvolle Gestalt im Schimmer der magischen Lichtkugel, welche über ihm schwebte.
Ravix war großgewachsen und breitschultrig, seine attraktiven Gesichtszüge wirkten edel. Die Hände hatte er in klassischer Magier-Manier vor der Brust verschränkt, während sie in den Ärmeln der Robe steckten. Das schulterlange dunkelbraune Haar sowie der kurz gehaltene Vollbart gaben ihm eine weise Aura, die durch die einzelnen grauen Strähnen nur noch verstärkt wurde. Alles an dem Wassermagier strahlte eine ansteckende Wärme aus, dass einem fast schlecht werden konnte.
Hätte Berash nicht durch Lytta und ihrem Schicksal gewusst, wozu der Mann fähig war...
Ravix lächelte einvernehmend, als er näher an das Feuer trat und sein Blick durch die Höhle glitt. Als seine Augen das silberne Kästchen entdeckten, blitzte für einen Moment ein Leuchten in seinen Augen auf, bevor er sich wieder dem Assassinen zuwandte.
"Ah, du hast also meine Schatulle gefunden." Der Wassermagier breitete die Hände vor sich aus, zeigte seine leeren Handflächen lächelte freundlich.
"Ich spüre Misstrauen und Vorsicht, mein Freund. Dafür gibt es keinen Grund, weißt du? Ich möchte nur mein Kästchen zurück und dann können wir beide auch schon wieder getrennte Wege gehen." Wieder dieses einvernehmende Lächeln.
Gleichzeitig spürte Berash, wie eine tiefe Gelassenheit von ihm Besitz ergriff, die eigentlich völlig fehl am Platz wirkte. Ravix entspannte Körperhaltung sowie die offenen Hände zeigten doch, dass der Mann, trotz seiner Taten, überhaupt nichts böses im Sinn haben konnte. Berash verstand selbst nicht, warum er sekunden zuvor noch so misstrauisch gewesen war. Es war fast als wäre sein aufgewühltes Gemüt mit einem kalten Guss überschüttet worden.
"Aber sei so gut und beantworte mir noch eine Frage, ja? Wie hast du von dem Kästchen erfahren, hm? Wer hat geredet, Murdra vielleicht? Ich hätte die alte Schachtel schon längst aus der Welt schaffen sollen."
Berash öffnete den Mund und wollte schon antworten, als plötzlich das magische Licht über Ravix erlosch und dessen Züge nur noch in das flackernde Licht des Feuers getaucht wurden. Gleichzeitig verschwand die gelassene Ruhe, welche den Assassinen einen Moment zuvor noch erfüllt hatte und machte der nun folgenden Verwirrung Platz. Was, bei Beliar, war da grade mit ihm passiert?
Ravix stattdessen zog blitzartig einen Dolch aus den tiefen seiner Robe und blickte sich wütend um. Er hatte erkannt, dass er in eine Falle geraten sein musste. Und jetzt konnte der Wassermagier auch die Runenfolge erkennen, welche das Bannsiegel Margaritas zeigten.
Die hohe Wassermagierin hatte mit der letzten Rune aber auch lange genug gewartet!
Ornlu trat aus den Schatten hervor, gefolgt von einer hoch konzentrierten Margarita.
"Also das ist eine Überraschung." knurrte Ravix, während seine Augen zwischen den drei Magiern hin und her blickten.
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #54
Das war ein gefährlicher Bastard. Das sah man ihm an. Diplomatisch, bestimmend und Augen denen man nicht trauen konnte. Dabei wirkte er auch noch von Anfang an Magie, die Ornlu nicht kannte.
Margarita hingegen hatte es sofort erkannt.
Im richtigen Moment hatte sie dann das Siegel der Neutralisation gewirkt. Der Druide wusste nicht, ob dies Sinn und Zweck des Zaubers war. Jedoch war er in diesem Moment sehr nützlich und bestätigte das, was er darüber auf seinen Reisen erfahren hatte.
Ein Siegel, das jegliche Magie bannte. Für alle im Siegel oder jeden Zauber der in das Siegel gewirkt wurde.
“Überraschung…”, grüßte Ornlu den Wassermagier mit einer ausfallenden Geste seiner Arme und stolzierte direkt um Ravix.
“Naaaa? Wo ist der Kuchen, Ravix? Wir wollen doch Lyttas Auferstehung zu einer verdammten Nachterscheinung feiern! Und du als Erschaffer dieses Monsters solltest schon einen ausgeben und dein Werk feiern. Hilds Sohn musste daran glauben und wären mein weißhaariger Kollege und ich nicht…tja…die Region wäre voller ausgedörrter Leichen und Untoter. Hast du ganz toll gemacht, Ravix. Ein gottverdammter Magier bist du. Eine Zierde derer, die über Leichen gehen. Ich würde dich ja drücken und Küsschen geben…aber irgendwie überlege ich schon die ganze Zeit, wie ich dich so verletzten kann, damit Lytta ihre Rache bekommt.”, grüßte Ornlu den Wassermagier und kam Ravix so nah, dass er etwas zurück rutschte.
Ihre Blicke trafen sich direkt und der Wolfsdruide wirkte mit seinen tierischen Auge, Aura und natürlichen Dominanz. In diesem Moment war nichts von den Schelm übrig, der Ravix begrüßt hatte. Da war die Maske kurz gefallen und warnte nicht nur - sie versprach etwas. Wie der Blick eines hungrigen Wolfes auf seine Beute.
Ravix hingegen wirkte wie ein Herr der Autorität ausstrahlte und sich die Worte immer zurecht legte. Er war es nicht gewohnt, so angegangen zu werden. Ein Hofmagier - wie Margarita erzählte.
“Das ist Jadewolf und er hier ist Berash. Sie haben, wie du erfahren hast, schon das Vergnügen gehabt, mit Lytta Bekanntschaft zu machen und ich durfte es gestern Abend. Was hast du ihr nur angetan!? Ist dir nichts heilig, Ravix!? Bei Adanos! Bei allen drei Göttern!”, klagte Margarita hoch konzentriert und zornig. Ihr Siegel lumiszinierte am Boden und man sah, wie sich sehr langsam Rune für Rune auflöste.
Ravix blieb kalt und gelassen. Ganz der Politiker und Gelehrte. Ornlu indes nahm neben Berash Platz und schien wohl nur darauf zu warten, dass das Siegel seine Kraft verlor.
“Herr Jadewolf hat wohl keine Manieren. Die habt ihr alle nicht. Mich unter diesem Siegel bannen und anklagen. Das hat Konsequenzen, Margarita.”, sagte der Wassermagier mit der sonoren Stimme und nahm gar nicht Stellung zur Anklage der Drei.
“Alles hat Konsequenzen. Das was du davor getan hast und das, was du jetzt tun wirst.”, sagte Ornlu in einem Ton, bei dem er dies nicht noch mit Gewalt androhen musste, wenn Ravix nicht kooperierte.
“Wir haben Dinge erfahren und dieses Herz gefunden. Wieso habt ihr das gemacht?”, fragte Berash. Ravix schmunzelte leicht auf.
“Für euch Herr Ravix oder euer Ehrwürden. Ich bin Berater des Königs, ihr Haderlumpen.”, sagte Ravix und blickte Ornlu und Berash an. Margarita schien es zu amüsieren.
“Du bist ziemlich von dir überzeugt, Wassermagier. Dabei rennt dir die Zeit davon.” , entgegnete Berash mit der Selbstsicherheit eines Assassinen.
“Endet der Siegelzauber…wirst du zur Rechenschaft gezogen. Es gibt genug Beweise. Also verteidige dich, Ravix.”, warnte Margarita.
“Ich bin nur Adanos Rechenschaft schuldig. Nicht dir, nicht den da und erst recht nicht diesem Jadewolf. Wo hast du diese Banditen für deine dummen Spielchen und Tricks aufgetrieben, Margarita?”, fragte Ravix als wäre er immer noch im Vorteil. Ornlu blickte kurz zu Berash, der stand auf und knallte Ravix so schnell eine, dass der Wassermagier gar nicht dazu kam, mit seinem schönen Dolch herum zu fuchteln. Seine Lippe blutete und Ornlu vernahm in Berash eine gewisse Genugtuung.
“Na…wie schmeckt der Boden der Tatsachen? Spiel nicht und versteck dich nicht hinter deiner Arroganz. Rede!”, forderte Ornlu ein.
“Schläger…mehr seid ihr nicht. Pflegt nicht einmal die Regeln der Konversation. Ich habe Herrn Berash zuerst etwas gefragt.”, sagte Ravix.
“Sie haben es von mir erfahren. Den Standort haben wir gesucht und gefunden. Es war nicht einfach, da hast du was Außerordentliches geschaffen. Reicht das, Ravix?! Hättest du dir doch denken können, dass ich all die Jahre nicht nachgegeben habe.”, sagte die Wassermagierin und setzte sich zu Berash und Ornlu.
“Tja…hätten wir jetzt noch eine Flasche Wein, könnten wir auf die neue Freundschaft anstoßen.”, kommentierte Ornlu die aktuelle Situation, wo alle ruhig am Feuer saßen. Zumindest wirkte es von außen so.
“Ich hoffe nicht irgendeinen verdünnten Bauernwein.”, scherzte Ravix fast und blickte die zwei Nicht-Wassermagier an. Er konnte wohl mit seinen Worten nur beleidigen oder provozieren. Ornlu dachte sich nur, dass die Überraschung wirklich groß werden würde, wenn er ihn magisch angreifen würde.
“Nein, für dich gibt es nur den Guten von Archolos. Wir wollen doch mal nicht vergessen, wer Ethorn die Tipps gibt, wie man bald zwei Jahrzehnte nichts macht. Ist auch schwierig, wenn man nebenbei allerhand Dinge betreibt, die besser kein König weiß, hmm?”, entgegnete Ornlu und ja, das schürte das nötige Feuer, um Ravix Gemüt aufzuheizen.
“Das Siegel wird langsam kleiner. Deine Frage wurde beantwortet. Nun sind wir dran. Ist das Lyttas Herz und wie kam es dazu? Die Wahrheit bitte. Ich werde dich, nachdem das Siegel verschwindet auch nicht schonen. Lytta war meine beste Freundin.”, sagte Margarita und wollte endlich Tatsachen hören.
“Nun…was spricht dagegen, wenn ich euch nichts sage und das Geheimnis mit ins Grab nehme?”, fragte Ravix. Er konnte es nicht sein lassen.
“Nichts. Aber wenn dir an irgendwas liegt, außer dir selbst. Dann erleuchte uns, Ravix. Vielleicht bleibst du sogar am Leben.”, antwortete Margarita
“Billige Tricks kannst du dir sparen, Margarita. Hoffnung schüren, aber davor den sicheren Tod versprechen…Nein. - Ich werde euch aber tatsächlich ein wenig helfen, weil ich nicht das Monster bin, das ihr in mir seht. ”, entgegnete Ravix und blickte zum Siegel.
“Ich halte mich einfach, damit die einfachen Gemüter unter uns auch verstehen. Es war Lyttas Arbeit und Nachforschung, die uns dahin brachte. Wir hatten gemeinsam an der göttlichen Formel geforscht. Nach Macht, die kein Magier je besaß und einen Weg unsterblich zu werden...”
“Ihr wolltet selbst Götter werden…”, unterbrach Ornlu den Wassermagier.
“In der Art, ja. Es gibt viele Geheimnisse die wir noch nicht kennen und wir wären Narren nicht nach ihnen zu suchen.”
“Schön. Und deswegen hast du Lytta schon in jungen Jahren gequält und euer Ungeborenes geopfert.”, sagte Margarita voller Bitterkeit. Ravix Mimik verzog sich für einen Moment. Einen Moment lang sah man sowas wie Reue.
“Es war ein Fehler im Nachhinein. Doch ich entschied das nicht allein, Schwester im Glauben. Lytta wollte es nicht und wollte die Gelegenheit für ein Experiment nutzen.”, erklärte Ravix und machte es nicht besser. Ornlu widerte es an und in Gedanken war er bei seinem Fleisch und Blut. Er war vielleicht kein guter Vater. Aber niemals würde er sowas tun.
“Hätten die anderen das mitbekommen, wärt ihr im Kerker gelandet! Lytta sagte, du hast sie genötigt. Das Experiment war es in keinem möglichen Szenario wert, ein unschuldiges Leben zu beenden!”, klagte die Wassermagierin.
“Das Experiment war der Anfang unserer Forschungen. Ihre Verletzungen und alles, was kam… Das machte sie aus freiem Willen. Ich war sehr dankbar, dass sie sich bereit erklärte. Das machte Vieles einfacher.”, sagte der Wassermagier und erzeugte nur Abscheu in ihnen. Man mochte es mit der Moral nehmen, wie man wollte, aber Ravix hatte einfach keine Skrupel. Es war nicht nur Ornlu der ihm nicht abnahm, dass Lytta das mit vollem Einverständnis machte.
“Und ohne sie hättet ihr jemand anderem das alles zugefügt!?”, fragte Berash.
“Nein. Nicht in dieser Richtung. Nicht auf so eine Art. Lytta war bereit, jegliche Grenzen zu überschreiten. Ja! Sie führte unsere Gedanken und Thesen weiter vor und war wie besessen von der Idee die Sterblichkeit hinter uns zu lassen. - Es war Schicksal, dass sie zu mir kam und wir große Fortschritte im Verständnis der Magie erreichten. Das was wir erfuhren und geschaffen hatten und haben. Das ist etwas ganz Neues.”, sagte er mit Stolz.
“Aha. Was habt ihr denn, was so neu ist? Habt ihr eure Ziele erreicht? Es kann doch nicht dein Ziel gewesen sein, dass Lytta so endet?”, fragte Ornlu.
“Nein. Das war es nicht. Es hat aber funktioniert und funktioniert für mich. Für sie tut es mir leid, aber sie ist…selbst schuld daran. Und das wird sie ewig bereuen, denn sie wird ewig so bleiben. Egal wie oft ihr oder jemand sie bezwingt. Deswegen gebt mir einfach das Herz und wir gehen alle unserer Wege. Lytta wird wieder ruhen, wenn der Neumond erscheint und ich sorge dazu, dass niemand sie findet. Es kann doch einfach sein.”, sagte Ravix mit dieser Arroganz in sich, aber auch einer gewissen Reue, dass es so kam. Es tat ihm wirklich leid, aber man spürte auch, dass er sich verraten fühlte. Margarita schien es nun zu reichen. Sie ließ das Siegel etwas schneller verschwinden.
“So einfach ja? Und dann stirbt wieder jemand! Nein. Sag es schon! Wie funktioniert der Mist, den ihr herausgefunden habt! Seid ihr wirklich unsterblich geworden!? Und sag mir, wieso du immer wieder zu deinen Ring blickst. Er ist auch von Lytta! Nicht wahr? Du spürst, dass sie daran zerrt. - Dann gibt es vier Ringe. Magische Ringe, die sie geschmiedet hat. Was machen sie wirklich, Ravix? Du bist wegen ihnen zornig auf sie. Du hörst doch auch ihr Lied! Bestimmt schon immer! Gleichzeitig brauchst du sie…brauchst du ihr Herz. Erzähl uns endlich was war und ist. Meine Geduld ist am Ende, Hofmagier!”, polterte die hohe Wassermagierin und strich sich wütend durch ihre Dreadlocks. Murdra mit feistem Blick war nichts dagegen.
Ravix atmete ein. Blickte Margarita an und sprach…
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Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #55
“Das geht dich alles nichts an! Ihr habt genug Hinweise und Warnungen von mir bekommen! Greift ihr mich gleich an, dann wird es vergebens sein wie bei Lytta. Sobald ich wieder aufstehe…sterbt ihr alle.”, sagte Ravix in einem selbstsicheren Ton und deutete an, dass er sich bereit machte magisch zu kämpfen.
Die Drei wechselten Blicke und waren sich sicher, dass so nichts aus Ravix heraus zu bekommen wäre. Ornlu lächelte auf, erhob sich und blickte zum Siegel, das sich in zwei Runenzeichen auflösen würde. Keine zehn Atemzüge. Margarita und Berash erhoben sich genauso wie Ravix.
“Was auch immer gleich passiert, Margarita. Dafür riskiere ich nicht mein Leben.”, sagte er mit einem Schulterzucken und zog sich mit entschlossenen Schritten zurück. Er trat aus dem Siegel und begann, als scheinbarer Zuschauer des nahenden Spektakels, etwas zu wispern und in sich zu wecken.
Nicht dass er ein toller Schauspieler war. Aber es gab einen Plan für diesen Fall und ihr größter Vorteil war, dass Ravix nichts über die magisch begabten Menschen des Waldvolkes wissen konnte. Erst recht nicht über Ornlu und seine erlangte Expertise als Druide, der alte Zauber von vergangenen Meistern durch seine Reisen entdeckt hatte. Zauber, die seinen magischen Geschwistern sogar unbekannt waren. Zauber, die er selbst geschaffen und verfeinert hatte. Inspiriert durch die Orks, die er kennenlernte und die Macht der Worte in der alten Magie der Druiden.
“Ein Feigling bist du. Dazu lässt du mich mit diesem Möchtegern-Schwarzmagier allein. Das Volk der Wälder wird seinem Ruf gerecht!”, schimpfte Margarita. Ornlu zuckte gelassen mit den Schultern und blickte Ravix an. Noch eine Rune verblieb. Berash blickte zu Margarita und schüttelte den Kopf.
“War ja klar!”, sagte sie und im nächsten Moment attackierte Berash Ravix mit dem Stab.
Der Wassermagier hatte zumindest diesen Zug wohl erwartet und war vorbereitet auf den Treffer gegen sich. Er sprang noch zurück und wurde dabei erwischt. Doch hatte er dadurch keinen zertrümmerten Schädel.
Das Siegel der Neutralisation verschwand endgültig und sofort war ein wassermagischer Sturm der Magie zu spüren, als Ravix und Margarita ihre Kräfte weckten.
Berash zog sich sofort zurück hinter Margarita und packte die Schatulle, während sie mit fließenden Bewegungen ihrer Arme virtuos einen eisigen Schild erschuf, der mit Leichtigkeit die ersten Angriffe von Ravix abwehrte.
“Du hast Angst vor mir! Du hattest die Chance!”, tönte Ravix und wirkte nun gegen Margaritas eisigen Schild. Man spürte regelrecht wie eine Kraft zerstören und eine andere den Schild bewahren wollte.
Der Zusatzfaktor Berash war hier Margaritas Trumpfkarte und Rettung, denn nach den früheren Anstrengungen, würde das nicht lange gut gehen.
Berash schleuderte, kanalisiert durch seinen Stab, eine Schattenflamme auf Ravix und zwang ihn schnell einen Schild aus Wasser und alsbald dunklen Wasserdampf zu schaffen, als die Schattenflamme den Schild traf.
Und Ornlu? Seine Worte in der alten Sprache der Druiden waren nicht mehr zu überhören. Wirkten auf sein Innerstes und wandelten seine sich anstauende, noch unterdrückte Magie in den Zauber, den er wirken würde. Gleichzeitig verschwand er aus dem Blickfeld der anderen, ohne Ravix aus dem Blick zu lassen. Langsam kreiste er und beobachtete, wie Margarita ernsthafte Probleme bekam und Berash kurz davor war mit der Schatulle zu verschwinden. Ravix indes tobte sich aus. Schleuderte Stein, Eis und Wasser auf Margaritas Schildzauber. Spielte fast schon mit seiner Beute wie eine Katze mit einer Maus.
Ornlu war bereit. Erschien im Blickfeld der Zwei und einige Schritte neben Ravix. Margarita stöhnte auf, ließ ihren Schild brechen und attackierte mit den zu Boden gefallenen Eissplittern. Berash Schattenflammen jagten direkt hinterher und Ravix baute seine Verteidigung auf.
Der Druide eilte auf Ravix zu. Der Wassermagier sah ihn kommen, musste aber die Attacken der beiden anderen abwehren.
In Ornlus Augen kam große Magie auf und speiste den Zauber den er vorbereitet hatte. Er stoppte, als es nur noch fünf Schritte zu Ravix waren.
Ravix wehrte eine Eislanze ab und blickte dann Ornlu mehr verwundert an, denn die Aura - die spürbare Magie - war nicht von Adanos, war nicht von Beliar und auch nicht von Innos.
“... Cûl na Chuir!”, erklang ein mächtiges magisches Echo, als der Jadewolf und Ravix sich in die Augen blickten. Ravix innere Barriere brach, als der mächtige Fluch ausgesprochen war und der Druide einen immensen magischen Impuls mit glühenden Augen entließ. Eine magische Welle, die von Ornlu kam, stieß aus Ravix und er erstarrte.
Sein Körper wurde steif und er zuckte mit dem Brustkorb voran zusammen, während Ornlu langsam näher kam.
Ravix Haut wurde dunkler und seine Haare begannen knorrig zu werden.
“Was…”, schrie er auf, als seine Fingernägel und Finger zu Wurzeln wurden und die Arme so schwer, dass er sie senken musste.
Unter seiner Robe riss die Kleidung und aus seinen Beinen stießen Wurzeln ins Erdreich. Ravix verholzte mehr und mehr in einer unwürdigen Pose, in der er fast vor Ornlu kniete.
Der Druide trat an ihn heran, ließ seine Magie strömen und wirken. Dirigierte die Wandlung des Wassermagiers und legte dann die Hand auf Ravix Schulter.
Sein Gesicht war nur oberflächlich verholzt und noch konnte er etwas durch seine Augen sehen.
“Unsterblichkeit…die wahren Bewahrer dieser Welt sind dafür bestimmt…nicht du. Du bist nun verflucht und es obliegt mir, den Fluch zu brechen. Rede…oder lebe auf ewig als verkümmerter Baum in der Sphäre des Vaters. Auf ewig mit diesem Gefühl, dass dich nun umgreift. Auf ewig alles was du bist, nicht mehr sein. Deine Seele gefangen in einem Irrgarten von Eindrücken, die du nie verstehen wirst. Ein Baum kann nicht schreien und du wirst es wollen.”, sprach die magisch verzerrte Stimme Ornlus.
Ein Druide mochte auf solche Wandlungen gefasst und vorbereitet sein. Geschützt durch die Magie der Mutter. Doch jemand anderes, der das menschliche Dasein nur kannte und dessen Sinne und Körper. Wessen Geist nicht fähig war, etwas anderes wie ein Mensch zu sein. Die erlebten einen Albtraum sondergleichen.
Ornlu lenkte die Magie von Ravix Kopf zum Körper zurück und bremste die fortschreitende Wandlung dort. Er gab ihm Möglichkeit zu sprechen und wieder normal zu sehen. Zeigte ihm, dass es möglich war, wieder normal zu sein.
Margarita und Berash kamen hinzu, hielten aber gebührenden Abstand zu Ornlu.
“Rede…”, wisperte eine dunkle, wölfische Stimme. Ravix stöhnte auf, starrte angsterfüllt um sich und bebte mit den Lippen, bis er doch die Worte fand.
“Nimm…nimm den Fluch von mir…ich werde reden.”, bat er.
“Rede jetzt…und dann…”, forderte Ornlu deutlich und deutete an, ihn dann zu erlösen. Ravix hatte keine Wahl.
“Es ist…es ist das geteilte Leid! Der Zauber!”, sagte er. Margarita blickte skeptisch auf und forderte eine Erklärung.
“Unser Ritual. Lytta wurde das Herz herausgeschnitten und sie gleichzeitig mit potenten Heiltränken und Heilmagie versorgt. Wir wirkten gleichzeitig den Zauber geteiltes Leid aufeinander und sorgten dazu, dass ihr Herz der Fokus bleibt. Ich nahm ihren Tod auf mich und sie meine Lebenskraft. Mein Blut nährte ihr ewig sterbendes Herz und die geschaffene, magische Verbindung hat es in diesen Zustand versetzt. Sie lebt weiter, weil ihr Herz von meinem Blut erneuert wird…”
“Blut erneuert alles…vor allem mit Blutmagie…”, sagte Margarita leise und verstand wohl schon wie das funktionierte.
“...und ich…und ich lebe weiter, weil ich den lebenden Tod wieder zu mir nehme… - das Herz erneuert sich dann…ein Geben und Nehmen.”
“Ein Betrug am Leben zu einem hohen Preis besser gesagt. Sie ließ sich bewusst das Herz rausreißen, wurde von Magie und Heiltränken am Leben gehalten, bis sie ihren Zauber auf dich und du deinen Zauber auf sie wirken konntest. Die Magie Adanos habt ihr missbraucht, um diese Konstellation zu schaffen und der Rest ist Blutmagie, die gefährlich und verboten ist. Du isst von einem untoten Herzen und hältst es durch dein magisches Blut zugleich am Leben. - Nur…die Rechnung geht nicht auf Ravix. Irgendwann verliert alles an Wirkung und dein ewiges Leben wird wie ein Rinnsal versickern. Ich kann nicht glauben, dass Lytta sowas mit sich machen ließ!”, sagte Margarita.
“Sie hat es aber und hat mich reingelegt. Hat euch alle reingelegt.”, sagte der verkümmerte Baum mit Menschenkopf
“Erkläre es. Die Ringe nicht wahr?”, fragte Berash.
“Die Ringe - ja. Es sind der Ringe vier und alle haben etwas in sich, das ihr gehört. Sie hat heimlich an etwas anderem geforscht. Hat sich abgesichert, wenn unser Experiment scheitern sollte. Sie hat Kontakt zu einer Dämonin aufgenommen. Das gab sie nach dem Ritual zu und tötete alle Augenzeugen bis auf mich. Sie hat einen Teil ihrer Seele in einen jeden Ring gebannt. Damit sie im Falle ihres Todes in dieser Welt gebunden ist.”, erklärte Ravix und Ornlu überkam ein gewisser Gedanke an ein Erlebnis mit einem Ork vor nicht allzu langer Zeit.
“Das heißt, sie war sofort das, was sie nun ist und du hast das Herz trotzdem für dich genutzt?”, fragte die hohe Wassermagierin.
“Nein. Nach dem erfolgreichen Ritual gestand sie mir, was sie da getan hatte. Und das sie sich nicht mehr als Gespielin ausnutzen lassen würde. Die Ringe sind unscheinbar und doch von böser Natur. Trotz allem habe ich meinen Ring behalten. Zum einen, weil wir als Kollegen eine Abmachung trafen und zum anderen, weil ich herausfinden wollte wie ich an diese Macht komme. Wir vereinbarten, das Herz gegenseitig zu nutzen, um ewig am Leben zu bleiben und getrennte Wege zu gehen. Sie ging in den Süden nach Tooshoo. Zum großen Baum…”
“Und wir dachten, sie sei damals gestorben. Sie war also am Leben und hat sich dieser seltsamen Gemeinschaft von Magiern angeschlossen?”, fragte Margarita.
“Ja. Bis sie wirklich starb…”
“...das Leben zu betrügen hat nunmal Konsequenzen. Erst recht, wenn man dies vor der Mutter dieser Sphäre vollzieht, die diese Seele gebar. Tooshoo und mein Volk haben diese Gemeinschaft vernichtet. Sie wurde wohl verrückt wie alle Magier damals und starb in den Sümpfen. Und dort…erwachte sie dann, als wir zufällig dort waren.”, sprach die magische Stimme des Druiden.
“Aber wenn sie tot war…wie konntest du das Herz noch weiter nutzen? Hast du immer noch das Blut gegeben?”
“Die Ringe halten sie in dieser Sphäre und gemeinsam mit dem Herz ist sie das, was sie ist. Nicht bereit für Beliars Reich, aber auch nicht mehr Teil des Reiches Adanos. Sollte sie aber an all ihre Ringe kommen…dann wird es ihr vielleicht gelingen, ein zweites Leben zu leben.”, erklärte der Hofmagier.
“Das erklärt, wieso sie mächtiger wurde, nachdem sie die Kraft aus Hilds Ring aufgenommen hatte. Murdra, du und er sind also ihre nächsten Ziele. Dann ist sie wieder…Lytta. Wie auch immer das ausartet. Blutmagie und dunkle Magie haben immer einen Preis. Rickon war der Preis für Hilds Ring.”, sagte Ornlu und sah sich vor einem Rätsel. Er ließ den Fluch in Ravix Kopf aufsteigen.
“Hast du herausgefunden, wie man die Ringe zerstören kann? Wie kann das Herz vernichtet werden!?”, fragte er und wählte diesen Weg bewusst. Ravix schrie hölzern auf und rief dann, dass er reden werde.
“Es braucht wie immer der Magier Drei! Magische Siegel…ahhh!! Verdammt was seid ihr, Wilder!?”, sagte Ravix zum Druiden.
“So einfach? Du hättest das doch schon bewerkstelligt, Ravix.”
“Nicht, wenn ich davon nichts hätte. Das Teilen der Seele…das war eine andere Art Magie. Sie im Ring zu bannen…das ist einfacher Natur.", sagte der Hofmagier und ächzte dann auf, als Ornlu doch mehr hören wollte.
“Ja…Jaaa….das Herz muss…nein…nein…ich kann das nicht.”, sagte Ravix und schüttelte den Kopf so gut es ging.
“Dann wars das für dich!”
“Nein! Das Herz…das Herz…befrei mich! Es geht nur so!”, bat der Wassermagier.
“Blutmagie hat ohne Blut keine Macht mehr. Steht überall so geschrieben. Feuer wird das Blut vernichten.”, fügte Margarita an und anhand Ravix’ Reaktion schien sie recht zu behalten.
“Ich wollte dich eh nie befreien. Du bist ein gefährlicher Bastard!”, sagte der Wolfsdruide und griff Ravix Ring ab, der an einer knorrigen Wurzel oder eher an einem Finger des Wassermagiers noch dran war. Dann ließ er den Fluch komplett wirken. Ravix Schreie wurden hölzerner und dumpfer. Dann war er still. Schwach sah man die Konturen seines Gesichts im Stamm und wie er da wie ein Haufen Elend einen seltsam verkümmerten Baum mit wenigen Blättern abbildete.
Margarita berührte das Holz, spürte auch etwas wie zu erwarten.
“Er lebt wirklich und ist doch ein Baum…”, sagte sie verwundert und starrte Ornlu an. Der schnaubte und setzte sich auf den Hintern.
“Es ist ein Fluch…wie aus den Märchen… - Wir haben ein Feuer zu machen und drei Ringe zu zerstören. Vorschläge?”, sagte der Druide.
“Meine Schattenflamme wird das Herz vernichten.”, meinte Berash.
“Brenn es weg, bis nichts mehr bleibt. Aber warte damit noch. Wir wissen nicht, was mit Lytta passiert, wenn wir es vernichten. Wenn die Ringe sie dann hier noch halten, dann wird sie uns aufsuchen oder Murdra.”, sagte die Wassermagierin.
“Dann auf zu Murdra!”, sagte Ornlu ohne Umschweife oder sonst etwas. Zeit war wichtig und die hatten sie nicht. Sie brachen schnellen Schrittes auf und als sie weit genug weg waren, erklärte Ornlu ihnen etwas.
“Sobald Ravix es schafft, sich als Mensch zu erinnern. Sein menschliches Bewusstsein wiedererlangt und den Drang hat sein Dasein zu verlassen…wird er wieder Mensch. Der Fluch ist nicht permanent. Es kann einige Stunden dauern oder Tage und Monate oder für immer. Je nachdem, ob Ravix es schafft.”
“Von deinesgleichen stammt auch die Geschichte mit dem verwunschenen Kranich und dem Froschkönig, nicht wahr?”, fragte Margarita wissbegierig.
“Jedem Märchen hängt ein Stück Wahrheit an. Der Kranich war einst ein junger Mann, der die Schöpfung verspottete und Menschen wie Tieren schadete. Einer von meinen Schlag verfluchte ihn und lehrte diesen etwas fürs Leben. Das war aber schon sehr, sehr lange her. Der Froschkönig hat einen anderen Hintergrund und der geht dich nichts an, Wassermagierin.”, sagte der Druide. Margarita lächelte müde auf.
“Du hast mir genug gezeigt, um meine Neugier zu stillen, Jadewolf.”, sagte sie und sie sie gingen weiter, um Murdra aufzusuchen.
-
Irgendwo am Eberstein - Das Lied der Wassermagierin #56
“Ich trau dem nicht, Margarita. Der ist nicht ganz sauber. Und der andere ist frech und gefährlich.”, murrte Murdra, als sie mit ihnen mitgekommen war und dann grob erklärt bekam, was zu tun wäre.
“Es bleibt keine Wahl, Liebes. Lytta soll Frieden finden. Vertrau mir und nicht den beiden. Gut?”
“Gut!”, bellte die Wirtin und war nicht so fit darin, den Weg hinauf zu erklimmen.
Ornlu hatte da seine eigenen Gedanken, ob es notwendig war, die alte Vettel mitzunehmen, aber vielleicht…Ja vielleicht wäre sie das Zünglein an der Waage.
Mit gebührendem Abstand zu Lyttas Gebeinen bereiteten sie dann alles vor. Ornlu rauchte Sumpfkraut und sah Margarita zu, wie sie die Ringe für das Siegel brechen vorbereitete. Die große Frage war natürlich, was sie da loslassen würden, wenn Teile von Lyttas Seele wieder frei kämen. Gäbe es einen Kampf? Würde sie trotz des noch vorhandenen Tageslicht reagieren? Oder würde sich Beliar holen was Beliars war?
Selbes Spiel galt mit dem Herz. Sie tappten im Dunkeln und wussten doch, dass dies alles geschehen sollte.
“Und jetzt erkläre mir jemand die ganze Geschichte! Was hat Lytta getan und wieso ist mein Ring gefährlich!?”, fragte Murdra, die aus welchem Grund auch immer, eine Eisenpfanne dabei hatte.
“Lytta hat Ringe geschaffen und Teile ihrer Seele von sich abgespalten. Etwas davon ist in jedem Ring. Vielleicht war es Zufall oder auch nicht. Rickon hatte Hilds Ring und Lytta hat sich den Ring wieder geholt. Sie hat ein Stück ihrer Seele zurückbekommen und wurde dadurch auch mächtiger. Wenn sie die drei anderen Ringe auch noch bekommt, dann weiß ich nicht was passiert. Es kann ungemütlich werden. Jedenfalls ist es eine dunkle Magie, was erklärt, wieso sie darüber auch verfügt. Und solche Magie hat immer einen Preis. Rickon musste wohl dafür bezahlen, dass Lytta den Teil ihrer Seele zurück bekam. Das würdest du auch, wenn sie hier jetzt erscheint. Sie tut mir so leid und gleichzeitig will ich zurück in die Zeit und sie ohrfeigen, bis sie das alles nicht macht. Alles nur für den Wunsch unsterblich zu sein…”, erklärte ihr Margarita und Ornlu stimmte dem zu.
“Das überrascht mich nicht, Margarita. Denk doch mal an ihren Bruder Cragan. An ihre Mutter und die zwei kleinen Schwestern. Alle hat Beliar zu früh zu sich geholt. Ihr Vater zerbrach daran und sie auch, wäre sie nicht zu den Magiern gegangen. Ich sage immer noch das Ravix dieser Hund sie manipuliert hat. Ihr Hoffnungen auf etwas gab, was sie teuer bezahlt. Lytta war so ein guter Mensch! Wo ist dieser Hund eigentlich?”, fragte Murdra. Ornlu konnte nicht sagen, ob dies so einfach war. Ravix der sie manipuliert hatte und dann selbst von seinem Werk manipuliert wurde. Lytta war sicher nicht ganz unschuldig. Der Druide dachte an ihr Lied und fragte sich, ob zumindest da ein Funken Wahrheit war oder nicht.
“Ravix ist gerade sehr mit sich selbst beschäftigt und ist still wie ein Baum. - Was ist, wenn sie ihre Seelenteile zurück bekommt und wir nur das Herz vernichten. Es ist immer noch die Basis für ihr Dasein als Kreatur Beliars. Ihre Seele oder Teile davon hingegen sind in den Ringen. ”, überlegte Ornlu.
“Würde man spüren, dass Lyttas Seele durch Hilds Ring freier geworden war, dann würde ich dir zustimmen, Jadewolf. So aber ist sie nach eurer Aussage nur mächtiger geworden. Sie hat nicht ihre ganze Seele in die Ringe gespalten. Das was blieb starb und ging ein in Beliars Reich oder woanders, wenn dieser Dämonenpakt zustande kam. Und Ravix hatte nicht Unrecht. Es ist Magie von etwas Bösartigen, wenn es ihr erlaubt hat, ihre Seele zu spalten. Am Ende ist sie vielleicht verloren und das, was ihr half, hat sie hintergangen und manipuliert uns nun. Sei es nur durch das Lied. Wir haben keine Wahl.”, sagte Margarita sehr nüchtern und war nun fertig mit der Vorbereitung. Ornlu schätzte tatsächlich ihre Art die Dinge zu sehen. Würde es aber nie zugeben.
“Dann soll es so sein. Sobald die Ringe zerstört sind, zerstört Berash ihr Herz. Wir lösen die Verbindung ihrer Seele in diese Sphäre und vernichten dann das, was sie hier hält wie ein Anker. Dann kann sie nur noch in eine Richtung verschwinden. - Margarita schafft einen magischen Kreis und wird Lytta damit zum Materialisieren zwingen. Ich unterstütze euch beide und Berash bearbeitet sie in der Hauptsache mit seinem Ebenholz-Stab. Denkt daran, dass wenn sie sich spaltet, wir schnellstmöglich alle ihre Gestalten vernichten müssen. Sie zieht Kraft aus diesem Tanz.”, sagte der Druide und umgriff seinen simplen Stab, den er mit Magie angereichert und manipuliert hatte.
“Jadewolf kann zaubern? Häähh?”, fragte Murdra.
“Ein wenig. Mehr brauchst du altes Waschweib nicht wissen. Du bleibst im Hintergrund hinter Margarita. Lytta wird euch vielleicht beeinflussen können. Denkt daran, dass es auch etwas dämonisches sein kann, dass um eure Bindung weiß.”, erklärte Ornlu und erhob sich. Magisch war er noch etwas müde, aber er war zuversichtlich, dass sie auch so stark genug waren.
“Dann beginnen wir.”, sagte Berash. Murdra hinter ihm nickte und umgriff ihre Pfanne beidhändig.
Margarita führte, wie bei der Schatulle, den Siegel brechenden Zauber durch. Zuerst kam Berash Magie ins Spiel und dann jene von Ornlu. Es war keine große Anstrengung, aber eine sehr konzentrierte Abfolge an magischen Schüben die sich wie drei Schlüssel durch viele magische Schlösser durcharbeiteten. Margarita blickte auf und hatte das Siegel an Murdras Ring gebrochen.
Augenblicke vergingen, ehe tatsächlich was geschah. Der silberne Ring verfärbte sich dunkel und zerfiel dann wie Asche von Holz. Im Kern des Ringes loderte es schwach auf und die Magie setzte sich frei.
Sie alle spürten den kalten Hauch und abermals dachte der Druide, dass Lytta ganz und gar nicht unschuldig war.
Dann erschien eine geisterhafte, sehr durchsichtigen Gestalt. Lytta oder besser ein Teil ihrer Seele.
Unvollkommen und zerrissen. Wie ein Stück Fleisch, das man aus einem Körper gerissen hatte, fühlte sich diese Gestalt von ihrer Aura an, die äußerlich der jungen Frau glich, die Ornlu und Berash schon gesehen hatten.
Eine schöne Frau mit traurigen, eisigen Augen. Der Seelenfetzen irrte umher und tat nichts besonderes.
Erst als Murdra näher kam, schien etwas zu passieren. Die gespaltene Seele blickte auf und erkannte sie wohl.
“Lytta…”, sagte Murdra traurig. Lytta reagierte und kam ihr näher. Es war seltsam anzusehen, wie sich beide umarmten. Der Seelenfetzen glitt durch sie durch und doch umarmten sie sich freundschaftlich. Murdra hatte damals erzählt, dass Lytta und sie beste Freundinnen gewesen waren. Murdra heulte los, als der Seelenfetzen sie ‘losließ’ und sich irgendwie an ihren Arm anschmiegte.
“Was jetzt? Sollte sie nicht verschwinden?”, fragte Ornlu.
“Ich weiß es nicht. Vielleicht braucht es etwas. Lasst uns weiter machen.”, sagte Margarita und beobachtete mit vielen Gefühlen, wie Lyttas Seelenfetzen da bei Murdra stand.
Dann wählte sie ihren Ring.
Sie vollzogen den kleinen Ritus erneut und vereinten ihre Magie um das Siegel zu brechen.
Margaritas Ring zerfiel wie Murdras Ring zuvor wie bröselige Holzkohle und befreite einen weiteren Fetzen von Lyttas Seele.
Abermals erblickten sie Lyttas Seele.
Zerrissen und unvollkommen. Ein Aspekt von etwas Größerem und doch spürbar mit Gewalt getrennt vom Ganzen. Was Lytta wohl dafür bewusst leiden musste?
Dieser Seelenfetzen strahlte auch etwas anderes aus. Er wirkte nicht wie jener bei Murdra. Viel mehr wirkte diese Lytta nachdenklich und besonnen. Sie trat sofort zu Margarita, als sie diese anblickte und verbeugte sich demütig. Margarita hob die Hand vor ihren Mund und riss sich emotional zusammen. Mit zittrigen Lippen begann sie zu sprechen.
“Ohh Lytta…was hast du nur getan.”, sagte die hohe Wassermagierin.
Berash fragte, was sie nun getan hätte.
“Nicht jetzt…damals. Murdra war Lyttas beste Freundin, doch außer uns hatte Murdra die Menschen gemieden und kaum Freundschaften geschlossen. Und ich war talentiert, arrogant und wollte sofort alles in der Magie. Lytta hat uns die Ringe gegeben, damit wir…mit etwas von ihr vorankommen. Verstehst du Murdra. Dein Ring half dir Freundschaften zu schließen und zu festigen. Und mein Ring schenkte mir mehr Demut vor all dem, was noch auf mich zukam…”, erklärte Margarita. Ornlu verkniff sich so wie Berash wohl einen Kommentar zu den beiden. Wenn sie ehrlich waren, dann kannten sie beide nicht damals und auch nicht heute wirklich. Wer waren sie also darüber zu urteilen, ob Lytta ihnen magische Ringe mit diesen Eigenschaften gab und es auch tatsächlich wirkte?
“Im Gegenzug gab sie diese Eigenschaften ihrer Seele dann auf, weil sie diese nicht in Zukunft brauchen würde?”, sagte Ornlu.
“Das kann sein.”, bestätigte Margarita traurig.
“Und diese Hild?”, fragte Berash.
“Das werden wir nicht mehr erfahren können, aber ich will glauben, dass Lyttas Emotionen ihr bei der Entscheidung halfen sich für ihren Mann, Familie und ihre Leute zu entscheiden. Hild war oft zwischen Herz und Kopf gefangen.”, sagte die Wassermagierin.
“Dann liegt es bei dir und Murdra, die beiden zu erlösen. Sie sind für euch geschaffen worden und über Jahre haben sie sich an euch irgendwie gebunden. Das war wohl das, was sie damals andeutete. Dass ihr nicht wisst was sie für euch macht.”, sagte der Druide. Es konnte stimmen und einfach sein. Oder auch nicht und sie mussten andere Lösungen finden.
“Es dämmert schon.” ,mahnte der Schwarzmagier unter ihnen an.
“Schon gut! Lass mir die Zeit mit Lytta.”, knurrte Murdra.
“Du musst loslassen, Lytta.”, sagte Margarita. Sachlich wie sie nunmal war und verbeugte sich selbst demütig. Lyttas Seelenfetzen reagierte gar nicht darauf und doch geschah was.
Von einen auf den anderen Moment schrie der Seelenfetzen lautlos auf und zerfiel in Seelenstaub und - schatten.
“Du bist tief in meinem Herzen, Lytta. Lass jetzt los. Wir sehen uns, Liebes.”, sagte Murdra unheimlich freundlich und auch ehrlich. Beide umarmten sich und auch dieser Seelenfetzen verging.
Ornlu war zufrieden, dass Lytta an die beiden Seelenfetzen nicht mehr käme. Blieb nur noch Ravix Ring und das Herz.
“Machen wir weiter. Meine Herren!”, bat Margarita. Ornlu legte Ravix Ring ab und ließ Margarita gewähren.
“Halt. - Was ist, wenn Lytta für Ravix etwas boshaftes hinterließ? Weil sie seine Natur kannte?”, fragte der Druide.
“Das konnten wir bei Murdra und mir auch nicht wissen. Lytta wollte immer helfen, weil sie kaum noch Familie hatte. Bindung war ihr wichtig. Selbst ein Ravix hat etwas Gutes an sich und vielleicht wollte sie dies fördern. Wir haben wenig Wahl, Jadewolf.”
“Dann bin ich mal gespannt. Fahre fort, Margarita.”
Und so brach auch nach kurzer Dauer das Siegel an Ravix’ Ring und offenbarte wieder einen Seelenfetzen in Gestalt von Lytta.
Dieser war ebenso anders und suchte vergebens nach Ravix.
“Was ist sie?”, fragte Berash.
Margarita dachte noch nach, doch Murdra wusste es wohl.
“Genau so sah sie aus, als sie Ravix kennengelernt hatte. Genau so leuchteten ihre Augen und hoben sich die Mundwinkel, als sie an ihn dachte. Es ist die Liebe.”
“Und die gab sie ab, weil sie daran - nach all den Dingen die geschahen - nicht mehr glauben konnte und hoffte, dass Ravix zumindest sich irgendwie ändern würde.”, dachte Margarita laut.
“Liebe, heh? Ein hoher Preis für all das, wenn ihr mich fragt. Ehrenhafte Absichten in magischen Ringen. Aber ihr vergesst, dass sie dafür nach Ravix zu Dämonen Kontakt aufnahm. Mit der Absicht sich abzusichern, falls sie stirbt. Hättet ihr euer Leben gegeben, wenn sie um ihr zweites Leben gebeten hätte?”, fragte der Jäger.
Margarita schwieg und Murdra fluchte über Ornlus Worte. Sagte, dass Lytta eine gute Frau war. Für sie gab es die gute Lüge, statt die Suche nach Wahrheit.
“Wir sollten nicht streiten. Wie bekommen wir diese Lytta weg? Die Sonne geht gleich unter.”, sagte Berash und hatte recht.
“Geh! Er hat deine Liebe nicht verdient.”, sagte Ornlu. Doch das hatte keine Wirkung. Keins seiner darauf folgenden Worte hatte Wirkung und dann wich der Einsicht, dass man tatsächlich Ravix brauchte, die Erkenntnis, dass es zu spät war.
Ein eisiger Hauch lag in der Luft. Spürbar kam etwas Dunkles auf sie zu und hatte wie ein Bluthund seine Beute gerochen.
“Bei den Vier! Macht euch bereit!”zischte Ornlu und hatte in der Vegetation schon den wandelnden Schatten gesehen. Sie kam langsam und unheimlich.
Margarita schuf mit ihrer Magie ein magisches Feld aus reiner Magie. Murdra mit ihrer Eisenpfanne dicht hinter ihr und Ornlu und Berash im Feld.
Das Stück Seele war zwischen ihnen und regte sich kaum.
Lytta erschien und war gespenstisch wie eh und je.
Sie schwebte über dem Boden und die Fetzen ihrer einstigen Robe der Wassermagier tänzelten hin und her. Sie verdeckten nicht alles vom Gerippe an dem noch die Haut grau und braun hing.
Das Loch im Torso offenbarte die Marter die Lytta erleiden musste, als man ihr bei vollem Bewusstsein das Herz nahm und das blutige Ritual durchführte.
In ihren knochigen Fingern hielt sie Ornlus wohl schon korrumpierten Druidenstab mit dem schwarz und violett schimmernden Kristall. Doch am unheimlichsten war ihr Kopf.
Die schwarzen Strähnen, die herabhingen. Die eisigen Augen, die sie wütend anstarrten und die widerwärtige, gammlige und aufgedunsene, überlange Zunge, die hin und her kreiste wie der Schwanz einer Katze.
Dann hob sie den Stab und der Tanz begann.
“Berash! Das Herz!”, war die Anweisung des Druiden der voran stürmte und loslegte, als Lytta das magische Feld ‘betrat’ und ihre materialisierte Form beibehalten musste.
-
Berash packte das Herz in seiner freien Hand, während er seinen Stab noch in der anderen hielt. Aufrecht stehend musterte er das schlagende, halb verrottende Ding. Es fühlte sich falsch an, warm und kalt zugleich und verströmte ein Gefühl von Falschheit. Doch Berash kam nicht umhin die Magie dahinter zu bewundern.
Nie hätte der Assassine vermutet, dass Diener Adanos sich auf die Suche nach Unsterblichkeit machen würden. Doch nun hielt er in seiner Rechten den eindeutigen Beweis dafür. Auch wenn es nichts anderes war als ein kruder Abklatsch.
Wie hatte Ravix es noch beschrieben, als er in dieser schrecklichen Gestalt gefangen war? Miteinander verbunden. Berash hielt es eher für eine parasitäre Beziehung, von der nur Ravix noch einen Nutzen gezogen hatte. Doch nach heute wäre es damit vorbei!
Berash kniff die Augen etwas zusammen als er das Herz fokussierte und sich die Magie fauchend ihren Weg heraus brach. Dunkle Schattenflammen strömten aus seiner Hand und fraßen sich zischend in das verdorbende Fleisch des pochenden Dings. Berash konnte sich nicht überwinden es als Herz zu bezeichnen.
Und während die dunkel-violetten Flammen sich an dem nährten, was einst Lyttas Herz gewesen war, war Ornlu immer noch damit beschäftigt sich der untoten Frau entgegen zu stellen.
Wie zum Hohn blockte Lytta die Angriffe des Druiden mit seinem alten Stab und hielt ihr magisches Feld um sich herum aufrecht. Doch als die ersten Risse in ihrem Herz aufbrachen, geriet das untote Wesen ins Wanken. Sie stieß ein unglaublich hohes Kreischen aus und schob den Druiden mit einem Ausbruch roher Magie ein paar Meter von sich.
Ihr gieriger Blick sprang zu Berash hinüber, der immer noch mit dem brennenden Herzen in der Hand da stand.
Die Flammen des Schattenfeuers fraßen immer mehr vom Herzen weg, dessen Schlag immer unruhiger und stockender wurde.
Während der fiese Geruch von verbranntem Fleisch langsam die Luft verpestete (ähnlich dem Geruch von Rindfleisch, welches zu lange über dem Feuer hing), lies Berash das Herz aus seiner Hand auf den Boden fallen.
Lytta kreischte erneut auf und stürzte sich auf den Assassinen, verzweifelt in der Hoffnung noch irgendwas von ihrem verdorbenen Herzen retten zu können. Doch Berash, in dessen Hand noch immer das dunkle Feuer Beliars brannte, richtete die Hand nach unten. Weitere Flammen brachen hervor und glitten über das bereits brennende Stück Fleisch um es entgültig zu Asche zu verbrennen.
Der Assassine war sicherlich keiner dieser frömmlerischen Feuermagier, doch auch Schattenflammen brannten heiß genug um dieses Ding aus der Welt zu tilgen.
Und als nur noch verkohlte und glimmende Fleischfetzen übrig waren, schloss Berash seine Hand zur Faust und erstickte damit das dunkle Feuer und den Zauber gleichermaßen.
"Es ist vorbei..."
Schaufte der Assassine, als er seinen Blick zu Lytta hob.
Die untote Frau war zu Boden gegangen und schlurfte auf ihren Knien zu dem, was einst ihr Herz gewesen war. Leise wimmernd glitten ihre krallenartigen Finger durch die heiße Asche in der verzweifelten Hoffnung doch noch ihr altes Herz wieder zu finden. Doch nichts, was einst vom Feuer verbrannt worden war, konnte je wieder ganz gemacht werden.
Ornlu und Margaritta näherten sich vorsichtig, der Druide immer noch seinen Stab erhoben. Und auch das letzte Fragment von Lyttas Seele näherte sich schwebend.
Ihre Liebe.
Lytta selbst kniete im Dreck des Bodens und wimmerte weiterhin. Ihre Finger griffen krampfhaft in die Asche und puhlten die letzten größeren Stücke hervor, die noch immer vor sich hinglühten. Doch kaum hob das untote Wesen das Stück hervor, zerfiel auch dies zur Asche.
Ein Greinen drang aus ihrem Maul, welches sich zu einem unsagbar lauten Heulen steigerte.
Ein Heulen, dass erfüllt war von all dem Schmerz und Leid, welches sie im Laufe der Jahre erlitten hatte. Es trug eine Pein in sich, die selbst das härteste Herz erweichen musste, so viel Trauer lag darin.
Irgendetwas darin musste auch das Fragment ihrer Seele ansprechen, denn die geisterhafte Erscheinung Lyttas näherte sich ihrem Körper. Die Augen strahlten immer noch dieses überschäumende Gefühl von frischer Liebe aus, während ein Lächeln auf den Lippen lag.
Mit all dieser Liebe legte Lyttas Seele die Hand auf den untoten Körper, welcher einst ihrer gewesen war.
Erstaunt betrachteten Berash und seine Gefährten wie Lyttas untoter Leib unter der Berührung erschauderte und in sich zusammen sackte. Anscheinend konnte die Liebe am Ende doch immer triumphieren...
Bumm.
Ein dumpfer Schlag riss die Männer und Frauen aus ihrer Erstarrung.
Bumm.
Es schien aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen.
Ba-dumm.
Ein dritter Schlag, gleich einem einzelnen Herzschlag. Lyttas untote Gestalt richtete sich langsam auf und ihr Kopf drehte sich knirschend nach hinten. Ihre Augen, Anfangs noch trüb und fast leer, begannen zu flackern. Ein gieriger Ausdruck erwachte auf ihrer Miene, während ihre Augen hungrig auf das Fragment ihrer Seele schauten.
Ba-dumm. Ba-Dumm. Ba-Dumm.
das dumpfe Schlagen wurde schneller. Lyttas Seelenstück verlor ihren liebevollen Ausdruck. Sorge breitete sich in ihrer Miene aus als sie die geisterhafte Hand von der Schulter ihres toten Körpers nahm und langsam zurück zog. Doch ihr verfluchter Körper hatte nicht die Absicht sie gehen zu lassen.
Die überlange Zunge, fleischig wie die einer Kröte, glitt blitzartig aus dem Maul hervor und schlang sich um den Arm der Seele. Eigentlich hätte das nicht möglich sein dürfen und doch war es so.
Ba-Dumm.Ba-Dumm.Ba-Dumm.Ba-Dumm.Ba-Dumm.
Schneller und schneller wurde das Geräusch, welches von überall und nirgens zugleich ertönte. Als wenn Aufregung und Freude ein Herz schneller schlagen lassen würden. Doch das konnte nicht sein! Lyttas Herz war verbrannt! Die Asche lag verstreut am Boden!
Panik breitete sich auf dem Fragment der Seele aus als sie versuchte sich von ihrem untoten Körper zu lösen. Doch Lyttas Zunge hielt sie fest. Langsam richtete sich der untote Körper auf, drehte sich zu seinem letzten Stück Seele um, während der Kopf weiterhin blieb wo er war. Ein widerliches Knirschen begleitete die ganze Szenerie.
Geifer begann aus ihrem Maul zu tropfen, während die schemenhafte Lytta immer verzweifelter versuchte ihren Arm von der Zunge zu befreien und zurück zu weichen. Doch nichts was sie tat konnte sie befreien.
Stattdessen wurde sie näher und näher an ihr untotes Selbst gezogen, Deren Miene von unsäglichem Hunger erfüllt war. Gier verbannte alles andere und mit einem lauten Grollen warf sich der verdorbene Körper Lyttas auf das Fragment ihrer Seele.
Ein leiser Schrei, sphärenhaft und voller Verzweiflung, ertönte wie aus weiter Ferne und dann verstummte das Trommeln.
Grinsend und wieder voller Energie wandte sich Lytta zu den Gefährten um, Die Kiefer ihres Mundes unnatürlich weit aufgerissen, die Zähne spitz und scharf. Ihre monströse Zunge glitt über die halb verfaulten Zähne, während ihr weiter der Geifer aus dem Maul troff.
Der verdorbene Druidenstab glitt wie von selbst zurück in ihre Hand und mit einem lauten Kreischen packte sie ihn mit beiden Händen und rammte ihn in den Boden.
Der dunkle Kristall in der Spitze des Stabs begann in einem düsteren Rot zu pulsieren, während ihr Kreischen sich in ein Crescendo steigerte, welches Glas hätte zerbersten lassen. Berash, wie auch Ornlu, Margarita und Murdra mussten sich die Ohren zuhalten als das schmerzhafte Geräusch sich in ihre Ohren bohrte und sie fast Wahnsinnig machte.
Und dann zerplatzte der Kristall in Ornlus altem Druidenstab mit einem lauten Klirren während sich eine Welle von roher Energie gleichmäßig davon in alle Richtungen ausbreitete.
Lyttas untote Gestalt, gesättigt vom letzten Fragment ihrer Seele, riss ihre Hände zum Himmel empor und lies ihren Schrei abklingen.
Und wie auf ihr Kommando begann nun der Boden aufzubrechen. Knochenhände kamen aus dem Erdreich hervor, vom Alter gelblich verfärbt. Erst vereinzelt, dann immer mehr werdend, stützten sie sich ab und zogen ihre anhängenden Körper hervor.
Schädel brachen hervor, zogen einen ganzen Torso hinter sich her. Die Untote Armee, welche aus dem Boden hervor brach, stützte sich auf der Erde ab, als jede einzelne Kreatur ihren Körper hinter sich her zog und sich somit aus dem Erdreich wuchtete.
Feuchte Erdbrocken bröselten von den Knochen, mal größer mal kleiner und hinterliesen eine dreckige Spur in dem aufgewühlten Erdreich rund um den verfluchten Stab.
Lytta war erneut zusammen gesackt und richtete zitternd ihren verfaulten Arm auf die Gefährten. Ein leises Fauchen entrang sich ihrer Kehle und die verfluchten Untoten, welche sie gerufen hatte, drehten sich alle in Richtung der vier Menschen. Dunkles Licht glomm in ihren leeren Augenhöhlen auf, als sie sich, eines nach dem anderen, langsam den Gefährten näherten.
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