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»Oh schnödes Schicksal, du hast mich in deine Ketten gelegt und lange genug mein Leben beherrscht«, sie wich einen halben Schritt von dem obersten aller Knilche hinfort, der es doch tatsächlich gewagt hatte, erst sein Gemächt und dann ihre Hand zu berühren. In diesem Augenblick musste die schönste aller Novizinnen sich nicht wie sonst darauf konzentrieren, ein Gefühl von Wut in sich heraufzubeschwören. Ihre Brust hob sich aufgeregt im Takt der kurzen Atemzüge, die sie leise zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorpresste. Wenn Felias Zorn sonst an das Schmiedefeuer der Kunsthandwerker heranreichte, dann war gerade die Esse in den Hochöfen Nordmars entzündet worden. Und es wurden eifrig Kohlen nachgelegt.
Sie legte sanft die Hand an das Gesicht des widerlichen Übeltäters, der hier ein so grauenvolles Schmierentheater veranstaltete, dass es der Bardin alles abverlangte, nicht aus ihrer Rolle zu brechen. »Lange genug musste ich ein falsches Spiel spielen und mich den Wünschen der Reichen und Mächtigen unterwerfen. Ein einfacher Spielball im großen Gebolze des Lebens.« Das vertraute Kribbeln reiner, arkaner Energie flammte in ihrer Hand auf. Wärme breitete sich in ihrer Handfläche aus. Anfangs noch ganz leicht, wie die angenehme Wärme eines Tees an einem Wintertag. Dann schwoll sie an zum angenehm wohligen Strahlen eines kleinen Lagerfeuers. Sie griff mit der zweiten Hand nach dem Gesicht dieses Pervios und hielt es fest, während ihre Linke sich stetig weiter erhitzte. Er blickte sie verwirrt, erschrocken und zu allem Überfluss erregt an.
Sie beugte sich vor, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und flüsterte ihrerseits: »Wenn du es noch einmal wagen solltest, mich anzufassen, du lüsterner Widerling, dann wirst du die längste Zeit etwas anderes als ein verkohltes, winzig kleines, nutzloses Stückchen Fleisch in deiner Hose gehabt haben.«
Mit diesen Worten stieß sie den Mann von sich und warf sich der weniger übelriechenden Wache in die Arme. Tränen rannen ihr über's Gesicht und sie schluchzte lautstark.
»Oh ihr Götter - warum spielt ihr einer armen Frau so mit.« Sie legte die Arme um die Schulter des verwirrten Wachsoldaten. »Es ist wahr - jedes Wort davon. Ich bin keine wunderschöne, reiche und hochtalentierte Stoffhändlerin. Ich bin nur eine einfache, wunderschöne, hochtalentierte Schneiderin, der das Schicksal einen üblen Streich spielte. Aber dieser Mann« ohne hinzusehen deutete sie auf den Fremdling. Ihr Gesicht war noch immer an die gepanzerte Brust der Stadtwache gepresst und Tränen fielen mit einem leisen Plopp regelmäßig auf das Metall. »Er ist ein Grabräuber, Schatzentwender, Kostbarkeitenstehler und grausiger Tunichtgut.« Eine theatralische Pause der geübten Bardin folgte. Einer der umstehenden Bewohner japste geräuschvoll über die neuerliche Wendung und legte erschrocken die Hand vor den Mund. »Mit seiner Muskelkraft und seiner unverblümten Grausamkeit zwang er mich, bei seinem diabolischen Plan mitzumachen. Als willenlose Schachfigur in seinem grausamen Spiel um Macht und Reichtum.« Sie schluchzte lautstark und hielt erneut kurz inne. »Er schmiedete den Plan, dass ich mich mit meinem Begleiter - den er mit einem düsteren Geheimnis aus seiner Vergangenheit ebenfalls dazu zwang, sich dem Plan anzuschließen - in die Stadt einschleichen sollte.« Sie heulte bitterlich und ihre Unterlippe bebte heftig. »Meine Herren Torwachen, ich habe Sünde auf mich geladen. Auch wenn es nur aus Zwang war und ich keine andere Wahl hatte, so habe ich doch die Reinheit meiner Seele beschmutzt und werde diesen Makel für immer tragen.« Sie löste sich und blickte nun den fremden Schauspieler an.
»Aber er machte einen Fehler: Während all der Vorbereitung waren es Lust, mein unwiderstehlicher Charme und meine grenzenlose Schönheit, die dafür sorgten, dass er sich in mich verliebte.« Sie funkelte ihn an und warf ihr Haar über die Schulter zurück. »Also verriet er mir seinen Plan. Seinen wahren Plan. Kurt und ich waren nur als Ablenkungsmanöver geplant. Er wollte, dass wir uns unter falschem Vorwand in die Stadt einschleichen. Ganz heroisch und mit einem überraschenden Auftritt wollte er erst uns beide - und nach seinem Liebesgeständnis dann nur noch Kurt hier - als Verräter entlarven, um sich das Vertrauen von euch so strebsamen und strammen Männern des Königs zu erschleichen.« Erneut pausierte sie. Eine kleine Menschentraube hatte sich gebildet und selbst die anfangs noch zeternden Menschen, die Einlass in die Stadt begehrten, lauschten jetzt aufmerksam. Gut so. Sie breitete die Arme aus und sprach zur Masse.
»Er wollte euer aller Vertrauen, eure Herzlichkeit und eure guten, reinen und gottesfürchtigen Herzen zu seinem eigenen, grässlichen Vorteil ausnutzen und euch alle für schnöden Reichtum hintergehen.« Sie legte die Hand an die Stirn und seufzte lautstark. »In Wahrheit aber-« Sie schritt zu Curt und küsste ihn unvermittelt auf die Lippen. »Habe ich mein Herz längst an einen anderen Mann verloren. An den Mann, der hier für diesen Grobians als Spion hätte sterben sollen.« Sie legte den Arm um Curt und blieb demonstrativ neben dem bärtigen Riesen stehen. »Ich war also gezwungen, nicht nur ein Doppelleben, sondern sogar ein Dreifachleben zu führen. All diese Lügen und Rollen, die ich habe leben müssen. Es schmerzt so sehr!« Jetzt sank sie auf ein Knie. Gerade weit genug, dass ihr Kleidung nicht den widerlich schmutzigen Stadtboden berührte. »Dieser Schuft, nein: Dieser Knilch hatte vor, euch von dem Dolch zu berichten und ihn dann zu entwenden, wenn ihr ihn an einen sichereren Ort bringen wolltet!«, offenbarte sie schließlich dne letzten Teil des Plans.
Sie hielt kurz inne.
»Was dieser Mann damit zu tun hat weiß ich aber nicht.« Sie deutete auf Rüdiger. »Ein unwichtiger Nebencharakter!«
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Vor den Toren des Stewark-Brücken-Theaters verstummte für den Bruchteil einer Sekunde die gesamte Welt. Keine Welle toste gegen die Klippen der Stadt, keine Träne fiel zu Boden. Alle Anwesenden atmeten im gleichen Takt und in diesem Augenblick hielten alle die Luft an. Eine warme Brise so sanft wie die Sommerliebe zog plötzlich über den Platz und wehte Curt eines von Felias Taschentüchern vor die Füße. Der bis dahin völlig von dem Schauspiel und seinen Gefühlen völlig überforderte Novize neigte sich hinab, hob es auf und hielt es fest umklammert. Er führte es zu seinem Herzen, schloss kurz die Augen und trat schließlich hervor.
Applaus.
Er initiierte ein einzelnes, langsames Klatschen, das von allen gebannten Zuschauern wahrgenommen wurde. Niemand reagierte.
„Felicia und die fabulösen fahrenden Feuerbarden“, rief er nun laut und weiterhin klatschend über den Platz. „Ihr saht Akt 3 - Tore des Schicksals - unserer mehrteiligen Bühnentournee.“
Während allmählich endlich weiterer Applaus ausbrach, lief Curt zu dem Karren und holte noch mehr Taschentücher, sowie seine Suppenschüssel heraus. Damit ging er durch die Reihen der Schauspieler und Zuschauer und verteilte weitere Gratis-Tschentücher. Gerade rechtzeitig, der ein oder andere musste sich vor all der Theatralik bereits die Tränen verdrücken.
„Wenn Euch die Show gefallen hat, werft gern die ein oder andere Goldmünze in die Schüssel, wir würden uns sehr freuen! Und verpasst auch nicht den nächsten Teil der spektakulären Show, in der der niederträchtige Pervio seiner neuen Liebe Rügerich endlich seine wahren Gefühle gesteht!“
Schließlich trat Curt an die Seite seiner Liebsten zurück, nahm ihre Hand und …
… verneigte sich.
So wie es sich im Theater gehörte. Aber er verneigte sich nicht nur vor dem Publikum, sondern auch vor ihr. Ihr Improvisationstalent übertraf alles, was er jemals erlebt hatte. Er konnte noch so viele Bücher wälzen, eine solche Geschichte dachte sich doch keiner aus. Das ist das wahre Leben. Und was das Wichtigste daran war, sie hatte mit diesem Schmierlappen den Boden gewischt, ohne dass Curt hatte eingreifen müssen. Er war unglaublich stolz auf sie, so voller Liebe und jetzt …
… musste er sich doch glatt selbst ein Tränchen abtupfen.
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Im Kräutergarten
Kurze Lichtblitze erhellten den Kräutergarten. Nur für einen Augenblick flackerten sie auf, gerade lange genug, dass man die Konturen der auf der Bank sitzenden Novizin erkennen konnte, die sie produzierte. Gerade kurz genug, dass man sie verpasste, wenn man blinzelte. Die Motten, die sonst so gerne dem Licht folgten, hatten es aufgegeben, den unregelmäßigen Impulsen zu folgen, stattdessen flatterten sie nur herum und warfen jedes mal grotesk verzerrte, riesige, unheimliche Schatten, wenn Mera es schaffte ein neues Licht zu erschaffen.
Sie konnte es nicht zuverlässig und nicht lange, doch versuchte es immer wieder und wieder. Es schien, als ob die wie Kristalle funkelnde Magie nur das Fundament war für das was darauf aufbaute. Wie ein erster Stein, aus dem ein Haus werden konnte, oder ein erster Eiskristall, aus dem heraus ein ganzer See gefrieren konnte. Doch wie sie das Wachstum dieses ersten Funkens Magie lenken sollte entzog sich der Setarriferin noch. Immer wieder aufs neue probierte sie es, versuchte zu kontrollieren, wie sich die Magie formte und vor ihrem inneren Auge schaffte sie es auch, dem Klumpen eine Form zu geben und das Wachstum zu lenken, doch die richtige Form hatte sie wohl noch nicht heraus. Musste sie eine gleichmäßige Form erschaffen? Oder musste sie versuchen einen Gegenstand nachzubilden, der dem gewünschten Effekt ähnelte? Musste sie eine Kerze formen, oder eine Laterne? Oder war sie wieder komplett auf dem falschen Dampfer?
Sie seufzte, hoffnungsvoll und niedergeschlagen zugleich. Nun hatte sie schon die Magie für sich entdeckt, doch war sie ihr nicht greifbar, zu vage, zu unkontrollierbar. Was, wenn sie in ihren Versuchen einen ganz unerwünschten Effekt erzeugte? Wenn sie aus Versehen eine Explosion verursachte oder den Kräutergarten unter Wasser setzte? Wenn sie sich selbst schadete? Bisher kam ihr alles harmlos vor, aber war sie zu unvorsichtig gewesen, hier alleine zu sitzen und zu experimentieren, ohne die Aufsicht Aaras' und Anirons?
Doch dann, auf der anderen Seite, war sie nur eine einfache Novizin. In ihr lag keine Kraft. Vermutlich würde sie nicht einmal einen Lavendelstrauch gießen können. Wie groß konnte da die Gefahr sein den Kräutergarten weg zu spülen?
Sie biss trotzig die Zähne zusammen. Schloss kurz die Augen und fasste sich mit der Hand an die Nasenwurzel, um die ansetzende Müdigkeit aus den Augenwinkeln zu vertreiben. Nachdem sie ihre Augen wieder geöffnet hatte besah sie ihre Hand. Es bedurfte nur wenig Konzentration, ein Magiepartikelchen zu sich zu rufen, dieser Teil war inzwischen kein Problem mehr. Etwas schwerer war es, das Partikel wachsen zu lassen, wie ein Kondensationskeim, an dem sich immer mehr Teilchen anhafteten. Mit kleinen Bewegungen der Finger schaffte sie es zu kontrollieren, wo die Magie wuchs. Immer mehr schien es sich zu steigern. Ihre Fingerspitzen zuckten, wie die Beine einer Spinne, die ein Netz sponn, Lage für Lage nahm die Magie Form an, wurde runder und runder, ein nahezu perfekter Ball, der sowohl fest war, als auch in seinem inneren waberte, festes Eis zu und flüssiges Wasser zugleich, Stein und Rauch, amorph und hart gleichermaßen wie weich und formbar.
Ein Leuchten ging davon aus. Nicht nur das Leuchten der Magie, dass in dieser Form wohl nur Mera wahrnehmen konnte, sondern ein ganz reales Leuchten, das den Garten erhellte. Nicht nur für einen Moment. Die Motten und Nachtfalter nahmen Notiz und flatterten neugierig um die Novizin, die sich einen kurzen Freudenschrei nicht verkneifen konnte. Helles, strahlendes Licht illuminierte den Garten, und schien fast schon grell in das Gesicht der Setarriferin, in dem noch immer eines der inzwischen so seltenen Lächeln stand. Zufrieden entspannte sie ihre Hand und ließ die kondensierte Magie verflüchtigen. Das Licht schwachte ab und hinterließ Mera im Dunkeln auf der Bank, auf der sie in einen ruhigen, erholsamen Schlaf fiel.
Als sie wieder erwachte war die Sonne bereits aufgegangen. Hatte sie die gesamte Nacht hier im Garten verbracht? Es schien so. Mit einem Gähnen stand sie auf, streckte sich und fuhr sich durch das Haar, das vermutlich etwas verstrubbelter war, als man es von ihr kannte. Doch scheinbar war für eine Wäsche keine Zeit, den sie konnte bereits sehen, wie sich die anderen näherten. Kisha war sicherlich aufgefallen, dass sie in der Nacht nicht in ihre Kammer zurückgekehrt war, doch welche Schlüsse sie daraus zog, wusste nur Adanos. Vermutlich die falschen.
„Guten Morgen“ grüßte Mera zuerst Aniron und Aaras, dann ihre Mitschüler. Und zumindest für den Moment meinte sie es ernst. Es war ein guter Morgen.
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In den Straßen der Stadt
Die Ernsthaftigkeit in Johannas Stimme und Mimik verriet Isidor alles, was er über diese Frau wissen musste. Sollte er es dazu kommen lassen, ihren Groll zu erwecken, würde er seines Lebens nicht mehr froh werde. Langsam erschien es ihm so, als wöge die Charakterstärke kleiner Menschen ihre Körpergröße auf und auch, wenn sie ihn von unten herab anfunkelte, fühlte er sich gestutzt, so als wäre er es, der seinen Blick heben musste.
„Nichts liegt mir ferner, als Fräulein Frieda zu verletzen!“, beteuerte er und hob abwehrend die Hände, „Doch ich weiß nicht, ob ich ihr bieten kann, was sie zweifellos verdient“, gab er mit einem gequälten Gesichtsausdruck zu.
Er musste sich eingestehen, dass die junge Bäckermeisterin sein Herz erweicht hatte. Ihre herzliche Art und die ansprechenden Kurven würden wohl jedem Mann die Knie weich werden lassen. Wenn er da an Felia dachte, die ohne Frage die personifizierte Anmut war, standen sich die Charaktere der beiden Frauen wie Feuer und Wasser entgegen. Bei der Novizin würde man sich bei einem falschen Schritt verbrennen und Frieda konnte einen mit ihrem Liebreiz ertränken.
Bei den Göttern…, verfluchte der Schmied innerlich sein Los, grinste dabei aber schief.
„Ich glaube kaum, dass wir eine Anstandsdame brauchen. Es ist ja nur ein Abendessen!“, wehrte er sich gegen den versteckten Seitenhieb Johannas, „Auch wenn ich nicht weiß, ob ihr die Klippenschenke gerecht wird. Was mag Fräulein Frieda denn besonders gern?“
Er hoffte, dass Johanna ihm etwas unter die Arme greifen konnte. Immerhin hatte sie ihren Anteil daran gehabt, dass er sich jetzt überhaupt Gedanken um das Umwerben einer bezaubernden Bäckerin machen musste. Da würde sie ihm doch sicherlich den ein oder anderen Tipp geben können. Zumal Isidors Erfolge bei Frauen an einer Hand abzählbar waren.
„Wo wir gerade wieder hier bei der Akademie sind. Du klingst nicht sehr begeistert davon. Ich dachte, sie wäre so eine Art Schatz dieses Königreichs, auf den alle stolz sind?“
Tatsächlich hatte der Schmied nur wenig über diesen Ort des Lernens gehört. Die Matrosen hatten erzählt, wie viel sich die Argaaner auf ihre Krieger einbildeten und dass sie auf Jahrhunderte der Kampfkunst zurückblicken konnten, die zum großen Teil Grund dafür war, dass sie sich so wacker gegen das mächtigere Großreich halten konnten. Mehr noch als zuvor würde er zu gern einen Blick in die Gemäuer werfen, um mit eigenen Augen zu sehen, wie die gelobten Elitekämpfer ausgebildet wurden. Doch Johannas Worte dämpften diesen Wunsch und auch die Chance das Innere der Akademie zu Gesicht zu bekommen, wirkte verschwindend gering.
Wieder am Torplatz angekommen konnten sie sehen, wie sich eine große Menschentraube auf der Steinbrücke vor der Stadt gebildet hatte. Was war da nur los? Hielt Piero etwa den ganzen Betrieb auf? Und wer war da noch? War das…Felia? Was bei Beliar hatte sie hier zu suchen? War sie auf der Suche nach ihrem guten Freund Gabriel?
Als er sich an den beleibten Novizen erinnerte, wurde ihm flau im Magen. Er hatte beinahe vergessen, dass er ihm eine große Spende versprochen hatte. Hoffentlich begegneten sie sich nicht.
„Du warst mal eine Adlata?“, versuchte er das Gespräch wieder aufzunehmen, um sich von dem Chaos am Torhaus abzulenken, „Es klingt fast so, als hätten wir gar nicht so unterschiedliche Ansichten, was den Orden angeht. Ich bin sehr froh, dass du die erste bist, auf die ich in Stewark getroffen bin“, verriet er ihr und meinte es auch so.
Jeder Mensch war unterschiedlich und wäre er auf jemanden getroffen, der weniger verständnisvoll war, hätte seine ersten Stunden in Stewark völlig anders aussehen können. Doch je mehr er erfuhr, desto weniger erschien ihm diese Stadt als Hort des Bösen, wie man ihm hatte weismachen wollen. Viel mehr sah er nur Menschen, die ihr Leben zu leben versuchten, fernab von politischen Konflikten, dem Wunsch nachjagend Glück zu finden.
„Und du hast Recht. Manchmal ist ein Neuanfang der beste Schritt, um die Vergangenheit ruhen zu lassen.“
Sie näherten sich den Schmieden, deren Klänge den aufbrandenden Applaus am Stadttor übertönten. Sofort fühlte sich der Hüne viel heimischer am anderen Ende der Welt. Es war beruhigend zu wissen, dass manche Dinge an jedem Ort gleich waren. So würde er immer einen Platz haben, wo er sich wohlfühlen konnte.
„Hier gibt es aber viele Schmieden“, staunte Isidor, als ihm auffiel, dass sich die Handwerker derselben Zunft an diesem Ort zusammenfanden, „Arbeiten sie alle zusammen? Ich kann mir vorstellen, dass es viel effizienter ist, wenn man nicht alles selbst herstellt, sondern weiterverarbeitet, was jemand gefertigt hat.“
Tatsächlich vermisste er es nicht, das heiße Material zu plätten, sodass es für die Rüstungsfertigung genutzt werden konnte. Es war ein langwieriger Prozess und wenn man die Platten anderweitig beschaffen konnte, würde es viel Zeit sparen.
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In den Gassen und Straßen ...
Qarrah war hinreißend. Also … in beruflicher Hinsicht. Nachdem sie erkannt hatte, dass Heric im Grunde wirklich ein Landei war und sich nicht nur als eines präsentierte, wurde sie wesentlich gesprächiger, wesentlich freundlicher, sah ihn aber auch wesentlich berechnender an. Er hatte nur Augen für ihre … Fähigkeiten, natürlich. Die Tatsache, dass sie eine bildhübsche Varanterin war, die ihm einen Blick zuwerfen konnte, der allerlei Gefühle in ihm auslöste, schien dabei nicht von Bedeutung zu sein, nein, überhaupt nicht.
»… hörst du auch zu, Sumpfjunge?«, fragte sie Heric, der einen Moment zu lange in ihr Gesicht gestarrt hatte, in diese fabelhaft blauen Augen. Die Augen einer Diebin natürlich, deswegen waren sie ja so sehenswert. Andere Augen würde er gar nicht so genau mustern. Als hätte es etwas damit zu tun, dass es ihre Augen waren.
»Du sagtest … ähm … am Kai haben die Wasserlumpen das Sagen.«
Qarrah sah ihn einen Moment an, ehe sie seufzte und den Kopf schüttelte. »Ich sagte, in der Stadt haben die Wassermagier das Sagen. Ich nannte sie Wasserlumpen und bat dich, das nicht laut zu wiederholen.« Sie schaute sich misstrauisch um. »Es gibt hier zwei Arten von Wassermagiern. Die ‚neuen‘ Magier aus Varant und die ‚alten‘ Magister aus Setarrif. Erstere kenne ich … mh, länger. Sie sind wirkliche Diener Adanos‘, die den Nomaden der Wüste Varant beigestanden haben.«
Erneut sah sie aus der Mündung der Gasse die Straße hoch und wieder runter.
»Die Setarrifer Magier sind altehrwürdige Zauberer, die schon seit Generationen dem Hause Ethorns treu verbunden sind. Diese Mixtur aus … Tradition und Macht und Adel, hat den einen oder anderen Hofmagier hervorgebracht, der von den Werten Adanos‘ nicht weiter entfernt sein kann. So einem gegenüber die Bezeichnung Wasserlumpen zu nennen, nun, Sumpfjunge, das wäre fatal.«
Natürlich war Heric weiterhin zu sehr abgelenkt von Qarrahs … ach, allem eigentlich. Bisher gab’s nur ein Mädchen, in das er jahrelang so vernarrt gewesen war. Als Kind hatte er sie oft beobachtet, fasziniert von ihrer eigenbrötlerischen Art, die ihm damals so fremd vorgekommen war. Insekten waren ihr lieber als andere Kinder gewesen. Weißes Haar, türkisblaue Augen, eine Farbe wie das Meer der Südsee, die groß und neugierig schauen. Und später … als sie älter wurden ... ja, Zarra Rimbe hatte es ihr angetan, ehe er sich durch einen Fehler alles verbockt hatte. Nun, Heric war in seiner Kindheit und Jugend nie Experte für das richtige, taktvolle Verhalten gegenüber Mädchen, Frauen und Damen im Allgemeinen gewesen. Aber das konnte er ja nun lernen. Hier, bei Qarrah.
»Du hörst wieder nicht zu, oder?«, fragte sie überflüssigerweise.
»Nun, du … ich … äh.«, beendete er sein Plädoyer. Qarrah schüttelte den Kopf, ehe ihr Blick hochzuckte, den seinen fixierte. Sie schlug sich mit der Hand vor die Stirn.
»Bei Adanos, ach Sumpfjunge …« Röte stieg in ihr Gesicht, ehe sie diese – irgendwie – wieder vertrieb, ja geradezu bekämpfte. »Du bist … äh … sicher süß, so für einen aus Schwarzwasser … aber ich … also, nein … kein Interesse.«
Der Schürhaken – weißglühend, fast bis zum Schmelzpunkt erhitzt, bohrte sich tief in Herics Brust. Ehrlicher, echter Schmerz, als hätte einen Pfeil ins Herz geschossen bekommen. Aber keinen, wie in den romantischen Geschichten, verzaubert mit Liebe … sondern versehen mit einem grässlichen, bösartigen Widerhaken.
Heric zwang sich zu lächeln und abzuwinken.
»Pfff«, machte er und lachte hölzern, »Ich? Du? Nein, Qarrah, erstens haben wir uns erst kennengelernt … und zweitens, weiß ich gar nicht ob ich hierbleiben will. Du wolltest mir ein wenig über die Stadt und über Diebe erzählen, darum höre ich so aufmerksam zu. Und anschauen tu ich dich aus Höflichkeit und, na ja, ich sollte wissen, wie sich ein Dieb benimmt, bewegt, wie er handelt.«
»Oh«, machte Qarrah nur und ihr Gesichtsausdruck war für Heric in etwa so einfach zu deuten wie der Gang der Sterne am Nachthimmel für eine Nacktschnecke. »Na dann, los, wir gehen weiter, Heric.«
Und ohne auf ihn zu warten, lief sie los.
Warum hatte der Bursche das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben?
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Torplatz
Als sie wieder bei den Schmieden angelangten, steuerte Johanna eine steinerne Bank am Rand des Torplatzes an. Sie wollte nicht zwischen Tür und Angel weitersprechen, dafür war Isidor eine zu angenehme Gesellschaft. Und Syrias wäre bestimmt froh, wenn er sie an diesem Tag ein paar Minuten kürzer ertragen müsste. Die beiden setzten sich und ließen die Symphonie aus klirrenden Schmiedehämmern, zwitschernden Vögeln, sich fröhlich unterhaltenden Menschen und dem kuriosen Auflauf am Stadttor auf sich wirken.
"Was Frieda gern mag?" Johanna hob die Schultern. "Ich glaube, sie hat einen Hang zu Exotischen Geschmäckern. Ich meine, sie bäckt nicht ohne Grund für ihr Leben gern Zimtschnecken und Vanilleplunder. Ich glaube, wenn du irgendeine tolle torgaanische Frucht finden könntest, wäre sie schwer beeindruckt. Die Klippenschänke ist da vielleicht wirklich nicht das Richtige. Wie wäre es mit einer Landpartie vor den Stadtmauern? Sie kommt doch kaum raus, so wie sie in der Bäckerei immer eingespannt ist."
Sie sah ihm in die Augen und lächelte.
"Du hast schöne Augen. Schau sie einfach die ganze Zeit verliebt an und sie wird schon weich werden." Sie kicherte. "Nein Spaß beiseite: sei zuvorkommend und ehrlich, versuch sie nicht zu beeindrucken, sondern hab einfach eine schöne Zeit mit ihr. Lern sie kennen und zeig Interesse für das, was sie beschäftigt. Oh, und bitte versuch nicht, ihr die Welt erklären zu wollen, um zu zeigen, wie weltgewandt und erfahren du bist. Sie ist zwar erst siebzehn und vermutlich noch weniger herumgekommen als ich, aber gerade wenn es um das Miteinander zwischen Menschen geht, ist sie schlauer als wir beide. Himmle sie einfach ein wenig an für das, was sie ausmacht, und mach ihr hier und da ein ehrliches Kompliment."
Johanna befand, dass das fürs Erste genug der Hinweise waren. Sie wollte ihn ja nicht erschlagen.
"Falls du dich unsicher fühlst, können wir das mit der Konversation aber auch gern noch ein wenig üben."
Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen. Das Lächeln in ihrem Gesicht verblasste.
"Ja, ich war noch ein halbes Kind, als ich zur Adlata wurde. Die oberste Feuermagierin hat mich dazu gemacht." Sie lachte bitter auf. "Damals wütete die Pest in Thorniara. Meine Mutter starb, und der Orden hatte das Hafenviertel und das Armenviertel abgeriegelt, um uns alle zum Sterben zurückzulassen. Aber ich wurde nicht krank - und wie sich zeigte, konnte man aus meinem Blut ein Heilmittel machen. Innos' Segen, ein heiliges Kind, und was sie mich nicht alles genannt haben. Sie haben mich zwar gefragt, ob ich das tatsächlich will, aber eine wirkliche Wahl hatte ich nicht. Immerhin habe ich so ein paar Dinge gelernt, die mir sonst vermutlich nie jemand gezeigt hätte. Lesen und Schreiben. Wunden versorgen. Erkennen, wie sehr Menschen mit Macht es lieben, diese auszunutzen. Nein, dahin will ich nicht zurück."
Das Klirren der arbeitenden Schmiede riss sie aus ihren Gedanken und holte sie zurück in den Augenblick. Sie öffnete die Augen und sah wieder zu Isidor auf, dessen Gedanken sich ebenfalls gerade um die Schmiede der Stadt drehten.
"Ob sie zusammenarbeiten? Also, zumindest Taron scheint gern alles von Grund auf selbst zu machen. Er ist aber auch nicht gerade der kommunikative Typ. Ich glaube aber, dass sich so Einige der Schmiede sehr spezialisiert haben. Deshalb kommen sie auch auf so engem Raum aus. Sie unterstützen sich und arbeiten zusammen - naja, manche zumindest. Ich kenne aber nicht viele von ihnen. Vielleicht solltest du das einen von ihnen selbst fragen."
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Torplatz
Während Isidor Johanna zuhörte, ließ er den Blick über den Torplatz wandern. Es wunderte ihn, wie viel Platz die scheinbar schmal gehaltene Stadt dann doch bot und wie geschäftig es wohl zugehen würde, gäbe es nicht just in diesem Moment einen Engpass am Torhaus. Was da wohl los war?
„Exotische Früchte? Aus Torgaan? Johanna, ich bin ein Stadttölpel. Glaubst du, ich weiß, wo man sowas auftreiben kann?“, fragte er die junge Frau, während seine Augen etwas größer wurden, als der Stress bereits einzusetzen begann.
„Gibt es in Vengard etwa keine Händler?“, konterte Johanna mit einem süffisanten Lächeln, was dem jungen Schmied peinlich erröten ließ.
„Oh, doch natürlich. Ich bin ein Idiot.“
Sich selbst innerlich verfluchend hakte er Punkt eins der „mentalen Liste noch zu erledigender Dinge, damit Frieda einen schönen Tag hat“ ab, wobei er sich fragte, ob er nicht ein besseres Aktenzeichen dafür finden sollte. Das war doch ein wenig lang. Vielleicht wäre „LnzeDdFesTh“ besser, aber das ergab kein Wort, welches man sich merken konnte. Es würde wohl noch etwas dauern, bis er sich eine einfach zu merkende Abkürzung überlegt hatte, weshalb er vorerst bei der vollen Bezeichnung bleiben würde.
„Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn wir ein Gespräch üben würden. Ich bin nicht gerade ein Frauenschwarm, wie du sicherlich unschwer erkennen kannst“, wies er sie unnötigerweise noch einmal auf seine Narben hin, „Darum bin ich auch so verblüfft, dass Fräulein Frieda mir ein Kompliment gemacht hat. Ich bin eher Abweisung gewöhnt“, gab er zu, „Andererseits bist auch du sehr freundlich zu mir. Danke dafür!“
Isidor meinte es so, wie er es sagte und als sie davon berichtete, wie ihre Kindheit abgelaufen war, empfand er nicht nur echtes Mitgefühl, sondern spürte auch Zorn in ihm aufwallen. Was war nur mit den Menschen, die im Namen Innos‘ schreckliche Dinge taten? Brauchten sie so dringend einen Vorwand, um ihre verborgene Brutalität und Skrupellosigkeit im Deckmantel von Religion ausleben zu können?
„Es ist gut, dass dank dir viele Menschen gerettet werden konnten, doch es ist falsch“, er verlieh dem Wort immensen Nachdruck, „anderen etwas aufzuzwingen. Du hattest sicher viel Angst damals. Danke, dass du mir davon erzählst.“
Isidor legte ihr eine Hand auf die Schulter, wollte ihr seine Anteilnahme auch physisch übermitteln.
„Ich will mir nicht mal ausmalen, wie schlimm die Pest in einer so kleinen Stadt wir Thorniara war“, schauderte er und war froh, dass er nicht zugegen war, als es geschah.
Eine kurze Weile des Schweigens zwischen ihnen wurde nur von den geschäftigen Geräuschen der Stadt, insbesondere der Schmieden unterbrochen, ehe Johanna sich der letzten Frage Isidors besann und ihm antwortete.
„Ich verstehe, das klingt fast so, als könnte man voneinander profitieren, wenn alle offen sind. Aber erstmal muss ich hoffen, dass einer der Schmiede Platz für einen weiteren Mann hat“, ging er auf ihre Erklärungen ein.
„Also, willst du mich jetzt Taron und Syrias vorstellen? Wenn du später oder morgen ein wenig Zeit erübrigen könntest, würde es mich freuen, wenn wir tatsächlich etwas üben könnten, wie ich mit Fräulein Frieda umgehen sollte“, bat er sie und schob verlegen eine Hand an seinen Hinterkopf.
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Torplatz
Isidors Hand ruhte sachte auf ihrer Schulter. Sie war groß und warm und erinnerte Johanna an Rudras Pranken. Sie errötete ob der Berührung – nur Wenige waren in ihrem Leben mit ihr auf diese Art umgegangen.
„Danke, deine Worte sind lieb“, sagte sie. „Aber nein, Angst hatte ich da schon lange keine mehr übrig.“
All die Angst für ein ganzes Leben hatte sie damals im abgeriegelten Hafenviertel gelassen, als ihre Mutter und jeder andere gestorben war, den sie gekannt hatte. Als sie ohne Aussicht auf Flucht ausharren musste. Als sie für sich beschlossen hatte, ihrem damals nur zwölf Sommer währenden Leben ein Ende zu bereiten, indem sie dem Weg ihrer Mutter folgte. Alle Angst – und alle Hoffnung. Erst seit sie Rudra kannte, war die Saat dafür wieder in ihr aufgekeimt – für das Eine, wie auch für das Andere. Sie schenkte Isidor ein Lächeln.
„Aber das ist lange vergessen. Ein anderes Leben.“
Sie zeigte auf die Narbe an seinem Hals. „Du meinst, deshalb kann dich niemand mehr hübsch finden? Bestehst du etwa nur aus Hals? Und ganz abgesehen davon: viel wichtiger ist die Art, wie du dich gibst. Du bist sanft und verständnisvoll, wenn ich dir das so sagen darf, und keiner von diesen gefühlsmäßigen Steinen, denen man sonst an jeder Straßenecke begegnet. Also wer nicht an deinen Narben vorbeisehen kann, hat dich auch nicht verdient, finde ich.“
Götter, wo kamen denn die ganzen Komplimente her? Sie errötete noch ein wenig mehr und ergriff seine Hand, um sie von ihrer Schulter herunterzuziehen – behutsam, denn sie wollte ihm nicht das Gefühl geben, ihn wegzustoßen.
„Ich finde, du machst das mit der Konversation schon ganz gut, mein Lieber. Aber ich helfe dir gern noch ein wenig damit aus, sobald du jeden einzelnen Schmied und jede Schmiedin der Stadt abgeklappert und neugierig auf dich gemacht hast.“
Johanna sprang auf und hielt ihm eine Hand hin. „Na dann, wollen wir? Es ist gleich da vorne.“
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Stadttor von Stewark
Langsam verlor Piero wahrlich die Geduld. Diese dämlichen Insulaner hatten offenbar ihre ganz eigenen Regeln und Gepflogenheiten bei den Prüfungen des Feuers als überall sonst im Reich. Gepflogenheiten, die dazu einluden, im Angesicht der Prüfung erst einmal gemütlich ins Badehaus zu gehen. Oder aus dem Wettstreit eine romantisch zweisame Fahrt aufs Land zu machen, die nicht einmal dazu diente, einander unbemerkt aus dem Verkehr zu ziehen. Andernorts spannen die Novizen Intrigen, um sich gegenseitig auszustechen – ja, er wusste gar von Prüfungen, in denen die Erwählten einander auflauerten und die Schädel einschlugen. Tatsächlich kannte Piero die Prüfung des Feuers nur deshalb, weil er selbst früher angestellt wurde, um einem solchen Erwählten den nötigen Vorteil zu verschaffen, den er brauchte, um zum Feuermagier zu werden. Aber diese Erwählten hier – die waren von einem anderen Schlag.
Dämliche Insulaner …
Felia war dabei das größte Rätsel für Piero. Rüdiger war schlichtweg nicht der Hellste und Curt … nun, seine Qualitäten mussten auf Gebieten liegen, die bei ihrem Stelldichein nicht zur Geltung kamen. Aber Felia hatte die Chance ausgeschlagen, gleich zwei ihrer Mitbewerber im Staub zurückzulassen. Und wie sie es getan hatte! Diese Frau hatte Feuer, im wahrsten Sinne des Wortes! Seine Wangen brannten lichterloh, als hätte er den Vormittag in der prallen Sommersonne verschlafen. Seine kleine Scharade hatte sie zu einer absurden Posse pervertiert, um ihn zu diskreditieren. Und dennoch kam Piero nicht umhin, ihren Einsatz für die unsinnige Sache mit leidenschaftlicher Bewunderung zu quittieren.
Curt hatte gerade seine Schlussworte zur vermeintlichen schauspielerischen Darbietung gesprochen, die zu beiden Seiten der Brücke – nicht zuletzt, weil die beiden Wagen jeglichen Verkehr aufhielten – zu einer größeren Menschenansammlung geführt hatte. Die Wachen regierten ganz unterschiedlich auf das Schauspiel. Das Ältere der beiden war mittlerweile so hochrot angelaufen, dass Piero einen baldigen Herzschlag nicht für ausgeschlossen hielt. Der Jüngere stand stocksteif da, seit sich Felia an ihn herangewanzt hatte, doch sein Ausdruck sprach nicht gerade von Hingabe und Begeisterung ob ihrer aufdringlichen Einlage.
Piero seufzte. Er hätte gerne darauf verzichtet, aber nachdem sich seine kleine Rache für die völlig unnötige und unprovozierte Verstümmelung seiner Genitalien durch diesen schmierigen Novizen aufgrund der Unberechenbarkeit aller Beteiligten hochgeschaukelt hatte, musste nun wohl mehr her als ein gut gemeintes Wort.
„Schluss jetzt mit dieser Posse!“, rief er, so viel Ernst und Schärfe in der Stimme, dass selbst der dämlichste Zuhörer bemerken musste, dass er es ernst meinte.
„Ich meinte jedes Wort ernst, das ich gesagt habe, meine Herren“, wandte er sich direkt an die Wachmänner und ignorierte all die Umstehenden, wie auch die Novizenschar ganz bewusst. „Der Novize Curt – und ganz offensichtlich auch der Novize Rüdiger – von Thorniara wollen einen Dolch aus der Stadt entwenden. Ich habe keine Ahnung, was in meine Vertraute gefahren ist, aber die Magier des Ordens beherrschen mächtige Magie der Beherrschung.“
So munkelte man jedenfalls – ob da etwas dran war? Einerlei, für Pieros Zwecke genügte allein die bloße Behauptung dieses Umstands. Letzte Chance, meine Hübsche, dachte er sich insgeheim.
„Ich kann es mir nicht anders erklären, als dass dieser Curt sie auf dem Weg hierher enttarnt und unter seine Kontrolle gebracht haben muss. Und damit Ihr meinen Worten endlich Glauben schenken könnt und nicht länger die lächerlichen Schauspielversuche dieser Lügner über Euch ergehen lassen müsst, möchte ich Euch etwas zeigen – damit die feinen Leute auf beiden Seiten der Brücke endlich wieder ihrem Tagwerk nachgehen können.“
Piero wandte sich um, erklomm die Ladefläche des Fuhrwerks, auf dem Rüdiger und er hergekommen waren, und ergriff Sack und Pack. Mitsamt seiner ramponierten Laute und dem Reisesack kehrte er zu den Wachen zurück.
„Wo hab ich ihn denn … ah, da ist er ja!“
Mit einem unschuldigen Lächeln, als hätte er gerade seine verloren gegangene Wocheneinkaufsliste hervorgekramt, zog er einen Brief hervor. Einen Brief, den er während seiner Überfahrt sehr oft gelesen hatte.
Geh nach Stewark auf Argaan. Sieh, wo du dich nützlich machen kannst.
„Der Text ist bedeutungslos, meine Herren“, sagte Piero, „Unsere Aufträge sind selbstredend chiffriert, damit nicht jeder dahergelaufene Strauchdieb unsere Absichten kennt, so er solch einen Brief in die Hände bekommt. Aber vielleicht sagt euch der Name etwas, mit dem der Brief unterzeichnet wurde.“
Der jüngere Wachmann warf einen fachmännischen Blick auf das Dokument. Der Alte war mittlerweile nicht mehr aufnahmefähig – an dem wären Hopfen und Malz verloren gewesen.
„Lares? Sagt mir nichts.“
Piero seufzte. „Aber natürlich … sagt Euch dann vielleicht wenigstens das königlich setarrifische Siegel etwas, mit dem das Briefwachs gemarkt wurde?“
Die Augen des Wachmannes weiteten sich.
Piero sah ihn verschwörerisch an, so als wären sie die einzigen beiden Menschen bei Verstand auf dieser Brücke. „Würde ich das besitzen, wenn ich ein Schauspieler wäre? Oh – das?“, er griff sich an die Wange, als er den Blick des Torwächters bemerkte. „Nur ein Sonnenbrand.“
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Die Schmieden
Johanna, die aus der Asche der Pest stieg, schoss es Isidor durch den Kopf, doch er würde sich hüten dies laut auszusprechen.
Die junge Frau hatte gründlich dargelegt, dass sie die Emporhebung ihrer selbst verabscheut hatte, selbst wenn sie einige Vorteile daraus hatte ziehen können. Lesen und Schreiben, zwei Talente, die nicht sehr verbreitet waren. Seine eigenen Fähigkeiten in diesem Bereich waren bestenfalls als mäßig zu bezeichnen. Was er jedoch an ihr bewunderte, war die Stärke, die sie trotz ihrer Vergangenheit ausstrahlte. So, als hätte sie die Bruchstücke ihrer selbst aufgesammelt und zu einem neueren, besserem Stück geschmiedet. Vielleicht war sie deshalb von geringer Statur? Weil all das Schlechte verschwunden war, wie wenn beim Schlagen die Schlacke vom Metall getrennt wurde.
Und er selbst? War nach wie vor zerbrochen, unfähig die Scherben seiner Vergangenheit auch nur aufzusammeln, konnte er ihren Anblick doch nur mit Trauer wegen des Verlusts und Hass auf das Monster namens Ardan Hsia in Verbindung bringen. Mühsam hinderte er seine Hände daran sich zu Fäusten zu verkrampfen.
„Das sind sicher nicht die Worte, die ein Mann üblicherweise gern zu hören bekommt“, lachte er, weil er wusste, dass es wahr war, „Aber für mich bedeuteten sie viel.“
Er lächelte ihr zu und beobachtete, wie sie sich von der Bank erhob, auf der sie in Ruhe mehr über den jeweils anderen hatten erfahren können. Wieder bot sie ihm ihre kleine Hand an und erneut ergriff er das Angebot mit Freude, ließ sich von ihr auf die Füße ziehen.
„Dann lass uns doch mal sehen, woraus die Schmiede am anderen Ende meiner ehemals kleinen, beschränkten Welt gemacht sind“, grinste er und spürte, wie Nervosität in ihm aufstieg.
Was sollte er sagen? Würden sie ihn abschätzig mustern und ohne einen zweiten Gedanken abweisen? Er hoffte, dass sie ihn zumindest anhören und vielleicht eine Chance gewähren würden.
Kurz bevor sie die Schmiede erreichten, welche Johanna als ihr Ziel bestimmt hatte, wandte Isidor sich noch einmal mit einer Bitte an sie.
„Wenn ich keine Arbeit finden sollte, würdest du Fräulein Frieda für mich vertrösten? Ich will ihr nicht als Niemand entgegentreten, der nicht mal für sich selbst sorgen kann.“
Es war eine ehrliche Sorge, die ihn quälte, seit er aus Thorniara aufgebrochen und sich dafür entschieden hatte, so ehrlich wie möglich zu sein. Vielleicht war es nicht der richtige Weg, um als Spion Erfolg zu haben, doch da er durch Armond hatte erfahren müssen, wie einfach jemandes Leben nachvollzogen werden konnte, überließ er sein Schicksal lieber nicht der Chance, mit einer Lüge durchzukommen. Je auffällig unauffälliger jemand wirkte, desto eher tendierten die Menschen dazu, ihn so zu akzeptieren und mit ihm zu interagieren. Jedenfalls wäre es bei dem jungen Schmied so, wenn nicht gerade er in der wenig beneidenswerten Rolle des Infiltrators stecken würde.
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Tarons Waffenschmiede
"Ich würde sagen, dass wir es gar nicht erst so weit kommen lassen, dass die arme Frieda versetzt wird, meinst du nicht?", gab sie zurück. "Du solltest ihr vor allem als du selbst gegenübertreten, alles andere ist erst einmal nicht so wichtig. Wenn du sie nicht gleich vom Fleck weg ehelichen willst, wird sie auch eine schöne Zeit mit dir verbringen wollen, wenn du nicht für einen der Meister arbeitest, du Esel. Aber ich bin mir sicher, dass dich Einer von ihnen als Gesellen aufnehmen wird. Und wenn du ein Gesellenstück anfertigen musst, um dich zu beweisen."
Als sie die Tür zur Schmiede erreichten, wandte sie sich noch einmal zu ihm um . "Ich arbeite hier übrigens nicht als Lehrling, sondern leiste nur Hilfsdienste, weil ich bei Syrias lerne, mit meinem Schwert umzugehen. Er ist etwas grummelig und kann zuweilen ein Arsch sein, aber er ist ein guter Arsch. Und Taron - hmm, der redet nicht viel. Er kann glaub ich besser mit Feuer und Stahl als mit Menschen. Aber einem fähigen Schmied helfen die beiden bestimmt gerne. Syrias macht sich ja sogar die Mühe, meine Freundin Meve und mich auszubilden. Dann wird er doch einem Kollegen sicher unter die Arme greifen."
Oder würde er das gerade nicht tun, weil ein Schmied mehr in der Stadt auch ein Konkurrent mehr war? Ach was, schließlich waren Syrias und Taron Waffenschmiede und stellten keine Rüstungen her.
"Na komm, lass uns reingehen!"
In der Waffenschmiede war es dunkel, wenn man aus der prallen Sonne hereinkam, doch Johannas Augen gewöhnten sich schnell an die Lichtverhältnisse. Taron stand gerade am Amboss und schlug auf ein kirschrotes glühendes Stück Stahl ein, während Syrias etwas hinter der Theke suchte oder einräumte.
"Hallo Taron, hallo Syrias! Schön euch zu sehen!"
Bevor einer der beiden maulfaulen Männer die Begrüßung erwidern konnte, sprach sie weiter: "Die gute Nachricht zuerst: ich habe die Waffenlieferungen überbracht - hier sind die Quittungen der Stadtwache und der Akademie." Sie trat zu Syrias hinüber und legte ihm die beiden Schriftstücke auf die Theke.
"Darf ich euch meinen Freund Isidor vorstellen? Er ist ein versierter Rüstungsschmied von außerhalb und sucht nach einer Anstellung bei einem der Meister. Ihr kennt nicht zufällig einen Rüstungsschmied, der einen Gesellen sucht?"
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Wo bei Beliars Eingeweiden war der Beutel? Syrias war sich zu Einhundert Prozent sicher, ihn unter den Thresen gelegt zu haben. Doch anscheinend war er weg, wie von Zauberhand verschwunden. Oder hatte ihn vielleicht sogar jemand entwendet? Aber wer, außer Taron und ihm hatte permanenten Zugang zur Schmiede? Johanna und Meve waren beide unterwegs und erledigten Aufgaben. Und die beiden wirkten nicht so, als würden sie sich ungefragt an fremdem Eigentum bedienen.
Plötzlich wurde er von Johanna, die anscheinend ihre Aufgaben erledigt hatte, aus seiner Sucherei gerissen. Doch die kleine Frau war nicht alleine, sie hatte einen Begleiter mit dabei. Einen ziemlich hochgewachsenen, kräftigen Kerl. Götter, das gab vielleicht ein Bild ab. Aber war es anders als bei ihr und Meve? Nein, eigentlich nicht. Hoffentlich wollte der Kerl nicht auch noch den Umgang mit dem Schwert lernen, Syrias hatte mit den beiden Grazien schon genug zu tun.
Er warf nur kurz einen flüchtigen Blick auf die Quittungen, bevor er nickte und sie beiseite räumte. Das war etwas, was der Waffenschmied bei den Stewarker Menschenschlag nie so ganz verstanden hatte. Diese unglaublich große Liebe zu Papier und Zettelwirtschaft. Alles musste irgendwo irgendwie vermerkt sein. Aufgeschrieben und mindestens dreimal kopiert. Bürokratie. So einen Schwachsinn hatte es bei den Orks damals nicht gegeben.
Er nickte dem Kerl - Johanna hatte ihn als Isidor vorgestellt - unverfänglich zu, wandte sich dann zurück an Johanna.
"Gut gemacht. Ich hoffe, es gab keine Probleme? Manche in der Akademie halten ziemlich viel von sich, zu viel für meinen Geschmack." Der Waffenschmied verzog das Gesicht und dachte an die Begegnung mit Meves Peiniger zurück. Er hatte nicht übel Lust dem Typen noch einmal in die Schranken zu weisen.
"Rüstungsschmied, hm?" Wandte er sich an den blonden Isidor. Er sah keinen Sinn darin, sich erneut vorzustellen, schließlich hatte Johanna das schon getan. "Puh, da gibts ein, zwei ziemlich brauchbare Kerle hier. Meister Taron erzählt immer von einem, der ihm irgendwann noch das Geschäft ruinieren würde." Der ehemalige Söldner kratzte sich am Kopf, während er überlegte. Wie hieß der Mann noch? Anton? Arbalas? Austrich? Irgendwas mit A auf jeden Fall.
"Hey, Meister!" rief Syrias hinüber zu Taron, der vertieft in die Schmiedearbeit war. "Meister!" Der erfahrene Waffenschmied blickte auf, verwirrt und etwas gereizt. "Was?!" bölkte er zurück und wies mit dem Schmiedehammer auf den Amboss. "Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?" Dann sah Taron die beiden anderen, blinzelte einmal kurz und nickte ihnen zu. Johanna kannte er zwar, aber den anderen Kerl hatte er noch nicht gesehen. Vielleicht war das ja ein Kunde, also setzte der Meisterschmied ein etwas freundlicheres Gesicht auf. Zumindest für seine Verhältnisse.
"Wie heißt noch mal der Rüstungsbauer, der euch immer zur Weißglut treibt?" fragte Syrias etwas lauter. Sofort verfinsterte sich Tarons Miene und wütend begann er mit dem Hammer herum zu fuchteln.
"Was? Wieso? Erzählt Alberich schon wieder Schwachsinn über mich? Sagt er schon wieder, das meine Schwerter nicht mal zum Brot schneiden taugen? Haben die beiden Jungspunde da irgendwelche Gerüchte aufgeschnappt?" Das Gesicht rot vor Wut, wandte er sich wieder dem Schmieden zu und hämmerte auf den Rohling ein, als gäbe es keinen Morgen. "Dieser! Verdammte! Billige! Abklatsch! Von! Einem! Schmied! Hat! Doch! Keine! Ahnung! Von! Schwertern!" jedes Wort wurde von einem hellen Klirren untermalt.
Syrias rollte mit den Augen und wandte sich wieder Johanna und Isidor zu.
"Da, Alberich. Bei dem würd ichs mal probieren. Ich kenn sonst keinen, der den Meister so wütend macht." Er hob die Schultern. "Aber ob der noch Gesellen sucht? Keine Ahnung. Aber in der Handwerksgasse wirst du auf jeden Fall fündig. Und wenn du ne ordentliche Waffe brauchst, komm zu mir. Wir haben bestimmt was für dich."
Er wandte sich noch einmal an Johanna. "Falls du Meve übrigens vor siehst, sag ihr doch bitte, dass ihr zwei demnächst mit mir ein paar Tage die Stadt verlasst. Ihr solltet euch drauf vorbereiten." Er hatte den Auftrag Tarons nicht vergessen. Bald mmussten sie das Erz aus dem Eberstein holen, welches er und Na-Cron da gelassen hatten.
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Langsam reichte es Felia mit dieser menschgewordenen verletzten männlichen Eitelkeit, die sich zum wiederholten Male in ihre Angelegenheiten einzumischen versuchte und ihr damit gehörig die Tour vermasselte. Als Bardin und Künstlerin, als Novizin im Dienste des einzig wahren Gottes Innos und selbstverständlich nicht zuletzt als Frau mit einem vollständig normalen Ego war das ein Fehltritt, den sie nicht so schnell zu verzeihen bereit war. Insbesondere - da war sie sich sicher, auch wenn sie sie über die genauen Beweggründe des schmierigen Kerls nur Mutmaßungen anstellen konnte - nur deswegen, weil er im Badehaus gegen Curt den Kürzeren gezogen und vermutlich auch in der Hose gehabt hatte. Ihr bärtiger Begleiter hatte die einzig richtige Entscheidung getroffen, als er die Hose dieses Wichts in Brand gesteckt hatte!
Und gerade als die schönste aller Novizinnen in einem Anflug unendlicher Freundlichkeit und ausschließlich aufgrund ihrer unermesslichen Güte, die nur von ihrer Schönheit und Bescheidenheit übertroffen wurde, eventuell dazu bereit gewesen wäre, diesem Perversio oder wie auch immer sein Name jetzt sein mochte seine mehrfachen Fehltritte zu verzeihen, zückte er das ach so geheime Schreiben und wedelte damit vor ihrer aller Nasen herum. Mit einem hämischen, überheblichen und herausfordernden Blick wagte es dieser knilchige Schwerenöter es doch tatsächlich, in ihre Richtung zu blicken, als wolle er ihr sagen Ich weiß, dass du nicht lesen kannst, du dummes, kleines, hässliches, verarmtes Bauernmädchen, das nicht mal seine eigenen Eltern genug lieben konnten, um es zu behalten. HA! Sieh dich nur an und deine Unfähigkeit, die selbst deinen Bruder vertrieben hat.
Die Nasenlöcher ihrer Stupsnase weiteten sich vor Zorn als sie auf den Fremdling zutrat.
»Wie kannst du es wagen, du-du... du Knilch!«
Nur für den Fremden wahrnehmbar ging ein blendendes Licht von Felia aus. Ihr Haut wirkte glatter, jünger, makelloser als noch vor wenigen Augenblicken. Ihr Haar wirkte voller, glänzender und kraftvoller als jemals zuvor. Und ein lieblicher Geruch breitete sich von ihr aus, der ausschließlich für den Angesprochenen zu riechen war. Kurzum: Die kleine Schneiderin strahlte mit dem Glanz des obersten aller Götter und ließ den briefeschwingenden Fremdling in der nötigen Ehrfurcht erstarren, während sie in bitterböse anfunkelte und sich ihm wutentbrannt näherte.
Doch noch bevor sie bereit war mit der erhobenen Hand zum Schlag auszuholen, verschwand der Fremde in einer dichten Wolke. Und nicht nur er. Alle Umstehenden waren von jetzt auf Gleich nicht mehr zu sehen.
»Lange wird sie das nicht aufhalten.« Es war Curt, der durch den dichten Nebel auf sie zu gestürmt kam. »Wir müssen hier schleunigst weg - keine noch so gut vorgetragene Lügengeschichte dieser Welt kann uns noch schützen.« Seine Worte - und nicht zuletzt das in die reine Feststellung gewickelte Kompliment - vermochten es, Felia zumindest ein wenig zu beruhigen. Und sie eilte in Richtung ihres Ordensbruders. Aus einem ihr gänzlich unerfindlichen Grund ergriff sie im Weglaufen aber zusätzlich die Hand Rüdigers und zog ihren Konkurrenten in der Prüfung des Feuers hinter sich und dem voran stürmenden Curt samt Esel her.
Im Weglaufen aber drehte die junge Frau sich noch ein letztes Mal um und feuerte einen Feuerpfeil in die Richtung, in welcher sie Perversio inmitten der dichten Rauchwolke vermutete.
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Tarons Waffenschmiede
Mit vorgehaltener Hand kicherte Johanna beim Anblick des alten Schmiedemeisters, der - ganz der kauzige Brummbär, der er war - wütend vor sich hin zeterte und sein Werkstück mit dem Hammer marterte. Selbstredend leise genug, dass Taron es nicht mitbekam und sich dadurch noch mehr zur Rage angestachelt fühlte. So viel also zur Zusammenarbeit. Aber Johanna hatte Taron dabei ja auch explizit ausgenommen.
"Alberich also - er muss gut sein, wenn Taron sich so von ihm bedroht fühlt", stellte sie leise in Isidors Richtung fest. "Willst du gleich dein Glück versuchen? Oder willst du noch ein wenig bleiben?"
Doch als Syrias ihr mitteilte, dass sie in den nächsten Tagen einen Ausflug machen würden, schwand ihre gute Laune ein wenig dahin.
"Kann das noch zwei Tage warten? Ich habe ein versprechen hier in der Stadt zu halten", gab sie zu. Ihr Blick streifte Isidor. Schließlich hatte sie ihm doch versprochen, mit Frieda zu helfen - und Frieda würde vermutlich genauso mit ihr über die Verabredung mit Isidor reden wollen.
"Danach gehe ich gern mit dir und Meve überall hin, wenn du magst. Aber bis in zwei Tagen werde ich noch hier gebraucht."
Johanna zog die Stirn in Falten. "Wo willst du denn eigentlich mit uns hin?"
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Tarons Waffenschmiede
Wie ein Kind im Süßwarengeschäft – oder vielleicht auch im Goldenen Nudelholz - schaute sich Isidor in der geräumigen Schmiede um, in die Johanna ihn gebracht hatte. Der rhythmische Klang des Hammers war Musik in seinen Ohren. Interessiert beobachtete er Taron, so sein Name, wenn er dem Gespräch soweit hatte folgen können, und musterte fachmännisch die Farbe des glühenden Stahls. Vermutlich würde er den Rohling in wenigen Augenblicken wieder in die Esse legen.
Derartig abgelenkt, bekam er beinahe nicht mit, wie Johanna ihm etwas zuflüsterte.
„Ich…äh“, begann er unbeholfen und wurde sich der Aufmerksamkeit Syrias‘ bewusst, „kann auch noch einen Moment warten.“
Der Mann, dessen Anteilname am Zorn seines Meisters recht gering auszufallen schien, traf Isidor auf Augenhöhe. Seine Statur war beneidenswert und das helle Haar trug er in auffällig kunstvoll geflochtenen Zöpfen, die sich eng an die Konturen seines Kopfes schmiegten. Wachsame Augen schauten ihm entgegen, die einzuschätzen schienen, was von dem jüngeren Mann zu erwarten war. Eine verblasste Narbe zeichnete seine linke Gesichtshälfte, rührte aber wohl eher von einer Auseinandersetzung, denn einem Brand wie es bei Isidor der Fall war.
„Man sollte meinen, dass ein Schwert- und ein Rüstungsschmied nicht in Konkurrenz zueinanderstehen“, merkte er an, beließ es jedoch dabei.
Was wusste er schon von den hiesigen Gepflogenheiten, als dass er einschätzen konnte, inwiefern sich die beiden die Kundschaft streitig machten? Zumindest das Frotzeln über die Arbeit anderer derselben Zunft weckte Erinnerungen in Isidor, die ihn schmunzeln ließen.
„Danke für die Auskunft, Syrias, und natürlich auch Meister Taron. Aber er scheint gerade nicht in der Stimmung zu sein, mit mir über diesen Alberich zu sprechen“, scherzte der Hüne und schaute wieder zu Johanna.
„Wegen mir musst du nicht unbedingt bleiben“, wollte er ihr die Möglichkeit geben, ihrer Lehre weiterhin nachzugehen, „Ich werde schon irgendwie zurechtkommen…denke ich.“
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Syrias zuckte erneut mit den Schultern. "Ich hab kein Problem mit Rüstungsschmieden. Ich arbeite hier nur. Ne eigene Schmiede kostet mehr, als ich zur Zeit hab." Auch er fand Meister Tarons Reaktion ein klein wenig überzogen. Wenn es nach dem ehemaligen Söldner gegangen wäre, dann hätte er sich mit diesem Alberich einfach einmal ernsthaft "unterhalten". Und wenn beide wieder stehen würden, ein Bier getrunken. Aber sowas sah die Stadtwache hier gar nicht gern. Damals in Faring war das Leben schon simpler gewesen.
"Und kein Ding. Scheinst neu hier zu sein, da ist ne kleine Starthilfe nicht verkehrt. Du willst nicht in der Gosse landen, glaub mir." Syrias dachte kurz an seine Jahre als Abschaum der Gesellschaft zurück, bevor er den Gedanken daran mit Vehemenz beiseite schob. Schließlich hatte er es auch wieder heraus geschafft, auch wenn ihm Na-Cron dabei geholfen hatte. Was der Kerl wohl gerade machte?
Syrias wandte sich wieder an Johanna, schließlich hatte die Dunkelhaarige ihn etwas gefragt. Hatte er ihnen nicht erzählt, was er vorhatte? Anscheinend nicht. Manchmal war der Waffenschmied in Gedanken schon drei Schritte weiter als er wirklich getan hatte.
"Zwei Tage sind kein Problem. Ich muss eh noch die Handkarren und Säcke besorgen, die wir brauchen. Wir müssen was aus dem Eberstein holen. Nen Kumpel und ich haben da vor einiger Zeit Erz geschürft, konnten aber nicht alles mitnehmen."
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Tarons Waffenschmiede
Erz schleppen - das klang nach einer Heidenarbeit. Bei der Vorstellung daran, wie sie das ganze Stewarker Land mit großen, schweren Säcken voll spitzer Steine beladen durchquerten, kam ihr jetzt schon das kalte Grausen. Und zu allem Überfluss würde ihr diese Aufgabe nur einmal mehr vor Augen führen, dass sie körperlich gegenüber solchen Riesen wie Meve oder Syrias benachteiligt war, selbst wenn sie Handkarren zur Hilfe hätten. Aber immerhin gewährte ihr Lehrer noch die zwei Tage Aufschub, um die sie ihn gebeten hatte. Damit stand der Hilfe für die Verabredung von Isidor und Frieda nichts mehr im Wege.
"Danke, Großer. Bist ein Schatz", antwortete sie grinsend, im vollem Bewusstsein, dass Syrias es hassen würde, so bezeichnet zu werden. "So, legen wir jetzt los mit den richtigen Klingen, oder was? Wo ist Meve denn eigentlich? Noch unterwegs?"
Doch bevor Johanna sich ganz und gar auf einen neuerlichen Tag voller Übungen einließ, wollte sie Isidor noch vernünftig verabschieden. Sie wandte sich ihm noch einmal zu.
"Na dann, ich wünsche dir viel Glück mit", sie schielte zu Taron, die gewohnt miesepetrig seine Arbeit wieder aufgenommen hatte, "na, in der Schmiede von Du-Weißt-Schon-Wem. Ich werd wohl später nochmal zu Frieda gehen, aber ... sagen wir heute zum Abendessen in der Klippenschänke, um ein wenig Konversation zu üben?"
Johanna trat auf ihn zu, um ihn zu verabschieden, und wechselte unbeholfen zwischen dem Ansatz einer Umarmung und einem Handschlag, bevor sie ihm schließlich einen Stoß mit der Faust gegen die Schulter gab.
"Also dann."
Götter, war das eine alberne Geste gewesen.
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Die Trainingseinheit an der Treppe und der kurze, aber wohl wirkungsvolle Einsatz für mehr Verständnis für Frauen bei älteren Generationen hatten fast dafür gesorgt, dass Meve ihre eigentliche Aufgabe fast vergessen hatte: Das Holz zu beschaffen. Syrias hatte ihre Ausbildung im Schwertkampf nur unter der Auflage wieder aufgenommen, dass sie – ihrer Meinung nach – schuften sollte wie ein Maulesel. Innerlich hatte sich Meve schon geschworen, dass wenn am Ende das Wissen, welches der Waffenschmied teilte, ihr nichts gegen Tiberon nützen würde … nun, dann würde sie den Nordmann mit dem Arsch in seine eigene Esse stoßen und nachträglich ein Brandzeichen – irgendwas Obszönes! – auf die Stirn pressen. Aber insgeheim wusste sie, dass Syrias Ahnung hatte, was er da von sich gab. Trotz der Kodderschnauze und dem herablassenden Gehabe war ihm anzumerken, dass er ein Schwert nicht nur bei seiner Tätigkeit geschwungen hatte, sondern im Kampf geführt hat. Mal siegreich, mal nicht. Beizeiten, wenn sie sich besser kennen würden, wäre Meve daran interessiert, die Kriegsgeschichten des Mannes zu hören.
Nun aber geriet die Hünin in eine Situation, in der sie scheinbar gar keine Kontrolle hatte. Die Leviten, die sie dem Opa gelesen hatte, waren mehr oder minder Spiel und Spaß gewesen. Als sie jedoch auf den Torplatz kam, der hier in Stewark zum Teil auch als Marktplatz fungierte, traf sie an einem schwer beladenen Karren auf zwei Gestalten, die sie eigentlich nicht mehr hatte sehen wollen.
Der eine war ein junger, großer Bursche – zwei Jahre jünger als sie, schätzte Meve – und ein grauhaariger, ebenso kräftiger Mann mit kurz geschorenen Haaren. Der Vorsteher der Holzfäller und sein Lehrling. Jykub. Jener Jykub, dem sie vor nicht allzu langer Zeit die Nase gebrochen hatte, weil sie seine Freundlichkeiten und Komplimente als schnöde, plumpe und ganz unziemliche Annäherungsversuche gedeutet hatte. Das hatte letztlich dafür gesorgt, dass ihre … Straftage, die sie von der Stadtwache Stewarks bekommen hatte – natürlich infolge von gewalttätigen Auseinandersetzungen – bei den Holzfällern in der Baronie ein schnelles und jähes Ende gefunden hatten.
Der Vorsteher sah sich um, offenkundig ungeduldig. Natürlich wartete er. Jedoch nicht auf Meve. Nun, nicht bewusst zumindest. Sie trat aus der Menge heraus, die den Platz um diese Uhrzeit schon bevölkerte, und bewahrte eine völlig neutrale Miene. Als der Blick des älteren Mannes auf sie fiel, verzog er das Gesicht.
»Meve.«, grüßte er sie ohne jede Freundlichkeit in der Stimme. Jykub gab nur ein undefinierbares Geräusch von sich und schien sich extra so zu positionieren, dass sein Vorsteher zwischen ihm und der Nasenbrecherin stand.
»Vorsteher«, sie neigte kurz den Kopf, »Bringst du die Holzlieferung für die Handwerker?«
Der Mann nickte langsam und sah sie aufmerksam an. »Ja«, antwortete er gedehnt, »Aber Arbeit findest du bei mir nicht mehr, Mädchen. Ich habe mich damals doch klar und deutlich ausgedrückt.«
Die Hünin knirschte mit den Zähnen und trat einen Schritt vor, woraufhin die beiden Holzfäller sich anspannten. Jykub wich sogar so weit zurück, dass sein Rücken die Seitenwand des Gespanns berührte. Meve sah ihn an, als sie näher an den Wagen herantrat. Der Vorsteher verschränkte die Arme vor der Brust, bereit, sie von dem jungen Mann wegzuzerren. »Was glaubst du, was du da tust?«
»Ich bitte um Entschuldigung«, sie sah Jykub direkt in die Augen. »Dafür, dass … ich dich geschlagen, dich verletzt habe. Für meine Unbeherrschtheit. In der Zwischenzeit ist mir bewusst geworden, dass … Gewalt nicht immer die Lösung ist.« Ihr Blick wich einen Moment zur Seite. »Zumindest nicht jeder Lebenslage.«
Der Holzfällerlehrling sah sie lang an, ehe er nickte. »Ist ja nur mein Zinken gewesen«, antwortete er und tippte sich an die Nase. »Und seitdem … na ja, ein paar Mädels aus dem Fischerdorf finden mich jetzt interessanter. Ich sehe damit verwegen aus, meinen sie. Wie ein Kämpfer.«
Meve atmete erleichtert aus. Ihr war nicht bewusst gewesen, wie sehr sie darauf gehofft hatte, der Lehrling würde ihre Entschuldigung annehmen. »Sag ihnen, eine wilde Bärin hätte dich angegriffen. Das macht noch mehr Eindruck.«
»Mhm.«, räusperte sich der Vorsteher. Jykub nickte nur und machte sich daran, Holz vom Karren zu laden. »Ich … habe dich vielleicht falsch eingeschätzt, Meve«, begann er, »Du hast dich bei Jykub entschuldigt. Einzusehen … dass man sich falsch verhalten hat, erfordert eine besondere Art von Mut.« Er reichte ihr die Hand. »Falls du …«
»Alles gut«, unterbrach ihn die Hünin und lächelte kurz, »Ich soll für Tarons Waffenschmiede Holz holen.«
Anerkennend nickte der Holzfäller. »Sehr gut. Dann klären wir alles weitere. Ich sage Jykub, dass er dir dann beim Transport helfen soll.«
Innerlich freute sich Meve. Sie hätte auf die Begrüßung des Vorstehers mit Aggressivität und Wut reagieren können, wusste aber, dass es zu nichts geführt hätte. Nur zu ärgern. Die Frau wusste, dass der Zorn ein Teil ihres Wesens war. Ihn jedoch in die richtige Bahn zu lenken, für eine gute Sache einzusetzen … das würde ihr Ziel werden.
In der Akademie. Tiberon besiegen. Nicht, um ihn zu schikanieren. Nein, um ihm zu zeigen, dass er falsch lag. Dass ich gelernt und mich geändert habe.
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Torplatz - Dak der Torwächter
Er brauchte definitiv eine Gehaltserhöhung.
Nach gefühlten Stunden gegenseitiger Beschuldigungen und wüster Geschichten über Liebe und Verrat, die – mitsamt dem Umstand, dass der gesamte Verkehr über die Brücke stillstand – eine beträchtliche Zahl an Schaulustigen angezogen hatte, wusste er nicht im Geringsten, wem er hier Glauben schenken sollte. Und dann kam dieser – wie hatten sie ihn genannt? – Pervio auch noch mit einem Brief von irgendeinem zweifelhaften Verfasser daher, der das königliche Siegel darunter gesetzt hatte! Das gab Dak den Rest. Nun war er ganz auf Chucks Linie, sicherheitshalber erst einmal alle ins Gefängnis zu stecken und ganz besonders diesen Kerl mit dem Brief peinlich zu befragen, wie er in den Besitz eines Schriftstücks mit königlichem Siegel gekommen war.
Doch dann überschlugen sich die Ereignisse innerhalb eines Wimpernschlages. Das Schneiderweib verfiel erneut in zänkisches Gezeter und versuchte, ihr zwielichtiges Gegenüber in den Boden zu starren, als sie mit einem Schlag in so dichten Rauch gehüllt wurden, als befänden sie sich in einem brennenden Haus. Plötzlich stürmten einige der Individuen wie von der Kreuzspinne gestochen los. Dak hustete, warf sich aber noch einem der Männe entgegen, um ihn aufzuhalten. Sein Panzerhandschuh rutschte an der Schulter des Mannes ab, der von der garstigen Frau an der Hand gezogen wurde, und stolperte ins Leere. Einen Herzschlag später erleuchtete ein Feuer den Rauch, das direkt auf seiner Brustplatte einschlug. Überrascht stürzte Dak rücklings zu Boden. Er keuchte vor Schreck, als er begriff, dass der Verdächtigste der Bande die Wahrheit gesprochen hatte.
„Mann am Boden! Mann am Boden!“, brüllte er durch den Rauch, der seine Kehle reizte.
„Alarm! Angriff der Feuermagier! Die Feuermagier greifen die Stadt an!“
„So eine verdammte Scheiße nochmal!“, keifte Chucks Reibeisenstimme. Dak rappelte sich auf und stürzte mitsamt seinem Kollegen durch das Stadttor, um die Verfolgung aufzunehmen. Als er aus dem Rauch trat, sah er die drei Flüchtigen mit ihrem Esel über den Torplatz flüchten.
„Ich renn hinterher! Hol du die Anderen aus dem Torhaus!“, rief er Chuck zu und setzte zur Verfolgung an. Diese verfluchten Myrtaner würden ihm ganz sicher nicht entkommen, nachdem sie ihn mit ihrer vermaledeiten Magie auszuschalten versucht hatten. Doch Stewarks Rüstung hielt stand! Sie war weit mehr als nur Zierde!
„Im Namen des Königs, bleibt stehen!“, rief er ihnen nach. „Ihr könnt ohnehin nicht entkommen mit eurem Esel!“
Hätte er doch nur sein unvorsichtiges Mundwerk gehalten! Denn just in diesem Moment strafte ihn das Schicksal lügen. Wie aus dem Nichts erschien erst ein Esel mit seinem Herrn an der Seite, dann noch einer und noch einer, bis mit einem Mal der gesamte Torplatz voller Esel und ihrer Halter war!
„Was in aller Welt ist denn hier los?“
Chuck tauchte atemlos neben ihm auf, mit der ganzen Torhausbesatzung im Schlepptau.
„Das darf doch verdammt nochmal nicht wahr sein! Muss diese beschissene Eselzuchtmesse in der Handwerkshalle ausgerechnet jetzt zu Ende sein?“
Dak schnappte nach Luft. „Eselzuchtmesse?“
„Die Scheißviecher haben uns den ganzen Vormittag die Brücke vollgeköttelt! Was denkst du, warum ich so ne Scheißlaune hab? Also, wo sind die Mistkerle hin?“
„Sie sind da rüber!“ Dak zeigte in Richtung der Handwerkshalle. „Also nicht da, sondern hinter den Eseln.“
„Hinter den Eseln, hinter den Eseln! Willst du mich verarschen, oder was?“
Chuck wandte sich zu den Anderen um.
„Ausschwärmen! Wir suchen einen schmierigen Typen mit Vollbart im mittleren Alter, eine klapprige, eingebildete Schnepfe in ihren Dreißigern und einen jungen Stubenhocker mit nem Hemd wie ein Hofnarr und ner Gesichtsfarbe wie Frischkäse, die einen abgerissenen Esel bei sich haben, der sicher nicht an einem Zuchtwettbewerb teilnimmt. Aber passt auf! Die drei sind hochgefährliche Feuermagier!“
„Novizen!“, berichtigte Dak.
„Sie können zaubern, also sind sie Magier, verdammt nochmal!“, brüllte Chuck voller Wut. „Und jetzt los, los, los! Dak, schnapp dir unseren Porträtmaler und mach ein paar Fahndungsbilder!“
„Aber ich bin der befehlshabende -“
„JETZT MACH, DU ARSCH!“
„Ist ja gut.“
Dak sah den Anderen hinterher, als sie sich verteilten. Dann nahm er Haltung an und machte sich auf den Weg. Ihm graute davor, die ganze Sache dem Chef zu berichten.
„Das wird einen Haufen Papierkram geben …“
Johanna
Geändert von Bewohner Argaans (21.06.2024 um 01:31 Uhr)
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Zwischen den Schmieden und dem Eselsplatz
Während Johanna im Begriff war ihn zu umarmen, wollte Isidor ihr die Hand zum Abschied reichen. Als er seinen Fehler bemerkte, versuchte er ebenfalls in eine Umarmung zu wechseln, doch die kleine Frau änderte ihrerseits die Geste und so standen sie mit ungelenk wedelnden Gliedmaßen voreinander, ehe Johanna sie mit einem freundschaftlichen Stoß ihrer Faust gegen seine Brust rettete.
„Ehm, ja. Bis heute Abend in der Schenke dann. Ich zahle“, bot er etwas verlegen an und wandte sich dann zum Gehen, wobei er Syrias zunickte. Meister Taron war so fixiert auf den Rohling, dass er gar nicht merkte, wie Isidor verschwand.
Kaum aus der Tür, hörte er laute Rufe und…waren das Esel? Eine Laute Stimme hallte durch die enge Straße der Schmieden.
„Feuermagier?“, stieß der junge Hüne hervor und riss die gerade ins Schloss gefallene Pforte wieder auf.
„Hey, es sind Feuermagier in der Stadt. Sie greifen an! Am Torplatz gibt es einen Aufruhr!“, rief er in die Schmiede hinein, wartete jedoch nicht, ob sie reagierten.
Eilig lief Isidor los, wollte mit eigenen Augen sehen, was vor sich ging und glaubte, irgendwo falsch abgebogen zu sein, als er um die Ecke eines Steinhauses bog und sich am Rand einer Eselsfarm wiederfand.
„Bei Innos“, keuchte er aus Gewohnheit und blickte wild umher. Rauch stieg vom Torhaus auf und in alle Richtungen strömten Stadtwachen aus. Laute Rufe hallten über den Platz, Rüstungen schepperten und über all dem dröhnten die ohrenbetäubenden Geräusche der Esel.
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