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Die Sumpflilie
Der Tag schritt langsam voran, viel langsamer, als Zarra erwartet hatte. Ihre Position auf dem Tisch in der Sumpflilie hatte ihr sehr dabei geholfen die Medizin an die Menschen zu bringen, die sie nötig hatten. Nicht wenige waren überaus dankbar gewesen und hatten ihr Gold – und einen hölzernen Knopf - in die Hand gedrückt, auch wenn sie es zunächst abgelehnt hatte. Mama Hooqua hatte ihr zwischendurch sogar einen Krug mit Sumpfbirnensaft gegeben, für den sie ihrerseits jegliche Bezahlung abgelehnt hatte. Doch die Jugendliche hatte erst unter Androhung des Nudelholzes nachgegeben und sich noch einmal überschwänglich bedankt, was die Wirtin nur abwinkte. Den gehobenen Mundwinkel hatte die Weißhaarige dennoch bemerkt und freute sich sehr darüber.
Unterdessen hatte sich die Iriswurzel in ihrem Mund nahezu aufgelöst. Ihre Zähne hatten einen leicht gelblichen Belag bekommen, der jedoch nur von Nahem wirklich auffiel. Sie hatte gröbere Stücke unauffällig in ein Tuch gespuckt, welches sie in ihrer Kräutertasche mit sich führte, damit sie die nicht ganz ungefährlichen Pflanzenteile von ihrem Magen fernhielt.
Sie hatte noch nicht viele Erfahrungen mit den Wurzeln sammeln können, da ihre Großmutter strikt dagegen war, dass sie sie kaute. Meist führte sie Argumente an, die Zarra schwer schlucken ließen. Sie wollte definitiv nicht den Rest ihres Lebens unheilsame Trauer verspüren, wenn sie nicht an mehr des Geflechts kam. Doch das eine Mal hatte sie zu viel davon genommen, auch einige Stücke geschluckt und ihr war unglaublich schlecht geworden. Außerdem hatte sie aus allen Richtungen laute Geräusche gehört und die Bäume waren ihr entgegengekommen, so als wollten sie ihr den Weg versperren.
Sie schauderte bei der Erinnerung an das Erlebnis.
Da sie nun aber bald den ganzen Wurzelstock verbraucht hatte, würde die Wirkung nicht mehr allzu lang anhalten. Tief in ihr wusste sie, dass sie wieder zu ihrem eigentlichen Selbst zurückkehren würde, wenn es so weit war. Zu dem kleinen, schüchternen Mädchen, welches nicht den Mut besaß, sich zu beweisen. Doch zuvor würde sie das Beste aus der Wirkung der Sumpf-Iris machen und mit so vielen Leuten interagieren, wie sie konnte. Noch immer war ihre Holzkiste zur Hälfte gefüllt, denn bisher hatten sich noch nicht viele in die Sumpflilie verirrt. Da waren die dunkelhäutige Frau mit dem hübschen Halstuch gewesen, ein Jägerpärchen, welche einige dunkelblaue Flecken vom „Gerangel“, wie sie es genannt hatten, davongetragen hatten – Zarra war sich sicher, dass sie die Schlägerei von letzter Nacht damit meinten – und ein ziemlich übel zugerichteter Kerl, der wohl mehr als nur eine Faust eingesteckt hatte. Der Einschätzung der Kräuterschülerin nach musst es wohl etwas massives wie ein Stuhl oder Hocker gewesen sein, der ihm durchs Gesicht gezogen worden war. Kein schöner Anblick, weshalb sie ihm geraten hatte, zu einem der Heiler zu gehen, da ihre einfache Heilpaste nicht viel ausrichten konnte.
Noch einige mehr waren bei ihr gewesen, doch verschwammen die Gesichter vor ihrem inneren Auge bereits, was sie kurz stocken ließ.
Habe ich zu viel der Wurzel gekaut?, fragte sie sich etwas besorgt und versuchte in sich hineinzuhorchen.
Noch ehe sie zu einem Entschluss kommen konnte, fiel ihr ein Falter auf, der durch die offene Tür der Schenke hereingeflogen kam. Seine Flügel hatten einen gelblich orangenen Ton, überzogen von einem symmetrischen braunen Muster. Die türkisfarbenen Augen der Jugendlichen folgten dem Neuankömmling, ohne zu blinzeln. Zarra beobachtet den Schmetterling, jeden Schlag der Flügel nahm sie in sich auf, während das Fluginsekt ihr immer näherkam. Hoffnungsvoll streckte sie einen Finger aus, der von dem bunten Flieger jedoch ignoriert wurde. Er stieg höher, verschwand im Gebälk des Schankraums, außer Sicht der jungen Frau, die angestrengt versuchte sich so zu verrenken, dass sie einen erneuten Blick auf den kleinen Kerl – oder die kleine Dame? – werfen konnte, doch half alles nichts. Hoffentlich würde der Falter noch einmal auftauchen. Sie würde ihn so gern von Nahem betrachten!
In diesem Moment hinderte eine neue Gestalt das Sonnenlicht daran durch die Tür der Lilie ins Innere zu fallen.
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Am Nachmittag~
"Was war das denn?", Darius verzog das Gesicht. Sein Mund stand offen, seine Augen waren zusammen gekniffen. Zwischen dem Wirrawrr aus Bart und Verständnislosigkeit war ein seltsames Wechselspiel aus Belustigung und Fassungslosigkeit mehr als nur deutlich zu erkennen. "Ist DAS der Trick? Diese Zauberei mit der du die ganzen Weiber rumgekriegt hast? Oder liegt das an der Kommandantur und dem Titel?"
Ryu stand da, die eigene Linke an seiner Wange, während er die Tür anstarrte durch die Chala den Raum verlassen hatte. Dann schloss er die Augen und atmete tief durch und schüttelte sachte den Kopf. Dieses Kribbeln jedes einzelnen Stoppelhaares dort, wo sie ihre Spur hinterlassen hatte zog sich bis hinauf zu seinem Ohr und ließ ihn sich kurz schütteln. Die schwere, vom gestrigen Sumpfkraut und Alkohol begleitete Note die an Chala hing lag noch immer in seiner Nase. Gemischt mit diesem entfremdeten und doch vertrauten, ganz eigenen Geruch den sie an sich trug. Wie unterschiedlich sie doch alle waren. Wo Freiyas Nähe ihn immer an den Frühling erinnert hatte war es Chala, die eine eher schwere Süße an sich trug. Es erinnerte den Templer ein wenig an Sirup den man in manchen Regionen auf seine Mahlzeiten goss. Nur irgendwie mehr... 'Zartbitterer'? War das überhaupt ein Wort? "He, Hauptmann!", setzte der Stellvertreter noch einmal nach und folgte mit einem geworfenen, zerknüllten Papierball an den Hinterkopf des regungslosen Hayabusa. Eigentlich eine Respektlosigkeit die sich der Hüter sonst nicht gefallen ließ, aber andererseits... Darius war ein langjähriger Freund und Schüler gewesen. Und untereinander ging man schon einmal anders um als vor den Augen anderer. Und doch war ihm, so sehr er es sich wünschte, nicht danach mit einem Scherz zu antworten. Ryu blinzelte etwas irritiert. "Das war... Unerwartet?".
Der Mann hinter dem Schreibtisch lachte kurz dumpf auf. "Unerwartet? Mensch Ryu, die Kleine hätte dich besprungen wenn ich nich' da gewesen wäre!". War dem so gewesen? Etwas an ihrer Haltung hatte dem Hüter, wenn auch nur leicht verraten, dass seine Reaktion wohl nicht das war was sie sich erhofft hatte. Aber warum war sie überhaupt wieder hier, in den Sümpfen? Hatte sie nach ihm gesucht? Wohl kaum... Andererseits... Die Wildkatze war ein Zeichen dafür, dass ihre Namensvetterin ihre gemeinsame Zeit in Ehren gehalten hatte. "Also, erzähl doch mal... Was ist das da mit dir und ihr?", stichelte Darius weiter. Doch dieses mal war ein einziger Blick die Antwort des Templers und gleichzeitig ein Mahnmal es nicht zu übertreiben. Dennoch war Ryu danach, irgendetwas zu sagen. "Ich denke, sie hat nach jemandem gesucht.", ließ er als Bemerkung fallen, woraufhin Darius sich nun interessiert und mit verschränkten Armen zurück lehnte. Hätte er gedurft, wäre die Pfeife jetzt schon wieder angesteckt und in Betrieb. Aber Herr Hauptmann hatte ja etwas gegen den 'Gestank' in seiner Bude. Stattdessen kam nur eine Gegenfrage. "Und, denkst du, sie hat diesen >jemanden< gefunden?". Eine gute Frage. Eine wichtige Frage. Eine Frage die eine Antwort verdiente. Von Ryu. Für Chala. Wenn man diese Antwort denn kannte.
Des Hüters Blick lag nun mittlerweile am Ende des Raumes, jenseits der zur Seite gehängten Felle, weit in der Ferne wo die Sonne bereits Platz für die hereinbrechende Nacht gewährte. Eine ganze Weile hatte der Hüter geschwiegen und nicht wirklich mit Darius gesprochen. Viele Dinge durchzogen seine Gedankenwelt. Viele davon waren wie so oft die Vergangenheit und was davon noch übrig war. Sein Freund und Vertreter und der Hauptmann mussten keine großen Worte wechseln. Ersterem war durchaus bewusst, dass man Ryu mit seinen Gedanken alleine lassen sollte wenn er damit begann in sich hinein zu schweigen. Und umgekehrt war es auch der Hayabusa der es respektierte, wenn Darius sich wieder einmal in dichten Pfeifenrauch hüllte und der Mutter seines Sohnes gedachte. Man saß dann vielleicht beinander und schwieg. Doch man sprach nicht. Vielleicht so ein Männer-Ding. Vielleicht aber auch die Verbundenheit zweier Menschen die nur zu gut wussten, was Verlust war und deren Art damit umzugehen sich ähnelte.
Dann jedoch, mit nur einem Satz brach Ryu sein Schweigen als er sich die ramponierte Schwertscheide wieder an seine Gürtelschärpe steckte. "Ich bin mir nicht sicher, ob dieser jemand die Sümpfe nicht auch schon vor langer Zeit verlassen hat... Oder in ihren Tiefen verschwunden ist.". Worte, die er kurz darauf mit einem großen Schluck aus dem Krug ertränkte den er an einem der Wasserfässer aufgefüllt hatte. "Mach die letzten Aufstellungen fertig und dann geh zu deinem Sohn, Darius.", instruierte der Hauptmann seinen Vertreter, der nur die Augenbrauen hob. "... Und die Planung?". Ryu schmunzelte wissend. "Du hast das meiste doch schon fertig und sitzt doch nur noch hier, um fein zu tüfteln und zu warten, bis Thanan gekocht hat. Hör zu. Wenn ich wieder zurück bin will ich dich vor morgen früh nicht mehr hier sehen, verstanden? Erwache!"
Damit verließ der Hayabusa die Kommandantur und begab sich schnurstracks Richtung der Wasserfälle, wo Ornlu bereits wartete.
Später~
Die Art, wie Ornlu seinen Freund und ehemaligen Lehrer begrüßt hatte, fühlte sich an wie Balsam auf der Seele. Irgendetwas an dem Wölfling war im Vergleich zu all den anderen Wiederkehrern der letzten Zeit anders. Einerseits wusste der Hüter um die Verantwortung die der Mann mit den auffälligen Tätowierungen auf sich genommen hatte, andererseits trug er eine gewisse, innerliche Bewunderung dafür, wie Ornlu es schaffte. Wie er es schaffte, sein eigenes, manchmal noch immer kindliches und leicht naives Wesen zu bewahren und in Ryus Augen nach wie vor als der Wildfang mit den schmutzigen Gedanken und diesem Anflug von Naivität da zu stehen. Es war nur ein kurzer Austausch darüber, dass man bald wieder miteinander sprechen würde wie früher. Früher... Bis dato hatte der Hayabusa daran gezweifelt, aber irgendetwas sagte ihm, dass hier die Möglichkeit doch bestand. Er konnte nich umhin den folgenden, kurzen Wortwechsel unter einem leichten Schmunzeln zu führen, ehe er seine Position einnahm. Jedoch nicht ohne vorher einen Blick auf Kiyan geworfen zu haben. Was war dem Kerl in der Zwischenzeit nur zugestoßen? Das eine Auge fehlte und generell wirkte der, den Ryu noch vor einigen Wochen als recht resoluten, kräftigen Burschen aufgetretene Kerl gerade alles andere als das. Da saß mit Sicherheit eine Geschichte dahinter die sich der Hayabusa später mit Freuden anhören würde. Immerhin war Kiyan nach wie vor ein Wächter Tooshoos. Langsam nickte der Hauptmann ihm zu, erntete ein eben jenes. Offenbar hatte der Bartträger Vertrauen in die Fähigkeiten der Anwesenden oder die, wenn man Ornlus Worte richtig deutete, auch gar keine große Alternative.
Doch nun... Nun galt es, seinem Freund den Rücken frei zu halten. Kein Gerede. Keine Gedanken an Vergangenes. Es zählte nur der Moment. Das Hier und Jetzt. Die Wesen, die sich dort manifestierten und durch den Bannkreis angezogen wurden waren für den Hayabusa ein mehr als wilkommenes Geschenk. Lang und tief sog der Templer die kühle Abendluft in seine Lungen aus. Seine Züge entspannten sich, während er die Augen schloss. Jedes der gequälten Geräusche der Wesen die an seine Ohren drangen klang wie Musik. Die aufkommende Aufregung eines bevorstehenden Kampfes fühlte sich so belebend an. Ja, als würde seine Seele langsam wieder zu sich kommen. Der Hüter lächelte überlegen. Mit dem Daumen seiner Linken drückte er routiniert gegen das Stichblatt seines Schwertes. Ein leises Klacken ertönte und im Schein des letzten Lichstrahls schimmerte der zuvor gepflegte Sumpfstahl den Ryu nun in einer langsamen, gewichtigen Bewegung aus seiner Scheide zog. Als er die Klinge in einer kreisenden Bewegung über sein Haupt hin zu seiner Rechten geführt und mit beiden Händen ergriffen hatte, stieß er die Luft durch den Mund wieder aus.
"Also gut! Tanzen wir!"
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Als Valerion am nächsten Tag erwacht war, begann er seinen Tag mit einem großen Seufzen. Eigentlich hatte er gedacht, sie würden den Besoffenen nur ins Bett werfen, wieder zurückgehen und Valerion würde einen schönen Abend, mit der Hübschen haben, aber sie hatten sich dafür entschieden, hier zubleiben, um die Situation zu beobachten. Auf die Frage von Yarik, ob sie den nichts spürten, schüttelte er den Kopf. Er hatte sich jedoch kurz umgeschaut, fand aber nichts Gefährliches in der Gegend.
Während sie es sich also bequem gemacht hatten, blieb Valerion außerhalb der Hütte, um kommende Gefahren zu bemerken. Zwischen einigen Leeren Kisten, hatte er es sich gemütlich gemacht und war schnell eingeschlafen.
Er träumte von der Dame, die sehnsüchtig auf ihn wartete.
„Oh mein Jadewolf, bitte komm sicher zurück“, rief sie in die Nacht, während Valerion im Traum gegen merkwürdige gestalten kämpfte, gerade so überleben konnte, um schließlich als gefeierter Held wieder zum Baum zurückzukehren. Alle jubelten ihm zu, sogar der Hauptmann schenkte ihm ein anerkennendes Nicken.
Seine angebetete umarmte ihn mit Tränen in den Augen und wollte ihn küssen als ...
„He du Penner, wach auf, wo ist Shakes und Chala, der Hauptmann will sie sehen“, sprachen zwei Wachmänner, die ihn mürrisch anblickten. Genervt öffnete er die Augen, fluchte über den Hauptmann und seine Schergen und nickte in den Schuppen.
„Die sin da drin ... danke fürs Wecken“, antwortete er genervt. Während die beiden sich um Shakes und Chala kümmerten, erhob sich der Bärtige. Er durfte kaum Geschlafen haben, war nicht wirklich Fitt, am liebsten wäre er zurück in den Baum gegangen um weiter zu Schlafen, aber er wollte Yarik nicht alleine lassen. Immerhin waren Shakes und Chala schließlich im Schlepptau der Kerle. So wie Valerion mitbekommen hatte, ging es um den Streit in der Taverne. Er schaute den beiden hinterher und zuckte mit den Schultern, immerhin war er nicht dafür zuständig gewesen.
Er lehnte sich an die Wand des Schuppens und döste nochmal etwas ein, dieses mal träumte er davon, als Verlierer zurück zum Baum gekommen zu sein. Der wahre Jadewolf stand arrogant vor ihm, seine Liebste, sowie Selana in seinen Augen.
„So ein versager!“, Spotete Selana und gab dem Jadewolf einen Kuss.
„Das ist ein Mann, nicht du!“, schrie seine angebetete und kuschelte sich näher an den Jadewolf.
„Dein Platz gehört zu den anderen Säufern, aufs Feld mit dir“, rief dieser und gab Valerion einen tritt, so dass er den Baum runterfiel.
Tatsache war jedoch, das Valerion das Gleichgewicht verloren hatte und in den Dreck geflogen war. Genervt schüttelte er sich, als Yarik vor ihm stand und ihn nur skeptisch anblickte. Der Stabkämpfer deutete dann auf das Feld, als wolle er ihm etwas zeigen. Die beiden standen im Feld, wo Yarik ihm schließlich eine Pflanze vor die Nase hielt, die Pflanzen sahen zwar für ungeschulte Augen gesund aus, aber in Wirklichkeit waren sie kränklich oder sogar schon abgestorben? In der Gartenarbeit hatte er nie wirklich aufgepasst. Dennoch blickte er sich etwas um, als ob irgendwas sich hier verstecken würde.
Als er aus dem Feld trat, erschrak er sich ziemlich, als er Shakes wieder sah. Während Yarik ein Gespräch mit dem Sumpfplantagenbesitzer suchte, hatte Valerion andere sorgen.
„Muss ma Pissen“; rief er und ging etwas abseits in den Dschungel. Als er schließlich den erleichterten Strahl fließen ließ, grinste er zufrieden. Von Wegen hier war etwas, nur dummes Geschwätz von irgendwelchen betrunkenen zugekifften Pflanzenfreunden.
Schh ....
Hm? Was war das? Als er nach unten schaute, hatte er bemerkt, das sich irgendwas unter ihm bewegte und natürlich nicht so erfreut war, dass es Valerions Morgengeschäft abbekam.
„ACH DU SCHEIßE“, schrie er und stürmte zu den anderen zurück.
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Auf der Sumpfkrautplantage
„Was zur Hölle…?“
Als Valerion plötzlich einen spitzen Schrei in einer Tonhöhe ausstieß, die man ihm nicht zugetraut hätte, griff Yarik seinen Kampfstab und war mit wenigen Schritten bei ihm. Valerion deutete auf eine sumpfige Pfütze.
„Irgendwas hat sich da drin bewegt!“, behauptete er. Yarik stocherte kurz mit dem Stab in dem Morast herum, aber bis auf die Wellen, die er selbst dabei verursachte, tat sich nichts in dem Tümpel.
„War vermutlich der Penisfisch“, konstatierte Yarik schließlich, „Pack mal wieder ein, oder glaubst du, wenn du nur lange genug rumwedelst, kannst du damit die Sumpfnymphen anlocken?“
Trotz seiner trockenen Witze war sich Yarik allerdings nicht so sicher, ob Valerion nicht doch etwas gesehen hatte. Mit zusammengekniffenen Augen suchte er den Sumpf ab, der sich jenseits der Plantage erstreckte. Nebelbänke waberten zwischen den Baumstämmen und erschwerten die Sicht. Wenn sich etwas im Nebel befinden sollte…
„Da!“, rief plötzlich Valerion und deutete in Richtung eines Baumes. Und diesmal hatte Yarik es auch gesehen. Irgendetwas hatte sich bewegt, wie eine Schlange war es kurzzeitig aus dem Wasser aufgetaucht und hatte sich dann zwischen einige Wurzeln und Farne zurückgezogen.
„Okay, wahrscheinlich war es nur irgendein Tier. Aber irgendwie… will ich es mir trotzdem ansehen. Sicher ist sicher.“
Yarik fasste seinen Kampfstab schlagbereit mit beiden Händen und wollte gerade losgehen, als er Chala den Pfad zur Plantage entlangkommen sah. Sie sah nicht sehr gut gelaunt aus, und ihre Laune schien noch einmal etwas schlechter zu werden, als Shakes ihr auf seinem Weg in Richtung Baum entgegenwankte.
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Auf der Sumpfkrautplantage
Mit Auftauchen der Plantage und dem dazugehörigen Schuppen in ihrem Sichtfeld, erkannte sie auch Shakes, der ihr entgegenkam. Sein Gang kündete noch immer von der harten Nacht, die er hinter sich hatte, doch sein Gesichtsausdruck wirkte weniger…
Leer, vervollständigte Chala ihre Gedanken nach einem kurzen Augenblick.
Der Sumpfkrautbauer funkelte sie an und auch ihre eigene Miene zeugte nicht gerade von einem freudigen Wiedersehen. Dennoch nahm sie ihren Beutel und holte das große Blatt heraus, welches sie von der jugendlichen Frau in der Sumpflilie bekommen hatte. Nachdem sie ihr Frühstück heruntergeschlungen hatte, war sie dem Rat der Hellhäutigen gefolgt und das Ergebnis war eine braune Paste, die ihre Unterlippe bedeckte, wo Shakes ihr seine Faust ins Gesicht gerammt hatte. Beinahe sofort war ein Prickeln zu spüren gewesen. Keinesfalls unangenehm, wohl aber ungewohnt.
„Shakes“, begann Vered den ersten Versuch die Dinge mit ihrem alten Handelspartner geradezurücken.
„Vered“, erwiderte er nur und wollte sich an ihr vorbeischieben, als sie auf etwa gleicher Höhe waren.
„Jetzt warte mal, Mann“, trat sie ihm in den Weg, was ihm gar nicht zu gefallen schien, „Nimm das hier.“
Sie hielt ihm das blättrige Päckchen entgegen.
„Hab‘ ich von so einem Mädchen mit weißen Haaren. Hilft gegen die Verletzungen und Schmerzen“, erklärte sie und deutete auf ihre eigene Lippe, „Hast mich ganz schön erwischt.“
Der Farmer schaute unverwandt das große Blatt an, ehe er es unsicher annahm.
„Und das hier“, führte die Aranisaani den einseitigen Dialog ungerührt fort, „hilft gegen die Kopfschmerzen.“
Die kleine Tonflasche tauchte aus dem Inneren der ledernen Tasche auf. Auch diese nahm Shakes entgegen, Verwirrung in seinen Augen.
„Bring sie ihr am besten gleich wieder, wenn sie leer ist. Du gehst doch in die Richtung der Lilie, oder?“
„Ja, aber…“
„Gut, dann halte ich dich nicht länger auf.“
Die Dunkelhäutige ließ den heruntergekommenen Mann links liegen und bemerkte erst jetzt, dass sowohl Yarik, als auch Valerion sich seltsam verhielten. Beide starrten sie zu den Bäumen, die sich außerhalb des Sumpfkrautfeldes befanden. Ihr gestriger Trinkkumpane hielt einen beachtlichen Kampfstab in den Händen und schaute ihr entgegen, als er sie sich nähern hörte, wohl überrascht, dass es keine weitere Auseinandersetzung zwischen ihr und Shakes gegeben hatte.
„Ihr seht aus, als hättet ihr einen Geist gesehen“, kommentierte sie, wobei ihr zum ersten Mal richtig bewusstwurde, wie wenig – tatsächlich gar nichts – sie über diese beiden Kerle wusste.
Was solls, wenn Ryu mich hier haben will, seufzte sie innerlich und griff zum dritten Mal in ihren Reisebeutel.
Ein weiterer Tonbehälter wurde hervorgeholt, der im Gegensatz zu dem, den sie dem Jäger gegeben hatte, noch voll war. Aus dem ersten hatte sie selbst einen großzügigen Schluck genommen und die Wirkung entfaltete sich bereits. Ihr Geist war klarer und die Trommeln waren weniger laut. Die zweite Flasche hatte sie sich unbemerkt genommen, als das Mädchen einem Schmetterling hinterhergeschaut hatte. So einfach wie einem Kind die Puppe zu stehlen.
„Hier, fang“, wandte sie sich an Yarik und warf ihm das Fläschchen zu, welches er auffing, „Hilft gegen den Kater.“
Dann schaute sie herüber zu Valerion, der noch immer auf den Wald fixiert war.
"Warum ist deine Hose nass?"
Geändert von Chala Vered (13.03.2024 um 21:51 Uhr)
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Strandlager im Süden
Das Feuer knisterte und knackte. Das war Onyx geglückt. Genauso wie sich vom Zentrum des Sumpfes hierher in den Süden zu begeben.
Dabei war alles wie immer sehr knapp oder zufällig gewesen. Nachdem er den Steinkreis halbwegs erholt verlassen hatte, führte ihn sein Weg vorbei an einer Tempelruine, die wohl sehr zentral in den Sümpfen lag.
Es war schon tagsüber unheimlich dort vorbei zu schreiten. Er konnte sich auch irren, aber es war so, als hätte er ein Wispern an jeder Ecke vernommen. Dazu waren dort außerordentlich große Fledermäuse zu sehen, als es dann langsam schon dämmerte. Nachts wollte es Onyx dann gar nicht erst erfahren. So änderte er seinen Plan und beschloss die Tempelruine nicht bei Nacht zu umrunden oder gar dort zu übernachten.
Stattdessen ging es in den Süden des Tooshoo-Gebietes. Was jedoch auch nicht einfacher wurde. Sumpfhaie, Warane und Blutfliegen waren noch machbar. Denen konnte man ausweichen oder davon rennen. Onyx hatte mehrmals Gebrauch vom Snapperkraut gemacht, jedoch dieses Mal auf die Dosis geachtet. EIne Pflanze hatte nur eine kurze Wirkung und verursachte nicht solche Muskelschmerzen wie mehrere davon.
Viel mehr aber war es dann wieder eine Begegnung, auf die Onyx hätte verzichten können.
Die Hütte war neu im Süden, auch wenn sie aus vielen Resten und Totholz bestand. Die Bewohner aber waren Onyx alles andere wie wohlgesonnen. Sein Vorteil war, dass sie langsam waren und er schon aus Entfernung sah was sie waren. Untote aus faulen Fleisch. Die Augen von Krähen ausgepickt und dann dieses leidvolle Stöhnen. Als dann noch irgend eine grässliche Frauenstimme hinter der Hütte zu hören war, nahm er Reißaus, bevor er zu genau sowas wie diese Zombies wurde.
Ohne Bogen war er so hilflos und seinen Wanderstock konnte er zwar gut zum Vorankommen verwenden, aber damit umgehen war eine andere Sache.
Am Ende seiner Reise und endlich im Hier angekommen, hatte er sich an den Strand zum Strandlager begeben und gehofft jemanden anzutreffen. Doch weder ein Feuer noch irgendwer im Schiffswrack selbst war zu finden und auch die Aschereste sprachen dafür, dass seine Freunde die Patrouillen eingestellt hatten. Dafür gab es sicher Gründe und Onyx ahnte, dass es etwas mit dem zu tun hatte, was sie damals angegriffen hatte.
Der Waldläufer legte noch Holz nach und begann dann seine Umgebung zu untersuchen.
Zunächst hoffte er irgendwelche Spuren zu finden, die zumindest vor einigen Tagen hier waren, aber bis auf die Fährte einer Meeresschildkröte und Fußabdrücken von Möwen, fand er nichts, was zu Menschen gehörte.
Erst mit erkunden des Schiffswracks fand er doch manche Dinge die sein Herz höher schlagen ließen. Im Inneren hatten andere Waldvölkler Hölzer gelagert. Sehr gut versteckt und so trocken wie möglich. Ein Reservelager. Hölzer für Speerschäfte, aber für den Meisterschützen noch wichtiger - Bogenholz. Zwar ohne Sehnen und Pfeile, aber es war ein guter Anfang.
Doch Onyx wäre nicht Onyx gewesen, wenn er nicht weiter gesucht hätte. Egal ob Ricklen, Jilvie oder Boss Jarvo. Sie hätten das Holz nicht allein verstecken lassen. So hatte er längere Zeit damit verbracht, das Schiffswrack abzusuchen. Was er fand war Plunder und ein kleines Paket Sumpfkraut. Aber nichts, was Onyx wieder das Gefühl gab, sich wehren zu können. Noch nicht.
Am Feuer sitzend und den allerletzten Rest seiner Nahrungsvorräte aufbrauchend, legte er mit einem Speerschaft los. Sein Messer kam zu Einsatz und das stumpfe Ende bekam langsam eine Spitze.
Mehrere Schnitzversuche später war ein Ende spitz zulaufend und wurde ins Feuer gelegt, damit es etwas aushärtet.
Onyx pustete und korrigierte dann die Stellen, wo es nicht ganz passte. Fertig mit dem Speer setzte er sich gelassen an das Feuer und hielt sich den Bauch. Hunger hatte er und irgendwas würde er schon finden...
Geändert von Onyx (14.03.2024 um 00:04 Uhr)
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„Und am Ende bin ich hier gelandet. Wer weiß, ob es mich noch geben würde, wenn Onyx, Hjarti und Kjal und die anderen mich nicht gefunden hätten“, erzählte Freiya. Der Uhu neben ihr hatte leicht den Schnabel geöffnet und sah sie an, als hätte er jedes Wort ihrer Erzählung verstanden. Als er neben ihr gelandet war, hatte Freiya wieder eine Weile geschwiegen. Die Anwesenheit des Tieres war wirklich angenehm und sie fühlte sich geehrt, dass er die Distanz zwischen beiden verringerte. Schließlich hatte sie ihn gefragt, ob sie ihm noch etwas erzählen sollte und war auf die Geschichte gekommen, als sie einmal eine Goblin-Königin gewesen war. Das hatte sie letztendlich wieder zu Onyx zurückgebracht. Der tumbe Hüne war es gewesen, der darauf bestanden hatte, sie zu den Heilern zu bringen und sie nicht ihrem Schicksal zu überlassen. Wegen ihm war sie hergekommen, wegen den Menschen hier geblieben.
Auch Ormos und Gundas waren dabei gewesen, die beiden hatte sie aber schon lange nicht mehr gesehen. Nun war sie schon so lange fester Bestandteil von Ricklens Kommando und so vieles hatte sie von ihm und Jilvie, aber auch von Fridtjof und sogar Ronja gelernt. Das hätte sich das geschlagene Mädchen auf dem Strohlager unter des Schneiders Tisch nie vorstellen können.
Nun war die Sonne schon am Untergehen und Dunkelheit legte sich über den Sumpf und seinen großen Wächter.
„Jetzt hast du ganz schön viel über mich erfahren und ich glaube, ich habe noch nie so viel geredet“, sagte Freiya leise zu dem Uhu. „Hab dich hoffentlich nicht gelangweilt.“
Ihre Schicht war bald beendet und dann würde jemand kommen und sie ablösen. Sie sollte dann dringend mal in der Lilie nach ihrem Rucksack sehen und die Hooqua fragen, ob die Schuppen noch da lagen. Ob sie auch einmal nach Griffin sehen sollte? Und nach Sechet und Djeser? Nun, zumindest die beiden von der Felsnatternsippe hatten noch bis morgen Zeit.
„Jetzt ist eigentlich deine Zeit, hm?“, sagte sie und blickte nach oben, wo durch das Laub schon die ersten Sterne zu sehen waren.
Der Uhu schuhute, dann plusterte er sein Gefieder auf. Freiya betrachtete ihn einmal mehr, als ihr auffiel, dass er den Flügel nun seltsam in ihre Richtung abspreizte. Wieder fühlte sie das Kribbeln am Rücken. Langsam hab sie ihre Hände.
„Soll ich es mir jetzt mal ansehen?“, fragte sie sanft und führte die langsame Bewegung fort, bis ihre Fingerspitzen das Ding in seinem Flügel langsam umgreifen konnten. Es war tatsächlich irgendwie ein Zweig, aber von langen, spitzen Dornen und Widerhaken besetzt. So etwas hatte Freiya noch nie gesehen, sie hatte keine Ahnung, von welcher Pflanze das stammen sollte. Es brauchte einiges an Fingerspitzengefühl, um das Ding vorsichtig zu lösen und das Gefieder des Uhus nicht weiter zu beschädigen. Vorsichtig fädelte sie es schließlich aus den Federn heraus und endlich war der Uhu befreit davon.
„Ich habs!“, flüsterte sie triumphierend. In diesem Moment löste sich das Gefühl auf ihrem Rücken auf und sie fühlte sich irgendwie … doppelt erleichtert. Der Uhu schuhute sofort und flatterte zum nächstbesten Ast. Dort flatterte er ein paar Mal mit den Flügeln und dann versenkte er schließlich den Kopf in dem Flügel, wo vorher noch dieser merkwürdige Zweig gesteckt hatte. Er ließ ein erneutes aufgeregtes Schuhu hören und Freiya musste erleichtert lächeln. Dann drehte er den Kopf zu ihr und blickte sie an. Und noch einmal ließ er sein wohliges, warmes Rufen ertönen. Diesmal plusterte er deutlich sein Gefieder am Hals auf, als wollte er dem Ton einen besonderen Klang geben. Fast, als hätte er sich bedanken wollen.
Fasziniert und mit einem ungläubigen Kopfschütteln betrachtete Freiya das Tier. Dann aber schien etwas die Aufmerksamkeit des Vogels zu erregen, etwas, das Freiya weder hören noch sehen konnte. Ein letztes Mal erklang seine Stimme, dann flog er los und zwischen den Bäumen auf und davon. Und schon war er verschwunden. Freiya blickte ihm noch eine Weile hinterher. Dann sah sie wieder auf das Ding in ihrer Hand. Sie vollführte einen kleinen Freudentanz, bevor sie sich etwas beschämt wieder hinsetzte. Hoffentlich hatte sie niemand gesehen! Aber sie war so froh, dass sie dem Uhu am Ende doch hatte helfen können! Das war vielleicht was gewesen!
Glücklich blickte sie in die Nacht hinein.
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"Uuuund... Fertig!"
Nun, nicht ganz fertig, aber die restlichen Dinge waren Verschönerungen und Details die das Werkstück noch benötigten, welches an sich schon einsatzbereit war. Nach dem Gespräch mit Maris war die Wanderin von einer seltsamen Unruhe gepackt worden die sie so kaum kannte. Eine Form der Aufbruchstimmung. Das Gegenüberstehen einer Ungewissheit die sich mit ordentlicher Vorbereitung vielleicht sogar überwinden ließ. Ein Funken in der Dunkelheit der Wärme spendete. Der ihr Hoffnung gab. Hoffnung und neue Energie. Zwar hatte sie sich immer wieder dazu angemahnt, keine zu große Vorfreude zu entwickeln um nicht noch härter von einem Fehlschlag getroffen zu werden. Und doch... Immer wieder hatte sie sich in ihrer provisorischen Schlafstätte hin und her gewälzt, leise gefiept und breit gegrinst. An Schlaf war nicht zu denken. Also lag der Beschluss nahe, diese Energie produktiv einzusetzen. Sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren die gerade auch ohne Hilfe zu erledigen war. Und das war jenes Werkstück, welches die letzte Zeit eher geschwiegen hatte statt zu offenbaren, was es einmal werden wollen würde. Natürlich, ein Bogen hätte es werden sollen. Aber was für einer? Tja, das war die Sache. Aber diese Sache war schnell geklärt, als sich die Bognerin dann unter dem Schein einer hell leuchtenden Kugel die sie herauf beschworen hatte an der Werkbank nieder gelassen und das Holz mit ihren Fingern sanft befahren hatte. Und mit einem mal war es da. Das Bild eines Bogens der der roten Snapperin zugeschnitten war. Und seitdem hatte sie damit begonnen zu arbeiten.
Und nun, zwar mit dunklen Ringen unter den Augen, aber eben jene fast schon klar leuchtend, war das Holz fertig geworden. Nach dem Trockenvorgang der nun schon eine Weile her war bekam das bisher eher braune Holz einen wunderbaren Feinschliff der das leuchtende Innere deutlich zum Vorschein brachte. Aber das war nur um alles etwas besser zu bearbeiten und in Form bringen zu können. Nachdem sie das Holz eben genau in die Form gebracht hatte die ihr im Sinn stand, begann die grünsträhnige, schlaflose Handwerkerin damit, das Holz mit einer dunkleren Art von Lackfarbe zu grundieren. Eine Technik, die sie schon damals von Bospa übernommen aber erst mit den Jahren gemeistert hatte.
Die meisten Lack-Arten waren nämlich eher hinderlich für die Flexibilität eines Bogens, aber dieser kleine Geheimtipp... Das war einer der Tricks die ihre Bögen von denen anderer unterschied. Eine klebrige, unangenehme Angelegenheit die jedoch bei regelmäßiger Erneuerung und sachgemäßem Gebrauch einen Bogen über viele Jahre haltbar machte. Sorgfältig hatte sie das Pulvergemisch verschiedener Baumharz-Sorten, welches zuvor einige Tage vorm Zermahlen getrocknet wurde mit Alkohol vermischt und durch eine Art feingewobenes Tuch gefiltert. Dann hatte begann der Prozess des Auftragens. Schicht für Schicht würde es werden. Wobei jede Zweite eine andere, leicht modifizierte Harz-Mischung enthielt: Nämlich vermengt mit dem Blut eines Snappers, welches dem Holz am Ende in seinem matten Glanz eine, je nach Betrachtungswinkel, rötliche Färbung geben würde die fast schon wie Zier- oder Blutlinien entlang der Maserung des Holzes verlaufen würde. Denn dort wo der Verlauf der Linien tiefer schien achtete die Kapuzenträgerin nur umso penibler darauf, es mit der Blutmischung auszukleiden. Ja, das würde ein schönes Werk geben. Einen einzigartigen Bogen der wie eine Signatur für Freiya fungieren und an der man sie erkennen würde. Schließlich lag Ronja offenbar viel an der rothaarigen Frau, so wie sie von ihr sprach. Andererseits war Ronja von vielen Dingen begeistert, aber der Glanz in ihren Augen dabei war... Anders. Geprägt von einer familiären Bindung und Zuneigung die Vareesa immer wieder leicht zum Lächeln gebracht hatte. Ob ihre Handwerksgenossin wohl vor anderen auch über sie so sprach? Ein schöner Gedanke.
Und dann kam das Warten. Jede Schicht hatte die Bognerin länger abwarten müssen. Wo die erste recht schnell in etwa einer Stunde durch war, beanspruchte die nächste schon die dreifache Zeit. Es hieß nun dran bleiben. Auch wenn mit jedem mal mehr Zeit für andere Dinge blieb. Und so begnügte sie sich nach und nach, alle Materialien zurecht zu schneiden die sie noch da hatte und in den letzten Tagen organisieren konnte. Da waren zum einen das schöne Stück Snapperleder, welches sie für eine entsprechende Wicklung bereits zurecht schnitt.
Dann jener Siegelring den sie während ihrer langen Reisen bei einem Schützenturnier auf dem Festland gewonnen hatte. Das Ding war zu klobig für die leicht rauen und doch filigranen Finger Vareesas. Und einen großen Wert besaß das Kleinod auch nicht: Das Metall war lediglich mit einer silbernen Legierung umhüllt und ansonsten ohne große Besonderheiten. Wirklich viel verdienen ließ sich damit also nichts und sie hatte ihn lediglich behalten, weil der grünliche darin eingefasste Stein so schön ansehnlich wirkte. Und ja, jetzt fand die Bognerin auch eine Verwendung dafür. Es war nämlich ein ähnliches Grün wie jenes in das in den Augen Freiyas glänzte wenn sie in ihrer, so für Vareesa bisher, freundlichen Art mit einem sprach. Zwar waren die beiden sich erst zwei mal begegnet, doch war die Mischung aus feuerrotem Haar und den lebhaften Augen ein wirklich markantes Merkmal von Ronjas Freundin. Und die Vorstellung, ihrem Bogen sozusagen ein 'drittes' Auge zu verleihen durch das die Jägerin ihre Ziele hätte erfassen können gefiel der Wanderin so außerordentlich gut, dass ein Verzicht darauf einer Verschwendung gleich käme! Außerdem wollte Frau die eigene Ware ja auch mit einem gewissen Mystizismus versehen um sich die Kundschaft zu sichern!
Aber was nun? Sie hatte den Ring mit einer Zange aufgetrennt an der dünneren Seite, doch für all die Verzierungen und die metallische Befestigung dafür hatte sie noch warten müssen bis die Lackierung durch war. Das würde dauern. Aber vielleicht ließe sich bis dahin das benötigte Material, eine Art Griffröhre und ein silberner Draht ja in Auftrag geben und bekommen. Aber das würde sie Ronja überlassen.
Apropos Ronja...
"Vareesa? Vareesa, hast du am Lack geschnüffelt? Wie lange sitzt du hier schon? Heee! Heee, Vareesa!", drang die Stimme ihrer Freundin an ihre Ohren heran, gefolgt von Sechets ruhigen und gefassten Worten die eher einer unterwürfigen Dienerin glichen. "Die werte Zofe hat beschlossen am Ort ihrer Arbeit zu nächtigen. Das zeugt von Effizienz und Konzentration.", doch der Wildfang lachte nur und schüttelte den Kopf. "Eingepennt is' sie!"
Und... So ungern die Kapuzenträgerin es auch zugab: Ronja hatte recht. Das langsam verglimmende Licht der eigenen, gerufenen Kugel und das Versiegen ihrer magischen Reserven hatte sie in den frühen, noch dunklen Morgenstunden in eine dämmrige Müdigkeit versetzt die sie, gemeinsam mit den Dämpfen der Lackmischungen und dem geduldigen Warten für den nächsten Lackiervorgang in einen traumlosen Schlaf getragen hatten. Tief atmete sie ein als ein plötzlicher, fröstelnder Schauer ihren gesamten Körper durchdrang. Zwar hatte sie, vermutlich von Sechet aufgelegt, eine Decke um ihre Schultern liegen, doch die unbequeme Position und das Fehlen der Felle in die man sich für gewöhnlich kuschelte war ihr in dieser Nacht verwehrt geblieben. Müde, mit leicht verzottelten Haaren und Augen deren Größe eher denen eines Maulwurfs ähnelten, blickte sie zwischen den beiden hin und her, nachdem das Frösteln sie erst einmal unruhig hatte aufschrecken lassen. "Was... Welches Jahr haben wir? Haben sie schon neue, alte Schriftrollen entdeckt?", doch Ronja schüttelte nur den Kopf. "Nein, ist immer noch die siebte Neuauflage der fünften Rolle.". Nun, schade. Aber dann hatte sie auch nichts verpasst. Stattdessen streckte sich die Bognerin mit allen Vieren auf ihrem Hocker, woraufhin ihr an jedem Auge zwei dicke Tränen über die dunklen, darunter liegenden Ringe liefen. "Naja, dann können wir ja gleich frühstücken, oder?", schlug sie schmatzend vor und rieb sich das rechte Auge. Doch Sechet schüttelte nur verständnislos den Kopf. "Zofe Vareesa, ein Blick nach draußen sollte dir sicher schon verraten haben, dass der Tag sich bereits dem Ende neigt. Ein spätes Mittag-, ja, vielleicht schon ein Abendessen wäre sicher passender.".
Es... War schon so spät!? Erschrocken sprang die Bognerin auf und blickte aus dem Fenster. Tatsächlich! "Äh, ja, essen! Also, ich muss ohnehin in die Sumpflilie! Ronja, du schau bitte, dass du für mich die Snapperkrallen zurecht schnitzt. Sollen die Sehne halten. Du Sechet, hör auf mich so zu nennen! Ich hatte dir gestern schon gesagt, dass Vareesa völlig ausreichend ist... Und äh... Tu was du sonst tun würdest! Keine Ahnung, mir egal. Ich muss los!", stammelte sie nun völlig außer sich, während sie schon mit einem Fuß aus der Werkstatt hinaus war. "Scheiße, scheiße, scheiße! Ich hoffe er wartet nicht schon den ganzen Tag auf mich!"
Nächstes Ziel: Die hiesige Taverne und nach Maris Ausschau halten.
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Auf der Sumpfkrautplantage
Was war hier eigentlich los?
Valerion atmete panisch ein und aus, als er wieder bei den beiden gewesen war. Nach Yariks Meinung hatte er auch schnell die Hose wieder zurecht gezogen. Er hatte ja schon einiges an Viechern gesehen, Wölfe, schattenläufer, Scavenger, Minecrawler und was sich noch so alles in der Welt herumtrieb, aber sowas? Bisher hatte er damit wirklich keinen Kontakt gehabt. Er hatte oft von den Wassermagiern gehört, das es da draußen düstere Wesen oder Untote gab, aber er hatte das immer für alberne Ammenmärchen abgetan. Doch was war hier jetzt eigentlich los? Eine andere Frage gab es jetzt aber zu beantworten, denn mittlerweile war ihre Abenteuergruppe wieder zusammen gekommen.
Warum seine Hose nass war, hatte die Frau ihn gefragt und betrachtete ihn skeptisch, auf eine Antwort wartend.
„Ich eh .... also das war so ... ganz üble Sache. Ich wollte gerade aus meinem Wasserschlauch trinken, natürlich im sitzen und da hatte ich aber solch einen Schluckauf bekommen, das ich meinen Wasserschlauch fallen gelassen, der leider genau auf meine Hose gefallen ist, eine sehr tragische Wendung des geschehens, will ich mal sagen“; antwortete Valerion knapp, dabei hoffte er einfach, das sie ihm diese Ausrede glauben schenken würde! Er wollte jetzt nicht unbedingt erzählen, was da im Sumpf auf ihn lauerte, während er das Geheimnisvolle etwas angepisst hatte!
In diesem Moment wünschte er sich, das er nicht in diese Richtung gekommen wäre, aber gut. Nun war er eben hier und musste damit klar kommen. Was auch immer in diesem Sumpf vor sich ging, er musste sicher helfen, dieses Böse aufzuhalten. War vielleicht dies, diese Sache, von der Yarik immer erzählt hatte?
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Der Hauptmann war erschienen. Während Kiyan sich festbinden ließ und die die Waldläufer des Wolfsdruiden Stellung bezogen, hatte sich der vom Wyvern gesegnete Krieger zu ihnen gesellt und Ornlu wie einen alten Freund und Weggefährten begrüßt. Allein an der knappen, aber ohne Zweifel tief gehenden Art der Begrüßung hatte Kiyan erkannt, dass die beiden Männer mehr als eine Gefahr zusammen bewältigt, dem Tod oft genug ins Auge gesehen hatten. Zwei Weggefährten, die einander so gut kennen, dass überflüssige, ja nur die Leere füllende Worte nicht nötig sind.
Der ehemalige Wächter empfand beim Anblick des Hayabusas jedoch auch eine gehörige Portion Scham. Dir hat er die Aufsicht über Heric gegeben, mehr oder minder direkt. Und was willst du ihm sagen? Entschuldigung, Hauptmann, aber der Bursche kann mit einem ehemaligen Besessenen und Mörder nicht mehr arbeiten und reisen? Ach, und entschuldige auch, dass ich direkt zum Jagdmeister und nicht zu dir bin. Ja, genau, ich gehöre nun zu Ricklen und hab dich völlig übergangen.
Kiyan wandte sich ab, schluckte schwer. Dazu kam die offensichtliche körperliche Schwäche. Bei den Wächtern wäre er sowieso nicht mehr zu gebrauchen gewesen, Kjals Rückkehr hin oder her. Und … bei Adanos, Ricklen wird ihn auch nur aus purem Mitleid aufgenommen haben. Nach dem ersten Jagdzug würde es heißen: War nett mit dir, Krüppel, aber zieh Leine. Ich brauch fähige Leute mit der richtigen Anzahl Augen.
Dann verschwand all dies, als der Wolfsdruide mit seinem Druidenstab vortrat, dessen Kristall feurig-brennend leuchtete. „Echuio!“, grollte eine Stimme, die übermenschlich laut schien. Der Mann rammte den Stab in den Erdboden, was einen Springbrunnen, einen überbordenden Quell an Magie ausstieß. Kiyan spürte sie mehr, als dass er sie sah. Etwas, das ihn einen Moment – trotz seiner Situation – die Stirn runzeln ließ. Magie spüren? Er, der mit Zauberei nichts am Hut hatte, abgesehen von der Heilung durch den Magier Esteban.
Plötzlich war da Schwärze und er erwachte in einer Welt, die aus seiner Sicht seltsam wirkte. Ihm war, als höre er Töne, die irgendwie einen Sinn ergaben. Fast … Musik. Der Klang dieser Zwischenwelt?
Es war noch der Hügel nahe des Wassersfalls, es war Tooshoo. Der Kreis, die Waldläufer … alles noch da, wo es sein sollte. Aber … der Gortharer krallte sich fest, zog sich hoch, als würde er eine Klippe hinaufklettern und stemmte sich auf, nur um dann auf seinen eigenen Körper hinabzublicken, wie er so da lag. Das eine Auge weit aufgerissen, der Mund in dem blonden Bart aufgerissen zum Schrei.
Götter, sehe ich scheiße aus, dachte er unpassenderweise, hundsmiserabel ist da noch ein Kompliment.
Dann wandte sich der Geister-Kiyan um und erblickte eine Kreatur, die ihn – wäre er nicht schon aus seinem Körper gefahren – zu Tode geängstigt hätte. Es war eine wolfsartige Bestie, durchscheinend wie sein eigener Körper im Augenblick. Jedoch bestehend aus roten Schleiern. Die Seele des Wolfs. War dies der Hetzer in seiner Geisterform?
Ein grollendes Knurren entrang sich der Kehle des Wolfes und aus dem Körper des Gortharers in der echten Welt erhoben sich zwei weitere Geister. Einer war grün scheinend. Ein Grün, das an Pest, Verfall, Tod gemahnte. Das beim Anblick schon Übelkeit verursachte und einen wünschen ließ, sich mit einem Stück Kernseife die Haut blutig zu schrubben. Dahinter kam ein kleinerer Schatten hervorgekrochen. Kiyan zischte wütend. Der Schmarotzer, kein Zweifel!
„Du hast hier keine Macht!“, knurrte der Wolfschatten und stürzte sich auf den grünen Geisterschatten, der Lugdrub war, der Orkschamane. Lachend wich der dem Wolfsbiest aus, sodass der Wolf den Schmarotzer zerfetzte wie ein Schattenläufer einen Hasen.
Du bist ihm gar nicht so unähnlich, Jadewolf, lachte Lugdrub und deutete auf Kiyans geschwächten Geist, weißt du das? Er ist mein Sklave, so wie du nur ein Gefäß für deinen Hetzer bist. Weißt du, vielleicht sollte ich diese Chance nutzen und deinen Körper holen. Ein Orkschamane mit der Macht der Natur. Stell dir das vor? Die Geisterwelt würde mir gehören. Deine Naturgeister? Knechte unter meiner Fuchtel. Mit deiner Macht könnte ich ins Imperium zurückkehren und ein Reich schaffen, das in beiden Welten ohnegleichen ist! Die Lebenden wie die Geister werden mir dienen!
Der Geist grinste, verrottende Lippen teilten sich und enthüllten gelbe, teils abgebrochene Fänge. Der Blick fiel auf die Geister, die erschienen, angelockt von diesem Leuchtfeuer.
Ich muss sie nur die Drecksarbeit machen lassen, Jadewolf, und wenn dieser Köter – er deutete zu Kiyan – und du mitsamt deinem Rudel räudiger Schakale tot seid, ebenso wie dieser von einem Wyvern verschlungene Barbar, nun, dann … Er lachte abermals und beschwor einen dunklen Nebel, der ihn verhüllte, einen Schleier, der ihn zumindest vor den Augen der auftauchenden Geister verbergen sollte.
Kiyans Geisterblick fiel auf den Hauptmann und die Waldläufer Ornlus. Jetzt hing es wohl ebenso sehr vom Stahl ab wie von der Geistermacht des Wolfes. Er, der Grund für die ganze Misere, konnte nur zuschauen und stumm beten.
Geändert von Kiyan (14.03.2024 um 19:50 Uhr)
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Die Sumpflilie
„…tja, und deshalb wurden jetzt nicht nur alle möglichen Leute zum Baum gezogen, sondern es springen auch seltsame Viecher im Sumpf herum und machen die Tiere verrückt“, schloss Maris seine Ausführungen. Seamus hatte die ganze Zeit über mit gerunzelter Stirn dagesessen und ihm zugehört – erstaunlich konzentriert und schweigsam für seine Verhältnisse, wie dem Nomaden nun auffiel – und nur vereinzelt nach seinem Humpen gegriffen, um die Verwirrung herunterzuspülen. Nun, da Maris zum Ende kam, riss der Große die Augen auf und pustete kräftig durch.
„Puh, für den Scheiß bin ich nicht betrunken genug. Und was sollen wir jetzt gleich nochmal machen hier?“
Maris hob die Schultern. „Keine Ahnung. Warten, bis sich was tut. Kämpfen. Schätze ich mal.“ Er hob einen Finger und kramte dann das Tuch hervor, in das er das schwarze Stück Snapperfleisch gewickelt hatte.
„Schau dir das mal an. Der Snapper wurde im Sumpf gerissen.“
Seamus wandte sich angeekelt ab. „Alter, das sieht widerlich aus!“
„Gift!“, rief Maris. Seamus verstand. Er hatte die Eskapaden seines Freundes mit der Witwenfürstin Tamna Majka aus nächster Nähe miterlebt und wusste, dass Maris sich gern jedem Gift aussetzte, dessen er habhaft wurde, um es verstehen und selbst erzeugen zu können.
„Na guten Appetit, Mann. Mich lockst du mit der Scheiße jedenfalls nicht hinterm Ofen hervor.“
„Bist ja auch ein Kostverächter!“, meinte der Nomade mit einem Lächeln. „Und das Beste: es wird nicht schlecht! Nichts und niemand will sich daran vergreifen und es zersetzen. Vielleicht kann ich meine Schönheit damit ja für immer konservieren, wer weiß?“
In diesem Moment öffnete sich die Tür der Taverne. Vareesa trat ein und sah sich hektisch um, dass die grünen Haarspitzen flatterten. Erst als sie Maris erkannte, schien sie sich zu beruhigen. Der winkte sie umgehend herüber und packte das unappetitliche Stück Fleisch wieder weg.
„Vareesa! Komm her, setz dich zu uns!“
Er ließ die junge Frau herankommen und schob ihr einen Stuhl heraus.
„Dachtest wohl, ich wäre ausgeflogen, hmm? Keine Sorge, das Mal sorgt schon dafür, dass ich hier bleibe, bis es losgeht – was auch immer es ist.“
Maris zeigte auf seinen Freund.
„Das ist Seamus von Silden. Ist so was wie mein Schwager.“
„Ist mir eine Ehre“, sagte der große Mann, legte eine Hand auf seine mächtige Brust und deutete eine Verbeugung an.
„Seamus kennt meine Ausflüge in die Welt der Magie vermutlich besser als jeder andere Mensch, der nicht gerade in der Krone dieses Baumes wohnt. Also keine Scheu – er ist selbst so bewandert wie ein trockenes Stück Brot in den magischen Künsten, aber er ist ein Laie mit breitem Allgemeinwissen“, sagte Maris grinsend.
„Das nennt man einen Kenner, mein Bester.“ Seamus nahm einen Schluck von seinem Bier und knallte es wieder auf die Tischplatte. „Wenn man mit diesem Vogel befreundet ist, bleibt es einem auch gar nicht erspart, ihn mit unnatürlich großen Krallenspuren dekoriert irgendwo aufzulesen oder sich plötzlich irgendwelchen abartigen Viechern gegenüber zu sehen.“
„Und meine Schwester von einer anderen Mutter – seine Frau – ist Wassermagierin. Er kann also nicht mal zu Mutti rennen, wenn er keine Lust mehr darauf hat. Armes Purzelchen.“
„Ich geb dir gleich eins auf Purzelchen, Miezekatze. Also, woher kennt ihr euch?“
Maris hob erneut die Schultern. „Schicksal. Haben uns gestern zum ersten Mal getroffen, aber sie hatte Visionen von einem Löwen. Sie hat es auch nicht leicht mit den Naturmächten.“
Seamus schüttelte den Kopf. „Hast du etwa auch ein gewaltiges Arschloch von übernatürlicher Riesenkatze in deinem Kopf sitzen, das dir ein Auge auskauen möchte?“
„Das Privileg obliegt mir, Kumpel. Aber sie ist in einer ähnlichen Lage wie ich, bevor ich al-Hamza den Dienst gekündigt hab. Wir wollen jetzt daran arbeiten, ihre Fähigkeiten ein wenig zu kitzeln und zu fordern, damit sie an ihren Herausforderungen wachsen kann.“
Er nahm einen Schluck Wasser und musterte sie dabei in aller Ruhe.
„Also Vareesa, bevor wir uns etwas Neues anschauen, muss ich erst einmal wissen, was du schon kannst. Was hast du denn schon gelernt?“
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Entschlossenheit und Stärke. Damit konnte der Hüter mehr als dienen, als die erste, geisterhafte Kreatur sich näherte. Wie zuvor verharrte er in der Haltung in die er übergegangen war nach dem Ziehen seiner Sumpfstahlklinge. Beide Hände am Griff. Wo der Griff vom kleinen bis zum Mittelfinger jeweils fest lagen, war der Umschluss von Daumen und Zeigefinger leichter. Ein warmer Atemzug entwich seinen Lungen und bahnte sich in einer schwachen Wolke seinen Weg zwischen den leicht aufeinander liegenden Zahnreihen Ryus hindurch. Zu gerne hätte der Schwertmeister sich den Wesen alleine gestellt, doch galt es zu bewahren und nicht zu erjagen. Eine Schande war das. Doch er akzeptierte, zügelte seine Jagdlust und berief sich auf die Disziplin der Templer.
"Okam. Vigo. Haltet im Auge wann sie zu nahe kommen! Iun. Wir bilden die Mitte! Beginnt!"
Die beiden Nahkämpfer schritten nach vorne, ihnen entgegen schon die ersten, verzerrten Geisterbilder verfaulter Soldaten die ihre ebenso spektralen Waffen schlurfend hinter sich her zogen. Dumpfe Laute gaben sie von sich. Geplagt von Leid, Qual und Zorn. Der Hayabusa verstand nicht viel von Zwischenwelten, doch würde er keine Sekunde zweifeln, sie wieder dorthin zurück zu schicken wo sie herkamen. Und so sollte es auch sein. Als der erste Schlurfer für Ryus Geschmack nahe genug gekommen war, ließ er die Waffe, gleich dem ersten Schritt einer seiner Kata von oben herab fahren. Mit einem verzerrten Schrei löste sich das Wesen in feinen Nebel auf der im Nu vom Wind davon getragen wurde. Auch zur Rechten vernahm der Templer einen ähnlichen Schrei als Iun mit seinem Speer einen Scavanger durchbohrte dessen Kopf um die Hälfte der eigenen Achse nach unten hing. "Das is' ja wie Trockenvögeln!", rief Okam von links als ein Pfeil in weiterer Entfernung einen anstürmenden Schatten in die Dunkelheit schickte. "... Nur, dass du sowas hier öfter hast!", lachte Vigo hämisch zur Rechten von Okam. Der einzige der sich nicht äußerte war Ryu. Für ihn war es wichtig zu analysieren wie es weiter gehen würde. Die paar Viecher gerade waren nichts. Und seine aufkeimende Vermutung sollte sich wohl recht schnell bestätigen.
Es war eine erste, schwache Welle. Die ersten Unglücklichen die die Stärke des Feindes ermitteln sollten. Wenn die Wesen dieser seltsamen Welt auch nur im Ansatz dachten wie die Sterblichen in dieser, dann wäre das erste der Anfang gewesen. Und der Templer hatte recht. Mit einem mal entstiegen weitere, teils größere, teils bis zur Absurdität mutierte Gestalten aus der Dunkelheit empor. Sollten sie nur kommen.
-Sei wie Wasser.-
Erneut trat Ryu nach vorne, führte sein Schwert nun mit einem Hieb nach oben und durchtrennte den nächsten Schemen. Was folgte war ein Ausfallschritt nach links aus dem heraus er zur Seite stach und eine Art größere Fledermaus aufspießte. Aus dieser gedehnten Position wirbelte er einmal kreisartig mit den Armen und katapultierte sich in einer Drehung in die Luft aus der heraus ein sauberer Schnitt dem anstürmenden Schatten eines Wargs einen Scheitel zog. -Nimm zwei mal Maß. Schlage einmal zu.-, durchflutete es den leeren Gedankenstrom des Klingentänzers, als er in der Landung einen kurzen Blick auf den Bannkreis erhaschen konnte. Roter Nebel... Vertrauter, roter Nebel, ähnlich der markanten Tätowierungen im Gesicht seines Freundes. Ein Grinsen begann Ryus Gesicht zu zieren, als er nun endlich auch einmal in den Genuss kam, Ornlus 'Gesicht', oder zumindest Konturen davon erblicken zu dürfen. Doch für soviel Freude war nicht viel Zeit.
Iun fluchte lautstark, als eine der geisterhaften Krallen wie Nebel durch seinen Schild fuhren und ihm eine nicht zu verachtende Fleischwunde beschwerte. "Drecksviecher!". Was folgte war das dumpfe Geräusch eines fallen gelassenen Schildes und eine weitere Reihe zerreißender Schreie in der Dunkelheit, als der wütende Angehörige der Wolfssippe den Geist mit seinem Dolch, nun... Aufspießen war hier irgendwie nicht der richtige Begriff. Aber zumindest dieselbe Bewegung dazu den Geist ebenso zurück in die Jagdgründe beförderte. "Offensive! Harpyiensturz!", wies Ryu lauthals an, während seine Klinge von einem Geist zum anderen fuhr und deren vorrübergehende Existenzen vorschnell beendete. Der Harpyiensturz war bei den meisten Leuten des Waldvolkes als eine der offensiveren Vorgehensweisen bekannt. Sinn und Zweck des ganzen war, dass die gesamte Einheit sich auf den Gegner stürzte wie die namensgebenden Kreischvogelweiber es gerne taten. Stärke in der Menge und Aggresivität war hier die Devise. Und, auch wenn der Hauptmann noch nie so richtig mit der Wolfssippe 'gearbeitet' hatte - Es klappte ganz gut. Pfeile surrten, Iuns Speer wirbelte und Ryu tanzte zwischen den Geistern hindurch. Einer nach dem anderen wurde gefällt, während der Templer immer wieder einen Blick auf den Bannkreis erhaschte. Wenn es nach ihm ging, konnte er das noch die ganze Nacht tun. Diese Geister mochten zwar die hohe Gefahr einer Verletzung bieten, trafen sie einen. Doch nach den Erlebnissen im Gebirge waren sie am Ende einfach nur aufgewirbelte Asche im Zuge seiner wirbelnden Klinge.
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Bei der Sumpfkrautplantage
„Verstehe“, gab Chala nur knapp an Valerion zurück, wobei sie seine Ausrüstung nach einem Wasserschlauch absuchte.
Tatsächlich baumelte ein solcher von seinem Gürtel, was seiner Geschichte zumindest die nötige Glaubwürdigkeit verlieh. Dennoch grinst die Dunkelhäutige im nächsten Augenblick breit und warf ihm einen wissenden Blick zu, den er interpretieren konnte wie er wollte. Sie spielte einfach zu gern mit den Unsicherheiten anderer.
„Also“, begann sie erneut, als sie Yarik im Augenwinkel beobachtete, wie er an dem Inhalt der Tonflasche roch und sie mit einem Schulterzucken schließlich an seinen Mund setzte, „Was habt ihr dort bei den Bäumen gesehen?“, verlangte sie auf den Stand der Dinge gebracht zu werden.
Valerion schaute bereits wieder in die Richtung des Unterholzes.
„Etwas längliches ist zwischen die Bäume gehuscht“, klärte der Stabträger auf, „Und ich will wissen, was das war. Die Wurzeln des Sumpfkrauts hier sind verfault wie ich es noch nie gesehen habe.“
Der Vernarbt nickte zustimmend, während er nach seiner Waffe griff. Ein Breitschwert, welches die besten Tage wohl hinter sich gelassen hatte. Es sah aus, als hätte es viel Blut gekostet oder aber nur wenig Zuwendung erfahren.
„Warten wir?“, wollte Vered wissen, die ebenfalls Wildkatze aus ihrem Käfig befreite und sich neben Den Breitschwertträger stellte.
Sie waren in etwa gleich groß, doch Valerion besaß trotz seines schlanken Körpers wesentlich breitere Schultern als sie.
„Ich schaue lieber nach, bevor es entwischt“, kam die Antwort Yariks, der eine Lichtkugel beschwor und diese voraus zum Rand der Bäume schickt.
Ein hektisches Rascheln ertönte, als sich tatsächlich etwas Längliches aus dem Bereich des glühenden Balls zurückzog. Der Magiebegabte war hinter seiner Beschwörung hergelaufen, hatte den Lichtkreis selbst nicht verlassen und reagierte sofort, als er die Bewegung ebenfalls bemerkte. Seine zweite Hand legte sich an den Kampfstab, als er zu einem wuchtigen Überkopfschlag ausholte.
Ein schmatzendes Geräusch ertönte, als der Stab den morastigen Boden traf, wo wenige Augenblicke zuvor noch etwas gewesen war.
„Es ist eine beschissene Ranke!“, spie Yarik, Ärger in seiner Stimme ob des verfehlten Angriffs.
Valerion stürmte sofort los, das Schwert fest umklammert – zu fest, dachte Chala kurz, ehe sie nachsetzte.
Der Magier – Druide?, rang sie verwundert nach der korrekten Bezeichnung – folgte der vermeintlichen Ranke ins Unterholz, versperrte mit seinem großen Körper dabei die Sicht seiner Mitstreiter. Glücklicherweise erleuchtete die magische Quelle den dicht besiedelten Wald um sie, sodass es einfacher war herausstehenden Wurzeln und trickreichen Wasserlöchern im Boden zu entgehen.
Noch während sie gemeinsam diesen nahezu unsichtbaren Feind jagten, wechselte die Dunkelhäutige die Schwerthand. Das für ihre Linke ungewohnt Gewicht ließ sie kurz ins Straucheln geraten, sodass der Vernarbte einige Schritt Abstand zu ihr aufbaute. Für ihr Vorhaben war dies aber sogar von Vorteil. Sie griff nach einem ihrer Wurfmesser, in die sie viel mehr Übung investiert hatte, als sie jemals zugeben würde.
„Zur Seite!“, rief sie nach vorn und fluchte innerlich wie viel Zeit es die beiden Männer kostete, ihrer Anweisung zu folgen.
Als sie kurzzeitig freie Sicht auf das Ding bekam, was da vor ihnen floh, blendete sie alle Gedanken aus, stoppte ihren Sprint und warf das Messer horizontal nach vorn. Es mussten gute fünfzehn Schritte zwischen ihr und ihrem Ziel liegen, doch das Glück war mit ihr und die Klinge sank nach einer letzten Drehung tief in den kränklich grünen Körper der…war das eine Pflanze?
Der Stahl, der sich in ein dickes Blatt gebohrt zu haben schien, ließ die Kreatur langsamer werden. Rote Blattadern durchzogen das an eine riesige Knospe erinnernde Wesen. Bis zum Knie würde es ihr reichen, wenn Chala sich daneben stellte.
Ohne Vorwarnung schnellte jene Ranke, welche sie alle zuvor bemerkt hatten, auf sie zu, traf sie im Magen und schickte sie mit Wucht ins Unterholz. Jegliche Luft wich ihr aus dem Körper und sie hustete, während sie ihre Arme und die Körpermitte schlang. Wildkatze war ihr aus der linken Hand gefallen und befand sich einige Schritte neben ihr auf dem Boden.
„Was zum“, würgte sie mühsam hervor, während sie sich ächzend aufrappelte.
Sie musste einen Moment dort gelegen haben, denn sowohl Yarik als auch Valerion bearbeiteten das Pflanzenmonster mit ihren Waffen. Scheinbar schien die Kreatur nur diese eine Ranke als Angriffsmethode zu besitzen, denn sie konzentrierte sich völlig auf den Stabkämpfer, der die dicke lianenartige Peitsche so gut es ihm möglich war abzuwehren versuchte. Der Vernarbte nutzte die ungedeckte Seite und zog seine Klinge quer über eines der riesigen Blätter, welches wider jede Erwartung nicht in Zwei geteilt wurde. Lediglich ein tiefer Schnitt, aus dem ein dickflüssiges, dunkelgelbes Sekret austrat. Das Wesen zeigte keine Reaktion, sondern schlug weiterhin unbarmherzig auf den Kampfstab ein, der es von seinem Ziel trennte.
Vered griff ihrerseits nach dem Schwert und eilte ihren Verbündeten zur Hilfe, ein grimmiges Versprechen es dem scheiß Kraut heimzuzahlen.
Geändert von Chala Vered (14.03.2024 um 22:49 Uhr)
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Mit einem mal war Maris ihr einen Ticken gruseliger erschienen, als er genau die Angst ansprach die sie auf dem Weg hier her begleitet hatte. War das auch so ein Zauber-Ding? Gedanken lesen? Im ersten Moment blickte sie skeptisch drein, beschloss dann jedoch, das auf sich beruhen zu lassen. Denn entweder würde er diesen geheimen Trick wohl für sich behalten oder, wie vielleicht logischer, hatte der Mann mit dem Turmwahn es einfach an der gehetzten Art gelesen mit der sie in die Schenke gepoltert war. Ja, vielleicht war letzteres doch eher der logische Schluss. Innerlich rügte sich die Bognerin für diese wirren Gedanken, als der Löwenmann einen Nicht-Löwen, aber dennoch Mann vorstellte. Ein Gesicht das ihr sogar, wenn auch nur flüchtig bekannt vor kam. Seamus also. Seamus von Silden, Schwager von Maris und Freund der respektvollen Begrüßung. Zwar war ihr nicht wohl dabei, noch einen Fremden am Tisch zu haben, doch überspielte sie dieses Gefühl mit der unverkennbaren Geste die sie so formvollendet einstudiert hatte: Die Fingerspitzen ans Herz gelegt, das Haupt geneigt. Gefolgt von einem Deuten in Richtung der gegrüßten Person. In diesem Fall Seamus. "Bewahre, Seamus.".
Dann, noch bevor sie wirklich etwas zu Silden und ihrer Zeit dort äußern konnte, ging auch schon das ganz offensichtlich freundschaftliche Geplänkel der beiden Männer los. Schnell stellte sich heraus, dass die beiden in angeheiratetem, verwandtschaftlichen Verhältnis standen. Schwager also. Und seine Frau war eine Anhängerin Adanos? Ging denn sowas? Dass Leute vom Waldvolk sich mit den Gläubigen der drei Götter einließen? Aufmerksam, aber auch ein wenig gleich eines Kindes blickte sie abwechselnd zwischen den beiden hin und her. Und weiter, wie sie erfuhr, schien Seamus doch mehr über diesen ganzen Druidenkram zu wissen als es die 'normalen' Leute hier für gewöhnlich taten. Allgemein, dieses Unbehagen das die Bognerin sonst in Anwesenheit anderer, insbesondere fremder Männer fühlte war hier wirklich bei einem Minimum. Ob das etwas gutes war? Vielleicht ließ sie sich auch nur zu sehr fallen. Oder gab es doch Magiewirker beim Waldvolk, die, abseits von Suzuran und entgegen des 'Wolfs' eine weiche Seite hatten für die man sich nicht schämte? Wo sonst alle hier eher eine ruppige Natur an den Tag legten? Der Gedanke gefiel ihr, doch beschloss sich gleichzeitig, Vorsicht walten zu lassen. Vielleicht ein wenig Paranoia, aber man wusste ja nie.
Als er dann jedoch auf ihre Fähigkeiten zu sprechen kam, wurde sie hellhörig und blinzelte fragend. "Was ich... Gelernt habe?". Der Mann der Wüste nickte in sachter Bestätigung und Vareesa begann zu überlegen. Er würde sicher nichts vom Bogenschießen dem Bau der dazu nötigen Werkzeuge hören wollen. Kurz tippte sie sich mit der Zeigefingerspitze an die Oberlippe und blickte zur Decke. Wirkliche Bezeichnungen hatte sie nie für die wenigen Zauber erfahren, die sie gelernt hatte. Andererseits war sie auch nie in die Verlegenheit gekommen, sich groß darüber äußern zu müssen. Aber gut, man konnte fehlende Bezeichnungen ja im schlimmsten Fall mit Gestikulieren und 'Swoosh!'-Geräuschen oder so etwas ergänzen. Die Hände gefaltet legte sie diese auf den Tisch und blickte nun schließlich Maris an.
"Also, erst einmal... Danke nochmal, dass du dich meiner annimmst. Das ist keine Selbstverständlichkeit für mich, Maris. Oder sind solche Namen wie Jadewolf gängiger? Sandsteinlöwe? Nein? Na gut, dann Maris. Zu deiner Frage: Es ist nicht viel, aber zumindest hilft es mir am Leben zu bleiben. Sprichwörtlich. Also zum einen habe ich gelernt aus meinen grünen Begleitern...", sie deutete mit dem Finger in einer geschlängelten Linie um ihren linken Arm herum. Dort, wo sich gestern die weltliche Abbildung in Form zweier Schlangen um jeden Arm manifestiert hatte. "... Eine Kugel aus Licht zu formen. Zugegeben, bisher der nützlichste kleine Trick.", stellte die Bognerin, teils auch für sich selbst noch einmal fest. Maris Blick blieb weiterhin unverändert und wertungsfrei. Es war so seltsam, einem, nein zwei aufmerksamen Zuhörern von ihren Erfolgen und Durchbrüchen zu berichten. "Dann ist da noch diese Sache mit den Tieren... Wenn ich mich konzentriere, den Blick eines Tieres halte und, hm, also... Puh, gar nicht so einfach zu erklären. Also... Ihr kennt das ja sicher, wenn man Worte sagt, aber dabei keinen Ton macht. Tonloses Worteformen? Ja, ich glaube so nennt man das. Also, ich schaue einem Tier in die Augen, konzentriere mich und versuche auf diese Weise zu sprechen. Dann kann ich Dinge wahrnehmen... Gefühle... Bilder... Erinnerungen. So habe ich damals einen kleinen Spatz aufgelesen, ein ganz niedlicher Fratz, der... Ähm... Tut mir leid...", erklärte sie und griff sich nach der Erkenntnis über ihr eigenes Abdriften etwas peinlich berührt in die grünsträhnigen Haare die heute wirklich ganz besonders wild verknotet waren. "Ngh... Blöde... Knoten... Äh... Also, Konzentrieren, Bilder und so weiter. Ich kann auf jeden Fall spüren und teilweise sehen, fast als teilten sie diese Momente mit mir. Zählt das auch?"
Deutete er ein Nicken an? War das mehr Aufforderung oder Bestätigung? Innerlich rotierte die Bognerin ob ihrer wirklich fragwürdigen Beschreibungen und einen Augenblick lang überlegte sie auf das kurze "Gibt es noch etwas?" von Maris, ob sie sich überhaupt trauen sollte sich weiter zu blamieren. Andererseits... Der Löwe wollte ihr helfen und wer wusste schon, wie sich diese Hilfe auswirken würde, wäre er nicht voll im Bilde? Peinlicher konnte es ohnehin nicht werden. "Da ist noch etwas... Manchmal... Werde ich sehr wütend. Also, wirklich wütend... Der Wolf hat mir einmal gesagt, ich muss lernen diese Emotionen zu kontrollieren, aber in diesen Momenten neige ich auch oft dazu, andere in Angst zu versetzen. Andererseits klappt es auch im Umkehrschluss. Singe ich anderen etwas vor oder versuche sie zu beruhigen ohne dabei auf meinen, nennen wir es mal 'inneren Fluss' zu achten... Dann geht das oft unverhältnismäßig schnell vonstatten."
Eher unwissentlich hatte sie die, noch von einigen Lacktropfen bedeckten Hände nun flach auf den Tisch gelegt. Als hätte sie ihre Karten aufgedeckt. "Das wäre alles das mir gerade einfällt und dessen ich mir bewusst bin. Vielleicht ist da noch mehr irgendwo. Ein magisches Talent für den Bogenbau oder so etwas. Falls das dazu gehört. Also...", nun lehnte sie sich etwas vor, unruhig von einer Pobacke auf die andere rutschend. "Kannst du damit etwas anfangen?"
Natürlich gingen ihr noch andere Fragen durch den Kopf. Zum Beispiel das mit seiner Frau. Warum Seamus hier war statt in Silden. Wo 'ihr' Mal des Jägers saß und ob sie überhaupt eines erlangt hatte in den Jahren ihrer Abwesenheit. Aber jetzt galt es erst einmal das größte Problem zu bearbeiten: Ihre 'Gabe'.
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"Du bist die Beute.", knurrte die Wolfsbestie und machte keine Anstalten diesen dunklen Schleier zu betreten. Die AUgen des Wolfsgeistes glühten auf und es war ein Hieb seiner mächtigen Pranke und der Nebel wurde von rötlicher Magie zerrissen.
Der grüne Geist zuckte zusammen und blickte die immer größer werdende Wolfsgestalt an.
"Ich habe dir gesagt, dass du keine Macht hast. - Das ist mein Kreis. Mein Spiel. Meine Sphäre. Mein Geist der keine Diener braucht, um zu bekommen was er will."
Ornlu stürzte sich auf den Orkgeist und der suchte seine Rettung in einen Sprung in den Körper von Ornlu. Doch im nächsten Augenblick prallte er am Körper des Druiden ab. Ornlu öffnete seine Augen, während seine geisterhafte Wolfsgestalt nur da stand und nichts tat.
"Erwischt...", sagte er mit einem wölfischen Grinsen voller List und riss die Augen auf, um Lugdrubs Geist zu lähmen. Die Wolfsgestalt umgriff Lugdrubs Kehle und hielt ihn fest, während Ornlu sich erhob und in der alten Sprache des Waldvolkes einen Fluch aussprach.
Einen solchen Fluch den der Ork nicht verstand und nie verstehen würde, denn im nächsten Moment holte der Druide ein Stück dunkles, rundes und geschnitztes Holz mit einer waldvölkischen Rune hervor. Er hielt es Lugdrub vor die hässliche, grüne Fratze und schrie "Echuio!".
Im nächsten Moment glühte die Rune hell und grün auf und sog den Geist in sich hinein. Lugdrub schrie wie eine vergehender Geist und hatte verstanden, dass nicht entkommen konnte. Er versuchte sich zu befreien und verlor sich immer mehr und mehr, während die Rune sich mit seiner Essenz füllte.
"Du bist die Beute!", flüsterte er dem Holzstück zu, dessen Rune einzig ein Wort darstellte >Siegel<.
Lugdrubs geisterhafte Reste wehten zu Boden und die Rune pulsierte auf, während der Kreis immer schwächer wurde und die Rune zu stärken schien. Ornlus geisterhafte Gestalt löste sich wie Rauch auf und sein Blick ging zu Kiyan.
"In deinen Körper!", befahl der Druide Kiyans Geist, dessen Körper das einzige leere Gefäß war. Kiyans Geist ächzte und zerrte sich zurück zu sich selbst, während erst eine Säule und dann die nächsten magischen Säulen des Kreises zusammen brachen.
Um sie herum schlichen sie noch. Die Geister und suchenden Seelen. Prüfend ob die Gelegenheit verloschen war.
"Tolo!", sprach die Stimme des Druiden gebieterisch und sein Druidenstab donnerte einmal auf den Boden. Eine magisches Echo stieß in alle Richtungen und dann wichen sie zurück. Vergingen im Wind oder fielen zu Boden als geisterhafter Staub.
Kiyan hustete auf und die vier Krieger um den vergangenen Kreis näherten sich den beiden.
"Es ist getan...", sagte Ornlu merklich ermüdet von seiner Tat.
"Was ist das?", fragte Iun und zeigte auf das geschnitzte Holz.
"Tooshooholz...mit einer Rune die den Geist gefangen hält. Das Siegel ist magischer Natur.", erklärte er knapp und setzte sich auf den Boden.
"Du hast ihn gefangen?", fragte Okam.
"Reingelegt und genfangen. Niemand ahnte, dass ich immer in meinem Körper war. Vor allem nicht Lugdrub. - Wir bleiben hier bis Kiyan bei Kräften ist. Alles ok mit euch?", fragte Ornlu und blickte in die Runde.
"Bis du bei Kräften bist, Freund.", entgegnete Vigo und besah sich gerade Iuns Verletzung.
"Ja...", sagte der Druide und schloss die Augen. Okam brachte das Feuer zu ihnen und Kiyan.
"Ich danke euch für die Hilfe. Wir haben einen bösen Geist gefangen der aus Beliars Reich heraus hier gewirkt hatte.", wisperte er mit geschlossenen Augen und schien entweder nun einzuschlafen oder in eine tiefe Meditation abzudriften. Ornlu brauchte Ruhe.
Geändert von Ornlu (15.03.2024 um 00:24 Uhr)
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Südliche Tempelruinen
Es war ein seltsames Gefühl wieder hier zu sein. Hier wo er zuletzt seine Freunde gesehen hatte und wo alles vor nicht all zu langer Zeit begann. Die Tempelruine war undurchschaubar wie immer und Onyx tat gut daran achtsam zu sein.
Er hockte gerade vor Spuren ab, die sehr einfach zu deuten waren. Goblins und ein Oger. Schon älter und eine eindeutige Geschichte erzählend. Keulenhiebe an der Wand. Weite Abstände zwischen den Goblinspuren. Ein erster zermatschter Goblin der schon von allerlei Getier skelettiert worden war und fallen gelassene Goblinwaffen. Oger waren nun einmal Oger und unberechenbar. Freunde kannten sie nicht.
Die Spuren hatten Onyx dann tatsächlich ein gutes Stück weiter in die Tempelanlage geführt und entsprechend bewegte er sich langsam und ruhig fort, als wäre er möglichst nicht präsent. Zwei Mauerreste weiter und nach links fand er dann den Ort wohin die Spuren geführt hatten.
Das Lager der Goblins war durch den Oger zerstört worden und so wie er gewütet hatte, war nichts mehr an derselben Stelle geblieben.
Er begutachtete die Goblinknochen und stupste einen verwesten Goblin mit seinem provisorischen Speer an. Dann begann er alles zu durchsuchen. Es war ein alter Banditentick alles interessante zu durchsuchen und nach wertvollen Dingen abzusuchen. In den Kisten fand er Plunder ohne großen Wert, dafür aber auf einem Haufen in einer Ecke Dinge die er wieder erkannte.
Varantische Waffen und Kleidung. Natürlich nicht mehr gut in Schuss, doch Onyx hatte ein Auge für so Dinge. Zwei grobe Gürtel steckte er ein, dann etwas minderwertige Pfeile mit guten Pfeilspitzen und mit seinem Messer schnitt er Kleidung zurecht, damit er ein paar neue Stofffetzen und eine ärmellose, dünne Lederweste für sich hatte. Sie saß nicht so gut, aber ein Schnitt hier und da und sie passte um das breite Kreuz des Torgaaners. Die rostigen Waffen band er mit Kleidungsresten zusammen und seufzte, als er den Bogen begutachtete, dessen Sehne aber so sehr beschädigt war, dass sie besser nirgendwo mehr eingespannt werden sollte.
Hier fand auch Onyx was zu essen. Es war zwar widerlich zu wissen was das Essen gegessen hatte, aber Onyx hatte Hunger und das war leichte Beute. Zunächst scheuchte er die Fleischwanzen aus den Goblinskeletten heraus und stieß dann mit seinem Speer nach ihnen. Er traf so gut wie gar nicht, so schnell wie sie waren und schnell war die angekokelte Spitze auch nicht mehr die Beste. So entschied er sich mit dem Schaft drauf zu schlagen und von der Seite zu fegen. Auch hier war die Trefferquote nicht gut, aber er hatte nach harten Kampf und zweimal einfach drauf stampfen insgesamt fünf Fleischwanzen für heute Abend ‘erjagt’.
Hinter einem Mauerloch roch es dann widerwärtig. Onyx ahnte was dort war und hatte Recht, als er dann hinein schaute. Gobboscheiße und Abfälle aller Art. Zivilisiert genug waren ja die kleinen Kerle, um nicht da zu scheißen, wo sie aßen.
Doch da war mehr wie nur Scheiße auf der Unkraut schon langsam wuchs und die Fliegen sich ausgetobt hatten.
Sehr gelbe Beeren mit dunklen Punkten. Einige davon schon reif oder gar überreif und ein paar in einem matten Gelb. Die Blätter waren länglich und hatten silberne Härchen die im Schatten etwas schimmerten. Mehrere Insekten schienen vom etwas faulig-süßen Duft angelockt zu werden.
Onyx wusste, was das ist und hätte sich denken können, wieso diese Beere so hieß. Sie wuchs auf Gobboscheiße.
“Goblinbeere…hmhmhmmm…Osmo verrückt danach. Sagt sich er springen bis Mond damit. Hmhmhmmmm…”, sagte Onyx laut zu sich. Es war nach all der Zeit wichtig geworden, sich selbst zu hören, um irgend eine menschliche Stimme überhaupt zu hören.
Er griff danach und hörte plötzlich ein verzerrtes, entferntes “NEIN!”.
Onyx sah sich um, suchte die ihm bekannte Stimme. Sie lief herum auf den Mauerresten. Lachte ihn mit dunklen Zähnen an und deutete mit ihren schlanken Fingern auf seinen Gurt. Er sah hinab und griff an die goldene Sichel. SIlberne Augen blickten ihn einen kurzen Moment von der Seite an und dann waren sie weg.
“Pashe…Pasheera!?”, sagte er etwas enttäuscht und gleichzeitig verwundert. Den Hinweis hatte er verstanden und sein Verstand - seine Werte, die die des Waldvolkes waren - sagten Onyx, dass er nicht den ganzen kleinen Busch abschneiden sollte. Die Sichel schnitt einen Zweig mit zwei Goblinbeeren ab und hinterließ einen sehr glatten Schnitt. Der Waldläufer verstaute die Beeren sicher in seiner Tasche und versuchte sich zu merken, wo er war und wo er den Busch wieder finden würde.
Er würde die Beeren testen, aber wenn die Olvara sogar erschien, dann waren sie etwas Besonderes.
Glückselig durch die Begegnung mit dem schönsten Wesen dieser Welt machte er sich noch einmal dahin auf, wo der Oger ihn abschließend hin gejagt hatte, bevor er in das Loch fiel.
Der Stein war natürlich immer noch gezeichnet von der Ogerkeule und sein getrocknetes Blut war da im Sandstein. Onyx hielt inne, als er diesen Moment noch einmal im Geiste erlebte und dann in die Dunkelheit, in das dunkle Loch blickte. Würde er wieder runter fallen, würde sich alles wiederholen? Wäre er und die Olvara dort unten für immer zusammen? Er glaubte nicht daran, dass es so einfach war. Sie war ja hier und nicht dort. Nur nicht immer hier…ja gar sehr, sehr selten hier.
Mit seinen Gedanken klarer begann dann sein Herz zu lachen. Er schmunzelte zufrieden, als er die eingekratzte Markierung im Fels erkannte.
“Ricklen…”, sagte er und fuhr mit den Fingern an Ricklens Symbol entlang. Ein Stierkopf - weil er als Viehbauer geboren worden war. Eindeutig hatten sie nach Onyx gesucht und die Spur bis hierher verfolgt. Was wollte jemand wie Onyx mehr? Solche Freunde hatte er noch nie.
Seinen kurzen Ausbruch an Emotionen erfolgte das Knurren seines Magens. Es war Zeit zurück ins Lager zu gehen…
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Schrein der Mutter
Es war Zeit für die Jagd. Zeit Kräfte zu entfesseln, die den Sumpf seit Jahren nicht mehr erfahren hatte. Der Schamane war sich bewusst, was er wecken würde, aber auch was er warnen würde und wie sich sein Sumpf verändern würde. Doch das war der Preis für das, was geschehen war. Dieser Sumpf brauchte eine Reinigung – alles musste rein gewaschen werden von dem was korrumpierte und korrumpiert war, was schwach war, was schwach werden würde, was seine Heilung nicht überstand. Was dann von den Kindern dieser Sphäre diese Wilde Jagd überlebte, sollte herrschen und den Sumpf und Tooshoo bewahren. So war es immer und so würde es immer sein.
Der Schamane trat aus dem Schatten des Schreins der Mutter hervor. Nahm seine Maske ab und verneigte sich würdevoll vor der Mutter des Lebens.
Hässlich und gezeichnet war sein Gesicht. Die Augen sprachen Bände von vielen, vielen Jahren im Sumpf. Das Gesicht vernarbt und verwachsen ähnlich der Leprakrankheit - und doch auf seine Art jung und von solcher Stärke wie sein Körper. Diesen Eremit aus den Sümpfen musste man fürchten.
Seine Stabkeule stieß in den Boden, der sumpfgrüne Kristall darin begann zu glühen und die andere Hand hob die Knochenmaske in die Höhe.
„ECHUIO!“, erschallte sein zornerfüllter Schrei wie ein Donnergrollen von den Göttern verursacht vom Schrein der Mutter aus über den ganzen Süden der Insel. Die Maske entfachte ihre verborgene Kraft und erweckte was schlief, rief was bereit war und warnte was nicht hierher gehörte. Tooshoo antwortete und sein Siegel pulsierte für wenige Herzschläge auf.
Was nicht hierher gehörte und sich verborgen hatte, um den großen Baum zu beobachten und einzukreisen, erwachte. Ein Chaos aus verdorbenen Wurzeln, fremdartigen Pflanzen und korrumpierten, kleinen Tieren näherte sich Tooshoo wie eine große Welle.
Gleichzeitig erwachten die Wächter und Kinder des Weltenbaumes in einer so nie dagewesenen Kraft. Pflanzen begannen zu wuchern. Wo früher Schwarzwasser war, erhob sich ein Meer aus Ranken, riesigen, blau und grün glimmenden Pilzen und mächtige Wurzeln brachen das Erdreich auf. Sie zermalmten totes Holz und fraßen sich durch Reste von Häusern. Bäume um den Schrein der Mutter erwachten zu Leben, rissen sich aus dem Boden und begannen sich zu sammeln. Wie Wächter schritten sie dann langsam in Richtung Tooshoo.
Aus den Tiefen Sümpfen erklang ein Orchester aus lauten Rufen und krachenden Geräuschen. Gesunde Wurzeln, Pilze und Ranken und korrumpierte pflanzliche Wesen und Wurzeln kämpften schon miteinander. Verwanden und zermalmten sich gegenseitig und wurden von den Wächter- Bäumen allesamt ausgerissen und vernichtet. Die erste Welle an Korrumpiertheit zerschellte an der Einheit aller Pflanzen rund um Tooshoo, während das Menschenvolk das Tooshoo bewohnte nur zusehen konnte, was die kollektive Macht der Natur imstande war zu vollbringen.
ornlu
Geändert von Das Waldvolk (15.03.2024 um 13:11 Uhr)
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Im Sumpf
Mist ...
Das war wirklich Mist. Gegen Puppen und Trainingspartnern war das ja einerlei, aber gegen wirklich Gegner hatte er einfach noch nicht wirklich die Chance zu bestehen. Vielleicht wäre er einfach im Baum geblieben, um am frühen Morgen noch ein paar Stunden mit Darius zu erledigen, aber der war sicher auch beschäftigt mit dem Hauptmann. Egal, er musste handeln, durfte sich jetzt auch nicht ablenken lassen. Sein Angriff war auch nur von Glück gezeichnet, weil er eine freie Deckung gefunden hatte, so konnte er dem Pflanzenwesen, einen Hieb abgeben, wie er es immer in seinem Training gegen die Puppen gleich tat. Zwar hatte er das Pflanzenwesen verletzt, aber es bewegte sich noch, er wusste nicht, ob er auch Stark und talentiert genug war, das Wesen zu durchtrennen. Schließlich .... verdammt warum juckt das an seiner rechten Brust so extrem. Das aufgeschlitzte Pflanzenwesen, hatte auf ihn jedoch gar nicht beachtet, sondern war weiterhin dabei, Yarik zu bekämpfen. Dieser konnte zwar die Angriffe des Pflanzenwesens abhalten, aber sicher würde das nicht mehr lange dauern. Währenddessen war Chala auch wieder in den Kampf gestürmt, nachdem sie für eine kurze Zeit ausgeknockt war.
Er überlegte kurz, was er tun sollte, das Pflanzenwesen war Stärker als er und seine Fähigkeiten hielten hier keine Glanzparade ab. Doch da bekam er eine Idee. Sie hatten eine offene Wunde und Valerion liebte offene Wunden, jedenfalls bei Gegnern. Er erinnerte sich an eine Magd, Stroh wie dumm, aber einen Körper, von den Göttern geschaffen, er erinnerte sich was sie ihm, im Bett erzählte, bevor er ihr den Mund zuheben konnte um, mal zum Zug zu kommen. Sie hatte das Feld voller Blumen der Herrin mit Salz vollgestreut und so waren jene Blumen vergangen. Valerion hatte immer etwas Salz dabei, falls er mal irgendwo etwas Braten musste. Während die beiden also noch am Kämpfen waren, zog er seinen Dolch, badete diesen im Salz, ging langsam auf das Wesen zu um es dann in die offene Wunde des Pflanzenwesens zu stecken! Zwar konnte er nicht, mit dem Schwert umgehen aber mit dem Dolch konnte er wenigstens einen kleinen Angriff starten.
Theoretisch müsste die Pflanze nun vergiftet werden aus dem Inneren. Doch was war noch besser als Salz, um unnötiges Unkraut zu zerstören? Genau Feuer! Zum Glück hatte er immer eine Fackel in seinem Rucksack, er beobachtete den Kampf, es kam ihm vor als ob, die Angriffe des Pflanzenmonsters langsamer wurden, anscheinend wirkte das Salz. Schnell hatte er seine Fackel zur Hand genommen, mit dem Feuerstein wollte er diese entzünden, nach einigen Fehlschlägen hatte er es geschafft. Währenddessen hatte sich die Ranke um Yariks Stab gebunden und wollte diesen zu sich Ziehen, als Chala ihm zur Hilfe kam und mit einem Hieb die Ranke abschlug. Der Bärtige ging mit der Fackel auf das Pflanzenwesen zu und bewarf dieses mit der Leuchtenden Fackel. Sofort ging dieses in Feuer auf. Valerion vernahm ein schmerzendes Wimmern, war das etwa die Pflanze?
Nach einigen Momenten gaben die Ranken nach, die Gruppe versammelte sich, um das brennende Wesen um es zu beobachten.
„AUTSCH“, schrie Valerion auf, zog den Ärmel nach oben und fand ein merkwürdiges Mal, in Form von Narben auf seinem rechten Oberarm.
„Eh? Wasn das?“, sprach der Bärtige genervt.
„Leute, wir sollten das Viech hier mal zum Baum bringen? Vielleicht mal zeigen oder so?“, er seufzte genervt, trat das Feuer aus und zog zusammen mit den andere wieder zurück zum Baum.
Kurz bevor sie am Baum ankamen, merkte er das sich etwas verändert hatte, er vernahm ein gewaltiges Krachen, als er sich umschaute, sah er, wie Ränke gegeneinander kämpften, wie Äste gegeneinander krachten und sich gegenseitig zerschmetterten.
„Ach du scheiße... wo bin ich hier eigentlich gelandet“; rief Valerion vollkommen Überrascht.
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Am Eingang von Tooshoo - Abend - Chala, Valerion, Yarik
„Mea legana!“, stieß Chala hervor, als der Sumpf um sie herum zum Leben erwachte.
Urzeitlicher Zorn schien sich der Bäume zu bemächtigen, als sie sich tatsächlich bewegten, sogar entwurzelten. Neben den Stegen schwappte das Brackwasser bedrohlich, als riesige Pilze emporschossen. Rote, violette und gelbe Kappen waren zu sehen, auf die im nächsten Augenblick meterlange, dornen besetzte Ranken schlugen, die tiefe Risse hinterließen und Sporen freisetzten. Kreischende Vögel stürzten herab, hakten mit ihren scharfen Klauen und spitzen Schnäbeln nach Wurzeln, die sich in aberwitziger Geschwindigkeit ausbreiteten. Und über all dem ausbrechenden Chaos klang ein Schrei. Ein Schrei, der durch Mark und Bein ging, getragen von Wut und dem Gefühl nicht länger ertragen zu können, was die Seele erdulden musste.
ECHUIO, echote es durch den ganzen Sumpf, für die Ohren der Aranisaani nur ein Geräusch, doch selbst sie spürte die Macht, die sich darin verbarg.
„Zum Baum!“, rief Yarik ihnen zu, der die Augen erschrocken aufriss und es gab keinen Zweifel daran, dass der Magiebegabte das Geschehen als ebenso unheilvoll wie Vered ansah.
Valerion, der die geschwärzten Überreste der pflanzenartigen Kreatur hinter sich herzog, legte einen Schritt zu. Er steuerte geradewegs auf die vermeintlich schützenden Wurzeln Tooshoos zu. Der Weltenbaum selbst schien schwach zu glühen, so als hätten sich tausende winziger Glühwürmchen um ihn versammelt.
Je näher sie dem Zentrum Schwarzwasser kamen, desto mehr Menschen begegneten sie, die ebenfalls in Richtung des Riesenbaumes eilten. Hier, nah an der Borke Tooshoos waren die gewaltigen Kämpfe der Natur nicht so deutlich spürbar. Noch immer drang das Splittern von gesundem Holz, das Kreischen verletzter Tiere und das platschende Seufzen des Wassers an ihre Ohren. So laut, dass man sich kaum verstand. Auch Yariks Aufforderung zum Baum zu eilen war beinahe im Mahlstrom des sich entfaltenden Lärms untergegangen.
„Was ist in diesem gottlosen Sumpf nur los?“, murmelte Chala, deren Worte von niemandem gehört werden konnten.
Sie blickte sich um, sah gerade noch, wie die Blätterkrone eines riesigen Mangrovenbaums nach vorn fiel – nein, schlug! – und ein Beben durch den Steg zuckte, auf dem sie stand.
„Los jetzt, vave!“, trieb sie ihre Mitstreiter zur Eile an und drückte sich an einem Jäger vorbei, der ungläubig das Spektakel beobachtete.
Als sie sich dem Eingang unter den Wurzeln näherten, hatte sich bereits eine Traube gebildet. Es lebten nicht viele Leute hier um Tooshoo, doch in diesem Moment waren vermutlich alle, die nicht schon die Sicherheit des Weltenbaumes um sich wussten, der Panik nahe. Die beiden Wächter, welche die Dunkelhäutige in der Sumpflilie gesehen hatte, als sie die Schlägerei kurzerhand beendet hatten, bemühten sich so schnell wie möglich alle ins Innere zu leiten. Doch das Schubsen und Drängeln verlangsamte das Vorhaben immense.
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Lehrling
Ronja schaute ihrer Freundin mit den grünen Haarspitzen hinterher.
„Eindeutig zu sehr am Lack geschnüffelt“, stellte sie überzeugt fest. Dann fiel ihr Blick auf diese Schlangentante, die sich gedankenverloren über den Bauch strich. Ronja räusperte sich.
„Tjaaa, nun …“, sagte sie etwas verlegen. Sie wollte diese Sechet loswerden, aber irgendwie machte ihr diese Frau auch ein kleines bisschen Angst, weshalb sie auf einen bei ihr sonst so typischen Kommentar verzichtete. Doch Sechet schien der Situation selbst gewahr zu werden und verabschiedete sich sogleich. Vielleicht wollte sie Vareesa auch gleich nachstellen, vermutete Ronja. Wie sie die Bognerin immer nannte! „Zofe“, als wären sie hier an einem königlichen Hof oder sowas. Ronja lachte prustend. Hof der Bekloppten, das auf jeden Fall. War aber noch nicht ausgewürfelt, wer der König von allen war. Was machte eine Zofe eigentlich so? Vielleicht sollte sie Vareesa auftragen, ihre Wäsche zu waschen? Sie feixte weiter. Eher würde Vareesa ihr die Sachen um die Ohren hauen. Und ein paar Werkzeuge noch hintendran, aua, das würde Beulen geben!
Apropos Werkzeuge! Vareesa hatte das Stück, an dem sie gearbeitet hatte, in ihrer Hütte gelassen. Ronja hatte den Tag genutzt, um mit Hjarti und Kjal im Sumpf unterwegs zu sein – gut, die meiste Zeit hatte sie eigentlich an nichts anderes gedacht als Ambrose‘ wundervolle dunklen Augen und seine umwerfende Stimme und seine dunkle, herrliche Haut und … An was hatte Vareesa da gearbeitet, war das etwa …?
„Bei Hjartis haarigem Arsch“, entfuhr es der Jägerin, als sie das Stück Holz besah, das Vareesa mit einem ganz besonderen Lack versehen hatte. Sie sah, wie der Lack auf dem Holz aufgetragen und in die Maserung eingedrungen war. Am liebsten hätte sie das Werkstück in die Hand genommen, aber als gute Bognerin wusste sie, dass man so etwas nicht einfach tat, besonders, wenn der Lack im Spiel war. Sie blickte sich ein wenig um, da war dieser komische Ring mit einem grünen Stein, mit dem Vareesa noch was vorzuhaben schien und dann war da das Snapperleder …
Ronja konnte nicht anders, als einen Pfiff auszustoßen und anerkennend zu nicken.
Den Wert, den Vareesa auf diese Details zu legen schien, wusste Ronja zu schätzen. Einerseits aus der Sicht der Handwerkerin und anderseits, weil Ronja keinen geringeren Anspruch an die fertige Waffe legte, als dass sie perfekt war. Schließlich war der Bogen nicht für irgendeine daher gelaufene Dumpfbacke.
Was hatte sie gleich nochmal zu Ronja gesagt, das sie machen sollte? Ach ja, die Snapperkrallen!
„Vareesa, du bist der Oberknaller“, murmelte sie, als sie nach den Krallen griff und sich einen leicht kippeligen Hocker ranzog, um sich an der Werkbank niederzulassen. Sie griff nach dem Schnitzwerkzeug und begann konzentriert daran zu arbeiten, aus den Krallen vernünftige Halterungen für die Sehne zu formen. Das war gar nicht so einfach, waren die Krallen dieser Biester schließlich hart und bisweilen etwas spröde. Sie musste aufpassen, dass nicht zu viel abplatzte.
Gerade, als sie mit der ersten Kralle beim Bogen Augenmaß nehmen wollte, war es, als würde ein Sturm losbrechen – und was für einer!
Mit einem Mal begann der Boden zu beben, eine dicke Wurzel brach aus den alten Dielen hervor, dass Ronja mit einem Quieken von ihrem Hocker aufsprang.
„Scheiße, was ist los?“
Als sie Geräusche von außen vernahm, riss sie die Tür von Vareesas Hütte auf und traute ihren Augen nicht: Der Sumpf lebte!
Überall waren Pflanzen, Wurzeln, Ranken und sie … sie kämpften miteinander! Ronja fragte sich für einen Augenblick, ob sie auch zu sehr am Lack geschnüffelt hatte. Doch da kamen irgendwie auch Viecher, eine hässliche, entstellte Brut bahnte sich ihren Weg durch das alte Schwarzwasser. Ronja war für einen Augenblick komplett erstarrt, gleich würde es um sie geschehen sein, doch auf einmal gab es ein hässliches Knirschen – da hatte ein Baum eines der Viecher erwischt. Ein verdammter Baum! Bäume bewegten sich doch gar nicht! Aber der war auf das Vieh getreten, hatte es zerlatscht wie eine Küchenschabe!
Plötzlich hörte sie Geräusche hinter sich.
„Nein, nein, nein, nein, nein! Eh, du scheiß Zeug!“, kreischte sie, als eine schwarze, fleischige Ranke ihren hässlichen Leib um Vareesas Hütte legte.
„RONJA!“, rief plötzlich eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich um. Auf einmal waren da Jilvie, Ricklen, Hjarti und Kjal aufgetaucht.
„Zum Baum, sofort!“, brüllte Ricklen ihr im vollen Lauf entgegen.
„Aber die Hüt-“, stammelte Ronja.
„SOFORT!“
Ronja nahm augenblicklich die Beine in die Hand und lief los.
Am Eingang zum Baum hatten sich mehrere Wächter versammelt, Bud und Terrence unter ihnen. Sie ließen die Flüchtenden durch, bevor sie sich wieder vor dem Tor postierten.
Kaum war die Gruppe um Ricklen und Jilvie ein paar Schritte im Baum, kamen ihnen mehrere Leute entgegen. Zunächst waren da Freiya und Fridtjof.
„Ronja, ist alles in Ordnung?“, fragte die Rothaarige sofort. Ronja war so außer Atem, dass sie gar nicht antworten konnte.
„Was ist da draußen los?“, fragte Fridtjof.
„Es hat begonnen“, antwortete Ricklen mit einem finsteren Gesichtsausdruck. „Der Sumpf erhebt sich.“
Sie alle sahen sich unsicher und betroffen an.
„Ab jetzt geht keiner mehr da raus, KEINER VERLÄSST DEN BAUM!“, gab Ricklen weithin hörbar den Befehl.
„Wir müssen Jadewolf finden, wo ist er?“
In diesem Augenblick sah Ronja zwei weitere Gestalten: diesen Maris und bei ihm – Vareesa!
Als sie ihre Freundin sah, gab Ronja ein klägliches Wimmern von sich. Was würde aus der Hütte werden?
Fr
Geändert von Ronja (16.03.2024 um 02:44 Uhr)
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