Der frisch beförderte Brigadegeneral wusste zwar genau, weswegen er zu dieser Stunde hierher gekommen war, doch wäre es ihm vermutlich schwer gefallen, seinen Plan logisch zu erklären, wenn ihn denn jemand danach gefragt hätte; eine innere Unruhe trieb ihn zu diesem Unterfangen und auch wenn er sich sicher war, dass er damit niemandem Schaden zufügen würden (außer vielleicht sich selbst), so war ihm doch gleichzeitig, zumindest unterbewusst, völlig klar, dass es sich um eine reine Zeitverschwendung handeln musste.
Der Glanz auf den Knöpfen seiner Paradeuniform spiegelte sich in der polierten Glastür zu seinem Büro, die auf Befehl lautlos aufglitt. Er betrat, vielleicht zum letzten Mal, den Raum aus dem heraus er in den letzten Jahren gewirkt und geschaltet hatte; das Basiscamp seiner Expedition gen Gipfel, in Richtung von Positionen und Verantwortungen, die es ihm hoffentlich erlauben würden, die Allianz immer mehr zu dem werden zu lassen, wovon er träumte: Einem festen Eckstein im Fundament der galaktischen Gesellschaft.
Langsam und auch ein wenig melancholisch durchschritt er sein Büro, vorbei am Holoprojektor, über den er an zahllosen Konferenzen teilgenommen hatte und atmete die reglose, stille Luft. Sein neuer Dienstgrad war mit der Leitung der Stabsstelle und somit einem neuen Büro verbunden, doch er wusste, dass ihm diese vier Wände für immer in Erinnerung bleiben würden. Er setzte sich auf das schmale Sofa vor dem Panoramafenster, das vertraute Knarzen unter seinem Gesäß klang wie die Begrüßung eines treuen Haustiers, das über die Rückkehr des Herrchens jubelte. Wie oft war er hier mit dem Blick in die Leere des Alls in den Schlaf gesunken, während er nachgedacht und Pläne geschmiedet hatte?
Auf dem Beistelltisch neben dem Sofa hatte sich ein Stapel aus Grußkarten und ausgedruckten Mails mit vergleichbarem Inhalt angehäuft; seit bekannt geworden war, dass er befördert werden würde, hatten sich viele Freunde und Bekannte die Zeit genommen, ihm ein paar Zeilen zu schreiben. Besonders hervor stach der Brief von Nitara Vetras: Die Turianerin hatte vor mehreren Monaten darauf bestanden, dass sie ihre regelmäßige Korrespondenz auf Papier führten, um die Erfahrung einer Brieffreundschaft machen zu können; ein Konzept von dem die Xenopsychologin mehr als fasziniert war, vor allem seit sie sich vor kurzem die Kunst des Papierschöpfens angeeignet hatte und Sun Caos Briefe nun auf selbstgemachtem Papier beantwortete. Das Kunstwerk, welches der Brief sowohl in Machart als auch Inhalt darstellte, ließ die schlichte Karte, die Sun Cao von seiner Frau und seinen Kindern bekommen hatte, geradezu blass erscheinen. Er nahm sie erneut zur Hand, im Unterschied zu den meisten Nachrichten, hatte er sie bisher nur einmal gelesen und dann beiseite gelegt.
Alle drei hatten ein paar handgeschriebene Worte gefunden, Sun Bos Handschrift hatte sich sichtbar verbessert. Er überlegte wann er seine Tochter, seine Familie generell das letzte Mal in Fleisch und Blut gesehen hatte. Li Yen war in ihrer Karriere ebenso eingebunden wie er, wenn nicht sogar noch mehr und seit auch Sun Bo das Internat besuchte, auf das schon ihr Bruder ging, war es selten geworden, dass sie zu viert an einem Tisch saßen. Sun Cao legte die Karte wieder hin und merkte förmlich, wie die Worte darin bereits wieder aus seinem Gedächtnis verschwanden.
Er seufzte und schüttelte den Kopf. Mit geschlossenen Augen saß er dort und versuchte des Gefühls habhaft zu werden, dass ihn schon den ganzen Abend über umtrieb, auch wenn er wusste, dass es vermutlich nichts anderes war als der Fluchtinstinkt seines Gehirns, das sich nicht dem stellen wollte, weswegen er wirklich zu dieser späten Stunde hergekommen war.
Sun Cao atmete lange und langsam aus; kein Zweck, weiter hinauszuzögern, was es zu tun galt. Ein Teil von ihm wollte das Gespräch führen, aber just in diesem Augenblick fühlte es sich wie ein sehr kleiner Teil von ihm an. Er stand auf, straffte sich und trat zum Holoprojektor. Seine Finger wählten die Kontaktdaten der Seniorenresidenz und die direkte Durchwahl, die er nur bekommen hatte, weil er sich mit der Leiterin der Einrichtung gut gestellt hatte.
Während die Verbindung aufgebaut wurde, spielte das Gerät aufdringlich unaufdringliche Musik, die ebenso gut von einer Maschine geschrieben worden sein konnte, wie von einem Menschen. Sun Cao spürte seine Füße unruhig über den Boden scharren und er unterdrückte den Drang, seine Hände zu kneten.
Ohne Vorwarnung kam die Verbindung zu Stande und auf dem Projektionsportal tauchte das blau leuchtende Abbild von seinem Urgroßvater Sun Jian auf, der mit einer karierten Decke über dem Schoß in einem Sessel saß.
,,Sun Cao? Bist Du das?“, knarrte der Alte mit einer Stimme, die vor Jahrzehnten einmal ganze Bataillone in Habachtstellung versetzt hatte. Sun Cao verkniff sich ein Seufzen; er erkannte sofort, dass Sun Jian einen Spaß mit ihm treiben wollte, schließlich war ihm angezeigt worden, von wem der Anruf kam, bevor er angenommen hatte.
,,Jawohl, General Sun, ich bin es“, gab er pflichtschuldig zurück. Es hatte keinen Sinn, gegen die Eigenheiten des alten Veteranen anzukämpfen, schließlich waren die meisten seiner Marotten älter als seine Urenkel- oder gar Enkelkinder.
,,Ah ja, sieh an. Hätte Dich kaum erkannt in dem Kostüm, das sich bei Euch Uniform schimpft. Was gibt es?“
,,Genosse General, ich habe Sie angerufen um über die Unternehmungen zu berichten, mit denen Ihr Urenkel versucht hat, das Ansehen unserer Familie zu … „
,,Ja, ja, genau, ich erinnere mich. Der Kindergarten in dem Du arbeitest hat Dich zum Obererzieher berufen, ich hörte davon. Schön, schön, ja. Bist Du stolz auf Dich?“
Sun Cao stutzte. Das sein Urgroßvater jede Gelegenheit nutzen würde, um über die Allianz zu lästern hatte er erwartet, dass er ihn nach seinen Gefühlen befragen würde, überhaupt nicht.
,,Ich … Genosse General, Ihr Urenkel hofft einfach, mit seinen Taten dem ruhmreichen Namen Sun gerecht geworden zu sein“, brachte er stockend hervor und verbeugte sich vor dem Hologramm. Den Blick zu Boden gerichtet schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis der Greis ihm antwortete:
,,Was meine Ansicht zu so etwas angeht, brauche ich Dir ja nicht mehr zu erzählen. Schön für Dich, dass Du Dich jetzt auch General rufen lassen kannst, aber hast Du mal darüber nachgedacht, weswegen Dir dieser Lorbeerkranz aufgesetzt wurde?“
Sun Caos Kiefer spannte sich spürbar; die Teile seiner Persönlichkeit, die dieses Gespräch nicht hatten führen wollen, erschienen auf einmal die weiseren gewesen zu sein.
,,Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mit Eure Gedanken zu diesem Sachverhalt mitteilen würdet, Genosse General“, murmelte er in die Dunkelheit seines Büros hinein, die nur durch das strahlende Abbild von Sun Jian etwas erhellt wurde.
Der alte Luftwaffengeneral lachte ein straubtrockenes Lachen, die Decke auf seinen Knien verrutschte ein bisschen.
,,Ach je, Sun Cao; so hoch gestiegen und doch keinen Überblick. Ich habe nicht jedes Detail Deiner Laufbahn im Kopf, aber mir scheint es doch so, als wärst Du schon seit Jahren ein Bürohengst, der vom Schreibtisch aus führt. Und wen überhaupt führst Du denn? Glaubst Du, dass man für die Aufgaben, die Du erfüllst, einen General aus Dir machen würde?“
Sun Jian schüttelte mitleidig den Kopf und Sun Cao ertappte sich kurz beim Wunsch, dass der Nacken seines Urgroßvaters unter der Beanspruchung einfach brechen möge.
,,Ich sage Dir, was Deine Kindergartenleitung sich gedacht hat: Der Sun Cao, der kommt gut bei den Aliens an. Die mögen den und wenn wir zeigen, dass wir solche wie den bei uns groß werden lassen, dann mögen die vielleicht auch uns und lassen uns bei ihrem Spiel mitspielen. Und deswegen hast Du jetzt etwas mehr Schmuck auf der Schulter, aber glaube bitte nicht, dass das einen General aus Dir macht, einen Anführer! Vor ein paar Jahren, als Du wenigstens noch selbst mit Deinen Panzern durch die Gegend gefahren bist, da hätten wir vielleicht darüber reden können, ob Du zum General taugst. Aber heute? Schau Dich an, Sun Cao: Bist Du ein General? Hast Du Deiner Familie Ehre gemacht mit dem, was Du tust?“
Sun Cao hielt den Kopf gesenkt und strengte sich an, nicht zu schreien. Er nahm all seine Kraft zusammen, verbeugte sich noch tiefer und presste ein ,,Vielen Dank für Eure Einsicht, Genosse General“, hervor, bevor er die Verbindung mit einer Geste unterbrach.
Regungslos verharrte er in der Stille des Raumes und ließ die widerstreitenden Gefühle in seiner Brust ihren Konflikt ausfechten, obwohl es sich so anfühlte, als würde er ihn zerreißen. Nach unendlich langen Augenblicken richtete er sich wieder auf, trat vom Podest und ging ein paar Schritte in seinem Büro auf und ab. Sein Verstand raste, Selbstvorwürfe wechselten sich mit Hassgedanken gegen seinen Urgroßvater ab und immer wieder tauchte die gehässige Frage in seinem Kopf auf, was er sich denn von diesem Gespräch bitte erhofft hätte. Er wusste es selbst nicht; wusste nicht einmal, ob es überhaupt einen Verlauf hätte nehmen können, der ihn zufrieden gestellt hätte. Die Vorstellung, dass ihm Sun Jian Anerkennung schenken würde, erschien ihm so surreal, dass er, sich wie so oft fragte, warum er so danach gierte.
Er kam neben seinem Schreibtisch zu stehen, die Projektionsleisten der Holoschirme waren im Standby und gaben ein so schwaches goldenes Leuchten ab, dass nicht mehr als eine dünne Leiste aus Licht zwischen den Fugen der Tischplatte zu sehen war. Sun Cao stützte sich schwer auf den Tisch, ließ den Kopf hängen und seufzte. Er atmete tief ein und aus, versuchte Herr seiner Gedanken zu werden und fragte sich gleichzeitig, ob er dies je gewesen war.
Ohne sich aufzurichten aktivierte er sein OmniTool und rief die favorisierten Kontakte auf.
,,Ja, Genosse General?“, meldete sich prompt Lieutenant von Bülow auf den Anruf, im Hintergrund hörte Sun Cao gedämpft die Musik der Party.
,,Lieutenant, sind Sie noch auf der Feier?“, fragte er trotzdem.
,,Jawohl.“
,,Kommen Sie in mein Büro“, ordnete er ohne weitere Erklärung an und beendete das Gespräch.
Er richtete sich auf, strecke sich und drückte den Rücken durch. Sein Blick wanderte zu dem großen Schlachtengemälde, das über seinem Schreibtisch hing. War nur die Führung auf dem Schlachtfeld echte Führung? Er wandte sich ab und lehnte sich an seinen Schreibtisch, um zu warten.
Es dauerte keine fünf Minuten, bis die Tür zu seinem Büro sich öffnete und Lieutenant von Bülow eintrat; Sun Cao fragte sich kurz, ob sie vielleicht sogar damit gerechnet hatte, noch von ihm gerufen zu werden.
,,Sie wollten mich sprechen, Genosse General?“
,,Wie läuft die Party unten?“, fragte er und klopfte mit den Fingern der rechten Hand auf der Tischplatte herum.
Von Bülow zuckte mit den Schultern. ,,Tanzende Soldaten, Essen, Getränke. Alles normal soweit“, erklärte sie gleichgültig.
,,Und den Anlass der Feierlichkeit? Finden Sie den angemessen?“, hakte er nach. Er wusste, dass er ihr solche Fragen stellen konnte, er hatte sie nicht umsonst als seine persönliche Referentin berufen; von Bülow war die intelligenteste Person, die er kannte und eine begnadete Analystin. Mit ihrer Ausbildung und ihrem Verstand hätte sie spielend ein Vermögen in der Wirtschaft machen können, nur hatte sie das scheinbar nie gewollt. Sun Cao hatte sie nicht gefragt, warum sie zur Allianz gegangen war; sie arbeitete für ihn und machte sehr gute Arbeit, das reichte ihm.
,,Irgendwas müssen die Leute ja feiern, also warum keine Beförderung? In hundert Jahren sind wir alle tot und diese Party existiert bestenfalls noch in irgendwelchen Protokollen, also warum jetzt so viele Gedanken daran verschwenden?“, fragte sie mit einem erneuten Schulterzucken. Ihre Haltung hatte sich gelockert; sie schien bemerkt zu haben, dass es kein rein dienstliches Gespräch werden würde.
Sun Cao seufzte und schüttelte mit einem ernüchterten Lächeln den Kopf; von Bülows Nonchalance war legendär und vermutlich war es einfach ihrem immensen IQ geschuldet, dass sie vielen Fragen und Sorgen gewöhnlicher Menschen mit einem gewissen Unverständnis begegnete. Es war ein Segen für die Menschheit, dass sie als Data Scientist und nicht bei einer Telefonseelsorge arbeitete.
,,Kann ich noch etwas für Sie tun, Genosse General?“, fragte sie, nachdem er einen Moment lang schweigend seinen Gedanken nachgehangen war. In ihrer Stimme lag ein neuer Unterton, der ihn vermuten ließ, dass sie nun entweder ahnte, warum er sie herbeizitiert hatte oder es schon die ganze Zeit gewusst hatte und es ihn nun wissen lassen wollte. Sie spielten regelmäßig dieses Spiel, das die Grenzen des Dienstverhältnisses regelmäßig kreuzte, nur um dann sogleich in dessen förmliche Bahnen zurück zu kehren.
,,Sind Sie mit meiner Beförderung einverstanden, Lieutenant? Denken Sie, dass das Flottenkommando damit eine gute Wahl getroffen hat?“, fragte er mit ernster Miene und betrachtete sie eingehend durch seine Brille hindurch.
Ihre Augenbrauen schossen für einen Augenblick nach oben und gaben ihrem Gesicht einen fragenden Ausdruck, der jedoch sofort von einem Lächeln abgelöst wurde; einem wissenden Lächeln, das er sonst von einem Go-Spieler erwarten würde, der seinen Gegner durchschaut hatte.
Mit langsamen, lässigen Schritten kam sie näher und stellte sich vor ihn; sie waren praktisch gleich groß und begegneten einander so, trotz des Rangunterschieds, zumindest körperlich auf Augenhöhe.
,,Wieso fragen Sie mich das, Genosse General?“, verlangte sie zu wissen, während ihre Augen sich in die seinen zu bohren begannen. Ihr
Gesicht war ihm so nah, dass er ihren Atem auf seiner Haut spüren konnte. Ein wohlvertrautes Kribbeln arbeitete sich von Sun Caos Nacken den Rücken hinunter.
,,Ich schätze Ihre Meinung, wie Sie wissen“, gab er zurück und hielt ihrem Blick stand.
,,Aber wie soll jemand wie ich das beurteilen?“, fragte sie, das gewinnende Lächeln umspielte weiterhin ihre Lippen.
,,Ich habe noch nie direkt mit einem General gearbeitet. Das waren bisher immer weit entfernte Lichtgestalten, die selten die Muße hatten, in die Sphären der Normalsterblichen herabzusteigen“. Von Bülow beobachtete ihn genau, ihre Augen füllten sein ganzes Blickfeld aus.
,,Dann wird die Zeit wohl zeigen müssen, ob ich den Rang in Ihren Augen verdient habe, nicht wahr?“, mutmaßte er.
Einen Moment lang standen sie dort und musterten einander, durchbohrten einander mit Blicken, während kein Laut zu hören war als das leise Rauschen der Lüftungsanlage.
Sie kam ihm noch näher, reckte das Kinn vor. ,,Zeig Du es mir“
Er packte sie an der Taille und zog sie zu sich, ein Seufzen entwich ihr, als sich angestaute Anspannung entlud und er sein Gesicht in ihren dunklen Haaren vergrub. Ihre Hände umschlossen seinen Nacken, zogen ihn zu ihr, als sie gemeinsam nach hinten gegen den Schreibtisch taumelten. Seine Hände wanderten nach unten, umfassten ihre Hüfte und hoben sie an. Zeitgleich fanden seine Lippen den Weg über ihr rechtes Schlüsselbein in ihr Dekolletee, das sich ihm entgegenreckte. Er wirbelte sie beide in einer schwungvollen Bewegung herum und setze sie auf der Tischplatte ab, ihr Atem ging schnell während er mit geschickten Händen ihre Uniformjacke und die darunter liegende Bluse öffnete.
,,Zumindest die Uniform steht Dir gut ...“, hauchte sie, als ihre Finger über die Abzeichen auf seiner Brust fuhren und sich dann ebenso an Knöpfen zu schaffen machten.
Inmitten von raschelndem Stoff und wohligem Stöhnen schob sie ihre Hüfte vor und lehnte sich weit auf den Schreibtisch zurück, die auseinandergleitenden Säume ihre Jacke gaben den Blick auf makellos reine Haut frei. Sie zog ihn näher zu sich, ihre Beine umschlungen ihn, während sich ihre Hüfte hob und ihm entgegenkam. Er ließ seine Hand von ihrem Hals über die linke Brust bis hinab in ihre Leiste gleiten und zog sie zu sich, das Kribbeln das vorhin noch sacht seinen Rücken herabgekrochen war, erfasste nun seinen ganzen Körper.
Sie fanden einander, ein sanftes Beben ging über von Bülows Körper; sie drückte ihr Kreuz durch und warf den Kopf in den Nacken. Ihre freie rechte Hand wanderte nach Halt suchend über den Tisch und fand ihn schließlich an dessen Kante, die andere blieb fest in seine Flanke gekrallt. Ihr Atem synchronisierte sich ebenso wie ihre Bewegungen, die einem immer schneller werdenden Rhythmus folgten. Er ließ seinen Blick über ihren vor sich ausgebreiteten Körper wandern, auf dem erste Schweißperlen auftauchten und fasste sie an den Oberschenkeln, um nicht den Halt zu verlieren; sie hatte die Augen geschlossen und gab sich immer mehr dem Moment hin. Das Crescendo erreichte seinen Höhepunkt, ein Plateau auf dem sie für ein paar unendliche Sekunden schwebten und innehielten. Sun Cao atmete lang und laut aus, sie schaute mit geweiteten Pupillen in sein Gesicht und lächelte ein Lächeln, das weniger wissend als raubtierhaft war, aber dadurch nur noch mehr Resonanz in ihm auslöste. Dann fasste er erneut unter ihre Hüfte, drehte sie um und legte sie bäuchlings auf den Tisch; vor sich eine wilde dunkelbraune Mähne, die perfekt die harmonischen Linien ihrer Hüfte, ihrer Taille und ihrer Schulter krönte. Erneut gaben sie sich einander hin und fanden einen neuen Rhythmus.
,,Zufrieden?“, fragte er in einem brummenden Ton, der verriet, wie sehr er selbst es war.
,,Oui, mon Général“, antwortete sie in einem ähnlichen tiefen Tonfall, während sie auf seinem Schreibtischstuhl saß und ihm dabei zusah, wie er sich wieder anzog.
Sun Cao grinste über die Floskel und knöpfte seine Uniformjacke zu. Mit einer angedeuteten Verbeugung reichte er ihr ihre Hose, die sie graziös entgegennahm und anzog.
,,Was steht nach dieser ersten Amtshandlung nun für den neuen Tag an, Genosse General?“ Von Bülows Stimme hatte wieder den sachlichen Klang angenommen, mit dem sie ins Büro gekommen war, aber ihn ihren Augen glühte noch ein Abglanz der geteilten Zeit.
,,Umzug ins neue Büro, Ansprache an die Stabsstelle und zahllose Unterschriften; das Übliche sozusagen. Ich nehme an, dass Sie das meiste bereits vorbereitet und in die Wege geleitet haben“, erklärte er sachlich und betonte den letzten Satz nicht als Frage; er wusste, dass es so war und sie wusste, dass er es wusste. Ein Ausdruck gegenseitigen Vertrauens, sozusagen.
,,Korrekt; zumindest was den Papierkram angeht, sollte alles bereit sein“, bestätigte sie trotzdem und strich ihre Ärmel glatt. Nachdem sie scheinbar mit dem Sitz ihrer Uniform zufrieden war, nahm sie Haltung an und salutierte:
,,Lieutenant von Bülow, melde mich ab.“
Sun Cao erwiderte den Gruß; sie waren ins Dienstverhältnis zurückgekehrt.
,,Wegtreten, Lieutenant; wir sehen uns morgen früh zu Dienstbeginn. Schlafen Sie gut.“