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    Ritter Khardim's Avatar
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    Gleißend hell fuhr ein weiterer Blitz auf die turmhohe Ableitungsanlage nieder, der mindestens achte in den letzten fünf Minuten; sofort im Anschluss ließ ein knallender Donner die trockene Luft erbeben; ob die bitteren Staubteilchen der dünnen Atmosphäre durch die Schallwellen des Donnerschlages oder den anhaltend Sturm zum tanzen gebracht wurden, der Edolus’ Oberfläche praktisch ununterbrochen malträtierte, vermochte niemand zu sagen. Beides waren tagtägliche Phänomene auf dem womöglich oder sogar wahrscheinlich von allen Göttern verlassenen Planeten, der über genug lebensfeindliche Merkmale verfügte, um selbst hartgesottenen Globetrottern die Wanderlust zu vermiesen.
    Eben diese Merkmale waren es jedoch, die Edolus umso interessanter für all jene machte, die nach einem Standort suchten, der gerade nicht drohte, zum zufälligen oder geplanten Ziel jedweden Verkehrs zu werden. Besonders die fast ununterbrochen wütenden statischen Stürme, die die untere Atmosphäre des Planeten in ein elektromagnetisches Minenfeld verwandelten, versprachen zuverlässigen Schutz vor allen ungebetenen Besuchern aus dem All – sofern man es selbst zuvor geschafft hatte, bis zu Edolus’ öder Oberfläche zu gelangen, ohne Leitmedium für mehrere hundert Kiloampere zu werden.

    Mit dem Oberkörper halb aus der Dachluke des M71 Devilfish gelehnt, überblickte Major Sun Cao diese lebensfeindliche Wüste, in die er mit seinem Bataillon entsandt worden war. Ein staubdichtes Tuch schütze Mund und Nase, während ihm sein Visor die geographischen und meteorologischen Daten des Einsatzgebietes anzeigte; hellblaue Linien und Punkte, die dem staubumwirbelten Hinterland vor seinen Augen Ordnung und Gestalt gaben. Die VI erkannte die Ableitungsanlage, in die bereits wieder ein Blitz eingeschlagen hatte, als zu ihrem Ziel gehörig. Sun Cao atmete auf, ein winziger Atemzug nur, der jedoch trotz abgedecktem Gesicht schlimmer brannte als Reflux nach einer durchzechten Nacht.
    ,,Sie haben die Nachteile ihrer Position überwunden und nutzen nun die Vorteile“, resümierte er in Gedanken. An einen Angriff aus dem Orbit oder auch nur verlässliche Satellitenaufklärung war auf Edolus nicht zu denken, sodass der größte Trumpf der Allianz hier nichts galt und der Planet in Augen von Cerberus wie ein Paradies aussehen musste. Was auch immer die Terrororganisation auf Edolus für Unternehmungen betrieb, sie waren zu gut vor der Flotte der Allianz geschützt und deutlich zu nah an den dichter besiedelten Systemen des Allianz-Raumes, als das man sie damit hätte gewähren lassen können.

    Und an dieser Stelle kamen Sun Cao und das 31. Allianz-Panzerbataillon ins Spiel. Die unklare Lage vor Ort hätten auch eine kleinere Aufklärungseinheit, zumindest als Voraustrupp als geeignetes Mittel in Frage kommen lassen, doch hatte die Allianz beim Thema Cerberus in den letzten Monaten immer öfter eine Strategie angewandt, die Effektivität über Effizienz stellte: ,,Rede deutlich und trage einen großen Stock“, wobei Stock meist als Synonym für „Schlachtschiff“ oder, wie jetzt, „Panzer“ zu verstehen war.

    ,,Rotes Team: Die Anlage westwärts umfahren und im Bogen von Süden her vorrücken“, wies er per Funk ein Drittel der seiner Truppen an, während er in den stählernen Bauch seines Kommando-Gleiters abtauchte. Ein am Horizont auftauchender Panzerverband war eine Botschaft, die wenig Interpretationsspielraum lies und in der Regel mit Widerstand oder Flucht beantwortet wurde; in beiden Fällen war es sinnvoll, Truppen im Rücken des Feindes zu haben.
    ,,Blaues und gelbes Team: Direkt auf die Anlage vorrücken, gestaffelte Formation. Gesichtete Feindbewegung sofort melden!“
    Die Antigravitationsantriebe des Devilfishs leuchteten auf, während um ihn herum die Motoren der schweren M115 Graywhales erwachten. Traditionelle Kampfpanzer mochten bei Konflikten, die meist zwischen Planeten und Systemen ausgetragen wurden, an Stellenwert verloren haben, aber in Sun Caos würden die gepanzerten Giganten stets einen besonderen Platz einnehmen. Während Gruppe Rot nach Westen davonrollte, nahmen Blau und Gelb ihre Formation ein und kurz darauf rasten mehrere tausend Tonnen Stahl auf Ketten in Richtung der Cerberus-Anlage. Die Graywhales der Allianz waren nach der turianischen Praetor-Klasse die schwersten und am stärksten bewaffneten Kampfpanzer der bekannten Galaxie. Neben wendigeren und schnelleren Kampfgefährten wie dem Hammerhead mochten die gepanzerten Kolosse behäbig wirken, doch bot das deutlich schwerere Chassis genug Stabilität für ein 220mm-Massenbeschleunigergeschütz, das Kritiker (und feindliche Verbände) in der Regel zuverlässig zum Schweigen brachte. Ebenfalls nicht zu unterschätzen war der Effekt des Anblicks, den ein Verband Graywhales (von den Piloten meist liebevoll als „Schule“ bezeichnet) bot, der mit weit über 100 Stundenkilometern auf eine feindliche Stellung zu donnerte; es war eben jener Effekt, auf den Sun Cao baute und der ihn hoffen ließ, ein weiteres Gefecht zu gewinnen, ohne einen Schuss auf den Feind abfeuern zu müssen.
    ,,In die Breite ausfächern, die Linie halten“, ordnete er an und beobachtete den Vormarsch auf dem HoloSchirm seines Fahrzeuges. Nur einen Augenblick später schrillte innerhalb der Anlage der Alarm los; ein dröhnender Ton, der nur wenig vom anhaltenden Donner über ihnen übertönt wurde. Die schmucklosen Betonmauern, die den Gebäudekomplex umgaben türmten sich trutzig vor dem Verband auf und versperrten einen direkten Blick auf die eigentliche Anlage, die, gemessen an der ummauerten Fläche, aus vielleicht einem halben bis ganzen Dutzend Gebäude bestehen mochte.

    ,,Gruppen Blau und Gelb: Auf Kommando Warnschuss in sicherem Abstand über die Anlage hinweg. Drei – Zwei – Eins – Feuer!“
    Sechzehn Kanonen schossen synchron ihre tödliche Ladung in den blitzdurchzuckten Himmel Edolus’, wo sie von den sich stetig umwälzenden Gewitterwolken verschlungen wurde. Sun Cao überließ es der Phantasie von Cerberus, welche Wirkung die Geschosse an der Anlage entfalten würden.
    Mit zwei weiteren Kommandos wies der Major seinen Verband an, in Feuerreichweite Aufstellung zu nehmen und ließ seinen Piloten einen offenen Kommunikationskanal öffnen:

    ,,Hier spricht Major Sun von der Allianz der Systeme. Ihre Einrichtung wird der Terrororganisation Cerberus zugeschrieben; identifizieren Sie sich!“
    Außer dem leisen Säuseln der Antriebe und dem immerwährend Tosen des Sturms war nichts zu hören. Sun Cao lauschte in die unsichtbaren Wellenlängen des Funkkanals hinein, während er den Vormarsch von Gruppe Rot auf dem Bildschirm verfolgte.

    Plötzlich ein Knacken in der Leitung:
    ,,Major Sun, hier spricht Captain Deschain, Allianz-Geheimdienst!“
    Eine tiefe, konzentriert sprechende Stimme, die gegen aufkeimende Panik anzukämpfen schien.
    ,,Dienstnummer Y5-6795HI, Missionskennung Tau-Y-17. Wir haben nicht viel Zeit; bringen Sie Ihre Truppen hier weg!“
    Sun Cao runzelte die Stirn und nahm sich ein wenig von der angeblich so knappen Zeit, um die durchgegebenen Kennungen prüfen zu lassen. Als deren Echtheit bestätigt wurde, lehnte sich der Major vor und antwortete:
    ,,Ich höre Sie, Captain. Lagebericht. Sie werden mir nachsehen, dass ...“
    ,,Cerberus sprengt die Anlage! Sie evakuieren über Tunnel und haben Sprengladungen scharf gemacht. Wenn Sie und Ihre Leute nah genug dran sind, um über den Komplex hinweg zu schießen, sind Sie zu nah dran, um der Explosion zu entgehen! Weichen. Sie. Aus!“

    Sun Cao verzog den Mundwinkel und warf einen Blick auf die taktische Übersicht der Anlage; kein Lebenszeichen zu sehen, das überhaupt auf Bewohner, geschweige denn eine Cerberus-Zelle hindeutete. Andererseits waren Deschains Daten echt und Sun Cao traute seiner Menschenkenntnis so weit, dass er die Aufregung in der Stimme des Geheimdienstagenten für echt hielt.

    ,,Alle Gruppen: Ausweichmanöver in gerader Linie weg vom Ziel, voller Schub!“, befahl er und gestikulierte zu seinem Piloten, den Devilfish zu wenden.

    ,,Verstanden, Captain. Wir weichen aus. Wenn das hier ein Trick sein sollte, finde ich Sie und trage dafür Sorge, dass Sie zur Rechenschaft gezogen werden“, brummte er ins Mikrofon, während die Motoren des Hover-Fahrzeugs aufheulten.
    ,,Glauben Sie mir, Major: Ich wünschte es wäre ein Trick. Ich bin selbst in der Anlage. Bringen sie Ihre Truppen in Sicherheit und genießen Sie das Feuerwerk. Die kleinen roten Fetzen, die aufsteigen, sind von mir“, gab Deschain zurück und schnaubte ein freudloses Lachen in die Leitung.
    Sofort ließ Sun Cao den Devilfish herumreißen und beugte sich wieder zum Kommunikator:
    ,,Senden Sie mir ihre Position, Deschain. Wir kommen rein und holen Sie raus!“
    Die Triebwerke des Kommandofahrzeugs fegten einen nahezu perfekten Halbkreis in den Staub von Edolus und stießen das Gefährt dann wie ein Geschoss in Richtung der Cerberus-Anlage ab.
    ,,Keine Chance, Major, Sie haben keine Zeit mehr! Mein Transponder wurde mir abgenommen, Sie können mich nicht …“
    ,,Dann verlassen sie das Gebäude auf dem kürzesten Weg und wir lesen Sie auf; bereit machen zum Sprung!“, befahl er dem Piloten und fasste die beiden Griffe neben seinem Sitz.
    ,,Major, das ist Wahnsinn! Hauen Sie … “

    Mit brüllenden Maschinen hob der Devilfish ab und setzte über die Mauer der Anlage hinweg. Schwerelosigkeit griff nach den Insassen, die nur Sekundenbruchteile später wieder heftig in ihre Sitze gepresst wurden, als der Schwebepanzer im Hof aufschlug und seine rasante Fahrt fortsetzte.
    ,,Wir sind drin. Wo sind Sie, Captain?“, rief Sun Cao ins Funkgerät und suchte das Display nach Lebenszeichen ab. Mit einem Mal tauchte ein leuchtender blauer Punkt auf dem Schirm auf, der sich auf sie zubewegte.
    ,,Ansteuern und die Heckluke öffnen!“, befahl Sun Cao; Anspannung stand in seinem Gesicht und ließ ihn die Hand fest in die Rückenlehne des Piloten krallen, über dessen Schulter hinweg er das Vorfeld nach Deschain absuchte.
    ,,Wir haben Sicht, Genosse Major!“, meldete der Pilot im selben Augenblick, als Sun Cao den Gesuchten um eine Abluftanlage herum ins Blickfeld kommen sah und wendete den Devilfish sicher, um Deschain einsteigen zu lassen.
    Mit einem Hechtsprung flog der Agent durch die sich noch im Öffnen begriffene Tür und kam scheppernd auf dem Boden des Fahrzeug zu liegen.
    ,,Los, los, LOS!“, brüllte er zwischen zwei keuchenden Atemzügen und hielt sich den Kopf, mit dem er gegen die Rückseite des Kommandositzes geprallt war.

    Erneut schoss der Gleiter von dannen, das Fauchen der Triebwerke ließ Staubwolken zu allen Seiten davon stieben, als der nun um eine Person schwere Devilfish zum rettenden Sprung über den Ringwall aus Beton ansetzte. Kreischend protestierte der Fahrzeugboden unter ihren Füßen, als sie die Mauer streiften und kurz Schlagseite bekamen, doch schafften sie aus der Todeszone hinaus und setzten mit einem heftigen Ruck wieder auf dem kargen Wüstensand auf.
    ,,Voller Schub, zum Sammel … “, befahl Sun Cao, als er plötzlich mit Gewalt nach vorn geschleudert wurde. Im selben Augenblick erreichte sie die Schallwelle, welche die Sprengung der Anlage verkündete. Der Schwebepanzer wurde von der Explosion empor gehoben, unter lautem Fiepen der Sensoren geriet der Devilfish ins Trudeln. Deschain, der sich gerade auf die Knie gekämpft hatte, flog erneut durch die beengte Fahrgastzelle und rammte mit seinem Kinn Sun Caos Knie. Der HoloSchirm flackerte unkontrolliert, vor dem Sichtfenster verschwand die Planetenoberfläche in hellbraunen Staubschwaden, die das Fahrzeug umpeitschten.

    Nach Sekunden, die sich wie Tage anfühlten, schlugen sie auf; der Ruck ging durch Mark und Bein, Sun Caos Hinterkopf prallte so heftig gegen die Kopfstütze seines Stuhl, dass Sterne vor seinen Augen erschienen.

    ,,Alle am Leben?“, ächzte er durch den chaotischen Flimmer hindurch.
    ,,Jawohl, Genosse Major“, antwortete der Pilot mit ähnlich gepeinigter Stimme.
    ,,Am Leben,“, gab Deschain unter hörbaren Schmerzen zurück.
    ,,auch wenn ich es nicht so richtig glauben kann.“ Der Agent tastete sich ein Stück auf dem Boden vor und richtete sich dann langsam über die linke Seite auf.
    ,,Wir sind tatsächlich rausgekommen...“, murmelte er und schaute sich im Innenleben des Devilfishs um, als könne er nicht glauben, was er sah.

    Sun Cao prüfte die Kommunikationsanlage auf Funktionstüchtigkeit und forderte dann Unterstützung durch die Einheit an.
    ,,So, Captain: Was halten Sie davon, wenn Sie mir erzählen, wie Sie in diese Misere geraten sind? Wir wurden hier her geschickt, um die Cerberus-Präsenz zu bestätigen und zu bekämpfen. Da Cerberus dies nun selbst in die Hand genommen hat, würde ich dem Kommando wenigstens berichten wollen, was die hier getrieben haben“, wandte er sich dann an Deschain, der sich mittlerweile in eine sitzende Position gekämpft hatte und an einer der Bordkonsolen lehnte.

    ,,Es war eine Forschungseinrichtung von Cerberus, besser gesagt von einer ihrer Zellen“, begann Deschain und tastete nebenbei seinen Körper nach Verletzungen ab.
    ,,Mit den exakten Details bin ich nicht vertraut, sie waren auch nicht Teil meines Auftrags. Mein Team und ich standen in den letzten Monaten in Kontakt zu Dr. Ermioni Tsakiris, einer Cerberus-Wissenschaftlerin, die plante überzulaufen. Vor vier Tagen habe ich die Anlage infiltriert, um Tsakiris rauszuholen und nach Arcturus zu bringen.“
    Er ächzte und wandte den Kopf ab, an seiner Schläfe erkannte Sun Cao eine Platzwunde, die zu alt aussah, um durch den Aufprall der Landung verursacht worden zu sein.
    ,,Ich wurde entdeckt und festgesetzt. Es hat kein Verhör stattgefunden, aber ich nehme an, dass Cerberus mich mit einem der nächsten Versorgungsflüge vom Planeten schaffen und dann ausfragen wollte. Die haben es irgendwie geschafft, eine relativ sichere Start- und Landeprozedur zu etablieren, um diese Anlage zu bauen und zu unterhalten; clever sind die Mistkerle ohne Zweifel.“
    Er wandte sich wieder Sun Cao zu, der ihm geduldig zuhörte, während der Pilot einen Systemcheck am Devilfish durchführte.
    ,,Als Sie hier aufgetaucht sind, müssen die es direkt mit der Angst zu tun bekommen und die Evakuierung eingeleitet haben; es ist nicht ungewöhnlich, dass Cerberus ganze Einrichtungen opfert, anstatt sie der Allianz in die Hände fallen zu lassen. Einer von denen ist in meine Zelle gekommen, um mich auszuschalten, war aber zu ungeschickt, um es tatsächlich fertig zu bringen. Ich konnte die Situation zu meinem Vorteil wenden und entkommen.“ Deschain zuckte mit den Schultern und hatte scheinbar nicht vor, näher auf das Schicksal des Pechvogels einzugehen, der ihn unfreiwilligerweise befreit hatte.
    ,,Konnten Sie herausfinden, was aus Tsakiris geworden ist, nachdem man Sie festgenommen hatte?“, fragte Sun Cao. Er wusste noch nicht, was er von diesem Deschain halten sollte, aber für ihn stand fest, dass er die Wahrheit sprach; abgesehen davon, dass alles an seiner Geschichte glaubhaft klang, sah er in Deschains Gesicht etwas, was ihn wissen ließ, dass der Agent nicht log.
    ,,Nein, aber entweder musste sie die Anlage mit den anderen Wissenschaftlern verlassen oder Cerberus hat herausgefunden, dass sie desertieren wollte; in diesem Fall können wir nicht darauf hoffen, je wieder von ihr zu hören“, antwortete Deschain mit resignierter Stimme. ,,Meine Mission war ein Fehlschlag und wenn das Flottenkommando nicht beschlossen hätte, Sie und ihre Truppe hier abzuwerfen, wäre ich wohl nicht mehr Heim gekehrt. Ich schulde Ihnen was, Major.“

    Sun Cao beugte sich vor und reichte Deschain die Hand.
    ,,Danken Sie Lieutenant Zhuge hier, der alles aus dieser Maschine herausgeholt und uns sicher raus gebracht hat“, erklärte er und nickte zu seinem Piloten herüber, der sich kurz umwandte und das Lob mit einem Lächeln quittierte.
    ,,Was mich angeht, Captain; ich bin froh, dass ich helfen konnte. Keine Ahnung, ob das Flottenkommando darüber im Bilde war, dass hier eine Geheimdienstmission läuft, aber einen Kampfeinsatz als Rettungsmission zu beenden halte ich für eine angenehme Abwechslung.“
    ,,Ich würde nicht davon ausgehen, Major; der Geheimdienst vergisst erstaunlich oft, andere Truppenteile über seine Aktivitäten zu unterrichten. Klassische Paranoia, würde ich sagen, eine Berufskrankheit in unserem Gewerbe“, erwiderte Deschain mit einem schiefen Grinsen und schüttelte den Kopf.
    ,,Aber egal ob geplant oder zufällig, Sie und Lieutenant Zhuge haben meinen Arsch gerettet. Ich würde mich freuen, wenn ich den Gefallen eines Tages erwidern könnte.“
    ,,Ich hoffe, dass das niemals nötig sein wird, wenn ich ehrlich bin. Ich werde aber gern darauf zurück kommen, falls nötig; kann nicht schaden, jemanden beim Geheimdienst zu kennen, nehme ich an“, nahm Sun Cao das Angebot an.
    ,,Es hat seine Vorteile“, versprach Deschain und legte ein Grinsen auf, das alles oder nichts bedeuten mochte.
    Quote Originally Posted by BlackShial View Post
    Khardim ist unser Äquivalent für Brüste oder eben Hintern.
    Schön anzusehen und man denkt gern daran
    Khardim is offline

  2. #2 Reply With Quote
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    Man würde vermutlich nie herausfinden, ob sich die Bräuche der Ratsvölker einander angenähert hatten oder ob eine höhere, ihnen alle unbekannte Macht dafür gesorgt hatte, dass jede Form von intelligentem Leben irgendwann damit begann, formelle Festivitäten abzuhalten, bei denen es mehr um Sehen und Gesehen werden ging, als um echte Gemeinschaft oder gar Spaß. Ungeachtet dieses soziologischen Mysteriums machte diese Ähnlichkeit es natürlich deutlich leichter, gemeinsam besagte Festivitäten zu planen und auch durchzuführen, ohne das ein Fauxpas den nächsten jagte; hinsichtlich dieser Gefahr verwunderte es kaum, dass Kroganer nach wie vor zu den unterrepräsentierten Spezies auf Bällen und Empfängen zählten, zumal die Aufstände nach den Rachni-Kriegen nach wie vor ein beliebter Vorwand waren, um besagtes Fehlen zu begründen.
    Von allen Spezies waren es natürlich die Asari, die Ältesten und Edelsten unter den Völkern, welche die glamourösesten Feste zu geben pflegten: Ungeachtet des Tatsache, dass sich mehrere Jahrhunderte Vorsprung bei der Ausarbeitung und Verfeinerung von Etikette hatten, lag es ihnen wohl auch einfach am meisten am Herzen, neben allen Formen der Kultur auch die des Feierns zur Vollendung zu bringen. Es mochte sein, dass ein Mensch oder Turianer den Feiern der Asari nicht viel abgewinnen konnte und die Feste des eigenen Volkes bevorzugte, aber es kam praktisch nie vor, dass jemand behauptete, die Party einer Asari wäre nicht gut durchdacht und organisiert. Nicht umsonst konnten Wedding-Planer in den gehobenen Sphären von Thessia für eine Hochzeit allein ein Salär verlangen, das so mancher Salarianer in seinem ganzen Leben nicht verdiente.

    Trotz des Wissens um die über Jahrtausende gepflegte und verfeinerte Kunst der Asari, Feste zu geben, konnte Colonel Sun Cao es sich einige Male nur knapp verkneifen, mit offenem Mund zu staunen, während er, gemeinsam mit anderen geladenen Allianz-Militärs, über die festlich geschmückte Plaza flanierte, welche Ratsherrin Tevos anlässlich des Festes der Göttin Athame in ein wahres Varieté an Lustbarkeiten verwandelt hatte (beziehungsweise hatte verwandeln lassen; es war kaum davon auszugehen, dass sie selbst beim Aufhängen der Lichterketten geholfen hatte).
    Wie von einer Schwarmintelligenz gesteuert umschwirrten dienstbare Kellnerinnen ihr Grüppchen und füllten, fast unbemerkt, Getränke auf ohne das jemand auch nur einen Wunsch äußern musste. Die Luft war erfüllt von einem überirdischen Glanz, der entsprechend veranlagte Geister vermutlich tatsächlich zur Annahme bringen konnte, dass ein höheres Wesen des Abend mit seiner Anwesenheit segnete. Die kunstvolle (und natürlich live gespielte) Musik unterstrich dieses Gefühl meisterhaft; die Künstlerinnen, die neben ihrem Talent mit Instrument und Gesang selbstverständlich auch fabelhaftes Aussehen und tänzerisches Können vorweisen konnten, zogen zahlreiche Gäste mit ihrer Performance in ihren Bann.
    ,,Schon fast zu schön, um wahr zu sein, oder?“ Vizeadmiral Vasquez hatte ihre Frage scheinbar an niemanden Spezielles gerichtet und ließ ihren Blick über die bunte Szenerie schweifen, während sich ihr Grüppchen durch die Wogen der Feiernden bewegte.
    ,,Man könnte glatt auf die Idee kommen, sich selbst zur Gottheit zu erklären, einfach um sich derart opulent feiern zu lassen“, stimmt Sun Cao mit einem angedeuteten Grinsen an und deutete auf die überlebensgroße Statue der Göttin im Zentrum des Plaza, zu deren Füßen ein scheinbar nicht abreißender Strom von Gläubigen symbolische Gaben niederlegte.
    ,,Mir war so, als hätte der Vorsitzende Mao das seinerzeit versucht, aber dann doch auf etwas andere Art Eingang in die Geschichtsschreibung gefunden“, stichelte Vasquez zurück und schaute mit leicht schief gelegtem Kopf zu Sun Cao hoch, so als wolle sie seine Reaktion beobachten.
    ,,Das hängt sehr davon ab, welche Geschichtsbücher man ließt, würde ich sagen“, gab er mit einem Schmunzeln zurück, während eine Gruppe von Stelzentänzerinnen sie mit wehenden Gewändern umringte und in einen Strudel aus Farben und Glitzer zog.
    ,,So unterschiedlich die einzelnen Völker der Erde auch seinen mögen, inzwischen haben wir uns doch überwiegend die Hände in Freundschaft gereicht und streben als Teil der Allianz dem Wohl unserer gesamten Zivilisation entgegen, nicht wahr?“, schob er nach, als der walking act sie passiert hatte.
    ,,Schön gesagt, Cao. Und absolut richtig! Der nächste Schritt wird sein, den Freundeskreis zu vergrößern und die Völker der Milchstraße mit hineinzunehmen. Ob das nach der Zielsetzung des Vorsitzenden Maos oder nach Matthäus 28 Vers 19 geschieht, soll mir egal sein“, erklärte Vasquez mit einem entschlossenen Nicken und deutete dann in Richtung eines Pavillons, der auch als seidener Palast hätte bezeichnet werden können
    ,,Deswegen wird es jetzt auch Zeit, dass wir der Ratsherrin unsere Aufwartung machen. Die Asari stehen uns Menschen mit Abstand am wohlwollendsten gegenüber und ich möchte jede Gelegenheit nutzen, um dafür zu sorgen, dass das so bleibt.“

    Sie steuerten die in Pastellfarben geschmückte kleine Stadt aus Stoff an, in der Ratsherrin Tevos die Gäste begrüßte und mit allen kurz belanglosen Smalltalk als Geste des guten Willens austauschte. Im Vorbeigehen erkannte Sun Cao Samuel Keaton, einen selbsternannten Philanthropen und Befürworter der menschlichen Integration in die galaktische Gesellschaft, der sich vor einigen Monaten auf der Abschussliste von Cerberus wiedergefunden hatte. Unbemerkt schoss Sun Cao ein Foto mit seinem OmniTool und fügte die Nachricht „Scheint weiterhin gesund und munter zu sein an, bevor er Frank Deschain als Empfänger auswählte und das Foto verschickte.
    Deschain war seinerzeit damit beauftragt worden, den Mord an Keaton zu verhindern und die verantwortliche Cerberus-Zelle aufzudecken. Nach schier endlosen Wochen, in denen er Keaton auf zahllosen öden Benefizveranstaltungen und Ausstellungen beschatten und überwachen musste, hatte sich herausgestellt, dass es sich um eine Falschinformation handelte; Deschain bezeichnete diese Episode regelmäßig als die nervtötendste seines Lebens, sogar noch vor der Phase, in der seine älteste Tochter tagein tagaus New-Emo-Core gehört hatte.

    Nachdem er seinem alten Weggefährten den digitalen Seitenhieb geschickt hatte, fokussierte sich Sun Cao wieder auf das Hier und Jetzt; für die Allianz an der Feierlichkeit der Ratsherrin teilnehmen zu können war ebenso Privileg wie Gelegenheit für ihn, seinen Ruf aus Brückenbauer zu festigen. Panzer wurden und würden auch weiterhin benötigt werden, um Kolonien und andere Projekte der Allianz zu schützen, aber wahre Stabilität und Sicherheit war nur durch feste Verbindungen zu den anderen Völkern der Milchstraße möglich. Sun Cao war froh, Gleichgesinnte wie Vizeadmiral Vasquez gefunden zu haben, doch würde es gewiss nicht schaden, den heutigen Abend auch dafür zu nutzen, die Aufmerksamkeit der galaktischen Gesellschaft für sich selbst zu gewinnen.
    Gemeinsam mit Vasquez und den anderen Generälen und Stabsoffizieren stieg er die leichte Erhebung zum Pavillon der Ratsherrin hinauf.

    *

    Die Festivitäten hielten bis weit in die frühen Morgenstunden hinein an und auch wenn der offizielle Teil längst beendet und die höchsten Würdenträger in ihre Betten oder an Konferenztische verschwunden waren, trieben sich weiterhin zahlreiche, oft mehr als nur leicht angetrunkene Feiernde auf dem Gelände herum und ließen das Fest langsam ausklingen. Ordnerinnen gingen zwischen den Zelten und Buden umher und forderten jene, die ihr Verfallsdatum bereits überschritten hatten, mit gebotenem Nachdruck auf, den Heimweg anzutreten.

    Sun Cao saß mit gelockertem Uniformkragen an einer der langen Tafeln, die überall auf der Plaza aufgestellt worden waren und zum Verweilen einluden. Nachdem das Gespräch mit der Ratsherrin kurz, aber herzlich verlaufen war, hatten er und die anderen Militärs beschlossen, noch eine Weile zu bleiben, um ohne Dienstauftrag dem Müßiggang und den Feierlichkeiten zu frönen. Über den Abend hatte sich das Grüppchen dann nach und nach aufgelöst, zeitweise Zuwachs bekommen und dann auch diesen wieder verloren, sodass sich Sun Cao schlussendlich in einem Zwiegespräch mit einer Asari vom diplomatischen Korps wiedergefunden hatte, die zwar eindeutig etwas über den Durst getrunken, aber dennoch eine interessante und vielschichtige Gesprächspartnerin abgegeben hatte. Nachdem diese sich dann, scheinbar in einem klaren Moment, verabschiedet hatte, blieb Sun Cao allein am Tisch zurück und ließ seine Augen über den sich leerenden Festplatz schweifen. Er wusste nicht, weswegen er so lange geblieben war, aber es hätte sich für ihn falsch angefühlt, früher zu gehen. Vielleicht lag es an der Einsamkeit seines Apartments, das die Allianz ihm zur Verfügung gestellt hatte, vielleicht aber auch einfach an den köstlichen Häppchen, vor denen man sich auf der Feier kaum retten konnte.

    Während er den Abend vor seinem geistigen Auge Revue passieren und seine Gedanken schweifen ließ, merkte er auf einmal, wie jemand von hinten an ihn herantrat. Er hatte keine Schritte gehört oder ein Räuspern vernommen, aber dennoch hatte sich eine Präsenz bemerkbar gemacht, zu der er sich instinktiv umdrehte.
    Hinter ihm stand eine, selbst für ihr Volk, hochgewachsene Turianerin, die aus hellen Augen auf ihn herab blickte. Sun Cao konnte den Ausdruck auf ihrem bleigrauen Gesicht nicht deuten, aber ihre durchgedrückter Rücken und die dahinter verschränkten Hände ließen sie streng wirken.
    ,,Commander Sun?“, sprach sie ihn an; ihre Stimme deutlich leiser und feiner, als ihre Erscheinung vermuten ließen.
    Sun Cao stand auf und deutete eine Verbeugung an; die Turianerin überragte ihn um fast zwei Köpfe.
    ,,Inzwischen Colonel, aber der Name stimmt. Was kann ich für Sie tun?“
    Auf den schmalen Lippen der Frau tauchte ein kurzes Lächeln auf, während dessen sie die Augen kurz niederschlug, bevor sie antwortete:
    ,,Sie haben bereits sehr viel für mich getan, auch wenn Sie mich vermutlich nicht kennen, Colonel. Sagt Ihnen der Name Datrius Vetras etwas?“
    Der Name ließ Bilder aus Sun Caos Erinnerung auftauchen, die so eindringlich waren, als hätte er sie erst gestern gesehen. Er nickte mit ernster Miene.
    ,,Ich habe ihn als General Vetras kennen gelernt. Wir haben gemeinsam am“ er räusperte sich und schluckte den bei der Allianz gebräuchlichen Begriff für das Debakel herunter und nutzte dann stattdessen die offiziell gängige Bezeichnung ,,Manöver auf Invictus teilgenommen.“
    Ein Leuchten erschien in den Augen der Turianerin, die Sun Cao auf vielleicht knapp 30 schätzte. ,,Ihren Anstand in allen Ehren, Colonel, aber sie müssen vor mir nichts beschönigen: Was als gemeinsame Militärübung gedacht war und die Animositäten zwischen unseren Völkern beilegen sollte, war doch im Endeffekt eine absolute Katastrophe. Nicht zuletzt, weil General Vetras alles daran setzte, Sie und Ihren Verband, entschuldigen Sie, falls ich den Ausdruck falsch verwenden sollte: In die Pfanne zu hauen, oder?“
    [Sun Cao verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Wenn Sie so viel über mich und meine Vergangenheit mit General Vetras wissen, wieso wollten Sie wissen, ob mir sein Name etwas sagt? Sie können sich doch gewiss vorstellen, dass ich nicht vergessen würde, was auf Invictus geschehen ist“
    Die Turianerin hob beschwichtigend die Hände und senkte in einer Geste der Demut kurz den Blick. ,,Bitte verzeihen Sie, Colonel; ich habe das Gespräch vielleicht falsch begonnen. Es ist nur so, dass … nein, anders:“

    Sie hob den Blick und schaute Sun Cao direkt in die Augen. ,, Ich bin Nitara Vetras, eine Nichte von General Datrius Vetras. Wie sich sich gewiss erinnern, war mein Onkel durch seinen Einsatz beim Zwischenfall an Relay 314 ihrer Spezies alles andere als wohlwollend gegenüber eingestellt. Auch wenn es aus den Berichten vom Manöver auf Invictus nicht eindeutig hervorgeht, bin ich mir sicher, dass er Ihnen und ihren Leuten das während des gemeinsamen Einsatzes bei jeder Gelegenheit gezeigt hat.“
    Sun Cao nickte wortlos. Die auf Invictus weit verbreiteten kriminellen Elemente hatten damals, angeblich auf eigene Faust, mutmaßlich jedoch auf Anstiftung durch die turianische Hierarchie, beschlossen das gemeinsame Manöver zu stören und einen Hinterhalt vorbereitet. Einen Hinterhalt, um den Vetras, wenn er wie behauptet tatsächlich die Aufmarschzone vorab hatte erkunden lassen, hätte wissen und den er an seine „verbündeten“ Streitkräfte von der Allianz hätte weitergeben müssen. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass ihm am erfolgreichen Abschluss des Manövers tatsächlich mehr gelegen war, als an einer Demütigung der menschlichen Streitkräfte, die vollkommen unvorbereitet in eine Falle getappt waren und deren einziger Beitrag zum Manöver so leider ein leidlich geordneter Rückzug hinter die turianischen Reihen gewesen war.

    ,,Auch wenn Sie schweigen, Colonel, spricht Ihr Gesicht Bände. Sie können mir glauben, ich habe da eine gewisse Expertise“, gab Vetras’ Nichte zurück, nachdem er auf ihre Mutmaßung nichts weiter entgegnet hatte.
    ,,Der Grund aus dem ich Ihnen das alles erzähle, ist folgender: Es war nicht sofort zu bemerken, aber das Manöver hat auch bei meinem Onkel Spuren hinterlassen.“ Sie zögerte kurz, so als sei sie am Ende des Scripts angekommen, dass sie sich im Geiste für dieses Gespräch zurecht gelegt hatte.
    ,,Ich kann nicht genau den Finger drauf legen, aber irgendwann änderte sich die Art, in der er über des Geschehene sprach; sie werden sich nicht wundern, dass er zunächst verbittert darüber war, dass Sie und ihre Einheit nicht noch stärker bluten mussten.
    Sie seufzte und kniff die Augen zusammen, als hätte sie etwas gestochen.
    ,,Sie müssen wissen, dass ich schon immer sehr aufmerksam gewesen bin, was seine Äußerungen anging. Seit meiner Kindheit war ich von allen Völkern der Milchstraße fasziniert und wollte schon immer mehr über sie lernen und mit ihnen in Kontakt treten. Wie sie sich gewiss denken können, stieß dieser Wunsch auf wenig Gegenliebe bei meinem Onkel und ich könnte Ihnen von zahllosen Auseinandersetzungen berichten, die wir über dieses Thema ausgetragen haben. Aber egal, zurück zu Ihnen und Ihrer Begegnung mit ihm: Eines Tages hat mein Onkel, als wir Freunde der Familie zu Besuch hatten und sich das Tischgespräch um die Abenteuer drehte, die dieser oder jener Bekannte beim Militär erlebt hatte, aus heiterem Himmel angefangen, von Invictus zu berichten. Doch anstatt wie üblich über dieses desorganisierte Häuflein von Menschen herzuziehen, die blindlings in den Hinterhalt von Strauchdieben gestolpert sind, erzählte er von dem Mut und der Standfestigkeit der Allianzeinheit und ihres kommandierenden Offiziers, einem gewissen Sun Cao. Er hat die Story dann noch mit ein paar Nebensträngen ausgeschmückt, die ich vorher noch nie gehört hatte; zum Beispiel seien seine Leute den Ihren entgegengekommen, um den Rückzug zu decken, aber darum geht es nicht wirklich. Entscheidend war, dass er Ihnen und Ihren Leuten auf einmal, nach all den Jahren, Respekt zollte!“
    Sie schnaubte kurz verwundert, nachdem sie das Ende ihres Berichtes erreicht hatte, so als könnte sie immer noch nicht glauben, was geschehen war. Sun Cao konnte sie sich lebhaft als Teenagerin am gedeckten Familientisch vorstellen, die mit offen stehendem Mund Zeugin wurde, wie ihr xenophober Onkel auf einmal eine Seite zeigte, die sie ihm nie zugetraut hätte. Er selbst hatte seine Schwierigkeiten damit, sich die Szene vorzustellen, da seine Erinnerung an Vetras derart mit Schmerz und Demütigung verbunden war, dass sein Innerstes kaum zulassen wollte, ihn mit anderen Gefühlen als Zorn und Verachtung zu bedenken.

    ,,Es freut mich zu hören, dass General Vetras seine Meinung über uns Menschen noch ändern konnte“, gab er dennoch höflich zurück und verneigte sich vor der Nichte des alten Generals.
    ,,Ich hoffe, dass er sich weiterhin guter Gesundheit erfreut und im Feld weitere Gelegenheiten erhält, der Hierarchie zu dienen.“
    Nitara Vetras schluckte hörbar und unterdrückte ein Schluchzen. ,,Mein Onkel ist bereits seit mehreren Jahren tot“, antwortete sie leise, nachdem sie ihre Stimme wieder unter Kontrolle hatte. ,,Wir hatten … bevor er ging hatten wir einige Gespräche, durch die wir unsere Differenzen beilegen konnten. Er hat … in seinem Testament war festgehalten, dass die Mittel für mein Studium aus seinem Vermögen bezahlt werden sollten. Ich hatte ihm erzählt, dass ich davon träume, die Völker der Galaxie besser kennen zu lernen und gern bei ihnen leben und lernen würde. Er hat … „ Erneut unterbrach ein Schluchzen ihre Erzählung und Nitara begrub ihr Gesicht in ihren Händen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte. Als sie ihren Kopf wieder hob, war ein sanftes Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen.

    ,,Vor Ihnen steht eine der wenigen turianischen Xenopsychologinnen, die ihr Wissen nicht nur aus Büchern haben. Studium auf Palaven, Sur’Kesh, Thessia und nicht zuletzt der Erde; alles bezahlt von einem Xenophobiker, der erst zum Ende seines Lebens etwas in einem Fremden gesehen hat, das ihn veränderte"
    Sun Cao spürte seinen Hals enger werden; mit einer derartigen Begegnung und einem derartigen Bericht hatte er nicht gerechnet.
    ,,Miss Vetras, Sie ehren mich ungemein durch Ihre Geschichte und ihr Vertrauen, ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll“, gestand er betreten ein und spürte eine Vielzahl widerstreitender Gefühle in seiner Magengegend.
    ,,Sie brauchen nichts zu sagen oder zu tun, Colonel. Wie ich bereits sagte, Sie haben schon sehr viel für mich und, so denke ich zumindest, auch für meinen Onkel getan. Ich wollte Sie einfach wissen lassen, dass die Begegnung mit Ihnen etwas in ihm ausgelöst hat, was mein ganzes Leben verändert und mich in die Lage versetzt hat, meinen Traum zu verwirklichen.“
    Sie lächelte sanft und verbeugte sich vor ihm.
    ,,Colonel Sun, ich würde mich sehr freuen, wenn ich Ihnen meine Daten geben dürfte und wir miteinander in Kontakt blieben. Ich habe gelesen, dass sie auch viel Wert auf das Verständnis zwischen des Spezies legen und vielleicht ergibt sich einmal die Möglichkeit, dass eine Psychologin den Gefallen erwidern kann, den Sie ihr unwissentlich getan haben.“
    Sun Cao erwiderte die Verbeugung und aktivierte sein OmniTool, um die Kontaktdaten entgegenzunehmen. ,,Es wäre mir eine Ehre, das Andenken Ihres Onkels dadurch zu ehren, gemeinsam mit seiner Nichte dafür zu sorgen, dass unsere Völker einander besser verstehen und gemeinsam friedlich leben“, gab er höflich, vielleicht sogar etwas formelhaft zurück; er wusste nicht wieso er diese Worte gewählt hatte, aber sie erschienen angesichts der Geschichte, die Nitara Vetras ihm soeben erzählt hatte, angemessen.

    Quote Originally Posted by BlackShial View Post
    Khardim ist unser Äquivalent für Brüste oder eben Hintern.
    Schön anzusehen und man denkt gern daran
    Khardim is offline Last edited by Khardim; 04.10.2023 at 15:51.

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    Die Stille auf den Fluren des Stabsbereiches stellte einen krassen, fast schmerzhaften Kontrast zur ausgelassenen Stimmung auf der Party dar, die sich der Beförderungszeremonie angeschlossen hatte. Mit einem leichten Fiepen in beiden Ohren und einem luftigen, aber auch unsicheren Gefühl bei jedem Schritt, ging Sun Cao den leeren Gang hinab, auf dem zu dieser späten Stunde längst niemand mehr anzutreffen war. Eine Raumstation schlief nie wirklich, schon gar nicht eine von den Ausmaßen der Arcturus-Station, doch auch hier gab es Ruhezeiten und auch wenn er und die anderen Beförderten unten im Saal ihr Bestes getan hatten, um die Nacht zum Tag zu machen, war die Stabsstelle verwaist und still wie ein Grab.
    Der frisch beförderte Brigadegeneral wusste zwar genau, weswegen er zu dieser Stunde hierher gekommen war, doch wäre es ihm vermutlich schwer gefallen, seinen Plan logisch zu erklären, wenn ihn denn jemand danach gefragt hätte; eine innere Unruhe trieb ihn zu diesem Unterfangen und auch wenn er sich sicher war, dass er damit niemandem Schaden zufügen würden (außer vielleicht sich selbst), so war ihm doch gleichzeitig, zumindest unterbewusst, völlig klar, dass es sich um eine reine Zeitverschwendung handeln musste.

    Der Glanz auf den Knöpfen seiner Paradeuniform spiegelte sich in der polierten Glastür zu seinem Büro, die auf Befehl lautlos aufglitt. Er betrat, vielleicht zum letzten Mal, den Raum aus dem heraus er in den letzten Jahren gewirkt und geschaltet hatte; das Basiscamp seiner Expedition gen Gipfel, in Richtung von Positionen und Verantwortungen, die es ihm hoffentlich erlauben würden, die Allianz immer mehr zu dem werden zu lassen, wovon er träumte: Einem festen Eckstein im Fundament der galaktischen Gesellschaft.
    Langsam und auch ein wenig melancholisch durchschritt er sein Büro, vorbei am Holoprojektor, über den er an zahllosen Konferenzen teilgenommen hatte und atmete die reglose, stille Luft. Sein neuer Dienstgrad war mit der Leitung der Stabsstelle und somit einem neuen Büro verbunden, doch er wusste, dass ihm diese vier Wände für immer in Erinnerung bleiben würden. Er setzte sich auf das schmale Sofa vor dem Panoramafenster, das vertraute Knarzen unter seinem Gesäß klang wie die Begrüßung eines treuen Haustiers, das über die Rückkehr des Herrchens jubelte. Wie oft war er hier mit dem Blick in die Leere des Alls in den Schlaf gesunken, während er nachgedacht und Pläne geschmiedet hatte?
    Auf dem Beistelltisch neben dem Sofa hatte sich ein Stapel aus Grußkarten und ausgedruckten Mails mit vergleichbarem Inhalt angehäuft; seit bekannt geworden war, dass er befördert werden würde, hatten sich viele Freunde und Bekannte die Zeit genommen, ihm ein paar Zeilen zu schreiben. Besonders hervor stach der Brief von Nitara Vetras: Die Turianerin hatte vor mehreren Monaten darauf bestanden, dass sie ihre regelmäßige Korrespondenz auf Papier führten, um die Erfahrung einer Brieffreundschaft machen zu können; ein Konzept von dem die Xenopsychologin mehr als fasziniert war, vor allem seit sie sich vor kurzem die Kunst des Papierschöpfens angeeignet hatte und Sun Caos Briefe nun auf selbstgemachtem Papier beantwortete. Das Kunstwerk, welches der Brief sowohl in Machart als auch Inhalt darstellte, ließ die schlichte Karte, die Sun Cao von seiner Frau und seinen Kindern bekommen hatte, geradezu blass erscheinen. Er nahm sie erneut zur Hand, im Unterschied zu den meisten Nachrichten, hatte er sie bisher nur einmal gelesen und dann beiseite gelegt.
    Alle drei hatten ein paar handgeschriebene Worte gefunden, Sun Bos Handschrift hatte sich sichtbar verbessert. Er überlegte wann er seine Tochter, seine Familie generell das letzte Mal in Fleisch und Blut gesehen hatte. Li Yen war in ihrer Karriere ebenso eingebunden wie er, wenn nicht sogar noch mehr und seit auch Sun Bo das Internat besuchte, auf das schon ihr Bruder ging, war es selten geworden, dass sie zu viert an einem Tisch saßen. Sun Cao legte die Karte wieder hin und merkte förmlich, wie die Worte darin bereits wieder aus seinem Gedächtnis verschwanden.
    Er seufzte und schüttelte den Kopf. Mit geschlossenen Augen saß er dort und versuchte des Gefühls habhaft zu werden, dass ihn schon den ganzen Abend über umtrieb, auch wenn er wusste, dass es vermutlich nichts anderes war als der Fluchtinstinkt seines Gehirns, das sich nicht dem stellen wollte, weswegen er wirklich zu dieser späten Stunde hergekommen war.

    Sun Cao atmete lange und langsam aus; kein Zweck, weiter hinauszuzögern, was es zu tun galt. Ein Teil von ihm wollte das Gespräch führen, aber just in diesem Augenblick fühlte es sich wie ein sehr kleiner Teil von ihm an. Er stand auf, straffte sich und trat zum Holoprojektor. Seine Finger wählten die Kontaktdaten der Seniorenresidenz und die direkte Durchwahl, die er nur bekommen hatte, weil er sich mit der Leiterin der Einrichtung gut gestellt hatte.
    Während die Verbindung aufgebaut wurde, spielte das Gerät aufdringlich unaufdringliche Musik, die ebenso gut von einer Maschine geschrieben worden sein konnte, wie von einem Menschen. Sun Cao spürte seine Füße unruhig über den Boden scharren und er unterdrückte den Drang, seine Hände zu kneten.
    Ohne Vorwarnung kam die Verbindung zu Stande und auf dem Projektionsportal tauchte das blau leuchtende Abbild von seinem Urgroßvater Sun Jian auf, der mit einer karierten Decke über dem Schoß in einem Sessel saß.

    ,,Sun Cao? Bist Du das?“, knarrte der Alte mit einer Stimme, die vor Jahrzehnten einmal ganze Bataillone in Habachtstellung versetzt hatte. Sun Cao verkniff sich ein Seufzen; er erkannte sofort, dass Sun Jian einen Spaß mit ihm treiben wollte, schließlich war ihm angezeigt worden, von wem der Anruf kam, bevor er angenommen hatte.
    ,,Jawohl, General Sun, ich bin es“, gab er pflichtschuldig zurück. Es hatte keinen Sinn, gegen die Eigenheiten des alten Veteranen anzukämpfen, schließlich waren die meisten seiner Marotten älter als seine Urenkel- oder gar Enkelkinder.
    ,,Ah ja, sieh an. Hätte Dich kaum erkannt in dem Kostüm, das sich bei Euch Uniform schimpft. Was gibt es?“
    ,,Genosse General, ich habe Sie angerufen um über die Unternehmungen zu berichten, mit denen Ihr Urenkel versucht hat, das Ansehen unserer Familie zu … „
    ,,Ja, ja, genau, ich erinnere mich. Der Kindergarten in dem Du arbeitest hat Dich zum Obererzieher berufen, ich hörte davon. Schön, schön, ja. Bist Du stolz auf Dich?“
    Sun Cao stutzte. Das sein Urgroßvater jede Gelegenheit nutzen würde, um über die Allianz zu lästern hatte er erwartet, dass er ihn nach seinen Gefühlen befragen würde, überhaupt nicht.
    ,,Ich … Genosse General, Ihr Urenkel hofft einfach, mit seinen Taten dem ruhmreichen Namen Sun gerecht geworden zu sein“, brachte er stockend hervor und verbeugte sich vor dem Hologramm. Den Blick zu Boden gerichtet schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis der Greis ihm antwortete:
    ,,Was meine Ansicht zu so etwas angeht, brauche ich Dir ja nicht mehr zu erzählen. Schön für Dich, dass Du Dich jetzt auch General rufen lassen kannst, aber hast Du mal darüber nachgedacht, weswegen Dir dieser Lorbeerkranz aufgesetzt wurde?“
    Sun Caos Kiefer spannte sich spürbar; die Teile seiner Persönlichkeit, die dieses Gespräch nicht hatten führen wollen, erschienen auf einmal die weiseren gewesen zu sein.
    ,,Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mit Eure Gedanken zu diesem Sachverhalt mitteilen würdet, Genosse General“, murmelte er in die Dunkelheit seines Büros hinein, die nur durch das strahlende Abbild von Sun Jian etwas erhellt wurde.
    Der alte Luftwaffengeneral lachte ein straubtrockenes Lachen, die Decke auf seinen Knien verrutschte ein bisschen.
    ,,Ach je, Sun Cao; so hoch gestiegen und doch keinen Überblick. Ich habe nicht jedes Detail Deiner Laufbahn im Kopf, aber mir scheint es doch so, als wärst Du schon seit Jahren ein Bürohengst, der vom Schreibtisch aus führt. Und wen überhaupt führst Du denn? Glaubst Du, dass man für die Aufgaben, die Du erfüllst, einen General aus Dir machen würde?“
    Sun Jian schüttelte mitleidig den Kopf und Sun Cao ertappte sich kurz beim Wunsch, dass der Nacken seines Urgroßvaters unter der Beanspruchung einfach brechen möge.
    ,,Ich sage Dir, was Deine Kindergartenleitung sich gedacht hat: Der Sun Cao, der kommt gut bei den Aliens an. Die mögen den und wenn wir zeigen, dass wir solche wie den bei uns groß werden lassen, dann mögen die vielleicht auch uns und lassen uns bei ihrem Spiel mitspielen. Und deswegen hast Du jetzt etwas mehr Schmuck auf der Schulter, aber glaube bitte nicht, dass das einen General aus Dir macht, einen Anführer! Vor ein paar Jahren, als Du wenigstens noch selbst mit Deinen Panzern durch die Gegend gefahren bist, da hätten wir vielleicht darüber reden können, ob Du zum General taugst. Aber heute? Schau Dich an, Sun Cao: Bist Du ein General? Hast Du Deiner Familie Ehre gemacht mit dem, was Du tust?“
    Sun Cao hielt den Kopf gesenkt und strengte sich an, nicht zu schreien. Er nahm all seine Kraft zusammen, verbeugte sich noch tiefer und presste ein ,,Vielen Dank für Eure Einsicht, Genosse General“, hervor, bevor er die Verbindung mit einer Geste unterbrach.

    Regungslos verharrte er in der Stille des Raumes und ließ die widerstreitenden Gefühle in seiner Brust ihren Konflikt ausfechten, obwohl es sich so anfühlte, als würde er ihn zerreißen. Nach unendlich langen Augenblicken richtete er sich wieder auf, trat vom Podest und ging ein paar Schritte in seinem Büro auf und ab. Sein Verstand raste, Selbstvorwürfe wechselten sich mit Hassgedanken gegen seinen Urgroßvater ab und immer wieder tauchte die gehässige Frage in seinem Kopf auf, was er sich denn von diesem Gespräch bitte erhofft hätte. Er wusste es selbst nicht; wusste nicht einmal, ob es überhaupt einen Verlauf hätte nehmen können, der ihn zufrieden gestellt hätte. Die Vorstellung, dass ihm Sun Jian Anerkennung schenken würde, erschien ihm so surreal, dass er, sich wie so oft fragte, warum er so danach gierte.
    Er kam neben seinem Schreibtisch zu stehen, die Projektionsleisten der Holoschirme waren im Standby und gaben ein so schwaches goldenes Leuchten ab, dass nicht mehr als eine dünne Leiste aus Licht zwischen den Fugen der Tischplatte zu sehen war. Sun Cao stützte sich schwer auf den Tisch, ließ den Kopf hängen und seufzte. Er atmete tief ein und aus, versuchte Herr seiner Gedanken zu werden und fragte sich gleichzeitig, ob er dies je gewesen war.
    Ohne sich aufzurichten aktivierte er sein OmniTool und rief die favorisierten Kontakte auf.

    ,,Ja, Genosse General?“, meldete sich prompt Lieutenant von Bülow auf den Anruf, im Hintergrund hörte Sun Cao gedämpft die Musik der Party.
    ,,Lieutenant, sind Sie noch auf der Feier?“, fragte er trotzdem.
    ,,Jawohl.“
    ,,Kommen Sie in mein Büro“, ordnete er ohne weitere Erklärung an und beendete das Gespräch.

    Er richtete sich auf, strecke sich und drückte den Rücken durch. Sein Blick wanderte zu dem großen Schlachtengemälde, das über seinem Schreibtisch hing. War nur die Führung auf dem Schlachtfeld echte Führung? Er wandte sich ab und lehnte sich an seinen Schreibtisch, um zu warten.
    Es dauerte keine fünf Minuten, bis die Tür zu seinem Büro sich öffnete und Lieutenant von Bülow eintrat; Sun Cao fragte sich kurz, ob sie vielleicht sogar damit gerechnet hatte, noch von ihm gerufen zu werden.

    ,,Sie wollten mich sprechen, Genosse General?“
    ,,Wie läuft die Party unten?“, fragte er und klopfte mit den Fingern der rechten Hand auf der Tischplatte herum.
    Von Bülow zuckte mit den Schultern. ,,Tanzende Soldaten, Essen, Getränke. Alles normal soweit“, erklärte sie gleichgültig.
    ,,Und den Anlass der Feierlichkeit? Finden Sie den angemessen?“, hakte er nach. Er wusste, dass er ihr solche Fragen stellen konnte, er hatte sie nicht umsonst als seine persönliche Referentin berufen; von Bülow war die intelligenteste Person, die er kannte und eine begnadete Analystin. Mit ihrer Ausbildung und ihrem Verstand hätte sie spielend ein Vermögen in der Wirtschaft machen können, nur hatte sie das scheinbar nie gewollt. Sun Cao hatte sie nicht gefragt, warum sie zur Allianz gegangen war; sie arbeitete für ihn und machte sehr gute Arbeit, das reichte ihm.
    ,,Irgendwas müssen die Leute ja feiern, also warum keine Beförderung? In hundert Jahren sind wir alle tot und diese Party existiert bestenfalls noch in irgendwelchen Protokollen, also warum jetzt so viele Gedanken daran verschwenden?“, fragte sie mit einem erneuten Schulterzucken. Ihre Haltung hatte sich gelockert; sie schien bemerkt zu haben, dass es kein rein dienstliches Gespräch werden würde.
    Sun Cao seufzte und schüttelte mit einem ernüchterten Lächeln den Kopf; von Bülows Nonchalance war legendär und vermutlich war es einfach ihrem immensen IQ geschuldet, dass sie vielen Fragen und Sorgen gewöhnlicher Menschen mit einem gewissen Unverständnis begegnete. Es war ein Segen für die Menschheit, dass sie als Data Scientist und nicht bei einer Telefonseelsorge arbeitete.

    ,,Kann ich noch etwas für Sie tun, Genosse General?“, fragte sie, nachdem er einen Moment lang schweigend seinen Gedanken nachgehangen war. In ihrer Stimme lag ein neuer Unterton, der ihn vermuten ließ, dass sie nun entweder ahnte, warum er sie herbeizitiert hatte oder es schon die ganze Zeit gewusst hatte und es ihn nun wissen lassen wollte. Sie spielten regelmäßig dieses Spiel, das die Grenzen des Dienstverhältnisses regelmäßig kreuzte, nur um dann sogleich in dessen förmliche Bahnen zurück zu kehren.
    ,,Sind Sie mit meiner Beförderung einverstanden, Lieutenant? Denken Sie, dass das Flottenkommando damit eine gute Wahl getroffen hat?“, fragte er mit ernster Miene und betrachtete sie eingehend durch seine Brille hindurch.
    Ihre Augenbrauen schossen für einen Augenblick nach oben und gaben ihrem Gesicht einen fragenden Ausdruck, der jedoch sofort von einem Lächeln abgelöst wurde; einem wissenden Lächeln, das er sonst von einem Go-Spieler erwarten würde, der seinen Gegner durchschaut hatte.
    Mit langsamen, lässigen Schritten kam sie näher und stellte sich vor ihn; sie waren praktisch gleich groß und begegneten einander so, trotz des Rangunterschieds, zumindest körperlich auf Augenhöhe.

    ,,Wieso fragen Sie mich das, Genosse General?“, verlangte sie zu wissen, während ihre Augen sich in die seinen zu bohren begannen. Ihr Gesicht war ihm so nah, dass er ihren Atem auf seiner Haut spüren konnte. Ein wohlvertrautes Kribbeln arbeitete sich von Sun Caos Nacken den Rücken hinunter.
    ,,Ich schätze Ihre Meinung, wie Sie wissen“, gab er zurück und hielt ihrem Blick stand.
    ,,Aber wie soll jemand wie ich das beurteilen?“, fragte sie, das gewinnende Lächeln umspielte weiterhin ihre Lippen.
    ,,Ich habe noch nie direkt mit einem General gearbeitet. Das waren bisher immer weit entfernte Lichtgestalten, die selten die Muße hatten, in die Sphären der Normalsterblichen herabzusteigen“. Von Bülow beobachtete ihn genau, ihre Augen füllten sein ganzes Blickfeld aus.
    ,,Dann wird die Zeit wohl zeigen müssen, ob ich den Rang in Ihren Augen verdient habe, nicht wahr?“, mutmaßte er.
    Einen Moment lang standen sie dort und musterten einander, durchbohrten einander mit Blicken, während kein Laut zu hören war als das leise Rauschen der Lüftungsanlage.
    Sie kam ihm noch näher, reckte das Kinn vor. ,,Zeig Du es mir“

    Er packte sie an der Taille und zog sie zu sich, ein Seufzen entwich ihr, als sich angestaute Anspannung entlud und er sein Gesicht in ihren dunklen Haaren vergrub. Ihre Hände umschlossen seinen Nacken, zogen ihn zu ihr, als sie gemeinsam nach hinten gegen den Schreibtisch taumelten. Seine Hände wanderten nach unten, umfassten ihre Hüfte und hoben sie an. Zeitgleich fanden seine Lippen den Weg über ihr rechtes Schlüsselbein in ihr Dekolletee, das sich ihm entgegenreckte. Er wirbelte sie beide in einer schwungvollen Bewegung herum und setze sie auf der Tischplatte ab, ihr Atem ging schnell während er mit geschickten Händen ihre Uniformjacke und die darunter liegende Bluse öffnete.
    ,,Zumindest die Uniform steht Dir gut ...“, hauchte sie, als ihre Finger über die Abzeichen auf seiner Brust fuhren und sich dann ebenso an Knöpfen zu schaffen machten.
    Inmitten von raschelndem Stoff und wohligem Stöhnen schob sie ihre Hüfte vor und lehnte sich weit auf den Schreibtisch zurück, die auseinandergleitenden Säume ihre Jacke gaben den Blick auf makellos reine Haut frei. Sie zog ihn näher zu sich, ihre Beine umschlungen ihn, während sich ihre Hüfte hob und ihm entgegenkam. Er ließ seine Hand von ihrem Hals über die linke Brust bis hinab in ihre Leiste gleiten und zog sie zu sich, das Kribbeln das vorhin noch sacht seinen Rücken herabgekrochen war, erfasste nun seinen ganzen Körper.
    Sie fanden einander, ein sanftes Beben ging über von Bülows Körper; sie drückte ihr Kreuz durch und warf den Kopf in den Nacken. Ihre freie rechte Hand wanderte nach Halt suchend über den Tisch und fand ihn schließlich an dessen Kante, die andere blieb fest in seine Flanke gekrallt. Ihr Atem synchronisierte sich ebenso wie ihre Bewegungen, die einem immer schneller werdenden Rhythmus folgten. Er ließ seinen Blick über ihren vor sich ausgebreiteten Körper wandern, auf dem erste Schweißperlen auftauchten und fasste sie an den Oberschenkeln, um nicht den Halt zu verlieren; sie hatte die Augen geschlossen und gab sich immer mehr dem Moment hin. Das Crescendo erreichte seinen Höhepunkt, ein Plateau auf dem sie für ein paar unendliche Sekunden schwebten und innehielten. Sun Cao atmete lang und laut aus, sie schaute mit geweiteten Pupillen in sein Gesicht und lächelte ein Lächeln, das weniger wissend als raubtierhaft war, aber dadurch nur noch mehr Resonanz in ihm auslöste. Dann fasste er erneut unter ihre Hüfte, drehte sie um und legte sie bäuchlings auf den Tisch; vor sich eine wilde dunkelbraune Mähne, die perfekt die harmonischen Linien ihrer Hüfte, ihrer Taille und ihrer Schulter krönte. Erneut gaben sie sich einander hin und fanden einen neuen Rhythmus.

    *

    ,,Zufrieden?“, fragte er in einem brummenden Ton, der verriet, wie sehr er selbst es war.
    ,,Oui, mon Général“, antwortete sie in einem ähnlichen tiefen Tonfall, während sie auf seinem Schreibtischstuhl saß und ihm dabei zusah, wie er sich wieder anzog.
    Sun Cao grinste über die Floskel und knöpfte seine Uniformjacke zu. Mit einer angedeuteten Verbeugung reichte er ihr ihre Hose, die sie graziös entgegennahm und anzog.

    ,,Was steht nach dieser ersten Amtshandlung nun für den neuen Tag an, Genosse General?“ Von Bülows Stimme hatte wieder den sachlichen Klang angenommen, mit dem sie ins Büro gekommen war, aber ihn ihren Augen glühte noch ein Abglanz der geteilten Zeit.
    ,,Umzug ins neue Büro, Ansprache an die Stabsstelle und zahllose Unterschriften; das Übliche sozusagen. Ich nehme an, dass Sie das meiste bereits vorbereitet und in die Wege geleitet haben“, erklärte er sachlich und betonte den letzten Satz nicht als Frage; er wusste, dass es so war und sie wusste, dass er es wusste. Ein Ausdruck gegenseitigen Vertrauens, sozusagen.
    ,,Korrekt; zumindest was den Papierkram angeht, sollte alles bereit sein“, bestätigte sie trotzdem und strich ihre Ärmel glatt. Nachdem sie scheinbar mit dem Sitz ihrer Uniform zufrieden war, nahm sie Haltung an und salutierte:
    ,,Lieutenant von Bülow, melde mich ab.“
    Sun Cao erwiderte den Gruß; sie waren ins Dienstverhältnis zurückgekehrt.
    ,,Wegtreten, Lieutenant; wir sehen uns morgen früh zu Dienstbeginn. Schlafen Sie gut.“

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