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    Waldläufer Avatar von Naira
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Trelis - Showtime für die bunten Vögel ll

    Gislas Fidel kam wieder zum Einsatz und spielte eine ruhige Melodie. Danzo stand bei ihr mit seiner Trommel, um rhythmisch Naira anzukündigen.
    Diese trat langsam hinter den beiden Wagen in Erscheinung. Trug ein schwarzes Kleid, hatte die Lippen rot wie Feuer geschminkt und um ihre Augen Kajal verschmiert. Die Haare hoch gesteckt. Streng und erhaben.
    Verführerisch und ein wenig düster wirkte sie mit ihren Augen und der Mimik.

    Und genauso war ihr Auftreten begleitet von Gislas Fidel und Danzos leider nicht ganz im Takt spielender Trommel.
    Für Trelis einfache Leute genügte das, aber ein guter Barde würde daran keinen Gefallen finden und wohl eher Mitleid mit Naira haben, die versuchte sich elegant zur Melodie und den Trommelklängen zu bewegen.
    Sie sagte nichts, dirigierte aber auf der Bühne. Winkte theatralisch Bhor herbei und zeigte genau auf einen Punkt. Stampfte mit den Füssen auf und machte allen klar - es gab nur eine Herrin!
    Bhor kam zurück mit einer hölzernen Stellwand und verbeugte sich wie ein Diener, während Naira schon um die Stellwand ging und Chani herrisch her winkte.
    Die kam gespielt unterwürfig und verbeugte sich drei Mal, bevor Naira ihr auch einen unausgesprochenen Befehl erteilte.
    Momente später zog Chani eine Holzkiste herbei und mühte sich sie korrekt abzustellen. Naira scheuchte sie weg und blinkt dann in die Menge.
    Ihr Blick wurde finster, sie zeigte in die Menge und wählte eine junge Frau - nicht älter wie sie selbst. Die wurde angestarrt und erhob sich erst langsam, mit einem aufstampfen Nairas, dann deutlich schneller.
    Als sie bei Naira war, flüsterte sie ihr zu…
    “Das ist alles nur ein Spiel. Mach mit und hab keine Angst. Er wirft wirklich gut.”

    Dann packte sie die junge Frau und drückte eine Hand an die Stellwand, während das Getrommel intensiver wurde und sich auch die Melodie der Fidel änderte. Die band sie dann fest und tat dies auch mit der anderen Hand, sowie den Füssen, dank zweier Schnallen.
    Dann zeigte sie ganz ernst mahnend mit dem Finger auf die junge Frau und drehte sich zur Menge. Sie grinste auf, verschränkte die Arme, nickte bejahend und machte dann die Geste für Stop!

    Fidel und Trommel verklangen und Applaus erklang erst einmal. Naira verbeugte sich und als es dann still wurde, pfiff sie laut, um den nächsten Teil der Show zu beginnen.
    Eine Laute erklang. Fein die Töne und mit der Seele der südlichen Inseln.

    Aus den Schatten erschien Eskiel und trug schwarz wie Naira. Eine lederne Jacke und ein rotes Halstuch, sowie zwei Gurte mit Wurfmessern. Sein Blick wirkte verwegen und war hoch konzentriert. Wie ein Draufgänger, ein Bandit der mit allen Wassern gewaschen war erschien er auf der Bühne und die Lautenklänge untermalten dies noch.
    Er verbeugte sich vor der Menge und bekam Applaus. Dann blickte er zu Naira und sie hob das Haupt und präsentierte Eskiel sein Ziel.
    Der trat näher, beäugte die Frau professionell und prüfte, ob alles fest geschnallt war. Dann blickte er in die Menge und gab ihnen das Zeichen, dass er beginnen würde.
    Applaus erklang und Eskiel ging Schritte für die Entfernung ab, während Bhor mit seiner Laute die Spannung langsam aufbaute.
    Naira zeigte drei Finger und drehte sich zur Menge. Danzo begann zu trommeln und auf Nairas Zeichen hin stoppte er.

    Eskiel ging blitzschnell an beide Waffengurte, zog jeweils ein Wurfmesser und warf zuerst das in der rechten Hand, dann das in der linken Hand, bevor er mit Rechts ein weiteres Wurfmesser warf.
    Drei Mal schlugen die schmalen Messer ein und keines hatte die junge Frau erwischt. Eins war über ihr zwei rechts neben ihr eingeschlagen.
    Die Menge applaudierte und Eskiel verneigte sich, ehe er zu Lautenklängen zur Holzkiste schritt und zwei Wurfbeile griff.

    Er nahm noch größeren Abstand wie bei den Wurfmessern und Naira stimmte das Klatschen der Menge an, während Danzo wieder trommelte. Eskiel nahm Ziel und warf das erste Beil mit großer Kraft und Tempo nach der jungen Frau. Die kreischte kurz auf und dann schlug schon das Beil in das Holz neben ihr ein. Sie hatte noch nicht einmal die Augen wirklich geöffnet, da schlug das zweite Beil auf der anderen Seite neben ihr ein.
    Applaus für den Wagemut beider erklang und Eskiel erlöste das arme Ding.
    Er fragte kurz nach ihrem Namen und schenkte ihr dann als Belohnung eines seiner guten Wurfmesser.
    “Applaus für die tapfere Annita Butterblum!”, rief er in die Menge und beide verneigten sich vor dem applaudierenden Publikum.

    Dann zeigte Eskiel auf Naira und machte große Augen. Sie machte die ebenso und verschränkte die Arme. Eskiel erhob den Zeigefinger und drohte mit den Wurfmessern.
    Naira zuckte mit den Schultern und besah sich die Fingernägel. Eskiel pfiff dann den Lautenspieler an und gebot durch eine Geste was Großes zu holen. Er machte einen großen Kreis mit den Armen und machte klar, dass er genau hin gucken würde. Dann wollte er Bhors Laute und nahm sie ihm einfach ab, als Bhor protestierte. Dann klimperte er da drauf wie ein Mann, der sich das leichter vorgestellt hatte.
    Er scheute nicht davor Naira damit Blicke zuzuwerfen und um sie mit der Laute zu schreiten.
    Die Menge liebte so Spielchen und Naira machte mit, indem sie ihn ignorierte wie einen unwürdigen Prinzen der um ihre Gunst warb. Bhor brachte indes das, was Eskiel wollte. Ein Wagenrad, das mit Brettern verziert und bemalt war. Dafür gedacht, jemanden an die Speichen fest zu binden.
    Aufgebockt auf einen schweren Holzkonstrukt, zeigte Eskiel gleich, was es machen sollte. Es drehte sich im Uhrzeigersinn und klackerte leicht. Dann hielt er es an und winkte Bhor wie auch Chani zu sich. Er zeigte auf Naira, die so völlig erstaunt über diese Dreistigkeit zu sein schien.

    Sie protestierte gestenreich, während sich ihre Dienerschaft gegen sie wandte. Eskiel gebot ihnen dann kurz vor Zugriff Einhalt, verbeugte sich höflichst und zeigte auf das Rad. Naira schüttelte den Kopf und war kurz davor zu gehen, da kam Gelächter auf, weil alle Drei sie als feiges Hühnchen darstellten.

    Natürlich ließ sie sich das nicht gefallen und trat energisch vor das Rad. Eskiel und Chani banden sie an den Beinen, Armen und um die Hüfte mit Lederriemen fest und das Spektakel sollte beginnen. Bhor begann mit der Laute leise aufzuspielen und eine Stimmung aus Spannung und Anspannung zu erzeugen.

    Chani assistierte nun als rachsüchtige, verwegene Dienerin und lachte dreckig auf, als sie dem Maestro ein Fleischerbeil reichte und sich wünschte, dass er es Naira direkt zwischen die Augen wirft.
    Eskiel verbeugte sich vor Naira und nahm Ziel.

    Niemand konnte zum Glück ihren Puls spüren, denn der raste hoch, als Chani das Rad zum rotieren brachte und Bhor nicht mehr auf der Laute spielte.
    Schnell war es und es drehte sich alles bunt um sie herum. Sie schloss durch viele solcher Auftritte nun die Augen und lauschte dem Klackern.
    Denn das war die Sicherheit des Konstruktes.
    Eskiel deutete mehrmals an zu werfen, wartete noch bis die Rotation etwas nachließ und warf dann gekonnt das Fleischerbeil.
    Das schlug unter einem großen Aufschrei zwischen die Unterschenkel von Naira die gut anderthalb Ellen auseinander lagen und tackerte ihr Kleid fest.
    Adrenalin schoss durch ihren ganzen Leib und sie atmete deutlich schneller, während Chani Eskiel aufforderte, nun drei große zweizinkige Gabeln, ein Beil und zwei Langdolche nach Naira zu werfen. Sie feuerte Eskiel an und schob das Rad erneut an.

    Naira hatte Puls, es war ihr schwindlig und mit dem Adrenalin war es ein kleiner Rausch. Doch sie vertraute darauf, dass ihr nichts geschehen würde.
    Es gab sechs Stellen wo das klackernde Geräusch etwas anders war und wenn Eskiel Ruhe hatte und genau hin hörte, traf er da wo er treffen sollte. Denn es war viel Wahres dran, dass er ein hervorragenden Waffenwurf-Meister war.
    Und zuletzt war da Chani die sehr bewusst die Wurfwaffen reichte und eine Verbindung der übernatürlichen Art schuf. Für den Fall der Fälle.

    Und so warf Eskiel die Gabeln nach der rotierenden Naira und traf über ihrem Kopf, neben das Fleischerbeil und beide Male seitlich links der Hüfte.
    “Das war alles?”, spottete Naira mit schriller werdender Stimme, als Chani das Rad wieder anschob. Die Menge lachte und applaudierte.

    Nun kam ein gefährlicher Part mit dem Beil, denn Eskiel drehte sich mit dem Rücken zu ihr und konzentrierte sich. Ging seinen Wurf durch und lauschte dem Klackern, während die Menge schwieg.
    Ein Atemzug, eine Drehung, kurz holte er aus und warf entschlossen. Naira rotierte und dumpf war der Einschlag ins Holz weit rechts von ihrer Hüfte.
    Applaus erklang und Chani spielte eine erboste Dienerin. Sie polterte, fluchte wie ein Waschweib und grinste dann bösartig. Sie holte eine dunkle Stoffbinde hervor und reichte sie Eskiel. Der blickte sie an, zuckte mit den Schultern und band sie sich um die Augen.
    Chani machte mehrere Boxbewegungen vor Eskiels Gesicht, um für alle zu prüfen, ob Eskiel irgendwas sah. Ein geübtes Manöver, für einen geschulten Krieger, der selbst sein Blinzeln kontrollieren konnte.
    Natürlich sah er durch den Stoff was, aber das wussten ja nur sie.

    Chani reichte Eskiel den ersten Langdolch und akribisch betastete er die Waffe, wog dessen Mitte auf einem Finger ab und umgriff die Waffe dann an einem bestimmten Punkt der Klinge. Dann nickte er und bekam auch den zweiten Langdolch gereicht.
    Chani brachte daraufhin das Rad wieder zum Drehen und gebannt blickten alle auf den Dolchwerfer.
    Der holte aus, wartete auf ein Geräusch und warf intuitiv wie schon tausend Mal geprobt den Langdolch. Dessen lange Spitze bohrte sich durch das Holz und glücklicherweise nicht durch Naira.
    Der zweite Langdolch folgte zugleich und schlug ebenso durch das Holz und nicht durch die Dunkelhaarige. Das Schlimmste war damit vorüber, als die Rotation endete und Eskiel unter Applaus die Binde abnahm und sich natürlich erleichtert feiern ließ.
    Er verbeugte sich in alle Richtungen und bat dann um Ruhe. Dann trat er auf Wurfmesser-Reichweite vor und zeigte die ganzen Reihen mit insgesamt noch elf Messern.
    Dann zählte er auf Drei herunter, während Naira halb schräg am Rad hing. Sie schloss wieder die Augen und atmete aus, als sie bei eins angelangt waren. Dann erfolgte ein elffaches Donnern, ein elffaches Aufschreien, ein elffaches Jubeln als Eskiel auch sein letztes Wurfmesser im Holz platzierte.
    Naira hing da wie ein Schluck Wasser in der Kurve und war umgeben von elf sehr gut geworfenen Wurfmessern, die keine Hand breit von ihrem Körper entfernt waren.

    Ein finaler, großer Applaus erklang aus der Menge und Naira wurde von Chani und Eskiel befreit. Mit Bhor zusammen verneigten sie sich Hand in Hand. Fröhliche Fidelklänge erklangen und die Anspannung legte sich nach und nach.
    Irgendwann trat Bhor vor und hob die Hände.

    “Na!? Zu viel versprochen! Haha! So ist es! - Bevor das Finale beginnt, machen wir eine kurze Pause. Wir alle müssen die Anspannung ausschütteln und manche wohl den Druck auf der Blase los werden. Bitte pinkelt nicht hinter den Wagen. Da ist der gute Meister Petz und er liebt Würstchen! Also dann! Freut euch auf ein grandioses Finale voller Anmut, Liebe, Schmerz, Heldenmut und Intrige!”, kündigte Bhor an und entließ das Publikum in die Pause.
    Die gab es nicht für Naira, Danzo und Chani. Die mussten Kostüme anziehen, während Bhor und Eskiel sich um das Bühnenbild kümmerten. Gisla behielt alles im Auge, spielte auf der Fidel und sprach kurz mit den Leuten.
    Heute war ein guter Tag und das Publikum hatte auf sowas wohl schon lange gewartet.

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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    Mora Sul

    „Scheiß drauf!“, spie Sahar plötzlich wütend aus und trat eine der Kisten um, die gewöhnlich als Sitzgelegenheiten genutzt wurden.
    Das Holz splitterte und Staub wirbelte auf, was Jaleel beinahe zum Husten gebracht hätte. Die sonst besonnene Anführerin hatte das Gesicht von Zorn verzerrt und ihre Hand schloss sich um das Heft ihres Schwertes, welches für den Moment noch in seiner Scheide ruhte.
    „Wie ich sehe hat dich dein Temperament noch immer im Griff, Sahar“, stellte Hasdrubal sachlich fest und hätte wohl kaum einen ungünstigeren Zeitpunkt wählen können sie mit diesem Wutausbruch zu konfrontieren.
    „Fick dich!“, rief sie lautstark und spuckte dem Argaaner vor die Füße, der lediglich die Augenbrauen hob.
    „Liva, beruhige dich!“, versuchte Jal mit diplomatischem Unterton die Situation vor der Eskalation zu bewahren.
    „Halt dein Maul, Jal! Du hast keine Ahnung, worum es hier geht und besitzt nicht das Recht dich einzumischen“, wies sie ihn auf varantisch zurecht.
    Ihr Blick durchbohrte ihn und er glaubte einen Funken Wahn in ihren Augen aufblitzen zu sehen. Wenn er nicht vorsichtig war, würde er mehr bereuen müssen, als die vorherige Frage an Hasdrubal.

    Der grobschlächtige Krieger verschränkte die Arme vor der breiten Brust und für einen Moment hätte man es als trotzig bezeichnen wollen, wäre seine Mimik nicht vollkommen entspannt. Der Chronist blickte zu ihm, als würde er ihn bitten wollen etwas zu unternehmen. Offensichtlich kannte er Sahar besser als jedes der Mitglieder der Rebellion und allmählich fragte sich Jal, ob die Anführerin jemals mit offenen Karten gespielt hatte oder nur ihre eigenen Ziele verfolgte.
    „Ich habe nicht die ganzen Leute aufgesucht, um sie zu diesem Vorhaben zu überreden, nur damit du daherkommst und es mir madig redest, du Bastard!“, wütete sie weiter gegen Hasdrubal, nachdem sie wieder in die Gemeinzunge gewechselt war, „Es steht mehr auf dem Spiel für mich, als jemals zuvor und ich werde meinem Volk nicht den Rücken kehren!“
    „So wie damals, hm?“
    Jaleel riss schockiert die Augen auf als er die Worte des Argaaners hörte. Wieso provozierte er sie bis aufs Blut, hatte er keinerlei Ahnung wie unberechenbar die Dunkelhaarige sein konnte? Und was meinte er überhaupt mit so wie damals?
    „Ja!“, fauchte die Varanterin zur Überraschung des jüngeren Mannes, „Ich mache niemals denselben Fehler zweimal!“

    Schweigen legte sich über den schwach beleuchteten Raum. Das schwere Atmen Sahars war das Einzige, was zu hören war und ihr Blick schien nach Blut zu schreien. Jal schickte ein Stoßgebet an die Götter, dass Hasdrubal sie nicht noch weiter provozieren würde, doch seine Bitte blieb unerhört.
    „Und warum“, fragte er noch immer in seiner monotonen Stimme, „fachst du dann das Feuer der Rebellion von Neuem an, wo dich das letzte beinahe verzehrt hätte?“
    Zur Verwunderung des Chronisten beherrschte sich die Rebellionsführerin, schien sogar einen Teil ihrer Fassung wiederzufinden.
    „Weil dies meine Heimat ist, Hasdrubal, und weil mir die Menschen hier am Herzen liegen.“
    Ihre Worte waren weich und voller Emotionen, doch ihre Stimme klang hart und abweisend, so als wollte sie eine andere Nachricht übermitteln, als der Satz vermuten ließ.
    „Dann hör auf ihre Leben aufs Spiel zu setzen und besinn dich auf das, was du tun kannst, verdammt!“
    Nun war es dem Argaaner Zähne zu zeigen, denn sein ruhiger Ton wich den strengen Charakterzügen eines Befehlshabers, der bedingungslosen Gehorsam erwartete. Jaleel hatte Schwierigkeiten dem Auf und Ab dieses Gesprächs zu folgen und hätte wohl aufgegeben, wäre die Neugier nicht stärker gewesen, als sein Anstand.

    „Offensichtlich verbindet euch eine gemeinsame Vergangencheit“, mischte er sich mit einem Lächeln ein, „Diesen Vorteil chabt ihr mir voraus, also wie wäre es, wenn ihr teilt, was mir entgangen ist?“
    „Nein“, kam die prompte Antwort Sahar, kalt und unnachgiebig.
    „Immer noch keine Ehrlichkeit für deine Mitstreiter, Sahar?“, fügte Hasdrubal nahtlos an die vorherigen Sticheleien an.
    „Es ist nicht von Belang, nicht mehr.“
    „Die Vergangencheit ist stets von Belang, denn wir sind das Ergebnis unserer erlebten Tage“, bot Jaleel seine Weisheit an, erntete jedoch nur ein Seufzen von der Dunkelhaarigen.
    „Nicht jetzt. Wir haben uns nicht getroffen, um alte Geschichten aufzuwärmen und dich habe ich sicher nicht hier haben wollen, damit du in meiner Vergangenheit herumfuscht“, wies sie den Chronisten zurecht, der sich ertappt fühlte, „Wenn du uns nicht helfen kannst, Hasdrubal, dann verschwinde jetzt.“
    „Wie du willst. Aber, bevor ich gehe, habe ich euch noch etwas zu sagen. Wenn ihr fliehen müsst, dann trefft mich in Ishtar. Dort wird ein Boot liegen, welches mich zurück nach Argaan bringt. Ich lasse euch wissen, wenn es soweit ist. Bis dahin…Adanos sei mit euch.“
    Der Argaaner verschwand ohne ein weiteres Wort durch den Tunnel, verschluckt von der Dunkelheit.
    „Ich chätte ihn nicht für einen gläubigen Mann gechalten“, murmelt Jal verwundert und schaute auf die Stelle, wo die Silhouette des Kriegers zuletzt sichtbar gewesen war.
    Sahar schnaubte nur und ließ sich auf eine unbeschädigte Kiste fallen. Sie sah noch immer aus, als würde sie Frust ablassen wollen und Jal fürchtete, dass er ein willkommenes Ziel dafür wäre.
    Geändert von Jaleel (01.08.2024 um 14:54 Uhr)

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    „Er kotzt mich so dermaßen an!“, regte sich Sahar wieder auf, kaum war Hasdrubal im Gang verschwunden.
    Kaum hatte sie sich hingesetzt stand sie auch schon wieder und lief in dem beengten Kellerraum auf und ab. Jal wollte etwas sagen, doch er hütete seine Zunge, bevor er ihr noch mehr Anlässe gab ihre Wut an ihm auszulassen. Zuvor hatte er immer geglaubt, dass die Anführerin der aufkeimenden Rebellion eine beherrschte Natur besaß, doch jetzt, wo er sie in dieser Gemütslage sah, änderte sich seine Meinung schlagartig. Offenbar teilte sie eine Vergangenheit mit dem Argaaner und er hatte die Möglichkeit bei ihr an den Stellen anzuecken, die sie auf die Palme brachten.
    „Habt ihr etwas an dem Schmugglerhaus erreichen können?“, versuchte Jaleel Sahar auf andere Gedanken zu bringen.
    Doch sie schnaubte nur verächtlich und wandte sich ihm zu. Ihr Blick bohrte sich in den seinen und der Chronist wurde unruhig. Wenn er nicht Acht gab, würde er wohl bald Ziel ihres Schwertes werden, statt der leidigen Versuche ihn in ihr Bett zu bekommen.

    „Es war zu leicht“, gab sie zurück ohne das intensive Starren zu unterbrechen, „Der Gang war dort, wo Naima es beschrieben und uns schlussendlich gezeigt hat. Obdachlose waren keine dort. Rashid und Amir erkannten sofort die Gegend, als wir am anderen Ende rauskamen. Etwa eine Meile nördlich von Mora Sul endet er. Wir mussten einiges an Sand fortschaffen, der über die Zeit dorthin gewandert war.“
    „Das sind doch gute Neuigkeiten, oder nicht?“, fragte Jal verwundert.
    Warum kam es ihr als zu leicht vor, wenn sie einfach auch einmal Glück hatten?
    „Ich kenne diese Art Blick, aber glaub mir. Nichts Gutes im Leben passiert, weil man einfach nur Glück hat. Wenn etwas zu leicht ist, dann weil es einen Haken hat“, gab sie ihm ihre Lebenserfahrung mit.
    Eine sehr pessimistische Denkweise, fand er, doch wie er erst vor wenigen Momenten hatte feststellen müssen, kannte er diese Frau weitaus weniger gut, als er angenommen hatte. Nicht, dass er sich einbildete sie vorher verstanden zu haben, doch nach dem noch anhaltenden Wutausbruch hatte er alle vermeintlichen Kenntnisse und Schlüsse, die er gezogen hatte, verworfen. Sie war unberechenbar und das sorgte ihn mehr, als er sich selbst eingestehen wollte.

    „Was willst du jetzt unternehmen?“, traute er sich die Frage zu stellen, die sie hoffentlich dazu brachte logisch nachzudenken.
    „Wir bleiben beim Plan. Morgen Nacht reisen wir zu den Höhlen. Oder hast du geglaubt, dass ich kneife, nur weil dieser Bastard uns nicht helfen kann, eh?“, antwortete sie angriffslustig.
    Abwehrend hob Jaleel die Hände und schüttelte den Kopf.
    „Nein, Liva, ich wollte nur wissen, ob sich etwas geändert hat, jetzt wo der Argaaner für uns keinen Nutzen mehr hat.“
    Sahar schnaubte. Endlich entließ sie ihn aus ihrem fesselnden Blick. Die ganze Zeit über hatte der junge Mann sich nicht getraut sich von ihr abzuwenden, denn Schwäche im Angesicht eines Raubtiers zu zeigen, bedeutete den sicheren Tod.
    „Bereite dich auf einen längeren Ausflug vor. Wir werden eine Weile Abstand von Mora Sul nehmen. Die erste Nacht werden wir durchmarschieren und erst in der darauffolgenden rasten“, informierte sie ihn mit unterdrücktem Zorn in der gepressten Stimme, „Verschwinde jetzt besser.“
    Das ließ sich Jal nicht zweimal sagen, denn die unausgesprochene Warnung, dass er sonst tatsächlich Ziel ihres Frustes werden würde, war bei ihm angekommen. Er verbeugte sich vor ihr, die Rechte auf seinem Herz und schließlich ausgestreckt in ihre Richtung weisend, ehe er Kehrt machte und den Unterschlupf verließ. Hoffentlich wäre ihre Stimmung am nächsten Abend weniger angespannt.

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    Die Nacht hatte Jaleel wieder in dem Haus verbracht, wo die geheimen Treffen stattfanden. Kurz nach Sonnenaufgang hatte er gehört, wie Sahar durch die Tür nach draußen gegangen war. Mit allzu viel Schlaf war er nicht gesegnet worden, denn die Luft war stickig und das Gespräch zwischen seiner Anführerin und Hasdrubal war ihm nicht aus dem Kopf gewichen. Was hatte der Argaaner andeuten wollen, als er von einer früheren Rebellion gesprochen hatte? War die Kriegerin etwa an der Nacht der Mazamir beteiligt gewesen? Es fiel ihm schwer einzuschätzen wie alt die Anführerin war und wenn sie beteiligt war, dann passte es zeitlich nicht damit zusammen, dass sie auf Argaan gewesen war, als der Drache angriff. Davon hatte sie ihnen allen persönlich erzählt. Und wenn sie Hasdrubal von früher kannte und sogar Teil der Akademie war, dann konnte sie auch nicht kurz nach dem Aufstand der Assassinen auf die Südlichen Inseln übergesetzt sein. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit den Zusammenhängen, die der Chronist gekannt zu haben glaubte. Und das, über allem anderen, hatte ihn wachgehalten. Er verabscheute nichts mehr, als angenommene Wahrheiten als Lügen zu entlarven.

    Mit weitaus weniger Elan als am Vortag hievte er sich aus dem Bett. Zum ersten Mal seit er hierherkam war keine Spur von Bari zu sehen. Ob er eingeschüchtert war, weil Sahar mit entsprechender Laune aufgetaucht war?
    „Wie dem auch sei“, murmelte er und machte sich daran auf die Straße zu kommen. Beinahe war er versucht auch heute das Badehaus aufzusuchen, doch zum einen konnte er sich diesen Luxus nicht ständig leisten und zum anderen hatte er weitaus wichtigere Angelegenheiten, um die er sich kümmern wollte. Wenn sie wirklich einige Tage fort wären, dann würde er Amina darüber in Kenntnis setzen und mit etwas Glück vorher den Händler aufsuchen können, von dem sie das Manuskript mit dem Bericht zur Schlacht in Kap Dun erstanden hatte. Zudem wollte er sich einige Wegrationen und eine Tasche für sein Gepäck besorgen. Was er wohl sonst noch für eine solche Reise brauchte? Er war nie in die Situation gekommen außerhalb einer Stadt kampieren zu müssen, was als Zusammenfassung seiner Erfahrungen als Wanderer aussagekräftig genug sein dürfte. Hoffentlich fand er auch noch Zeit, um den ausgebliebenen Schlaf nachzuholen, denn wenn sie wirklich die Nacht hindurch wandern würden, wollte er nicht zu erschöpft sein.
    „Ein Mantel für die nächtliche Kälte wäre wohl auch eine Überlegung wert“, sinnierte er, während er durch die Straßen der Wüstenmetropole schlenderte.

    „Amina?“, rief er die Hauswand empor, nachdem er sich bis zu ihrer Bleibe durchgeschlagen hatte.
    Sie hatte ihr Heim im Südviertel, nicht unweit vom Tor und da er nicht genau wusste, wo er sie in dieser riesigen Stadt finden sollte, begann er dort zu suchen, wo es am sinnvollsten erschien. Zwar waren die meisten Varanter bereits früh morgens unterwegs, um die meisten Besorgungen vor der Mittagszeit erledigt zu wissen, doch Jal hatte eine Ahnung, dass die junge Frau sich nicht von gewöhnlichen Normen lenken ließ.
    „Jal? Bist du das?“ hört er eine leise Antwort, wobei er die Richtung, aus der sie kam, nicht deuten konnte.
    „Ja, ich bin es!“, antwortete er laut und wartete, ob sie sich irgendwo zeigen würde.
    Einige Momente verstrichen, in denen sich der Chronist fragte, ob er sich die Stimme seiner Bekannten eingebildet hatte, doch im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür und sie trat nach draußen.

    „Was…ehm, treibt dich zu mir?“, fragte sie etwas zurückhaltend.
    Ihre Stirn war leicht gerunzelt und in ihren Blick schien ein Hauch von Vorwurf mitzuschwingen. Doch Jaleel bemerkte es nicht, war in Gedanken bereits bei den anstehenden Erledigungen und hatte ohnehin Probleme derartige Signale zu erkennen.
    „Zeig mir bitte den Händler, von dem du das Manuskript hast. Ich würde gern mit ihm sprechen“, legte er sein Anliegen dar.
    Seine Miene blieb regungslos, während die ihre in Überraschung umschlug.
    „Jetzt?“, fragte sie etwas brüsk.
    „Ja, oder hast du etwas anderes vor?“
    Sie schaute an sich herab, war offenbar nicht hergerichtet oder zufrieden mit ihrer Erscheinung. In Jals Augen sah sie jedoch aus wie immer.
    „Also…“
    „Bitte“, fügte er an, ehe sie ablehnen konnte.“
    Einen Moment zögerte Amina, ehe sie seufzte und die Tür ihres Heims hinter sich schloss.
    „Also gut. Zuletzt habe ich ihn am alten Sklavenmarkt gesehen. Vor zwei Tagen. Vielleicht ist er wieder dort“, meinte sie und betonte auf seltsame Weise den Zeitpunkt.
    Wirkte sie verstimmt? Die beiden zogen los, wobei sich eine unsichtbare Barriere zwischen ihnen errichtet zu haben schien. Was war anders, als vor zwei Tagen als sie zuletzt gesprochen hatten? Der Chronist wusste es nicht und hatte auch nicht die Zeit eindringlich darüber nachzudenken.

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    Die Pause war vorbei und alle ihre Vorbereitungen getroffen. Die Bühne hatte nun ein paar Aufsteller zum wenden, damit sie zwei Szenerien darstellen konnten und war nun in der eingekehrten Nacht noch heller durch Fackeln erleuchtet worden. Das kleine Ensemble wünschte einander viel Glück und drückte sich. Das war ihr Ritual bevor es dann losgehen würde.

    “Du schaust klasse aus, Naira.”, lobte sie Chani und bekam das Kompliment zurück. Ob man sie erkennen würde?
    Naira gab ihr Zeichen an Bhor und der kündigte dann das Stück “Des Zwielichts Glück” an.
    Stille kehrte nach dem Applaus ein und Gisla begann wieder die Fidel zu spielen und hinter den Wägen begann Danzos Trommel rhythmisch zu schlagen. Naira trat vor und war verwandelt. Ein schönes, weißes Kleid trug sie und hatte sich die Lippen zinnoberfarben angemalt. Um ihre Augenränder hatte sie Kajal verschmiert und betonte damit ihre schönen Augen, die wie das Türkis des Sildener Sees waren. In ihrem hochgesteckten Haar befand sich ein kleines Krönchen und weiße Federn.
    Schritt um Schritt trat sie ins Licht und begann dann mit dem Stück.

    Erster Akt - Die Schwanenkönigin (Schwan + Ritter)

    Anmutig bewegte sie ihre Arme auf und ab und erst jetzt sahen alle, dass der Rhythmus der Trommel ihrem Flügelschlag glich. Weiße Stoffbänder ersetzten die Federn und den Menschen erschien ein Schwan, der grazil auf Zehenspitzen auf und ab sprang, während die Fidel den Flug über einen See beschrieb.
    Einzig Danzos Taktgefühl war es jedoch zu verdanken, dass Naira nicht immer den Einsatz zum Absprung fand und es an perfekter Eleganz fehlte.
    Doch für Trelis einfache Bürger genügte dies wohl allemal, denn alle beobachteten nur den Schwan und waren für einen Moment von diesem Anblick verzaubert von der Anmut die Naira schaffte darzustellen.
    Sie beendete ihren ‘Flug’ und landete. Sie hob einen Spiegel auf und sprach:

    “Oh weh, was bin ich nur? Am Tage bin ich ein Schwan so prächtig wie die Könige. Zu Nachts ein garstig Ungetüm, so grausam wie das mei. Nur im Zwielicht da bin ich ich…ein Menschenkind! Verflucht von bösen Mächten, die da meine Gunst nicht bekamen. Meinen Tod wünschen sie und meinen Kniefall vor falscher Liebe! Doch was wünsche ich mir am Sehnlichsten? Liebe! Oh weh! Liebe hat die Macht den Fluch zu brechen. Doch wer liebt schon einen Schwan? Wer liebt schon ein Ungetüm? Wer liebt das Zwielicht? Wer….?”, schluchzte sie und wandte ihr Haupt traurig zu Boden. Dann erklang ein Knacken. - “Obacht! Wer kommt da?”, flüsterte sie zur Menge und verbarg sich hinter einer buschähnlichen Kulisse.

    Danzo kam hinter den Wagen hervor und trug eine etwas klappernde, alte Rüstung und ein Schwert an sich. Er kniete ab und setzte sich dann an einen Stein.

    “Von weit komme ich. Bin ein tapferer Recke auf der Suche nach Heldentum und Ruhm. Man hat mich gerufen und doch oh weh…werde ich wohl nichts weiter sein als ein Schlag-tot für meinen Herrn. Oh Innos! Führe mich durch diese Zeit und gebe mir einen Herren, der meiner Liebe würdig ist.”, sagte der Recke und machte ein Stoßgebet gen Himmel.
    Naira erhob sich und bewegte sich anmutig um den Recken, der vom Gebet abließ und sein Schwert zog.

    “Ein Schwan so wild und schön! Ja gar eine Schwanenkönigin bist du! Oh Innos! Hast du mein Gebet erhört? Soll sie die Herrin sein, der ich meine Liebe schenke? - So bleibe hier, edles Wesen! Lass mich einen Schwur ablegen!”, bat Danzo und eilte dem Schwan hinterher.
    Naira ‘flog’ weiter und hielt dann allmählich, als Gislas Melodie sich änderte. Sie blickte Danzo tief in die Augen. Hoffnungsvoll und prüfend, ob es die ersehnte Liebe wäre.
    Dann aber drehte sie ihr Haupt schwanenhaft nach unten zur Seite und ließ jeden ihren Kummer über den Fluch spüren.
    “Meine Königin! Ihr sollt es sein, die meiner Liebe würdig ist! So nehmt mein Schwert an.”, bat der Recke und kniete vor ihr ab. Doch die Schwanenkönigin nahm reißaus und starrte gen Himmel.

    “Oh weh! Die Zeit! Das Zwielicht naht! Ist er meines Fluchs Erlöser? Oh Götter! Ich flehe euch an! Lasst unsere Pfade des Schicksal noch einmal kreuzen!”, bat sie sehnlichst und verschwand in der Dunkelheit hinter den Wägen.
    Einzig der Recke blieb und wusste nicht wie ihm geschah.
    “So Innos will, werden sich unsere Wege wieder kreuzen.”, sagte er, steckte das Schwert ein und ging seiner Wege in die Dunkelheit der Wägen.

    Applaus erklang und die Musik von Gisla endete. Auf der Bühne bauten Eskiel und Bhor wenige Dinge um und gaben dann das Zeichen, dass es weitergehen kann. Gislas Melodie erklang und der zweite Akt begann.

    Zweiter Akt - Das Auftrag. (Ritter + Magier)

    Es war Chani die den Akt eröffnete, als sie zwischen den Wägen hervorkam und von Gislas Klängen etwas Hohes, etwas Erhabenes verliehen bekam. Ihr rot-braunes Haar gepaart mit der dunkelroten Robe und ihrem südländischen Teint wirkten perfekt und selbst der falsche Bart störte nicht im Gesamtbild. Aus grünen Augen blickte sie streng wie ein Inquisitor in die Menge und holte aus der Robe eine Glaskugel hervor. Sie tat so, als würde sie etwas in der Kugel beschwören, ja gar sehen und begann mit tiefer Stimme zu sprechen.

    “Da fliegst du nun du Ungetüm! Peinigst Land und Mensch! Leiden sollst du Tag und Nacht! Als Monster das du bist! - Oh weh! Es gab die Zeit, da wollt ich dein Herz! So rein und frei! Deine Gunst, deine Liebe, dein Feuer spüren! Doch du hast mich verschmäht! Leiden sollst du unter Fluches Bann! Sollst verschmäht werden von Mensch und Tier! Und selbst das Zwielicht soll dich quälen! Der Segen deines Herrn!”, rief Chani in die Kugel und spielte den verschmähten Magier wunderbar.
    Dann klopfte es drei Mal laut.
    “Herein, wenns kein Drache ist!”, rief sie gebieterisch.
    Danzo kam hinter den Wägen hervor als der Ritter und kniete vor dem Magier.

    “Weit gereist bin ich und habe euren Ruf vernommen, Meister des Feuers. Ein Ritter von Ehre bin ich! Treu dem einzig wahren Gott! Treu der Pflicht! Treu seinem Herzen! So sagt mir, was ist euer Begehr und ich will entscheiden, ob ihr meines Schwertes würdig seid! Doch wisset, dass ich kein Schlagtot, kein gedungener Schurke bin!”, stellte sich Danzo vor und erhob sich.

    “Dann wurden meine Gebete erhört und ich danke dem einzig Wahren! Ein Drache sucht dies Land heim! Böse, weiß wie Schnee, schwarz sein Herz und heiß sein Odem! Schaut selbst in die Ferne!”, gebot der Magier und zwischen beiden Wägen sah man zwei Mal eine Stichflamme empor steigen und ein verstärktes Brüllen erklang.

    “Bei Innos! Dann ist es wahr! Welch Ungetüm! Welch Schreckensbringer! Mein Schwert soll diesen Lindwurm richten! Ihr habt mein Schwert!”, versprach Danzo feierlich und bot kniend sein Schwert an.
    Der Magier berührte ihn an der Schulter und so war es besiegelt.

    “Der Segen des Herrn soll über dich wachen, oh tapferer Recke! Geh mit Innos und richte das Ungetüm! - Doch höre noch dies! Rufe nach mir, wenn des Drachen Ende nah! Alles vermag gerettet zu werden. Selbst das schlimmste Ungetüm von allen!”, versprach der Magier.

    “Welch Edelmut! Welch Glaube an das Gute! Ihr seid wahrlich ein Diener des Herrn!”, lobpreiste Danzo und Naira im Hintergrund schüttelte jedes Mal bei diesen Worten den Kopf. Ja, selbst bei den Zuschauern gab es das, denn manche rochen schon den Braten.
    “So warte ich nicht bis zum Morgen und folge des Drachen Spur!”, sagte Danzo final.
    Danzo und Chani verschwanden unter Applaus und abermals spielte Gisla auf, während Bhor und Eskiel die Bühne anpassten. Naira wurde noch einmal von Chani begutachtet und Danzo bekam heute mal ein Lob von Naira für seine bisherige Textsicherheit. Der dritte Akt stand kurz bevor.

    Dritter Akt - Die Herrin vom See (Herrin + Ritter)


    Sanfte Klänge der Fidel erklangen. Die Laute von Bhor kam hinzu und schuf ein Gefühl von Sonnenuntergang. Naira erschien und war verändert.
    Die Haare offen und leicht von einem blauen Tuch verdeckt. Der Körper gehüllt in ein einfaches, elegantes Gewand in adanosblau. Die Lippen mystisch in indigo gefärbt und genauso die Augen betont. Naira wirkte wie eine Botin der Götter, eine Nymphe, ein Wesen wie aus einer Sage entsprungen.

    “Oh Schöpfer dieser Welt. Das Zwielicht hast du mir gelassen. Gebunden an deine heiligen Wasser hast du mich davor bewahrt endgültig zu werden das Monster in der Nacht und das Tier am Tage. Doch des Zwielichts Glück ist von so kurzer Dauer und mein eigen Antlitz mir so fremd.”, sagte sie wehmütig auf und blickte in einen Spiegel.
    “Zur Herrin deines Sees hast du mich gemacht und doch bin ich nur Herrin des Zwielichts. Kein Herz vermag es zu lieben. Kein Wesen fühlt Zuneigung für die Einheit von Licht und Schatten. Einzig die Nachtigall und die Eule singen ihr Lied und rufen die Nacht herbei. Rufen meinen Zorn herbei!”, klagte und weinte sie und die Klänge der Instrumente verstummten, um besagte Vögel erklingen zu lassen.

    Danzo erschien. Rannte mit erhobener Klinge zur Herrin des Sees und erstarrte. Er fiel auf die Knie und warf sein Schwert zu Boden. Es war Liebe auf dem ersten Blick.
    “Welch Schönheit, welch Zauber! Welch Gefühl das mich umarmt! Jagte und suchte ich nach dem Drachen der dies Land heimsucht, so habe ich gefunden was ich nie erwartet hätte. Hier am heiligen See am Fusse der Berge. - Wer seid ihr holde Maid?”, sprach der Ritter.

    Naira blickte auf, wischte sich die Tränen weg und erkannte das Gesicht. Sie erhob sich, straffte sich und blickte trotz ihren geringen Größe hinab auf den Ritter.
    “Ich bin die Herrin des Sees, edler Recke. Was ist euer Begehr?”, fragte Naira.
    “Gesucht hab ich ein Ungetüm, doch gefunden die Göttin des Abendlichts. Mein Herz umfängt die wärmende Liebe, seit ich euch erblickt hab. Es ist, als sähe ich euch zum zweiten Mal und doch ist es Liebe auf dem ersten Blick! Gewährt mir eure Gunst! Gewährt mir eure Liebe! Ich will der eure sein und ihr sollt die meine werden.”, schwor der Ritter inbrünstig. Vergessen seine Mission.
    Naira spielte die Verwunderte, die Ungläubige, die bald vom Fluch befreite?

    “Oh weh, mein edler, schöner Recke! Vielleicht habt ihr mich tatsächlich schon dereinst erblickt und die Liebe empfunden. Sagt, dass es nicht die Hitze der Lust ist, die euer Herz umfängt. Sagt, dass es wahre Liebe ist, die euch dies sagen lässt! Beweist mir eure wahre Liebe und ich werde die eure!”, versprach Naira und reichte dem Ritter die Hand. Danzo umgriff kniend ihre Hand mit beiden Händen.
    “Ich schwöre, dass es die pure, reine unschuldige, wahre Liebe ist, die mich umfängt! So wahr ich vor euch stehe und bereit bin für euch alles zu geben. Ein Kuss soll dies besiegeln! Ein Kuss der euch beweisen wird, wie wahr meine Liebe ist!”, sprach Danzo und erhob sich. Bereit Naira zu küssen und erstarrte, als wäre er versteinert.

    “Ist es denn wahr? Kann Liebe so einfach und wahr sein? Kann das Schicksal so schnell wie das Wetter umschlagen und alles ändern? Ich will daran glauben. Ich will daran glauben, dass Adanos die Ungerechtigkeiten gesehen hat und sie nun ausgleicht! Ja! Mein Herz es schlägt, es wärmt, es beginnt zu lieben, diesen einen wahrhaftigen Mann!”, sagte Naira zum Publikum und als sie Danzo wieder anblickte, war er nicht mehr wie versteinert.
    Ihre Lippen näherten sich einander, da knallte es wie ein Donnerschlag durch einen heftigen Schlag mit der Trommel durch Bhor.
    Der Magier erschien und stand im Schatten.
    “Halte ein! Dies ist der Drache! Dieses Ungetüm hat dich verzaubert! Sieh! Sieh die Nacht kehrt ein und es geschieht!”, schrie Chani.
    Dann warf Eskiel etwas Rauchendes auf die Bühne und alle verschwanden von der Bühne. Der dritte Akt endete und ließ die Menge gespannt auf den vierten Akt warten, während Gislas Fidel eine unheilvolle Melodie spielte.

    Bhor und Eskiel entfernten den rauchigen Ball aus feuchtem Laub und stellten eine bergähnliche Kulisse hin. Dahinter platzierten sie Fackeln und Objekte für den nächsten Akt.
    Naira insbesondere hatte in der gleichen Zeit so einiges zu tun und wurde von Chani und Danzo unterstützt.
    Es dauerte etwas länger wie sonst und war eigentlich dutzende Male geübt, aber dann gaben sie das Zeichen.

    Vierter Akt - Der letzte Tanz (Weißer Drache + Ritter)

    Gislas Musik wurde hektischer, glich dem Zorn eines Drachen und einem Kampf. Gebannt blickten alle in die Dunkelheit hinter den beiden Wagen.
    Eine Fackel wurde sichtbar und Naira machte nur wenige Schritte, um mit der ganzen Kunst einer Feuerspuckerin eine hohe Stichflamme aufsteigen zu lassen und sich fackelfrei der Bühne zu nähern.
    Weiß ihr Gewand, schuppig die gefärbte Lederweste, weißes Leinentuch beschrieb ihre ledrigen Flügel und eine schreckliche, geschnitzte Halbmaske offenbarte das Drachenantlitz.

    Ihr Flug beschrieb nicht den Anmut eines Schwans, sondern vielmehr die Kraft und Brachialität eines Drachen. Nicht auf Zehenspitzen landete sie, sondern auf festen Sohlen, um den Klang ihres mächtigen Flügelschlags zu beschreiben.
    Zwei Runden ‘flog’ sie auf der Bühne und landete dann.

    “Oh weh! Ihr Götter! Habt ihr dies gesehen? Geschworen hat er hoch und heilig und gefallen ist er tief und sündig! Was ist ein Schwur in dieser Welt noch wert? - Gejagt hat er mich durch die Nacht! Kämpfen werde ich, das schwöre ich! Töten werde ich und das nach langer Zeit ohne Reue! Mein Zorn soll den Eidbrecher richten!”, sagte Naira mit verstellter Stimme und flog hinter eine Bergkulisse.
    Danzo erschien. Gierig nach einer Heldentat.
    “Wo bist du weißer Drache!? Zeige dich und beende deine feige Flucht! Kein Eid ist heilig, wenn gegeben an ein Unwesen! Der einzig Wahre sei mein Zeuge! Stelle dich im Kampf und büße für deine Täuschung! Büße für dein Sein!”, sprach der vormals so von Liebe umfangene, edle Recke. Hass und eine unverkennbare Gier, die nur den Menschen angedichtet werden konnte, dominierten die Mimik Danzos.

    Der weiße Drache erschien hinter der Kulisse und Naira spie erneut Feuer. Erst gen Himmel, dann eine kleine Stichflamme auf Danzo. Der wich geübt nach hinten aus und schlug mit dem Schwert nach Naira. Er traf sie am Arm und sie stürzte zu Boden.
    “Dein Ende naht, Menschenfeind!”, rief Danzo und griff theatralisch langsam an, da sprang Naira auf und spreizte ihre Flügel in ganzer Pracht.
    “Nein! Dein Ende naht, Eidbrüchiger!”, rief der Drache und das war das Zeichen für Gisla die Musik zu ändern. Es wurde eine bekannte Melodie zu einem Lied gespielt, das oft zu Festen gespielt wurde. Ein werben zwischen Mann und Frau, aber gerne auch als Kampf zwischen beiden gedeutet. Je nachdem ob das Tanzpaar Zuneigung oder Abscheu empfand.

    Naira tanzte sich drehend um Danzo und Danzo tanzte schlagend und greifend nach ihr. Dann wechselten sie die Positionen und Danzo wich ihren Klauen aus. Dann jagten sie anmutig, gemeinsam tanzend und sich drehend über die Bühne. Ein herrliches Bild aus Leidenschaft, Zorn, einen Hauch von Liebe und Hass. Bewegungen die in tausend Worten nicht erklärt werden konnten und die immer schneller wurden… - Bis die Musik stoppte. Bis hinter den Kulissen eine Feuerschale hoch brannte und den Sonnenaufgang beschrieb.

    “Das Zwielicht naht!”, rief Naira.
    Das Paar wirbelte zusammen noch umeinander und stürzte dann gemeinsam zu Boden. War es gemeinsam gestorben? Bhor und Eskiel warfen über die beiden eine große, graue Decke und und stellten die Bergkulisse um. Die Fidel erklang und spielte die Töne wie zu einer Beerdigung, zu einer Tragödie. Was unter der Decke passierte, sah man nicht. Der vierte Akt war beendet.

    Fünfter Akt - Des Zwielichts Glück

    Gislas Musik verstummte und Bhor zog langsam die große Decke weg.
    Eskiel ließ das Tamburin erklingen.
    Naira richtete sich sofort auf und hatte unter der Decke das weiße Gewand, die Weste und Maske abgelegt. Sie zog sich zurück hinter eine Buschkulisse und richtete ihr Haar. Danach erhob sie sich als Herrin des Sees wieder, trat hervor und blickte zu den ohnmächtigen Danzo und dann in die Menge.

    “Ist er tot, der Tapfere?”, fragte sie mit Reue. Sie strich über sein Haupt und blickte wieder in das Publikum.
    “Man sagt im Kampfe lernt man die Seele eines Menschen kennen. Diese Seele hatte Angst, hatte Mut, hatte die Erkenntnis, dass nicht alles ist, wie es scheint. Diese Seele wurde mir im Kampfe lieb und teuer. Diese Seele hat sich im Kampfe gewandelt. War es doch Liebe, die mich bewahrte den tödlichen Stich zu empfangen? - Man sagt, die Weisheit der Drachen ist unermesslich…doch diese Frage kann niemand beantworten, außer dieser Recke selbst. - Oh! Er lebt! Er erwacht!”, sagte sie erstaunt und stellte sich tot.

    Danzo erhob sich, wischte sich durch das Gesicht und fiel dann auf die Knie, als er Naira da liegen sah. Er fasste sich an den Kopf, berührte ihr Gesicht und blickte dann in die Menge.

    “Ist er tot, der Drache? Ist dies seine wahre Gestalt? Oh weh! Dann waren meine Gefühle wahr im Kampfe. Was habe ich getan! Der Liebe Wahrheit wurde ich nicht gerecht! Getrieben von Heldengier hab ich die Göttin des Abendlichts erschlagen.”, sprach er traurig.
    Dann öffnete Naira die Augen und richtete sich auf.

    “Dann war es wahr!? Eure Worte! Eure Treue! Eure Liebe! Erkennt ihr euren Irrtum?”, fragte sie und umgriff seine Hand. Danzo erschrak und befreite sich. Er blickte sie aufrichtig an.

    “Ja! Meine Liebe ist wahr! Und mein Herz bebt vor Erleichterung, dass ihr den Tod nicht gefunden habt.”, sagte Danzo und Naira sprang ihm regelrecht an den Oberkörper, drückte und schmiegte sich fest an ihn.

    “Dann obsiegt die Liebe! Welch schöner Morgen! Mein Fluch wird endlich gebrochen!”, frohlockte sie, strahlte das Publikum vor Glück an, hatte Tränen in den Augen und dankte den Göttern.
    Doch dann schob sie Danzo von sich. Blickte sie traurig und verzweifelt an.

    “Sag was ist Geliebter mein? Brechen wir den Fluch und werden glücklich auf ewig.”, bat sie innig und wollte sich wieder an ihn drücken, wollte ihn küssen.

    “Mein Herz sagt ja, doch ist es nicht frei. Du bist ein Drache! Ein Ungetüm! Innos in meinem Herzen sagt nein. Sagt nein zu jedweden Bund mit dem Bösen.”, sagte Danzo bitterernst, schob sie davon und erhob sich, um ihr den Rücken zu kehren.

    “Ich bin ein Mensch wie du! Ein böser Fluch macht mich zum Ungetüm! Doch der wahre Liebe Kuss wird den Fluch brechen!”, erklärte sie verzweifelt. Danzo ging weiter.
    >BITTE! BLEIBT BEI MIR!< - schrie sie aus, doch der Recke sah sie nur kalt und ungerührt an.
    “Mein Herz bricht! Ihr zieht euren Gott unserem Glück vor?! Welch Narretei! Welch Strafe! Ihr Götter!”, schluchzte und klagte sie weinend die Welt nicht verstehend. Danzo wandte sich dem Publikum zu.

    “So war es und so wird es immer sein. Des Zwielichts Glück ist von kurzer Dauer. Der einzig Wahre ist das ewige Glück. Das Monster bleibt immer ein Monster und das Herz ist niemals frei vor Täuschung. Nur Innos kann den Weg zum Glück weisen.”, sprach der Recke und wenige buhh-Rufe erklangen. Die Menschen waren nicht zufrieden mit der Entscheidung des Ritters.

    “So ist es und so wird es immer sein. Wir werden nur frei im Herzen, wenn wir der Liebe ihren Platz gewähren. Schöne Worte, tapfere Taten und Edelmut. Nichts davon ist etwas wert ohne wahre Liebe. So geht meine Hoffnung. Sein Herz angekettet an seinen Herrn wie ein Hund! Diese Welt vergiftet das reinste Herz und hinterlässt die Krankheit des Hasses und Zorns. Oh weh! Mein Leid soll enden. Kommt! Kommt ihr finsterer Magier! Kommt und nehmt was ihr begehrt, denn es ist nicht mehr rein.”, sprach Naira und erhob sich zu ganzer Größe.

    Chani erschien und schritt an Danzo vorbei. Der blickte auf, folgte dem Magier und beobachtete.

    “So gibst du auf und gewährst mir deine Gunst?”
    “Nehmt euch, was ihr wollt, bevor das Zwielicht schwindet.”
    Der Magier holte aus mit einem gezückten Messer und näherte sich Nairas Herzen. Da streckte ihn Danzo mit seinem Schwert nieder.

    “Verrat! Verrat!”, waren die sterbenden Worte des Magiers.
    “Des Zwielichts Glück währt noch. Ein letzter Dienst an meine Herrin. Liebe und Verrat sind ein zweischneidiges Schwert. Und die Götter wollten, dass ich es führe. Lebt wohl, Herrin.”, sagte der Ritter und verneigte sich vor der Unglücklichen. Dann verschwand er und ließ sie zurück.
    Hinter der Kulisse wackelte eine Feuerschale empor und beschrieb die Sonne.
    Naira blickte zur Sonne auf und stellte fest, dass sie kein Schwan wurde. Doch Freude gab es nicht. Sie beugte sich vor den Magier.

    “Du grausamer Magier. Elender Schicksalsweber! Puppenspieler der Götter! Am Ende obsiegt die Gerechtigkeit! Doch was ist Gerechtigkeit? - Mein Fluch ist gebrochen, doch mein Herz ist es auch.
    Welch traurige Gerechtigkeit …”

    Dann verschwand sie von der Bühne und Gisla spielte eine finale Musik von Traurigkeit und Sonnenaufgang. Von Neubeginn ohne Gewissheit. Das Stück war zu Ende.

    Langsam, wirklich langsam kamen die Menschen zu sich, erhoben sich und applaudierten. Wurden noch lauter, als Bhor Chani aufhalfen, Danzo und Naira wieder auf der Bühne erschienen und Eskiel mit Gisla auch dazu kamen. Sie griffen einander an den Händen und verbeugten sich vor ihrem Publikum.
    Dann trat Bhor vor und bat um Ruhe.

    “Ihr Lieben! Was für ein toller Abend! Wir danken euch für euer Kommen, euer Lachen, euer Staunen und den Applaus! Ich bin Meister Bhoran und es war mir heute Abend eine Ehre euch durch den Abend zu geleiten und mit Meister Petz mein Spiel zu zeigen!”

    Großer Applaus erklang und Bhor winkte seine Leute nun einzeln vor.

    “Enzo! Akrobat und edler Ritter!”, rief Bhor und Danzo trat vor für den Extra-Applaus. Er verneigte sich, ließ sich fast anmerken, dass ihm der Applaus etwas zu viel war und machte auf Bitten der Zuschauer noch einen Salto aus dem Stand heraus. Das Publikum war begeistert.

    “Ezekiel! Akrobat, der großartigste Messerwerfer Morgrads und Bühnenbauer!”
    Eskiel trat vor und verbeugte sich leicht lächelnd, während die Menge tobte.

    “Shani! Magier, rachsüchtige Dienerin, Tänzerin und Empfangsdame!”
    Shani schlug ein Rad, verbeugte sich und warf der applaudierten Menge Küsse zu.

    “Kaira! Feuerspuckerin, Empfangsdame, Herrin der Messer, Herrin des Sees, Schwanenkönigin und weißer Drache!”
    Naira verbeugte sich wie ein Schelm und genoss es im Mittelpunkt des großen Applaus zu stehen. Sie atmete Glück ein und atmete Selbstbewusstsein aus.

    “Und zuletzt unsere musikalische Unterstützung, unsere Planerin und Organisatorin! Gineva vom Berg!”
    Gisla trat vor verbeugte sich und griff die Stimmung auf, um die Menge zum Klatschen zu animieren. Dann stimmte sie eine fröhliche Melodie an, die sie schon beim umherziehen durch Trelis gespielt hatten.
    Naira und Chani begannen zu tanzen, Eskiel spielte mit dem Tamburin und Danzo holte seine Trommel hervor. Bevor Bhor noch mit der Laute sich dazu gesellte sprach er noch einmal.

    “Danke! Falls euch dieser Abend so gut gefallen hat, dass ihr uns noch ein paar Heller mehr gönnt - scheut nicht den beiden tanzenden Damen noch eine oder mehr Münzen in den Beutel zu werfen! Haha! Lasst uns spielen!”, rief der Riese und riss mit seinen bunten Vögeln die Menge mit. Sie sangen mit, tanzten und klatschten. Freude steckte doch in jedem guten Menschen und den Abend würden ihre Gäste bestimmt so schnell auch nicht vergessen.
    Naira und Chani tanzten durch die Menge und hielten große Beutel auf und bedankten sich bei jedem und jeder persönlich für das kleine Extra.

    Ein guter Abend, ein wundervoller Abend, ein mit Münzen klimpernder Abend. Naira tanzte zu Danzo, griff seinen Arm und schmiegte sich an diesen. Heute Abend wehrte er sich nicht, zog nicht zurück und ließ sie gewähren. Sie fühlte sich erleichtert und befreit, dass alles gut gegangen war und freute sich auf das Lagerfeuer mit ihrer Familie, mit ihren Freunden. Ein wirklich schöner Abend endete und begann zugleich.

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    Jaleel und Amina machten sich auf den Weg zum alten Sklavenmarkt. Die Straßen der Wüstenmetropole waren bereits belebt, und die Hitze des Tages begann sich langsam bemerkbar zu machen. Der Duft von Gewürzen und frisch gebackenem Brot lag in der Luft, vermischt mit dem weniger angenehmen Geruch von Abfall und Schweiß, der hier und da stümperhaft mit Parfüm überdeckt werden sollte. Jal fiel auf, dass Amina ungewöhnlich still war und fragte sich, ob er sie mit seiner Bitte überfordert hatte.
    Als sie den Markt erreichten, deutete die junge Frau auf alten Händler, der den Inhalt seines Karrens auf einigen Teppichen ausgebreitet hatte, auf denen er ebenfalls saß. Er war ein Mann von fortgeschrittenem Alter, mit einem langen, grauen Bart und tiefen Falten im Gesicht, die von einem Leben voller Geschichten zeugten. Seine Augen jedoch funkelten lebhaft und aufmerksam, als er die beiden näherkommen sah.

    „Guten Morgen!“, rief der Alte aus und lächelte breit, „Was kann ich für euch tun? Ah, war die junge Dame nicht erst vor wenigen Tagen bereits bei mir? Haben dich meine Waren auf den Geschmack gebracht?“, gluckste er vergnügt.
    Sein varantenisch war holprig, doch verständlich genug, dass es keine Kommunikationsprobleme geben würde. Insgeheim war Jaleel froh, dass er kein Landsmann von ihm war. So war die Gefahr geringer, dass er ebenso erbittert feilschte. Amina erwiderte das Lächeln nur zögerlich. Der Chronist erinnerte sich, dass sie sich diebisch gefreut hatte, als sie mit dem Manuskript zu ihm gekommen war. Offensichtlich hatte er ihr einen guten Preis gemacht und nun war sie auf der Hut, damit er ihr nicht doch noch mehr Gold aus der Tasche zog, als sie bereit war aufzugeben.
    „Mein Freund hier möchte mit dir über ein Manuskript sprechen, das ich bei dir erstanden habe.“

    Der Händler nickte verständnisvoll und wandte sich an den jungen Mann.
    „Wenn ich mich recht erinnere, hat die junge Dame einen dünnen Einband erworben, der einige Berichte über verschiedene Schlachten enthielt“, versuchte sich der Alte zu erinnern, wobei es auch sein konnte, dass er nicht preisgeben wollte wie genau er wusste, was den Inhalt des Büchleins anging.
    „Tatsächlich waren die meisten Seiten unlesbar, lediglich ein Bericht über die Schlacht von Kap Dun vor mehr als einer Dekade war noch zu entziffern und auch dort fehlten einige Passagen“, antwortete Jal und ließ sich somit auf das Spiel des Händlers ein, wenn es denn eins war.
    „Ah, ja richtig“, schien er sich zu erinnern, „Was möchtest du denn darüber wissen?“
    Jaleel trat einen Schritt vor und erklärte: „Ich habe einige Fragen zu den Ereignissen, die darin beschrieben sind, wenn Ihr darüber etwas wisst. Eine einzige Quelle ist zu wenig und mir erscheint der Bericht in sich bereits widersprüchlich zu sein. Kannst du mir vielleicht etwas mehr über den Autoren erzählen? Der Name war ebenfalls vom Zahn der Zeit zernagt.“

    Der Händler brummte nachdenklich und schaute für einen Moment nach rechts, als würde er dort Antworten finden oder aber herausfinden wollen, wie viel Wert diese Informationen hatten.
    „Was war denn lesbar vom Namen des Schreibers?“
    „Soweit ich es erkennen konnte, waren vom Vornamen noch die Silbe Ans und vom Nachnamen von Li, dann eine unleserliche Lücke und berg übrig“, rief der Sohn der Wüste problemlos seine Erinnerungen ab.
    Überlegend strich sich der alte Mann über den Bart.
    „Da klingelt nichts bei mir“, meinte er schließlich und zog entschuldigend die Schultern hoch, während er immerzu lächelte.
    Jal seufzte und zog seinen Lederbeutel hervor, aus dem er zwei Münzen fischte.
    „Und wie ist es jetzt?“, fragte er mit steinerner Miene.
    Für gewöhnlich halfen klingendes Gold gegen das Verhalten, was der Händler an den Tag legte.
    „Der Mann hieß Anshelm von Lindenberg“, antwortete er ohne Umschweife und ließ die beiden Münzen verschwinden.
    „Hieß?“
    „Ein Historiker von fragwürdiger Reputation. Man sagt, dass er sich gern künstlerische Freiheiten bei seinen Werken herausnimmt und ist wohl kaum als ernstzunehmende Quelle geeignet, fürchte ich. Und er ist vor einigen Jahren verstorben, die Götter mögen seiner Seele gnädig sein.“
    Jal fiel auf, dass der Mann bewusst keine bestimmte Gottheit nannte, war es in Varant trotz myrtanischer Herrschaft doch nicht immer ersichtlich, ob die Kundschaft Adanos, Beliar oder gar Innos huldigte.

    Da hatte die goldene Gedächtnisstütze eine wichtige Information hervorgebracht, die den Chronisten allerdings etwas verstimmte. Trotz seiner Worte Amina gegenüber, als sie über den Wahrheitsgehalt des Manuskripts gesprochen hatten, war er doch von Hoffnung erfüllt gewesen, dass der Bericht zutreffend war.
    „Ich verstehe. Ich danke Euch für die Aufklärung“, meinte Jaleel und neigte leicht den Kopf aus Respekt vor dem Alter.
    „Nichts zu danken. Wollt Ihr vielleicht einige andere Schriftstücke erstehen? Ich habe noch einige Fragmente und Briefe auftreiben können, die aus dem letzten Orkkrieg stammen. Auch ein Schriftwechsel von König Rhobar und…“
    „Habt Dank, aber nein. Möge die Sonne euch gnädig sein“, erstickte Jal den aufflammenden Geschäftssinn des Händlers und wandte sich bereits zum Gehen.
    Er warf Amina einen vielsagenden Blick zu und sie schloss sich ihm an.

    Einige Schritte liefen sie schweigend nebeneinander her bis sie außer Hörweite des alten Mannes waren. Der Chronist schaute zu seiner Begleiterin, die tief in Gedanken versunken zu sein schien.
    „Amina, ist alles in Ordnung?“, fragte er vorsichtig.
    „Ja, ich bin nur müde. Es war eine lange Nacht“, gab sie schwach lächelnd zurück, wobei ihre Augen unberührt davon blieben.
    „Dann haben wir etwas gemeinsam.“
    „Oh? Was hält dich denn wach?“, fragte sie mit Interesse.
    Jaleel zögerte. Er musste vorsichtiger sein, denn nun war er in der nicht beneidenswerten Lage sich eine Lüge ausdenken zu müssen.
    „Ich habe lange über einigen Schriftstücken gebrütet, die mir keine Ruhe gelassen haben“, hielt er sich vage, ehe er von sich ablenken wollte, „Und was war es bei dir?“
    „Ach, ich hätte nur einen Freund gebraucht“, gab sie salopp zurück und schaute weg.
    Er nickte verständnisvoll und blieb kurze Zeit später stehen.
    „Ich muss noch einige Besorgungen machen. Geh ruhig wieder heim.“
    „Wie du meinst…“, sagte sie leise und lief ohne sich noch einmal zu ihm umzudrehen weiter.

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    Jaleel beobachtete Amina, wie sie langsam in der Menge verschwand. Ein Gefühl der Unruhe beschlich ihn, als er ihre schlurfenden Schritte und die hängenden Schultern bemerkte. Die Sonne stand nun hoch am Himmel und brannte gnadenlos auf die Stadt herab. Der heiße Sand unter seinen Füßen knirschte bei jedem Schritt und der Schweiß rann ihm in kleinen Bächen über den Rücken hinunter.
    Er entschied sich, den Weg zum Basar fortzusetzen, um die benötigten Besorgungen zu erledigen. Die Geräusche der Stadt umgaben ihn wie ein lebendiges Wesen – das Rufen der Händler, das Lachen der Kinder, das Klappern der Karrenräder auf dem von tausenden Schritten hart getretenen Untergrund. Noch immer wehten ihm der Duft von Gewürzen um die Nase, aus einem nahen Kaffeehaus mischte sich das Aroma des dunklen und bitteren Heißgetränks dazu. Dennoch übertünchte beides nicht vollständig den beißenden Geruch des Unrats und Tierdungs, der sich in den Gassen sammelte.

    Jal betrat einen kleinen Laden, dessen Eingang von bunten Tüchern und Perlenvorhängen verhangen war. Im Innern war es angenehm kühl und die Luft war erfüllt von der beruhigenden Essenz von Weihrauch. Der Ladenbesitzer, ein jüngerer Mann mit einem freundlichen Gesicht und einem Turban, begrüßte ihn mit einem einladenden Lächeln.
    „Willkommen, mein Freund! Was kann ich für dich tun?“, fragte er mit einer Stimme, die wie Honig klang.
    „As-salāmu ʿalaikum, ich bin auf der Suche nach einer Lösung aus dem Harz der Akazie. Habt Ihr so etwas da?“, fragte der Chronist und ließ seinen Blick über die Regale schweifen, die mit allerlei Töpfchen, Behältnissen und Kerzen gefüllt waren.
    Er brauchte das verdünnte Harz, um seine Zeichnungen zu fixieren, damit sie nicht so leicht verwischten und besser am groben Pergament haften blieben. Ihm war sein Vorrat ausgegangen und wenn er heute Nacht auf eine Reise gehen sollte, wollte er nicht riskieren seine jüngsten Werke zu verlieren.

    „Natürlich, natürlich. Hier entlang“, sagte der Händler und führte ihn zu einem Regal, das mit diversen Krügen bestückt war, „Ein Krug?“, fragte der Mann und griff bereits nach einem in mittlerer Größe.
    „Ja, und habt ihr eventuell auch etwas, was ich durch den Griff ziehen kann, um es einfacher zu transportieren? Ich muss noch weitere Dinge besorgen.“
    „Selbstredend, einen Augenblick“, erwiderte der Ladenbesitzer und lief mit dem Krug in der Hand in ein Hinterzimmer, aus dem er kurze Zeit später zurückkehrte.
    An dem Gefäß war nun ein grobes zusammengebundenes Seil befestigt, das gerade lang genug war, um es sich über die Schulter zu hängen. Dann begann das Feilschen und wie immer gab Jal wohl zu früh auf. Dennoch verließ er den Laden mit einem guten Gefühl, denn seine Zeichnungen würden vorerst geschützt sein, wenn er noch genug Zeit fand sie zu versiegeln.

    Bis in den Nachmittag hinein wanderte er von Geschäft zu Stand bis er alles beisammen hatte, was er glaubte für die Reise zu brauchen. Er war etliche Goldstücke und Nerven ärmer, dafür reich an nützlichen Gegenständen.
    Sein Weg führte ihn schlussendlich zurück zu seiner Unterkunft. Die Hitze des Tages hatten ihren Höhepunkt erreicht und die Straßen waren nun fast menschenleer. Nur wenige Gestalten huschten von Schatten zu Schatten, um der sengenden Sonne zu entkommen. Sein eigener Körper war längst schweißgebadet und er sehnte sich danach die Robe loszuwerden und für einige Stunden zu ruhen, ehe er aufbrechen musste.
    Als er endlich sein bescheidenes Heim erreichte, trat er ein und ließ die schwere Holztür hinter sich ins Schloss fallen. Die kühle Dunkelheit des Raumes empfing ihn wie eine alte Freundin. Er setzte sich an seinen Arbeitstisch, der mit Büchern und Schriftrollen übersät war, und begann, seine neuen Errungenschaften auszupacken.

    Doch seine Gedanken wanderten immer wieder zu Amina. Etwas an ihrem Verhalten beunruhigte ihn. Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass er sie irgendwie beleidigt hatte, auch wenn er sich nicht entsinnen konnte, wann das gewesen sein sollte. Immerhin hatten sie sich die letzten zwei Tage nicht gesehen und…
    Ist es das?, fragte er sich plötzlich, als Sinn in das Chaos gelangte.
    War sie verstimmt, weil er sich nicht bei ihr hatte blicken lassen? War sie etwa auch auf eine Art ihm zugewandt, wie es Sahar häufig unverblümt äußerte, nur subtiler?
    Bei Adanos, bitte lass es nicht so sein, sandte seine Gedanken zum Gott des Gleichgewichts.

    Selbst, wenn er unter einem strengen Beliarglauben aufgewachsen war, hatte er sich nie für die Praktiken begeistern können. Viel interessanter war für ihn gewesen, was manch ein nomadischer Arenakämpfer ihm erzählt hatte, wenn er denn in der Lage gewesen war ein Gespräch mit ihnen zu beginnen. So hatte er auch von Haran Ho erfahren, dem legendären Nomaden, der nicht nur als unvergleichlicher Kämpfer in die Geschichte eingegangen war, sondern auch für seinen festen Glauben an Adanos. Wie viel der Legende wahr war, hatte er nie in Erfahrung bringen können, doch irgendwann würde er nach der Wahrheit forschen, so, wie er es auch mit dem Bericht der Schlacht um Kap Dun getan hatte.

    Dieser Gedanke brachte ihn zurück zu Amina. Was sollte er tun? Zwar konnte er durchaus charmant sein, wenn er es wollte, doch ohne entsprechende Gefühle, die er ihr entgegenbringen konnte, war es vergebliche Liebesmüh. Offensichtlich war er auch nicht so aufmerksam oder aufnahmefähig, wenn es um zwischenmenschliche Gefühle ging, die ihm gegenüber empfunden wurden. Als Außenstehender erkannte er solche Zeichen oft sofort wie schon beim Gespräch zwischen Hasdrubal und Sahar, doch was sich selbst anging war er blind und taub wie es schien.

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    Jaleel saß eine Weile still an seinem Tisch, die Gedanken an Amina und ihre möglichen Gefühle für ihn ließen ihn nicht los. Die kühle Dunkelheit de Raumes, die ihn zuvor beruhigt hatte, schien nun seine Unruhe zu verstärken. Er konnte das leise Zischen der Kerzen hören, die er entzündet hatte, um ein wenig Licht zu haben. Das Rascheln der Pergamente, die auf seinem Tisch verstreut lagen, entspannten ihn. Schließlich seufzte er tief und beschloss, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Er nahm das den Behälter mit dem Harz der Akazie und begann damit seine Zeichnungen sorgfältig zu fixieren. Die ruhige, meditative Tätigkeit half ihm, seine Gedanken zu ordnen. Mit jedem Pinselstrich, der er über die Rückseite seiner Pergamentrolle zog, fühlte er, wie sich ein Teil seiner Anspannung löste.
    Als die Sonne langsam unterging und die Hitze des Tages nachließ, machte sich der Chronist bereit für seine Reise. Die Schutzschicht aufzutragen hatte länger gedauert als angenommen und so hatte er keine Minute Schlaf gefunden. Hoffentlich würde ihn die Erschöpfung nicht im Laufe der Nacht einholen. Er packte seine Sachen zusammen, überprüfte seine Ausrüstung und stellte sicher, dass er alles Nötige dabei hatte. Die Geräusche der Stadt, die durch das offene Fenster drangen, wurden allmählich leiser, als die Menschen sich auf die kühleren Abendstunden und die Ausgangssperre vorbereiteten. Bevor er aufbrach, schrieb er noch eine kurze Nachricht an Amina, in der er sich für sein Verhalten entschuldigte und ihr erklärte, dass er für einige Tage unterwegs sein würde. Er hoffte, dass sie seine Worte verstehen und Nachsicht mit ihm haben würde. Mit einem letzten Blick auf sein bescheidenes Heim verließ er das Haus und trat hinaus in die kühle Abendluft.

    Voraussichtlich würde er es nicht rechtzeitig zum Treffpunkt schaffen. Jeden Moment würde die Nachtruhe ausgerufen und er war noch ein ganzes Stück von seinem Ziel entfernt. Er zählte darauf, dass er wie beim letzten Mal keiner Wache begegnen würde oder gar beobachtet wurde.
    Wie erwartet folgte das Läuten einiger Handglocken und die lauten Rufe der Stadtwachen hallten durch die Straßen.
    „Die Ausgangssperre beginnt! Jeder Bewohner hat sich unverzüglich in sein Heim zu begeben!“
    Obwohl er darauf vorbereitet war, überkam ihn ein Gefühl der Panik. Jal wusste, dass die anderen ihre Abreise wegen ihm nicht verschieben würden, aber er war ohnehin schon spät dran und musste nun noch mehr Acht darauf geben, keinem der Roten in die Arme zu laufen. Er zog die Kapuze seines neuen Mantels tief ins Gesicht und versuchte so leise wie möglich durch die schmalen Gassen zu huschen, immer darauf bedacht die Schatten zu nutzen, welche vom Fackelschein geworfen wurden. Nicht mehr lange und sie würden die kleinen Flammen löschen.
    Die Geräusche der Stadt waren nun fast verstummt, lediglich das gelegentliche Klirren von Metall oder entfernte Rufe der Wachen waren zu hören, wenn sie jemanden dazu anhielten sich zu beeilen.

    Der Chronist war sich seiner mangelnden Fähigkeiten im Schleichen bewusst. Jeder Schritt auf dem festgetretenen Sand schien lauter zu sein, als der vorherige, und er konnte das Klopfen seines eigenen Herzens in der Brust spüren. Er hielt inne, als er das Licht einer Laterne in der Nähe bemerkte und hörte die schweren Schritte einer Patrouille, die sich näherte. Jaleel drückte sich eng gegen eine Außentreppe, deren Schatten ihn in Dunkelheit hüllte, und hielt den Atem an, während die Nachtwachen vorbeigingen.
    Gerade als er dachte, die Gefahr sei vorüber, trat er versehentlich gegen eine morsche Kiste, die in dieser Seitengasse entsorgt worden war. Der Abfall im Innern ergoss sich auf dem noch warmen Sand und das Knacken war so laut, dass die ganze Stadt es gehört haben musste.
    „Wer ist da?“, rief einer von ihnen und leuchtete mit seiner Laterne in die Gasse. Jal spürte, wie ihm der Schweiß den Rücken hinunterlief. Er musste schnell handeln.
    So flink er konnte stürzte er um eine Häuserecke, drückte sich nah an der Wand entlang. Sein Gepäck würde ihn jedoch verraten, wenn er weiterhin rannte, denn der lose Inhalt in seinem Beutel knallte gegeneinander.
    „Verflucht“, stieß er schwer atmend aus und bog in eine weitere Gasse ab, von der er wusste, dass sie zwar kein offenes Ende, wohl aber eine stets offene Tür zu einem der Häuser besaß.
    Eilig drückt er sich in den heruntergekommenen Eingangsbereich und kauerte sich in eine Ecke, die von jeglichem Licht frei war.
    Angespannt zählte er seine Herzschläge. Durch die Tür konnte er die gedämpften Stimmen seiner Verfolger hören, die wohl noch nicht auf den etwas außer Sicht positionierten Eingang gestoßen waren.

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    Jaleel kauerte in der Dunkelheit, sein Atem ging flach und schnell. Die stickige Luft des heruntergekommenen Huses roch nach Staub und altem Holz, vermischt mit einem Hauch von Gewürzen, die durch die Ritzen der Wände drangen. Er konnte das entfernte Murmeln der Stadtwachen hören, die sich langsam entfernten. Die Stille, die folgte, war fast greifbar, nur unterbrochen von gelegentlichen Tropen von Wasser irgendwo im Innern des Hauses.
    Wasser?, fragte er sich, als er realisierte, dass der nächste Brunnen weit entfernt war.
    Erneut stieg Panik in ihm auf, als er seinen Blick durch den finsteren Raum schweifen ließ. Die Schatten tanzten an den Wänden, als ob sie lebendig wären, und das schwache Licht der fernen Laternen warf gespenstische Muster auf den Boden. Jaleel konnte das leise Rascheln von Ungeziefer hören, welches in den Ecken des Raumes nach Nahrung suchten. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Geräusche, versuchte, seinen Herzschlag zu beruhigen.

    Nach einigen Minuten, die ihm wie Stunden vorkamen, wagte er es, sich zu bewegen. Langsam erhob er sich, seine Beine zitterten vor Anspannung. Vorsichtig schlich er zur Tür und lauschte. Die Stimmen der Wachen waren nun kaum noch zu hören, und er wusste, dass dies seine Chance war. Er streckte die Hand nach dem Türgriff aus.
    „Nicht da raus“, drang eine feste Stimme an sein Ohr.
    Vor Schreck zuckte er so stark zusammen, dass seine Schultern zu schmerzen begannen und er stolperte einige Schritte vom Ursprung der Stimme fort bis er gegen die morsche Wand des heruntergekommenen Hauses stieß und sich nur knapp auf den Beinen halten konnte. Vor ihm in den Schatten konnte er nichts weiter sehen außer einer Reihe von Zähnen, die aufblitzten, als die Frau, die ihn angesprochen hatte, breit zu grinsen begann. Etwas weiter unten schimmerte Stahl im fahlen Schein der Laternen, die von außen in das Innere des Raumes schienen, von dem etwas dunkles hinabfloss.
    „Und ich dachte, du hättest mich bereits bemerkt“, spotte die Gestalt, welche im nächsten Augenblick einen Schritt auf ihn zu machte.
    „Naima?“, fragte Jal krächzend.
    „Wer sonst?“, grinste sie.
    Sein Blick fiel auf die Dolche in ihren Händen, welche mit scharlachrotem Blut befleckt waren, welches langsam und dick gen Boden tropfte. Was bei Adanos hatte sie getan?

    „Was…wieso bist du hier?“, fragte der Chronist und richtete sich vorsichtig wieder auf, stets ihre Dolche im Auge behaltend.
    „Um dich zu suchen, natürlich. Du bist mal wieder spät dran und Sahar wurde mit jeder Sekunde unausstehlicher. Darum bin ich los, um dich zu finden“, erklärte sie in einem Tonfall, als wäre er ein ungebildetes Kind, wobei sie selbst den Kinderschuhen kaum entwachsen war.
    „Das…ich wurde aufgehalten, wie du sicher bemerkt hast“, versuchte er sich zu rechtfertigen.
    „Hab ich. Und auch deine lächerlichen Versuche dich lautlos zu bewegen“, verhöhnte sie seine Schleichversuche.
    Naima trat näher, ihre Augen funkelten im schwachen Licht.
    „Du bist wirklich ein hoffnungsloser Fall, Jal. Kämpfst nicht, bist laut wie ein Urvieh und trotzdem schleift Sahar dich mit. Sie wollte partout nicht aufbrechen, bevor du da bist“, sagte sie mit einem spöttischen Lächeln, „Aber keine Sorge, ich bin hier um dich zu retten“, fügte sie süffisant an.
    Jaleel konnte den leichten Duft von Sandelholz wahrnehmen, der von Naima ausging, vermischt mit dem metallischen Geruch des Blutes an ihren Dolchen. Er schluckte schwer und nickte.
    „Danke, Naime. Ich weiß nicht, was ich ohne dich tun würde“, meinte er und konnte einen Hauch Sarkasmus in seiner Stimme nicht unterbinden.
    „Pass lieber auf, sonst endest du wie der Kerl über uns“, drohte sie, grinste dabei aber.
    „Was?“
    „Was denkst du, wo das Blut herkommt, hm?“, fragte sie und hob zur Verdeutlichung ihre Dolche an.
    „Du hast…jemanden ermordet?“
    „Tja, entweder er…oder du.“
    Jal wurde blass. Was sollte das heißen?

    Ohne ein weiteres Wort führte der kleine Schatten ihn durch das verfallene Haus, ihre Schritte leicht und sicher, während sich der verstörte Chronist bemühte, leise zu bleiben. Die Dielen knarrten unter seinen Füßen, was ihm einen scharfen Blick von Naima einbrachte.
    „Roll deine Füße über die Ballen ab, sonst haben wir gleich die halbe Stadtwache am Hals!“, fauchte sie und wandte sich wieder ab.
    Die Luft war stickig und schwer, und der Geruch von Schimmel und Verfall hing ihm in der Nase.
    Als sie das Haus verließen, umfing sie einmal mehr die kühle Nachtluft wie ein erfrischender Hauch. Die Sterne funkelten am Himmel, unbehelligt von jeglichen Wolken, und der Mond warf ein silbriges Licht auf die sandigen Straßen von Mora Sul. Die Stadt war nun fast vollständig in Dunkelheit gehüllt, nur gelegentlich durchbrochen von den Fackeln und Laternen der Wachen.

    Naima führte Jaleel durch ein Labyrinth aus engen Gassen und schmalen Durchgängen, die selbst er nicht alle kannte, immer darauf bedacht, im Schatten zu bleiben. Die Geräusche der Stadt waren nun fast verstummt, nur das gelegentliche Heulen des auffrischenden Windes, der durch die Gassen pfiff, war zu hören. Bahnte sich etwa ein Sandsturm an? Er konnte das leise Flüstern von Naima hören, die ihm Anweisungen gab, wohin er treten sollte, um keinen Lärm zu machen.
    Plötzlich blieb Naima stehen und hob die Hand. Jal hielt den Atem an und lauschte. In der Ferne konnte er das leise Klirren von Metall und die gedämpften Stimmen der Wachen hören. Sie waren nah, aber noch nicht nah genug, um sie zu entdecken.
    „Wir müssen hier entlang“, wisperte der Schatten und deutete auf eine schmale Gasse, die in die Dunkelheit führte, „Bleib dicht bei mir.
    Der Sohn der Wüste nickte und folgte ihr, seine Augen versuchten die Dunkelheit zu durchdringen. Er bemerkte, dass sie ihn nicht zum üblichen Versteck führte, sondern gen Norden lief. Den Grund dafür konnte er sich denken, weswegen er dem Schweigen treu blieb, wie sie ihn angewiesen hatte.

    „Du bist spät“, sagte Sahar irritiert, als sie aus einer weiteren Gasse traten.
    Die nördliche Stadtmauer ragte vor ihnen auf und am Eingang eines unscheinbaren Hauses lehnte die Anführerin vermeintlich lässig am Türrahmen. Sie warf Naima einen kurzen Blick zu, die sich an ihr vorbeischob und durch die Tür schritt.
    „Es tut mir leid“, antwortete Jaleel leise, „Ich wurde aufgehalten.“
    „Das ist jetzt egal“, erwiderte die Frau, deren Laune kaum besser zu sein schien als noch in der vorherigen Nacht, „Wir müssen los, bevor die Wachen uns entdecken. So gut Naima sein mag, riskiere ich lieber nichts.“
    Mit diesen Worten machten sie sich gemeinsam auf den Weg ins Innere des alten Schmugglerverstecks in dessen Eingeweiden ihr Weg in die Wüste auf sie wartete.

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    Jaleel folgte Sahar und Naima durch das verfallene Schmugglerhaus. Die Wände waren mit Rissen durchzogen und der Boden knarrte unter ihren Schritten, außer bei Naima, die an der Spitze lief. Der Geruch von altem Holz und Staub hing schwer in der Luft. Sie erreichten eine versteckte Falltür, die die junge blonde Frau mit einem geübten Handgriff öffnete. Ein dunkler Tunnel erstreckte sich vor ihnen, und Jal konnte die kühle, trockene Luft spüren, die aus der Tiefe emporstieg.
    „Los, keine Zeit zu verlieren“, drängte Sahar und stieg als Erste hinab.
    Der Chronist folgte ihr, Naima bildete die Nachhut und sorgte dafür, dass die im Boden eingelassene Luke so gut verborgen war, wie möglich. Der Tunnel war eng und dunkel, nur das schwache Licht von zwei Fackeln, die in einiger Schritte Entfernung brannten, erhellten den Weg und die ernsten Gesichter der übrigen Mitglieder ihrer Gruppe. Die Wände waren aus grob behauenem Stein, vermutlich jener, der zu dem Felsen gehörte, auf dem Mora Sul erbaut worden war. Der Boden war mit feinem Sand bedeckt, der bei jedem Schritt leise knirschte.

    „Na endlich“, brummte Fahim sichtlich genervt von der Verzögerung und drehte sich mit seiner Fackel bereits um, „Ich bin schon viel zu lange hier unten für meinen Geschmack.“
    „Beschwer dich bei jemanden, den es interessiert“, gab die Anführerin ungerührt zurück und nahm Jabir die zweite Fackel ab, ehe sie sich an die vorderste Stelle ihrer kleinen Karawane drängte.
    Schweigen legte sich über die Gruppe, als sie dem erstaunlich gradlinigen Gang folgten, der versprach, sie aus der Stadt zu führen. Jaleel fragte sich, ob sie an einer besonderen Stelle herauskommen würden. Vermutlich nicht, denn ein geheimer Schmugglertunnel lebte wohl eher von Unauffälligkeit, als leicht zu merkenden Landmarken.

    Nach einer Weile erreichten sie das Ende des Tunnels. Sahar schob eine schwere Steinplatte zur Seite und sie traten hinaus in die kühle Nachtluft. Der Himmel war mit Sternen übersät und der Mond warf ein silbriges Licht auf die sandige Landschaft, was den Anschein erweckte sie würden auf die wogenden Schaumkronen des Meeres blicken. Mühsam erklommen sie eine Düne, an deren Fuß sie herausgekommen waren bis sich vor ihnen die endlose weite der Wüste ersteckte. Jaleel konnte die Silhouetten von Rashid und Amir erkennen, die im Dünental unter ihnen auf sie warteten.
    „Alles klar?“, fragte Sahar leise, als sie zu den beiden Männern traten.
    „Ja, die Gegend ist sicher“, antwortete der ältere der beiden Brüder gewohnt besonnen, „Wir können weiterziehen.
    Er hatte seinen Speer in der Hand und wirkte hier draußen wie ganz in seinem Element, anders als in dem stickigen Kellerraum ihres Versteckes.

    Jal atmete erleichtert auf. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie viel Anspannung ihn noch immer im Griff gehabt hatte, seit Naima ihn gefunden und sicher zum Schmugglerhaus gebracht hatte. Jetzt jedoch fühlte er sich leicht und konnte endlich wieder nach vorn sehen. Doch eine Frage quälte ihn noch immer.
    „Naima?“, weckte er vorsichtig ihre Aufmerksamkeit.
    „Hm?“, erwiderte sie gelangweilt.
    „Wen hast du getötet?“
    „Du hast jemanden umgebracht?“, fragte Sahar, die das beginnende Gespräch aufgeschnappt hatte.
    „Keine Ahnung, war ein Kerl in dunkler Kleidung und war offensichtlich darauf aus Jal hier ans Leder zu gehen“, gab die junge Frau unbeeindruckt von sich, „Hab den noch nie vorher in der Stadt gesehen.“
    „Verdammt“, knurrte die Anführerin überraschend aggressiv, „Wenn das einer vom Geheimdienst der Roten war, haben wir ein echtes Problem.“
    „Fürs erste sind wir nicht mehr in der Stadt“, bot Rashid einen Lichtblick in der finsteren Lage.
    „Schon, aber wenn sie Jal verfolgen, dann kann es auch sein, dass sie einige andere beschatten. Wenn sie Wind von unserem Vorhaben bekommen haben, dann…“
    „Wir haben doch bisher nichts getan, was Aufmerksamkeit erregt hätte“, mischte sich Jabir ein.
    „So oder so. Ab jetzt geht niemand mehr alleine durch die Straßen, wenn wir zurück sind, kapiert?“, stellte Sahar eine neue Regel auf und sah jeden nacheinander an.
    Keiner von ihnen wirkte sonderlich glücklich über diese Maßnahme.

    Zwar hatten sie es unbemerkt geschafft, aus der Stadt zu entkommen, doch die Probleme schienen sie auch hier nicht loslassen zu wollen. Zudem war die Wüste ein gefährlicher Ort und ihre Reise hatte gerade erst begonnen. Jaleel blickte zurück gen Süden, wo Mora Sul über den Dünen thronte. Er war seit Ewigkeiten nicht mehr aus der Stadt gekommen und nun würde er sie für eine ungewisse Zeit nicht mehr wiedersehen. Die beklagenswerte Situation war zwar eine Last auf seinem Herzen, doch die Heimat nur aus der Ferne zu betrachten, versetzte ihm einen ungeahnten Stich. Hoffentlich würden sie finden, was sie in den Höhlen suchen wollten.

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    Unter Bakaresh

    Schon damals hatte sich Berash gefragt, warum gerade eine Stadt wie Bakaresh überhaupt unterirdische Katakomben besaß. War es vor langer, langer Zeit einmal eine Kanalisation gewesen? Das machte nur wenig Sinn. Auch wenn die Stadt an einem Hafen lag, so gab es doch nicht genug Regen beziehungsweise Wasser im allgemeinen um einen solchen Ort regelmäßig durchzuspülen. Und genau das brauchte eine solche Kloake nun einmal, sonst würde es irgendwann zu Verstopfungen führen. Schon Absurd, wie so etwas dem menschlichen Prozess einer Verstopfung ähnlich war, da halfen dann auch nur besondere Hilfsmittel wie ein Liter Pflaumen- oder Apfelsaft. Und in beiden Fällen war das Ergebnis dann eine ziemlich übel riechende Brühe. Vielleicht sollte man doch lieber Abstand von dem Gedanken einer Kanalisation nehmen.

    Da machten Katakomben schon eher Sinn. Aber dafür gab es hier zu wenig Gebeine. Zwar waren es sicherlich noch genug um einem der Schwarzmagier genug feuchte Träume zu bescheren, so das dieser an Dehydrierung verstarb. Aber es waren bei weitem nicht genug um eine so große Anlage zu erklären. Außerdem waren die meisten Katakomben auf irgendeine Art und Weise verziert, schließlich zog sich durch so ziemlich alle Kulturen eine Art von Ehrerbietung den Verstorbenen gegenüber. Gut, kaum eine war so überzogen wie die der Nordmarer, die einen fast wahnhaften Ahnenkult betrieben.
    Somit war die einzig logische Erklärung, dass es hier um alte Ruinen handeln musste, ähnlich der Ruinenfelder um Bakaresh herum. Die alte Kultur, welche einst das Antlitz der Wüste beherrscht hatte, hatte überall in Varant seine Spuren hinterlassen, warum also nicht auch hier? Und es machte Sinn auf dem Fundament von vergangenem etwas neues zu errichten. Gerade an heilligen Orten wurde dies ja öfters getan.
    Aber was es auch schlussendlich war, Berash konnte es herzlich egal sein. Es erfüllte seinen Zweck.

    Das Licht einer blackenden Fackel fraß sich in die pechschwarze Dunkelheit und vertrieb die Finsternis um einige Meter. Wie eine Insel inmitten eines Meers aus dunkler Tinte wirkte das Licht wie ein einsamer Fleck und wurde begleitet von den leisen Schritten des früheren Emirs. Hier und da huschten kleine Nagetiere davon, vermutlich aufgeschreckt von dem plötzlichen Überfall aus Licht während Berash langsam durch das... Gewölbe? Ja, Gewölbe war ein passender Begriff. Während Berash also langsam durch das Gewölbe schritt.
    Immer wieder hielt er inne und lauschte. Auch wenn er nicht daran glaubte, dass dieser Weg von der Garde des Königs oft frequentiert wurde, so musste er doch auch Nummer sicher gehen. Nicht das er noch einen Trupp überhörte und ihnen dann plötzlich in die Arme lief. Und das er mit Fackeln hier herum laufen musste half noch weniger dabei.
    Wie gern hätte sich Berash eine Blendlaterne besorgt, aber seine Mittel waren mittlerweile völlig ausgereizt. Da war nicht mehr genug übrig für so ein teures Handwerksstück. So musste sich der Assassine mit Fackeln behelfen. Davon konnte er zumindest genug als Reserve mit sich führen.

    Früher hatte er sich um die Dunkelheit keine Gedanken machen müssen. Als Berash noch in Beliars Gunst gestanden hatte war er vom dunklen Gott selbst mit der Gabe gesegnet worden mit den Schatten und der Finsternis zu verschmelzen und sie zu durchqueren. Die tiefste Dunkelheit war für Berash wie der helle Tag gewesen, die Schatten waren seinem Willen unterworfen. Doch mit seinem Verrat an Beliar, dem alten Bund und seinen Assassinen war der frühere Emir zu tief gefallen um überhaupt noch in der Gunst des Dunklen zu stehen. Wo Beliar den Getreuen gab, so nahm er den Verrätern auch. Also musste Berash nun durch dieses Gewölbe gehen wie ein gewöhnlicher Mensch, angewiesen auf das Licht. Die Ironie war dabei deutlich erkennbar.

    Hoffentlich war er bald da. Und bei Beliar, hoffentlich hatte er sich nicht verlaufen.

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    Nordwestlich von Mora Sul

    Die Gruppe setzte ihren Marsch durch die Wüste fort, der kalte Mantel der Nacht war längst keine erfreuliche Abwechslung mehr zu der sengenden Hitze des Tages, sondern zerrte an den Kräften der Menschen. Jaleel spürte die Erschöpfung in seinen Gliedern, die durch den Schlafmangel der letzten Nacht noch verstärkt wurde. Jeder Schritt fiel ihm schwerer und er musste sich zwingen, nicht zurückzubleiben.
    „Alles in Ordnung, Jal?“, fragte Rashid, der bemerkt hatte, wie der Chronist langsam aber stetig ans Ende der kleinen Karawane gefallen war.
    „Ja, lediglich Müdigkeit, die mich plagt“, antwortete er und versuchte, ein Lächeln aufzusetzen.
    Doch Rashid kannte ihn bereits lang genug, dass er sich nicht von ihm täuschen ließ.
    „Halte noch ein wenig durch. In einiger Entfernung kommen wir an einigen Ruinen vorbei. Ich werde mit Sahar sprechen. Du scheinst nicht der einzige zu sein, dem dieser Gewaltmarsch zusetzt“, meinte der Nomade und nickte zu Zahira, die wenige Schritte vor ihnen lief.
    Tatsächlich wirkte die zierliche Frau so, als würde sie schwanken, während sie eine weitere Düne erklommen. Der Sand unter ihrer aller Füße rieselte bedenklich abwärts und wenn man nicht Acht gab, würde man sich schnell wieder am Ausgangspunkt wiederfinden, den Mund voller Sand.

    Jal nickte und der ältere der beiden Brüder beschleunigte seine Schritte, um zu Sahar aufzuschließen, die dicht hinter Amir lief, der die Gruppe anführte. Wenn es darum ging sich in der Weite des Wüstenmeeres zu orientieren, stand niemand über den beiden und so war es nicht verwunderlich, dass die Anführerin für diese Reise die Leitung abgab.
    Das Gespräch zwischen Rashid und Sahar konnte der Chronist nicht hören und auch erkennen konnte er nur wenig, denn seine Sicht begann zu verschwimmen, dunkle Punkte verbargen Teile des klaren Nachthimmels und ein Schwindel drohte ihn zu übermannen. Er glaubte zu sehen, wie die beiden energisch diskutierten und einem Blick nach hinten folgte ein zögerliches Nicken der Frau.
    Wie eine Ewigkeit kam es Jaleel vor bis die Ruinen in Sicht kamen, von denen Rashid gesprochen hatte. Sie wirkten auf den ersten Blick wie die bedauernswerten Überreste eines kleinen Dorfes längst vergangener Zeiten, doch der belesene Historiker wusste um den Schein, der ihn zu trügen versuchte. Es handelte sich bei den verfallenen Mauern um Überreste der Bauten des alten Volkes und es faszinierte ihn immer wieder, wie lange sie dem Zahn der Zeit zu widerstehen vermochten. Selbst, wenn es nur noch die Knochen einer einstigen Hochkultur waren, hatten sie noch immer Bestand.

    Völlig entkräftet ließ sich Jal an einer der Mauern nieder, seinen Rücken an den kühlen Stein gelehnt. Auch einige der anderen ließen sich ächzend fallen und hießen die Pause willkommen.
    „Wir können nicht lange bleiben“, warnte Sahar sie, die nicht so aussah, als würde ihr die Wanderung zu schaffen machen, „Ich will nicht während des Tages laufen, wenn die Sonne uns röstet und wenn wir nachts nicht genug Strecke hinter uns bringen, wird uns das Wasser ausgehen.“
    „Es wäre besser, wenn wir den Rest der Nacht und auch den Tag hier rasten würden“, stellte sich Rashid gegen die Worte der Anführerin, die zweifelnd die Brauen anhob und den Aufmüpfigen anfunkelte, „Von hier bis zur Gebirgskette gibt es keinen so guten Platz zum Ausruhen wie diesen hier. Unser Wasser wird reichen und in den Höhlen finden wir dann die Vorräte der Assassinen. Darunter wird sich auch Wasser befinden. Vielleicht gibt es sogar eine Wasserader in den Tunneln.“
    Seine Logik war schwer zurückzuweisen, doch Sahar gab sich nicht ohne einen Kampf geschlagen. Sie zog den Nomaden zur Seite und eine weitere hitzige Diskussion entbrannte, deren Worte jedoch nicht an Jaleels Ohren drangen.

    „Du musst was trinken“, brummte eine Stimme neben ihm.
    Amir, der jüngere der beiden Brüder, lehnte stehend an der Wand und schaute auf den Chronisten herab. Jal nickte und holte seinen Wasserschlauch hervor. Gierig trank er einige tiefe Züge und erst jetzt bemerkte er, wie durstig er eigentlich war.
    „Trink nicht so schnell!“, hielt der andere ihn davon ab die erfrischende Flüssigkeit weiter in sich hinein zu schütten, „Nimm kleine Schlucke und behalte sie einen Moment im Mund. Das ist effektiver“, riet er ihm.
    Der Unerfahrene folgte dem Hinweis und tatsächlich bemerkte er, wie sein Durst schneller gestillt wurde. Seltsam.
    „Außerdem hast du viel zu viel Gepäck“, führte Amir seine Lektion fort und deutete auf den großen Beutel, der neben Jaleel stand, „Davon kann sicher mehr als die Hälfte weg, aber da ich kein Interesse an einer Diskussion wie von den beiden da habe“, er deutete auf seinen Bruder und die Anführerin, „war das alles, was du von mir zu dem Thema hören wirst. Du wirst schon selbst noch merken, was du umsonst eingepackt hast.“
    Damit überließ er den Erschöpften wieder seinen Gedanken, doch auch diese verließen ihn bald, als er in eine von Ausgelaugtheit und Schlafmangel herbeigeführte Bewusstlosigkeit glitt.

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    Nordwestlich von Mora Sul

    Jaleel erwachte mit einem Ruck aus seinem traumlosen Schlaf, als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont krochen und die Ruinen in ein goldenes Licht tauchten. Die anderen waren bereits auf den Beinen und unterhielten sich untereinander. Rashid und Sahar hatten anscheinend einen Kompromiss gefunden, denn die Gruppe schien sich auf eine längere Rast vorzubereiten. Proviant wurde hervorgeholt und einige Leinentücher aufgespannt, um vor dem unerbittlichen Fluch Innos‘ Schutz zu finden. Zwar gab es unter den verfallenen Mauerwerken auch noch einige, die eine Art Decke besaßen, doch schienen die wenigsten von ihnen angetan von der Idee zu sein sich im Innern dieser brüchig wirkenden Steine aufzuhalten.
    „Gut geschlafen?“, fragte Amir, der neben ihm stand und ihm eine Hand entgegenstreckte, um ihm aufzuhelfen.
    „Besser als erwartet“; antwortete Jal und nahm die Hand dankbar an, „Was haben Rashid und Sahar entschieden?“
    „Wir werden bis zum späten Nachmittag hier bleiben und dann weiterziehen, erklärte der jüngere Bruder, „Rashid hat sie überzeugt, dass es sicherer ist, die Hitze des Tages zu meiden. Zu dieser Jahreszeit ist die Sonne unerbittlich.“

    Der Chronist nickte und begann, seine Sachen zu ordnen. Er dachte über die Worte des Nomaden vom Vortag nach und entschied, dass es tatsächlich sinnvoll wäre, sein Gepäck zu erleichtern. Doch was hatte er dabei, dass nicht notwendig war?
    Seine Pergamentrolle würde er keinesfalls zurücklassen und auf Wasser und Proviant konnte er natürlich nicht verzichten. Das Seil wiederum könnte aussortieren. Er hatte daran gedacht, dass es nützlich sein könnte, wenn sie in den Tunneln auf ein Hindernis stoßen, welche sie hinabklettern müssten. Doch es wog auch eine ganze Menge, weswegen er es für den Moment beiseitelegte. Doch der Rest erschien ihm sinnvoll zu sein. Was konnte Amir denn noch gemeint haben? Vielleicht würde er ihm doch antworten, wenn er noch einmal fragte, allerdings hatte sich der Wüstenläufer bereits von ihm entfernt.

    Für den Moment beließ er also alles so, wie es war und griff stattdessen nach einigen Äpfeln und einem Wasserschlauch, sein Frühstück. Während er in das frische Obst biss, inspizierte er die Ruinen etwas genauer. Immerhin hatte er bisher nur die Ruinen um Mora Sul und jene bei Al Shedim besucht, welche vom Zahn der Zeit stark mitgenommen waren. Hier sah es nicht viel besser aus, doch wer wusste schon, was sich hier finden ließ? Langsam schritt er zwischen zwei Mauern hindurch über etwas, was einst wohl mal eine Straße gewesen sein dürfte. Ob dieser Ort ein Dorf war? Die ihm bekannten Ruinenfelder waren viel weitläufiger gewesen. Eventuell konnte es auch ein Außenposten vom antiken Mora Sul gewesen sein.
    Ehrfürchtig ließ er seine Finger über den rauen Stein gleiten, der so viele Geschichten kannte, den Jal nur zu gern gelauscht hätte. Leblos mochte man sie nennen, doch sie standen hier seit hunderten von Jahren, hatten den Aufstieg und Untergang einer großen Zivilisation miterlebt. Wenn sie doch nur sprechen könnten.

    Er bog um eine fast intakte Häuserecke und fand Fahim vor, der sich soeben erleichterte. Als er ihn bemerkte grunzte er nur, richtete seine Hose und stapfte wortlos an Jaleel vorbei. Was bitte war denn mit dem schon wieder los? Der Chronist schaute an den Wänden entlang und entdeckte ein großes, rundes Emblem, an dessen äußerem Rand sich mehrere Symbole sammelten, die ein größeres in der Mitte umringten. Fasziniert trat er näher, darauf bedacht nicht in den kürzlich bewässerten Sand zu treten. Was diese Zeichen wohl bedeuten mochten? Eines erinnerte ihn an eine Mühle, wie es sie in Midland geben sollte. Ein anderes wirkte wie eine Blüte. Nachdenklich ob der möglichen Bedeutung fuhr sich Jal mit den Fingern übers bärtige Kinn.
    „Ob Rashid oder Amir etwas hierüber wissen?“, fragte er sich laut und holte dann eine unbenutzte Rolle Pergament hervor, sowie einen Kohlestift.
    Erst wollte er es abzeichnen, doch ihm fehlte ein solider Untergrund, weshalb er sich kurzerhand einer anderen Technik besann, die sich hier anbot. Vorsichtig drückte er das Pergament gegen das Emblem, nahm den Kohlestift dazu und rieb die lange Seite vorsichtig über die ganze Länge. Nach und nach wurden die einzelnen Symbole sichtbar, welches sich aufgrund des geringen Drucks stärker abzeichneten, als die tieferliegenden Bereiche.
    Vielleicht hätte er bald die Zeit sich näher mit der alten Kultur zu beschäftigen.

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    Ehrengarde Avatar von Berash
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
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    Unter Bakaresh

    Müde kaute Berash auf einem Stück Trockenfleisch, während er dem Knistern der Flammen lauschte. Der frühere Emir hatte während seiner Wanderung durch die Katakomben mit den verschiedensten alten Knochen eingedeckt und diese nun zu einem Haufen aufgestapelt und angezündet. So hatte er Fackeln sparen können. Und es war zumindest etwas beruhigender mit dem flackernden Lichtschein.
    Die Idee war aus der Not geboren worden, schließlich war es hier unten vermutlich unmöglich ordentliches Holz zu finden. Dann doch lieber ein bisschen Grabräuberei. Oder war es eher Grabschändung? Einerlei, manchmal musste man schlicht und ergreifend improvisieren.

    Immer wieder musste Berash kleine Pausen einlegen, weil er die Orientierung verloren hatte. Es war über ein Jahrzehnt her, dass ihm Abu Din den Weg hier unten gezeigt hatte. Den geheimsten Weg hinein in die Kasbah. Nur der Emir und der älteste der Assassinen hatten von diesem Weg gewusst, ein Geheimnis, dass nie leichtfertig weiter gegeben wurde. Ob DraconiZ damals auch von dem Geheimgang unterhalb Bakareshs gewusst hatte? Berash wusste es nicht. Abu Din war jedoch eines Tages auf den Assassinen zugekommen und hatte ihn hier herunter geführt. Aber wie schon gesagt, dass war lange her.
    Immer wieder hatte Berash Teile des Weges zurück gehen müssen, damit er sich wieder orientieren konnte. Und selbst jetzt war er sich nicht hundertprozentig sicher, auf der richtigen Spur zu sein.

    Während er also das salzige und zähe Trockenfleisch mit einem Schluck Wasser herunter spülte, ging Berash im Geiste noch einmal all seinen Bestand durch. Knapp die Hälfte der Fackeln hatte er verbraucht. Entweder ging er nun weiter und riskierte hier unten verloren zu gehen oder er kehrte um und versuchte es an einem anderen Tag erneut. Doch dafür benötigte er erneut Gold. Und da er kein Dieb und kein Händler war, konnte das schwierig werden. Er war immer nur ein Kämpfer gewesen, ein Streiter Beliars. Doch damit war kein Gold zu machen, ganz abgesehen davon, dass er nur einen einfachen Krummdolch am Gürtel seines Kaftans trug.
    Eine lächerliche Waffe, wenn man sie mit seinen früheren Klingen verglich. Khopesh-Klingen waren seine Waffe der Wahl gewesen und hatten ihn über die Jahre treue Dienste geleistet. Und jetzt vermoderten sie im Hafenbecken der Stadt, nachdem er sie dort auf seiner Flucht hinein geworfen hatte.
    "Beliar, was würde ich dafür geben die Zeit zurück zu drehen..." murmelte er leise, bevor er den letzten Bissen hinunter würgte.

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    Bhor sicherte die hintere Klappe am Wagen und gab Eskiel das Zeichen. Der brachte dann das Zweiergespann aus Lutz und Wutz in Bewegung und der erste Wagen fuhr los. Dann stieg Bhor auf ihren Wagen auf und gab Miracoli und Ändy mit den bügeln das Zeichen los zu laufen.
    Es ruckelte ein wenig und dann fuhr der Wagen gemächlich los. Naira saß wieder auf dem Dach des Wagens und widmete sich ihren Zeichnungen und Gedanken.
    Trelis war immer wieder ein guter Ort um viel einzunehmen. Nach dem ersten Auftritt hatten sie noch ganze zwei Mal eine Vorführung gegeben, da es sich in der Stadt herumgesprochen hatte. Ja, selbst der Vogt und der Statthalter waren zugegen und hatten wohl ihren Spaß. Naira hingegen empfand es an jenem Abend als steif und angepasst. Die einfachen Leute hielten sich zurück mit derben Kommentaren und lustigen Sprüchen. Nein, alle benehmen sich wie in einem verdammten Kloster Innos’.
    Darunter litt die Kunst und Naira empfand ihre Darstellung als nicht so gut wie die beiden Male zuvor.
    Doch wie Gisla immer sagte “...halt die Reichen aus, bleib nach der Vorführung bei uns und lass dich nicht zu irgendeinen Herrn alleine bitten - und denk an das Gold, dass sie - im Gegensatz der üblichen armen Schlucker - bei einer Vorführung da lassen.” - so oder so ähnlich war die Lektion dafür und Recht hatte Gisla allemal.
    Mit dem Gold, das sie vom Vogt bekamen, konnten sie gut und gerne mal eine Vorführung umsonst machen und hätten immer noch etwas übrig.

    “Ach Gisla…”, dachte sich Naira und blätterte in ihrem alten Zeichenbuch oder eher Sammlung von Zeichnungen. Dort hatte sie eine Skizze von Gisla gemacht. Sie wusste dank des Datums sogar, wann es war. Vor gut fünf Jahren…
    Damals war sie noch mehr ein Mädchen und keine Frau. Stur und bockig, weil sie lieber mit Onkel in Nordmar jagen wollte und sich Turya oder den Amazonen vorstellen wollte, um von ihnen ausgebildet zu werden. Doch Arakos und ihr Onkel entschieden anders und gegen ihren Willen. Genauso die anderen Erwachsenen, die so alt waren, dass Naira ihnen am liebsten davonlaufen wollte. So schnell konnten sie ja nicht sein. Doch sie lief nicht sofort davon, sondern hatte einen Plan. Sie wollte die Gelegenheit nutzen, dann weg zu laufen, wenn etwas Zeit vorüber wäre und es sich anbieten würde. Dann hätte sie sich nach in das Hauptlager des Waldvolkes durchgeschlagen und Arakos damit konfrontiert, dass er sie besser zur Waldläuferin ausbilden lässt. Mit ihrer Flucht als Beweis.
    Als sie dann eine Woche später auf Gisla erstmals traf, waren ihre Fluchtgedanken innerhalb weniger Tage weg. Sie wurde wie eine Mutter und Naira wie eine Tochter. Naira hatte viele Mütter im Waldvolk, doch Gisla war sowas wie ihre beste Mutter.
    Sie hatte Naira an die Hand genommen und ihr ganz genau erklärt, was der große Plan mit dem Kommando von Bhor war. Was mit der Zeit aus ihr werden sollte, wenn sie die Beste unter den insgesamt vier Mädchen werden würde und dass sie auch von ihnen vieles lernen würde, was sie später einmal genauso gut gebrauchen könnte und mehr. Als zukünftige Waldläuferin war und sollte man nicht nur auf die Wälder beschränkt sein.
    Da hatte sie auch recht und man konnte sagen, dass Naira sowas wie der Anfang einer neuen Generation werden sollte. Das hatte ihr damals gut gefallen und nicht zu vergessen, was Gisla für sie zwischenmenschlich war.
    Ihre Gespräche gingen oft tief in die Nacht, sie erklärte ihr, dass alles mit dem Frau werden, sein und was zählte, um nicht nur einen guten Kerl abzubekommen, sondern auch selbstbestimmt durch das Leben zu schreiten. Denn diese Welt war keine einfache, wo die Träume einer jungen Frau einfach so wahr wurden, wenn sie daran glaubte und abendlich ihre Gebete aufsagte.
    Als Naira die Notizen auf der Rückseite der Zeichnung entzifferte, musste sie sofort an ein Gespräch mit ihr denken. Über ihren Weg…

    “Wie war das damals in Silden?”, fragte sie damals.
    “Schön. Es war friedvoll, die Menschen fröhlich und unsere Feste im ganzen Reich bekannt. Mein Vater war ein Waldläufer und hatte meine Mutter - so sagte er - aus Nordmar geraubt, weil sie viel zu schön für die axtschwingenden Ziegenböcke war. Sie selbst war Skaldin, brachte mir das Singen und das Spiel auf der Fidel bei. In Silden selbst war sie aber auch ein berüchtigtes Waschweib. Mein Bruder kam zwei Sommer vor mir auf die Welt und eiferte meinem Vater immer nach. Es war ein gutes Leben dort.
    Man hielt es sogar mit den Königstreuen aus. Wir waren sowas wie Bürger des Reiches, wurden mit unseren Bräuchen und Sitten in Ruhe gelassen und gaben lediglich das ab, was des Königs war. Tribute und Hilfe durch unsere Kommandos. - Änderte sich natürlich alles mit dem Krieg vor der Tür. Ich selbst war noch ein Mädchen, bevor die Orks über den Nordmarpass kamen. Das ist gut zwei Jahrzehnte her…”

    “Was passierte dann?”, fragte Naira.

    “Ich war so alt wie du jetzt und hatte so vieles verloren. Mein Vater starb bei den Gefechten in den Nordwäldern. Freunde und Nachbarn hab ich danach nie wieder gesehen und unsere Heimat ging verloren. Wir waren Flüchtlinge - meine Mutter, mein Bruder und ich - wie alle aus Silden. Zunächst fanden wir in Beria Schutz. Aber auch da kamen die Orks und unserem Volk ging es schlecht. Die Anführer gefallen oder verschwunden. Keine Zuflucht mehr. Das Thing beschloss, dass wir uns aufteilen und verstecken, bis unsere Zeit wieder kommt.
    Viele folgten den Pfaden der Waldläufer. Lebten in Jagdkommandos in der Wildnis und beobachteten. Andere wollten oder konnten nur in den Städten überleben. So auch meine Mutter. Vater war tot und sie wollte mich und meinen Bruder nicht in der Wildnis aufziehen und versorgen.
    Wir zogen über Ardea, nach Kap Dun und dann, als auch dort die Orks kamen, nach Vengard. Ich hatte dort in den ersten Jahren ehrlich gesagt nur Mist gebaut. Mutter arbeitete die ganze Zeit und mein Bruder wurde rekrutiert. In den Straßen hieß es zu überleben und ich tat was nötig war. Zunächst ging das ganz gut mit meiner Fidel und Gesang auf der Straße. Aber je kleiner die Schlinge der Orks um das myrtanische Reich wurde, umso härter wurde alles. Ich habe für paar Münzen Dinge getan, für die ich mich wirklich schäme und geklaut habe ich noch mehr. Wäre nicht ein alter Freund, der in Montera lebt, wäre ich heute nicht hier.”, erinnerte sie sich und klang nachdenklich.

    “Lebt er noch? Wie hat er dir geholfen? Was geschah dann?”

    “Ich weiß, dass es ihm gut geht. Ich stelle ihn dir sicher einmal vor. Er wusch mir den Kopf, scheuerte mir eine, weil ich mich beinahe an ein Bordell verkauft hatte und gab mir Arbeit, um über die Runden zu kommen - auf ehrliche Weise. Er war in dieser Zeit der Vater, den ich brauchte.
    Irgendwann verliebte ich mich in einen Burschen der Schmuggler für das Reich. Er war wohl auch am Ende Spion und ich ging mit ihm mit.
    Es war das Beste in dieser Zeit für mich, meine Mutter und meinen Bruder.
    Er brachte mir manche Dinge bei und der Nervenkitzel zu schmuggeln und zu spionieren… Hatte schon was. Und mit der Schmuggelware half ich meiner Familie. Leider wurde er irgendwann entdeckt und gehängt. Ich schlich mich davon und war am Boden zerstört. Es war nicht die große Liebe, aber es war Liebe, verstehst du?”

    “Verstehe…denke ich zumindest. Ich bin noch zu jung für die Liebe…glaube ich…- er war einfach nicht der Prinz aus den Märchen. - Und dann bist du irgendwann zurück zum Waldvolk, oder? Wie war das?

    “Man suchte mich und meinen Bruder in Vengard auf. Alle die noch lebten und untergetaucht waren oder nun alt genug waren, wurden aufgesucht. Die Waldläufer um Raddeck kannten meinen Vater gut und meine Mutter hielt Kontakt zu ihnen. So auch viele andere vom Waldvolk, die wohl nur auf diesen Tag gewartet hatten. Es herrschte Aufbruchstimmung in den verborgenen Lagern. Man hatte sich unter Raddeck von den früheren Wunden erholt, Leute ausgebildet, neue Taktiken erprobt, Mut gefasst und Pläne geschmiedet. Nicht nur für einen Angriff, sondern auch für danach.”

    “Wow! Du warst also bei der Rückeroberung von Silden dabei?!”, fragte sie damals erstaunt.

    “Ja, ich gehörte damals dazu. Zusammen mit vielen anderen meiner Generation wurden wir ein Jahr lang auf den großen Angriff vorbereitet. Ich wurde am Bogen ausgebildet, wir kamen in Jagdkommandos unter, wo wir lernten wie man sich bewegt, wie man im Wald kämpft und was wir beim großen Angriff machen würden. Ein ganzes Jahr reichte bei weitem nicht für alles, um als Waldläufer zu gelten - aber für Raddecks großen Plan genügte es. Und dann war die Zeit gekommen. Wir brannten alle darauf, Rache für unsere Familien, Freunde, Silden und Beria zu nehmen. Und wir waren so aufeinander eingeschworen, dass es für uns nur eine freie Zukunft in Silden geben konnte. Wir wollten siegen.”

    “Und das habt ihr. Stimmt es, dass Raddeck aus dem Wasser angriff? Wie ein Krokodil?”
    Gisla lachte auf.

    “So in etwa. Sein Kommando kam über den See und gab das Zeichen zum Angriff. Raddeck wurde aber nicht deswegen das Krokodil genannt. Er war es, der nach dem Fall von Silden den Feind jahrelang beobachtete, einen Plan schmiedete und ganz still lauerte wie ein Krokodil am Ufer. Und er hatte wirklich jahrelang mit Fischerboot und Versteck am Ufer spioniert. Als er dann mit uns zuschnappte, hatten die Orks und ihre Söldner keine Chance. Wir haben bestimmt tausende Pfeile verschossen und sie in die Wälder gelockt. Dort nahmen wir sie auseinander und als Verstärkung aus Geldern kam, erfuhren die Orks und ihre Söldner, was die grüne Hölle ist. Von da an fürchteten die Orks auch die Sildenwälder. Und die waren unser Wohnzimmer.
    Mit der Zeit holten mein Bruder und ich unsere Mutter zurück und so kamen auch andere Familien zurück in die Heimat. Wir bauten Silden wieder auf und ich will sagen, dass es die beste Zeit damals war. Wir hatten uns unsere Heimat erkämpft und große Anführer und tapfere Menschen beschützten Silden.”, erzählte Gisla damals und schwelgte den alten Zeiten hinterher. Nairas Augen leuchteten damals, weil sie all die Geschichten und Namen kannte.

    “Der große Griffin und seine Abenteuer, Schwertmeister Hayabusa und Dekker, der den grausamen Kriegsherrn Varek einen Pfeil von einem Baum aus auf 500 Schritt ins Auge schoss! Die wunderschöne Heilerin Leyla, der Barde Gwydion und der wilde Jadewolf. Meister Corax Erindar und Jodas der Höllenhund! Unser Bhor natürlich und Chris von den Küstenläufern! Arkantos der Falke und Oberon von den Snappern! Nara und Mara von den Amazonen! Die unvergleichliche Turya und Orthego Spinnentod! Ach und so viele noch mehr. Du hast sie alle gekannt?”, zählte sie auf und hatte noch unzählige Namen im Kopf. Es waren Namen, mit denen sie aufgewachsen war und deren Geschichten man sich an den Feuern erzählte.

    “Viele von ihnen. Viele sind nun auf Argaan, aber manche besuchen das Festland hin und wieder. Hat dich jemand von ihnen mal besucht?”, fragte dann Gisla damals überraschend.

    “Mich? Nicht bewusst. Was sollen sie auch von mir wollen? Dieser Jadewolf war mal bei Opa Aethel und auch meinen lieben Onkel hat er besucht, als wir im jagen waren. Aber mich hat er nur begrüßt und dann mehr ignoriert. So wie auch Arakos und die anderen, die Opa und Onkel immer mal besucht haben. Ich habe aber auch schon Nara, Mara, Turya und Arkantos getroffen und mir ihre Geschichten angehört! Vor Oberon habe ich mich jedoch gefürchtet. Wieso fragst du, Gisla?”, erzählte sie damals als noch sehr junge Frau.
    “Nur so. Mich hat interessiert, ob du jemanden von ihnen kennst, weil du so viele Namen kennst.”

    “Ach…ich liebe Geschichten und merke mir einfach sehr viel, Gisla. Vor allem Namen. Wie hast du Bhor kennengelernt?"

    Gisla lachte verliebt auf und schüttelte den Kopf, als ob sie überlegen müsste, was sie nun erzählt.
    “Wir waren in einem Jagdkommando, als wir Silden zurückeroberten. Er war von Anfang an in mich verguckt, aber sooooo schüchtern, dieser alte Brummbär. Ein Mann wie ein Baum, mit einer riesigen Axt und Stimme wie ein Bär - wie alle von den Baribal. Nur vor mir war er immer ein Bärenjunges und war ganz nervös, wenn ich mit ihm sprach. Für mich war es ein lustiges Spiel und ich erwartete, dass Bhor den ersten Schritt endlich macht.
    Nach ein paar Monaten in Silden wurde er dem nördlichen Lager in den Sildenwäldern zugeteilt und in den zwei Monaten habe ich gemerkt, dass ich Bhor sehr vermisse. Also was hab ich getan? Ich habe Jodas so lange genervt, dass er mich auch dahin geschickt hat. Du hättest Bhors Gesicht sehen müssen, als ich da stand und mich dem Lager vorstellte. Noch am selben Abend lauerte ich Bhor auf, packte seine große Hand und sagte >Sag mir was du fühlst, wenn du meine Hand hältst.<. Und dann sagte er Worte schöner wie in den Liedern und Geschichten. Noch nie hatte ein Mann so aufrichtig und liebevoll mit mir gesprochen. Er gestand mir seine Liebe, ohne dass er es sagte. Dann hab ich Bhor geküsst und keine drei Wochen später haben wir geheiratet. Zehn Monate später kam Borin zur Welt und ein Jahr darauf Barik. Sie sind heute ungefähr so alt wie du. Sie wachsen bei meiner Mutter und der Familie Baribal auf. Mein Bruder lehrt sie die Pfade der Waldläufer und ihr Großvater zeigt ihnen, ein richtiger Baribal zu sein. Ich vermisse meine beiden Jungen, aber so geht es dir und vielen anderen vom Waldvolk nicht anders. Ich habe meinen beiden Jungen damals etwas Wichtiges gesagt und ich denke, auch du wirst es verstehen. - Zur Freiheit aller, gehört auch die Pflicht Dinge zu tun, die das Herz nicht immer will. Du kannst nichts bewahren, indem du nur das tust was dir gefällt.”, sagte Gisla damals und noch heute gehörten diese Worte in Nairas Schatzkiste der wichtigen Lektionen fürs Leben. Wohl nicht nur bei ihr.

    Der Rest war zusammen erlebte Geschichte. Tränen, Freude, Glück, Streit und Momente, die wichtig waren. All das hatte die Zeichnerin woanders in ihrem Zeichenbuch verewigt. Sei es bei Bhor oder Eskiel oder einen Ort oder Ereignis, die sie aus der Erinnerung heraus gezeichnet hatte.

    Gisla stieg die Leiter des Wagens hinauf. Ihr Blick streng und kurz davor zu schimpfen. Naira verdrehte die Augen.
    “Ich weiß. Ich habe mich ein wenig bei der Tochter des Vogts bedient, als sie nach der Vorführung zu uns kamen und sie meine Tanzschritte noch gerne einmal sehen wollte. Aber glaub mir, sie hat diese kleine, hässliche Geldkatze nicht gebraucht. War bestimmt ein Geschenk ihres Vaters, der sich über die Farbe gar keine Gedanken gemacht hat. Rot bei einer blonden Dame mit hellen, blauen Augen.”, rechtfertigte die kleine Taschendiebin.

    “Das tut nichts zur Sache. Es fällt auf und das fällt auf uns zurück, wenn sie am selben Abend diese auffällige Sache gestohlen bekommt. Erst recht, wenn sonst zwei Leibwächter um sie stehen. Den Beutel hättest du dort liegen lassen sollen.”, meinte ihre beste Mutter.
    “Kann man doch wieder an einen Vogt ohne Geschmack verkaufen.”, sagte sie frech.
    “Und wenn sich die Vögte ohne Geschmack treffen und der eine das vermisste Geschenk erkennt, dann wissen sie, wer es geklaut hat.”
    “Oder der beklaute Vogt bezichtigt den anderen Vogt mit seiner Tochter geschlafen zu haben und ein tödlicher Kampf um die Ehre entfacht. Ein Mistvieh weniger…”
    “Träum weiter, Naira Flammenherz. Schmeiß die Geldkatze weg, bevor es Bhor merkt. - Das Gold verstaue ich in unserer kleinen Schatulle. Für Notfälle.”, wies Gisla an und wollte wieder hinabsteigen.

    “Gisla…” - ”...ja?” - ”Danke, dass du mir eine so gute Mutter bist.” - ”...und du die Tochter, die ich immer haben wollte. Und jetzt hör auf so eine weinerliche Schnute zu ziehen. Sonst weine ich noch wirklich…”
    Naira nickte mit einem Lächeln und schloss ihr Zeichenbuch. Es ging los.

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    Ehrengarde Avatar von Berash
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
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    Erschöpft und völlig am Ende blieb Berash stehen und musterte den "Raum" (wenn man ihn so nennen konnte), in dem er angekommen war. Er war sich nicht sicher, war dies nun der richtige Ort oder hatte er sich am Ende doch hier unten verirrt? Schon mehrmals hatte er umkehren müssen, weil er sich an den Weggabelungen falsch orientiert hatte. Jeder Gang zurück hatte ihn nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch kostbares Licht gekostet. Und langsam zehrte die Stille und das kaum wegzudrängende Dunkel an seiner geistigen Verfassung.
    Dabei hatte es erst harmlos angefangen. Einzelne Lichtfunken waren ihm im Dunkel erschienen und hatten den früheren Emir abrupt innehalten lassen, weil er befürchtete, dass sich andere Leute in den Katakomben befanden. Fast schon hektisch hatte er dann Ecken gesucht, in denen er sich verstecken konnte und dabei die Fackel abzuschirmen versuchte. Bei einer dieser Gelegenheiten hatte er sich sogar die Hand versengt. Doch nie war irgendwer plötzlich aus dem Dunkel gestürmt. Dabei hatte Berash sich immer schlimmere Szenarien ausgemalt. Zuerst nur einzelne Gardisten, kaum mit mehr ausgerüstet als Fackeln und Kurzschwertern. Irgendwann erwartete er sogar einen ganzen Trupp, angeführt von Paladinen und Rittern. Aber all das entsprang nur seiner Fantasie.

    Viel schlimmer war das Flüstern gewesen, welches später hinzu kam. Ein leises Wispern, kaum mehr als geraunte Worte. Doch immer wieder schienen sie ihn zu rufen. Berash, flüsterten sie. Hier entlang, raunte ihm ein nicht vorhandener Wind zu. Sein Licht sollte er verlöschen lassen und sich zu ihnen in die Finsternis gesellen. Mit honigsüßen Worten lockten sie den Assassinen und drängten ihn dazu wieder ein Teil der Dunkelheit zu werden, so wie er es früher einmal war.
    Doch Berash blieb standhaft. Beliars Gabe des Schattenwandelns war ihm genommen worden als er sich vom dunklen Gott abgewandt und feige vor der Armee Rhobars III geflohen war. Und tief in seinem Inneren spürte Berash, dass er diese Gabe niemals wieder zurück erhalten würde. Vielleicht konnte er Beliars Gunst irgendwann wieder erlangen, die Möglichkeit bestand noch, das konnte er fühlen. Doch genau wie er wusste, dass Wasser nass war und Feuer heiß, spürte er mit absoluter Gewissheit, dass diese Gabe für immer verloren war.
    Und nun stand er hier in dieser leeren Kammer und wusste nicht mehr weiter. Hatte er sich von seinen Fieberträumen doch zu sehr ablenken lassen? Würde er hier unten in der Dunkelheit nun langsam verhungern und verdursten müssen? Vielleicht würde er irgendwann einfach erschöpft einschlafen, wenn das letzte Licht erloschen war und aus diesem Schlummer nie wieder erwachen. Futter für die Ratten, Würmer und allerlei anderes Ungeziefer, welches hier in den Schatten lauerte. Und irgendwann würde man vielleicht seine Knochen finden, vom Alter ganz porös und abgenagt...

    Verzweifelt stöhnend legte er den Kopf in den Nacken und sandte ein Stoßgebet zu Beliar. Wenn dies nun sein Ende sein sollte, dann würde er es akzeptieren. Doch viel lieber würde er dem dunklen Gott wieder dienen und dessen Macht auf Erden mehren wollen. Nur eine Chance, eine allerletzte Gelegenheit, mehr wünschte sich Berash nicht. Und egal, wofür sich Beliar auch entscheiden mochte, Berash würde mit dessen Namen auf den Lippen in seine Sphäre eintreten. Ob nun hier und am Ende seiner Kräfte oder an einem anderen Ort. Das Leben des Assassinen gehörte IHM.

    Etwas erregte die Aufmerksamkeit des Kriegers. Das Licht seiner Fackel warf merkwürdige Schatten an der Decke. Zögernd hob er sie höher, versuchte mehr vom flackernden Licht zu verteilen. Und je höher er die Fackel hielt, desto mehr wurde ein Zeichen deutlich. Das Symbol, welches Berash die ganze Zeit gesucht hatte! Er blinzelte mehrfach, rieb sich die Augen mit der freien Hand um ja keiner Sinnestäuschung zu unterliegen. Doch das Symbol blieb immer noch da.
    Es war wesentlich älter als er es in Erinnerung hatte. Nichts konnte ewig dem Zahn der Zeit widerstehen. Doch noch immer war das Relief deutlich zu erkennen. Ein Schädel, unter dem sich zwei Klingen kreuzten. Das Symbol des alten Bundes! Genau so eines trug Berash als Brandmal auf seinem Oberarm.
    Dem Assassinen stiegen die Tränen in die Augen und Erleichterung brach die Dämme in ihm. Beliar hatte ihn nicht verlassen! Mehr denn je war sich der Assassine sicher, dass der dunkle Gott noch nicht fertig mit ihm war und weitere Pläne mit ihm hatte!
    "Beliar, ich danke dir..." flüsterte Berash ein kurzes Dankesgebet an IHN. Es würde bergauf gehen. In mehr als einer Hinsicht.

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    Waldläufer Avatar von Jaleel
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    Nordwestlich von Mora Sul

    Jaleel betrachtete das Pergament mit den Abdrücken der Symbole und fühlte eine Mischung aus Aufregung und Neugier. Diese Zeichen könnten der Schlüssel zu einem tieferen Verständnis zu der alten Kultur sein, die einst hier lebte. Er beschloss, Rashid und Amir so bald wie möglich zu fragen, ob sie etwas über diese Symbole wussten.
    Während er zurück zu den anderen ging, bemerkte er, dass die Gruppe sich um eine kleine Feuerstelle versammelt hatte. Nicht zu nah, um zu der Hitze des Tages noch die Wärme der Flammen zu fügen, dennoch hielten sich alle in der Nähe auf. Es war schon verwunderlich wie Menschen sich zu so etwas grundlegendem wie Feuer hingezogen fühlten. Der Ältere der beiden Nomadenbrüder war gerade dabei, einige Kräuter in einen Topf zu geben, während Sahar Wasser aus einem Schlauch hinzufügte. Die Stimmung war ruhig und konzentriert, jeder schien in seinen eigenen Gedanken vertieft zu sein.

    „Rashid, Amir, könnt ihr euch das hier mal ansehen?“, fragte Jal und hielt das Pergament hoch, als er sich der Gruppe näherte, „Ich habe diese Symbole an einer der Wände gefunden. Wisst ihr, was sie bedeuten könnten?“
    „Hey, die waren dort, wo ich gepinkelt habe!“, meldete sich Fahim äußerst hilfreich.
    „Und plötzlich ist mein Interesse von gering bis nicht existent gesunken“, merkte Naima an und wandte sich ab, um ihrerseits einen Streifzug durch die Ruinen anzugehen.
    Fahim sah ihr verständnislos nach, ehe er die Schultern zuckte und seine Aufmerksamkeit der dampfenden Suppe zuwandte, die im Kessel vor sich hin brodelte. Rashid nahm das Pergament entgegen und betrachtete es nachdenklich.
    „Diese Symbole… sie sehen aus wie alte Zeichen für verschiedene Berufe und soziale Stellungen. Meine Großmutter hat mir einmal von ihnen erzählt. Sie sollen anzeigen, welche Rollen es in einer Gemeinschaft gab. Eine Art Rad, in welchem jede Speiche zum Ganzen gehört.“
    Amir nickte zustimmend: „Ja, ich erinnere mich auch daran. Diese Zeichen wurden oft an zentralen Plätzen einer Siedlung oder Stadt angebracht, um zu verdeutlichen, welche Zünfte es in diesem Ort gab. Aber ich habe noch nie gesehen, dass sie so gut erhalten waren.“

    Der Chronist fühlte eine Welle der Dankbarkeit für das Wissen der beiden Gefährten.
    „Das ist unglaublich. Kennt ihr die Bedeutungen der einzelnen Symbole? Gibt es eins für die Kaste der Krieger? Das einzige Zeichen, wo ich mir etwas drunter vorzustellen vermag, ist dieses hier“, er deutete auf jenes, welches einer Mühle glich, wie sie in Midland gebaut wurden, „Aber ich habe noch nie von dieser Art Mühle in Varant gehört.“
    Sahar runzelte die Stirn und begann Schüsseln mit Suppe zu verteilen.
    „Hier, esst etwas und vergesst nicht, wofür wir diese Strapazen auf uns nehmen. Das ist keine Forschungsreise, sondern eine Etappe zu unserem Ziel Varant zu befreien“, erinnerte die Anführerin sie alle, „Das alte Volk ist vergangen, wir sind es, die Geschichte schreiben.“
    Jaleel nahm die Schale dankbar entgegen und setzte sich mit dem Rücken an eine der alleinstehenden Wände. Während er aß, dachte er über die Worte nach, die Sahar soeben gesprochen hatte. War es falsch der Vergangenheit nachzugehen? Nein, es gab viel zu lernen aus Fehlern und Erfolgen der Altvorderen und wenn man die Augen vor dem verschloss, was vor einem kam, wäre es, als würde man ohne Erinnerungen leben.

    Die Vergangenheit war ein Schatz an Wissen und er war fest entschlossen, so viel wie möglich daraus zu lernen. Ob er dabei auf Verständnis traf oder nicht, spielte keine Rolle für ihn. Es musste Gründe dafür geben, weshalb das alte Volk so große Städte und Tempelanlagen hatte erbauen können und auch wieso Adanos die Flut schickte. Denn selbst, wenn Innos‘ und Beliars Tun den Gott der Mitte dazu gedrängt haben, so zerstörte er doch vieles von dem, was er selbst erschaffen hatte. Welch drastische Maßnahme. Jal maßte sich nicht an zu verstehen wieso ein Gott wie handelte, doch zu vernichten, was einem lieb ist, erfordert von einem Menschen viel Willensstärke. Zu opfern, was man selbst erschuf, um zu verhindern, dass es korrumpiert wird. War das ein Grund, weshalb man kämpfen sollte? Um zu verhindern, dass die eine oder andere Seite über die andere herrschte? Und wenn dem so war, gab es auf dem Morgrad derzeit nicht ein gewaltiges Ungleichgewicht der Kräfte? Das Großreich Myrtana brachte Innos‘ Namen in die ganze bekannte Welt, tilgte den Glauben an andere Götter, stahl die Lebensweise anderer Völker. Konnte man ihre Rebellion damit eine Basis schaffen? Beliar war den Assassinen in der Nacht der Mazamir nicht hold gewesen. Würde Adanos handeln, wenn er sah, dass sie das Gleichgewicht seiner Sphäre bewahren wollten?

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    Nordwestlich von Mora Sul

    „Packt eure Sachen. Wir brechen gleich auf“, rief Sahar, als sich die Sonne langsam ihrem abendlichen Fall hingab.
    Es kam Bewegung in die zuvor noch ruhenden Leiber, als sie sich aus sitzenden oder sogar liegenden Positionen erhoben. Das Wenige, was sie ausgepackt hatten, war schnell verstaut und auch, wenn Jaleel sein Gepäck nicht erleichtert hatte, so fühlte er sich ausgeruht und gestärkt genug, um den zweiten Teil der Reise zu überstehen. Einige wenige Stunden würden sie noch Sonnenlicht und die begleitende Hitze als ihre Weggefährten haben, doch danach würde ihnen das kühle Laken der Nacht die Wanderung erleichtern.
    „Also los“, kam das Kommando und die befehlsmäßige Karawane setzte sich in Bewegung.

    „Sind wir schon da?“, fragte Naima, kaum, dass sie losgezogen waren und grinste breit, als sie ein genervtes Seufzen von weiter vorn vernahm.
    Der Chronist konnte nur schmunzelnd den Kopf schütteln. So fähig der Schatten sein mochte, so kindisch war sie zwischendurch noch. Ihr junges Alter zeigte sich in solchen Momenten besonders.
    „Naima?“, sprach er sie freundlich an.
    Sie warf ihm einen gelangweilten Blick zu und rümpfte die Nase.
    „Bitte keine langatmigen Erzählungen darüber, wie das alte Volk Kletterpflanzen statt Treppen benutzt hat, um von einem Stockwerk ins nächste zu gelangen“, wollte sie ihm wohl sein Vorhaben vorwegnehmen und hob abwehrend eine Hand.
    „Das…war merkwürdig spezifisch“, erwiderte Jaleel überrumpelt.

    „Ich wollte nur auf Nummer sicher gehen“, meinte die kleine Blondine und zuckte mit den schmalen Schultern, ehe sie frech grinste.
    „Danke, dass du mir in Mora Sul geholfen hast“, kam er zudem eigentlichen Grund, weshalb er sie angesprochen hatte, „Ohne dich hätten mich die Wachen erwischt oder derjenige, dem du zuvorgekommen bist.“
    Trotz der verweilenden Hitze fröstelte es ihn einen Moment lang, als er daran zurückdachte, dass ihm jemand aufgelauert hatte.
    „Ein Tag wie jeder andere“, tat der kleine Schatten das Lob an, als wäre es nichts, „Ich war dem Kerl schon länger auf der Spur, aber erst, als er eine Chance witterte, konnte ich ihn erwischen. Also sind wir quitt“, entschied sie, „Deine Schleichfähigkeiten sind trotzdem auf dem Stand eines betrunkenen Bergtrolls“, schob sie ihre üblichen Sticheleien hinterher.

    Jal ließ es unkommentiert. Er hatte nie Verwendung dafür gehabt, sich lautlos bewegen zu müssen. Und auch jetzt sah er sich nicht wie ein Dieb durch die Gassen stehlen. Doch wäre es nicht sinnvoll zu lernen? Wissen über allesmögliche gehörte zu seinen Aufgaben als Chronist, selbst wenn er sich spezialisiert hatte. Allerdings glaubte er nicht, dass er mit Naimas Lehrmethoden zurechtkommen würde. Viel mehr fürchtete er sie derartig zu nerven, dass sie schlicht aufgab.
    Die Sonne verlor die Dominanz über den Himmel, als das Licht der Sterne sie überstrahlten. Der Mond war voll heute Nacht und die weiten Sanddünen glitzerten wie dunkles Silber, als würden sie über eine Landschaft aus Metall wandern. Die Wüste war in der Dunkelheit ebenso verzaubernd wie am Tage und bei all den Beschwerlichkeiten, die sie ihrem Volk aussetzte, gab sie auch zurück mit einzigartig fruchtbarem Land um die Oasen und einer Lebensfreude der Menschen, die ihresgleichen suchte.

    Das Gebirge rückte immer näher und es konnte und es schien, als würden sie stetig einen leichten Anstieg erklimmen, fast so als wären sie bereits an den Ausläufern der Berge angekommen. So abwegig war dieser Gedanke nicht mal, denn wer wusste schon, wie viel des natürlichen Felsens sich unter dem Meer aus Sand erstreckt? Vielleicht liefen sie längst über Teile des Gebirges.
    „Wir werden vor Sonnenaufgang ankommen!“, rief Sahar von der Spitze des kleinen Trosses und schien froh zu sein, nicht durch eine weitere Rast noch mehr Zeit einzubüßen.
    Die Pause hatte sich als die richtige Wahl herausgestellt. Alle waren ausgeruht genug, um die zweite Etappe schneller als erwartet zu absolvieren du im Schatten der Berge konnten sie ungestört den Eingang zum Höhlensystem suchen. Jaleel wusste nur, dass nicht alle Zugänge blockiert worden waren, doch er hoffte, dass Rashid oder Amir mehr Details kannten. Ansonsten könnte sich die Suche als langwierig herausstellen.

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    Langsam und vorsichtig tastete Berash die Wände ab. Jetzt, wo er den richtigen Raum gefunden hatte, musste er nur noch den Schalter wiederfinden. Das Wappen des alten Bundes war der letzte Hinweis gewesen, den der frühere Emir noch benötigt hatte.
    Berash wusste nicht, wer das Relief in den Stein gemeißelt hatte, schließlich war es schon alt gewesen, als Abu Din ihm den geheimen Ein- und Ausgang in die Kasbah gezeigt hatte. Auch der alte Assassine hatte ihm nicht sagen können, wer ursprünglich dafür verantwortlich gewesen war. Er hatte nur gewusst, dass es diesen Weg gab. Zu klein und zu aufwendig aber um darüber Truppen oder Krieger zu schicken. Es war eher als Fluchtweg gedacht gewesen, so hatte der alte Assassine es zumindest vermutet. Schließlich stand und fiel eine Gemeinschaft oftmals mit ihrem Anführer. Und da es in der Mentalität vieler Varanter lag erst an sich zu denken, war es wohl auch kein Wunder, dass einer der früheren Emire diesen Weg angelegt hatte. Varanter und die Assassinen waren bekanntlich ein recht eigensinniges Völkchen.

    Da! Berash zuckte zusammen und stieß einen leisen Freudenschrei aus. Er hatte den Widerstand gespürt, während seine Hände über die Wände glitten. Er hatte den Schalter in der kalten Sandsteinwand entdeckt. Mit neu erwachten Lebensgeistern presste er seine Hand gegen die Erhebung, welche für das einfache Auge nach nicht mehr als einer einfachen Unebenheit in der Wand aussah, so wie die meisten Wände sie hier zeigten.
    Doch so einfach wollte sich die Steinplatte nicht bewegen. Kein Wunder, vermutlich war sie das letzte mal benutzt worden, als Abu Din ihm den Geheimgang gezeigt hatte. Und das war über ein verdammtes Jahrzehnt her. Doch Berash war jetzt nicht bereit aufzugeben. Stattdessen stemmte er sein ganzes Körpergewicht dagegen und erzeugte noch mehr Druck auf der Platte. Und langsam, so unendlich langsam glitt sie mit einem unheilvollen Knirschen in die Wand. Und dann... Klick. Der Mechanismus war eingerastet.
    Ruckelnd und knirschend glitt die Wand hinter Berash langsam zur Seite.
    Gerade noch rechtzeitig sprang Berash, noch während die geheime Tür sich öffnete, nach Links. Denn direkt nachdem sich die Steintür weit genug öffnete flogen auch schon mehrere Pfeile dorthin, wo der Assassine eben noch gestanden hatte. Klirrend schlugen sie gegen sie gegen die ihnen gegenüberliegende Wand und landeten dann auf dem Boden.
    Berash zählte im Kopf langsam bis Zehn, atmete ruhig ein und wieder aus. Dann flogen die nächsten Pfeile, womit sich das ganze noch einmal wiederholte. Nach ein paar Herzschlägen war der Spuk dann aber auch schon wieder vorbei.
    "Abu Din, du alter Drecksack..." murmelte er, bevor sich Berash vorsichtig der Tür näherte. Dabei blieb er immer noch an der Wand und war somit nicht im Schussfeld, falls der alte Assassine doch gelogen hatte. Doch da nichts weiter passierte, musste es nun wohl sicher sein.
    Abu Din hatte ihm zwar erzählt, dass er Pfeile als Absicherung hinzu gefügt hatte, doch von der zweiten Welle war nie die Rede gewesen. Doch das Funkeln in den Augen des alten Assassinen hatte Berash damals zögern lassen ihm vorbehaltlos zu trauen. Und anscheinend hatte er damit Recht behalten. Was hatte den Alten nur dazu getrieben, nicht die ganze Wahrheit zu erzählen? Oder war jemand später hier gewesen und hatte die Falle erweitert? Egal was nun der Fall war, Berash musste vorsichtig sein. Vielleicht war das nicht die einzige Veränderung gewesen.

    Mit dem letzten Restlicht der Fackel leuchtete der einstige Emir nun in den Raum, welcher sich geöffnet hatte. Gut, Raum war vermutlich zu viel des Guten. Eigentlich war es nur ein schmaler Alkoven, in welchem sich eine einfache Holzleiter befand. Mit dieser sollte man eigentlich problemlos hinauf in die Kasbah kommen, doch so Termiten zerfressen, wie die Leiter aussah, konnte Berash froh sein, wenn er überhaupt eine der Stufen hinauf kam. Das morsche Ding sah eher aus als würde es bei der leichtesten Berührung zu Staub zerfallen. Nein, so einfach würde der Aufstieg nicht werden. Doch dafür musste er erst einmal seine Kräfte sammeln.

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    Gebirge nordwestlich von Mora Sul

    In ihrem Rücken erhob sich allmählich der Feuerball, der den Himmel entflammte. Lange Schatten eilten ihnen voraus, als sie sich der Ostflanke des Gebirgsschlauchs näherten. Steingewächse säumten den felsigen Grund und dutzende Eidechsen krochen aus ihren Kuhlen und Spalten, um die morgendliche Wärme der Sonne aufzunehmen. Lichterloh schien der bräunlich rote Stein in den Farben des Morgens zu brennen, eine steile Küste im weiten Meer des Sandes.
    „Das sieht man nicht alle Tage“, hauchte Zahira mit ihrer gewohnt zaghaften Stimme.
    Ihre Bewunderung konnte Jaleel gut nachempfinden. Der Anblick, der sich ihnen bot, war atemberaubend und verdeutlichte, wie vielfältig und wunderschön die Welt war, die Adanos ihnen vermacht hatte.
    „Ein Symbol für unsere Situation. Eine Wand aus Feuer, die uns von der Freiheit trennt“, gab Sahar eine weitaus düstere Interpretation ab und stiefelte ohne ein weiteres Wort weiter.
    „Wie immer ein Sonnenschein, unsere Liva“, spottete Naima und folgte der Dunkelhaarigen mit einem leichten Hüpfen in ihren Schritten.

    Auch die anderen setzten ihren Weg fort, die oberirdischen Wurzeln des Gebirges empor, wo sie den ersten Höhleneingang vermuteten. Wie vermutet warteten dort lediglich Felsbrocken auf sie, die den Zugang versperrten. Ein Skorpion hob drohend den stachelbewehrten Schwanz, um zu zeigen, dass es sich hier um sein Territorium handelte. Fahim ließ sich auf die Herausforderung ein und trat nach dem Spinnentier, welches sich flink zwischen zwei Steine rettete.
    „Ha! Hab ich mir doch gedacht, dass du ein Schisser bist“, bellte der Bärtige triumphierend.
    Ein müdes Klatschen ertönte und als Jal sich umdrehte, sah er, wie Naima mit einem schiefen Grinsen lustlos die Hände aneinanderschlug.
    „Wow, so ein mächtiger Krieger!“
    Sie hob ihre Hände theatralisch an ihre Wangen und machte das Gesicht eines beeindruckten Mädchens.
    „Ja lach nur! Bei den Sandcrawlern wird es genauso laufen.“
    „Ganz bestimmt, mein Held.“
    Fahim schnalzte mit der Zunge und wandte sich ab.

    „Zwei Möglichkeiten haben wir“, schaltete sich Rashid besonnen ein, „Wir teilen uns auf, eine Gruppe sucht im Norden, die andere im Süden. Wenn wir etwas finden, schicken wir den schnellsten Läufer der anderen Gruppe nach“, malte er ihnen ein mentales Bild, „Oder wir entscheiden uns für eine Richtung und bleiben zusammen. Wenn wir dann einen Eingang finden, sparen wir uns Zeit.“
    Alle Blicke richteten sich auf Sahar, die das letzte Wort haben würde. Sie überlegte einen Augenblick, ehe sie eine Entscheidung traf.
    „Gemeinsam nach Norden. Lieber setze ich auf etwas Glück, als potentiell mehr Zeit zu verlieren. Außerdem würde es ewig dauern, bis beide Gruppen wieder zusammen wären. Und falls wir auf irgendwelche Probleme stoßen, habe ich lieber euch alle hinter mir, statt nur die Hälfte“, argumentierte sie ihren Entschluss und wartete auf Reaktionen.
    „Na dann los, bevor ich noch mit dem Berg verschmelze“, äußerte sich Naima zu erst.
    Der kleine Schatten hatte nicht Unrecht, denn die Sonne gewann immer mehr an Intensität und hier am Hang der Berge hatten sie kaum Möglichkeiten ihr zu entgehen. Der Felsen würde sich ebenfalls erhitzen und es würde sich in Kürze so anfühlen, als würden sie von beiden Seiten gebraten.

    „Warum nach Norden?“, fragte Jabir, „Nicht, dass es mich interessiert, welche Richtung wir einschlagen.“
    „Weil im Süden Ishtar liegt und die Roten vermutlich eher in der Nähe ihrer Städte nach potentiellen Gefahren Ausschau gehalten haben“, übernahm Soraya die Erklärung auf logischer Basis, „Ist es nicht so, Liva?“
    „Richtig erkannt. Also dann, weiter“, rief Sahar zum Aufbruch.

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