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    Waldläufer Avatar von Jaleel
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    Mora Sul

    „Was sollen wir aus deiner Geschichte nun lernen?“, fragte Naima sichtlich unbeeindruckt von den Geschehnissen alter Tage.
    Sie war zu jener Zeit noch ein Kind gewesen und das wohl nicht in Mora Sul, sonst hätte sie den Wert der Vergangenheit nicht so leichtfertig abgetan.
    „Es lehrt uns, dass man niemandem trauen kann“, ertönte eine sanfte, fast leise Stimme, die man schnell überhören konnte, wenn man nicht aufmerksam genug war.
    Es waren die ersten Worte, die Zahira wählte, seit Jaleel den verborgenen Treffpunkt heute betreten hatte. Und sie waren voller Negativität und Argwohn, auf denen zu bauen eine erfolglose Aussicht bot.
    „Das ist nicht Kern der Erzählung, Tochter des Misstrauens“, versuchte der Chronist die gefährliche Ansicht vor der Verbreitung auf die anderen abzuschirmen, „Ja, die Blutnattern verrieten die Fafkis, von denen einige wenige ihre eigenen Ziele über jene des Volkes stellten. Doch der wahre Grund für das blutige Ende des Aufstands war die mehr als dürftige Vorbereitung und gespaltene Einigkeit der Menschen. Deshalb erzähle ich euch davon, damit wir nicht dieselben Fehler machen und unser aller Ziel nicht aus den Augen verlieren. Persönliche Ambitionen verblassen im Angesicht eines freien Varants, von dem wir alle träumen.“

    „Jal hat recht“, pflichtete Sahar ihm bei und positionierte sich symbolisch neben ihm, „Wir sind nicht wie jene, die vor uns kamen. Wir sind besser organisiert, haben ein klares Ziel und unsere Fühler sind weit durch die Wüste gestreckt. Damals war das Schicksal nicht auf Seiten Varants. Das Eintreffen Yared Garethsons und seiner Mannschaft hat die Fronten stark zugunsten der Roten verschoben und der doppelte Verrat der Blutnattern war ein absehbares, dennoch folgenschweres Ereignis, das den Assassinen keine Aussicht auf den Sieg ließ. Davon abgesehen, haben sie sich der Bevölkerung Mora Suls als Ablenkung bedient. Etwas, dass nicht einmal Beliar selbst gutheißen kann.“
    Es fühlte sich gut an zu wissen, dass jemand vollends auf seiner Seite war. Ihm war diese Rebellion wichtig, lag ihm am Herzen, da es um seine Heimat ging. Selbst, wenn er damals in Ungnade unter seinesgleichen gefallen war. Er hatte nie aufgehört an sein Volk zu glauben. Auch, wenn die Myranter glaubten ihm und all den anderen die Freiheit gebracht zu haben, sahen sie nicht, dass sie vieles genommen hatten, was die Kinder der Wüste ausmachte, Nomaden und Assassinen gleichermaßen. Das einzig Positive, was er den Midländern zusprechen wollte, war das Ableben Zubens, dessen Herrschaft in Jals Augen zu einschränkend gewesen war. Dafür hatte er ihnen zu danken.
    In diesem Moment erinnerte er sich unvermittelt, wo er den Namen Jun Quel-Drôma bereits einmal gehört hatte. Es war bei den Kreuzzügen gewesen, die besagter Paladin gegen Ishtar geführt hatte. Nicht nur Ishtar, ganz Varant, doch sie endeten damit, dass Beliars oberster Diener zugrunde ging. Ein weiterer Name war aus dieser Zeit weithin bekannt geworden, Osgar der Schwarzmagierschlächter. Ein kruder Titel, was ihn jedoch nicht weniger wahr machte. Etliche Paktierer der dunklen Mächte waren seiner Klinge zum Opfer gefallen, als er unerbittlich jedem Gerücht, jedem Flüstern auf den Verbleib der Sympathisanten nachgegangen war. Ihn würden sie überwinden müssen. Es wäre ein Zeichen, dass die alten Tage vorüber waren und eine neue Zeit anbrach, in der Varant wieder sich selbst verwaltete, abseits vom myrtanischen Reich.

    „Diese Söldner sind noch immer hier, in Mora Sul“, rissen die Worte Rashids Jaleel aus seinen Überlegungen, „Nicht mehr so zahlreich wie vor zehn Jahren, doch die Roten stützen sich noch immer auf ihre Hilfe.“
    „Die Bastarde knöpfen uns jedes Mal die Hälfte unserer Beute ab, wenn wir durch das Tor wollen“, knurrte Amir und spuckte auf den Boden.
    „Ihr Anführer heißt Cerone“, steuerte Naima bei, die sich dahingehend informiert hatte.
    „Schon damals“, pflichtete Sahar bei, „Seine Taten wurden entschuldigt und irgendein anderes hochrangiges Mitglied der Söldner wurde als Sündenbock verkauft. Selbst untereinander zeigen sie keine Treue.“
    „Das klingt, als könnten wir daraus einen Vorteil schlagen“, schlug Jabir vor, „Wenn wir sie gegeneinander aufhetzten, vielleicht hier und da einige Münzen investieren…“
    „Hast du nicht zugehört?“, raunte Fahim ihn an, „Selbst, wenn du sie bestichst, fallen die Schweine dir in den Rücken.“
    „Was sollen wir sonst tun, hä?“, begehrte der vernarbte Veteran auf, „Wir sind zu wenige, um gegen die Stadtwachen und die Nattern zu bestehen!“
    „Das stimmt“, drängte Sahar sich in den Schlagabtausch der Streithähne, „Aber wir müssen sie vielleicht gar nicht für unsere Zwecke missbrauchen. Es reicht schon, wenn sie…fort sind“, ergänzte sie geheimnisvoll.
    „Und wie stellst du dir das bitte vor?“
    Soraya, die ihre fein säuberlich gepflegten Augenbrauen angehoben hatte, schaute die Rädelsführerin herausfordernd an.
    „Ich treffe den Argaaner morgen Nacht und dann wird sich zeigen, ob er zu seinem Wort steht“, gab sie lediglich zurück und ihre Haltung, die arme vor der Brust verschränkt, erklärte dieses Argument für beendet.
    „Gut…bleiben ja nur noch ein Dutzend weiterer Probleme“, maulte Fahim erneut, „Zum Beispiel, wie wir an genügend Waffen kommen.“
    Das Gespräch wandte sich nun den Problemen der Gegenwart zu, nachdem die Aufmerksamkeit auf die Vergangenheit schwand. Doch Jal war sich sicher, dass sie zumindest einige Lehren daraus gezogen hatten, während er seine Pergamentrolle wieder verstaute.

  2. Beiträge anzeigen #102
    Ehrengarde Avatar von Berash
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    Der Zirkel um Xardas im Forenrollenspiel
    Berash ist offline
    Es war eine der schäbigeren Schenken, in welcher sich Berash eingefunden hatte. Eine von denen, welche in jeder größeren Stadt zu finden waren, dort, wo die Wache eher selten auftauchte. Und wenn, dann nur in einer sehr großen Überzahl. Schließlich war die Art von Menschen, die hier ihre Getränke "genossen", eher nicht gut auf Ordnungshüter und ihresgleichen zu sprechen. Und man hatte hier seine Ruhe, denn niemand kümmerte sich um einen, solange man sich auch aus den Angelegenheiten der anderen heraus hielt.

    Berash saß an einem Tisch und las, neben sich einen halb vollen Krug mit billigem Bier. Es war ganz sicher nicht seine bevorzugte Wahl an Getränk gewesen, doch er bezweifelte stark, dass das Wasser hier überhaupt genießbar war. Und das Bier wirkte zumindest trinkbar, auch wenn der Geschmack mehr an Spülwasser erinnerte.
    Das Buch, welches der frühere Emir vor sich aufgeschlagen hatte, war ein Geschichtsband, welches die Eroberung und die Zeit danach in Bakaresh behandelte. Ein dünnes Ding und in speckigem Leder eingebunden. Berash hoffte, dass er damit die vielen Lücken schließen konnte und mehr darüber erfuhr, was nach der Zerschlagung des Bundes in Bakaresh geschehen war.
    Leider, so musste er feststellen, war dieses Buch kaum aussagekräftig, beziehungsweise half ihm weiter. Er hatte schon dreiviertel davon gelesen, war aber immer noch nicht wirklich schlauer als vorher. Aber das war, wenn er ehrlich zu sich selbst war, keine wirkliche Überraschung. Sieger bestimmten bekanntlich die Geschichte und da Rhobar und seine Spießgesellen mit ihrer Eroberung Varants erfolgreich gewesen waren... Nun, da war es wohl kein Wunder, dass dieses lächerliche Exemplar von einem Geschichtsband nur so vor rechtschaffenden und gottesfürchtigen Aussagen strotzte. Berash hätte brechen können, als er in dem Buch nur darüber las, wie die glorreichen Soldaten und ihre Nordmarer Waffenbrüder die Kasbah stürmten. Aber vielleicht hatte das Kotzgefühl auch am Bier gelegen. Gewundert hätte es den Kämpfer nicht.
    Gedankenverloren kratzte er sich den Oberarm, dort wo das Wappen des alten Bundes unter seiner Kleidung versteckt war. Das Brandsymbol, mit welchem er damals in den Alten Bund aufgenommen worden war und zum Assassinen wurde.
    Beliar, wenn es doch nur noch ein paar von ihnen geben würde, dachte Berash grimmig. Vielleicht hätten die ihm weiter helfen können. Aber vermutlich war das keine so gute Idee, schließlich hatte er sie als Emir im Stich gelassen. Und sie würden sicher nicht so gut auf ihren feigen Anführer, der nach Jahrzehnten plötzlich wieder da war, reagieren.

  3. Beiträge anzeigen #103
    Waldläufer Avatar von Jaleel
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    Das Königreich Argaan im Forenrollenspiel
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    Mora Sul

    „Ja, die Waffen“, ging Sahar endlich auf das beliebteste Problem des bärtigen Axtkämpfers ein, „Ich habe mehrere Optionen in Erwägung gezogen. Wir könnten uns an der Waffenkammer hier in Mora Sul bedienen“, schlug die Anführerin vor und spreizte den kleinen Finger ihrer rechten Hand von der ansonsten geballten Faust in die Höhe, „Das ist riskant in vielerlei Hinsicht, da wir Gefahr laufen erwischt zu werden oder zumindest Aufmerksamkeit erregen. Die Roten würden einen Aufstand erwarten und sie in Alarmbereitschaft versetzen.“
    „Keine gute Idee“, pflichtete Rashid ihr bei und nickte.

    „Wir könnten uns an die Nomadenstämme außerhalb der Städte wenden“, fuhr Sahar fort und hob den Ringfinger an, der sich zum kleinen gesellte, „Sie zu finden ist ein Problem, aber da sehe ich gerade euch beiden“, sie nickte zu Rashid und Amir, „als wertvolle Ressource an. Allerdings wüsste ich derzeit nicht, weshalb sie uns helfen sollten. Sie leben von dem, was Mutter Wüste ihnen gibt und scheren sich nur wenig um die Konflikte in den Städten, unabhängig davon, ob es ihre eigenen Leute betrifft oder Abkömmlinge der Assassinen.“

    „Wir werden unsere Sippe kontaktieren und sehen, ob wir etwas bei ihnen erreichen, aber ich habe wenig Hoffnung“, bot Amir zum ersten Mal diesen Abend einen produktiven Beitrag an.
    „Tut das und haltet mich informiert, bitte“, nahm die Rädelsführerin den Vorschlag an, ehe sie ihren Mittelfinger abspreizte, „Wir erbitten Hilfe bei den anderen Gruppen, die wir in jeder Stadt haben. Das würde uns zwar stärken, sie aber schwächen, womit der Plan, in ganz Varant gleichzeitig zuzuschlagen, ein Fehlschlag wäre.“
    „Gibt es keine anderen Möglichkeiten?“, fragte Fahim sichtlich genervt von dem Rattenschwanz an Problemen, die jeder bisherige Vorschlag mit sich brachte.

    „Viertens“, fuhr Sahr unbeirrt fort und fügte nun den Zeigefinger den bereits aufgestellten Fingern hinzu, „besteht die Chance, dass uns der Argaaner auch bei diesem Problem helfen kann, aber darauf würde ich lieber als letzten Ausweg zurückgreifen. Unsere Schuld bei ihm ist bereits hoch und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie sich seine gierigen Augen weiten, wenn ich ihn um Waffen bitte.“
    „Für meinen Geschmack hat der Fremdländer seine Finger ohnehin schon zu tief in unseren Taschen“, murrte Jabir wenig hilfreich.

    „Und zuletzt“, öffnete Sahar nun vollends ihre Hand, „gibt es noch die Höhlen.“
    „Die…Höhlen?“, fragte Naima sichtlich unbeeindruckt von der letzten Idee, „Was für Höhlen? Sollen wir mit Steinen schmeißen?“
    „Haben die Myrtaner die Höhleneingänge nicht alle zum Einsturz gebracht?“
    „Nicht alle“, klinkte sich Jaleel wieder in das Gespräch ein, „Es gibt jene, die sie nicht gefunden haben.“
    „Kann mir mal jemand sagen, über was für Höhlen ihr sprecht?“, fauchte der junge Schatten gereizt.
    „Die Höhlen an der Bergkette. Sie wurden genutzt, um Zuflucht vor Sandstürmen zu finden und sie sind durch ein natürliches Tunnelsystem miteinander verbunden“, bot Rashid sein Wissen über die Gegend erneut an, „Allerdings sind sie nicht sonderlich gut erforscht und es leben Sandcrawler und andere Biester dort unten.“
    „Na großartig.“
    „Es gibt jene Wege, die sicher sind“, versuchte der Chronist die Bedenken der anderen zu vertreiben, „Und unseres Wissens nach, lagern dort noch immer die Vorräte der ehemaligen Assassinen, die sich in den Tunneln gut auskannten. Sie wurden damals bei dem Aufstand bis dorthin verfolgt und mit einer List hervorgelockt. Allerdings haben die Midländer nicht die unterirdischen Gänge durchsucht, da sie den Aufwand für zu groß befunden haben.“
    „Zumindest klingt das nach der Option mit den wenigsten Problemen im Schlepptau“, knurrte Fahim und tat so wohl seine Zustimmung kund.
    „Gut, dann werden wir als erstes versuchen, die Vorräte der Assassinen zu finden. Ich stelle eine Gruppe zusammen, die den Gefahren der Tunnel trotzen kann und lasse euch bei unserem nächsten Treffen wissen, wann wir aufbrechen.
    Einstimmiges Nicken folgte und der nächste Tagespunkt wurde angegangen.

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    Waldläufer Avatar von Jaleel
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    Mora Sul

    „Wie viele Anhänger haben wir mittlerweile?“, fragte Jabir, nachdem vorerst das Thema Waffen abgehakt worden war.
    „Nicht genug“, gab Sahar zu und seufzte leicht, „Viele kampffähige Varanter sind bei dem letzten Aufstand gestorben und es ist keine leichte Aufgabe die Freiwilligen auszubilden. Waffengeklirr in den Innenhöfen dringt auch auf die Straße und gäbe den Roten genügend Anlass, Eintritt zu verlangen.“
    Schweigen legte sich über den Raum, in dem das Atmen langsam schwierig wurde. Wie lange waren sie schon hier unten? Zwei, drei Stunden? Unter dem Sand gab es ohnehin nicht viel Sauerstoff und bei zehn erwachsenen Menschen war das Bisschen auch schnell verbraucht. Er bemerkte bereits, wie ihm das Denken schwieriger fiel.
    „Das ist ein noch größeres Problem als die Waffen“, knurre Fahim und erntete zustimmendes Nicken von Rashid und Amir.
    „Wir könnten einige in den Ruinenfeldern trainieren, doch es würde auffallen, wenn jeden Tag eine große Menge Leute die Stadt am Morgen verlassen und kurz vor der Ausgangssperre zurückkehren ohne etwas vorweisen zu können“, schlug der ältere der beiden Brüder nicht sehr überzeugt von seiner eigenen Idee vor.

    „Was, wenn wir andere Wege aus der Stadt fänden?“, schlug Soraya zurückhaltend vor.
    „Das einzige Tor zur Stadt ist stark bewacht“, brummte Jabir.
    „Darum sagte ich ja auch andere Wege, Sohn der Taubheit!“
    „Pass lieber auf, wie du mit mir sprichst, Weib!“, begehrte der Veteran auf und war im Begriff sich aufzurichten, wurde jedoch von Sahar, die in wenigen Augenblicken vor ihm war, zurück auf die Kiste gestoßen.
    „Ich dulde keine Gewalt zwischen uns! Ist das klar?“, fauchte sie ihn an und der Blick, dem sie dem Älteren zuwarf, musste sehr eindrucksvoll sein, denn er wandte die Augen ab.
    „Ja, Liva“, gab er kleinlaut bei.
    „Hast du auch etwas Konkretes, was diese anderen Wege angeht, Soraya?“, wandte sie sich nun an die hochgewachsene Frau.
    „Die alten Schmugglertunnel unter dem Brunnen am alten Sklavenmarkt“, warf sie ein und hob leicht die Schulern.
    „Eine gute Idee, verehrte Soraya“, meldete sich Jal zu Wort, „Doch leider wurde dieser Tunnel vor Jahren verschlossen, als die Myrtaner zufällig auf ihn schließen, nachdem der Brunnen keinen Wasser mehr förderte.“
    „Zu schade“, tat sie diesen Niederschlag leichtfertig ab und vermied jeglichen Blickkontakt.

    Der Chronist wunderte sich ein wenig, dass die stets vornehme Soraya von dem Schmugglertunnel wusste. Sie hätte er als letztes in derlei Machenschaften verwickelt vermutet. Doch wie üblich verriet einem das Gesicht und Verhalten einer Person nicht viel über ihre wahren Beweggründe und Moral. Vielleicht verstand sie sich auch nur sehr gut darauf, den Schein zu wahren.
    „Der Tunnel mag verschüttet sein, aber es gibt noch andere Schmugglerzugänge.“
    Alle Blicke richteten sich auf Naima, die während des Gesprächs in den Schatten getreten und nur durch das Blitzen ihrer Zähne zu erkennen war.
    „Und du erzählst uns sicher gern, wo sich diese befinden?“, fragte Sahar zuckersüß, was sie fast noch bedrohlicher wirken ließ, als wenn sie wütend war.
    „Mein alter Herr hat früher viele Waren von Midland hinter die Mauern dieser Stadt geschleust. Der Tunnel am Brunnen war hauptsächlich zur Ablenkung gedacht, immerhin ist er so zentral platziert gewesen, dass früher oder später jemand darauf stoßen musste“, setzte sie unbeirrt ihre Erklärung fort.
    „Natürlich“, stimmte die Anführerin zu, wobei sich ihre Ungeduld deutlich zeigte, „Und die anderen Zugänge sind…“
    „Nordviertel, eins der Häuer, welches sich an die Mauer schmiegt. Im Keller gibt es eine Holzwand, die sich aufstemmen lässt und den Weg nach draußen freimacht. Wo genau der Gang endet, weiß ich allerdings nicht. Wohl nicht allzu nah an der Stadt, sonst hätte ihn sicher auch schon jemand gefunden.“
    Das waren großartige Neuigkeiten. Wenn dieser Geheimweg noch frei war, könnten sie darüber viele Probleme lösen. Vor allem wären sie ungestört und ungesehen.
    „Kannst du deinem Vater einen Besuch abstatten und sehen, ob er uns den Tunnel nutzen lässt?“, fragte Sahar, wobei sie keinen Zweifel daran offenließ, dass sie den Geheimgang nutzen würde, egal wie die Antwort ausfiel.
    „Nicht nötig. Mein alter Herr ist tot und das Haus wird von einigen Obdachlosen besetzt, die sich so vor der Ausgangssperre schützen“, ließ Naima beiläufig fallen und trat wieder ins Licht.
    „Gut, dann werde ich dort vorbeischauen und sie…überzeugen, dass wir das Haus brauchen.“

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    Waldläufer Avatar von Naira
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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
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    Irgendwo in Myrtana auf einer Lichtung

    “…Nein, Geliebter! Geh nicht! Du wirst den Tod im Krieg finden! Geh nicht! Bleib bei mir!”, schluchzte das junge Bauernmädchen und griff fest mit den Händen an ihren Mieder. Sie begann zu weinen, zerrte am Mieder, als würde sie ihr Herz hervorholen wollen und schrie >BITTE! BLEIB BEI MIR!<
    Doch der Recke sah sie kalt und ungerührt an.
    “Mein Schwertarm ist stark und mein Schild mächtig! Ich werde nicht fallen!”, sprach der Recke und drehte sich vom Bauernmädchen langsam weg.

    “Mein Herz bricht! Du ziehst den Tod dem Glück vor! Welch Narretei!”, sprach das Mädchen mit Zorn in der Stimme. Mit Liebe, die zu verderben begann.

    “Liebe allein ist Narretei! Sie ist nichts wert, wenn der Feind obsiegt!”, sagte der Recke und wischte jegliche Hoffnung theatralisch mit dem Arm davon.
    Dann sackte das Mädchen mit gebrochenem Herzen auf die Knie und der Recke drehte sich von ihr ab. Arrogant, herzlos und gleichgültig.

    “Jetzt…”, wisperte eine tiefe Stimme.
    Das Bauernmädchen verfinsterte ihre Miene, zog theatralisch ein Messer und hielt es in die Höhe.

    “Hinfort mit dir! Liebestod! Schlächter meines Herzen! Möge dich Beliar mit offenen Armen empfangen. Dort werde ich warten! Hier sollst du leiden wie ich! Ohne Liebe! Ohne Liebe die auf dich wartet!”, schluchzte sie dramatisch und senkte das Messer ihrer Kehle entgegen.
    Der Recke erschrak, griff sich an sein kaltes Herz, stürzte vor und hielt sie fest. Doch sie entkam seinem Griff und stach zu. Sie fiel zu Boden. Kurzer Applaus der Zuschauer erklang.

    “Das war gut!”, sprach die tiefe Stimme und klatschte drei Mal. Das Bauernmädchen ließ sich aufhelfen und straffte ihr Kleid.
    Sie blickte Danzo den Recken an und der schien zuzustimmen.

    “Findest du das wirklich, Bhôr? Ich würde lieber Danzo abstechen, weil er mich armes Bauernmädchen verlässt. Er hat mir die Unschuld geraubt, Versprechungen gemacht und dann zieht er in den Krieg. Ich bring mich doch wegen so einen nicht um. Was sagst du, Gisla?”, sagte Naira und stemmte die Hände in die Hüften.

    “Ich fand es gut von euch beiden. Für das dritte Mal. Danzo übertreib es nicht mit deinen Armen. Wir sind doch nicht in Varant. Und du Naira verpackst es zu gekonnt. Du bist ein junges Mädchen voller Träume und dem Wunsch deinen Recken bei dir zu haben. Naiv…du hast die Welt noch nicht gesehen und glaubst an den Prinzen der dir bestimmt ist. Du musst überraschter wirken. Die Fassung verlieren. Lege Kunstpausen ein und spiel frei. Du kannst das, Mädchen. - Ansonsten können wir spaßeshalber das Ende mal mit dem Tod des Recken beenden. Was sagst du, mein Lieber?”, fragte Gisla zuckersüß den großen Mann mit langer Mähne, die zu einem großen Zopf zusammengebunden war.

    “Bei Adanos. Wir brauchen das Drama. Die Leute erwarten, dass sich das Mädchen das Leben nimmt. Ich weiß ja nicht. Soll sie Danzo dann nicht gleich von hinten in den Rücken stechen?”, fragte der Hüne.
    “Ja, Papa Bhôr! So machen wir das! Danzo verdient nichts weiter wie den Tod! Haha! Und dann zieht das Bauernmädchen los und holt sich drei Prinzen!”, sagte Naira und fuchtelte blödelnd und dann zornig schauspielernd mit dem stumpfen Messer vor Danzos Nase.
    “Lass das, Naira! - Wenn du mir in den Rücken stichst, dann warte einen Moment. Es ist ein ganz hässliches Geräusch, wenn jemand von hinten die Lunge durchstoßen bekommt. Machst du das dann Bhôr?”, fragte Danzo sehr professionell.
    “Ich weiß nicht, ob so viel Authentizität und verraten würde. Ein Bauer mag es nicht kennen. Aber eine Stadtwache wird sich was anderes denken.”, erklärte Bhôr.
    Naira verschränkte die Arme. Sie hätte schon längst kommentiert und ihre Meinung kundgetan. Aber in so Momenten war ihre Jugend und Unkenntnis der Moment des Schweigens.
    “Habt ihr beiden das schon mal gemacht?”, fragte Chani dann neugierig. Sie kratzte sich an ihrer südländischen, grün bemalten Nase und richtete die viel zu große Kriegerhose an sich. Sie hatte den bösen Ork zwei Akte zuvor gespielt und war ehrlos gegen den Recken gefallen, der das Bauernmädchen vor der Schändung rettete.
    “Ja. Frag nicht nach mehr, junge Chani. Also probieren wir es mal spaßeshalber, Bhôr? Sei kein Spielverderber. Wir können nicht immer plump nach der Nase der meisten tanzen. Etwas Aufmerksamkeit und Abwechslung hat doch was, hmm?”, sagte Gisla und strich sich durch ihr blondes Haar aus ihrem typischen Gesicht aus Nordmar. Bhôr brummte wie sein Schwarzbärfreund Beryl und verschränkte die Arme.

    “Ich will keine Aufmerksamkeit. Wir haben unsere Aufgabe und das funktioniert seit vier Jahren ganz gut. Adanos schätzt die Beständigkeit.”
    “Adanos könnte etwas Abwechslung auch gefallen. Denk darüber nach. So! Danzo und Naira - nehmt Position ein und wir probieren das einfach mal.”, sagte Gisla und setzte sich zu Chani und den bisher still gebliebenen Eskiel.

    Naira ging in Position, da hörte sie ein Pfeifen. Erst vom Waldrand aus, dann hinter ihnen und dann von allen Seiten. Bhôr spannte seinen großen Körper an, Eskiel zog sein Schwert und Danzo blickte zum großen Wagen. Gisla biss die Zähne zusammen und Chani wirkte verwirrt.
    Naira hingegen grinste auf und fast im selben Moment entspannte sich Bhôr und der Rest.
    Die Gestalten kamen aus den Wäldern und Gebüschen und ein gewaltiger Mann trat vor.

    “Arakos!”, rief Bhôr und breitete seine Arme wie ein Adler aus. Naira indes rannte einfach drauf los und wirkte wie eine kleine Katze im Vergleich zu einen gewaltigen Braunbären. Sie schaffte es trotzdem den Bären zu umarmen und freudig aufzuspringen.

    “Und Pavko, Milean, Lambard, Gezros, Aglais und Iowarth. Donnerwetter…”, pfiff sie und verbeugte sich theatralisch vor Arakos.
    “Machst du einen Spaziergang, Arakos?”, fragte sie, während Bhôr neben sie trat und den Riesen wie einen Bruder umarmte. Dann legte er seine Hände auf Nairas Schultern und stellte sich hinter sie. Zwischen den beiden wirkte sie wie ein Kind.
    “Wirklich. Machst du einen Spaziergang oder was verschafft uns die Ehre?”, fragte Bhôr und wurde dann von beiden Seiten durch seine Leute flankiert.
    Geändert von Ornlu (26.08.2024 um 12:26 Uhr)

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    Mora Sul

    „Naima, du wirst mich begleiten. Ich habe keine Zeit ewig nach dem versteckten Gang zu suchen. Rashid, Amir, ihr kommt ebenfalls mit, damit wir, sollte der Tunnel noch nutzbar sein, schnell herausfinden, wo er endet und was die besten möglichen Plätze sind, um die Freiwilligen auf Vordermann zu bringen. Einwände?“, teilte Sahar die Gruppe ein und auch, wenn sie nach Widerspruch fragte, war doch allen bewusst, dass sie erwartete, dass es keine gab.
    Dementsprechend sagte auch niemand etwas, stattdessen wurde die Zustimmung mit einem Nicken gegeben.
    „Gut, wir werden genug Proviant mitnehmen und vorsichtig sein, damit wir nicht den Roten in die Arme laufen oder diese Obdachlosen uns verraten. Wir werden sie mit Nahrung oder Gold zum Schweigen verpflichten müssen, schätze ich.“

    „Und was ist mit den Waffen?“, fragte Jabir, „Wir brauchen sie dringend.“
    „Wir werden die Höhlen erkunden, sobald wir sicher sein können, dass wir ungesehen die Stadt betreten und verlassen können. Es ist ein weiter Weg bis zur Gebirgskette und ich will nicht bei unserer Rückkehr vor weiteren Problemen stehen, die wir vorher bereits lösen können.“
    „Ich verstehe, Liva.“
    „Zu den Höhlen brechen wir in zwei Tagen auf. Heute Nacht ist es zu riskant zum Nordviertel zu gelangen, also werden wir das morgen in Angriff nehmen. Abends treffe ich den Argaaner.“
    Bei den letzten Worten schaute sie Jaleel vielsagend an und er vermutete, dass sie ihn dabeihaben wollten. Wieso konnte er sich zwar nicht denken, doch für gewöhnlich hatte Sahar ihre Gründe und wenn es nur war, weil sie ihn scheinbar gern um sich hatte.

    Das Ende des Treffens lag in der Luft und die Teilnehmer wurden unruhig.
    „Also dann, es ist weit nach Mitternacht und die Ausgangssperre ist noch nicht vorbei. Wartet hier oder, wenn ihr es euch zutraut, geht. Das Treffen ist beendet“, erklärte die Anführerin und ließ sich zum ersten Mal in dieser Nacht auf einer Kiste nieder, welche an der Wand neben dem Tunneleingang, der zum Haus führte, stand.
    Die anderen entspannten sich sichtlich. Es war schon ein interessantes Schauspiel, wenn sich zehn verschiedene Individuen zu einer geheimen Gruppe zusammenfanden, weil ein gemeinsames Ziel sie verband. Es würde sich zeigen müssen, ob es ausreichte, um den Weg gemeinsam bis zum Ende zu gehen, doch der Chronist wäre bis zum letzten Schritt dabei, denn er wollte sehen wie es endete. Und mehr noch wollte er ein freies Varant erleben, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hatte.

    Mit bewusster Leichtigkeit trat Naima auf den Tunnel zu, die Hände hinter dem Kopf verschränkt.
    „Ich schlafe lieber in einem Bett, als hier unten bei euch müffelnden Gestalten zu verbringen“, ließ sie großspurig fallen und wurde von dem schwach beleuchteten Gang verschluckt.
    „Diese kleine…“, brummte Fahim und ließ sich zu Jaleels Überraschung zu einem Grinsen hinreißen, statt wie üblich wie saure Kamelmilch dreinzublicken.
    Vielleicht hatte ihn die Aussicht darauf, dass Waffenproblem bald lösen zu können, etwas verträglicher gestimmt, doch zumindest musste Jal dem kleinen Schatten in einem Punkt Recht geben. Zumindest der Bärtige schien es mit der Körperhygiene nicht so genau zu nehmen. Er selbst hingegen – sein Blick fiel auf die weiten Roben, die er trug und er überlegte, wann er zuletzt ein Bad genommen hatte – achtete gern und genau darauf und sobald die Ausgangssperre am Morgen aufgehoben wäre, würde er seinem favorisierten Badehaus einen Besuch abstatten.

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    Mora Sul

    Jaleel blieb noch einen Moment stehen, während die anderen sich zerstreuten, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend. Seine eigenen kreisten um die bevorstehende Mission und die vielen Unbekannten, die sie erwarteten. Er wusste, dass es gefährlich war, aber die Aussicht, neue Kampfstile zu entdecken und zu ergründen, sowie die Geschichte der Rebellion zu dokumentieren, trieb ihn an.
    Mit einem letzten Blick in den dunklen Gang, in dem Naima verschwunden war, setzte er sich neben Sahar, die auf ihrer Kiste in Gedanken versunken schien. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, die raue Wand an Jals Hinterkopf fühlte sich in diesem Moment richtig an. Leises Lachen war aus einer anderen Ecke des unterirdischen Raumes zu hören und er fragte sich, wie Menschen selbst in Zeiten wie diesen Grund zur Freude fanden.

    „Warum genau bist du hier?“, fragte Sahar unvermittelt und ohne jegliche Vorwarnung.
    „Ich…verstehe nicht“, erwiderte er überrascht und blickte sie aus dem Augenwinkel verwundert an.
    Sie musterte ihn einen Moment, suchte scheinbar nach etwas. Ob sie es in seinem Gesicht fand?
    „Du bist nicht nur wegen der Rebellion hier“, stellte sie sachlich fest und wandte den Blick wieder von ihm ab.
    „Das ist keiner von uns“, gab er unbeirrt zurück und wusste genauso gut wie sie, dass jeder hier seine eigenen Motive besaß, die sich aus günstigen Schicksalsfügungen hier an diesem Ort einten.
    „Nein, aber bei dir fällt es mir am schwierigsten zu erkennen, was du wirklich suchst“, gab sie zu und verlagerte ihr Gesicht ein wenig.

    „Ein freies Varant“, wisperte er.
    „Und was noch?“, hakte die Kriegerin und Anführerin der aufkeimenden Rebellion nach.
    Jal zögerte. Was suchte er noch, außer der Freiheit für seine Heimat? Was wollte sie erfahren, dass sie nicht längst schon wusste? Er war von Anfang an offen zu ihr gewesen, hatte erklärt, dass er nicht kämpfen konnte, wohl aber Wissen besaß, dass nützlich sein konnte wie er bereits unter Beweis gestellt hatte.
    „Warum kämpfst du nicht mit uns?“, ließ sie nicht locker.
    „Das tue ich, nur mit dem Kopf, statt dem Schwert“, erinnerte er sie.
    „Ein Schwert wäre mir lieber, wenn wir den Roten entgegentreten“, offenbarte sie ihm unverblümt.

    Wieder schwieg er eine Weile, überlegte, welche Antwort sie hören wollte, suchte selbst nach einer Antwort, die der Wahrheit entsprach. Erst nach einiger Zeit, in der sie beide sich in Stille gehüllt hatten, ergriff er wieder das Wort.
    „Ich suche nach einem Platz in dieser Welt, nach einer Identität“, gab er seine Gedanken preis, „Die Rebellion gibt mir die Möglichkeit, etwas Größeres zu erreichen, etwas, das über mich hinausgeht. Und ich bin fasziniert von euren Kampfkünsten. Jede Technik, jeder Stil erzählt eine Geschichte.“
    Sahar nickte nachdenklich.
    „Ich verstehe. Du bist ein Chronist, aber einst hast du in der Arena gekämpft.“
    „Nur als Unterhaltung zwischen den richtigen Kämpfen“, erinnerte er sie.
    „Und doch hast du gelernt dir anzueignen, was andere können. Warum nutzt du es nicht für uns?“, verlangte sie zu wissen.
    „Weil ich noch niemals getötet habe und in einem richtigen Kampf auf Leben und Tod keine Aussichten auf Erfolg hätte.“

    Jaleel wollte aufstehen, doch Sahar Hand drückte sich gegen seine Brust. Sie war noch nicht fertig mit dem Gespräch, selbst wenn er es zu sein schien.
    „Du bist ein ungewöhnlicher Mann, Jaleel“, sagte sie und betrachtete ihn mit einem nachdenklichen Ausdruck, ehe ein Lächeln über ihre Lippen huschte, „Vielleicht ist das der Grund, warum ich dich in meiner Nähe haben möchte.“
    Dem Chronist war die Aufmerksamkeit unangenehm, doch er konnte ihrem Griff nicht entkommen.
    „Ich werde mein Bestes tun, um die Rebellion zu unterstützen und unsere Ziele zu erreichen“, beteuerte er und hoffte, dass es reichen würde, um sich von ihr zu lösen.
    „Das hoffe ich“, antwortete Sahar leise, „Wir brauchen Menschen wie dich, die bereit sind, alles zu geben. Ihr Wissen und…“, sie strich mit ihrer Hand seine Brust entlang hoch zu seinem Gesicht entlang der Wange, „und Körper. Sei morgen Nacht wieder hier. Ich will, dass du dabei bist, wenn ich den Argaaner treffe.“
    Endlich nahm sie ihre Hand von ihm und etwas zu eilig stand er auf, bevor er sich besann und sich noch einmal zu ihr wandte.
    „Ich werde da sein, Liva.“
    Damit lief auch er in den dunklen Gang, wollte lieber in dem Haus oben auf den Morgen warten, statt zu lange in der Nähe dieser Frau zu verweilen.

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    Irgendwo in Zentral-Myrtana auf einer Lichtung

    “Wir waren spazieren und haben gehört, dass zwei große Wagen mit einer bunten Truppe unterwegs sind. Da hab ich mich gefragt - ist das vielleicht nicht der gute, alte Bhor und sein besonderes Jagdkommando. Bewahret! Wie geht es euch?”, fragte der Bär und blickte einen jeden an.
    “Bewahre! Wir können nicht klagen. Unsere Auftritte sind gut besucht und Ärger hatten wir nur einmal in Varant, seit wir uns vor fünf Monden zuletzt gesehen haben.”, sagte Bhor, der nicht minder eindrucksvoll neben Arakos war und diesen sogar um einen halben Kopf überragte, jedoch trotzdem wie ein kleiner Bär vor einem großen Bär wirkte.
    “Ihr reist ja auch ohne Wachen. Die armen Banditen, die auf Bhor von den Baribal, seine Frau Gisla, den jungen Danzo Eisenfaust und Eskiel Sieben-Leben treffen.”, meinte Arakos. Chani räusperte sich.

    “Ohne Menschen mit Verstand, geht das ja auch nicht gut auf Reisen, Herr Arakos. Zum Glück haben sie Chani die Mächtige und Naira Flammenzunge dabei. Das sind zwei wunderschöne, schlaue und anmutige, junge Damen ohne die unser Jagdkommando längst von Trollen gefressen worden wäre.”, sagte die junge Frau mit rot-braunen Haar und erschuf mit einer fließenden Handbewegung einen betörenden Duft aus Apfel und Zedernholz.
    “Flammenzunge?”, fragte Naira und zog gekonnt eine Augenbraue hoch, während sie mit der Hand hin und her wedelte, um den Geruch um sie beiden loszuwerden.
    “Na weil du Feuer spucken kannst! Nun zerstör doch nicht unseren Auftritt, Naira. Der erste Eindruck zählt!”, zischte Chani.
    “Chani. Du bist wie ein Ork verkleidet und grün im Gesicht. Ich bin gekleidet wie eine vollbusiges Schankmaid mit Bhors Socken im Ausschnitt. Dazu riechen wir wie Matschapfel und Holzkohle. Das ist ein seltsamer, guter erster Eindruck nach fast einem halben Jahr.”, konterte Naira und warf ihr einen Kuss zu.
    “Für wahr! Bewahre mich davor, diese beiden jemals zu vergessen, Adanos.”, entgegnete der Waldläuferführer des myrtanischen Waldvolkes und deutete in Grinsen an.

    “Bezaubernd sind die jungen Damen allemal und da kann selbst die größte Tarnung nicht die Juwelen verbergen, die hervor scheinen, wenn meine Augen sie erblicken. Bewahret! Eldain Schönhaar mein Name, falls ihr nicht schon von mir gehört habt.”, grüßte eine für Naira bekannte Stimme, die gerade mit sanft klimpernder Laute aus dem Dickicht kam.
    “Der Kater von Silden. Haben dir nicht kürzlich ein paar Väter und Brüder in Beria das Fell abgezogen? Lass meine Mädchen in Ruhe, Eldain Schönhaar. In Nordmar ziehen wir Säbelzähnen das Fell ab. Da bist du jaulender Kater nichts dagegen.”, drohte Gisla freundlich lächelnd.
    Naira grinste und musterte Eldain. Hübsch war dieser Mann mit dem langen, schwarzen Haar, den tiefblauen Augen, den hohen Wangen und etwas spitzen Ohren. Aber jedes Mädchen aus dem Waldvolk wurde schon als Jugendliche vor diesem Schurken gewarnt.
    Stets auf Eroberungen aus und ein begnadeter Barde. Dazu aber auch bekannt für seine Hinterhalte, Schwertkunst mit zwei Klingen und die Grausamkeit gegenüber seinen Feinden. Deswegen nannte man ihn den Kater von Silden, der so manches Lied auf einem Sterbenden sitzend komponierte. Er war nicht der Held den man sich wünschte, aber das was man manchmal bekam.
    Eldains Kopfgeld war so ansehnlich wie er selbst - so sagte man. Naira kannte ihn schon. Er hatte sich ihr schon einmal vor einem Jahr vorgestellt und Informationen über sie eingeholt. Ja, sogar höflich um ein Treffen gebeten und die Abweisung nicht akzeptiert. Sie war jung, aber nicht blöd und im Waldvolk zählte der Ruf so einiges - das hatte sie ihr ganzes Leben lang beobachten können.
    Eldain setzte ebenso ein Lächeln auf, widmete ihr ein kleines Solo mit der Laute und verneigte sich vor Gisla.
    “Mein Fell besitze ich noch, liebste Gisla. Die Väter und Brüder müssen halt schneller werden, um den Kater das Fell abzuziehen.”
    “Ha! Eldain Schönhaar sollte man wohl Blitz von Silden nennen. Der Mann der einmal einschlägt und sich dann in Rauch auflöst.”, spottete Naira frech. In Eldains Augen sah man Interesse aufblitzen und er schmunzelte, während Gisla und Chani belustigt gackerten.
    “Aber ich schlage ein und das mit einem großen Knall, junge Naira Flammenzunge.”, entgegnete Eldain und begann musikalisch mit der Laute ein Spiel mit Naira zu beginnen. Kam nun ein Lied? Spott? - Doch Bhor und Arakos sahen das anders.
    “Eldain! Hör auf zu spielen. Klärt das woanders. Das Gebiet ist für eine gute Stunde sicher, bevor eine Patrouille aus Geldern hier vorbei kommt. Wir müssen reden, Bhor.”, sprach Arakos mit aller Autorität und jeder gehorchte.

    So nahmen Arakos und Bhor Platz und begannen sich auszutauschen. Hierbei holte Gisla eine gut versteckte Schatulle aus einem der Wägen hervor und öffnete sie mit Bhor zusammen. Darin waren wenige Aufzeichnungen der Gruppe, die wichtige Hinweise und Notizen beinhalteten. Das meiste jedoch gaben Bhor und Gisla Arakos direkt wieder und wurde von Pavko noch einmal mit einer Feder auf Pergament kurz und bündig notiert.
    Soweit sich Naira erinnerte, war Pavko in Sachen Informationen Arakos’ erster Mann und kümmerte sich auch um die Versorgung im alten Okara. Für den Kampf und die Strategie gab es genug andere. Der Rest aus Arakos’ Kommando unterhielt sich entweder mit Eskiel und Danzo - oder war wieder losgezogen, um die Augen um das Lager offen zu halten.

    “Meinst du, es gibt einen neuen Auftrag?”, fragte Chani und reichte Naira einen Apfel, während sie auf einem der großen Wägen saßen und die beiden großen Männer beobachteten.
    “Da kannst du Gift drauf nehmen. Arakos wäre doch nicht selbst aufgetaucht, wenn es nicht wichtig wäre.”, meinte Naira und biss in den Apfel.
    “Dann ist es sicher nichts Angenehmes wie bisher.”
    “Vielleicht ein wenig mehr, wie die Augen offen halten und beobachten. Sich unter die Einheimischen mischen und Soldaten zählen.”, meinte die Dunkelhaarige und sah sehr genau, wie Bhor das Gesicht verzog und Gisla protestierte. Arakos indes schüttelte den Kopf und zählte vier Dinge oder Namen auf. Bhor blickte nachdenklich zu Boden, dann zu Gisla und dann zu ihnen. Was hatte das Thema mit ihnen zu tun?
    Dann nickte Bhor, sagte etwas zu Arakos und zeigte sehr genau auf ihn. Dann winkte er alle seine Leute her.
    Ihr Herz schlug höher und ihre Gedanken explodierten vor Neugier.
    “Was ist?”, fragte sie in die Runde.

    “Arakos hat uns beauftragt, zwei unserer Leute zu befreien. Dafür müssen wir nach Kap Dun und eine Menge Dinge machen, die wir schon länger nicht getan haben. Und unsere Jüngeren noch nie. Es wird gefährlich für uns alle. Aber er sieht - und ich ebenso - keine andere Chance, da anders reinzukommen. Zumindest nicht unsere Leute mit der üblichen Wir-sind-nur-Jäger-Masche.”
    “Wir riechen schon wie die Menschen der Städte, will er damit sagen…”, warf Naira ein. Die Wahrheit war, dass sie nunmal nicht durch Wälder streiften und sie selbst keine angehende Waldläuferin war. Sie war im Grunde noch weit weg von einer Nara, Mara oder Turya.
    “Ja, junge Naira. Aber das war der Plan von Anfang an für dieses Kommando. Seit fünf Jahren macht Bhor das schon mit Gisla und Eskiel. Danzo ist schon länger bereit und Chani ist ebenfalls so weit, dass man ihr viel zutraut. Meisterin Noreia glaubt an ihren Schützling. Und du…”, sagte Arakos und suchte die passenden Worte.
    “...ich bin bereit und habe mich bei Gisla bewiesen! Das wolltest du hoffentlich sagen, denn ich hab ja Augen im Kopf und clever bin ich auch. Deswegen hatten uns Maiglöckchen und Bruxa doch auch eine Weile lang begleitet und mit uns geprobt, nicht wahr? Beide passen aber nicht ganz hinein in die Rolle einer jungen, wandlungsfähigen Frau. Maiglöckchen ist zu lieb, hat den Kopf in den Wolken und musiziert lieber und Bruxa ist verdammt gut bei unseren Stücken gewesen und wirklich schön, aber sie trinkt zu viel und ist dann ein Risiko für alle. Ich hingegen bin einfach die Richtige.”, sagte Naira sehr selbstbewusst und nüchtern.
    “Dann bist du bereit, das Spiel zu spielen?”, fragte Gisla.
    “Ja. Natürlich! Wir halten einander den Rücken frei und lassen niemanden zurück. Das gilt hier und das gilt auch für die Zwei die wir befreien wollen.”, sagte sie stolz, während sie innerlich ihren Mut doch noch suchen musste.

    Das Spiel spielen wie Gisla sagte, hatte bisher auf einem eher ungefährlichen Niveau stattgefunden. Dort würden sie beobachten, planen, Ziele auskundschaften und möglichst alle Mittel notfalls anwenden, die zum Ziel führen sollten. Für sie bedeutete das zu springen und dieses Mal kein sicheres Netz zu haben, wenn etwas schief lief.
    Gisla kam zu ihr und umarmte sie wie eine Mutter.
    “Ich weiß, dass du Angst hast. Aber wir sind da. Es war mutig zu sagen, dass du das Spiel spielen willst. Aber ich bin selbst nur eine Anfängerin bei diesem Spiel und hab dir alles beigebracht, was ich weiß. Denk daran und denk daran, dass wir niemals zu viel Risiko bei dir eingehen werden. Bhor, ich und auch Arakos erwarten nicht von dir, dass du Wunder vollbringst oder dich für die Sache opferst. Du wärst aber eine großartige Hilfe - das weiß ich! Das will ich dir sagen, Naira.”, sagte sie in einem vertraulichen, leisen Ton. Naira nickte. Gisla war ein Schatz unter all den Müttern die sie in ihrem Leben im Waldvolk hatte. Von allen hatte sie manches gelernt, doch Gisla war ihr emotional und menschlich am nächsten gewesen.
    “Danke.”, wisperte sie und lächelte sie an.
    “Vielleicht wird es gar nicht erst nötig sein. Vielleicht haben wir ein wenig Glück. Nichtsdestotrotz werden wir uns nun darauf vorbereiten. Wir alle. Jeder wird bereit sein, seine Stärken einzubringen.", sagte Gisla an alle und Bhor bejahte das. Arakos kam hinzu und sprach seinen Dank aus. Ein Blick zu Pavko und der holte einen Säckel mit klimpernden Münzen hervor.
    “Für manche Unkosten.", sagte Pavko. Nüchtern betrachtet war das nicht viel, aber das Waldvolk hortete nunmal keine Schätze oder war eine Bank. Es war nicht wenig für waldvölkische Verhältnisse.

    Arakos’ Leute kamen zusammen. Die Stunde war wohl schon fast um und Braenn und Milaen hatten gemeldet, dass sich eine Patrouille nähern würde, die den Wagenspuren von Bhors Leuten nachginge.
    Naira sah zu wie sich die meisten von Bhor und Eskiel verabschiedeten und Gisla gute Nerven mit den beiden wünschten. Waldläufer unter sich waren noch einmal ein Völkchen im Waldvolk. Naira und Chani hingegen durften Eldain beobachten, wie er ohne Worte ihnen und Gisla mit der Laute schöne Augen machte. Er wollte natürlich provozieren und rechnete sich damit nicht den Hauch von erfolg aus. Doch etwas in Naira wollte diesen Eldain an den spitzen Ohren ziehen, ihn zu einen besseren Mann machen und ein wenig vernaschen. Als Lohn für die Mühen. Doch nur etwas und etwas war mickrig gegenüber der Abneigung gegenüber diesem Tunichtgut. Dann kam das Kommando von Iowarth und sie zogen los. Eldain verneigte sich und schnallte seine Laute hinter seinem Rücken fest.
    “Hübsch…aber ein Hund der alles anspringt, was Beine hat und weiblich klingt.”, kommentierte Naira und Chani stimmte dem etwas weiter weg in Gedanken zu.
    “Viel Glück! Bewahret!”, wünschte Arakos und verschwand als Letzter im Dickicht der riesigen Silden-Wälder. Naira wusste wohin.
    “Und wir?”, fragte sie Bhor.
    “Wir warten bis die Patrouille kommt und üben einfach ein wenig. Danzo jongliere etwas mit Messern. Das wird ihnen bestimmt gefallen. Dann fahren wir bis Dämmerung weiter Richtung Montera. Nach Gotha möchte ich nicht.”, wies der Riese an.
    Geändert von Ornlu (10.07.2024 um 12:40 Uhr)

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    Mora Sul

    Die Nacht war endlich vorüber und Bari stupste Jaleel, der in einem der Betten des Hauses für wenige, unruhige Stunden geschlafen hatte, wach. Desorientiert öffnete er die Augen und fragte sich, wo er war, bis er in das zahnlückige Grinsen des Buben blickte, der ihm einen dampfenden Becher entgegenhielt.
    „Danke“, gab sich der Chronist bedeutend einsilbig, da er weiß Beliar kein Morgenmensch war.
    Vorsichtig nippte er an dem aromatischen Heißgetränk, was aus den gerösteten Bohnen Varants gebrüht wurde und spürte dabei, wie seine Lebensgeister erwachten. Es gab nichts besseres, was gegen akuten Schlafmangel half, denn wer hatte schon Zeit die ganze Nacht zu ruhen, wenn es wichtige Dinge gab, die erledigt werden wollten und sich beim Aufschub eher vermehrten, denn verminderten.

    Durch die schweren Stoffvorhänge konnte Jal sehen, dass die Sonne bereits die Straßen flutete, doch es war wohl noch früh genug, um der Mittagshitze zu entgehen. Einige vorbeilaufende Leute verrieten ihm außerdem, dass die Ausgangsperre bereits aufgehoben war.
    Vor dem letzten Schluck heißen Kaffees ließ er sich jedoch nicht hetzen und so stand er gemächlich auf, leerte den Becher und gab ihm Bari zurück, der ihn aufmerksam beobachtet hatte. Er war schon ein seltsamer Junge, sprach kaum und grinste fast die ganze Zeit, als würde er sich über Späße amüsieren, die nur er allein verstand.
    „Ich bin heute Abend wieder hier, Bari“, informierte der Sohn der Wüste den kleinen Hauswächter, der keinerlei Reaktion zeigte.

    Mit einem leisen Seufzen verließ er das Haus, welches den geheimen Treffpunkt im Untergrund verbarg und blinzelte in die grellen Strahlen des jungen Tages. Mehrere Stunden blieben ihm, ehe das Treffen mit Sahar und dem Argaaner stattfinden sollte. Genug Zeit also, sich um ihn selbst zu kümmern. Und wie er letzte Nacht festgestellt hatte, war er eines ausgiebigen Bades überfällig. Im Ostviertel, nahe an der Stadtmauer, befand sich sein favorisiertes Badehaus. Allerdings würde er dafür die ganze Stadt von West nach Ost durchqueren müssen. Auf dem Weg dorthin wäre also ein kleines Frühstück angebracht.
    Diesem Gedanken folgend wählte Jaleel seinen Weg über einen der Märkte, wobei er die frühmorgendliche Betriebsamkeit auf sich wirken ließ. In Varant konnten zu jeder Zeit Geschäfte abgeschlossen werden, vornehmlich jedoch kurz nach Sonnenaufgang und kurz vor Sonnenuntergang, wo die Wärme nicht so sehr die Gemüter erhitzte.

    An einem Obststand ließ er sich von den süßen Worten der Händlerin und den ebenso süßen Früchten locken.
    „Ah, junger Herr, ihr habt ein gutes Auge für Qualität! Seht nur, seht! Feinste Datteln aus der Oase bei Bakaresh! Oder hier, früh gereifte Äpfel von den Südhängen Midlands!“
    Die betagte Frau hatte ein offenes, freundliches Lächeln aufgesetzt, doch Jal konzentrierte sich auf ihre Ware. Er war kein Freund vom freudigen Feilschen seines Volkes, doch er beugte sich den Gepflogenheiten.
    „Mutter der feinsten Früchte, was nehmt Ihr für eine Handvoll Datteln und eine Nara Frucht?“
    Viel länger als es dem Chronisten lieb war handelten sie, bis er schlussendlich nachgab und wohl etwas mehr als üblich für die nahrhafte Mahlzeit zahlte. Die Datteln wären ein hervorragender Energielieferant und die Nara Frucht besaß genug Wasser, dass er nicht an seinen Trinkschlauch gehen musste.

    Gesättigt und, trotz des unliebsamen Gesprächs mit der Händlerin, guter Laune erreichte Jal das Badehaus, welches er als sein Ziel auserkoren hatte. Schon beim Eintreten wurde er freudig und höflich begrüßt, wobei er seine rechte Hand auf sein Herz legte, ehe er leicht den Kopf beugte und seinen Arm nach vorn führte, die geöffnete Handfläche gen Decke gerichtet.
    „As-salāmu ʿalaikum“, grüßte er den Herrn, welcher sich um die Gäste kümmert, ehe sie in den Badebereich gelassen wurden, „Wie üblich bitte einen Zuber lauwarmen Wassers und etwas Öl“, bat er und faltete die Hände geduldig.
    „Ah, Jaleel, willkommen, willkommen“, grüßte der Badermeister ihn freundschaftlich, „Deine Kleidung soll ebenfalls gewaschen werden?“, fragte er routiniert nach, was der Gast mit einem Nicken bestätigte.
    Die Robe würde noch etwas feucht sein, wenn er sie später wieder anzog, doch bei der Hitze der Wüste erledigte sich dieses Problem schnell von selbst. Auf einen Wink des Besitzers folgte er seinem üblichen Weg und wurde von einer verhüllten, jungen Frau in einen Raum gebeten, wo ein Zuber, Schwämme und Öl sowie Tücher bereitstanden. Er sog die parfümierte Luft ein und spürte, wie sich seine Muskeln bereits entspannten. Seiner Kleidung entledigte er sich vollständig und übergab sie der Angestellten des Badermeisters. Die jungen Damen wurden nicht nur fürs Waschen und erhitzen des Wassers bezahlt. Sie standen auch für die Entspannung der Kunden zur Verfügung, wo so mancher Myrtaner die Nase drüber zu rümpfen pflegte. Jal selbst war bekannt bei den Damen hier und sie wussten, dass er kein Interesse an ihrer Gegenwart hatte, wenn er badete.

    Langsam ließ er sich in das lauwarme Wasser gleiten, meinte fast sehen zu können, wie sich seine Haut von Unreinheiten befreite. Langsam sanken seine Schultern, als die Entspannung vollständig einsetzte und er genoss die Stille, die ihn umgab und nur vom Plätschern des Wassers unterbrochen wurde, wenn er sich regte.
    Eine ganze Zeit ließ er seine Gedanken treiben, überlegte, ob die Rebellion das war, was er sich für sein Land wünschte oder ob es andere, bessere Wege gäbe, wie sein Volk dem Joch des myrtanischen Reiches entkommen konnte. So oft schon hatte er genau hier gesessen und sinniert, doch war er immer zum selben Ergebnis gekommen: Es musste so sein.
    Langsam reckte er sich nach einem der Schwämme und begann seinen durchaus ansehnlichen Körper abzureiben. Die Muskeln, die er sich bewahrte, kamen nicht vom stundenlangen Zeichnen oder Lesen alter Texte. Er legte viel Wert darauf in Form zu bleiben, wie man es ihn als Arenakämpfer – sei es auch nur als Zwischenunterhaltung gewesen – lehrte. Dennoch wusste er besser, als jeder andere, dass ein gesunder und starker Körper nicht ausreichte, um eine Waffe wirksam zu führen. All das theoretische Wissen mochte ihn stark wirken lassen, doch in Wahrheit würde er sich nicht als Kämpfer bezeichnen. Ohne eine lehrende Hand war es äußerst schwierig zu erfassen, wie man sich korrekt bewegte. Doch vielleicht würde er bald gezwungen sein, eben das zu tun.

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    Montera

    Es war Markttag in Montera. Welch Zufall mochte man meinen. Als wäre heute auch zufällig wieder Vollmond. Doch dem war nicht so. Als sie gestern das Lager aufschlugen hatten sie Chanis Licht gebraucht und das Wachfeuer war extra klein gehalten, damit die Augen sich besser an die Dunkelheit gewöhnen konnten.

    Naira schätzte manchmal so große Städte allein wegen der Sinneseindrücke, die sie sammeln und beobachten konnte. Das Leben in den Lagern und kleinen, verborgenen Dörfern des Waldvolkes war da ganz anders.
    So mochte sie die bunten Fahnen, die vielen Händler und sehr großen Bauten in Montera. Die Vielfalt an Angeboten an den Ständen und in den Läden. Alles was das Herz begehrte.
    Bhor meinte zwar, dass vieles unnützes Zeug wäre, was man nur horten würde und bei einem Umzug dann wegwerfen.
    Aber selbst er musste zugeben, dass ein Bücherhalter für den Donnerbalken und Tasche um seinen kleinen, lauffaulen Hund oder Katze darin zu transportieren schon sehr kreative Dinge waren, um den modernen Menschen sein Gold aus der Tasche zu ziehen.

    So schön manches hier am Marktplatz war, so hässlich waren manche Dinge die sie auch zu sehen bekam. Bettler auf den Straßen und in den Gassen. Oft Männer die ein Bein oder einen Arm im Krieg verloren hatten und nicht mehr für sich selbst sorgen konnten.
    “Besser sie wären gestorben, statt mit Hunden um Essen zu kämpfen und zu warten bis die Kirche Innos’ den Beutel aufmacht, um eine von hundert Münzen ihnen zuzuwerfen. Nicht jeder endet als versehrter Held des Krieges und bekommt Hof und Land für treue Dienste. Manche sind nur arme Bauern gewesen, die wussten wo das Spitze Ende des Speers war. Interessierte den Ork der sie verstümmelte nur nicht. Merk dir diesen Anblick gut, junge Naira. Die Menschen der Städte haben einen feinen Sinn dafür, sich selbst der Nächste zu sein.”, sagte Eskiel, der so selten mit ihr sprach.

    “Unsere Versehrten haben es aber auch nicht so rosig. Aber ja - hungern müssen sie nicht. Nur glaube ich, dass sich manche schämen versorgt zu werden und andere ihren Beitrag für die Gemeinschaft für gering halten.”, sagte sie, während sie an einen Marktstand mit Stoffen und Kleidern halt machten. Gisla war schon fleißig und sichtete Sachen, die sie gut gebrauchen könnten.

    “Das stimmt, aber das ist deren Problem und Blick auf sich selbst. Ich sehe sie nicht als Last. Ein jeder kann nützlich sein und sei es nur um Kochtöpfe zu schrubben, Pfeile herzustellen oder sein Wissen weiter zu geben. Es gibt genug die auch dankbar sind. - Wirst du so wie bei uns bei den Städtern auch haben, nur sind sie so viele, dass es ein gravierendes Ungleichgewicht ist und zur Verelendung sorgt.”, sagte der mit dem Beinamen Sieben-Leben.
    Naira nickte und beendete damit das Gespräch.

    Sie ging zu Gisla die schon ein paar Stoffe ausgewählt hatte und Naira bat sich drei Kleider anzusehen.

    “Das in Grün würde mir gefallen. Das Rote ist eher was für Chani. Aber Weiß? Wirklich? So schlicht?”, fragte Naira.

    “Ich werde noch Farbstoff besorgen. Ein leuchtendes Gelb und darüber ein schwarzes Mieder. An das wir noch gelbe Streifen nähen.”, erklärte die Nordfrau.
    “Ah für ein Bühnenstück? Wer spielt die Hure? Etwa ich?”
    “Jaaa…für ein Bühnenstück und andere Optionen die wir uns offen halten. Wir nehmen deswegen alle Kleider mit.”, sagte Gisla und offenbarte einen Gedanken für Kap Dun. Dann hielt sie jedes Kleid an Naira und auch an Chani. Bei Naira müsste man zwar noch unten etwas kürzen und schmaler gestalten, aber Gisla war eine gute Schneiderin mit den Jahren geworden und kümmerte sich schon immer um die Kostüme.

    “Stimmt…dann brauchen wir noch ein paar weitere Dinge vom Markt. Rot oder Schwarz?”, fragte sie.
    “Wir besorgen beides. Ich habe varantische Händler dort drüben gesehen und dann suchen wir für die Düfte einen Barbier auf, der hoffentlich noch seinen Laden im Südviertel hat. Balthasar… Liebling?”, rief sie ihren riesenhaften Göttergatten, der eigentlich Bhor hieß.
    Der trat vor mit seiner schicken roten Weste und zu einen engen Zopf geflochtenen Haar und mimte das arme Familienoberhaupt, dass sich beklagte wie teuer doch eine Frau und zwei Töchter waren. Der darum feilschte, doch bitte einen guten Gesamtpreis zu bekommen, weil er bald noch die Mitgift für seine beiden Töchter zahlen müsste.

    “Sind dir deine schönen Töchter und ich dir nichts wert? Komm du mir nach Hause! Ich werde dir nie wieder dein Leibgericht kochen! Ist mir zu teuer…”, schimpfte Gisla und konnte das verdammt gut, wenn sie ihre Stimme sehr schrill erklingen ließ.
    Der Händler zuckte zusammen und sah Bhor doch ein wenig mitleidig an.
    “Ich bin auch verheiratet…”, sagte sein Blick und Bhor erwiderte mit einem >Mach mir einen guten Preis, Bruder im Geiste<-Blick.

    “Für alles…40…weil ihr sonst sicher woanders eure Ware kauft und ich dann ohne viel Erträge nach Hause zu…meiner geliebten Frau komme. Sie ist…mir lieb und teuer, WENN sie glücklich ist.”, sagte der Händler.
    “Das nehme ich an…habt Dank.”, sagte der Riese und übergab die Münzen.
    “...und drei Goldmünzen extra. Für eure glückliche Frau.”, zwinkerte Bhor und hatte doch bestimmt gut ein Dutzend Goldmünzen gespart.

    Als sie sich weit genug vom Stand entfernt hatten, bekam Bhor tatsächlich ein wenig auf den Deckel von Gisla.
    “Die drei Goldmünzen hätten deine Frau auch glücklich gemacht.”
    “Adanos vergelts! Eine Lüge wurde damit ausgeglichen.”, entgegnete Bhor und nahm seine Frau in den Arm. Sie wie üblich zu küssen, wäre auffällig in einer myrtanischen Stadt gewesen. Öffentlich zur Schau stellen, dass man einander liebte geziemte sich nicht in einer so kultivierten Stadt wie Montera. Das machten nur die vom Dorf und die Wilden.

    Am Stand der Varanter übernahm dann Gisla die Verhandlungen komplett. Es ging um bestimmte Pflanzen die man nur aus Varant bekam, Tinkturen und einfaches Öl.
    Am Ende hatten alle das Gefühl, dass Gisla mit dem Preis reingelegt wurde und trotzdem den Händler mächtig runter gehandelt hatte.
    Wirklich schlau wurde man darüber nur als Varanter. Alle anderen schienen von Anfang an einen überteuerten Preis zu bekommen.

    Bhor und Chani verabschiedeten sich dann schon und gingen mit den Einkäufen zu den Wägen wo Danzo schon sicher wartete, während Gisla und Naira noch zum Barbier im Südviertel gingen. Eskiel blieb auf Abstand und war zur Not da, wenn es Ärger gäbe.

    Im Südviertel waren viele Handwerker untergebracht, die vom Handel und der Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte lebten. Metzger, Bäcker und Lederverarbeiter wie Sattler und Rüstungschmiede, aber auch gewöhnliche Schmiede.

    “Hey! Kenn ich dich?”, fragte ein älterer Schmied der gerade sein Feierabend-Bier trank und auf seiner Bank saß.

    “Mich? Nicht das ich wüsste - Meister Schmied. Wie kommt ihr darauf?”, sagte Naira und blickte kurz zu Gisla. Hoffentlich kam jetzt nicht ein anrüchiger Spruch.

    “Der Gang, die Körperhaltung und diese Nase! Du warst doch schon mal hier vor einigen Jahren.”, sagte der Mann, der dann aufstand und die Augen verengte, weil er nicht besonders gut zu sehen schien.

    “Vor einigen Jahren waren hier noch die Orks und ich war ein Mädchen in Vengard. Niemals wären wir damals einfach hierher gereist. Meister Schmied - ihr irrt euch. Meine Mutter scheint euch auch nicht zu kennen.”, sagte die Dunkelhaarige. Gisla bestätigte.
    “Hrm…bist wirklich ein wenig zu jung. Sahst vom Weiten so aus. Ich seh zwar schlecht, aber dafür merke ich mir viel. Egal! Verzeiht die Störung. Kann ich euch helfen?”

    “Vielleicht Morgen. Wir suchen einen Schmied für ein paar Ausbesserungen an unserem Wagen. Guter Mann, weißt du wo wir den alten Gren finden?”, fragte Gisla.

    “Gren? Gleich hinter meiner Schmiede und dann zehn Schritt geradeaus. Ich weiß nur nicht, ob er da ist. Macht sich in letzter Zeit etwas rar.”
    “Hab Dank, Meister Schmied!”
    “Harald heiße ich. Keine Ursache.”
    “Bewa…Bewegen wir uns. Auf bald, Herr Harald.”, wünschte Gisla und Naira verneigte sich kurz.

    “Harald…heißen alle Schmiede so? Götter…”, kommentierte Naira im Flüsterton und hatte nicht gemocht, wie dieser Schmied ihr irgendwas andichtete.

    “Jetzt weiß ich wo wir sind. Da lang.”, meinte ihre Freundin und wenige Schritte weiter standen sie vor dem Laden des Barbiers. Gisla klopfte, aber nichts und niemand meldeten sich.
    Nochmal klopfte sie und rief Grens Namen.

    “Gren ist nicht da. Er war heute morgen schon nicht da.”, sagte seine Nachbarin und war aus der Hütte herausgekommen.
    “Hallo. Weißt du wohin er wollte. Hat er was gesagt? ”, fragte Naira. Die Frau zuckte mit den Schultern.
    Naira reichte ihr ein Silberstück.
    “Ich glaube er wollte raus zu seinem Kräutergarten. Was er gesagt hat, weiß ich nicht mehr.”
    Eine weitere Silbermünzen wechselte die Besitzerin.
    “Ich glaube, er wollte noch zur Schenke am Südtor. Klein und fein, seit der Rückeroberung Monteras. Den Lachenden Esel könnt ihr nicht verpassen .”

    “Danke, gute Frau.”, sagte Naira, gab noch drei Kupferstücke hinzu und beide Frauen machten sich auf zum Südtor.
    Geändert von Naira (14.07.2024 um 08:55 Uhr)

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    Mora Sul

    Jaleel ließ den Schwamm sinken und lehnte sich zurück, das lauwarme Wasser umschmeichelte seine Haut. Die Gedanken an die bevorstehenden Ereignisse ließen ihn nicht los. Er wusste, dass die Rebellion gefährlich war, aber er konnte nicht anders, als sich ihr verpflichtet zu fühlen. Die Freiheit seines Volkes war ihm wichtiger, als sein eigenes Leben. Es musste doch möglich sein zu erreichen, was einst schon einmal Bestand hatte, oder nicht?

    Nach einer Weile verließ er den angenehm großen Zuber, der ihn völlig Untertauchen ließ, wenn er gewollt hätte, griff nach einem der bereitgelegten Tücher und trocknete sich sorgfältig ab. Die parfümierte Luft des Raumes umhüllte ihn weiterhin, und er fühlte sich erfrischt und belebt.
    Jal nahm das kleine Gefäß mit Öl, das neben dem Zuber bereitstand, und öffnete es. Ein angenehmer Duft von exotischen Gewürzen und Kräutern stieg ihm in die Nase. Langsam goss er etwas von dem Inhalt in seine Handflächen und rieb sie aneinander, um das Öl leicht zu erwärmen.
    Mit sanften, kreisenden Bewegungen begann er, das Öl auf seiner Haut aufzutragen. Er massierte es in seine Arme, Schultern und Brust ein, spürte, wie seine Haut geschmeidig und weich wurde. Die aromatisierte Melasse hinterließ einen leichten Glanz und verstärkte das Gefühl der Entspannung, das das Bad bereits begonnen hatte.

    Jaleel nahm sich Zeit, jeden Muskel zu bearbeiten, die Verspannungen der letzten Tage zu lösen und sich auf die bevorstehenden Herausforderungen vorzubereiten. Für ihn war es ein wichtiger Schritt, der seinen Körper und Geist in Einklang brachte, wenn diese im Laufe der Tage auseinanderdrifteten.
    Als er schließlich fertig war, fühlte er sich nicht nur körperlich, sondern auch geistig erfrischt und gestärkt.
    Die Tür zu seiner Badekammer öffnete sich einen Spalt und eine andere junge Frau blickte hinein, entdeckte ihn, wie er soeben das Tuch beiseitelegte. Sie brachte ihm seine gewaschene Kleidung, die wie erwartet noch leicht feucht war. Doch sie zögerte, ihm die Robe zu geben, ließ stattdessen ihren Blick auf ihm ruhen, schaute gar an ihm herab.
    „Die Kleidung?“, fragt er ohne Wertung in der Stimme, was der Badehelferin etwas Röte in die Wangen stiegen ließ.
    Wortlos übergab sie sie ihm und er dankte ihr mit einem Nicken, ehe er sich ankleidete.

    Als er das Badehaus verließ, fühlte er sich erfrischt und bereit für den Tag. Die Sonne stand nun höher am Himmel, und die Straßen waren voller Menschen, die ihren täglichen Geschäften nachgingen. Jaleel machte sich auf den Weg zu einem kleinen Kaffeehaus, das er oft besuchte, um dort ein leichtes Frühstück zu sich zu nehmen.
    Dort angekommen, setzte er sich an einen der Tische im Schatten und bestellte eine Schale Joghurt mit Honig und Nüssen. Während er aß, beobachtete er die Menschen um sich herum. Händler, die ihre Waren anpriesen, Kinder, die spielten, und Reisende, die sich ausruhten. Es war ein lebendiges Bild, das ihn daran erinnerte, wofür er kämpfte. Denn hinter all der friedvollen Szenerie stand immer jemand in unpraktischer Lederrüstung, welche mit rot-weißer Heraldik das Bild zu trüben vermochte.

    Die Zeit verging schnell, und er wusste, dass das Treffen mit Sahar und dem Argaaner näher rückte. Er fühlte eine Mischung aus Aufregung und Nervosität, aber auch eine tiefe Entschlossenheit. Dieses Mal würde er nicht erst nach Einsetzen der Ausgangsspeere beim Treffpunkt erscheinen, doch er wollte trotzdem so wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie möglich. Vermutlich war er für die Stadtwachen ohnehin nur einer von vielen dieser dreckigen Varanter, wie er sich auf dem Weg zum Gefängnis einmal hatte nennen lassen dürfen. Doch die Gewächse der Wüste waren erfinderisch und anpassungsfähig, ebenso wie er, wenn es darauf ankam.
    Geändert von Jaleel (16.07.2024 um 21:21 Uhr)

  12. Beiträge anzeigen #112
    Waldläufer Avatar von Naira
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    Da standen sie nun vor dem Lachenden Esel. Die Taverne war noch nicht so alt, wie man üblicherweise annehmen durfte. Es war ein wieder aufgebautes Gebäude über dessen Eingang ein Schild hing, dass einen lachenden Esel darstellte. Sie hatten sogar richtige Fenster aus bunten Glas, durch die man verschwommen in das Innere blicken konnte.
    Der Rauchfang am Dach stieß einen Lagerfeuerduft mit Nuancen von Gebratenem aus und man hörte dumpf das Geplärre von Geschirr, verrückenden Möbelstücken und fallenden Würfeln in einem chaotischen Singsang von vielen Stimmen am frühen Abend.

    “Klingt gemütlich.”, meinte Naira und ging vor. Kurz blickte sie zu einer Häuserecke, wo ihnen Eskiel ein dezentes Zeichen gab.
    Als sie durch die Tür schritt kam ihr ein Schwall Pfeifentabak, Schweiß und gebratenes Fleisch entgegen. Hier und da waren auffällige Blicke auf sie und Gisla gerichtet, aber auch ganz sicher von Augen, die gekonnt schielen konnten.

    “Da…”, sagte Gisla und deutete auf einen Tisch in einem kleinen Nebenraum, der durch ein offenes Geländer abgetrennt war. Ein älterer Herr, ja eher ein Greis mit Halbglatze und Altersflecken im Gesicht, saß dort am Tisch mit zwei anderen Personen. Ein Mann würfelte mit diesem und der andere Kerl kippelte mit dem Stuhl an der Wand und pulte mit einem Wurfmesser den Dreck unter seinen Fingernägeln weg. Seine glänzenden Lederstiefel fielen Naira auf.

    “Guten Abend, Gren und die Herren. - Hier bist du also. Machst du für mich heute noch deinen Landen auf?”, fragte Gisla und wahrte einen gewissen Abstand, während Naira im Hintergrund beobachtete.
    “Gren hat keine Zeit, Schätzchen. Er muss spielen…spielen bis er seine Schuld beglichen hat oder…er wird seinen Laden so schnell nicht wieder aufmachen.”, sagte der mit den schönen Stiefeln und funkelte sie an. Gisla begann zu verstehen und Naira machte sich ein Bild über Gren. Der alte Mann ließ die Schultern so tief hängen und schaute so verzweifelt zu ihnen, dass er wohl ziemlichen Mist gebaut hatte. Zumindest zu viel riskiert und sein Glück strapaziert.
    “Die alte Spielsucht…”, flüsterte Gisla und fragte dann, was Gren denn ihnen schulde.

    “110 Goldstücke plus den Zehnt für meinen Boss darauf. Also 125 Goldstücke! Die wollen wir heute noch haben! Du wirst dich nicht mit Sachen aus deinem Laden frei mogeln.”, sagte der gut Gekleidete mit dem Spitzbart. Der Würfelspieler indes war so fahl und uninteressant in seinem Allerweltsgesicht, dass Naira ihn fast übersah.

    “121”, sagte Naira.
    “Was?”
    “121 Goldstücke. Ihr solltet fair sein. Ehre unter Dieben wird hier doch hoffentlich noch hochgehalten?!", sagte Naira.
    “Soso…Ehre unter Dieben…Und wer bist du, Mädchen? Was geht dich Gren an?!”, fragte der Kerl.
    “Kein Anstand? Der Herr stellt sich der Dame zuerst vor. Also?”, sagte Naira frech. Der Kerl verzog das Gesicht und warf dann blitzschnell sein Wurfmesser nach Naira. Das Messer schlug jedoch falsch herum in den Holzbalken eine Armlänge entfernt ein und fiel zu Boden. Ihr Herz schlug deutlich höher und das Adrenalin schoss ihr durch den Körper.
    “Ok…so ein Exemplar…”, dachte sie sich.

    “Beeindruckend…Herr Wurfmesser. Treffen üben wir aber noch einmal. Sei jedoch gewarnt. Ich bin für jemanden, der dir die Haut abziehen wird, ein wunderschön zwitscherndes Vögelchen. Nenn mich also Vögelchen, wenn du schon keinen Anstand hast.”, sagte sie mutiger, wie sie sich fühlte. Gisla griff nach ihrer Hand, doch Naira machte sogar einen Schritt vor.
    “Dein Name?”
    “Adriano, kleines Vögelchen. Wer ist dein Auftraggeber?”, sagte der Verbrecher und wollte ihr wohl am liebsten wehtun.
    “Jemand der Gren lebend haben will, Adriano. Gren hat ein Duftöl, dass mein Auftraggeber favorisiert. Verstehst du das oder ist dein Verstand so kurz angebunden, wie dein Gemüt?”, fragte sie und riskierte wirklich eine dicke Lippe und eine aufgeschlitzte Kehle.
    “Schulden sind Schulden. Diebesehre - das versteht jeder Auftraggeber. Ausser du willst ihn frei kaufen?”, sagte Adriano und zuckte unschuldig mit den Schultern. Hoffentlich hatte er nicht noch irgendwo ein Wurfmesser.
    “So eine Summe hab ich nicht. Wie wäre es mit freispielen!? Etwas Gold habe ich. Was spielt ihr denn da überhaupt? Schaut einfach aus.”, fragte sie und wusste es doch. Doch ein wenig Selbstüberschätzung stand dem Vögelchen wohl ganz gut.
    Du spinnst doch, Naira. Brauchst du dieses Risiko für einen Fremden? - fragte sie sich selbst und beobachtete Adriano und seinen bisher stumm gebliebenen Kumpel. Gislas Blick riss Naira gerade den Kopf ab, aber sie spielte mit. Blickte sich nicht unsicher um.

    “Du kommst hier rein, störst unsere Geschäfte und verlangst gegen uns im Würfelpoker anzutreten? Sehr dreist und hochgradig riskant. - Geht es dir gut in deinem Spatzenhirn, Vögelchen? Wie alt bist du?”, spottete Adriano und sein Kumpel lachte kehlig auf.
    “Volljährig! Also spielen wir oder hat Adriano Angst gegen ein Spatzenhirn zu verlieren? Ich biete dreißig Goldstücke für den Anfang.”, sagte die Dunkelhaarige und klimperte mit ihrem Lederbeutel. Ihre ganzen Ersparnisse und ein paar Knöpfe waren da drin.
    Sie warf den Beutel auf den Tisch und setzte sich zu Gren. Der schaute ganz stutzig drein.
    Adriano dachte nach und fragte sich wohl, wieso er sich auf der Nase rumtanzen ließ.
    Dann stand er auf und warf seinen Einsatz dazu.
    “Wenn du verlierst, behalte ich dein Gold und deinen frechen Schnabel stopfe ich dir, kleines Vögelchen. Man nennt mich auch den Zähnezieher!”, drohte der Zähnezieher und sah Naira noch einmal ganz anders an. So wie sein Kumpane. Gierig...Macht über sie wollend.
    Was hatte sie da gerade angestellt?
    Bewahre…säuselte sie und konzentrierte sich auf ihre Schauspielausbildung.
    Sie atmete tief ein und aus.

    “Ja mach doch! Bevor du aber deine Finger an mir versuchst anzulegen, nehme ich dich aus wie ein Fisch und werde da mit Gren raus spazieren. Solltest du Ärger machen, wird es dir leid tun. Und jetzt - erklärt mir das Spiel. So ein dämlich drein guckender, nichts sagender Typ kann ja nur Glück gehabt haben.”, konterte sie und zeigte auf den Spieler. Der verzog das Gesicht und knurrte.
    “Halts Maul, Schlampe! Ich drehe dir den Hals um.”, zischte er.
    “Oh, er kann doch reden. Nun, Adriano?”, sagte sie und trippelte mit den Fingern der linken Hand auf den Tisch.

    Im großen Raum der Taverne war Eskiel am Tresen zu sehen. Er trank ein Bier und hatte im Blick, was da im Nebenraum vor sich ging. Gisla merkte es auch und lächelte auf.
    “Spielt oder gebt Gren einen Aufschub. Und macht nichts Unüberlegtes. Das Vögelchen hat mich hier nicht als Anstandsdame dabei.”, sagte sie und lehnte sich hinter Naira und Gren an die Wand.
    “Ihr heimst euch wegen Gren Probleme auf, die ihr noch bereuen werdet. Sei es drum! Spielen wir und dann sehen wir, wer unüberlegt gehandelt hat.”, sagte Adriano und blickte zu Naira.
    “Mach mir nichts vor - du kennst das Spiel. Wir spielen solange, bis jemand zwei Runden gewonnen hat. Dann gehört alles dem Sieger.”, sagte er, setzte seinen braunen Hut mit schöner Fasanfeder auf und setzte sich zu seinen Spieler.

    “Schicker Hut.”, kommentierte Naira und durfte dann beginnen. Sie griff den Becher und dann sehr fix den Becher des Gegenspielers. Räumte alle Würfel heraus und besah sie sich.
    “Nichts Gezinktes. Verwundert mich bei euch zwei Spießgesellen.”
    “Gren hatte Pech im Spiel. Das ist alles. - Wirst du eine brave Hure sein, wenn du verlierst? Und alles machen, was der gute Adriano will?”, provozierte Adriano. Damit hatte sie gerechnet, während Gisla die Worte kaum glauben konnte.
    “Ich werde die Beste sein! Leider zu teuer für dich. Da hilft auch nicht der schöne Hut und deine Stiefel.”, entgegnete sie und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Adriano warf seinen Einsatz auf den Tisch und es konnte los gehen.
    Gren murmelte etwas, doch das Klimpern der Würfel im Becher übertönte alles.
    Der Becher schlug mit den Würfeln auf die Tischplatte und Naira hob an.

    “6,2,2,3 und 4. Hmm…”, sagte sie und entschied sich für die 2,3 und 4. Ihr Gegner war dran und würfelte ein 5er Paar und jeweils eine 1,6 und 4. Das Paar behielt er. Naira war dran und zwei Würfel klackerten im Becher.
    “Puhh eine 5 und 4.”, sagte sie mehr zu sich und hob nur die 4 an.
    “Glück…”, sagte Adriano.
    “Können…”, sagte Gisla.
    Der Andere würfelte wieder.
    “5…3 und 6. - Einen Dreier werden wir auch mit dir haben. Das wird aber nicht schön für dich.”, kommentierte Adriano.
    “Ich setze euch auf die große Straße, da könnt ihr eure Schwerter vor aller Augen kreuzen.”, sagte sie und musste nun hoffen, dass sie eine 1 oder 6 würfelte.

    “Haha! Eine kleine Straße!”, jauchzte Gisla und klatschte in die Hände. Naira hatte eine Eins gewürfelt.
    “Tja, die kleine Straße tut es auch für zwei Haderlumpen wie euch.”, tönte die Dunkelhaarige und war sich bewusst, dass sie auch noch verlieren könnte.
    “Warts ab.”, sagte Adriano der Zähnezieher.
    Sein Kumpane würfelte und hob dann den Becher an.
    “Ohh, Pedro. Schau mal! Ob wir noch jemanden finden der uns beim 4er Gesellschaft leistet? Die Kleine schreit richtig danach, meine Hure zu werden.”, lachte Adriano. Naira fluchte innerlich, hatten doch die vier 5er ihre kleine Straße übertrumpft.

    “Na? Schon Angst oder freust du dich? Du darfst meinen Hut aufsetzen wenn ich dich nackt durch die kleinen Straßen treibe.”, spottete Adriano und Nairas Gedanken oder besser Konzentration wurden an den Gedanken daran erschüttert. Sie zwinkerte nervös mit den Augen und wäre wohl in Panik verfallen, weil sie sehr viel für jemand anderen riskierte der bisher noch nie was für sie getan hatte.
    “Schöne scheiße…”, sagte sie ganz leise zu sich selbst.
    Geändert von Naira (17.07.2024 um 11:30 Uhr)

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    Mora Sul

    Wie schon letzte Nacht verlief der Eintritt in das Haus, welches den geheimen Keller beherbergte, weitestgehend unspektakulär, auch wenn Jal nach wie vor auf die gewöhnungsbedürftige Parole verzichten konnte, auf die Bari jedes Mal bestand.
    „Sind die anderen schon da?“, fragte der Chronist den Jungen, der gewohnt stumm vor ihm herlief, als er ihn zum Flur führte, wo die verborgene Tür bereits offenstand.
    Einen Moment wartete Jaleel, ob der junge Wächter sich vielleicht doch zu einer Antwort hinreißen ließ, doch ihm blickte wie immer nur das zahnlückige Grinsen entgegen. Man konnte fast verrückt werden, wenn man auf den Bengel schaute, doch die Entspannung des vorherigen Bades ließen seinen Geist im Einklang bleiben. Ein leises Seufzten entwich ihm dennoch bevor er die Treppe hinabstieg, hinab in den schwarzen Schlund. Noch immer haftete den Geruch von Waffenfett in der Luft, wenn auch schwächer, als zuvor. Das kratzende Geräusch der sich schließenden Geheimtür ließ ihn für einen Augenblick in totaler Schwärze, doch bald schon gewöhnte er sich daran und seine Augen erfassten die verhangenen Kerzenleuchter, welche den Gang Kontur verliehen, dem er nun folgte.

    Es waren keine Stimmen zu hören, was mehrere Bedeutungen haben konnte. Entweder Sahar und der Argaaner waren noch nicht da. Oder aber bei dem Schmugglerhaus im Nordviertel war etwas Unvorhergesehenes geschehen und die Anführerin würde nicht erscheinen und ohne sie wohl auch nicht der Fremdländer. Sie könnten aber auch einfach auf ihn warten und sich in Schweigen hüllen.
    Während weitere Szenarien in seinem Kopf Gestalt annahmen, erreichte Jal das Ende des Ganges und fand sich tatsächlich in einem menschenleeren Kellerraum wieder, der am Abend zuvor noch von zehn Leuten gefüllt gewesen war. Den Bereich für sich, wählte er eine der Kisten aus und ließ sich gewohnt im Lotos darauf nieder. Um die Zeit bis zur Ankunft seiner heutigen Gesprächspartner erträglicher zu gestalten – allzu viel Interessantes gab es hier unten nämlich nicht zu bestaunen – holte er seine Pergamentrolle aus ihrer Schutzhülle heraus und rollte sie ein Stück auf bis er eine Zeichnung vor sich hatte, die er einst in der Arena hier in Mora Sul angefertigt hatte. Es zeigte einen Nomaden, der behauptet hatte, dass sein Stil mit zwei Säbeln denen der Assassinen überlegen war.

    Jal konnte sich gut an den Tag erinnern, auch wenn es nun viele Jahre her war. Aber allein der Hochmut dieses Mannes hatte ihm den Einlass in die ihm feindlich gesinnte Stadt ermöglicht. Natürlich witterten die damaligen Herren der Wüste ein Spektakel, welche das Volk bei Laune halten würde und offen zeigte, wie viel fähiger die Assassinen im Kampf waren, als die Wüstenwanderer.
    Ein Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Chronisten, als er sich erinnerte, wie man dem Nomaden zwei Männer entgegengestellt hatte, nachdem er jedes vorherige Duell eindeutig für sich entscheiden konnte. Einer der beiden Männer war Jaleels Vater Bahir gewesen.

    Er war nie sonderlich herausragend gewesen, was seine Kampfkunst anging, doch in einem Kräftemessen zwei gegen einen hätte selbst er als Sieger hervorgehen müssen. Doch dem war nicht so und auch hier obsiegte der Nomade, dessen Arroganz in Unermessliche gestiegen zu sein schien. Zumindest bis er auf den Ork traf, der ihm als nächster Herausforderer entgegengetreten war. Gern hätte Jal ihn damals gefragt wie er so gut geworden war, doch nach diesem Kampf hatte ihn niemand mehr fragen können. Er schaute auf die Zeichnung des Orks, die er damals am selben Tag angefertigt hatte. Diese Kreaturen waren furchteinflößend und doch hatte auch ihre Art des Kämpfens etwas Anziehendes, dem sich der Chronist nicht erwehren konnte.

    Schritte hallten durch den Gang, der das Haus mit diesem Kellerraum verband und Jaleel nahm dies als Anlass seine Pergamentrolle wieder einzurollen.
    „Ist das hier alles?“, hallte die kunstlose Gemeinzunge den Gestalten voraus, die da kamen.
    „Dieser Ort spiegelt unsere Situation wider“, antwortete die unverwechselbare Stimme Sahars, wobei sie den melodiösen Akzent des varantischen nicht ablegen konnte.
    Ein Schauben war die Antwort, doch es wirkte nicht verächtlich, eher so, als würde der Mann anerkennen, dass sie recht hatte.
    In den dürftig beleuchteten Raum traten sie nebeneinander, Sahar, wie er sie die Nacht zuvor noch gesehen hatte in ihrer dunklen Nietenrüstung, scharfen Gesichtszügen und selbstsicherem Auftreten. Neben ihm ein Mann, der Jal etwa einen halben Kopf überragen musste. Kurzes, schwarzes Haar, welches von grauen Strähnen durchzogen war, thronte auf einem wettergegerbten Gesicht, welches viele alte Narben aufwies. Eine Axt oder ein Schwert hatte wohl vor langer Zeit einen Teil seines linken Ohres als Tribut gefordert, denn seine Muschel war gespalten. Dichte Stoppeln, die im Gegensatz zum Haupthaar eher grau als schwarz waren, verliehen ihm ein raues Aussehen, wobei alles an diesem Mann grobschlächtig zu sein schien, als hätte Jal mit seinem Kohlestift zu viel geschmiert.
    Er trug unauffällige Roben, die denen Jaleels nicht unähnlich waren, die Kapuze hatte er abgelegt. Auf seinem Rücken ruhte ein großer Zweihänder in seiner Scheide und das abgegriffene Leder des Hefts verriet die unzähligen Male, die es bereits zum Einsatz gekommen war.

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    “Augenblick!”, sagte die alte Opastimme von Gren. Er mühte sich seinen rechten Stiefel auszuziehen und die innere Sohle zu lösen. Er holte ein Stück sorgsam zusammen gefaltetes Papier hervor. Ein Brief mit Siegel.
    “Wir erhöhen den Einsatz und wenn wir gewinnen, dann bin ich schuldenfrei und ihr lasst das Mädchen und mich ein für alle mal in Ruhe.”, sagte der Ladenbesitzer mit fester Stimme.
    “Deine Ladenpapiere?”, fragte Adriano mit süffisantem Grinsen.
    “Ja. Mitsamt der Hütte. Alles darin gehört euch, wenn ihr das zweite Spiel gewinnt. Mein Sohn erbt dann nichts und ihr lasst das Vögelchen in Ruhe.”, sagte Gren und bot viel zu viel an für diese Schweine.
    “Abgemacht. So machen wir das und das Vögelchen wird heute Abend nicht angerührt.”, sagte Adriano und wählte bewusst das Wort >heute<.

    “Das ist zu riskant…zu viel…”, sagte Naira unsicher.
    “Du kennst Adriano nicht. Das wollte er von Anfang an. Außerdem riskierst du für einen alten Spieler, den du nicht kennst, viel zu viel. Dein Leben würden sie zerstören, Mädchen. Lieber lande ich auf der Straße, als zu wissen, dass wegen meiner Spielsucht noch jemand leiden muss… - Wieso machst du das überhaupt?”

    “Weil es richtig ist. Gisla kennt dich und ihr Freund, ist auch mein Freund.”, sagte Naira.
    “Richtig ist das nicht. Ich bin selbst schuld. Ehrbar ist es - ja. Aber Freundschaften sollten dir teurer sein. Sei nie wieder so naiv. Ich hoffe für uns beide du gewinnst.”, sagte Gren mit angespanntem Unterton.
    Die Gewissheit heute Abend nicht um ihr Leben zu fürchten, war für Naira zumindest etwas, was sie ihren Fokus zurück gewinnen ließ. Der Druck war trotzdem immens und Grens Sichtweise hatte sie ein wenig verletzt. Sie und naiv? Wenn sie gewinnen würde, würde er in ihrer Schuld stehen und es hoffentlich anders sehen.

    “Zwei Spiele gewinnen? Niemals. Wir beginnen jetzt.”, sagte Adriano, richtete sehr akkurat seinen schicken Hut und ließ Pedro würfeln. Nairas Herz pochte wie wild. Sie wagte es gar nicht zu Gisla zu blicken.
    Zwei 3er würfelte er und ließ sie auf dem Tisch.
    Unter wachsamen Augen landete der Becher auf dem Tisch und das Klackern der Würfel hörte auf. Naira hob mit rasendem Puls den Becher an und lehnte sich dann den Göttern dankbar zurück.
    “Drei 1er und zwei Sechsen.”, rief Gren und ließ den Spieler aus sich heraus. Er zeigte Adriano siegesgewiss den Mittelfinger und lehnte sich zurück. Seine Hände umgriffen die Tischkante und krallten sich da fest.
    Pedro versuchte sein Glück, kam aber nach zwei weiteren Versuchen nur auf drei Dreier.

    Diesmal hielt Naira die Klappe. Provozierte nicht und sagte nichts auf Adrianos Kommentar.
    “Ihr habt euer Glück gerade verspielt. Nochmal passiert sowas nicht. Und jetzt werdet ihr verlieren. Alles verlieren.”
    Gren war es, der dann konterte.
    “Ihr hattet genug Glück bei mir. Drei Mal gewinnt man nicht zwei Spiele. Habt ihr schon eine Entschuldigung für eure Herrin? Die wird euch die schönen Stiefel abnehmen und euch wieder in das Loch stecken, wohin ihr hin gehört!”, tönte Gren und vermochte wohl gleich das Holz der Tischkante zu zerdrücken. Er war sehr angespannt.
    “Du schaffst das, Vögelchen. Sing dein schönstes Lied.”, rief ihr Gisla zu und wippte angespannt mit dem Oberkörper.

    “Ihr schönstes Lied singen…”, dachte sie kurz und blickte zu den beiden Kontrahenten.
    “Entweder spielst du das Spiel oder du lässt es sein…”, waren einmal Gislas Worte an sie.

    “Glück ist ein Faktor im Würfelpoker. Viele Fehler kann man nicht machen, wenn man es schon einige Male gespielt hat. Jeder weiß was höher ist und die Wahrscheinlichkeit ist immer dieselbe bei einem Würfel. Aber welche Fehler macht ein guter Spieler? - Zu sicher, unsicher, ein aggressiver Gegner, Pech im zweiten Wurf. Etwas was seine Spielroutine stört
    .”, überlegte sie in Gedanken und musterte die beiden. Kurz fragte sie Gren flüsternd etwas und stand auf. Adriano glotzte regelrecht, als sie ihn fixierte und schnell wie eine Katze seinen Hut schnappte.

    “Hey! Was soll das!”, brüllte er regelrecht.
    “Falls ich verliere…hab ich dann schon deinen Hut auf.”, sagte sie frech und setzte sich diesen auf. Adriano griff danach und wollte nach ihr schlagen, da war Gisla zur Stelle. Sie hatte blitzschnell einen Dolch gezückt und hielt ihn vor Adrianos Hand. Pedro war kurz davor anzugreifen.
    “Mein liebes Vögelchen. Herr Adriano braucht doch seinen Hut. Sein schwindendes Haupthaar am Hinterkopf ist beängstigend.”, sagte Gisla und fixierte die zwei Haderlumpen.
    “Aber Mütterchen…ich glaube Herr Adriano braucht den Hut, um Glück zu haben. Ich wollte es mir nur ein wenig borgen, wenn er doch meint, ich hätte alles schon verspielt.”, meinte Naira.
    “Dann musst du Herrn Adriano den Hut zurück geben. Ohne den Hut könnte Herr Pedro schlechter spielen. Du brauchst doch kein Glück, Vögelchen.”, spielte Gisla mit und senkte den Langdolch, während Naira den Hut zurückgab. Jedoch ohn die Fasanenfeder.. Die hatte sie raus gezogen.
    “Was soll der Scheiß!? Spielst du oder willst du wirklich gleich abgestochen werden?”, zürnte Adriano.
    “Ich habe nur gehofft zu finden, wo sich das Glück des Hutes versteckt. Ich hoffe, ich habe den Hut nicht verdorben oder seinen Zauber? Jetzt, da er unvollständig war. Verzeiht mir…ich bin furchtbar nervös…lalala nervös…es geht um so vieles…da muss ich was anfassen….lalala…”, sagte Naira in einem Singsang und fuhr mit den Fingern über die lange Feder, bevor sie diese an Adriano zurückgab. Der richtete alles und setzte sich den Hut wieder auf.
    “Noch einmal sowas und ihr kommt hier lebend nicht mehr raus!”, knurrte er und meinte das absolut ernst.
    Naira zuckte nur mit den Schultern und sah nun Pedro an, der endlich würfeln wollte.

    “Die niedrigste Zahl beginnt.”, sagte Naira und würfelte einen drei. Pedro würfelte und hatte eine fünf.
    “Ob das Glück auf mich übergegangen ist, Gren?”, fragte Naira und Gren nickte zustimmend. Es war offensichtlich, auch für ihre Gegner, dass sie ein Spiel spielte. Das sie verunsichern wollte. Worte waren das Eine - Taten das Andere. Letzteres war die wichtigste Lektion, die ihr jemand beigebracht hatte, als sie ganz klein war und er zu Besuch bei Großvater.
    Den Hut zu entzaubern, könnte das Zünglein an der Waage sein. Noch besser war jedoch, dass Adriano selbst keinen Angriffspunkt gegen sie erstmal hatte und er und Pedro den Hut nun im Hinterkopf. Ihr mit Gewalt und dergleichen zu drohen war nett, aber fast schon abgestumpft.
    Naira würfelte und gespannt blickten zehn Augen auf das erste Ergebnis.

    “Nicht schlecht…”, sagte die Dunkelhaarige und warf nur zwei Würfel wieder in den Becher. Drei Zweien waren sehr gut.
    “Hmm…mach schon.”, sagte Adriano zu Pedro. Der schüttelte den Becher und Gren hustete störend auf.
    Als der Becher auf den Tisch donnerte, murrte Pedro etwas vor sich hin und widmete ihnen einen finsteren Blick. Dann hob er an.
    “Zwei 4er und zwei 6er.”, sagte Naira und zuckte mit den Schultern. Begeisterung sah anders aus. Furcht hatte sie nicht wirklich, auch wenn bei zwei Würfen die Wahrscheinlichkeit bei 1 zu 3 stand, dass eine 4 oder 6 fiel. Die Frage war, ob die beiden Haderlumpen darauf gehen würden oder es zu riskant sahen, dass Naira mit zwei Würfeln und zwei Würfen mindestens noch eine 2 werfen würde. Die 2 wäre dann ein 4er und der übertrumpfte die mögliche Chance von Pedro.
    “Schwierig…schwierig…”, pfiff Naira und lächelte die beiden an. Die berieten sich flüsternd und mussten wohl abwägen.
    “Angst, Vögelchen?”, fragte Adriano, als sie tatsächlich nur das 6er Paar auf dem Tisch ließen.
    “Mutig…mutig… - am Ende werdet ihr euch ärgern.”, entgegnete sie und war nun dran. Sie schüttelte die Würfel im Becher und ließ sich Zeit. Pustete in den Becher und schüttelte mal links und dann rechts. Grinste Pedro an und drehte sich zu Gisla. Fragte Gren ob sie schon werfen soll und nervte Adriano vor allem, bis ihr Becher dann doch auf den Tisch donnerte. Sie hob leicht an, deckte wieder zu und grinste. Dann hob sie wieder an und lachte auf. Kicherte und zeigte auf die beiden. Schlug Gren auf die Schulter und summte ein Gewinnerlied.
    “Was hast du verdammich!?”, knurrte Adriano.
    “Glück…euer Glück…das Glück vom Hut!”, säuselte sie und deckte auf.
    “Unmöglich!”, fluchte Adriano und schlug auf den Tisch. Gren jubelte und Gisla grinste. Zwei weitere Zweien waren schwer zu schlagen.
    “Genauer gesagt war die Wahrscheinlichkeit mit dem ersten Wurf noch geringer, gleich einen Dreier zu landen. Aber auch ein passendes Paar dazu ist wirklich nicht schlecht. Tja…danke lieber Hut von Adriano. Na? Gebt ihr auf?”, provozierte das Vögelchen und passte natürlich für den dritten Wurf.
    Pedro wollte würfeln, das hatte Naira das erreicht, was sie erreichen wollte. Adriano schnappte sich selbst den Becher und würfelte.
    “Ha! Eine 6 dazu!”, sagte er und schmiss die beiden anderen Würfel wieder in den Becher.
    “Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass jemand dasselbe Glück wie ein Mitspieler in derselben Runde hat? Du kannst immer noch aufgeben und mir den schönen Hut schenken. Er hat seine Kraft an dir verloren.”, meinte Naira und spürte Grens Hand an ihrem Arm. War wohl schon zu viel für die Kerle.

    Jubelschreie erklangen! Gren sprang auf und zeigte noch einmal sehr deutlich seine beiden Mittelfinger. Naira hüpfte mit Gisla kurz auf und ab und Adriano und Pedro guckten sich bedröppelt die Drei und Fünf an. Von Grens Spott wohl provoziert, zückte Pedro nun ein Messer und stach nach Gren. Der wich zurück und fluchte. Einen verdammt kurzen Moment später schlug Pedros Kopf auf die Tischplatte.
    “Seid besser gute Verlierer.”, drohte Eskiel und aus dem Schankraum schauten auch einige andere in den Nebenraum. Pedro fluchte und Adriano war wohl kurz durch Eskiel eingeschüchtert. Der Pockennarbige sah einfach wie einer aus, den man vielleicht besiegen könnte - aber zu einem hohen Preis. Adriano zog Pedro runter zu sich.
    “Bleiben wir…Gren ist jetzt schuldenfrei bei uns…”, sagte er klüger, wie man vermuten würde.

    “Dann gehen wir jetzt.”, sagte Naira, nahm ihre Ersparnisse zurück, gab Gren sein Papier und streckte dann die Hand aus.
    “Heute war nicht dein Glückstag. Des Hutes Macht ist auf mich übergesprungen. Gib schon her und besorg dir einen neuen Glückshut!”, forderte sie auf und streckte die Hand unter Eskiels wachsamen Augen aus.
    “Danke! Steht mir eh besser.”
    “Lass uns nun gehen, Vögelchen.”, sagte dann Gren, der immer noch nervös wirkte oder sich beobachtet fühlte. War dem so?
    Dass sie alle in seine Hütte gehen würden, musste man nicht großartig begründen. Eskiel musterte steng die zwei Kumpanen, während die anderen Drei den Lachenden Esel verließen.
    “Puhhhh…ich brauch ein neues Unterkleid!”, sagte Naira und wurde prompt von Gisla an ihrem Mund gepackt.

    “Das ging teils zu weit! Du hättest sterben können, Mädchen! Sich auf das Glück verlassen…vedammich! Willst du, dass ich dich irgendwann mal begraben muss?!”, zischte Gisla und ließ von Naira ab, während eine kleine Glocke ertönte und den Abend vorkündigte.
    “Bald ist Sperrstunde. Eskiel sag Bhor bescheid, wenn du uns zu Grens Hütte begleitet hast. Wir kommen Morgen früh wieder. Gren wird uns sicher in seiner Hütte schlafen lassen.” , unterbrach sich Gisla und umarmte erleichtert Naira.
    “Vergiss niemals Lektion 2! Dein Leben ist viel zu viel wert, als dass du es einfach beim Würfeln oder sonst etwas falsch eingeschätztes wegwirfst! Hast du das verstanden, Mädchen!?”, schimpfte Gisla wie eine böse, fünfköpfige Gans. Naira nickte.
    “Gut! Denn du warst da sehr gut für dein Alter! Provozierst, bist schlauer und reizvoll. Scharfer Verstand! Gut gemacht, Mädchen. Und herausragend, wie du Ruhe bewahrt hast! Das kann nicht jeder.
    Und nun Gren - ab zu deiner Hütte, wir haben Geschäfte zu machen... und ein ernstes Gespräch über Glücksspiel zu führen.”, wies Gisla an und Naira hörte immer noch dumpf ihre Worte, die mal kritisch und mal freundlich waren. Sie nickte mehr, statt was zu sagen, denn erst jetzt löste sich ihre eigene Anspannung und die Knie wurden weich.

    “War da wer?”, fragte Gisla plötzlich und blickte zu einer Hütte. Aus dem Zwielicht trat einen Frau hevor. Edel ihre Kleidung, schön das Gesicht und golden ihr Haar. Eine Adlige?
    Sie applaudierte, lächelte dabei und trat näher zu ihnen.Währenddessen traten neben sie noch drei weitere Gestalten. Handlanger eindeutig.
    Eskiel stellte sich vor die Drei und war jederzeit bereit zu attackieren. Naira trat zu Eskiel.
    “Was soll das werden?”, fragte Naira und stellte fest wie groß diese Frau doch war. Aber wer war schon klein aus Nairas Blickwinkel?
    Geändert von Naira (19.07.2024 um 09:24 Uhr)

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    Montera - Lachender Esel - "alea iacta est" III - Lady Luiza

    “Ruhig Blut…”, sagte die große Frau und machte eine entsprechende Geste.
    “Ich wollte mir nur genauer ansehen, wer Adriano ans Bein gepinkelt hat.”, sagte die Dame und war so groß wie Eskiel selbst.
    “Aha…woher weißt du das?”, fragte Naira.
    “Sie hat uns beobachtet, Vögelchen. - Sie saß in der Taverne in der oberen Loge.”, erklärte Gren kurz und kannte sie wohl.
    “Vögelchen? Soso…für wen singst du, wenn du nicht den Zähnezieher zur Weißglut treibst?”, fragte die Blonde.
    “Mein Großvater hat mir immer gesagt, mach dir ein Bild von jemanden, wenn er sich vorstellt. Sage erst dann etwas, was du auch sagen willst. Wie heißt ihr, edle Frau? Gren kennt euch wohl, dann seid ihr aus Montera?”, fragte Naira.
    “Dein Großvater hätte dir beibringen sollen, dass eine edle Frau nie zuerst danach gefragt wird.”, sagte die Frau ein wenig eisig und doch mit einem Schmunzeln.
    “Und euer Großvater hätte euch beibringen sollen richtig zu fragen.”, entgegnete Naira frech. Die Frau von über 29 Jahren lachte auf und winkte ab.
    “Hättest du meinen Großvater gekannt…wärst du froh, ihn nicht zu kennen. Nun gut…wollen wir mal nicht so sein, Vögelchen. Lady Luiza de Vries. Frau von Lord Milton de Vries. Paladin des Ordens Innos und Ritter seiner Majestät Rhobar des III. Uns gehören ein paar der Höfe bei Montera. Und nun du, Vögelchen.”, sagte Luiza de Vries fordernd.
    “Nennt mich einfach Vögelchen. Mein gemeiner Name ist nichts für eure edlen Ohren. Meine Lieder singe ich jemanden vor, der ganz anders ist wie ihr. Ihr werdet diesen auch nicht kennen und glaubt mir…ihr wollt es auch nicht. Mein Auftraggeber interessiert sich auch nicht für Montera und zahlt mir meistens für Gerüchte und kleine Skandale. Ihr wisst wie der Adel ist.”, sagte Naira und wusste, dass es keine zufriedenstellende Antwort für Luiza war. Umgekehrt wer war sie, dass Naira sich hier verriet?
    “Es war Zufall, dass wir heute Gren gesucht hatten. Zufall, dass er Ärger mit Adriano hatte und Zufall, dass ich ganz gut spielen kann.”, erklärte sie sich und lenkte damit hoffentlich ab.
    “Zufall? Nun bestimmt. Zufall war es aber nicht, wie du kleines Vögelchen gezwitschert hast. Und du bist kein Vögelchen..du spielst es. Das erkenne ich. Großes Talent erkenne ich. - Es hat mir Spaß bereitet, diesen eitlen Pfau verlieren zu sehen und ihn aus der Fassung gebracht zu sehen. Am Ende war er ein kleines Kätzchen - der gestiefelte Kater. Einen Mann hätte er wohl umgebracht…”
    “...ich hatte aber auch meine Beschützer dabei…”, warf Naira ein und blickte zu Eskiel, der entspannter wirkte und Gisla, die keine Regung im Gesicht zeigte und sehr genau beobachtete.

    “Gewiss und das hat dich vor Gewalt bewahrt. Aber zu erkennen, wie besessen er von seinem Hut war und ihn zu verunsichern…das schaffte nicht Gren und auch nicht andere Spieler. Seine Herrin wird nicht erfreut sein und nun ist Gren nicht mehr in ihren Fängen. Nun ist er frei und das spielt mir in die Karten.”, sagte die Blonde und ihre drei Gesellen traten näher. Schick gekleidet wie Diener, aber doch verwegen wie gut rasierte Räuber.
    “Ihr wollt Gren ein Joch anlegen? Dafür habe ich nicht Kopf und Kragen riskiert. Gren…”, sagte die Dunkelhaarige empört.
    “Nicht doch. Du hast mir einen Gefallen getan. Adrianos Herrin hätte gute Gründe gehabt mir viel Ärger zu machen, wenn ich mit Gren eine ‘Geschäfts-Partnerschaft’ eingehen würde. Immerhin war er durch sein verschulden ihr ‘Schützling’. Nun da er frei ist…kann ich Gren ein Angebot machen und ihn vor Adriano und Pedro schützen.”, erklärte Luiza und Naira verstand. Es ging um Schutzgeld, Schutz und Machtverhältnisse - alles in Montera. Gislas Mimik regte sich. Als wüsste sie nun was Sache ist oder wer Luiza ist.

    “Dann ist das Grens Sache mit euch. Wir wollten nur gewöhnliche Geschäfte mit Gren machen.”, erklärte Naira.
    “Gewiss. Gren hat schon ein Angebot bekommen und das ändere ich nicht. Nimmst du es an, Gren? Dann wird ab heute Nacht jemand ein Auge auf deinen Laden und deine Hütte haben.”, sagte die de Vries und lächelte charmant. Gren kratzte sich am Hinterkopf und zögerte nicht lange. Er nickte mit dem Kopf und schien erleichtert. Wenn das für Gren gut war, störte es Naira nicht.
    “Sehr gut. Jonker…du übernimmst und holst dir die Unterschrift. - Und nun du Vögelchen. Ich weiß wo ihr herkommt und dass ihr fahrendes Volk seid. Willst du nicht für mich arbeiten? Ich biete dir Schutz in Trelis, Gotha und Geldern an. Das wäre ein sehr großzügiger Gefallen.”, sagte die blonde Dame.
    “Und eine Investition für euch, die sich lohnen würde. - Danke, Lady Luiza de Vries. Aber heute will ich das Angebot nicht annehmen. Ein gegebenes Wort ist ein gegebenes Wort und ich erfülle immer meine Aufgaben. Jedoch…man sieht sich immer zweimal im Leben und vielleicht werden die Umstände dann anders sein. Bis dahin hoffe ich, dass der Gefallen, den ihr mir schuldet, nicht vergessen wird. Einen guten Abend wünsche ich.”, sagte Naira höflich und bestimmt, nahm ihren neuen Hut und schwenkte diesen mit einer Verneigung vor der edlen Dame. Luiza lächelte verzaubernd auf mit ihren schönen Zähnen.

    “Gewiss merke ich mir diesen Hut, Vögelchen… - dann auf bald. Gehabt euch wohl.”, wünschte sie und verschwand mit ihren Gesellen wohl wieder in den Lachenden Esel.
    Als sie weg waren kam Gisla zu Naira und packte Gren an den Kragen.
    “Wer oder was ist sie, Gren?”, fragte sie energisch.
    “Nein…sie ist in Ordnung. Sie sorgt für Ordnung. Ihr Angebot ist fair und ihre Leute haben Anstand.”, sagte Gren.
    “Das meinte ich nicht! Das sieht man ihr schon an! Wer ist sie? Wann tauchte sie hier auf?”, fragte sie Gren und ließ von ihm ab.
    “Vor einem halben Jahr…bestimmt. Mit ihrem Mann. Den Lord vom Katian-Hof und nun seinem eigenen Gestüt in Richtung Trelis. Ein schönes Anwesen. Beziehen in der Burg drei große Zimmer. Wieso fragst du?”

    “De Vries ist ein alter Name aus Myrtana. Ursprünglich Dewris genannt waren sie an der Grenze zu Nordmar ansässig. Gutsherren aus Silden…”
    “Aha…ja…war mir nicht bekannt.”
    “Ist auch sehr lange her. Die Dewris wurden zu De Vries und in den Adelsstand erhoben. Ihr letzter Angehöriger hieß Lord Rada de Vries und der starb kinderlos, als die Orks Silden eroberten. Ich weiß das, weil meine Familie damals auch dort war. Diese de Vries…sind wahrscheinlich keine de Vries.”, sagte Gisla und Naira verstand sehr gut, was Gisla damit meinte.

    Lord Rada war Raddeck das Krokodil. Waldläuferführer als sie keine zwei Jahre alt war. Von einem schwarzen Ork im Kampf erschlagen und geköpft. Vater von Nara und Mara von der Amazonen-Sippe. Einen Sohn hatte Raddeck nicht und zurecht seinen damaligen Tod als Lord Rada vorgetäuscht. Niemals wollte er wieder für jene knien, die Silden in Stich gelassen hatten. So eine Geschichte, die sie über das gerissene Krokodil gehört hatte. Wenn sich also jemand als Nachkomme von den de Vries ausgab, dann stimmte da was nicht.

    “Gisla…dann ist das ein Bastard, der sich Rang und Geburtsrecht im Krieg erstritten hat. Gibt und gab es genug. Der Lord ist ein netter Mann und Lady Luiza tut gut daran, im Untergrund ihre Fäden zu ziehen und den richtigen Abschaum klein zu halten.”, erklärte der Barbier und wollte für sich die einfachste Erklärung wahrhaben.
    Gisla nickte.
    “Solltest du mal mehr erfahren…lass es mich wissen. Wird wohl so sein, dass der Lord dann ein Bastard war. Weißt du welcher Familie Lady Luiza entstammt?”, fragte Gisla.

    “Oh Gerüchten zufolge war sie mal Novizin des Feuers in Vengard. Dritte Tochter eines Adligen oder sowas. Hat der Liebe wegen aber den Orden verlassen. Mehr weiß ich nicht und wohl auch niemand sonst.”, erklärte Gren und zuckte mit den Schultern.
    “Haben sie Kinder?”, fragte Naira.
    “Nein, nicht das ich wüsste. Wollen wir nun in meinen Laden? Ich bin dir was schuldig, Vögelchen. Und das bekommst du in meinen Laden. Ich weiß auch schon genau was. Auch wenn das alles sehr nervenaufreibend war und der alte Gren untröstlich wäre, hätten wir verloren. - Gisla ist das deine Tochter?”, fragte der alte Opa. Gisla und Naira blickten sich an. Kein Beweis, aber ein Indiz dafür dass da etwas nicht stimmte. So nette Menschen und dann keine Kinder? Keinen Erben für Titel und Land? Sie würden Montera morgen verlassen und sich wohl dann umhören. Informationen sammeln und in ihrem Volk vor ihr warnen. Sie könnte für irgend eine Seite agieren und war nicht nur Herrin, sondern unterstand auch jemanden der im Geheimen agierte.

    “Nein…nein. Aber für mich ist sie wie eine Tochter. Hör zu wir brauchen Hundetalg, Kerzen, einige Duftöle und noch ein paar Dinge mehr…”, sagte sie und ging mit Gren los. Naira und Eskiel folgten.
    “Schicker Hut…”, kommentierte Eskiel und Naira richtete grinsend ihren Hut. Noch mehr Aufregung brauchte sie heute nicht.
    Geändert von Naira (21.07.2024 um 23:33 Uhr)

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    „Und wer bitte ist er?“, fragte der Argaaner unverfroren und reckte das kantige Kinn in Jals Richtung.
    „Der Mann, von dem ich bereits erzählt habe“, gab Sahar zurück und nickte als Zeichen, dass er sich selbst vorstellen konnte.
    „Seid gegrüßt Mann von weit cher“, ergriff der Chronist das Wort und löste sich aus seinem Lotos, damit er aufstehen konnte, „Mein Name ist Jaleel ibn Bahir ibn Yasar. Ich bin Teil dieser aufkeimenden Rebellion und gebe Rat“, stellte er sich vor, deutete jedoch weder Verbeugung, noch seine respektvolle Begrüßungsgeste an.
    „Reicht‘s, wenn ich dich Jaleel nenne? Dass ihr Varanter euren Stammbaum als Namenszusätze tragt, habe ich nie verstanden. Mich kannst du Hasdrubal nennen, kein Titel, kein Zusatz.“
    Man hätte ihn als äußerst unhöflich bezeichnen können, aber er schien keinen Anstoß verursachen zu wollen, sondern mochte die Dinge simpel. Jedenfalls erweckte er bei Jal den Eindruck.
    „Jaleel reicht völlig“, bestätigte der Sohn der Wüste daher und betrachtete die Vorstellungen damit als erledigt, weswegen er sich zu Sahar wandte, bei der er die Wortführung sah, doch Hasdrubal schien anderer Meinung zu sein.

    „Wenn du sagst, du stehst der Rebellion mit Rat zur Seite“, griff er auf und lief langsam in die Mitte des Kellerraums, während er sich aufmerksam umsah, „Hast du schon an anderen Rebellionen teilgenommen? Kämpfe gefochten?“, er machte eine kurze Pause in der er seinen Blick wieder auf Jaleel legte, „Kameraden sterben sehen?“
    Es lag etwas herausforderndes in seinen Worten, doch nicht in seinem Ton. Seine Stimme war rau, fast kratzig, als würde man alten Holzspan aneinander reiben, doch ansonsten neutral.
    „Er hat viel Erfahrung mit dem Kämpfen und er…“, fing Sahar an zu erklären.
    „Und er kann für sich selbst sprechen, Liva“, unterbrach Jal sie so respektvoll wie möglich, ehe er sich an den Argaaner wandte, „Ich chabe an keiner Rebellion teilgenommen, nur miterlebt, wie eine auf die schlimmste Weise schief gechen kann, wobei ich sehr viele Menschen chabe sterben sehen, gute Menschen, Freunde und Nachbarn. Ich chabe nicht selbst gekämpft und würde es auch jetzt gern vermeiden.“

    Seine Worte waren die Wahrheit und er sah keine Schande in ihnen. Es gab jene, die ihren Beitrag auch ohne eine Waffe zu führen tragen konnten, und er zählte sich zu diesen Leuten.
    „Das habe ich mir fast gedacht. Du siehst nicht aus wie jemand, der sich die Hände schmutzig gemacht hat“, schätzte Hasdrubal ohne eine Miene zu verziehen.
    „Glaub mir, ich weiß lediglich, wie man sie wieder reinwäscht“, erwiderte der Chronist und lächelte leicht, weil er das Gefühl hatte diesem Mann zumindest verbal überlegen zu sein.
    Der offensichtliche Veteran vieler Kämpfe schnaubte amüsiert, ehe er sich endlich wieder der einzigen Frau im Raum zuwandte.
    „Also dann, was kann ich für euch und euer Befreiungsvorhaben noch tun? Ich dachte, dass wir alles geklärt hätten.“
    „Und dafür hast du deine Bezahlung schon erhalten, oder etwa nicht?“, wollte Sahar mit hochgezogenen Augenbrauen wissen, was Hasdrubal abnickte, „Na also. Was wir noch brauchen sind Informationen wie es in Midland und Nordmar aussieht. Das, was die Roten hier noch als Besatzung haben, ist zu viel für die wenigen Leute, die wir für unsere Sache gewinnen können.“

    Hasdrubal schaute sie durchdringend an, ehe er sich mit den Fingern der rechten Hand über die Stoppeln kratzte.
    „Ich war seit einigen Wochen nicht mehr weiter nördlich als Braga. Die Kontrollen in Midland sind verschärft worden, weil sich etwas zusammenbraut. Mehr als eine Partei will was vom Kuchen haben und ich habe derzeit nicht die Mittel, um mehr als ein paar Krümel zu beanspruchen“, gab er seine Einschätzung der Lage ab.
    „Dann haben wir ein Problem“, knurrt die Anführerin der Rebellion und ließ offen, ob das Problem zwischen ihr und dem Argaaner bestand oder dem geplanten Aufstand galt.
    „Was ich allerdings habe, ist das hier“, fuhr der Krieger fort und zog ein Stück Pergament hervor, welches er so hielt, dass die beiden Varanter es betrachten konnten.
    Es war ein offizielles Schreiben samt königlichem Wachssiegel, welches ihn berechtigte Gefangene in Varant freistellen zu lassen, um in den Kupferminen zu arbeiten. Dafür würde ihnen pro Tag Arbeit ein weiterer Tag in Gefangenschaft erlassen.

    „Wie bist du darangekommen?“, fragte Sahar staunend.
    „Fälscher, an dem Wisch ist nichts echt, es sieht bloß verdammt nochmal so aus. Aber jemand, der Ahnung hat und genau hinsieht, wird es bemerken. Das heißt, ich kann bei jedem Knast einmal vorbeischauen und selbst dabei riskiere ich schon meinen Hals. Was meinst du, wie gern sich diese Gefangenen gegen die Herren erheben würden?“
    Ein finsteres Lächeln legte sich auf das Gesicht der ansonsten attraktiven Frau. In diesem Moment hätte Jal alles dafür getan, um auf ihrer guten Seite zu bleiben.

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    Auf dem Weg nach Trelis - Rayla und Skizzen

    Der Wagen wackelte und klapperte hin und her. Töpfe und Pfannen schwangen innen drin gefährlich herum und was nicht irgendwie gut befestigt war, fiel auf den Boden des Wagens. Schlaglöcher und schlecht befestigte Wege waren im myrtanischen Reich abseits der Handelsstraßen und des Königswegs typisch und doch kam es auch auf den guten Wegen hier und da zu solch ‘Erlebnissen’.
    Das lag aber laut Bhor gerade eher daran, dass der Weg versperrt war.
    Ein Gewittersturm in der Nacht ließ Bäume umstürzen und so kam es, dass ein solcher Baum ein großes Fuhrwerk auch erwischt hatte. Der Fuhrmann hatte zum Glück nicht auf seinem Wagen geschlafen und wurde dadurch erschlagen. Dafür aber blockierte der Wagen den Weg und jeder der zwischen Trelis und Montera unterwegs war, durfte den neu geschaffenen Nebenweg nutzen und mit denen gegenüber aushandeln wer denn nun zuerst darf, während jeweils dahinter die Leute schrien und Druck machten.

    “Wozu die Eile…”, dachte sie sich und duckte sich instinktiv, als Äste am Wagendach entlang schabten. Dann blickte sie zur Seite und betrachtete das zerstörte Fuhrwerk und die paar Männer die mit kleinen Sägen und Äxten versuchten alles frei zu bekommen.
    Sie hätten ja geholfen, wie es gute Sitte war, aber dieser Vengarder der einer bestimmten Händlergilde angehörte, war bekannt dafür, dass er nur gegen einen Obolus selbst half.

    “Adanos sieht alles… - viel Glück.”, grüßte Bhor den Fuhrmann, der sich wohl nicht einmal an sie erinnerte. Vor drei Monden standen sie da mit kaputtem Rad und er fuhr an ihnen vorbei, ohne zu grüßen.
    Mochte ja sein, das manche vom fahrenden Volk nichts hielten. Aber Hilfe anbieten war immer noch etwas, was man als anständiger Mensch egal welcher Herkunft machte.

    “Halt!”, rief von vorne Eskiel und rückte zur Seite.
    “Oh Ho! Da kommt die Kavallerie.”, pfiff Danzo.

    Sie schauten alle auf den Weg und sahen vorne das Banner des Königs. Vorneweg ritt daneben eine Frau mit leichter Rüstung und einem Abzeichen und Wappen auf der Brust. Sie gab Handzeichen zu stoppen.

    “Für Innos! Ich bin Rayla von den Qel-Droma. Wir kommen aus dem Heerlager Süd. Wir kümmern uns jetzt, um dein Fuhrwerk.”, sagte sie schneidig und mit einer natürlichen Autorität. Naira fiel prompt die rot-schwarz karierte Schärpe um Raylas Hüfte auf und das Wappen. Ein roter Drache auf schwarzem Grund.

    Bhor gab Eskiel Zeichen weiter zu fahren, während Naira noch zusah wie Soldaten begannen mit anzupacken und die Pferde an den Baum gespannt wurden.
    Nützlich waren sie ja schon die Myrtaner. Aber mussten sie auch sonst alles bestimmen und sagen wie man zu leben hat? Und dann diese Zollgebühren, Steuern und gewünschte Spenden an die Kirche Innos.
    Machten sie alles, nur um nicht aufzufallen und Augen und Ohren des Waldvolkes zu sein.

    “Dann entspannt es sich wohl bald auf der Straße.”, sagte Chani und räumte schon im Wagen ein paar Dinge auf. Naira indes schaute nach vorne und beschloss dann mit ein paar ihrer Sachen auf das Dach zu klettern. In einer Tasche prüfte sie ob das Geschenk von Gren unbeschädigt und gut verschlossen war und blickte dann zu Gisla.
    Das Gespräch nach der Sache mit Gren und Luiza ging lange und man war sich einig, dass Luiza eine falsche Identität nutzte, um Fäden zu ziehen. Für wen wussten sie nicht, aber es lag nahe, dass es die Myrtaner waren. Nur sie besaßen wohl Dokumente über Adelsfamilien aus ihrem Reich und ein Lord Rada der gestorben war und ein Sohn, der überlebt hatte und seinen Blute gerecht wurde. Alles besiegelt und bestätigt durch die Kirche. Dann eine Agentin des Reiches die sich als Lady Luiza ausgibt. Das konnte gut sein. Gewöhnlich hätte die Lady schon mehrere Kinder gehabt, da der Adel sehr an seinen Besitztümern hing und Militäradel noch mehr an seiner Blutlinie.
    Gisla hatte zwar überlegt ob es nicht vielleicht auch sehr ausgefuchste Gorthaner waren, aber das erschien ihnen unwahrscheinlich.

    Oben auf dem Dach öffnete sie dann ein in Leder gebundenen Buch und holte ihren Zeichenstift hervor. Sie war noch nicht zufrieden mit dem Porträt von Lady Luiza und bei Gren wollte sie zumindest beginnen. Ein Blick nach vorne und sie befand das Risiko für Schlaglöcher für gering genug, um nicht ungewollt ihre Zeichnungen zu verunstalten.

    Eine Stunde später und eine Rast die seit einer halben Stunde schon währte war sie fertig geworden.

    Mit Gren war sie für den Anfang zufrieden und bei Lady Luiza hatte sie sich durchaus übertroffen. Gisla bestätigte sie damit.
    “Genau so hat sie geschaut. Gut gemacht, Naira.”
    “Danke. Dann widme ich mich Gren zu und danach noch Adriano und Pedro. Können wir ja nicht einfach so vergessen.”, sagte sie und blätterte kurz durch das Buch. Viele Gesichter hatte sie noch nicht porträtiert. Es war letztlich ein Geschenk von Gisla vor wenigen Wochen gewesen und Zeit musste man sich auch nehmen und ihre alten Skizzen von Menschen wollte sie ebenso noch übertragen oder besser neu einfangen. Zu den Porträts machte sie oft noch Notizen und Anmerkungen. So dass sie sich in Zukunft besser erinnern könnte und womöglich dies für ein Spiel anwenden würde.
    So war bei Lady Luiza besonders die Größe und das wirklich goldene Haar erwähnt und diese grauen, geheimnisvollen Augen. Natürlich die Vermutung über ihr Doppel-Leben, sowie der Zusammenhang mit Lord Rada de Vries. Als Randnotiz erwähnte sie noch, wie das einnehmende Lächeln auf sie gewirkt hatte und beschrieb akribisch die Mimik dabei. Als Schauspielerin hatte sie ein Auge dafür.

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    Mora Sul

    „Aber dennoch“, fuhr Hasdrubal fort, als er sah, wie Sahar bereits Pläne ausheckte, „in ganz Varant gibt es sicher nicht genug Gefangene, als dass sie für eure Rebellion reichen.“
    Jal schaute neugierig zu dem Argaaner.
    „Warum denkst du das?“, wollte er wissen.
    „Weil hier kaum jemand lange einsitzt. Zu viel Aufwand einen vollen Kerker rund um die Uhr mit ausreichend Soldaten zu bewachen. Kleinere Vergehen enden meist mit einem Tag Haft und einer satten goldenen Strafe. Die Kasse des Statthalters braucht jedes Kupferstück, um die Blutnattern bei Laune zu halten, die hier in Mora Sul stationiert sind. Auch an den Grenzen werden sie eingesetzt, weil man sie wohl seit dem letzten Aufstand nicht mehr alle an einem Ort sammeln will. Aber da wirst ihr sicher mehr drüber, als ich.
    Die Miene des Chronisten verfinsterte sich und er nickte. Auch Sahar bestätigte die Vermutung und der Veteran lächelte schief.
    „Das ist zum einen gut, weil dann weniger Stadtwachen hier in Mora Sul sind, aber zum anderen heißt das auch, dass wegen der unterschiedlichen Besoldung der Söldner und profanen Soldaten überall dort Unmut herrscht, wo sie zusammentreffen. Und unzufriedene Krieger lassen ihren Frust an jenen aus, die unter ihnen in der sozialen Nahrungskette stehen, dem einfachen Volk.“

    „Das brauchst du uns nicht zu sagen“, wies Sahar ihn darauf hin, dass sie wohl besser Bescheid wussten, als er, wie es um die Moral des Volkes in Varant bestellt war.
    Jaleel fand, dass die Einschätzungen Hasdrubals sehr viel Sinn ergaben. Es erklärte, wieso die Stadtwachen immer schärfer durchgriffen und die höher werdenden monetären Strafen fanden auch dort ihren Grund.
    „Wenn ihr meinen Rat wollt – aber den wolltest du ja noch nie hören, Sahar“, bot der Argaaner an und lachte kratzig, als er den Blick der Dunkelhaarigen sah, „Dann beschränkt euch darauf die Versorgungsrouten zu belagern. Greift Karawanen an, macht es den Myrtanern so schwer ihr könnt. In den Städten werdet ihr nicht viel erreichen.“
    „Und was soll das bringen? Sie würden uns jagen wie damals die Aufständischen!“, widersprach die Anführerin und verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Damals hatten sie auch mehr Leute, oder nicht? Können sie es sich leisten auf Banditenjagd zu gehen oder müssten sie Verstärkung anfordern. Komm schon, Sahar, denk dran, was du in der Akademie gelernt hast!“, drängte Hasdrubal sie.

    Was für eine Akademie?, fragte sich Jal erstaunt.
    Es war das erste Mal, dass er hörte, dass Sahar auf einer Akademie gewesen sein sollte. Er wusste zwar, dass sie lange Zeit auf Argaan gewesen war und natürlich kannte er die Geschichten über diesen Ort der Wunder. Zumindest hatte er sich die Akademie von Setarrif immer als einen Ort der Legenden vorgestellt. All das über Generationen gesammelte Wissen um Kampfkünste aus aller Welt! Es wäre das persönliche Paradies für den Chronisten dort auf ewig eingesperrt zu sein, doch er wusste auch, was vor vielen Jahren dort geschehen war. Sahar hatte von den Schrecken erzählt und dass sie nur knapp mit dem Leben entkommen war.
    „Hör mir auf mit der Akademie!“, schnauzte sie den grobschlächtigen Kerl an, „Was hat uns all das Training gebracht, als der Drache kam?“
    „Lass uns nicht wieder davon anfangen!“, brummte der Argaaner und verzog gequält das Gesicht.
    „Du hast es doch angesprochen!“
    „Mir ging es nur um das, was du bei Meister Farquas gelernt hast!“
    „Der alte Laberbart…“

    Hasdrubal seufzte schwer. Offensichtlich wollte Sahar nicht von dem, was sie einst gelernt hatte, Gebrauch machen oder die Erinnerungen waren ihr zuwider.
    „Was würden die Überfälle bezwecken?“, fragte Jal stattdessen, was ihm einen vorwurfsvollen Blick der willensstarken Frau einbrachte, welchem er mit einer entschuldigenden Geste begegnete.
    Es könnte sein, dass er diese Frage später bereuen würde.
    „Ganz einfach. Wenn ihr genug Ärger macht, schicken sie, wie Sahar schon sagte, Leute aus, um euch zu jagen oder zu vertreiben. Aber dafür brauchen sie genügend Soldaten, die sie derzeit nicht haben. Also schwächen sie entweder die Stadtgarnison so sehr, dass der Großteil eurer Leute den Aufstand starten kann oder sie fordern Verstärkung an, was bedeutete, dass die Reseverkräfte anderswo fehlen werden. Bakaresh, Braga, Lago. Von wo auch immer sie geschickt werden, der Ort wird angreifbar“, erklärte der Veteran seine Idee.
    „Wir wollen nicht mehr Rote hierherlocken, sondern sie loswerden!“, fauchte die Anführerin und offenbarte damit ihre vehemente Abneigung gegen den Plan.
    „Was willst du dann tun? In die Geschichte eingehen als die Anführerin einer zweiten, gescheiterten Rebellion in Mora Sul, die ebenso blutig niedergeschlagen wurde, wie die letzte?“, forderte der Argaaner sie heraus.
    „Es muss einen anderen Weg geben!“
    „Ja, wenn sich in Midland oder Nordmar etwas tut, könnte sich die Lage ändern, aber das kann ewig dauern.“
    Wie es aussah, war ihre Lage deutlich hoffnungsloser, als Jal anfangs angenommen hatte.

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    Trelis

    “Gren ist ein sehr alter Freund von mir. Hat mir geholfen, als ich herumstromerte als junge Frau und mich auf die falsche Menschen einließ. Umgekehrt hab ich seiner Familie damals geholfen, als die Orks Montera einnahmen. Wir brachten sie nach Vengard. Sein Sohn Jakos lebt in Vengard und besitzt dort einen ähnlichen Laden wie Gren in Montera. Leider war Vengard Fluch und Segen für seine Familie. Sie bauten sich dort ein Leben auf und schafften es gut über die Runden zu kommen als der Krieg herrschte. Grens Frau Martha starb jedoch dort nach kurzer, schwerer Krankheit. Gren verspielte und versoff fast alles in seiner Trauer, während Jakos im Militär diente und in der Kompanie der Unsterblichen als Vengard belagert wurde zu Ansehen gelangte. Nach dem Krieg fanden sie wieder zueinander. Jakos heiratete und gemeinsam mit Gren bauten sie den Laden in Vengard auf. Jakos bekam als Verdienst für seine Dienste ein Grundstück in Montera und Gren kehrte dann zurück in die alte Heimat. Er versprach Jakos hier eine Zweigstelle aufzubauen, damit es die Familie einmal noch besser hat. In zehn Jahren hat er hier Gutes geschaffen und seine Enkelkinder werden das Geschäft einmal übernehmen.”, erzählte Gisla über Gren und betrachtete Nairas Zeichnung vom alten Mann.

    “Wenn er es nicht verspielt.”, sagte Naira.
    “Ich habe ihn gewarnt und an seine Martha erinnert. Sie hätte es niemals zugelassen, dass er spielt und trinkt. Er hat mir dann die ganze Geschichte erzählt, wie Adriano und Pedro ihn abfüllten und dann das Spiel anboten. Irgendwoher wussten sie, dass er eine Zeit lang sich in den übelsten Ecken Vengards herum trieb. - Er hat mir versprochen Jakos einen Brief zu schreiben und die Ereignisse zu schildern Kann gut sein, dass Jakos seinem Vater den Laden abnimmt und zu sich nach Hause nimmt. Gren hat genug geschaffen und in schweren Zeiten seine Familie bewahrt. Wie mir hat er so einigen anderen Menschen geholfen. Er ist nicht perfekt, aber ein guter Mensch. - Die Zeichnung ist sehr gut geworden. So sah er aus, als wir in seinem Laden waren. So in Gedanken an seine Martha und seinen Sohn. - Was hat er dir eigentlich geschenkt?”, fragte dann Gisla und zeigte auf die Tasche von Gren.

    “Eine neue Ledertasche, vier seiner besten und teuersten Duftöle die ich aussuchen durfte und einen kleinen Silberring mit dem Familienwappen über seinem Laden. Er sagte, Freunde seiner Familie erkennen es und werden mir auf ihre Art helfen und sein Sohn wird mir garantiert sehr gute Preise machen. Wie ist Jakos so?”, fragte die Dunkelhaarige zufrieden und zeigte den Ring.
    Es war kein Adelswappen mit Tieren und dergleichen. Nein, es war ein simpler Kreis ein Fläschchen und eine Blume darauf zu sehen. Das was Grens Familie seit jeher machte. Duftwasser, Öle, Seifen und anderen Bedarf für den Adel und wohlhabende Bürger.

    “Jakos Flouwers ist ein feiner Kerl. Das Beste von Gren und viel, viel mutiger. Er hat viele Freunde im Militär und diese Unsterblichen sind für die Vengarder immer noch große Helden. Jeden Tag der Belagerung hielten sie die Mauern von Vengard und nicht wenige Vengarder sagen, dass ihr Einsatz der Anfang vom Ende des Orkimperiums war. Das waren sicherlich noch einige andere und entscheidendere Dinge, aber da ist schon was dran. Wäre Vengard gefallen, wäre alles anders gekommen. - Sollten wir nach Vengard kommen frag einfach mal nach seinen Namen und zeig den Ring. Der ist übrigens ein Vielfaches mehr wert, wie das Silber aus dem er ist. Verlier ihn nicht.”, sagte Gisla und betrachtete dann die Zeichnungen die Naira von Adriano und Pedro gemacht hatte.

    “Hübsch war er ja dieser Adriano. Aber faulig wie eine Leiche aus den Kanälen von Vengard. Das beste Beispiel dafür, dass der äußere Schein trügt. Und dieser Pedro war mir nicht geheuer. Ich glaube, der war das schlimmere Schwein von beiden.”, wertete Gisla und blickte sich die Notizen Nairas zu Adriano an. Sie sprachen von Adrianos Charakter und Mimik und Gestik. Eine kleine Studie zu einen Verbrecher im schicken Kostüm.

    “Ich frage mich, wer seine Auftraggeber sind. Ich habe das Gefühl, dass wir Adriano nicht zum letzten Mal gesehen haben und uns da noch etwas Ärger mit seinen Anführern erwürfelt haben.”, meinte ihre liebste Mutter.
    “Das kriegen wir schon hin. Es war richtig Gren zu helfen und wer weiß wer uns Dank des Ringes helfen wird? Wie sagt Bhor immer - Adanos zeigt sich nicht in Stürmen und tosenden Wassern. Er gleicht Gutes mit Glück aus und Böses mit einem faulen Backenzahn. Darauf vertraue ich, dann kann ich noch mehr Süßigkeiten essen.”, sagte Naira und lachte herzhaft.
    Gisla lachte mit und hörte dann wie Naira Bhor der gerade aus Trelis kam.

    “Wir dürfen morgen außerhalb der Mauern unsere Wagen aufbauen und unsere Unterhaltung für das gemeine Volk aufführen. Sehr gnädig dieser Stadtvogt und Gold wollte er auch noch für seine Zeit haben.”, erzählte der Riese.
    “Sind Danzo und Eskiel schon unterwegs?”, fragte Naira.
    “Mit Chani zusammen. Sie machen ein paar Einkäufe, sichten was sich im Vergleich zu letzten Mal dort getan hat und hören sich ein wenig um. Gerüchte aus Varant und Übersee.”
    “Schön, dann gehe ich auch mit. Wo sind sie zuerst hin?”, fragte die Würfelspielerin.

    “Naira…du bleibst hier. Ich möchte, dass etwas Gras über die Sache in Montera wächst. Nur ein wenig. Du kannst dich um die Pferde kümmern und Baku füttern.”, wies Bhor mit seiner freundlichen Autorität an.
    “Du meinst Bärenkacke aufsammeln und in deine Stiefel stecken. Zu Befehl, mein Kommandoführer.”, sagte sie frech und spitzdamisch verpackt in einer ausschweifenden, höfischen Verbeugung.
    Bhor grinste und zeigte Naira die Richtung.

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    Die Waldbruderschaft im Forenrollenspiel
    Naira ist offline

    Trelis - Showtime für die bunten Vögel l

    Manchmal staunte Naira selbst, was sie zu sechst zustande brachten. Nicht nur hatten sie beide Wagen zu einer Bühne umgebaut und einen großen Halbkreis mit Stand-Fackeln abgesteckt.
    Nein, sie waren Stunden zuvor am Mittag durch Trelis gezogen, laut mit der Trommel die Danzo spielte, mit der schönen Melodie der Fidel die Gisla spielte, mit einem Tamburin das Eskiel schlug und Bhor der allein mit seinem Auftreten und Worten Werbung für ihre Vorstellung machte und dann auch noch mit einer Laute klemperte. Chani und Naira hingegen trugen bunte Kleider und tanzten den Weg vor und um die musizierende und lärmende Gruppe, erzählten oder sangen sogar von der Vorstellung und was die Besucher erwarten würde. Sie sangen von Feuer, von Liebe, von Bären, vom besten Messerwerfer in ganz Morgrad und Artistik, die die Menschen noch nie gesehen hatten. Aufsehen wollten sie und das bekamen sie in dieser Stadt, die so geschäftig war..
    Kinder und Jugendliche folgten der bunten Truppe und Seeleute pfiffen Chani und Naira zu. Waschweiber tuschelten und Händler an ihren Ständen schenkten ihnen für einen kurzen Moment ihre Aufmerksamkeit, als sie durch den Marktplatz zogen.
    Als sie durch das Haupttor durchgegangen waren, folgten ihnen immer noch ein paar Kinder und Bhor versprach ihnen eine Goldmünze, wenn sie ihre Eltern überzeugen würden, zur heutigen Vorstellung zu kommen.
    Und so war es bis zum Abend ein Vorbereiten und üben für all die Dinge die sie zeigen wollten. Danzo prüfte die Seile, Naira schminkte Gisla und Chani, bevor sie von Gisla geschminkt wurde. Bhor ging alles noch einmal mit jedem durch, prüfte ob alles ordentlich befestigt worden war und sicherte manche Dinge extra. Dann widmete er sich seinem Schwarzbären Baku und fütterte den Guten noch einmal. Vor jeder Vorstellung hatten sie immer ein ernstes Gespräch, das Naira mehr für ein Ritual hielt, als dass sie es für wirklich hielt, dass der Schwarzbär verstand was los war.

    Der Abend begann mit Chani und Naira, die quasi die Empfangsdamen am improvisierten 'Eingang' zu ihrer Bühne waren. Kassiert wurde von Bhor der wenige Meter dahinter stand und sammelte. Drei Kinder bekamen sogar ihre versprochene Münze, weil sie ihre Eltern mitgebracht hatten.

    “Oh ho! Der Herr trägt aber einen schönen Hut!”, grüßte Naira und schwang ihren eigenen Hut. Chani kommentierte, dass er neben seiner Frau wie ein Haderlump aussehe und pries ihr Kleid an.
    “Das war bestimmt teuer!”
    “Hoffentlich nicht so teuer, dass der Herr mit Hut mit Münzen knausert!”, sagte Chani laut und Naira hielt ihren Hut hin, damit der feine Herr - im Grunde von allen beobachtet - schon jetzt ein paar Münzen gab. Das tat er und die beiden jungen Frauen jauchzen und baten um Applaus für den Herrn und seine Dame.

    “Schaut mal! Der da bringt sein eigenes Essen mit! Na der ist ja dreist.”, rief Chani und zeigte auf einen beleibten Händler.
    “Der macht sicher Diät! Schau mal nur eine Hähnchekeule! Da geht doch noch mehr, werter Herr!”, meinte Naira und klopfte dem Herrn auf den Wanst. Die Leute lachten und als Naira dem Herrn die Hähnchenkeule aus der Hand griff und abbiss, johlte die Menge. Sie warf dem Händler einen Luftkuss zu und sprang wieder auf ihr Podest, um die nächsten Leute zu begrüßen zu denen ihr etwas einfiel.

    “Eins..zwei…drei…vier…fünf…sechs..sieben..acht und ein Hund! Uiuiuiuiuiuiuiui…dat wird teuer, guter Mann!”, sagte Naira frech und verstellte die Stimme wie ein Handwerker.
    “Der Herr gibts und der Herr nimmts…”, entgegnete der gesegnete Familienvater und zeigte zuerst auf die Kinder und dann auf seinen Goldsäckel. Lachte und küsste seine Frau.
    “Ihr zahlt heute gar nichts! Ich will aber einen richtigen Kuss sehen!”, forderte Naira auf und wurde wie alle Augenzeugin eines schönen, ehrlichen Kusses des Paares. Alle klatschten und sofort kam ein älterer Witzbold und fragte, ob er Chani küssen dürfe. Chani spielte etwas mit und beugte sich vor, da stampfte Naira auf.
    “Niemals! Sie ist mir und ich bin ihr Ehe-Drache! Hinfort mit dir, edler Recke!”, donnerte sie, sprang zu Boden und griff sich eine Fackel. Dann flöste sie sich Spiritus ein und spie drei Flammen in die einkehrende Dunkelheit am Himmel. Es wurde gleißend hell, die Leute staunten und der Witzbold stolperte zurück und fiel auf den Boden. Man lachte und Chani und Naira halfen dem alten Herren auf. Nicht ohne, dass er seinen Kuss bekam. Von beiden Seiten gab es einen kleinen Kuss auf die Wange und die drei verbeugten sich wie Artisten.

    “Schau, schau, Schwester. Da kommen wirklich edle Recken und Drachentöter. Flieh Liebste! Flieh!”, rief Chani. Tatsächlich kam da nun eine kleine Truppe von der Stadtgarnison mit Bierhumpen in der Hand und war wohl auch an etwas Zerstreuung interessiert.
    “Ha! Ich lach der Gefahr ins Gesicht! Innos zum Gruße, die Herren! Na?! Ist einer von euch stärker wie Meister Bhoran der Bärenringer? Oder ist unter euch der beste Messerwerfer Morgrads?”, fragte die Dunkelhaarige.

    “Wir wollten uns das ansehen, junges Fräulein. Habt ja ganz schön viel Lärm gemacht!”

    “Ihr wisst ja - je lauter sie sind, umso besser ist es!”, scherzte sie und schämte sich doch ein wenig sehr fremd. Doch das war Soldatenhumor und diese Jungs hatten auf den Spruch laut gelacht und “Hört euch die Kleine an!” fast im Chor gebrüllt.

    “Ich meinte natürlich das Lachen der Leute hier! Was habt ihr denn gedacht, heeeee?”, schäkerte sie und wurde dann gebeten, doch noch einmal Feuer zu spucken.
    Chani kam hinzu und half Naira bei der Präsentation.
    “Schaut her! Selbst die oberste Innosianerin kann nicht so gut dabei aussehen!”, tönte Chani mit breitem Grinsen und reichte Naira eine zweite Fackel. Den Spiritus hatte Naira schon im Mund und zählte durch Gesten mit den Soldaten auf Drei.
    Bei Drei gab es einen großen Feuerstoß nach links, dann nach rechts und final alles was noch drin war direkt in den Himmel.
    Applaus erklang und Naira verbeugte sich.

    “Zwei von denen waren ja ganz süß.” meinte Chani zu Naira. Die zwinkerte nur und ließ nun Chani vor. Die begann auf dem Podest zu singen - und das wirklich gut - während Naira zum Takt auf den Tamborin schlug und um sie tanzte.
    Ja, die zwei jungen Frauen hatten ihren Spaß mit den Leuten und gaben alles, um der einen oder dem anderen ein Lachen hervor zu locken oder einen denkwürdigen Spruch zu drücken.

    Irgendwann gab Bhor das Zeichen, dass sie voll waren. Ohne Kinder waren das bestimmt fast hundert Leute die Naira grob schätzte und alle kamen hierher, um was zu erleben, für kurze Zeit abgeholt zu werden und dem Alltag zu entfliehen.

    Es war dann Bhor der die ganze Show eröffnete. Zunächst dankte er allen Anwesenden für ihren Besuch und erzählte mit lauter Stimme etwas über ihre Truppe - die bunten Vögel.

    “Diese zwei kleinen Vögel habt ihr schon alle erleben dürfen - Shani und die junge Kaira! Schauspiel, Tanz, Gesang und das Feuer!”, rief er die beiden zuletzt vor und unter Applaus verbeugten sie sich und verschwanden wieder hinter der Bühne.

    “Und jetzt beginnen wir! Seht her! Der Falke und der Adler! Enzo und Ezekiel!"
    Naira und Chani kurbelten an einem Mechanismus und spannten damit zwei dicke Seile zwischen den Wagen auf und von ganz hinten bei den Zuschauern begann Gisla die Fidel zu spielen.

    Eine schnelle und dynamische Melodie.
    Danzo aka Enzo erschien ganz in braun mit roten Halstuch und stieg mit imponierender Leichtigkeit und einen Balancestab auf die Empore, von wo ein Seil von einen Wagen zum anderen Wagen gespannt war. Er sprang auf das sehr straf gespannte Seil, ging leicht in die Knie und sprang zu aller Erstaunen vom Seil ab, um eine Drehung zu machen.
    Erneut machte er das, als würde er am Boden turnen und eilte dann in Begleitung der Fidel eiligen Schrittes zum anderen Ende.

    Denn der Adler erschien und war Eskiel aka Ezekiel und trug braun und weiß mit einem blauen Halstuch.
    Die Fidel spielte ruhigere Töne wie ein Adler der am Himmel gleitet und es war, als würde Eskiel auf seinem Seil schweben und balancieren. Ein wahrer Meister - das musste jeder zugeben, der sah, wie elegant und beherrscht jede Bewegung auf dem Seil Kunst war. Seine Sprünge waren konzentriert und kontrolliert. Erhaben wie ein Adler sein Blick bis er am anderen Seilende ‘landete’.

    Dann erklang eine neue Melodie und der Tanz von Adler und Falke begann.
    Beide nutzen jeweils ein Seil das parallel zum anderen gespannt war und die Menge staunte wie die beiden da balancierten und begannen Sprünge zu machen. Pirouetten im Sprung und sich gegenseitig gespielt bedrohten.
    Danzo sprang auf Eskiels Seil und der wechselte dann auf Danzos Seil.
    Einer schwang den Balancestab und der andere duckte sich darunter weg oder haute wie Eskiel so richtig auf die Kacke.
    Ein Salto auf dem Seil und dann fing er noch den Stab auf, als hätte man ihn an das Seil geklebt.
    Die Zuschauer waren begeistert, ob des Kunststücks.
    Andersrum ließ sich Danzo nicht lumpen und vollführte auf dem Seil ein Rad, bevor er sich mit dem Stab fallen ließ, den Stab zwischen die Seile brachte und sich aufschwang.
    Eskiel machte parallel dasselbe und schwang ebenso auf, um dann wie Danzo mit jeweils einem Fuß auf einem Seil zu stehen.
    Nun wippten beide auf den Seilen auf und ab und schufen ein Duell der Artisten.
    Sie blickten dann einander an und mit der nächsten, vollen Bewegung schnellte Danzo in die Höhe und landete mit Bravour auf Eskiels Händen. Die Menge feierte es begeistert.

    Eskiel ging sehr angestrengt in die Knie und hielt dann Danzos Gewicht gekonnt. Die meiste Kraft kostete dann das Aufrichten. Als Danzo dann an Eskiel hoch kletterte, bekamen die Zuschauer schon jetzt den Preis für ihren Eintritt.
    Balancierend auf zwei Seilen gab Eskiel Danzo das Zeichen und ging noch tiefer in die Hocke. Gislas Spiel auf der Fidel glich nun einem Luftkampf zwischen beiden Greifvögeln.
    Danzo kraxelte Eskiel hinauf und vollführte einen kerzengeraden Handstand auf Eskiels Schultern.
    Großer Applaus erklang und dann folgte das Finale, als Eskiel sich tatsächlich - mit Danzo der auf Eskiel immer noch Handstand machte - aufrichtete und sogar auf nur ein Seil wechselte und ein paar Schritte nach vorn balancierte.
    Applaus erklang und dann stoppte sogar Gisla ihr Spiel und wartete bewusst.
    Danzo konzentrierte sich, sammelte sich und drückte sich mit Unterstützung von Eskiel ab, um per Salto wie eine Katze auf dem Bühnenboden zu landen. Eskiel folgte mit einem Salto und beide badeten im Applaus der Menge und verbeugten sich.
    Naira applaudierte ebenso und wünschte, sie hätte solch eine Artistik drauf.

    Als der Applaus langsam verhallte und die beiden Männer von der Bühne verschwanden, hörten alle laut und deutlich das meckernde Brüllen eines Bären. Naira liebte den Part der nun kam, war gleichzeitig aber schon in Vorbereitung für ihren kommenden Part.
    Momente später tauchte Bhor auf der ‘Bühne’ auf, lauschte gespielt und rief: “Meister Petz! Komm raus aus deinem Versteck!”

    Die Menge sah sich um, hörte Schritte und tatsächlich kam hinter den Wägen ein Schwarzbär aus dem Zwielicht und stürmte schnaubend und murrend auf die Bühne.
    Er brüllte die Menge an und die bekam es mit der Angst zu tun, bis Bhor sehr deutlich >HEY!< brüllte und der Bär aufhörte. Baku - so der Name des Schwarzbären - widmete sich voll und ganz Bhor - der ihn seit Baku klein war aufgezogen hatte. Das war gerade rechtzeitig, denn die Soldaten waren schon aufgestanden.

    “Was fällt dir ein diese guten Leute so unfreundlich zu begrüßen? Entschuldige dich!”, wies Bhor an und zeigte auf die Menge.
    Der Bär grummelte, erhob sich auf zwei Beine und legte die Tatzen über sein Gesicht. Die Menge murmelte erstaunt.
    “Ja ja, es tut dir leid, nicht wahr, Meister Petz?!”
    Der Bär schüttelte den Kopf und die Menge lachte.
    “Was? Na dir bring ich Manieren bei!”, drohte Bhor und tat so als hätte er einmal in einem Klub für Adlige mit Schnurrbärten das Boxen gelernt.
    Der Bär erhob sich und winkte mit den Tatzen - bloß keinen Ärger.
    Wieder lachten die Leute. Bhor drehte sich grinsend zu ihnen, da hob Baku seinen rechten Arm und schlug dann mit der linken Tatze auf diesen. Diese provokante Geste kannte jeder und ein >UHHHH!< erklang in der Menge.
    Bhor drehte sich zu Baku und legte den Kopf etwas schief. Dann nickte er dem Bären zu und legte seine Weste ab, krempelte die Ärmel hoch und stampfte einmal auf. Der Bär hingegen stand wieder auf allen Vieren und stampfte mit den Vordertatzen ebenso auf.

    “Wer nicht hören will muss fühlen!”, rief Bhor, machte sich groß und griff Baku brüllend an. Baku tat selbiges, brüllte Bhor entgegen und erhob sich.
    Bär und Hüne stießen aufeinander und rangen um die Macht auf der Bühne. Baku schob den Riesen einfach weg, während Bhor den Bären, der etwas kleiner war wie er selbst, fest umgriff.
    Dann stampfte der Hüne auf und schob den Bären zwei Schritte zurück, während es von außen wie ein Ringkampf aussah, war es für die beiden ein seit Jahren erprobtes Spiel.

    Gisla ließ eine Glocke erklingen und beide Kontrahenten trennten sich und gingen tatsächlich in ihre Ecken. Sie Menge jubelte und während Bhor ein wenig Wasser gereicht bekam, meckerte Baku lautstark bis Chani eine Schale mit Wasser hin stellte und Baku daraus Wasser trank.

    “Unfassbar!”, lachte einer der Soldaten und dann erklang die Glocke.
    Beide gingen wieder in den Ringkampf über und Baku erlangte die Oberhand. Er zwang Bhor in die Knie und Bhor versuchte den Bären daraufhin hoch zu heben. Doch stattdessen warf Baku den großen Mann zur Seite und hätte gewonnen, wenn Gisla nicht die Glocke geläutet hätte.
    Beide gingen in ihre Ecken, Gisla sagte die letzte Runde an und Baku maulte die gute Gisla an. Sollte sie sich beeilen?
    Die Zuschauer hatten am Bären ihren Spaß.
    Runde 3 wurde eröffnet und Bhor trumpfte auf, indem er Baku provozierte und sich im Kreis jagen ließ. Dann drehte er ab und sprang Baku in die Seite. Drückte den Bären auf den Boden und klammerte sich im myrtanisch-khorinischen Stil fest.
    Dann begann Bhor laut zu zählen und die Menge mit.
    “1…2….” - Baku befreite sich von Bhor und drehte mit Bhors Hilfe den Spieß um.
    “1…”, stimmte Naira an und die Menge war dann bei 2 dabei. Doch bevor 3 erklang, schlängelte sich Bhor frei, rollte vorwärts und sprang auf.
    Baku erhob sich und beide brüllten sich wütend an.
    Dann war die Runde mit der Glocke vorbei.

    “Wer hat gewonnen? Meister Petz? Oder Meister Bhoran?”, fragte Gisla und stieg auf die Bühne, um sich zwischen beide zu stellen. Viele riefen dazwischen, bis Gisla um Ruhe bat. Gelächter kam auf, als Baku sich umdrehte und Bhor mit wackelndem Hinterteil beleidigte.

    “Meister Petz?” - Naira und viele andere jubelten Baku zu.

    “Meister Bhoran?” - Baku hatte als Bär die Menge wohl leicht für sich gewonnen.

    “Dann steht es fest! Meister Petz! Was willst du deinen Anhängern und Gegner sagen?”, fragte Gisla. Der Bär erhob sich auf ein dezentes Handzeichen von Bhor hin und grummelte und brummte in die Menge, als würde er wirklich was erzählen wollen. Dann machte er die beleidigende Geste von vorhin mit den Armen und drehte sich auf beiden Beinen um, um dann auf ein dezentes Kopf wackeln von Bhor hin, selbst mit dem Allerwertesten in die Menge zu wackeln und zu brüllen.

    Großes Gelächter erklang, Baku verschwand wieder im Zwielicht und Bhor bedankte sich für den aufkommenden Applaus. Er zeigte auf sein angerissenes Hemd und erinnerte alle daran, dass Meister Petz immer sehr hungrig ist.
    Nochmal gab es Applaus für Meister Bhoran und dann kündigte er den besten Messerwerfer von ganz Morgrad an. Auch für Naira begann der Auftritt…
    Geändert von Naira (29.07.2024 um 20:51 Uhr)

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