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    Der Titel ist nun vielleicht auch nicht fürchterlich kreativ, aber ich denke er wird der kommenden Geschichte ganz gut gerecht werden. Ich freue mich sehr über Feedback, Kritik etc via Discord
    Die Story wird vermutlich 3-4 Kapitel beinhalten, je nachdem wie ich es geschrieben und aufgeteilt kriege.



    Schandfleck


    Kapitel 1
    Jahr 2151 - Citadel
    Decius Vhan - Wikonias Vhan - Valeynia Vhan- Beyo Vhan

    „Ist dir bewusst, was du getan hast Wikonias?“
    Mit kalter, bewegungsloser Miene fixierte Decius seinen um 25 Jahre jüngeren Bruder. In seinen Augen jedoch brannte lodernder Zorn und Verachtung.
    „Weißt du, was für eine Schande du über unsere Familie bringst?“
    „Indem ich deinem Sohn, meinem Neffen, erzähle wie die letzten 15 Jahre meines Lebens ausgesehen haben?“
    „Hör auf dich dumm zu stellen!“
    Die kalte Miene wandelte sich mit einem Mal in blanke Wut um. „Du wusstest dass er damit sofort zu seiner Mutter laufen, und dass Sie mich vor vollendete Tatsachen stellen würde!“
    „Und was ist so schlimm daran? Decius, dein Sohn ist für so etwas nicht gemacht! Im besten Fall wird er so wie ich vielleicht motiviert starten, aber schnell an seine Grenzen kommen. Willst du ihm wirklich so viele Jahre seines Lebens rauben? Willst du ihm das aufzwingen, was mir aufgezwungen wurde?“
    „Also das ist es. Ich hätte es wissen müssen.“ Er spuckte seinem Bruder die Worte regelrecht vor die Füße.
    „Du willst dich an unserer Familie rächen. Ich wusste immer, dass du boshaft und egoistisch bist, aber dass du so weit gehen würdest…...Noch nie, in unserer gesamten Geschichte, hat ein Mitglied unserer Familie die Grundausbildung nicht absolviert. Ich hoffe du bist zufrieden mit dir.“
    Die Luft schien vor Spannung zu knistern.
    „Geh jetzt. Und tritt weder mir, noch meiner Familie je wieder -“ „Ist das dein Ernst, Bruder?“
    Wikonias unterbrach ihn. „Ich habe Beyo versprochen, ihn heute auf die Ascension-Tour mitzunehmen. Und danach wollten wir die Gärten im Ratsturm besichtigen! Er freut sich die ganze Woche darauf. Willst du ihm das wirklich kaputt machen?“
    „Halte mir keine Vorträge darüber wie ich meinen Sohn zu erziehen habe Wikonias!“ schnaubte Decius. „Nur weil du selbst als Vater versagt hast, brauchst du deine Fehler nicht auf mich projizieren!“
    „Das ist nicht fair. Ich besuche Valerian wann immer ich kann und sorge dafür, dass es ihm an nichts fehlt!“ „Außer an einem Vater im Hause.“ „Syntra und ich haben uns im Guten getrennt. Du magst es vielleicht nicht verstehen, aber manche Dinge sind eben nicht für die Ewigkeit bestimmt.“
    „Aber das Stigma eines Bastards, das haftet deinem Jungen ein Leben lang an. Nur weil sein verehrter Vater das erstbeste Mädchen schwängern musste, dass er im Landurlaub an einer Bar kennengelernt hat! Man wünscht sich schon fast, du hättest dich an diesem Abend deiner anderen Degeneration hingegeben, dann wäre wenigstens nichts dabei rausgekommen!“
    Die Worte taten ihre Wirkung. Der Gesichtsausdruck seines Bruders zeigte, wie sehr sie ihn trafen und verletzten. Es dauerte einige Momente, ehe er etwas erwidern konnte.
    „Du bist ein hasserfüllter, grausamer Mann.“ „Und du bist ein Schandfleck, der - “
    „Was ist hier los?“
    Valeynia‘s Stimme ließ die beiden Brüder mitten in der Bewegung erfrieren. Seine Frau stand in der Tür, ihr Blick ging von Decius, welcher die Hand bereit zum Schlag erhoben hatte, zu Wikonias, welcher eine Abwehrposition einnahm.
    „Onkel Wikon!“
    Direkt hinter ihr trat sein Sohn hervor. Auch dieser überblickte die Szenerie und brauchte einige Sekunden um etwas zu sagen.
    „Was ist los, ist etwas passiert?“ „Nein mein Junge, gar nichts.“
    Wikonias nutzte den Moment der allgemeinen Verwirrung und ging zu seinem Neffen, um ihn zu umarmen.
    „Bist du bereit? Ich bin es schon den ganzen Tag! Los gehen wir, der Tower wartet!“
    Begeistert setzte Beyo sich sofort in Bewegung und Wikonias folgte ihm. Kurz bevor er den Raum verließ, sah er noch einmal mit einem vielsagenden Blick zu Decius und schloss dann die Bürotür hinter sich.
    Decius fiel es schwer sich zu beherrschen, doch er wollte vor seiner Frau keine Szene machen.
    „Was war los, Decius? Wieso streitet ihr euch schon wieder? Könnt ihr nicht einmal miteinander auskommen?“ fragte seine Frau mit betrübter, aber zugleich auch vorwurfsvoller Miene.
    „Valeynia, weißt du eigentlich in was für eine Schande mein Bruder mich bringt? Ein Mitglied unserer Familie von der Grundausbildung ausnehmen, noch dazu einen Jungen! Er hat ihm das nur in den Kopf gesetzt, um mich zu verhöhnen. Ich sollte ihn dafür für immer meines Hauses verweisen.“
    „Decius, bitte.“ Die Stimme seiner Frau wurde mit einem Mal fester. „Dein Bruder liebt unseren Sohn. Und umgekehrt genauso. Willst du ihnen wirklich den Kontakt zueinander verbieten? Und was die Grundausbildung angeht, ich weiß wie wichtig die Tradition für dich ist, aber wenn Beyo nicht will, wieso sollte man ihn zwingen? Ich verspreche dir, ich werde dafür sorgen dass unser Sohn auch ohne Grundausbildung einen ehrbaren Beruf bekommt. Aber ich erwarte von dir, dass du tust, worum ich dich gebeten habe.“
    Es nutzte nichts weiter zu diskutieren. Seine Frau hatte die Entscheidung getroffen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihrem Versprechen Glauben zu schenken.
    „Gut….ich werde mich darum kümmern. Sofort, jetzt direkt als erstes. Bitte lass mich nun alleine Valeynia, ich habe noch einiges zu tun.“
    Seine Frau entsprach der Bitte und verließ den Raum.

    ***


    Seufzend begann Decius zusammenzupacken. Für heute hatte er alles erledigt. Die Transaktionen, die Buchprüfung, die Videokonferenz mit dem neuen Abnehmer. Und ja, die Anrufe um die seine Frau ihn gebeten hatte ebenfalls. Erwartungsgemäß hatten diese für große Verwunderung gesorgt.
    Allerdings hatten sie alle getan, worum er gebeten hatte. Beyo‘s Name war nun aus der Datenbank gelöscht, in 3 Jahren würde kein Einberufungsbescheid rausgehen. Er konnte immer noch nicht glauben, dass er dieser Schande wirklich nachgekommen war. So sehr hatte er gehofft, dass die Grundausbildung aus seinem Sohn doch noch etwas machen würde. Aber jetzt? Was sollte nun schon aus ihm werden?
    Das Telefon klingelte. Schon halb im Gehen wandte Decius sich noch einmal genervt um, und nahm ab.
    „Mister Vhan, hier möchte Sie jemand sprechen.“
    „Sagen Sie ihm, er möge morgen anrufen, ich habe für heute Feierabend.“
    „Es ist eine Frau, Sir. Und sie sagt, es wäre dringend.“
    Zähneknirschen verdrehte er die Augen.
    „Also schön, stellen Sie sie durch.“
    Es dauerte einen Moment, dann war die Verbindung aufgebaut.
    „Fassen Sie sich kurz. Ich habe….- Wie? Wer?“
    Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Und auch noch ausgerechnet an einem Tag wie heute.
    „Maxyne, was soll das? Wir hatten eine Abmachung…...ich habe dir bereits gesagt…...Nein….Wie oft soll ich dir noch-…...Nein! Es hatte keine Bedeutung, verstehst du das immer noch nicht? Ich bin-…..Hör zu, ich habe dir Geld gegeben und damit ist die Sache erledigt, verstanden? …..Das war vor über 25 Jahren! Eine andere Zeit. Hör zu, ich habe weder Zeit noch Lust darüber weiter zu diskutieren! Es ist mein Leben und ich will dich nicht mehr…….bitte?“
    Dumpf hallten ihre letzten Worte in seinem Gehörgang. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken und sein Atem blieb für einige Momente stehen. „Du hast was?
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    Kapitel 2
    Decius Vhan - Maxyne Neytuno

    Jahr 2126 - Palaven

    „Was soll das heißen – vorbei?“
    „Maxyne, bitte.“
    Auch wenn er sie nicht vor sich sah, so konnte Decius sich den Ausdruck in ihren grün-gelben Augen gerade lebhaft vorstellen.
    „Mach es nicht komplizierter als es ist.“ Komplizierter? Decius, du kannst mich doch nicht einfach anrufen und mir sagen…...ich dachte du würdest mich….“ „Maxyne, unser Verhältnis konnte nur funktionieren solange wir beide im Dienst waren. Das war dir von Anfang an klar.“
    Er hätte es von Anfang an wissen sollen. Ein junges Ding wie sie würde so etwas nie verstehen.
    „Kaecilio und ich sind gerade haarscharf einem Aufenthalt im Gefängnis oder schlimmstenfalls einem Erschießungskommando entgangen. Das Militär hat uns entlassen, der Ruf unserer Familie ist auf Jahre hinweg geschädigt. Ich werde sicherlich nicht noch dazu beitragen, indem ich weiter zu dir Kontakt halte und am Ende Fraternisierung mit einer Untergebenen noch publik wird.“
    „Aber ich - “ „Das ist mein letztes Wort. Lebewohl, Maxyne.“

    Jahr 2147 – Palaven

    „Ich weiß nicht wie lange es noch dauern wird Valeynia. Diese verdammte Gewerkschaft versucht alles, um mir den Einsturz der Mine anzuhängen. Nacus sagt die Gegenseite hat keine direkten Beweise, aber sie versuchen jedes bisschen Dreck auszugraben und nach mir zu werfen. Morgen ist der nächste Verhandlungstag…..Ich weiß. Ja, ich hoffe es auch. Bleib stark.“
    Diese verdammte Sache hielt ihn nun bereits den 3. Monat auf der Heimatwelt gefangen. Zusätzlich erreichten ihn täglich dutzende wütende Mails von Angehörigen der 42 verunglückten Arbeiter.
    Es war eine Zermürbungstaktik der Gegenseite. Aber er würde nicht zurückweichen. Nicht einen Millimeter.
    Er hoffte nur, dass es seiner Frau und dem Kleinen solange gut ging. Was ihn anging, so konnte er einen Trennungsschmerz nicht verhehlen. Doch er durfte keine Schwäche zeigen.
    „Decius.“
    Die Stimme hinter sich vernehmend fuhr er herum. „Was wollen -“ Er erstarrte im Satz. „Du bist es also wirklich. Als ich deinen Namen in den heutigen Verhandlungen sah dachte ich erst, das muss ein Fehler sein. Aber du bist wirklich hier….“ Maxyne? Was tust du hier?“
    Ein Blick an ihrer Kleidung herunter beantwortete die Frage. „Du bist Gerichtsdienerin?“ „Nunja, was soll ich sagen…..beim Militär hat mich nichts mehr gehalten seit du….“
    Unglaublich. Diese Sache war über 20 Jahre her. Und sie war immer noch nicht darüber hinweg?
    „Hör zu, Maxyne. Was auch immer du mit deinem Leben tust, es ist deine Sache, nicht meine. Ich habe mein eigenes Leben. Eine Arbeit, eine Familie. Wenn du in der Vergangenheit gefangen bist, dann ist das nicht meine Schuld.“
    „Bedeutet sie dir gar nichts? Unsere gemeinsame Zeit…?“
    „Sie ist Vergangenheit. Ich halte mich mit derlei Gedanken nicht auf. Was für mich zählt, ist die Zukunft.“
    „Und wieso sollten wir sie nicht gemeinsam schreiben können? Ich spüre doch, dass du einsam bist….“
    Fass mich nicht an!“
    Zornig schlug er die Hand von seiner Schulter und presste sie mit der eigenen Hand um ihren Hals mit dem Rücken an die Wand.
    In Maxyne‘s Augen leuchtete Furcht auf. Jedoch auch etwas anderes. „Dieses Gefühl….es hat mir so gefehlt….“

    ***

    „Wie kannst du das nur sagen? Decius, ich verstehe es nicht…..“
    Niedergeschlagen zog Maxyne die Decke über sich.
    „Ich weiß nicht was es daran nicht zu verstehen gibt.“ erwiderte Decius mit kalter Stimme, während er sein Hemd zuknöpfte, ohne überhaupt in ihre Richtung zu sehen.
    „Das hier hat nichts zu bedeuten. Gar nichts. Ein Moment der Schwäche, mehr nicht.“
    „Und wie würde deine Frau wohl reagieren, wenn sie von diesem Moment der Schwäche erfahren würde….?“
    Sofort fuhr er herum. „Wag es nicht…!“ „Glaubst du, ich lasse so mit mir umspringen? Wenn du wirklich so herzlos bist und jetzt einfach gehen willst, dann solltest du mir schon einen triftigen Grund geben, es nicht zu verraten…..“
    Der kalte Zorn stieg in ihm auf. Das Bedürfnis sie zu packen und so lange zu schütteln bis sie sich nicht mehr bewegen würde war groß. Aber das konnte er sich nicht leisten. Nicht hier, nicht jetzt. So sehr es ihn auch innerlich vor Wut zerriss.
    „Schön.“ Knurrend aktivierte er sein Omni-Tool und autorisierte mit wenigen Klicks einen beträchtlichen Geldtransfer.
    „Aber damit ist die Sache erledigt. Du lässt mich und meine Familie in Ruhe. Ansonsten wirst du schon sehen, was dir blüht.“
    „Ich fühle es, Decius.“ sprach sie weiter, während er schon im Begriff war zu gehen. „Ich fühle es….und ich weiß, dass du es auch fühlst.“
    Er erwiderte nichts weiter, trat durch die Tür und warf sie hinter sich zu.

    Jahr 2151 – Palaven

    „Nein, es wird bestimmt nicht so lange dauern wie damals…..ja, für mich kam es auch überraschend, und ich tue es wirklich ungern…..ich verspreche, ich bin so schnell es geht wieder zurück.“
    Gerade als das Schiff zur Landung ansetzte, beendet Decius das Telefonat mit seiner Frau.
    Sofort nach dem Anruf hatte er einen Flug gebucht. Valeynia hatte es nicht verstanden, aber wie immer akzeptiert. Sie vertraute ihm, bedingungslos. Ein Vertrauen, welches er tief missbraucht hatte. Doch er würde diesen Fehler nun bereinigen. Dauerhaft.

    ***

    Mit einem Zischen öffnete die Tür sich und gab den Blick auf die Turianerin dahinter frei. „Du bist hier.“
    Maxyne‘s Augen strahlten. „Ich habe es gewusst Decius. Ich habe gewusst, du würdest am Ende deinem Herzen folgen…..komm herein.“
    Die Tür schloss sich. Ein Blick über das Inventar verriet Decius, dass Maxyne das Geld, welches er ihr gegeben hatte, zumindest nicht für kompletten Schrott ausgegeben hatte.
    „Setz dich. Warte einen Moment, ich hole sie…..du wirst sehen, sie sieht genau so aus wie du!“
    Decius setzte sich nicht. Stattdessen blieb er mit auf den Rücken verschränkten Händen mitten im Raum stehen. Maxyne verschwand in den nächsten Raum und kam wenige Momente später mit einem Kind im Arm wieder.
    „Sie hatte erst vor einigen Wochen ihren 3. Geburtstag.“
    Mit der Beschreibung hatte sie nicht übertrieben. Abgesehen von den Augen, welche die gleiche Farbe hatten wie die ihrer Mutter, sah das kleine Mädchen wirklich wie jemand seines Blutes aus. Die Haut- und Plattenfarbe hatte den exakt selben Rotton wie er.
    „Selena, sag *Hallo*!“
    „...“
    „Verzeih ihr, sie ist bei Fremden immer etwas zurückhaltend. Selena, das ist dein Vater, sag *Hallo*!“
    Der Blick des Kindes traf den von Decius. Für den Bruchteil einer Sekunde meinte er ein Zucken wahrzunehmen. Dann verkroch es sich wieder bei seiner Mutter.
    „Das legt sich noch, bestimmt…..“

    ***

    Es war bereits später am Abend. Maxyne hatte die Kleine mittlerweile ins Bett gebracht. Noch wartete Decius. Wie ein Raubtier, das den günstigsten Moment abwartete, lauerte er auf seine Beute.
    „….ich konnte es einfach nicht, verstehst du?“ Maxyne hatte seit seiner Ankunft fast ununterbrochen geredet. Dass er ihr kaum oder nur sehr knapp antwortete schien sie nicht zu beunruhigen, im Gegenteil.
    „Nachdem du mich vor 4 Jahren verlassen hast, habe ich dich zunächst gehasst. Doch ich konnte dennoch einfach nicht aufhören, an unsere gemeinsame Zeit zu denken. Und als der Test dann positiv war…..habe ich es einfach nicht übers Herz zu bringen abzutreiben…..ich wollte einen Teil von dir behalten.....“
    Ohne auf ihre Worte zu reagieren schritt Decius zum Kamin. In seinen Augen spiegelten sich die züngelnden Flammen. Er spürte wie Maxyne sich ihm von hinten näherte.
    „Es hat lange gedauert, aber ich konnte es einfach nicht mehr vor dir geheim halten. Ich wusste ja, dass du eine Familie hast….aber gerade das hat den Wunsch, eine mit dir zu gründen nur umso mehr verstärkt. Und als ich es dir sagte….wusste ich einfach, dass du die richtige Entscheidung treffen würdest.“
    Langsam drehte Decius sich zu ihr um. „Da hast du Recht.“
    Ihr Gesicht hellte sich vor Glück auf. Ihr Mund öffnete sich, doch bevor sie etwas sagen konnte, blieben ihr die Worte bereits im Halse stecken.
    Ehe sie wusste wie ihr geschah, hatte seine Hand sich um ihre Kehle gelegt und hob sie einen halben Fuß empor, auf Augenhöhe mit ihm.
    Panisch strampelte sie mit den Füßen, versuchte seinen Griff verzweifelt mit beiden Händen zu lösen und blickte ihm verwirrt und angsterfüllt in die Augen.
    „Du stirbst ebenso wie du gelebt hast.“
    Dass sie sich wirklich eingebildet hatte, dass er zu ihr zurückkehren würde um bei ihr zu bleiben. Nach allem was bereits passiert war. Und nachdem sie seine Blutlinie mit einem Bastard befleckt hatte.
    Ihr Todeskampf dauerte mehrere Minuten. Schließlich begann ihr Körper zu erschlaffen. Decius öffnete seinen Griff und sie sank leblos zu Boden. Ihre weit aufgerissenen Augen sahen wie durch ihn hindurch.
    „Mama….?“
    Er wandte sich um. Ihre kleine Tochter stand in der geöffneten Tür. Offenbar hatte sie nicht schlafen können. Es war das erste Mal, dass sie etwas in seiner Anwesenheit gesagt hatte.
    Langsamen Schrittes ging Decius zu Selena herüber, beugte sich über sie und hob sie hoch.
    Sie starrte ihn mit großen, furchterfüllten Augen an.
    „Shhh. Mach dir keine Sorgen um deine Mutter….“
    Er trug sie zurück in ihr Zimmer, legte sie ins Bett und deckte sie zu. „Schlaf jetzt…...du wirst sie bald wiedersehen.“
    Dann verließ er das Zimmer und verriegelte die Tür hinter sich. Er ging in die Küche und öffnete den Whiskey-Schrank.

    ***

    Der Geruch von verbranntem Fleisch war bereits im ganzen Raum zu vernehmen. Durch den verschütteten Alkohol griffen die Flammen rasch auf das Inventar über, der Rauch verdickte sich.
    Decius warf einen letzten Blick auf das sich ausbreitende Inferno. Dann schloss er die Tür hinter sich und entfernte sich langsamen Schrittes.
    Plötzlich, als er sich bereits gute 50 Meter entfernt hatte, drang ein ohrenbetäubendes Kreischen an seinen Gehörgang.
    Er wandte sich um, blickte auf das Haus, was mittlerweile bis zum Dachstuhl in Flammen stand. Aus der Ferne hörte er Rufe, Sirenen waren ebenfalls zu vernehmen. Doch der anhaltende Schrei ging im durch Mark und Bein. Seine Hand zitterte. Sein Blick ging vom Haus zurück auf die Straße. Er machte weitere Schritte vorwärts. Es ließ nicht nach, im Gegenteil. Wieder warf er einen Blick zurück auf das Haus.
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    Kapitel 3
    Decius Vhan - Selena Neytuno

    Jahr 2151 – Palaven

    „Verdammt nochmal, wieso hat das so lange gedauert?“ rief Hauptmann Lexus wütend, als das Wasser endlich aus dem Schlauch kam.
    „Die Wasserleitung des Hydranten dort drüben muss kaputt sein. Wir mussten den nächsten nehmen.“ erwiderte Janwas schnaufend.
    Auch das noch. Aber wenigstens schien es nun zu funktionieren. „Sir, sollen wir rein? Es könnte noch jemand dort drinnen sein!“ „Ja, aber seid vorsichtig. Der Dachstuhl sieht so aus, als könnte er jeden Moment einstürzen. Wir müssen -“ „Sir, sehen Sie!“
    Zelkarian deutete auf den Eingang des Hauses. Entgeistert sahen sie, wie eine hochgewachsene Gestalt aus den Flammen trat. Sie hielt etwas im Arm.
    „Hilfe! Wir brauchen Hilfe!“
    Es war ein Kind! Der unbekannte Turianer sank auf die Knie und hustete heftig aus. Lexus verschwendete keinen weiteren Moment und funkte sofort den Sanitätswagen an.

    ***

    „...- in der sich heute eine Tragödie ereignete. Durch noch ungeklärte Umstände ist eine junge, alleinstehende Mutter in einem Hausbrand ums Leben gekommen. Ihre kleine Tochter wurde dank dem heroischen Eingreifens eines Mannes, der anonym bleiben möchte, aus den Flammen geholt, starb jedoch an den Folgen ihrer schweren Verbrennungen im Krankenhaus. Eine Untersuchung der genauen Brandumstände wurde vom örtlichen Senator eingeleitet.“

    ***

    „Ja, Senator. Das Geld ist soeben überwiesen worden. Nein, keine Sorge, über ein halbes Dutzend Schwarzkonten, komplett nicht verfolgbar. Aber ja, ich werde mich bei der kommenden Wiederwahl persönlich für Sie stark machen. Besten Dank für ihre Dienste.“
    Decius beendete das Telefonat und trat dann an die Sichtscheibe heran. Es war schwer unter dem Gewirr aus Schläuchen und zwischen den vielen Ärzten überhaupt etwas zu erkennen.
    „Wie sieht es aus?“ fragte er. „Verbrennungen an 90% des Körpers. Dazu eine schwere Rauchvergiftung und ein gebrochenes Bein, durch die herabgefallenen Trümmer. Wirklich Mister Vhan, es ist mir ein absolutes Rätsel wie irgendjemand das hat überleben können, noch dazu ein Kind in diesem Alter.“
    Ja, es war wahrlich unglaublich. Noch unglaublicher war jedoch, dass es überhaupt dazu gekommen war. Egal wie sehr Decius in sich ging, er verstand es nicht. Wieso war er zurückgegangen? Wieso hatte er dieses Mädchen, das durch ihre bloße Existenz seine Familienehre beschmutzte, nicht zusammen mit ihrer Mutter verbrennen lassen können? Gab es wirklich Dinge, die stärker waren als solche Grenzen? Oder war es bloß Schwäche seinerseits?
    „Wird sie es schaffen?“ fragte er mit tonloser Stimme. „Nun, es wird sicherlich das Unterfangen des Jahrzehnts. Aber mit den Mitteln, die Sie uns zur Verfügung stellen, sollte das Ärzteteam es schaffen. Die äußeren Narben sollten wir hinbekommen…..wie es mit den inneren aussieht, das ist natürlich eine andere Geschichte.“
    „Eine, die Sie nicht zu interessieren braucht.“ Decius zog ein Datenpad aus seiner Innentasche.
    „Sobald sie stabil genug ist, überstellen Sie sie an diese Adresse. Es sind vertrauenswürdige Leute, alte Freunde der Familie, und bereits über alles informiert. Sie wird dort alles bekommen, was sie braucht.“
    Angefangen mit einer neuen Identität. Der Fernsehbericht hatte nicht gelogen – Selena Neytuno war tot. Doch Denaya Aldion‘s Leben begann gerade erst.

    ***

    Jahr 2176 – Citadel

    „Dann sind wir uns einig. Morgen um 10:00 erfolgt die Vertragsunterzeichnung in meinem Büro.“
    Die Geschäfte liefen gut. Mit diesem Deal hatte er gerade einen weiteren lukrativen Dauerauftrag für mindestens 5 Jahre in Bord geholt. Laut Business-Insider hatte seine Firma im Bereich der Heimatwelt bereits ein Monopol auf die Platin-Lieferung. Und er war bereits im Begriff es auszuweiten.
    Decius war gerade dabei die letzten Mails für den heutigen Tag abzuschließen, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass sich jemand seinem Schreibtisch näherte.
    „Was ist denn, haben Sie nicht längst Feiera - ?“
    Er blickte auf. „Wer sind Sie? Wie sind Sie hier reingekommen? Sofort raus hier, oder ich - “
    Mitten im Satz erstarrte er, als sein Blick den des Eindringlings traf.
    Das Gesicht war ihm fremd. Aber die Augen. Diese gelb-grünen Augen….
    „Wer sind Sie?“ fragte Decius noch einmal, die Antwort innerlich schon kennend.
    „...“
    Du….du bist es wirklich.“
    Mit einem schweigenden Nicken bestätigte die Turianerin. Es war grotesk. War sie als kleines Kind noch ein beinahe exaktes Ebenbild von ihm gewesen, so würde heute niemand mehr auf die Idee kommen, sie wären verwandt. Komplett fremd wirkte ihre graue Plattenfarbe. Die Ärzte hatten ganze Arbeit geleistet. Nun, beinahe. Ein Blick auf ihre entblößten Unterarme zeigte, dass selbst die hochwertigste plastische Chirurgie ihre Grenzen hatte. Sie waren übersät von alten Brandmerkmalen.
    „Wie bist du hierher gekommen?“
    Wortlos hielt sie ihm ein Datenpad hin. Decius öffnete es, warf einen flüchtigen Blick über die zusammengestellten Daten und war für einige Momente sprachlos. Vor wenigen Wochen erst hatte er mit der Familie gesprochen, hatte erfahren dass sie seit ihrem 15. Lebensjahr 10 Jahre der Grundausbildung absolviert hatte, eine exzellente Scharfschützin war und aufgrund ihres organisatorischen Talentes nebenbei eine Ausbildung zur Datenanalystin gemacht hatte.
    Aber dass sie so gründlich recherchiert hatte......auf Basis von nicht mehr als Kindheitserinnerungen, denn er hatte der Familie strikt verboten, mit ihr über die Vergangenheit zu reden.
    Dass sie nach solch einem Trauma in so einem jungen Alter überhaupt noch irgendwelche Bilder in Erinnerung hatte. Etwas an ihr hatte Stärke. Das ließ sich nicht leugnen.
    „Du weißt, was damals vorgefallen ist.“ Ein weiteres Nicken war die Antwort. Ihre Augen sahen wie durch ihn hindurch.
    Also erzählte er. Die ganze Geschichte, wie er und seine Mutter sich während ihrer Militärzeit kennengelernt hatten. Wie es auseinander gegangen war, wie sie sich unerwartet wiedergetroffen hatten und wie er erst Jahre später erfahren hatte, dass sie daraus hervorgegangen war.
    Dann erzählte er von jener schicksalshaften Nacht. Wie er diesen Schandfleck auf seiner Familiengeschichte hatte bereinigen wollen. Und es nur zur Hälfte geschafft hatte.
    „Ich kann nicht erklären was in dieser Nacht passiert ist.“ sagte er. „Aber ich weiß, dass ich etwas in dir gesehen habe. Ich habe deine Stärke gesehen. Deinen Willen zu überleben. Und du hast überlebt. Es hat dich noch stärker gemacht.“
    Er stellte sich vor sie und legte ihr seine Hände auf die Schultern. Mit großen Augen sah sie zu ihm auf. „Ich weiß, du verstehst…..verstehst, wieso ich es tun musste.“
    „Vater….“ Wie ein Donnerschlag durchdrang dieses eine Wort die Stille. Die Hand des roten Turianers bedeckte blitzschnell ihren Mund, er sah sich verschwörerisch um, als könnte ihnen jemand zuhören.
    „Niemals wieder.“ hauchte er. „Du darfst mich niemals wieder so nennen, hörst du Denaya?“
    Angsterfüllt sah sie zu ihm auf, nickte aber dann. Er nahm die Hand von ihrem Mund.
    „In einer anderen Zeit…..einem anderen Leben….hättest du meine Tochter sein können…..aber nun….“
    Es stand außer Frage. Niemals könnte er es öffentlich machen. Nicht nur wegen der gesetzlichen Implikationen.
    „Geh.“ sagte er dann. „Flieg zurück nach Palaven….lebe dein Leben…..und vergiss alles was heute passiert ist…..“
    Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht…..kann nicht vergessen….“
    Schluchzend brach sie zusammen. Decius sah zu ihr hinab. Er überlegte lange und still. Und schließlich fasste er einen Entschluss.

    ***

    „Ja, korrekt. Vielen Dank für die schnelle Abwicklung.“
    Er beendete die Verbindung. Der Transport ihrer wenigen Habseligkeiten war eingeleitet. Und die Nachricht in seinem Posteingang bestätigte, dass die Formalitäten für Anstellung und Unterkunft ebenso erledigt waren.
    „Ich lade die Adresse der Unterkunft auf ihr Omni-Tool.“ Bereits jetzt begann er sie zu siezen. „Arbeitsbeginn ist morgen um 9 Uhr.“
    Sie nickte. „Übermorgen habe ich einen…..wichtigen Termin, außerhalb. Sie werden mich begleiten. Äußerste Diskretion, verstanden?“
    Wieder nickte sie. Der Ausdruck in ihren Augen war voller Dankbarkeit und Tatendrang. Ja, es wahr wohl wirklich besser sie hier zu behalten. Nahe bei sich. Wenngleich sie auch nicht seine Tochter sein konnte…..so würde sie noch eine wichtige Rolle für seinen Plan spielen. Das spürte er.
    „Vater. Bist du noch hier? Hallo!“
    Beide wandten sich überrascht um. „Da bist du ja. Wieso sagst du denn nichts. Oh, komme ich ungelegen?“
    Die blauen Augen seines Sohnes betrachteten Denaya neugierig. Für einen Moment meinte Decius, eine Regung bei ihr wahrzunehmen. Wollte sie etwas sagen?
    „Ein außerplanmäßiges Personalgespräch.“ antwortete Decius schnell und unterband so jegliche mögliche Kommunikation zwischen ihnen.
    „Das ist Denaya, meine neue Assistentin.“ „Oh, sehr erfreut, ich -“ „Gibt es etwas, dass du mir mitteilen wolltest Beyo?“
    „Oh, ja, Verzeihung.“ Peinlich berührt fuhr sein Sohn das Omni-Tool hoch. „Hier. Quorick hat deinem Angebot zugestimmt. Eine 3-Monatsbestellung, zum Sonderpreis. Und er dankt dir - “
    „In Ordnung, den Rest besprechen wir Zuhause. Geh jetzt.“
    Beyo gehorchte. Bevor er sich umwandte, warf er jedoch einen weiteren, undefinierbaren Blick auf Denaya.

    ***

    Jahr 2186 – Draußen im All

    „Wir haben jetzt keine Zeit zum trauern.“
    Denaya wandte sich um. So schnell war er wieder auf den Füßen. Trotz seiner schweren Verletzung.
    „Ich werde Sie alle nicht anlügen, wir stehen aktuell vor einem Scherbenhaufen. Ich habe viel einkalkuliert, aber nicht das. Aber uns bleibt nichts anderes übrig als weiterzumachen......Der Tag der Ankunft rückt näher....“
    10 Jahre war es her. 10 Jahre, seit er sie bei sich aufgenommen hatte. Und sie anschließend in seine wahren Pläne eingeweiht hatte. Niemand wusste von ihrer Herkunft, nicht einmal ihre Kameraden, die gerade alle hier versammelt waren.
    Es war ein Geheimnis zwischen ihm und ihr. Und sie würde es mit ins Grab nehmen, das wusste sie.
    Denn auch wenn es schmerzte zu wissen, dass sie niemals seine Tochter werden konnte – so wusste sie, dass sie diesem Mann alles verdankte. Sie würde alles für seine Vision opfern, wenn nötig auch ihr Leben. Und vielleicht, wenn es soweit wahr, würde sie es ihm bewiesen haben: Auch ein Schandfleck hatte seinen Wert.


    Ende
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