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An Bord der Santorija, Korsarenflottille unter myrtanäischer Flagge, Hafen von Thorniara
Zeitig mit der Mittagstide lief die Alesstyna gefolgt von der Santorija in den Hafen von Thorniara ein. Yared hatte beschlossen, dass die Schebecke wegen ihrer höheren Wendigkeit und dem etwas geringeren Tiefgang vor dem Pinassschiff in den Hafen einfahren sollte. Das würde später für beide Schiffe das Ablegen erleichtert.
Die beiden Schiffe von Yareds erst kürzlich entstandener Flottille hatte für die Einfahrt sowohl die myrtanische Korsarenflagge, wie auch die Fahne des Innosordens gehisst, in deren Auftrag sie hier waren.
Reibungslos legten die beiden Schiffe nacheinander am Kai des auf der Südseite des Hafengeländes gelegenen thorniarer Hochseehafens an. Yared hatte zwar schon öfter das Anlegemanöver seinem Leutnant oder seinem Segelmeister überlassen, wenn er anderes zu tun hatte – oder wie auch dieses Mal die Nachtwache vor der Ankunft übernommen hatte. Dennoch unterschied sich die Hafenankunft für ihn dieses Mal doch sehr. Selten zuvor hatte er das Kommando über mehr als ein Schiff gleichzeitig geführt, besonders seit er wieder in Diensten von Krone und Kirche die Meere befuhr.
Auf dem Kai erwartete sie trotz des leichten Regens bereits zahlreiche Menschen. Neben dem obligatorischen Empfangskomitee der Hafenmeisterei, allen voran Hafenmeister Ethelbert höchstpersönlich, hatten die Quartiersleute des Arsenals von Thorniara mehrere Dutzend Schauerleute antreten lassen.
Als verantwortlicher Konvoikommodore war es an Yared als erster von Bord zu gehen, nachdem beide Schiffe festvertäut waren.
„Innos zum Gruße, Kapi… Kommodore.“, grüßte und korrigierte sich der Hafenmeister, als Yared die Stelling verließ. Es war jetzt zehn Jahre her, seit Ethelbert die Amtsgeschäfte des Hafenmeisters von seinem Amtsvorgänger Jerford übernommen hatte. Nach wie vor schien er seiner leicht linkischen gern verzweifelt anmutenden Art – die leicht über die Kompetenz und grundsätzliche Standhaftigkeit des Mannes hinwegtäuschte – treu zu bleiben.
„Innos auch mit Euch, Meister Ethelbert. Gut Euch gesund und munter zu sehen.“
Yareds Begrüßung entlockte dem Hafenmeister ein leichtes Lächeln. Nichtsdestotrotz unterbrach er nicht das Protokoll. Einer seiner Mitarbeiter notierte mit.
„Im Namen des Komturs Lord Albrecht bitte ich Euch um die vorläufige Einklarierung für Euren Konvoi.“
„Natürlich. Kommodore Sir Yared Garethson aus Geldern, Paladin des Orden der Streiter der heiligen Kirche Innos‘, Ritter des myrtanischen Reichs, Kapitän der Santorija, Korsar unter myrtanäischer Flagge, und Eigner des Pinassschiffes Santorija und der Schebecke Alesstyna.“
„Euer Auftrag?“
„Waren- und Personentransport im Auftrag des Ordens und der Krone von Trelis, Vengard über Kap Dun nach Thorniara auf Argaan.“
„Ladung?“
„130 Last Getreide aus Montera gemäß des Getreideabkommens Ihrer Eminenz. Darüber hinaus befördern wir 50 Tonnen Roheisen, 82 Tonnen allgemeine und eine Tonne spezielle Rüstungsgüter sowie sechs Tonnen verschiedene Handelswaren. Bezüglich der Details und der Einsicht in die Ladelisten oder Konnossemente werden die Zahlmeister noch bei Euch vorstellig werden.“ Yared musste das nicht weiter ausführen. Der Hafenmeister mit seine war erfahren genug, um zu wissen, dass sich hinter den allgemeinen Rüstungsgütern Ballistenmunition, Rüstungs- und Waffenteile verbargen, während die speziellen Rüstungsgüter allein den Zwecken des Ordens unterliegende Güter bezeichnete, gerne auch mal eine Erzwaffe aus Nordmar.
Ethelbert nickte, kontrollierte mit einem Seitenblick nochmals die Notizen seines Schreibers und sagte dann sagte er an den Kapitän, aber auch halb an die Quartiersleute des Arsenals gewandt: „In Ordnung. Kommodore, die Stadt Thorniara erlaubt Euch Eure Waren anzulanden und Eure Passagiere auszuschiffen.“
„Vielen Dank, Meister Ethelbert.“
Da Ethelbert weder einen militärischen Rang bekleidete noch in der Reichshierarchie über ihm stand, unterließ es Yared zu salutieren oder sich knapp zu verbeugen. Stattdessen drehte er sich zum Schiff und bekräftigte für alle an Bord, die Ethelbert nicht hatten vernehmen können, die Erlaubnis von Bord zu gehen mit einem Handzeichen.
Als erstes verließen die Passagiere die Santorija, allen voran Sir Augustin, den Yared einst als fähigen Kommandant der Provinzgarde in Stewark kennen gelernt hatte.
Larah würde noch an Bord bleiben, bis man ihr Proa wieder zu Wasser gelassen hatte, und sich dann für die Fahrt nach Tooshoo vorbereiten.
Der Kaptiän ging erstmal nicht zurück aufs Schiff, er hatte dringende Besorgungen in der Stadt zu erledigen, Lord Hagen seine Aufwartung zu machen und wollte auch den Tempel aufsuchen, um den Göttern für die sichere Überfahrt ein Brandopfer darzubringen.
So ließ er Ethelbert und die Quartiersleute, die sich nun um Donna, Quen und Jarnik scharrten, erst einmal auf dem Kai zurück und strebte Richtung Stadt hinauf.
Geändert von Yared (16.11.2023 um 14:54 Uhr)
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Der Hafen
Das Hafenviertel von Thorniara war voller Widersprüche. Weil der Überseehandel in den letzten Monaten an Bedeutung gewann, legten immer wieder kleinere Handelsschiffe an, von denen ein geschäftiges Treiben ausging. Nicht selten waren es vornehm gekleidete Kaufleute oder ansehnlich uniformierte Schiffer, die die Hafenarbeiter auf Trab hielten. Ladungen mussten gelöscht, verteilt und abtransportiert werden. Lagerhäuser gefunden, befüllt und bewacht werden. Gelegentlich fanden sich unter den Waren auch erlesene Luxusgüter für die feinen Herren im Reichenviertel oder neues Kriegsgerät für den Orden. Der Hafen war der Dreh- und Angelpunkt der Stadt und möglicherweise der gesamten Insel.
Doch je tiefer man im Hafenviertel vordrang, desto häufiger traf man auch auf Armut und Kriminalität. Der Orden bemühte sich redlich, das Problem in den Griff zu bekommen. Doch das Hafenviertel blieb das Auffangbecken der einfachen Arbeiter, die kaum mehr verdienten, als sie zum Überleben brauchten. Diebstähle waren an der Tagesordnung und der gelegentliche Drogenkonsum lenkte von der eigenen Misere ab. Nur wer besonders hart arbeitete und die richtigen Leute kannte, konnte auch im Hafenviertel ein gutes Leben führen.
Der Hafenarbeiter Tom war einer derjenigen. Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und wurde von einem feinen Pinkel aus dem Reichenviertel für Informationen bezahlt. Welche Schiffe fuhren im Hafen ein, welche Waren hatten sie geladen und in welches Lagerhaus wurden sie verbracht? Wie groß war die Besatzung, unter welchem Wappen segelten sie und wie lange würden sie noch am Hafen verweilen? Solche und andere Informationen sammelte Tom während seiner Arbeit und spielte sie einem Verbindungsmann zu. Wer die Informationen am Ende tatsächlich erhielt und für welchen Zweck sie eingesetzt wurden, wusste Tom nicht. Es war ihm aber auch egal, so lange er pünktlich bezahlt wurde.
An diesem Tag wurde der wissbegierige Hafenarbeiter auf zwei einfahrende Schiffe ganz besonders aufmerksam. Diese waren nicht nur deutlich größer, als die Handelskoggen, die üblicherweise am Hafen von Thorniara anlegten. Sie hatten auch Flaggen des myrtanischen Großreiches und des Orden Innos' gehisst. Zweifelsohne waren es Schiffe, um weitere Truppen oder Material auf die subtropische Insel zu bringen. Unauffällig lief Tom zu einer großen Ansammlung von Kisten und begann damit, deren Inhalt in Fässer umzufüllen. Tatsächlich war es aber nur eine Arbeit zum Schein, um das Gespräch zwischen Hafenmeister und dem vermeintlichen Kapitän belauschen zu können. Doch die ihn umgebenden Geräusche waren zu laut, als dass Tom den Wortwechsel klar verstehen konnte: "... Getreide aus ... Getreideabkommen ... Eminenz. Darüber hinaus ... 50 Tonnen Roheisen, ... Tonnen allgemeine und ... Rüstungsgüter sowie sechs Tonnen verschiedene Handelswaren. Bezüglich ... und der Einsicht in die Ladelisten ... Zahlmeister noch bei ... werden."
Tom war verärgert. Zweifelsohne war es eine große Ladung, die in Kürze gelöscht werden würde. Doch er konnte dem Gespräch zu wenig Details entnehmen, um wirklich brauchbare Informationen zu liefern. Er musste wenigstens einen kurzen Blick auf die Ladeliste werfen. Zwar hatte Tom einen Freund in der Hafenkommandatur, der Abzüge der Ladelisten gerne mal 'verlegte', doch dafür wollte er immer ein hübsches Sümmchen Gold sehen und Tom wusste nicht, ob er sich diesen Gefälligkeitsdienst leisten konnte. Wenn die Ladung allerdings tatsächlich so vielversprechend war, wie es den Anschein machte, musste er die Informationen einfach beschaffen. Nicht nur, um selbst Gold zu verdienen, sondern auch um seinen weiteren Wert zu beweisen.
Maximus
Geändert von Maximus (16.11.2023 um 16:18 Uhr)
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In Minas Schmiede
Mina war am Morgen völlig verwirrt in einem Hinterzimmer der Hafenkneipe aufgewacht. Der bitter nötige Schlaf hatte ihr gut getan, auch wenn der Tag zu diesem Zeitpunkt bereits weiter voran geschritten war, als ihr lieb gewesen war. Schließlich gab es noch so einige Kisten auszubessern! Der Wirt hatte ihr zudem erklären können, dass sie ihren ungewöhnlichen Schlafplatz in seiner Kneipe zwei Hafenarbeitern zu verdanken gehabt hatte. Diese hatten den Wirt auf die Schmiedin aufmerksam gemacht und dann geholfen sie aus dem Schankraum zu tragen. Sie musste wohl wirklich sehr überarbeitet gewesen sein, wenn sie davon nicht aufgewacht war! Abschließend hatte sie dem Wirt noch ein paar Münzen gezahlt, als Dank für seine Gastfreundlichkeit. Und der Tatsache, dass sie wohl auch nicht bestohlen worden war. Etwas ungewöhnlich bei all den Halunken, die in diesen Räumen verkehrten!
Den Rest des Tages hatte Mina wieder damit verbracht die übrigen Kisten mit Eisenbeschlägen auszubessern und so endlich den Auftrag für die Händlergilde fertig zu stellen. Nachdem sie die letzte Kiste beschlagen und zu den anderen gestellt hatte, zählte sie noch einmal kurz durch.
"Hmmm...?" Mit einem Blick in ihr schlaues Büchlein stellte sie verdutzt fest, dass hier etwas nicht stimmte. Noch einmal zählte sie die Kisten durch, aber kam wieder zum selben Ergebnis:
"Hier fehlen fünf Kisten! Das kann doch nicht sein?", bemerkte sie, schaute sich noch einmal in ihrer Schmiede um und ließ ihren Blick für einen Moment an der Tür verweilen. "Ich dachte doch abgeschlossen zu haben. Außerdem...warum sollte jemand Kisten stehlen?", dachte sie laut, doch wie sie es drehte und wendete, die Kisten waren weg!
"Die müssen in der Nacht verschwunden sein, als ich in der Kneipe gepennt habe! Hab mich schon gewundert, warum die mich nicht wie jeden anderen einfach raus geschmissen haben. Die Müssen den Wirt geschmiert haben! Diese Dreckskerle!", fluchte sie, packte das Buch beiseite und verließ kurzerhand ihre Schmiede. Da soll sich ruhig die Stadtwache drum kümmern, dafür sind die Burschen schließlich da! Und mit diesem Gedanken stellte sie sich vor ihre Schmiede und schaute sich erst einmal um, ob nicht einer zufällig hier in der Straße Patrouille lief!
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Das Händler- und Handwerkerviertel
Noch immer gab es in der Stadtwache nur ein Thema: Die Veränderung des Dienstplans und die bevorstehenden Patrouillen außerhalb der schützenden Stadtmauern. Vor Allem aber störten die regelmäßigen Trainingseinheiten mit den Angehörigen des Ordens. Die Krieger in schwerer Rüstung waren bei der Stadtwache nicht sonderlich beliebt. Natürlich waren es die wohl am besten ausgerüsteten Kämpfer, auf die man sich im Falle eines Falles auch verlassen konnte. Doch viele von ihnen, allen voran die Ritter und Paladine, spielten sich unnötig auf. Und wann immer es dem Orden gefiel, wurde die Befehlskette der Stadtwache mit Ordenskriegern unterbrochen, die fortan das Kommando hatten. Vor Allem die Torwache war immer wieder davon betroffen.
Hierodius Lex hatte weniger Probleme mit den vermeintlichen Einmischungen des Ordenskrieger. Seine Krieger waren gut ausgebildet und sie verstärkten die Reihen der ohnehin unterbesetzten Stadtwache, wann immer es erforderlich war. Durch die bevorstehenden Trainingseinheiten signalisierte man der Stadtwache außerdem nicht, dass man sie für unfähig hielte - so wie es manche behaupteten. Sondern dass man in der Stadtwache einen wichtigen Partner zum Schutze Thorniaras sah. Einen Partner, in den es sich zu investieren lohnte.
An diesem Tag patrouillierte Hierodius Lex gemeinsam mit Theodor. Auch Theodor war eine sehr gewissenhafte Wache, die sich auf die Veränderungen im Dienstplan freute. Das kam Hierodius Lex sehr gelegen. Denn als er am Vortag mit Aelfric auf Patrouille war, beschwerte sich dieser ständig über die Pläne des Ordens. Mit Theodor hingegen konnte man angenehmere Themen besprechen. "Sag mal, wieso glänzen deine Stiefel eigentlich so? Ich kann mich ja fast drin spiegeln!" fragte Theodor scherzhaft. "Ich habe auf dem Marktplatz eine Paste gekauft, die man vor dem Polieren aufträgt. War nicht billig aber das Ergebnis überzeugt!"
Aus einiger Entfernung kam eine junge Frau auf die beiden Wachen zugelaufen. Ihre schmutzige Kleidung ließ vermuten, dass es sich um eine Bewohnerin des Armenviertels handelte. Diese ließen sich selten im Händler- und Handwerkerviertel blicken und noch seltener suchten sie den Kontakt zur Stadtwache. Die beiden Männer gingen auf die junge Frau zu. "Können wir etwas für Euch tun?" fragte Hierodius Lex mit freundlicher Stimme.
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Das Händler- und Handwerkerviertel
Es dauerte nicht lange bis sie zwei von der Stadtwache erblickte und auf diese zulief, um sie abzufangen. In den Kneipen und vor allem in der am Hafen, beschwerte man sich gern über die Unfähigkeit der Wachen Thorniaras. Und tatsächlich hatte die Schmiedin auch schon das ein oder andere Scavengerhirn bei der "Ausübung" seiner Pflicht in den Straßen beobachtet. Doch im Großen und Ganzen hatte sie persönlich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht, weshalb sie verhältnismäßig unvoreingenommen um Hilfe bitten konnte.
"Das hoffe ich doch!", gab Mina der Wache zur Antwort und beäugte die beiden mit skeptischen Blick. Schwach auf der Brust schienen die schonmal nicht zu sein, aber ob der Verstand auch so glänze wie die Stiefel musste sich noch herausstellen!
"Ich bin Mina und Schmiedin hier im Viertel. Hab einen Auftrag angenommen, bei dem ich ein paar Kisten ausbessern soll. Letzte Nacht hab ich unverhofft in der Hafenkneipe verbracht und da hat man mir fünf der Kisten aus der Werkstatt entwendet. Das hab ich vorhin beim Durchzählen bemerkt.", erklärte sie knapp und entließ einen entnervten Seufzer. "Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten mir hat jemand was ins Bier gekippt und dafür gesorgt, dass ich so schnell nicht zurück komme. Genug Zeit um sich bei mir mal umzusehen! Hab gedacht...", fing sie an und besah sich die zwei nochmal bevor sie fortfuhr. "...ihr könntet mir vielleicht helfen. Weiß nicht, ob vielleicht die Nachtwache was gesehen hat?"
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Das Händler- und Handwerkerviertel, Minas Schmiede
Entgegen der ersten Annahme war die junge Frau keine Bettlerin aus dem Armenviertel. Sie verdiente sich ihren Lebensunterhalt als Schmiedin und war obendrein im Händler- und Handwerkerviertel ansässig. "Muss an meiner Beobachtungsgabe arbeiten..." dachte sich Hierodius Lex. Doch das Erscheinungsbild der Frau machte es ihm auch nicht sonderlich einfach.
Wie die Schmiedin aussah, war aber ohnehin nicht von Bedeutung. Viel wichtiger war, was sie zu erzählen hatte. Diebstähle waren auch im Händler- und Handwerkerviertel nicht ungewöhnlich. Dass man in der Nacht aber einige Kisten abtransportieren konnte ohne dass die Stadtwache etwas bemerkte, schien geradezu unmöglich. "Und Ihr seid sicher, dass Euch nicht vielleicht einfach weniger Kisten geliefert wurden?" fragte Theodor nach. Doch die junge Frau schüttelte energisch mit dem Kopf. Sie hatte ein kleines Buch, indem sie die Anzahl der Kisten und den Fortschritt ihrer Arbeit festhielt. Es war ausgeschlossen, dass sie sich irrte.
Wäre der Diebstahl im Hafenviertel passiert, hätte man der Schmiedin zu einem besseren Vorhängeschloss geraten. Im Händler- und Handwerkerviertel allerdings musste man solche Vorkommnisse ernst nehmen. "Gut, führt uns zu Eurer Schmiede. Mal sehen, was wir tun können." entgegnete Hierodius Lex. Als sie nach einem kurzen Fußweg an dem kleinen Haus mit vorgelagerten Amboss angekommen waren, schaute sich Theodor die Tür an und betrat dann die Werkstatt. Es dauerte nicht lange, da kam er wieder raus und zuckte mit den Schultern: "Es ist nichts zu sehen. Wenn hier jemand eingebrochen ist, dann hat er sich wohl Eure Schlüssel geliehen."
"Hmm..." brummte Hierodius Lex. Gewiss konnte er bei der Nachtwache fragen, ob diese einen nächtlichen Transport gesehen hatten. Doch der wäre zweifelsohne auch kontrolliert worden. Ohne Spuren oder Hinweise, die Rückschlüsse auf den Täter zuließen, waren der Stadtwache die Hände gebunden. Die junge Schmiedin verdächtigte die Gäste der Hafenkneipe und gewiss waren die einige von ihnen vom rechten Pfad abgekommen. Doch eine Durchsuchung musste ausreichend gut begründet sein. Der Diebstahl einiger leerer Kisten war kein guter Grund.
"Tja also..." begann der breitgebaute Soldat seinen Satz. "Ich kann nichts versprechen aber ich werde mich definitiv bei der Nachtwache erkundigen. Für wen habt Ihr denn diese Kisten verstärkt?" wollte Hierodius Lex wissen.
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Felia sollte sich wirklich langsamer bewegen oder gut festhalten, sonst würde sie noch in der endlose Schleimspur für Françoise ausrutschen und sich ihr hübsches Gesicht auf dem harten Boden der Realität aufschlagen. Curt seufzte innerlich. Er hätte das Thema nicht anschneiden sollen. Felia war bereits derart von der Vollkommenheit der obersten Feuermagierin geblendet, dass sie völlig den Sinn für Rationalität verloren hatte. Françoise war kein Gott, sie war die Vertreterin ihres Gottes auf Erden. Sie war nicht die erste Eminenz und würde sicher nicht die letzte sein. Sie war ein Mensch wie Felia und Curt und schien sich selbst nicht Wohl in ihrer Rolle zu fühlen. Sie schleppte eine endlose Traurigkeit mit sich herum.
"Ich denke, es war ein langer Tag", sagte Curt und zog sich die Robe über. Felias Arbeit war tadellos, wenn sie wollte, konnte sie extrem ehrgeizig und gewissenhaft sein. "Ich werde darüber nachdenken. Bislang werde ich aus ihrer Eminenz nicht schlau. Wahrscheinlich liegen ihre Beweggründe jenseits dessen, was ich verstehe. An Zufälle glaube ich jedenfalls nicht. So leicht möchte ich es mir nicht machen."
Françoise konnte alles mögliche mit ihren beiden Schülern vorhaben. Vielleicht brauchte sie einfach nur zwei Seelen, die ihr Leben für ein magisches Experiment hergaben und das vielleicht noch gerne und im Namen Innos taten. Sie wurden für irgendetwas vorbereitet. Kein Mensch von einem so hohen Rang würde seine kostbare Zeit sonst mit derlei Nichtigkeiten verbringen. Eine gesunde Mischung aus Misstrauen und Argwohn hatte Curt bis heute am Leben gehalten. So ein Verhalten war schwer abzulegen, viel schwerer als ein struppiger Bart oder alte Klamotten.
"Wie dem auch sei. Mehr als meinen Dank kann ich dir heute nicht geben. Dafür bist du herzlich eingeladen, bei meiner Morgenroutine zu erscheinen, denn Sport hält genau so jung wie eine gesunde Ernährung." Er zwinkerte ihr zu, aber sein Blick war dabei ein wenig getrübt. Sie würde ja doch nicht erscheinen.
"Ansonsten sehen wir uns ja morgen in der Lehrstunde. Gute Nacht die Damen."
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In Minas Schmiede
Mina führte die Männer in ihrer Schmiede herum und versuchte so viele Informationen wie möglich zu ihrem Fall zu geben. Die Antwort der Stadtwache fiel recht ernüchternd aus, doch im Prinzip erfüllte dies eigentlich genau ihre Erwartungen. Dass man die Kisten nicht sofort wieder beschaffen konnte, war klar und auch sie machte sich eigentlich nicht viele Hoffnungen.
"Das wäre mir viel Wert!", meinte die Schmiedin, als der Wächter angab mal bei seinen Kollegen nachzufragen. Wobei sie mit ihrer Aussage keinen materiellen Wert im Sinn hatte...zu verschenken hatte sie hier nichts! "Die Kisten gehören der Handelsgilde. Hab den Auftrag von diesem Pregorius... Amühl...Ameril...? Also von diesem Händler der in dem recht großen Handelskontor arbeitet bekommen.", gab sie kund und gestand dabei sich den genauen Namen nicht gemerkt zu haben. Aber Pregorius hieß er auf jeden Fall!
"Die Kisten waren alle leer und wurden vor ein paar Tagen hierher gebracht. Glaub das könnte ein paar aufmerksame Blicke auf sich gezogen haben, da ich noch nie so einen großen Auftrag hatte. Dachten sicher da wäre was wichtiges drin! Wenn ich glück habe, lassen sich die Kisten vielleicht in irgendeiner dunklen Ecke wiederfinden, wenn die gemerkt haben, dass da gar nichts drin ist.", meinte sie hoffnungsvoll und ging hinüber zu dem Kistenstapel, um dann auf die angebrachten Beschläge hinzuweisen.
"Die dürften hier in der Stadt einmalig sein. Alle Kisten haben dieselben Beschläge bekommen und sind in ihren Maßen ziemlich identisch. Daran solltet ihr die leicht erkennen können...wenn sie gefunden werden!", fügte sie noch an und schaute dann zu den beiden Männern hinüber.
"Die Handelsgilde hat eine recht ansehnliche Größe. Falls ihr die Kisten findet, macht das bestimmt auch Eindruck bei denen!" Bisher wirkten die beiden eigentlich recht kompetent, aber ein wenig Motivation schadete nie!
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Das Händler- und Handwerkerviertel, Minas Schmiede
Der breitgebaute Soldat seufzte, als er den Namen desjenigen Kunden hörte. Es war ausgerechnet ein Mitglied der Händlergilde gewesen, für die die Kisten verstärkt werden sollten. Hierodius Lex wusste, dass das die Sache komplizierter machte.
Die Händlergilde hatte sich mittlerweile ein gewisses Vertrauen erarbeitet und pflegte gute Beziehungen zu einigen Magiern des Ordens. Sie verstand es auch, aus allen möglichen Vorkommnissen Kapital zu schlagen. Das musste Hierodius Lex bereits am eigenen Leib erfahren. Seine Degradierung vom Weibel zum Fähnrich hatte er gewissermaßen einem hochnäsigen Schnösel dieser Händlergilde zu verdanken. Es hätte unnötige Fragen zu Folge, wenn die Stadtwache den nächtlichen Diebstahl von Kisten aus dem Händler- und Handwerkerviertel einfach abtun würde. Immerhin lag ganz offensichtlich ein Versagen der Nachtwache vor.
Darauf wollte es Hierodius Lex nicht anlegen. So sehr es ihm auch widerstrebte, musste er Diebstahl ernster nehmen, als er wollte. "Ich verstehe." erwiderte der breitgebaute Soldat. "Wie gesagt: Wir werden uns bei der Nachtwache erkundigen und die weitere Vorgehensweise besprechen. Trotzdem wünsche ich einen angenehmen Tag."
Mit diesen Worten verließen die beiden Männer die kleine Schmiede und setzten ihre Patrouille durch das Händler- und Handwerkerviertel fort. Sobald sie ihre Runde beendet hatten, wollte Hierodius Lex den Dienstplan prüfen und die eingesetzten Wachen der vergangenen Nacht befragen.
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Das Reichenviertel, Anwesen des Grafen
Zu später Abendstunde stand Maximus im Eingangsbereich seines Anwesens und schwenkte einen Kelch, der mit erlesenen Rotwein gefüllt war. Er dachte über das zurückliegende Gespräch mit Gildenmeister Trevorius und dem Faktor Corvus Horatius. Mit einem süffisanten Grinsen betrachtete er dabei ein großes, in Gold gerahmtes Gemälde. Es war ein Gemälde von Verdistis, welches noch wenige Stunden zuvor im Anwesen der Händlergilde hing. Maximus hatte es als Gegenleistung dafür verlangt, die Expansion auf Argaan auch weiterhin zu unterstützen. Es war von seinen übrigen Forderungen vielleicht die marginalste gewesen. Doch das Gemälde zu verlangen und es letztlich auch zu erhalten, war ein symbolischer Sieg und ein Signal an die Händlergilde. Ein Signal, dass Maximus fortan seine eigenen Interessen verfolgte und die Händlergilde nur noch dann auf Unterstützung zu hoffen brauchte, wenn sie diese auch zu bezahlen gewillt war.
Doch das Gemälde war letztlich nur eine geringfügige Anzahlung gewesen. Von viel größerem Wert war die Mitgliedschaft im Ältestenrat. Widerwillig hatte Gildenmeister Trevorius nach stundenlanger Verhandlung zugesagt, die Aufnahme in den Ältestenrat mit den übrigen beiden Gildenmeistern besprechen zu wollen. Es war also noch nicht sicher, ob die Händlergilde gewillt war, auch diese Forderung zu erfüllen. Doch sollte Maximus ein solcher Ratssitz verwehrt bleiben, würde er seine Unterstützung auf Argaan augenblicklich einstellen.
Als Maximus einen kräftigen Schluck aus dem Rotweinkelch nahm, kam der Kammerdiener Adalbert die Treppenstufen vom oberen Geschoss heruntergelaufen. "Ihr wolltet mich sprechen, mein Herr?" fragte er vorsichtig. "Das ist richtig." erwiderte Maximus. "Nehmen wir doch platz." fuhr er fort und deutete dabei auf den kreisrunden Tisch, der auf der rechten Seite des Raumes stand. "Es ist Zeit für Veränderungen im Haus des Grafen. Wir haben uns lange genug zurückgehalten. Das hat nun ein Ende." begann Maximus seine Ausführungen. "Ich beabsichtige, meine Position zu stärken. Es ist ein Unterfangen, das viele Bereiche betrifft. Auch die Dienerschaft."
Maximus nahm einen weiteren Schluck aus dem Rotweinkelch, während Adalbert die Worte nicht so recht einordnen konnte. "Ich verstehe nicht, mein Herr. Inwiefern betrifft das die Dienerschaft?" fragte er. "Es ist notwendig, die Dienerschaft zu vergrößern. Einen Hofstaat zu beschäftigen, der dem eines Grafen würdig ist." erwiderte Maximus. "Ihr habt Euch im Laufe Eurer Dienstjahre mein Vertrauen erarbeitet. Ich möchte Eure Leistungen daher Rechnung tragen und Euch zum Hofmeister ernennen. Euch soll fortan die Verantwortung der Dienerschaft übertragen werden. Ich befähige Euch, Dienstpersonal einzustellen oder zu entlassen, wenn es nach Eurer Auffassung erforderlich ist. Natürlich werdet Ihr dafür einen angemessenen Lohn erhalten."
Adalbert war erfreut und geschockt zugleich. Damit hatte der alte Kammerdiener nicht gerechnet. Hastig suchte er nach den richtigen Worten: "Es ist mir eine Ehre, Euch fortan als Hofmeister zu dienen. Ich werde Euch nicht enttäuschen." Maximus nickte und grinste wieder süffisant. "Das weiß ich, Adalbert. Das weiß ich.“
Geändert von Maximus (09.01.2025 um 22:49 Uhr)
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»Gute Nacht die Damen, sagt er, als habe er nicht mitbekommen, dass ich ihm bis morgen eine neue Robe anfertigen will.«
Felia schüttelte vollkommen ungläubig den Kopf. Sicherlich, es hatte sich im Rahmen der Reise die Routine gebildet, dass Curt kochte und Felia abspülte. Aber bei Innos, dieser Rüpel war hier zu Gast, ließ sich einen Tee servieren und machte dann nicht mal Anstalten, wegzuräumen und verschwand ohne richtigen Abschied und ohne ein Wort des Dankes. Er hatte nicht mal seinen Dank angeboten, lediglich gesagt, dass er außer seinem Dank nichts anbieten könne. Dieser Unhold! Den Abwasch und das Aufräumen überließ er lieber einer armen, alten, blinden Frau und seiner vollkommen überlasteten und überarbeiteten Ordensschwester.
»Hast du gehört, was er gesagt hat, Agnes? "Gute Nacht, die Damen", als seien wir alte Schulfreunde und er sei zu Besuch gewesen. Er war Kundschaft und wurde mit nichts als Freundlichkeit und Aufopferungsbereitschaft in unserer Stube empfangen, ein absoluter Unhold. Ein Grobian! Ein Wicht! Knilch.« Sie unterließ es, wütend mit dem Fuß aufzustampfen und stapelte stattdessen die drei leeren Tassen.
»Also ich mochte ihn.«, verkündete die Weißhaarige und kicherte leise. Sie huschte durch die Stube, öffnete hier einen Schrank, zog hier eine Schublade auf und warf alles ohne jegliche Ordnung auf den Arbeitstisch. Es war Felia ein Rätsel, wie die alte Frau trotz des Chaos', das sie stets in der Stube anzurichten schien, immer genau wusste, was wo zu finden war. »Ein stattlicher junger Bursche, so gebildet und wortgewandt!«, schwärmte sie halblaut. Felia verdrehte wortlos die Augen. »Von dem kannst du dir ruhig mal eine kleine Scheibe abschneiden, meine Liebe. Ein äußerst höflicher Bub. Ja, wirklich. Und er scheint mir eine gute Partie zu sein. Und für dich wird es ja langsam auch Zeit, du bist auch nicht mehr die Jüngste.«, setzte sie zur gewohnten Leier an. Der Bardin war das schon bekannt - Agnes vertrat weiterhin die Meinung, dass ihr zu ihrem großen Glück im Leben einzig ein Mann an ihrer Seite fehlte. Felia selbst fand eher, dass ein männlicher, geifernder, unnützer Klotz an ihrem Bein hinderlich war. »Wie hieß er noch gleich? Klaus? Knut? Nein - Kurt! Oder Curt? Curt war's.« Sie kritzelte eilig einige Dinge auf ein Stück Papier und legte es dann auf die zusammengesammelten Stoffe. »Und nun schimpf nicht so wie ein Rohrspatz, sondern räum ab und dann mach dich an die Arbeit. Es ist spät und ich bin alt. Ich muss ins Bett und dein ewiges Gezetere hält mich nur wach.«
Da war sie. Die strenge Lehrmeisterin. Die unnachgiebige, alte Hexe.
»Und wenn du fertig bist, bei Innos, dann sorg ein wenig für Ordnung und mach das Licht aus.«
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»Mhm.«
Agnes nickte leise. Sie hatte die milchig weißen Augen fest verschlossen und fuhr mit den Fingern ihrer Linken über die kleine Stickerei im Innenfutter der Robe. Es hatte die Novizin noch einen Großteil ihres Abends gekostet, dieses Einzelstück zu fertigen und dabei alle Wünsche ihres Ordensbruders zu berücksichtigen. Agnes unterdessen hatte wie üblich schnarchend in der Nebenkammer gelegen und Felia freie Hand gelassen, solange sie sich leise genug verhielt.
»Ja, doch, meine Liebe!«
Sie griff nach den Händen der Novizin und nahm sie in ihre faltigen, kalten Großmutterhände. »Eine gute Arbeit - damit sollte er durchaus zufrieden sein.« Sie kicherte und Felia rollte mit den Augen, bevor die Schneidermeisterin etwas sagen konnte, denn sie wusste, was folgen würde. »Ich bin schon ganz gespannt, wie ein so strammer Bursche und stattlicher junger Mann seine Dankbarkeit gegenüber einer so bezaubernden jungen Dame wie dir zum Ausdruck bringen könnte.« Wie ein Schulmädchen hielt sie eine Hand vor das Gesicht und lachte in sich hinein.
»Agnes!«, zischte Felia und versuchte, die alte Frau und ihre Gedankenwelt zum Schweigen zu bringen. Erfolglos - das wusste sie. Daher nahm sie der alten Frau mit einer schnellen Bewegung die Schneiderarbeit aus den Händen und huschte eilig aus der Stube, bevor Agnes zu Hochtouren auflaufen konnte. Denn dazu hatte sie heute wahrlich keine Zeit.
Ihre kleinen Füßchen trugen sie eilig zurück ins Tempelviertel, wo sie sich aufmerksam nach Curt umsah, der nach eigenen Angaben mal wieder seiner sogenannten “Morgenroutine” nachging.
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Eine lange und unruhige Nacht lag hinter Curt. Während sich die anderen Novizen in seiner Kammer die Seelen aus dem Leib schnarchten, hatte er stundenlang wachgelegen und vergeblich versucht zur Ruhe zu kommen. Dabei war sein Körper völlig ausgelaugt, wenn man denn die magischen Energien dem Körper und nicht dem Geist zuordnete. Seine Gedankenwelt allerdings glich einem Garnknäuel, das er vergeblich zu entwirren suchte und an dessen einem Ende Felia saß und ihm eine Robe strickte. Ob hinter solch abstrusen Bildern eine Bedeutung steckte? War es die junge Schneiderin, die sein Gedankenknäuel ordnen sollte? Musste er sich ihr mehr öffnen, um zur Ruhe zu kommen?
Noch mitten in der Nacht war er aufgestanden und hatte sich einen Baldriantee gekocht. Die Träume, in die er schließlich verfiel, waren allerdings noch weit konfuser als seine wachen Gedanken. Er wanderte durch die astrale Welt, auf der Suche nach seinem Hund. Doch statt des Hundes erwartete ihn Rüdiger und sprach zu ihm.
„Bruder Curt! Du hättest Mandelbutter nehmen sollen. Die Datteln sind mir viel zu süß und viel zu trocken. Du hast ihre Eminenz enttäuscht! So wirst du nie in die Reihen der Feuermagier aufgenommen.“
„Was machst du hier, Rüdiger? Hast du meinen Hund Sandow gesehen?“
„Vielleicht schaust du mal im Kloster nach. I-ah-hahaha!“
Der Esel sprach plötzlich mit der großkotzigen Stimme von Meister Michael. Curts Wangen begannen zu glühen und wütend wandte er sich zum Gehen, doch fand er plötzlich den Weg zurück nicht mehr. Er war wieder gefangen in der Astralwelt, in der er nur Gefühle und Entitäten wahrnehmen konnte. Er wollte rennen, doch er hing an einer Schnur. Ein Blick empor zeigte die oberste Feuermagierin. Sie starrte ihn ausdruckslos an und führte ihn wie eine Marionette. Er wollte ihrem Griff entkommen, musste sich losreißen, musste sich befreien.
Dann fiel er aus dem Bett und wachte auf.
Den kleinen Bluterguss an seiner Stirn konnte er selbst mit Puder nur schwer verdecken. Er sah so aus, als hätte ihm jemand einen Schlag mit dem Trainingsstab verpasst. Für ein Gebet fehlte es ihm heute am Glauben. Stattdessen suchte er Flucht und Ausgleich in seiner Morgenroutine. Er hatte sich den Nacken in der Nacht ziemlich verspannt, darum konzentrierte er sich insbesondere auf diese Problemzone. Mit einigen gekonnten Dehnungen und Handgriffen gelang es ihm, sich wieder halbwegs zu lockern. Nur die Gedanken drehten sich schon wieder im Kreis über alles, was der gestrige Tag und die letzte Nacht ihm abverlangt hatten. Von seelischer Entspannung keine Spur. Er war so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass er Felia erst wahrnahm, als ihr süßlicher Duft bereits in seine sensible Nase drang. Er schärfte seinen Blick und sah sie keinen halben Meter vor sich.
„Es gibt Wenige, die ich um diese frühe Stunde lieber sehen würde, meine Liebe. Aber halte lieber etwas Abstand, wenn ich mich dehne, sonst kommt es nur zu ungewünschten Zusammenstößen.“
Er rieb sich mit den flachen Händen durchs Gesicht und zwang sich ein Lächeln auf.
„Aber schön, dass du tatsächlich erschienen bist. Soll ich dir helfen, deine innere Mitte zu finden?“
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Tempel des Innos, Tempelviertel – Vom Bleiben, Gehen und in Bewegung Bleiben
Der Paladin stand, den Blick erhoben, vor der mehr als zwei Etagen hohen Innosstatue, die sich unter der Mitte des von vier Säulen getragenen Kuppelbaus. Offenbar hielt er Zwiesprache mit seinem Gott. Arvideon hatte nicht erwartet ihn hier noch anzutreffen, wohl durchaus aber damit gerechnet.
Der umtriebige Wandermönch griff in seine unergründlichen Manteltaschen und beförderte eine Handvoll Weihrauchharz hervor. Der Kleinwüchsige stellte sich auf die Zehenspitzen und streckte seine Hand über die heißen Kohlen, bevor er die Harzkörnchen in einer gleichmäßigen Spirale über der Glut verstreute. Der angenehm fruchtige, leicht ätherische Rauch verbreitete sich im der unmittelbaren Umgebung.
„Was werdet ihr tun, Magister Arvideon?“, fragte der Paladin, ohne den Blick zu senken.
„Nur der, der das Verborgene ahnt, kennt die losen Enden, die sich überall verbergen. Magister Arvideon hat einige mitgebracht, andere warten hier noch oder bereits auf ihn? Viel ist ungewiss. Doch gewiss ist, dass Ihr ihn wiedertreffen werdet, bevor es Zeit ist, erneut die Segel zu setzen. Und gewiss ist auch, dass sein Weg ihn zu Ihrer Eminenz führt. Ob ihre Wege sich kreuzen, liegt hingegen noch in den Nebeln des Morgen verborgen“, antwortete Arvideon, ohne von der Kohlenpfanne aufzusehen.
„Nun denn, Magister. Bis wir uns wiedersehen“, grüßte Yared und wandte sich zum Gehen, „Innos mit Euch, Magister.“
„Innos‘ Segen begleite Euch, Yared.“, erwiderte Arvideon und verweilte.
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Waffenkammer, Kellergewölbe, Bastion von Thorniara
Yared stieg die ausgetretenen Steinstufen der breiten Stiege hinab in den Keller der Bastion. Er kam gerade von der Zitadelle, wo er nach dem Besuch im Tempel in Lord Hagens Amtszimmer vorstellig geworden war. Dort hatte sich nicht viel verändert seit er vor fünf Jahren zuletzt dort gewesen war. Doch der Statthalter war gerade nicht vor Ort, sondern in einer Unterredung mit seinen leitenden Magistraten und Stabsoffizieren gewesen. Also hatte der Kapitän nur Hagens Sekretär aufgetragen, dem Provinzial die Ankunft des Konvois zu melden, verbunden mit einer Abschrift des Ladungsmanifest und einer kurzen Notiz, dass Yared vorhatte einige Wochen in den Süden der Insel zu reisen, und einem Vermerk über die Ansprechpartner während seiner Abwesenheit. Goya, als frisch gebackenem Kapitän der Alesstyna, vertraute Yared das Kommando über die Schiffe an, Kaldrin sollte den Oberbefehl über die Marinesoldaten führen und in wirtschaftlichen Belangen hatte Yared vorläufig Donna als Konvoizahlmeisterin benannt. Nicht, das er Jarnik weniger zutraute, aber Donna hatte wesentlich mehr praktische Erfahrung im Umgang mit myrtanischen Offizieren und den Abläufen in der Quartiermeisterei von Thorniara.
Nun begab er sich selbst in die Niederungen letztgenannter. Die Kellergewölbe der Bastion, die neben dem Kerker auch Räumlichkeiten umfasste, die dem Garnisonsquartiermeister der Provinzhauptstadt unterstanden, wie der Waffenkammer der Stadtgarde, die der Paladin nun betrat.
Durch die Tür gelangte man in die Materialausgabe, ein Raum mit einem langen Tresen, hinter dem gerade ein Waffenmeister und sein Laufbursche Dienst taten. Dahinter in der Wand befanden sich zwei Durchgänge durch die man in einen wesentlich größeren Raum, die eigentliche Waffenkammer, mit ihren Regalen, Waffen- und Rüstungsständern gelangte.
Yared hielt sich nicht lange auf. Er salutierte knapp und stellte sich und sein Anliegen vor: „Sir Yared Garethson. Ich brauche eine Hellebarde, nichts exquisites, aber auch keinen Ramsch.“ Um seine Worte zu unterstreichen, wuchtete der Kapitän ein kleines Säckchen mit Silbermünzen auf die Theke der Ausrüstungsausgabe. „Und ich brauche sie eingepackt, sodass sie eine Weile transportiert werden kann, ohne gleich Rost anzusetzen.“
Der Waffenmeister nickte stumm seinem Untergebenen zu, der daraufhin
Beide mussten neu sein, denn Yared kannte sie nicht. Wobei neu auch relativ war. Es war mehr als ein Jahrzehnt her, dass der Kapitän hier den Posten des Quartiermeisters bekleidet hatte.
Sie mussten nicht lange warten. Dennoch war es leicht unangenehm, wie ihn der Waffenmeister anstarrte und sichtlich nach irgendeiner Art Zusammenhang zwischen Yared und etwas was ihm im Kopf herum ging suchte.
Als der Waffenknecht zurückkam legte er eine Hellebarde eingeschlagen in ein grobes Tuch auf den Tresen. Der Waffenmeister trat vor und schlug das Tuch zurück, damit der Kapitän die Waffe begutachten konnte. Sie war schmucklos, aber augenscheinlich solide gefertigt. Sie hatte weder Scharte noch Kratzer und hatte den matten Glanz einer neuwertigen Waffe.
Der Paladin nickte zufrieden. Es juckte ihn leicht in den Fingern, sie auszuprobieren. Vor Jahren hatte er mit dem Gedanken gespielt, selbst einmal das Führen einer Stangenwaffe zu erlernen. Aber bislang reichten im Schild, Schwert und Armbrust für beinah alle Gelegenheiten, außerdem hielt ihn ständig irgendetwas oder irgendjemand auf Trab, sodass es sich einfach nicht ergeben hatte. Diese Waffe hier war aber nicht für ihn gedacht.
Gerade als er die Waffe wieder einschlagen und Yared überreichen wollte, schien dem Waffenmeister ein Kronleuchter aufzugehen: „Euer Name ist Yared Garethson, Sir?“
„Ja, wieso?“ Der Kapitän war ob der erneut eingeholten Versicherung seiner Identität leicht überrascht.
„Hier liegt schon seit einiger Zeit ein Enterbeil und ein Messer mit der Anweisung, dass es Euch zurückzugeben sei.“
Yared zog die Augenbrauen hoch und schürzte die Lippen. Ein Enterbeil und ein Messer? Das war ihm neu.
Der Waffenknecht hingegen verschwand erneut zwischen den Regalmetern und brachte schließlich die angekündigten Gegenstände. Der Kapitän erkannte sie wieder. Es waren Waffen aus den Beständen der Santorija, die er vor vielen Jahren dem jungen Luke Drake gegeben hatte, als sie im östlichen Thorniarer Land gegen die Echsen vorgegangen waren.
Eigentlich war er davon ausgegangen, dass Luke die Waffe behalten würde. Er meinte sogar, dass dem jungen Waldvölkler gegenüber gesagt zu haben. Aber nun gut, vielleicht traf er ihn ja in Tooshoo und konnte ihn fragen.
Der Kaptiän holte das Messer aus seiner kurzen scheide und begutachtete auch das Enterbeil. Trotz der Jahre, die sie hier gelegen hatten, waren sie nicht heruntergekommen. Offenbar hatte man sie hier in der Zwischenzeit regelmäßig gepflegt.
Yared bedankte sich und legte noch ein paar zusätzliche Münzen auf die Theke. Dann verstaute er Enterbeil und Messer an seinem Gürtel und schulterte die in grobes Tuch eingeschlagene Hellebarde.
Der Waffenmeister hingegen verstaute das Geld.
„Innos‘ Dank, Euch“, verabschiedete sich der Kapitän und entschwand mit seinem Ballast.
Nun würde er sich erstmal ein paar Glasen lang Entspannung im Badehaus gönnen, bevor er zum Hafen zurückkehrte.
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Das Händler- und Handwerkerviertel
Den Großteil des Tages hatte Mina damit verbracht ihre Schmiede aufzuräumen. Dabei hatte sie zum einen festgestellt, dass sie noch einige Wandregale und -halterungen für ihr ganzes Werkzeug gut gebrauchen konnte, wenn sie wirklich Ordnung in diese Werkstatt bringen wollte. Zum anderen war ihr beim Hantieren mit dem Werkzeug bewusst geworden wie viel sie eigentlich von ihrem Vater vermacht bekommen hatte. Nicht nur im materiellen Sinne, sondern auch an Fähigkeiten und Eigenschaften, die sie ihm verdankte. Tragischerweise wahrscheinlich nur durch seine langwierige Krankheit und dem unvermeidlichen Ableben. Unter normalen Umständen hätte sie sonst nie sein Handwerk erlernt und wäre somit niemals zu der Person geworden, die sie heute ist. Denn eigentlich wäre es ihrem Bruder Rohland vorbehalten gewesen sein Nachfolger zu werden. Es war wahrlich kein einfaches Leben, doch wer hatte ein solches schon? Auf jeden Fall wollte sie es nicht anders haben und konnte es sich tatsächlich auch nur schwer anders vorstellen. Die üblichen Berufe, die Frauen in ihrer nahen Umgebung so ausführten, sagten ihr in keinster Weise zu. Sie brauchte etwas handfestes und fühlte sich als Schmiedin sehr wohl. Auch wenn sie immer wieder überlegte hatte doch noch Holzfällerin wie ihre Freundin Sarah zu werden. Es wäre eine weitaus weniger schweißtreibende Arbeit, aber wurde auch schlechter bezahlt.
Ein Klopfen an der Tür, riss die junge Frau aus ihren Gedanken. "Jonathan hier! Ich soll die restlichen Kisten für das Handelskontor abholen!", erklang kurz darauf die Stimme des Boten, dem Mina sogleich aufmachte.
"Dachte du hast mich schon vergessen! Hatte mit dir eigentlich schon gestern gerechnet, aber ich vermute mal, du wurdest mal wieder an alle möglichen anderen Orte der Stadt geschickt, was?", meinte sie fast schon mitleidig. Die wenigen und kurzen Worte, die sie mit dem Boten bisher gewechselt hatte, hatten ihr aufgezeigt wie gut sie es im Vergleich zu manch anderem Arbeiter hier in Thoriniara doch hatte.
"Na dann wollen wir mal!" Tatkräftig began sie so die Kisten auf seinen Karren zu heben und ließ Jonathan nicht viel Zeit zum Verschnaufen. Zumindest packte sie aber mit an und ließ ihn nicht alles allein machen.
"Da es die letzte Fuhre ist, komme ich gleich mit. Hab da noch ein paar Dinge zu klären!", fügte sie an, als er sich schon aufmachen wollte. Sie nahm nicht an, dass er mitgezählt und das Fehlen der Fünf Kisten bemerkt hatte. Und obwohl sie selbst nicht sicher war, wie Pregorius auf diese Tatsache reagieren würde, wollte sie vermeiden, dass der Bote verdächtigt wird einen Fehler begangen zu haben.
Die Strecke von ihrer Schmiede bis zum Handelskontor war schneller zurückgelegt als ihr lieb war und so dauerte es nicht all zu lange bis Jonathan den Karren abstellte und Mina an der Tür klopfte.
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Das Händler- und Handwerkerviertel, Kontor des Grafen
In den nächsten Tagen würde die erste Delegation der Händlergilde zurück ins Herzogtum Rivellon reisen. Diese Gelegenheit wollte Maximus nutzen, um neues Personal und weitere Güter zu organisieren, die nach Argaan überführt werden sollten. Pregorius Amiel hatte kurzfristig die Aufgabe erhalten, eine Liste mit benötigten Waren aufzustellen. Gemeint waren damit vor Allem Güter, die auf dem myrtanischen Festland und der subtropischen Insel Argaan nur schwer zu bekommen waren. Gleichzeitig mussten es aber Waren sein, die die hiesige Bevölkerung benötigte und sich auch leisten konnte. Glücklicherweise hatte Pregorius Amiel einen hervorragendes Überblick über das Kaufverhalten der letzten Monate. Es war ein Leichtes, eine umfangreiche Liste zusammenzustellen, mit der sich am Ende genügend Profit machen ließe.
Als der Händler gerade die letzten Positionen der Warenliste notiert hatte, klopfte es an der Tür. Seufzend blickte Pregorius Amiel auf. Er verstand nicht, warum manche Kunden glaubten, ihnen müsste erst Eintritt ins Kontor gewährt werden. Insgeheim störte es den Händler aber bloß, keinen Bediensteten zu haben, der an seiner statt die Tür öffnete. Der in feinen Tuch gekleidete Händler legte den Gänsekiel bei Seite und öffnete wenige Augenblicke später die Tür. Es war die junge Schmiedin gewesen, die in den letzten Tagen mit der Verbesserung einiger Holzkisten beauftragt wurde. Hinter ihr stand der Dienstbote Jonathan, der gerade eine dieser Kisten abgeladen hatte und ins Handelskontor bringen wollte. Da fiel dem Händler wieder ein, dass er schon seit geraumer Zeit einen zweiten Eingang für Lieferanten in Auftrag geben wollte.
"Ich grüße Euch! Gewiss seid Ihr gekommen, um Eure Bezahlung abzuholen. Kommt doch herein!" begrüßte Pregorius Amiel die junge Schmiedin. Als sie das Handelskontor betreten hatte, konnte auch Jonathan endlich mit der Entladung der Holzkisten weitermachen. "Nach meinem ersten Blick zu urteilen, habt Ihr gute Arbeit geleistet. Und besonders schnell wart Ihr auch dabei. Gute Arbeit!" lobte Pregorius die junge Schmiedin. "Aber war ja auch nicht wirklich schwierig..." fügte er hinzu.
Maximus
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Die Bastion
Hastig lief Hierodius Lex durch die Bastion. Er wollte vor Beginn seiner Schicht noch mit Berthold sprechen, der nach dem Dienstplan zu urteilen der Nachtwache angehörte, die während des Diebstahls bei der Schmiedin im Händler- und Handwerkerviertel patrouillierte. In seiner Eile stieß Hierodius Lex mit Lennard zusammen, ein Soldaten der Stadtwache, der schon seit Jahren eines der Stadttore bewachte und gerade einen Nebenraum verlassen wollte. "Pass doch auf!" stieß Lennard aus! "Bitte entschuldige! Ich bin etwas in Eile! Hast du Berthold gesehen?" erwiderte Hierodius Lex. "Hier hinten bin ich!" ertönte eine Stimme aus einen der hinteren Räume der Bastion. Mit einem entschuldigen Blick nickte Hierodius Lex den noch immer verärgerten Lennard zu und lief in schnellen Schritten weiter.
"Hier bist du! Ich habe dich schon überall gesucht!" merkte Hierodius Lex vorwurfsvoll an. "Ich wollte eigentlich schon gestern mit dir sprechen! fügte er hinzu. "Na, nun hast du mich ja gefunden. Was gibt es?" wollte Bethold wissen. "Du hast doch vor drei Tagen die Nachtwache im Händler- und Handwerkerviertel übernommen." Berthold nickte. "Ist dir da irgendwas Verdächtiges aufgefallen? Ich frage deshalb, weil einer Schmiedin wohl einige Kisten gestohlen wurden. Gab es vielleicht einen nächtlichen Warentransport oder so?" Berthold dachte nur wenige Sekunden nach, ehe er erwiderte: "Wäre mir etwas Verdächtiges aufgefallen, hätte ich es überprüft. Allerdings bin ich zu einem Vorfall in der Marktschenke gerufen worden. Gut möglich, dass der Diebstahl in der Zwischenzeit erfolgte... wir sind einfach unterbesetzt." erwiderte Berthold. "Aber frag' doch mal Norbert. Der war auch im Händler- und Handwerkerviertel eingeteilt und kam erst später zu der Schlägerei in der Marktschenke."
"In Ordnung, das mache ich. Danke!" antwortete Hierodius Lex knapp und lief wieder nach draußen. Wenn er sich richtig erinnerte, würde er Norbert in Kürze bei seiner Schicht begegnen. Eine gute Gelegenheit, um der Sache während seines Patrouillenganges weiter nachzugehen.
Geändert von Hierodius Lex (19.11.2023 um 13:20 Uhr)
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Das Händler- und Handwerkerviertel, Kontor des Grafen
Dass Pregorius noch nichts von den gestohlenen Kisten wusste, erleichterte die Schmiedin etwas. So konnte sie die Erste sein, die ihm davon berichtete. Im Großen und Ganzen glaubte sie auch nicht, dass ein paar entwendete Kisten für eine so große Handelsgilde einen merklichen Verlust darstellte. Dennoch war es ärgerlich und auch erschreckend, dass man so dreist hatte in ihre Werkstatt eindringen können. Die Hafenkneipe würde sie so schnell auf jeden Fall nicht mehr besuchen und ein neues Türschloss wäre wohl auch eine investition wert!
"Die Kisten habe ich alle wie abgemacht beschlagen.", begann sie zu erzählen während sie eintrat. "Allerdings sind fünf davon nicht mehr in meinem Besitz!", gab sie mit einem Seufzer zu und stemmte die Hände in die Seite. "Irgendwer ist Nachts in meine Werkstatt eingebrochen und hat welche mitgehen lassen. Hätte nicht gedacht, dass selbst leere Kisten der Handelsgilde ein so begehrtes Gut sind!", versuchte sie zu scherzen, wobei sie sich hierbei nichtmal wirklich sicher war, wie viel Wahrheit dahinter steckte. Vielleicht war allein der Name der Gilde schon mehr wert, als sie sich vorstellen konnte. Möglicherweise ging es hier so ähnlich zu wie bei den bekannten Schneidermeistern im Reichenviertel. Da kamen einem auch immer mal die absurdesten Geschichten zu Ohren, wie die feinen Damen wohl stundenlang anstanden, nur um irgendeinen Lederbeutel von Bruno Gucki erstehen zu können.
"Ich vermute, dass die sich sehr beeilt und die Kisten ungeöffnet mitgenommen haben. Sonst hätten die ja gesehen, dass nichts drin ist. Hab gleich die Stadtwache gerufen, als ich es bemerkt habe. Mit etwas Glück finden die die in irgendeiner Gasse wieder.", meinte sie hoffnungsvoll und schaute erwartungsvoll zu Pregorius hinüber. Während dessen schleppte Jonathan unentwegt die Kisten durch den Raum und hinter ist das Nebenzimmer.
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Das Händler- und Handwerkerviertel, Kontor des Grafen
Noch ehe Pregorius Amiel auf das Gesagte reagieren konnte, ertönte eine kräftige Stimme: "Das sind nicht die Kisten der Händlergilde. Es sind die Kisten des Grafen." Galbor hatte unverhofft das Handelskontor betreten und mischte sich in das Gespräch ein. Maximus beschäftigte ihn seit vielen Jahren als Schiffer und so hatte auch Pregorius Amiel bedauerlicherweise häufiger mit ihm zu tun. Galbor war ein unangenehmer Zeitgenosse, der seine Position gerne überschätzte. Aber und das musste Pregorius Amiel ihm zugestehen, er war sehr zuverlässig und genoss das vollste Vertrauen des Grafen.
"Was wollt Ihr?" fragte Pregorius Amiel etwas harsch. "Ich wollte Euch mitteilen, dass einige Kisten aus dem kleinen Lagerhaus gestohlen wurden. Auch gestohlen wurden, sollte ich wohl besser sagen." erwiderte Galbor. "Man nahm nur die Kisten mit, die das Wappen des Grafen trugen. Kein Zufall, wie ich annehme." fuhr er weiter aus. "Habt Ihr Maximus bereits darüber informiert?" wollte Pregorius wissen. "Aber natürlich! Glaubt Ihr, ich sei verrückt und würde ihn nicht darüber informieren!? Es würde mich nicht wundern, wenn die Kisten schon bald für Sumpfkrautschmuggel benutzt werden würden." Pregorius Amiel nickte zustimmend. Das wäre zumindest ein plausibler Grund dafür gewesen, warum man es ausgerechnet auf leere Kisten abgesehen hatte. "Wie sollen wir uns verhalten?" fragte Pregorius weiter. "Wir machen weiter, wie bisher. Der Graf wird das Problem auf seine Weise lösen." erwiderte Galbor und grinste dabei in seiner gewohnt unangenehmen Art. "Nun, mehr wollte ich nicht. Wir sehen uns, Pregorius. Verehrte Dame." mit diesen Worten verließ der Schiffer das Handelskontor und schloss die Tür, um Jonathan das Entladen der Kisten etwas zu erschweren.
Pregorius Amiel räusperte sich. "Nun denn... Es ist natürlich äußerst ärgerlich, dass Euch Kisten gestohlen wurden. Unter anderen Umständen hätte ich die Zusammenarbeit wohl beenden müssen. Der Graf duldet keine Fehler. Allerdings wurden auch Kisten aus unserer eigenen Obhut gestohlen. Also..." begann Pregorius Amiel mit etwas bedrückter Stimme auf die junge Schmiedin einzugehen. "Also habt Ihr nochmal Glück gehabt. Ich muss Euch natürlich die fehlenden Kisten von Eurem Lohn abziehen aber..." fuhr Pregorius Amiel fort und warf der Schmiedin ein kleines Säckchen mit Goldmünzen zu. "Das sollte mehr als genug sein. Ich bin mir sicher, dass wir erneut auf Eure Dienste zurückgreifen werden. Es haben sich einige Aufträge angehäuft, die unser Schmied nicht in der erforderlichen Zeit bearbeiten kann.
Maximus
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