Zitat von
Luceija
Während der gesamten Tirade, die Leif da an der Theke veranstaltete und Luceija zusehen ließ, als wäre es ein massiver, brutaler, blutiger, todbringender, aber zugleich wahnsinnig kreativer und spannender Autounfall, von dem sie absolut nicht absehen KONNTE, geschweige denn würde, sah man der Sizilianerin an, wie sie sich regelrecht unter Schmerzen wand. Ihre Hand des Armes, welcher auf der Theke lehnte und sie stützte, stützte jetzt vor allem ihren Kopf an der Stirn. Mit abgespreiztem Zeigefinger und Daumen, qualvoll an den Augenbrauen angesetzt. Sie seufzte tief, sehr tief, fast mürrisch, auch wenn es offensichtlich schien, dass sie sich das Lachen wahnsinnig verkneifen musste. Trotzdem sah sie sich das an. Es war schlicht zu-..ja. Kreativ. Spannend. Todbringend. Grausam. Interessant.
Der junge Wirtssohn drehte sich um und schlug die Hände tatsächlich über dem Kopf zusammen und Luci murrte dieses "Mi dispiace. Lui... ci prova, ma il suo italiano è ancora peggiore di quanto ricordassi. Sorry. Er-...versuchts, aber sein Italienisch ist noch schlimmer als ich es in Erinnerung hatte." "Sì, sì, non importa. Il conto lo paghi tu? Ja ja, macht nichts. Geht die Rechnung auf dich?" "Lo fa. Tut sie." Sie hob ihr Hand-Schildchen kurz von ihrem Kopf und lugte Leif an, der so triumphal damit prahlte, sich diesen Tee bestellt zu haben und Luci lächelte ihm belustigt und auch etwas Schadenfroh entgegen. Was sie dann sagte galt nicht ihm sondern dem Wirt, aber sie ließ den Blick nicht von Leif, den sie kurz aber genau musterte. "Almeno ha un bell'aspetto. Naja, wenigstens sieht er gut aus.", sagte sie und grinste ihm frech entgegen, ehe er sich einen der verdammt wenigen Tische suchte um sich zu setzen, während er das Glas, abgestellt auf dem Teller mit dem Hörnchen, einhändig mit sich balancierte. Die alten Herren vor dem Laden warfen einen kurzen, skeptischen Blick durch die Scheibe, brummten etwas, dass nach "Turisti. Touristen." klang und riefen Luci zurück auf den Plan, die es sah, hörte, die Brauen hob und noch auf dem Weg die paar Schritte zu ihnen rüber rief "Ehi! Cosa vuol dire "turisti"? Hey! Was soll das heißen "Touristen"?" Sie quetschte sich durch zwei der eng gestellten, metallernen Bistrotische - einer der an den Leif sich setzte - zwischen hindurch bis zur Scheibe, schlug sich mit der Rückenlehne eines Stuhles gegen den Arm, aber sog nur scharf Luft ein und war der Scheibe, hinter welcher die beiden saßen, dann so nah, dass sie mit dem Fingerknöchel dagegenklopfte und raus starrte. Es unterbrach das Spiel der beiden Männer, beide erschraken sich leicht, der eine genug um ein charakteristisches "Mamma mia!", in feinstem sizilianisch zu schludern und sich irritiert und leicht brüskiert der Scheibe zuzuwenden, durch welche hindurch sich das aufdringliche Gesicht Lucis abzeichnete. "Niente turisti, Giuseppe, tu sai chi diavolo sono e anche che il vichingo biondo e maldestro vive in casa mia da un bel po', dopotutto ci guardi abbastanza spesso. E tu sei sulla porta di casa ogni volta che c'è qualcosa da ascoltare, vecchio mio! Keine Touristen, Giuseppe, du weißt verdammt nochmal wer ich bin und auch, dass der tollpatschige, blonde Wikinger seit einer ganzen Weile mit in meinem Haus wohnt, immerhin siehst du oft genug rüber. Und bist jedes Mal auf der Türschwelle wenns was zu lauschen gibt, alter Mann!" Sie gestikulierte charakteristisch, wie man es von Luci eben nicht anders kannte. Der betroffene Mann, leicht übergewichtig aber nicht fettleibig, rutschte auf seinem Stuhl so, dass er durch die Scheibe sehen, seinen Arm aber auf der Rückenlehne seines Metallstuhls ablegen konnte - nichts davon hielt ihn ab, selbst zu gestikulieren als er antwortete: "Che altro dovrei fare? Con te c'è rumore, ogni giorno qualcosa di nuovo, ogni giorno... Was soll ich denn sonst machen?! Es ist laut bei euch, jeden Tag etwas neuen, jeden Tag- ". Der alte Mann machte ein seltsames Geräusch, dass an ein quietschendes Bett erinnerte und lachte - das schlimme war, nicht mal unsympathisch. Und Luci schien zwar temperamentvoll, aber nicht wahnsinnig und ungebremst aufgebracht. Nur empört genug für Palermo. Was-...für einen Skandinavier die Portion zu viel sein könnte. Trotz allem. Lucis flache Hand schlug gegen die Scheibe. Giuseppe und sein Bekannter zuckten nochmals kurz zusammen, der junge Wirt seufzte genervt und rief ein hohes "Ehi, non rompere il vetro! Che stai facendo?! Hey mach die Scheibe nicht kaputt was soll das denn?!", aber Luci ignorierte es und schien auf eine Antwort des alten Mannes zu warten. Sie äffte ihn nach und machte dieses quietschende Geräusch jetzt selbst, nur NOCH nerviger als er. "Sì, è questo il suono che ti manca, eh? Jaa, das ist der Sound den du vermisst, hm?". Sie machte das Geräusch weiter. Mehrmals. Auch dann noch, als sie sich wieder aufrichtete und umdrehte um zurück in Richtung Bar zu gehen um IHREN Kaffee abzuholen und, jetzt wo er fertig war, auch nach Leifs Tee zu greifen, den sie mit einem andeutenden Salutieren ihrer Finger an der Stirn bedankte und gleichzeitig das Geräusch weitermachte, bis sie sich wieder umdrehte - die Hände voll - und Giuseppe wieder ansah, der sie unsicherer mit Blicken verfolgte. Seine silbrige Halskette reflektierte grellendes Sonnenlicht. "Ascoltalo attentamente, Giuseppe! Davvero, ascoltate attentamente in futuro. Questo è il suono che non sentirete dalla vostra camera da letto per moooooooooooooolto tempo, quindi è meglio ricordarlo per non dimenticarlo. Hör ihn dir gut an, Giuseppe! Echt, hör in Zukunft gut hin. Das ist der Sound, den du laaaaaaaaaaange nicht mehr aus deinem Schlafzimmer hören wirst, also merk ihn dir besser, damit du ihn nicht vergisst.", singsangte sie grinsend und stellte Leif den Tee auf den Tisch, ihren eigenen Kaffee auf die andere Seite des Tisches. Kurz schien es draußen ruhig. Dann lachte Giuseppes Freund und Kartenspieler dreckig und zeigte Luci den 'Daumen hoch', während Giuseppe selbst künstlich beleidigt schnaufte und seinem gegenüber bedeutete, er solle doch endlich die nächste Karte spielen.
"Uomini anziani... Alte Männer...", murmelte Luci, selbst bewaffnet mit einem wohlbekannten aber seltener gewordenen, halbseitigen Grinsen, und ging nur nochmal kurz an die Bar zurück um den Wirt zu fragen "Avete sigarette? Allora dammi un pacchetto e mettilo sul conto. Hast du Zigaretten? Dann gib mir ne Schachtel und schreib sie auf die Rechnung.". Er holte etwas von unter der Theke hervor und warf sie Luci, ebenso wie ein offensichtlich gebrauchtes Feuerzeug, auf das alte Holz und sie griff einhändig danach, dankend mit dem Zeigefinger auf ihn zeigend. "Ti devo un favore. Hast was gut bei mir." "L'ho fatto. Quattordici crediti e cinquantanove crediti. Hab ich. Vierzehn Credits Neunundfünfzig."
Luci ignorierte es. Fürs Erste. Setzte sich erstmal zurück, oder überhaupt, an den Tisch neben Leif, seufzte, als trage sie selbst diesen latenten Bierbauch des alten Mannes mit sich herum, aber beide sahen, dass das Gegenteil der Fall war. Sie öffnete die Schachtel, nahm sich eine Zigarette und steckte sie sich zwischen die Lippen, um sie sich anzuzünden.
"Il diavoletta è tornato nel quartiere. Die kleine Teufelin ist wieder in der Nachbarschaft.", seufzte Giuseppe halblachend in Richtung seines Freundes. Laut genug.