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Luceija
"COME? WIE?!", echauffierte sich Vigilio. Er war nah genug in ihrer Nähe, stand am Ende sogar vor ihr, die auf diesem Sofa Platz genommen hatte und breitete und typisch italienischer Manier die Arme aus, gestikulierte vielsagend und unterstrich damit: "Dici "sto bene", "sto bene" ogni volta che te lo chiedo e vorrei tanto crederti Luci, ma ogni volta, davvero OGNI volta, sembri più debole, più intimidito e più distrutto di prima. Du sagst jedes Mal 'es geht mir gut', 'es geht mir gut', egal wann ich dich frage und ich würde dir SO gerne glauben Luci, aber jedes Mal, wirklich JEDES Mal siehst du schwächer, eingeschüchterter und gebrochener aus als vorher.". Vigilio sah seine kleine Schwester durchdringend an, obwohl er ihr nicht so auf die Pelle rücken oder sie gar in eine Ecke drängen wollte. Nichts davon war sein Anliegen, er wollte einfach nur Klarheit. Er lief einen Schritt zur Seite, sah auf dem Fenster und immer wieder zu der Schwarzhaarigen zurück. "Possiamo continuare a giocare in questo modo. Quanto pensi che durerà, eh? Giorni? Mesi? Anni? Guardarti morire e non poter fare NULLA, assolutamente NULLA? Wir können das Spielchen so weitertreiben. Wie lange denkst du, geht es noch so, hm? Tage? Monate? Jahre? In denen ich mir mit ansehe, wie du vor dich hin krepierst und ich NICHTS tun kann, absolut NICHTS?" Luceijas Hände lagen inzwischen irgendwo an ihrem Gesicht, sie stöhnte überlastet, lehnte sich vor, stützte einen viel zu schweren Kopf beidhändig und die Arme mit den Ellbogen auf ihren Oberschenkeln. Besah sich den Boden, denn er wirkte von allen Alternativen am Friedlichsten.
Gil ging vor der Jüngeren in die Hocke, war nah, aber ließ ihr wenigstens noch dieses Bisschen Freiraum. Sicherlich nicht genug. Trotzdem. Es half ihr nicht aus dieser unangenehmen Situation.
"Voglio aiutarti, Luci. Voglio che tu stia bene, non voglio rovinarti tutto. Ma per questo, anche VOI dovete fare qualcosa. Devi parlare con me. Cosa ho fatto perché non ti fidassi di me? Ich will dir helfen, Luci. Ich will, dass es dir gut geht, ich wills dir nicht kaputt machen. Nur dafür musst auch DU was tun. Du musst mit mir sprechen. Was hab ich getan, dass du mir nicht vertraust?", interessierte ihn ernsthaft am Meisten. Es traf ihn nicht, dass Luci sich an Zora wandte. Im Gegenteil, es freute sie, dass sie miteinander warm wurden und es irgendeine Basis zu geben schien, aber im Vergleich schien eben diese Basis zwischen den Geschwistern zu bröckeln, wenigstens kam es ihm so vor. Er ließ ihr nach dieser Frage etwas Zeit. Senkte die Stimme. Beruhigte sich bewusst. Nein, er war sicher nicht perfekt. Aber es war schwer für jemanden da zu sein, der einem nie etwas erzählte.
"Le vostre domande. Fai troppe domande, Gil. Lei pone domande PERMANENTI. Datemi un po' d'aria, cazzo! Hai mai pensato che non potessi parlarne?! Che mi uccide se ci provo?! O anche solo pensarci? Anche se non lo voglio, eppure è sempre lì, SEMPRE, ed è peggio - molto peggio - di tutta la merda che mi porto dietro. Sono vuoto, Gil. Se c'è un cazzo di problema, è quello. Sono vuoto. Deine Fragen. Du stellst zu viele Fragen, Gil. Du stellst PERMANENT Fragen. Gib mir Luft, verdammt nochmal! Hast du einmal darüber nachgedacht, dass ich nicht darüber sprechen KANN?! Dass es mich umbringt, wenn ichs versuche?! Oder auch nur darüber NACHDENKE?! Obwohl ich es nicht will und trotzdem ist es immer da, IMMER und es ist schlimmer - viel schlimmer - als die ganze Scheiße die ich ohnehin mit mir rumtrage. Ich bin leer, Gil. Wenn es ein fucking Problem gibt, dann das. Ich bin leer.". Luci war nicht fair. Nicht gegenüber Vigilio und nicht in diesem Moment, der sie aufpeitschte, anstachelte mit einer Sprache rauszurücken, die sie weder begriff noch in irgendeiner Form verarbeitet hatte. Dann war da eben ein Bild. Aber wie realisierte man das schon. Wie ordnete man ein, dass es einen zerstörte, wenn solche Emotionen vorher einfach nicht existiert hatten. Es war nicht dieses eine Ereignis. Es war das Endergebnis aus allem. Aus ihrem gesamten Leben. Und alles, was es zusammenhielt war Leif. "Con tutto quello che dici vuoi dare la colpa a Leif, ma non ti viene mai in mente che il colpevole potrei essere io. Ho fatto così tante cazzate che non potete immaginare. Questo ti fa perdere tutto il rispetto per me. Mit allem was du sagst willst du Leif die Schuld in die Schuhe schieben, aber kommst nie auf die Idee, dass ich die Schuldige sein könnte. Ich hab so viel Scheiße gebaut, dass du sie dir nicht vorstellen kannst. Die dich jeglichen Respekt vor mir verlieren lässt."
"Come ho potuto? Tu sei mia sorella. Non c'è niente che tu possa fare per farmi vedere qualcosa di peggio. Wie könnte ich das?! Du bist meine Schwester. Du kannst nichts tun, was mich dazu bringt dich als etwas Schlechteres zu sehen."
"Oh sì. Posso. Oh doch. Ich kann."
"Luci. Conosco le cose che hai fatto. Cosa c'è di peggio di questo?! Ti conosco. Non c'è niente. Luci. Ich weiß welche Dinge du getan hast. Was in aller Welt soll 'schlimmer' sein als das?! Ich kenne dich. Da gibt es nichts.". Luci sah auf, zwischen Strähnen ihrer Haare hindurch in seine Augen. Gil schien hieran fast zu verzweifeln und sich an der Sturheit seiner Schwester die Zähne auszubeißen. Natürlich sah sie das. Aber es gab Dinge, die sagte man seinem Bruder, der gerade unweit davon entfernt war zum zweiten Mal Vater zu werden, einfach nicht so leichtfertig.
Zwischen ihnen herrschte kurz diese Stille. Gil der nach ihren Händen griff, die an ihrem Kopf lagen. Sie hielt und ansah, in der Hoffnung, sie würde etwas sagen. Irgendwas. Aber da kam nichts. Und auch wenn selbst Zora sie nicht mehr bedenkenlos ansehen konnte, hoffte Luci in diesem Moment nur zu sehr, sie möge diese Situation irgendwie entzerren.