Zitat von
AeiaCarol
Leif hatte lang über das Dach des Wagens hinweg und ins leere gesehen, als sie den Kopf schon eingezogen und sich auf den Beifahrersitz gesetzt hatte. Dieses Tiefgrün verschwunden war. Nur woanders, aber dieses Verschwinden weckte sofort und wieder einmal die völlig ungezügelte und manchmal irrationale Angst des Arztes, dass sie irgendwann ganz verschwand. Das irgendwann nicht mehr seine einmalig fähigen Hände über ihr Leben oder ihren Tod entschieden, sondern da etwas anderes war. Etwas unkontrollierbareres. Etwas wie Cerberus.
Und dann kam es zurück. Diese Angst. Noch schlimmer. Schlimmer als in den Nächten, in denen er von einem Traum wie diesem wach geworden und nach unten ins Labor gerannt, beinahe über seine eigenen Füße gestolpert und später überrascht war, dass sie von seinen lauten Schritten nicht wach geworden war. Ja. Es gab eine Menge Gründe dafür, dass er so unbedingt wollte, dass sie bei ihm schlief. Und zwei davon waren, dass er selbst dann besser schlief. Das er sie anfassen und lieben konnte, dass ihr Sex anders und weniger abgekapselt von ihrer Liebe und der Zuneigung füreinander, weniger 'nur' Sex war. Aber die Sicherheit die es ihm gab, dieses Bedürfnis, diese Einbildung, er könnte sie umso viel besser vor allem Übel der Welt beschützen, wenn sie nachts in seinen Armen schlief...DAS war der Grund. Einen, den er wohl nie nennen konnte. Aber um den er wusste.
Leif setzte sich. Er schien immer noch so sehr in Gedanken und mit ihnen beschäftigt und wieder hatte er kaum zugehört, obgleich sie ohnehin irgendwann eben einfach eingestiegen war. Er folgte. Schloss die Tür, schnallte sich an, startete den Motor. Alles irgendwie mechanisch. Doch dann stellte er ihn wieder ab. Drehte sich auf seinem Sitz leicht zur Seite und sah Luceija direkt an. "Ich bin nicht sehr leicht aus der Ruhe zu bringen, Luceija.", sagte er. Seine Stimme klang neutral, aber in ihr schwang etwas, als sei es nur die Ruhe vor dem Sturm. Als beschwere ein Mann sich gleich bei seiner häuslich gearteten Ehefrau, dass das dritte versaute Essen in nur einer Woche nun wirklich zu viel des Guten war. Es wäre witzig gewesen. Dieser Gedanke. Wäre sein Gesicht nicht so ernst. Seine Augen so fokussiert auf ihre. "Eigentlich überhaupt nicht. Auch wenn du das anders erlebt hast. Oft.", schüttelte er sanft den Kopf. "Ich hoffe du weißt, ich würde dich niemals dazu zwingen, etwas aufzugeben, das du liebst. Oder etwas, woran du wirklich glaubst.", versprach er ihr. "Aber-...", oh. Da kam er. Der Sturm. Kam er wirklich? Leif biss sich einseitig leicht auf die Unterlippe. Sah von Luceijas Augen ab und dann wieder hin. Seine rechte Hand hob sich, legte sich auf ihre Wange und strich mit dem Daumen über ihre feine Haut, die so ebenmäßig war, als habe sie keine Poren. Als habe irgendjemand sie gefertigt. So perfekt war sie in den Augen des Schweden. "...wenn ich diesem Projekt nicht gewachsen bin oder es auf irgendeine Art und Weise versaue, sodass du dadurch in Gefahr gerätst, dann versprich mir, dass du mit mir kommst. Das wir unsere Sachen packen und verschwinden, so lange wir es irgendwie hinkriegen, ja?", bat er sie. Die Kuppe seines Daumens erreichte ihre Unterlippe und strich darüber. Seine Augen fixierten sich auf ihren Mund, aber er küsste sie nicht. Er presste seine eigenen Lippen aufeinander, als wolle er sich vehement davon abhalten. "Ich will von dir nicht hören, dass ich es auf jeden Fall schaffe. Ich bin nicht Sergio. So gut bin ich nicht. Darum will ich einen Plan B. Nicht unbedingt für mich. Aber wenigstens für dich."