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    Legende Avatar von Ajanna
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    [M-Story] Als die Barriere fiel

    Es können auch andere Personen mitschreiben - vielleicht vorher PM an mich oder Ronsen.


    Skandras:



    Der junge Gefangene nahm den blechernen Essnapf mit einer eleganten Handbewegung an, als befände er sich in der Gesellschaft der reichen Müßiggänger der Oberstadt. In seinen Kreisen nannte man so etwas nicht Müßiggang, sondern Tagedieb oder Taugenichts. Und Skandras war stolz darauf: Stolz auf seine Geschicklichkeit, stolz darauf, ungebunden zu sein, stolz auf seine Herkunft aus dem westlichen Hafenviertel. „Das sind die Guten!“ pflegte er zu sagen, wenn er mal wieder einen Paladin in die Hafenkneipe geschleppt hatte, um ihn gepflegt zu unterhalten und sich mit ihm zu betrinken. Die Unterhaltung bestand aus einer Reihe unglaublicher Geschichten, in denen Skandras meist am Rande in dezent hilfreicher Funktion erschien, während der eigentliche Held, ein junger großzügiger und wagemutiger Paladin, tolle Abenteuer erlebte, die alle in den verschiedenen Vergnügungseinrichtungen des Hafenviertels begannen. Tatsächlich endeten sie dann auch oft dort, mit einem dicken Kopf und in einem Hinterhof mit wenig ansprechendem Erscheinungsbild, jedenfalls für den edlen Spender.
    Wo hingegen Skandras schon Stunden vorher diskret verschwunden war, um Erz und Gold unbekannter Herkunft mit anderen seiner regelmäßigen und wenig Vertrauen erweckenden Kumpel zu verprassen.
    Nur Kenno, sein letztes Opfer, hatte das nicht mit sich machen lassen. Kenno verfügte über die Stärke und Gutmütigkeit eines jungen satten Bären, und seine hellen Augen schienen so arglos aus dem sonnenverbrannten Gesicht zu leuchten wie frisch gepflückte Vergissmeinnicht. Zwar war auch er Skandras' Lachen und seinen verwegenen Geschichten erlegen, auch er hatte irgendwann sein müdes Haupt auf eine biergetränkte Theke gebettet. Als jedoch Skandras' geschickte Finger ihren zarten Tanz um Kennos Geldbörse begannen, schlossen sich unerwarteterweise Fäuste wie Schraubstöcke um diese und Skandras fand sich an diesem ungastlichen Orte wieder, wo man hartes Brot in Blechnäpfen servierte und den Schlüssel von außen ins Schloss steckte und nach dem Abschließen abzog.


    Skandras ist ein junger Kerl mit braunen Locken und moosgrünen Augen. Sein Grinsen allein kann einem die Schwerthand zum Zucken bringen. Er trägt seine dunkelbraune Lederhose und eine Lederjacke mit allerlei Taschen und aufgenähten Trophäen, als handele es sich um Samt und Seide. Sein wertvollster Besitz ist ein Piratensäbel mit einer rätselhaften Gravur auf der varantiner Klinge. Um diesen vor der Beschlagnahmung durch Lord André zu bewahren, hat er schon öfter seine Strafen bezahlt – heimlich, denn es wäre nicht gut, wenn sich das bei Bromor oder Kardif herumspräche. Erst vor wenigen Tagen ist er unauffällig zwei Nächte Harad zur Hand gegangen, um einen wichtigen Auftrag fertig zu stellen. Nachdem er die Tür der Schmiede verschlossen hatte, fegte er sogar den Boden und räumte das Werkzeug auf. Es sind die kleinen Dinge, die jemanden wie Skandras in der Hafenstadt am Leben erhalten können. Denn ein Typ wie Nagur wartet auf die Rückzahlung von Schulden genau einen Tag.


    So nimmt Skandras auch nur einen einzigen Bissen von dem ausgetrockneten Kanten Brot, wirft dann den Blechnapf gegen die verstärkte Tür und brüllt: „Wulfgar! Ich weiß, dass du deine rotgesoffenen Augen hier abends ans Schlüsselloch presst! Hol mich hier raus! Sonst schreibe ich deine Geschichte an diese verschimmelten Wände, dass du im Hafenviertel nur noch Pisse serviert bekommst. Wulfgaaaar!“
    Seit wann kannst du schreiben, du Rotzlöffel...“

    Geändert von Ajanna (19.03.2022 um 18:06 Uhr)

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    Enzo - Gefängnis von Khorinis

    [Bild: Enzo_klein.PNG]

    „Hey Mann, wie wäre es, wenn du vorübergehend die Drinnen-Stimme verwendest? Zumindest so lange, bis ich auskuriert bin. Danach kann ich dir gern persönlich das Maul stopfen.“

    Auf einer Pritsche in der finstersten Ecke der Zelle lag ein vom Schicksal gebeutelter Verbrecher, dessen Weg ihn von einem Gefängnis direkt in ein anderes geführt hatte. Und diese Zellenverlegung war nicht einmal eine Verbesserung, ganz im Gegenteil. Früher besaß er eine eigene Hütte ganz für sich allein, heute maß sein geteiltes Zimmer kaum fünf Schritt in beide Richtungen. Früher konnte er in die Büsche pinkeln, heute nur in einen alten Eimer, der dringend mal wieder geleert werden musste. Früher lebte er unter freiem Himmel, der nur von den gelegentlichen Lichtblitzen der magischen Barriere durchzuckt wurde, doch heute…

    Heute gab es diese Barriere nicht mehr. Sie war gefallen, vor einer Woche ungefähr. Eine Woche, in der er wie ein wildes Tier gelebt hatte, sich von Beeren und Pilzen ernährte und nur das nackte Überleben im Sinn hatte. Ständig auf der Flucht und ohne eine vertrauensvolle Menschenseele an seiner Seite. Er hatte sich in der Barriere keine Freunde gemacht. Er war ein Bandit, der Diebstahl sicherte ihm seinen Lebensunterhalt. Doch anders als seine Kollegen aus Lares‘ Bande hatte er seine Finger auch gegenüber seinen Kameraden nicht stillhalten können. Daher traute ihm keiner, daher war er auf der Flucht aus dem Minental ganz allein unterwegs gewesen. Und aus diesem Grund hatte er auch keine Ahnung, wem von den anderen Inselbewohnern er trauen konnte.

    Er hätte sich vielleicht auf den Weg zu einem der Höfe machen sollen, statt direkt nach Khorinis zu spazieren. Doch er war verletzt, hatte sich auf der Flucht durch die verlassene Mine eine Platzwunde am Kopf zugezogen. In der Stadt sei ein Wassermagier, der ihm helfen könne, hatte ihm einer der Bauern gesagt. Und weil er sich mit den Wassermagiern des Neuen Lagers besser verstanden hatte als mit den anderen Banditen, nahm er das Risiko auf sich und wollte den Kerl aufsuchen. Doch sein Weg endete bereits an einem der Stadttore. Um den Kopf knotete man ihm einen Verband und die Hände verknotete man ihm mit einer Fessel. Und schließlich ging es ohne einen Prozess direkt ins Gefängnis der Hafenstadt. So hatte seine ruhmlose Flucht ein schnelles Ende gefunden und er ein neues Zuhause. Als erster Sträfling der Minenkolonie, der von den hiesigen Milizen wieder eingebuchtet wurde. Es war zum Heulen.

    Aber das sollte er nicht an anderen auslassen, so viel wusste er. Was brachte es ihm, wenn er sich hier hinter Gittern noch mehr Feinde machte? Was er brauchte, waren Verbündete.

    „‘tschuldigung…“, murmelte er schließlich dem anderen entgegen, „Ist heute einfach nicht mein Tag. Ich bin Enzo. Kommst du auch aus der Barriere?“
    Geändert von Ronsen (23.01.2022 um 21:41 Uhr)

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    Skandras - Gefängnis von Khorinis

    [Bild: 9HKdfNTT9Skandras.jpg]

    "Nein. Ich bin von hier. Skandras mein Name. Die Barriere hätte ich gerne von innen gesehen - jetzt wo klar ist, dass man nicht für immer dort verrottet. Bin du mal bei diesen Sumpfkriegern gewesen?"
    Skandras war die ganze Zeit nervös wie ein Gockel in der kleinen Zelle umher gelaufen.
    "Wulfgar!" brüllte er ein weiteres Mal. "Ich will hier raus! Ich hab keine Zeit für diese Scheisse. Ich hab überhaupt nichts gemacht mit diesem Kenno."
    Schließlich wandte er sich doch Enzo zu. "Wer hat dir denn die Rübe verbeult? Du hängst ja in den Seilen wie eine ersoffene Molerat in der Bilge."

    Geändert von Ajanna (25.01.2022 um 20:31 Uhr)

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    Enzo - Gefängnis von Khorinis

    Enzo musste sich ein Grinsen verkneifen. Die Sektenspinner waren also auch über die Grenzen der Barriere hinaus bekannt. Das wunderte ihn nicht, schließlich war das Sumpfkraut auch bei den Banditen sehr beliebt gewesen. Wahrscheinlich dröhnten sich auch hier in der Stadt alle Leute zu, die es sich leisten konnten. Auch Enzo musste sich eingestehen, dass sich sein Körper schon daran gewöhnt hatte. Er hatte auf der Flucht schwache Entzugserscheinungen gespürt, diese aber zunächst seiner Kopfverletzung zugeschrieben.

    "Im Sumpf war ich nie gewesen, nein. Die waschen dir da nur deinen Kopf, darauf war ich nicht scharf. Aber diese Sektenspinner hatten ein paar Händler bei uns im Lager, die uns ihr Kraut vertickt haben. Hast du schon mal einen Schwarzen Weisen probiert? Der würde dir jetzt guttun... wirkt sehr entspannend."

    Die Wache schien keine Anstalten zu machen, auf das Geschrei von Skandras zu reagieren.

    "Was hast du überhaupt ausgefressen?", wollte Enzo wissen. Es wäre schließlich gut zu wissen, ob er es hier mit einem einfachen Taschendieb oder einem Psychokiller zu tun hatte. Aus Gründen der eigenen Sicherheit...

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    Skandras - Gefängnis von Khorinis

    "Ich hab nichts gemacht. Das bildet dieser Hammel sich bloss ein. Wir haben gesoffen. Er hats nicht vertragen."
    Er würde diesem Enzo bestimmt nicht sein ganzes Leben erzählen. Und vom Sumpfkraut hielt er nichts. Da hatte er mal einen Tätowierten aus der Barriere getroffen, der kam nach dem Rauchzeug völlig schräg drauf, hatte Visionen gehabt und von irgendwechen Krushs erzählt - unheimlich das Ganze. Schließlich hatte er Skandras umarmt, ihm ein paar Spruchrollen geschenkt und sich dann ins Hafenbecken gestürzt. Mit viel Mühe hatten er und Lares den Kerl wieder rausgefischt. Konnte er nicht sehen, wie jemand im Kopf kaputt ging. Da blieb er lieber beim Bier und Schnaps. Ein paar Heringe vorneweg und das Wettsaufen war gewonnen.

    Skandras nahm sich etwas Zeit, seinen Zellengenossen genau zu betrachten – soweit das im trüben Licht einer Fackel und einem winzigen Streifen Tageslicht möglich war, den er durch das vergitterte Guckloch erhaschen konnte. Der Himmel im Osten färbte sich rot… Zeit für Wulfgars Trainingsstunde. Dass er offenbar eine Weile vorher wach gewesen war, hieß für seine Laune sicher nichts Gutes.
    Skandras respektierte Wulfgar, für das, was er war: ein geradliniger Kämpfer der Miliz, ihr Ausbilder und ein Ansprechpartner für die Bürger. Was er selbst an Schwertkunst zustande brachte, verdankte er Wulfgar… Während seiner Ausbildung zum Schmied hatte er hier sogar mit ihnen trainiert.
    Allerdings konnte er wohl kaum davon ausgehen, dass Wulfgar genauso fühlte. Denn Skandras hatte sich… zusammenfassend konnte man sagen, dass sich Skandras wenig um seinen guten Ruf und mehr um seinen Geldbeutel gekümmert hatte. Trotzdem hatte er früher schon ein paarmal eine Strafe vorab bezahlt und war wieder frei gekommen. Allerdings war das nur möglich, wenn Wulfgar der Meinung war, dass dadurch kein Schaden entstünde, weil die Sachlage nicht eindeutig und niemand ernsthaft verletzt war. Wenn dieser Enzo nicht heute Morgen in der Zelle aufgetaucht wäre, hätte Skandras besser verhandeln können. Aber nun ging es wohl ums Prinzip.
    Falls wirklich eines Tages die Orks kämen, war Skandras froh, auf der Stadtmauer jemand wie Wulfgar neben sich zu haben. Seine Worte ihm gegenüber waren leere Drohungen. Wulfgar war nicht bestechlich, und er war auch nicht einzuschüchtern. Jedenfalls nicht von Skandras.

    Der andere Gefangene – Enzo – dem hatte jemand richtig eine eingeschenkt. Ein Söldner, der Rüstung nach. Die Jungs standen im Ruf, sich nichts gefallen zu lassen. Und dieser war schon ein bisschen älter… nicht typisch für Skandras‘ Auswahl eines Zechkumpans. Verschiedene Narben an den Händen und im Gesicht wiesen ihn als erfahrenen Raufbold aus – und wahrscheinlich in Schlimmerem auch. Ob der schon mal jemand umgebracht hatte? Skandras selbst hatte nur mal einen Ork getötet. Und, um der Wahrheit willen, hatte er das noch nicht mal ganz alleine hingekriegt. Er war beim Pflanzensammeln für Constantino wohl ein bisschen weit ab der normalen Wege herumgewandert und hatte einen Ork aufgestört, der eigentlich gerade ganz friedlich beim Beerenfuttern an einer Hecke gewesen war. Der hatte ihn bis vor die Tore der Stadt verfolgt. Und dort hatte Skandras gemeinsam mit den Stadtwachen den Ork erschlagen. Er dachte nicht besonders gerne daran zurück.
    Dieser Enzo… der hatte so eine Ausstrahlung, dem traute er einiges zu. Besser, er beobachtete ihn genau.


    "Ich rauche nicht."

    Geändert von Ajanna (25.01.2022 um 20:32 Uhr)

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    Enzo - Gefängnis von Khorinis

    "Schade, solltest vielleicht mal in Erwägung ziehen."

    Die ersten Sonnenstrahlen des Tages mühten sich allmählich durch die Gitterstäbe und verdeutlichten die ungeheure Menge an Staub, der durch die Zelle wirbelte. Enzo hätte gern noch ein wenig geschlafen, aber dafür war es nun zu spät. War er einmal wach, so würde er diesen Zustand auch erst nach Einbruch der Nacht wieder beenden. Doch was sollte er nun tun? Er war kein ruhiger Geselle, zumindest nicht, wenn er nüchtern war. Seine Hände brauchten etwas zu tun, sonst begannen sie zu zittern. Wie lange würde man ihn hier festhalten? Und mit welchem Recht? Weil er ein Sträfling aus der Kolonie war? Aber von denen müssten doch inzwischen Dutzende in Khorinis eingetroffen sein. Warum hatten sie ausgerechnet ihn eingebuchtet?

    Enzo erhob sich und stapfte auf etwas wackeligen Beinen in Richtung der Zellentür. Wie viele Gefangene saßen noch hier ein? War er wirklich der Einzige aus der Barriere? Der kleine Vorraum der Kerkerwache war leer, anscheinend war die Wache unterbesetzt oder man verließ sich auf die Stabilität der Zelltüren. Er rüttelte ein wenig an der Tür, aber da war nichts zu machen. Einen Dietrich hatte er nicht bei sich und selbst wenn, war er darin ohnehin nicht gerade geschult im Schlösserknacken. Und sowieso war ein Ausbruchsversuch reine Zeitverschwendung. Draußen auf dem Kasernenhof war zu hören, wie zahlreiche Schwerter aufeinander schlugen. Die Soldaten waren am Trainieren, da würde er niemals unbemerkt vorbeikommen. Er wandte sich wieder an seinen Zellengenossen.

    "Sag mal dieser Wulfgar, nach dem du immer brüllst... was ist das für ein Kerl? Kann der uns vielleicht hier rausholen? Wenn er bestechlich ist, hätte ich vielleicht etwas im Angebot, das ihn interessieren könnte..."

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    Skandras - Gefängnis von Khorinis

    "Wulfgar... der ist ein Fall für sich. Er muss glauben, dass er das Richtige tut. Einfach bestechen läuft bei dem nicht. Peck wäre dein Mann, aber ich sehe ihn nicht im Hof. Wulfgar hat jedenfalls den Schlüssel, und es gibt noch einen anderen hier beim Knast. Hab seinen Namen vergessen. - Was hast du eigentlich verbrochen? Sie lassen dich raus, wenn du deine Strafe bezahlst. Sie haben auch nichts davon, dass wir in diesem Wanzenheim verrotten. Solange wir hier sind, müssen sie uns zu Futtern bringen, da haben sie auch keine Lust drauf.
    Wer hat denn seine Faust in dein Gesicht versenkt... irgend jemand musst du richtig geärgert haben."

    Geändert von Ajanna (25.01.2022 um 20:33 Uhr)

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    Enzo - Gefängnis von Khorinis

    Peck, Wulfgar... dieser Skandras schien bereits einige gute Kontakte in der Stadt zu pflegen. Das könnte Enzo zum Vorteil werden, sollte er einmal hier herauskommen. Wenn er genau darüber nachdachte, war das Gefängnis nicht einmal das schlimmste Los, das er sich vorstellen konnte. Immerhin hatte er ein Dach über dem Kopf und ein paar Mahlzeiten am Tag. In der Stadt selbst hatte er nichts, er war ein Niemand. Seine Heimat war Kap Dun auf dem Festland, vielleicht konnte er irgendwann einmal dahin übersetzen. Aber das war noch ferne Zukunftsmusik.

    Enzo rieb sich die verbundene Stirn. Sollte er Skandras wirklich davon erzählen, wie er im Stockfinsteren durch die Verlassene Mine geirrt und dabei gegen einen der Stützpfeiler gelaufen war?

    "Ich habe mich mit einigen Jungs um einen Sack alte Münzen geprügelt", log er schließlich, "Innerhalb der Barriere haben wir mit Erz gehandelt, aber diese Tage scheinen der Vergangenheit anzugehören. Plötzlich hat jeder versucht, an ein paar Goldmünzen zu gelangen. Ich habe sie allerdings nicht mehr..."

    Seine wertvollsten Besitztümer hatte er in einer Höhle vor der Stadt verbuddelt, da dachte er noch, dass er weitsichtig handelte. Vielleicht hätte er die Sachen auch gegen seine Freiheit eintauschen können, aber Enzo trennte sich einfach ungern von Besitztümern.

    Plötzlich waren Schritte zu vernehmen und im Eingangsbereich des Gefängnisses tauchte ein Milizionär mit einer Ration Brot, Käse und Wasser auf. Enzo war gespannt, ob es sich bei dem Kerl um einen handelte, den Skandras kannte.

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    Skandras - Gefängnis von Khorinis

    Der Milizionär war der junge, der direkt vor den Zellen den Zugang bewachte. Er sah aus, als käme er aus dem Süden. Skandras hatte noch nichts mit ihm zu tun gehabt, und er brachte tatsächlich nur eine Portion Essen.
    "Finger weg, das ist für den Neuen. Du hast dein Zeug schon rumgeschmissen."
    "Willst du mich verarschen? Alles, was ich bekommen habe, war ein Stück steinaltes Brot. Das hat wahrscheinlich den Vater von Lord André noch gekannt. Und ich bin unschuldig! Was hat Kenno überhaupt gesagt? Er hat mich niedergeschlagen, er sollte hier drin sitzen."
    "Du weißt, dass ich das nicht entscheide. Hör auf, hier rumzubrüllen. Lord André ist auf dem Markt. Bis er zurückkommt, bleibt ihr beide hier."
    "Was Kenno gesagt hat, habe ich gefragt."
    "Dass du was klauen wolltest."
    "Das heißt, ich hab nix geklaut, richtig?"
    "Das weiß ich nicht."
    "Aber ich weiß das. Also gibt es keinen Beweis, richtig?"
    "Mann, hör auf damit! Halt einfach die Klappe."
    "Nein, auf keinen Fall. Ich bin unschuldig, ich will hier raus. Und hier, mein Freund... ich denke, der hat was für dich."

    Skandras trat einen Schritt zurück hinter Enzo und nahm unauffällig eine der "freundlich-stimmen"-Spruchrollen in die Hand, die ihm der tätowierte Sumpflager-Mann geschenkt hatte. Er wollte warten, bis Enzo dem Milizionär das Essen abnahm oder mit ihm redete. Dann würde man ja sehen, ob die Spruchrolle was taugte.


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    Enzo - Gefängnis von Khorinis

    Gierig schnappte Enzo nach seinem Schälchen mit Essen und der Wasserflasche. Ihm war gar nicht klar gewesen, wie ausgezehrt er eigentlich war. Der Milizionär gab nur ein leises Schnauben von sich und wollte die Zellentür schon wieder schließen, doch Enzo hielt ihn zurück.

    "Wartet, der Eimer hier ist schon voll. Wärt Ihr so freundlich und leert ihn aus?"

    Der Soldat lugte angewidert an ihm vorbei.

    "Das soll die nächste Schicht übernehmen. Verkneif es dir so lange."

    "Mann, ich entsorge es auch. Ihr braucht den Eimer nicht anfassen. Bringt mich einfach nur kurz zum Abort, zum Plumpsklo oder zum Haus Eures Nachbarn, mir egal. Nur ertrage ich diesen Gestank hier drin nicht länger."

    Der Milize hielt einen Moment inne und überlegte wohl, wie es um seine Empathie heute bestellt war. Doch mehr als diesen kurzen Augenblick der Ablenkung brauchte es nicht...
    Geändert von Ronsen (24.01.2022 um 16:31 Uhr)

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    Skandras - Gefängnis von Khorinis

    Skandras löste die Spruchrolle aus. Vielleicht hätte er warten sollen, bis die Sache mit dem Eimer entschieden war, aber hätte Enzo Erfolg gehabt, wäre er allein in der Zelle zurückgeblieben.
    Zuerst sah es fast so aus, als habe er Enzo getroffen. Dann merkte er, wie der junge Milizionär kurz schwankte und sich am Türrahmen fest hielt. Mit einem Schritt war er bei ihm. "Alles in Ordnung? Geht es dir nicht gut?"
    "Ich weiß nicht... wo waren wir stehen geblieben?"
    "Du wolltest gerade mir meinen Säbel wiedergeben und Enzo den Eimer raustragen lassen..."
    "Wirklich? Warte kurz hier. Du musst dafür unterschreiben. Dein Kumpel kann den Eimer wegschütten, die Rinne ist im Hof."


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    Enzo - Kaserne von Khorinis

    'Und Enzo ebenfalls freilassen', dachte der ehemalige Bandit bei sich und beobachtete skeptisch, wie Skandras mit dem Soldaten an dessen Schreibtisch ging und sich freischreiben ließ. Etwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu und Enzo hatte selbst schon genug Tricksereien ausprobiert, um sagen zu können, dass hier Magie im Spiel war.

    "Cleverer Mistkerl", murmelte Enzo erneut und sah an sich herab. Er trug alles, womit er die Stadt betreten hatte, an seinem Körper. Aus der Kiste persönlicher Gegenstände brauchte er jedenfalls nichts mehr und auf eine Unterschrift auf dem Pergament konnte er auch verzichten, solange es ihm gelang, die Kaserne und die Stadt in einem Stück zu verlassen. Doch da lag der Hase im Pfeffer; Skandras mochte den einen Wachmann ausgetrickst haben, aber gelang ihm das auch mit den zahlreichen Soldaten im Innenhof? Oder gar mit seinem alten Kumpel Wulfgar?

    Enzo nutzte seinen Vorsprung und trottete mit dem Eimer nach draußen. Den Inhalt versenkte er in besagter Rinne und danach beobachtete er noch eine Weile die Soldaten bei ihrem Training. Sie schienen ihn gar nicht richtig wahrzunehmen. Doch in seiner Sträflingskleidung war er auffälliger als ein buntes Scavengermännchen. Ob sich da ein Fluchtversuch lohnte?

    Dass er sich mal wieder zu viele Gedanken machte, bemerkte er just in dem Moment, als Skandras ebenfalls einen vorsichtigen Blick aus dem Gefängnistrakt wagte.

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    Skandras - Kaserne von Khorinis

    Einen Moment lang war Skandras von der Sonne geblendet. Am liebsten wäre er sofort weggerannt. Aber das konnte er vergessen, dann hätte er sofort eine ganze Meute hinter sich. Sein Herz klopfte wie verrückt. Er hatte schon das eine oder andere krumme Ding gedreht - aber eiskalt aus dem Knast abzuhauen, das hatte er noch nie gewagt. Einen Moment lang dachte er an den jungen Milizionär... er hoffte, dass der nicht zu viel Ärger wegen der Sache bekam.
    Da er keine Ahnung hatte, wie lange die Wirkung der Spruchrolle andauerte, bewegte er sich zügig auf die Treppe zum Marktplatz zu. Da fiel sein Blick auf Enzo. Was machte der denn noch hier?
    Er war sich nicht sicher, ob es klug war, mit ihm zusammen zu türmen. Man wusste, dass sie zusammen gesessen hatten. Und dessen Klamotten waren auffällig.
    Andererseits brauchte er vielleicht Hilfe... und vielleicht hatte er was zum Eintauschen.
    Ohne den Kopf in seine Richtung Richtung zu drehen zischte er: "Triff mich am Hafen." Dann nahm er drei Stufen auf einmal und verpisste sich Richtung Constantinos Marktstand. Vielleicht brauchte der gerade irgendwelche bestimmten Kräuter. Dann hätte er einen guten Grund, die Stadt zu verlassen. Vielleicht könnte er ihm die Bestellung schriftlich geben.
    Vor dem Abend würde er sich nicht am Hafen blicken lassen.


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    Enzo - Kaserne von Khorinis

    Perplex beobachtete Enzo, wie Skandras dreist wie eine Elster einfach unbehelligt aus der Kaserne marschierte. Und er fragte sich wahrlich, wer von den Soldaten hier freiwillig arbeitete und wie viele von ihnen Zwangsrekruten waren, denen die dienstlichen Pflichten am Allerwertesten vorbeigingen. So tat Enzo es Skandras gleich und schlich sich ein paar Schritte im Schatten der Häusermauer entlang in Richtung Ausgang der Kaserne. Doch es kam wie es kommen musste und der Wachmann, der eben noch Skandras Entlassung abgefertigt hatte, kam ebenfalls aus dem Gefängnistrakt heraus und war auf der Suche nach den Ausbrechern - nach beiden Ausbrechern. Anscheinend hatte die Wirkung von Skandras kleinem Zauber bereits nachgelassen.

    Geistesgegenwärtig versteckte sich Enzo hinter einer Ansammlung von Kisten und Fässern. In einem der Fässer fand er sogar ein ganz passables Messer, das er an sich nahm. Doch viel Zeit zum Plündern blieb dem gewieften Dieb nicht.

    "Alarm! Zwei der Gefangenen sind ausgebrochen!",
    rief der Gefängniswärter. Es dauerte einen Augenblick, bis das Dutzend trainierender Soldaten den Alarm zur Kenntnis genommen hatte. Das waren offensichtlich alles noch Rekruten. Nur ein Soldat war gleich hellwach, ein etwas älterer Kerl mit dichtem Vollbart und schwererer Rüstung.

    "Sag nicht, Skandras ist dir entwischt? Lord Andre hat doch mehr als deutlich gemacht, dass er über diesen Fall selbst entscheiden will."

    "Ich bitte demütigst um Vergebung, Ausbilder Wulfgar. Doch er und sein Zellengenosse müssen mich überlistet haben."

    "Was?!"


    "Ja Sir", meldete sich ein anderer Soldat zu Wort, "Ich habe vorhin einen Bürger die Kaserne verlassen sehen. Wusste nicht, dass der im Gefängnis saß..."

    "Das darf doch nicht wahr sein. Rekruten! Bildet Dreiergruppen und rückt aus. Eine Gruppe auf den Markt, eine in die Unterstadt und eine in den Hafen! Wer den Mistkerl erwischt, muss heute Abend keinen Wachdienst schieben. Losloslos! Bevor Lord Andre davon Wind bekommt!"

    Das war also Wulfgar, dachte sich Enzo. Die scheinbar einzige gewissenhafte Gestalt innerhalb dieses müden Haufens an Rekruten. Vor dem würde er sich in Acht nehmen müssen. Doch sein Versteck war perfekt. Keiner der Milizionäre kam auf die Idee, dass sich der Flüchtige noch innerhalb der Kaserne befand. Und so brauchte er nur ein paar Minuten abwarten, bis der Innenhof nahezu menschenleer war. Und dann konnte auch er sich einen Weg in die Stadt bahnen.

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    Skandras - oberer Marktplatz

    Verdammt - verdammt! Skandras hörte den Alarm schon am Fuß der Treppe. Wieso hatten diese Millizenärsche so früh mitgekriegt, was Sache war? Wahrscheinlich lag es daran, dass sie zu zweit abgehauen waren. Hätte er sich besser bloß um sich selbst gekümmert und seine Fresse über den Pisspott gehalten.

    Jetzt musste er blitzschnell außer Sichtweite gelangen - ohne dass seine Bewegungen hektisch wurden. Elegant glitt er hinter einen Waffenstand, wieselte an der Mauer der Kaserne entlang, schließlich stellte er sich vor Sarahs Stand und ließ sich die Ware zeigen. Er verkaufte ihr aber nur eine Flasche Wein und drückte sich Richtung Osttor.

    Doch mit einem Mal wusste er, dass es nicht gereicht hatte. Er spürte es daran, wie seine Kopfhaut sich heiß zusammenzog, wie ein Stechen. Nur weil er sofort zu Seite glitt, konnte er die Hand abschütteln, die sich auf seine Schulter legte. Ausgerechnet Wulfgar! Skandras schwang den Arm weit aus dem Schultergelenk gerade über Wulffgars haarige Pratze. Dessen Hand griff ins Leere.

    "Du kleiner Wurm. Ich werde dir dein diebisches Fell gerben. Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du darum betteln, wieder in die Zelle zurück zu dürfen."

    "Dazu musst du Schnarchnase mich erst mal kriegen. Was ist los mit dir! Bist du schon besoffen? Schmerzen die lahmen Knochen? Weil, wenn du nichts Besseres zu bieten hast, dann werde ich jetzt abhauen und mich erst mal ausschlafen. Ich hatte eine anstrengende Nacht. Wie du weißt." Während dieser Sätze war Skandras um den Stand und verschiedenen Leute ausgewichen, weder Wulfgar, noch die beiden Rekruten an seiner Seite bekamen ihn zu fassen. Wulffgar wurde langsam rot im Gesicht, und Skandras hörte, wie einer der beiden anderen mit den Zähnen knirschte.

    Doch als Skandras Rugas Kopf - und vor allem seine Armbrust - über der Mauer der Kaserne auftauchen sah, nahm er die Beine in die Hand und rannte um sein Leben: durchs Osttor, rechts den Berg hoch, und später in die Büsche, bis dahin, wo damals der Ork gewesen war. Sie folgten ihm eine Weile, aber nicht bis in die Höhle, die er dort entdeckt hatte.

    Zum spinnenbeinigen Klabautermann! War es das wirklich wert gewesen? Er hätte die Gerichtsverhandlung abwarten und seine Strafe bezahlen sollen. Nun konnte er erst mal nicht zurück.

    Geändert von Ajanna (25.01.2022 um 20:34 Uhr)

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    Enzo - Marktplatz

    Enzo hatte vorsorglich seine Klamotten auf links gedreht und sich den traditionellen Schal der Banditen wie eine Schärpe umgeschnallt. So ähnelte er eher einer Mischung aus einem verlotterten Bürger und einem Novizen, als einem wirklichen Sträfling. Um den neugierigen Blicken der Wachen am Marktplatz zu entgehen, hielt er sich zunächst abseits im Schatten der Gebäude auf und später mitten in einer kleinen Menschentraube. Letztere hatte sich gebildet, weil Wulfgar inzwischen präsent war. Der Ausbilder war auf seiner Suche offensichtlich erfolgreich gewesen - er hatte Skandras aufgespürt, aber noch nicht erwischt. Der junge Mann lieferte sich eine abwechslungsreiche Verfolgungsjagd mit mehreren Rekruten, doch als Enzo ein lautes "Tock" vernahm, wurde die Menschenmasse um ihn herum unruhig. Schnell war klar, was dieses Geräusch erzeugt hatte - ein Armbrustschütze wagte es vom Plateau der Kaserne aus, auf Skandras zu schießen und traf dabei einen der Marktstände.

    Eine Frau begann zu kreischen und schnell war das Chaos perfekt. Skandras flüchtete durch das Stadttor, einige der Wachen hinterher. So schnell würden sich die beiden wohl doch nicht am Hafen treffen können. Eigentlich könnte es ihm egal sein, was aus seinem impulsiven Zellengenossen wurde, doch ein Hauch von Gewissen schlummerte auch in ihm. Skandras hatte dafür gesorgt, dass er nicht mehr in der stinkenden Zelle saß. Enzo war es ihm schuldig, dass sich dieser Gefängnisaufenthalt für ihn nicht wiederholte.

    Um jedoch ebenfalls aus der Stadt zu kommen, bedurfte es eines Tricks, denn die Torwachen waren jetzt umso aufmerksamer. An einem der Marktstände, der Nahrungsmittel feilbot, entdeckte Enzo einen großen Karren, der gerade beladen wurde. Anscheinend eine Lieferung Nahrung an ein nahegelegenes Kloster, denn ein junger Novize war für die Beladung und die Fütterung eines Maultiers, welches den Karren ziehen sollte, verantwortlich. Enzo wartete einen Moment der Unachtsamkeit ab und hüpfte auf den Wagen auf. Unter der Plane hoffte er, nicht entdeckt zu werden.

    Jetzt konnte er nur noch warten, dass der Tross sich bald in Bewegung setzte - und dass er außerhalb der Stadt ebenso unbemerkt wieder aussteigen konnte.
    Geändert von Ronsen (25.01.2022 um 18:56 Uhr)

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    Skandras - Höhle im Wald vor der Stadt

    Direkt nach der Verfolgungsjagd spürte Skandras seinen Herzschlag bis in die Schläfen, und das Blut rauschte in seinen Ohren. Er stützte sich an die kalte Höhlenwand, bis sich sein Atem beruhigt hatte und er die Geräusche des Waldes wieder hören konnte. Dann wagte er sich vor die Höhle. Es war immer noch früh am Tag, und Tau glitzerte auf den Beerenbüschen. Er probierte ein paar. Sie waren saftig, sauer und süß zugleich.
    Als er an den Ork dachte, wurde er traurig. Diese paar ruhigen Augenblicke vor den Beerenbüschen waren damals fast die letzten Momente dieses Orklebens gewesen. Danach die Hatz durch dem Wald, das Gebrüll, die Schreie der Männer, das Blut, der Zorn, die Angst, ein schneller hässlicher Tod. Ob es ihm selbst irgendwann ähnlich erging?


    Er erinnerte sich an die letzte Nacht, die Geräusche und Gerüche im Hafen, die Musik und den Geschmack des Bieres und Kennos Lachen. Kenno, der war ein Guter, der würde seinen Weg machen. Hatte ihn, Skandras, beim Klauen erwischt, das gelang nicht vielen.
    Warum hatte er die beginnende Freundschaft mit Kenno überhaupt für die paar Goldstücke riskiert? Denn eigentlich bedeutete es ihm etwas, mit den jungen Paladinen zu feiern. Er mochte Menschen, die ein Ziel hatten und hart trainierten. Aber so wie er sich verhielt – als gäbe es kein morgen – stand er immer außerhalb. Es gab Zeiten, da hatte er das lustig gefunden. Ein Gefühl der Überlegenheit...
    Jedoch - in eben dieser Stunde im tauglänzenden Morgenlicht realisierte Skandras, dass diese Zeiten zu Ende gegangen waren. Er wollte mehr, er wollte etwas anderes. Er wusste noch nicht, was…


    Dazu kam eine kalte, harte Selbstkritik. Er hatte schlampig gearbeitet, hatte sich allein auf sein Gefühl verlassen, sowohl in der Nacht, als auch in der Gefängniszelle. Oder war er selbst zu betrunken gewesen? Jedenfalls seiner selbst zu sicher. Und er wusste nichts über diesen Fremden, der nun sein Komplize war.


    Er beschloss, in Zukunft vorsichtiger und geschickter zu werden. Das galt auch für den Umgang mit den Spruchrollen. Aber die beiden, die ihm das beibringen könnten – Lares und Vatrasbefanden sich beide in der Stadt.
    Und vielleicht sollte er mit Kenno noch mal reden. Wenn der die Anzeige gegen ihn zurückzog, war Lord André vielleicht zu überzeugen, ihn laufen zu lassen. Aber jetzt, tagsüber, war ein schlechter Zeitpunkt. Kenno würde mit den anderen trainieren, und die Miliz würde von Lord André harsche Worte zu hören bekommen… die sollten sie erst mal heute Abend mit ein paar Bier wegspülen.


    Aber früher oder später würde es Skandras wieder in die Stadt ziehen, so viel war sicher. Bis dahin beschloss er, einen Innos-Schrein aufzusuchen und zu beten. Er kannte da eine Abkürzung durch den Wald… man sollte dafür klettern können, aber das fiel Skandras nicht schwer. Aber vorher musste ein Teil der Verzierungen von seiner Jacke runter. Zumindestens alles das, was glänzte, klingelte oder rasselte. Und er schärfte seinen Säbel. Es gab Wölfe und Wildschweine im Wald. Und Schlimmeres.

    Geändert von Ajanna (25.01.2022 um 21:52 Uhr)

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    Enzo - Weg zwischen Khorinis und Onars Taverne

    Geduld war eine Tugend, an der es Enzo immer noch mangelte, obgleich es ihm heutzutage leichter fiel, eine Weile ruhig sitzen zu bleiben, als noch als Jungspund. Trotzdem hatte er die langsame Fahrt auf dem Eselkarren allmählich satt. Sie hatten die Stadt inzwischen verlassen, zumindest überwogen inzwischen die Geräusche eines lebendigen Waldes jene der Stadt. Und auch die Gerüche wurden angenehmer, wilder. Immer öfter lugte er unter der Plane des Wagens hervor und schaute zu, wie die Mauern der Stadt allmählich aus seinem Sichtfeld verschwanden. Und als ihm der Geduldsfaden schließlich riss, schnappte er sich noch zwei Äpfel von der Lieferung und hüpfte schließlich aus dem Karren.

    Der Novize und sein Esel erschraken, letzterer so sehr, dass sein Lenker alle Hände voll zu tun hatte, ihn ruhig zu halten. Er brachte noch einen empörten Ausruf hervor, doch Enzo verschwand schon mit einem kessen Grinsen im Unterholz. Er glaubte nicht, dass ihn der Novize erkannt hatte und noch weniger, dass er seine angebrochene Reise jetzt unterbrechen würde, um den Milizen in der Stadt Meldung zu machen. Das war es nicht wert und insgeheim war er sicher froh, dass er es nicht mit einer ganzen Gruppe von Banditen zu tun bekam. Enzo harrte trotzdem noch eine Weile im Dickicht aus und wartete, bis die Luft rein war. Dann ließ er sich rücklings ins Gras fallen und starrte durch die Baumkronen hindurch zum blauen Himmel.

    Er war frei.

    Keine Mauern mehr, die ihn umgaben, keine Zellentüren, Zäune, Wachmänner oder Gardisten.

    Und keine Barriere.

    Dieser Gedanke war so surreal, dass er ihn noch gar nicht richtig verdaut hatte. Sieben lange Jahre hatte er innerhalb des magischen Gefängnisses verbracht. Sieben lange Jahre fort von seinen Freunden, seiner Familie. Alles, was ihn jetzt noch von Daheim trennte, war der Ozean. Er musste es irgendwie auf ein Schiff schaffen. Aber in Khorinis wollte er so schnell nicht wieder einkehren, zumindest nicht, bevor sich der Staub gelegt hatte, den er und Skandras aufgewirbelt hatten.

    Wie es seinem Zellengenossen wohl ergangen war? Bevor das Eselsgespann die Stadt verlassen hatte, waren Wulfgar und seine Männer mit leeren Händen in die Stadt zurückgekehrt. Offensichtlich war er ihnen entwischt, aber von hier aus konnte er überallhin verschwunden sein. Was sollte Enzo nun tun? Sollte er dem Weg folgen, den auch der Novize mit seinem Esel nahm? Oder sollte er in der Nähe der Stadt nach Skandras Ausschau halten? Sicher war nur, dass er nicht einfach nur im Wald herumsitzen konnte, dafür war es zu gefährlich und er nicht gerüstet. Wie sollte er sich auch bloß mit einem Messer bewaffnet gegen die wilden Viecher zur Wehr setzen?

    Da fiel es Enzo wie Schuppen von den Augen. Er hatte ja noch irgendwo außerhalb der Stadt sein Hab und Gut versteckt! Wo war das nur gewesen? Es war dunkel gewesen, aber er erinnerte sich an eine Höhle, die sich recht gut geschützt im Dickicht befand. Er brauchte eine Weile, um sich zu orientieren, doch schließlich fiel es ihm wieder ein, es war...

    ... offensichtlich derselbe Unterschlupf, in den sich Skandras zurückgezogen hatte! Der junge Mann wollte die Höhle gerade verlassen, da lief er Enzo direkt in die Arme.

    "Das scheint ja ein sehr beliebtes Versteck zu sein", stellte Enzo fest, "Alles gut bei dir? Ich hoffe, du hast dich nicht an meinen Besitztümern vergriffen..."

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    Skandras - Höhle im Wald vor der Stadt

    "Leider nicht. Was hab ich verpasst? Ich wollte weiter zu einem Hof im Osten. Du kannst mitkommen, wenn du willst. Vielleicht kannst da ein paar anständige Klamotten kriegen.
    Oder willst du in dem Rock weiter rumlaufen?"


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    Enzo - Höhle im Wald vor der Stadt

    "Rock?", fragte Enzo verwirrt und blickte an sich herab, "Ach scheiße. Moment..."

    Er zog sich die Klamotten wieder richtig an, so wie es sich für einen anständigen Banditen des Neuen Lagers gehörte. Dann ging er kurz in die Höhle und schob einige Felsen beiseite. Sein Gedächtnis war vielleicht nicht das Beste, aber er hatte ein Gespür dafür, wo er seine eigenen Schätze vergraben würde. Der gesuchten Proviantsack mit seinem letzten Hab und Gut aus der Barrierezeit war noch da. Enzo legte sein gutes altes Kurzschwert - Lurkerbiss - wieder an und warf Skandras den kleinen Geldbeutel entgegen.

    "Für die Unterstützung bei der Flucht", sagte er, "Und die Unannehmlichkeiten. Wulfgar und seine Jungs sind wieder in die Stadt zurückgekehrt. Ich habe mich auf dem Karren eines Novizen versteckt und bin so raus aus der Stadt. Wir sollten wohl erst einmal etwas Gras über die Sache wachsen lassen. Und gegen ein paar andere Klamotten oder ein deftiges Hoffrühstück hätte ich nichts einzuwenden. Geh voran, ich folge dir."

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