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    Post [Story] Bloodwyns Püppchen

    Bloodwyns Püppchen


    „Glückwunsch zur Beförderung! Hätte ich dir gar nicht zugetraut, Glatzmatz, aber hier stehst du vor mir, in einer waschechten Gardistenrüstung.“
    Bloodwyn musterte sein Gegenüber abschätzig. In seinen Worten schwang keine Ehrlichkeit mit, kein Respekt und vor allem kein Interesse. Der Kerl mochte nun zu seinen Jungs gehören, aber das stellte sie noch lange nicht auf eine Stufe.
    „Danke… aber ich heiße nicht Glatzmatz, mein Name ist Nek.“
    „Was auch immer Glatzmatz“, fuhr er fort, ohne dem anderen auch nur noch eines weiteren Blickes zu würdigen, „Wollen wir dann loslegen? Mein Püppchen braucht mehr Erz. Also halt dein Maul und sieh zu.“
    Er richtete seinen Gürtel und klopfte in einer melodischen Abfolge an die marode Holztür von Hütte Nummer Zwölf. Er konnte sich nie merken, welcher Buddler in welcher schäbigen Bruchbude hauste, aber sein Gedächtnis für Gesichter war gut.
    „Aufmachen Freundchen! Deine tägliche Schutzgeldzahlung ist fällig.“
    „E-einen Augenblick noch!“, rief eine Stimme von drinnen, aber Bloodwyn kannte die Tricks und würde sich nicht übers Ohr hauen lassen. Wahrscheinlich versteckte der Penner sein ganzes Erz gerade in irgendeinem Geheimversteck. Mit einem kräftigen Tritt schmetterte Bloodwyn die Holztür aus der Angel. Der Kerl in der Hütte war… halbnackt? Er rasierte sich gerade den Bart.
    „W-was soll denn das?“, japste der Buddler, „Ich habe doch gesagt, dass ich gleich soweit bin!“
    Bloodwyn überhörte jedes Wort, doch das Rasiermesser in der Hand des Schutzbedürftigen hatte er genau im Visier. Mit einem schnellen Griff verdrehte er dem Kerl seinen Unterarm, sodass ihm das Messer aus der Hand fiel und er stöhnend vor ihm auf die Knie sank.
    „Ich sag es noch einmal auf die nette Tour: Dein Schutzgeld ist fällig. Wo sind meine zehn Erz?“
    „Auf dem Nachttisch! Scheiße verdammt…“
    Bloodwyn hielt ihn weiter fest in Griff, während er Nek mit einem Nicken dazu aufforderte, das kleine Säckchen auf dem Nachttisch des Buddlers zu leeren.
    „Na wie viel haben wir denn da?“, fragte Bloodwyn mit dem breitesten Grinsen, zu dem seine kalte Miene fähig war.
    „Acht Brocken“, meinte Nek, „Neun, wenn wir den großen doppelt zählen.“
    „Doppelt zählen gibt es hier aber nicht. Und in jedem Fall reicht es nicht für seine tägliche Schutzgeldzahlung. So ein Pech aber auch…“
    Bloodwyn ließ den Kerl los und krallte sich nun selbst das Erz.
    „Schreib das als Anzahlung auf, weil ich heute einen guten Tag habe“, dann bückte er sich herab, hob das Rasiermesser auf und reichte es dem verschreckten Buddler, „Alles gut mein Freund, jeder gibt, so viel er geben kann. Für heute gilt dein Schutzgeld als gezahlt. Genieße den Tag. Betreibe ein wenig Körperpflege, bring vielleicht deine Hütte ein bisschen auf Vordermann. Die Tür repariert sich schließlich nicht von selbst.“
    „M-mach ich“, stammelte der Buddler, „Danke.“
    „War mir ein Vergnügen“, Bloodwyn wandte sich zum Gehen, „Hast du dir das Gesicht von dem Burschen gemerkt, Glatzmatz? Morgen geht es für ihn in die Alte Mine. Acht Erz, sowas Erbärmliches…“

    Zur Mittagspause hatten die beiden Gardisten ungefähr zweihundert Erzbrocken zusammengekratzt. Während Nek noch an einer Scavengerkeule herumknabberte, hatte Bloodwyn sein Essen noch nicht einmal angerührt. Stattdessen hatte er seinen Erzbeutel ausgeschüttet und begutachtete jeden Brocken. Mit einer dicken Zange spaltete er die größeren und schob sich die Bruchstücke in ein eigenes Säckchen. Das entging dem aufmerksamen Nek natürlich nicht.
    „Sagtest du nicht vorhin noch, spalten sei nicht erlaubt?“
    „Du hast mir nicht richtig zugehört, Torfkopf“, erwiderte er gereizt, „Ich sagte doppelt zählen gilt nicht. Hätte er den großen Brocken vor meinem Besuch geteilt, wären es natürlich zwei Erz gewesen. Hat er aber nicht, also mach ich das jetzt.“
    „Dann trage ich bei ihm also neun Erz ein?“
    Bloodwyn brauchte seinem Kollegen nur einen Blick zuwerfen, der jeglicher Antwort entbehrte. Der zusätzliche Erzbrocken landete selbstverständlich in Bloodwyns eigener Tasche.
    „Also bleibt es bei Acht…“
    „Jetzt hast du’s kapiert. Meine Puppe kostet verdammt viel Erz, aber sie ist es auch wert, wenn du verstehst, was ich meine.“
    „Du hast also echt eine Frau abbekommen?“
    Nek wusste natürlich, dass die Erzbarone sich von der Außenwelt alles bestellen konnten, was sie wollten. Das Erz des Minentals war unerlässlich für einen Sieg im Krieg gegen die Orks. Sie hatten den König hart an den Eiern gepackt. Mit einem lauten Knacken spaltete Bloodwyn einen weiteren Erzbrocken und schob sich das Bruchstück beiseite.
    „Was glaubst du denn? Ich habe mir eben die richtigen Freunde gesucht. Nur darauf kommt es hier an, das solltest du doch auch so langsam mal kapiert haben. Wirklich jeder hier wird versuchen, dich übers Ohr zu hauen.“
    „Für die Lieferungen ist Raven zuständig, nicht wahr? Dann werde ich ihn mal fragen, ob er für mich auch ein Mädel bestellen kann.“
    Bloodwyn musste sich schwer zusammenreißen, um sein Lachen zu unterdrücken. Raven würde den Penner einen Kopf kürzer machen. Aber das konnte ihm ja egal sein.
    „Nur zu. Vielleicht fragst du Gomez auch gleich, ob du sein Scheißhaus benutzen darfst.“

    Ehe Nek etwas erwidern konnte, traten zwei Buddler an ihn heran, die einen dritten im Schlepptau hatten. Das Gesicht von Letzterem erinnerte an einen Blaubeerkuchen, so schwer hatten die beiden ihm zugesetzt.
    „Wenn das nicht der Mistkerl ist, der sein Schutzgeld nicht zahlen konnte.“
    „Grim und ich haben ihn uns vorgeknöpft“, sagte einer der beiden, „Hat sich gelohnt. Der Penner hatte über hundert Erz bei sich.“
    Ein Strahlen breitete sich über Bloodwyns sonnigem Gesicht aus. Er nahm den schweren Beutel entgegen und reichte jedem seiner Handlanger eine Handvoll Erz.
    „Gute Arbeit. Der wird es sich zweimal überlegen, ob er nicht doch sein Schutzgeld zahlen will.“
    Den Rest der Einnahmen fügte er seinem privaten Besitz hinzu.
    „Was sollen wir jetzt mit ihm machen?“, wollte Grim wissen, „Ich glaube das ist ein Kumpel von Diego. Wäre vielleicht keine gute Idee, ihn einfach davonkommen zu lassen.“
    „Er kommt mit in die Mine. Schreib ihn auf die Liste, Glatzmatz.“
    „Wie heißt er denn?“
    Bloodwyn packte den Fremden am Kragen und riss ihn hoch.
    „Also wer bist du, Bürschchen?!“
    „Ich bin derjenige, der dir eines Tages den Kopf abreißen wird, du widerliches Stück Sch-“
    Ehe er ausreden konnte, hatte Bloodwyn ihn mit einem einzelnen Schlag ins Reich der Träume geschickt.
    „Humor hat er ja. Bringt ihn am besten gleich weg.“

    Als schließlich die Sonne hinter den Berggipfeln des Minentals verschwand und die Barriere den Nachthimmel in ihr magisches Flimmern tauchte, war Bloodwyns und Neks gemeinsame Schicht zu Ende.
    „Ich habe dir alles gezeigt, was wichtig ist. Wenn du dabei Schwierigkeiten haben solltest, komm nicht zu mir damit, klar?“
    „Geht klar“, seufzte Nek, dem dieser eine gemeinsame Tag mit Bloodwyn auch genug war.
    „Dann einen schönen Abend noch. Besuchst du dein Mädel?“
    „Ja Mann, ich werde meine Puppe jetzt ordentlich verwöhnen mit dem ganzen Erz, das wir heute gemacht haben. Davon kann ich ihr den besten Wein und den schicksten Fummel kaufen. Darauf steht sie total.“
    „Großartig. Vielleicht kannst du uns ja mal einander vorstellen.“
    „Nicht mal in deinen feuchten Träumen, du Arsch. Und jetzt verpiss dich!“

    Bloodwyns Weg führte ihn in ein geheimes Zimmer in der Burg des Alten Lagers. Hier wartete sie schon auf ihn, das konnte er riechen. Sein Herz machte einen richtigen Hüpfer, wie das eines verliebten Jugendlichen. Vor einer Tür am Ende eines langen Korridors blieb er stehen und klopfte in seiner typisch melodischen Abfolge an.
    „Einen Augenblick noch!“, erklang es von drinnen und Bloodwyn musste seinen Reflex zügeln, die Tür nicht einzutreten. Schließlich machte ihm Damarok auf, einer der Feuermagier.
    „Da bist du ja endlich. Hast du das Erz?“
    „Hier ist es. Einhundertfünfzig Brocken. Ich habe ihr auch etwas Scavengerfleisch mitgebracht. Kann ich sie heute sehen?“
    „Das ist wahrscheinlich keine so gute Idee. Es geht ihr immer noch nicht so gut und ich bin den ganzen Tag lang damit beschäftigt, sie zu therapieren. Die Zutaten für ihre Medizin sind extrem kostspielig.“
    „Verarsch mich nicht, Mann. Die beste Therapie ist immer noch ihr Herrchen.“
    Und mit diesen Worten trat er an dem Magier vorbei in den Raum, um sein Püppchen zu besuchen. Doch was ihn erwartete, war nur ein kleiner, schwarzer Welpe, der ihm munter am Bein hochhüpfte.
    „Was soll die Scheiße? Wo ist mein Hund?!“
    „Nun ja, um ganz ehrlich zu sein… sie ist schon seit ein paar Tagen tot.“
    „Was?!“
    „Ich habe diesen Welpen aufgetrieben und gehofft, Euch noch eine Weile in Geduld halten zu können, bis er einen adäquaten Ersatz für euren Hund darstellt.“
    Bloodwyns Herz setzte einen Schlag aus. Ihm schien jegliche Freude mit einem Mal aus dem Körper zu entfliegen.
    „Mein Püppchen ist tot? Ein paar Tage schon?“
    Damarok nickte nur.
    „Und ihre Leiche?“
    „Die habe ich verbrannt.“
    „Aber du… du hast immer noch das ganze Erz für ihre Behandlung an dich genommen. Du hast mich übers Ohr gehauen. Mich!“
    „Sieht so aus. Schade, aber es war schön so lange wie es anhielt.“
    Bloodwyn sah rot. Er griff nach seiner Waffe.
    „Na na na, du wirst doch wohl nicht die Hand gegen einen Diener Innos‘ erheben, oder? Erinnerst du dich nicht an den Letzten, der versucht hatte, einen der Feuermagier zu erdolchen? Warst du nicht sogar derjenige, der dessen Reste vom Marktplatz aufgekratzt hat?“
    Der Gardist hielt inne. Nicht jetzt. Nicht heute. Aber irgendwann. Er nahm den Welpen auf den Arm und riss dem Magier den Erzbeutel wieder aus der Hand.
    „Wir sprechen uns noch. Komm mit Püppchen. Aus dir mache ich einen fähigen Bluthund.“

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