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  1. Beiträge anzeigen #1 Zitieren
    Ranger Avatar von GesustheG
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    GesustheG ist offline

    [Story]Brief eines Priesters

    Lieber Freund,

    ich weiß, wir dienen anderen Göttern, doch aus Gründen, die mir selbst verborgen sind, schreibe ich dir in dem vagen Zutrauen von dir verstanden zu werden – mehr als von meinen eigenen Brüdern.
    Eine Reihe von Gründen schweben mir dazu durch den Kopf, so wie nicht landen wollende Schwalben, heimatlose Zugvögel. Ich will sie dir beschreiben, vielleicht kennst du ein geborgenes Nest für wenigstens eines dieser Wesen.
    Ich bin ein Priester der Gerechtigkeit. Mein Symbol ist die Flamme. Sie verbrennt, löscht aus und vermag aber auch zu reinigen. Doch auch das Reinigen scheint mir eine mit Schmerz verbundene Sache zu sein, denn welchen Geist will man denn reinigen, wenn er davor nicht befleckt gewesen war? Und meine Schafe brauchen die Reinheit, brauchen einen Sinn für Gerechtigkeit, der außerhalb ihres vom ihrem Tageswerk vereinnahmten Geister verankert ist. Verankert in Innos und durch den Herrn verankert in mir. Also spreche ich von Recht und Rechtschaffenheit, gebe Heilung wo Böses seinen Schaden getan hat und sage: Innos will es. Und Innos will es auch. Doch ich habe Zweifel.
    Zweifel, die ich nicht äußern vermag, denn ich weiß, wie meine Brüder richten und wohl auch mein Gott, sodass ich ihn gut genug kenne. Sie sagen: Dies ist ein Schandfleck, dein Zweifel ist Dreck auf deinem reinen Glauben. Sorg dafür, dass ihn keiner sieht und besser noch, märze ihn aus! Ich kann die Gesichter meiner Brüder sehen, wie ihre Augen schmal werden und ihre Stirn runzlig, wie sie aufhören zuzuhören, so wie wir unseren Schafen zuhören sollen, sondern richten. Sofort, ohne zögern und mich mit der Flamme läutern. Doch was, frage ich dich mein Freund, wenn ich nicht geläutert werden kann?
    Sie sagen, Ehrlichkeit ist der Funke des Feuers der Gerechtigkeit. Und wenn ich nun ehrlich bin? Wenn ich meine Fragen hin und her gewälzt habe, von allen Seiten betrachtet und am Ende nur wieder Frage, ganz ehrlich und mit stolzem Haupt: Wie gerecht ist mein gerechter Gott? Kann meine Seele dann überhaupt Reinigung erfahren?

    Nun, Freund und Bruder eines anderen Gottes, was ist deine Antwort? Wenn meine Flamme flackert und ihr Licht verliert, was ruht dann in dem Wesen deines tiefen Wassers?

    In Achtung und Hoffnung auf baldige Antwort
    Von Priester zu Priester,
    Hochmagier Xardas
    Geändert von Lady Xrystal (26.10.2021 um 13:53 Uhr) Grund: Story-Tag hinzugefügt & Signatur ausgeblendet (siehe Regelthread)

  2. Beiträge anzeigen #2 Zitieren
    Neuling Avatar von Bruder Vatras
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    Bruder Vatras ist offline
    Lieber, ehrwürdiger Bruder Xardas,

    sagt nicht ein uraltes Dictum der Heiligen Flamme: „Wenn Ihr nach Hause kommt und findet Euren Vater überfallen und Eure Mutter geschändet vor, was tut Ihr dann? Ihr bedeckt zuerst ihre Blöße, und erst dann überlegt Ihr, wem ihr von dieser grässlichen Tat berichtet. Die Kirche Innos ist Euch Vater und Mutter zugleich, und es ist Eure heilige Pflicht, ihre Blöße zu bedecken, damit sie nicht dem Spott der Welt anheimfalle!“


    Wer die Gerechtigkeit des Herrn Innos offen in Zweifel zieht, entblößt ihn vor aller Welt, so sagt es die Kirche Innos', denn die Gerechtigkeit ist nicht nur SEIN Schwert, sondern auch SEIN Kleid und Schmuck. Du tust also gut daran, die Zweifel deines Herzens zunächst einem zu entdecken, der den Herrn Innos als Schöpfer der Sonne und Gebieter über Licht und Feuer in Demut und Ehrfurcht anerkennt, doch seinen Geist, sein Herz und seine Seele dem göttlichen Bruder überantwortet hat: Dem Schöpfer des Wassers und Spender des Lebens, der nicht das Schwert der Gerechtigkeit ist, sondern die Waagschale; denn Adanos gebietet über die Kraft der Veränderung und den ständig fließenden Ausgleich, er waltet über den Kosmos, ohne zu befehlen oder zu strafen.


    Wie die Paladine schnell mit dem Schwert bei der Hand sind, so sind es die Brüder der Flamme mit dem Urteil: "Häresie, Ketzerei, Innos muss dich Sünder strafen! Fort mit dir aus der Heiligen Gemeinschaft, bis du durch das Feuer geläutert und gereinigt bist!"
    Habt ihr Diener Innos' das nicht alle zutiefst verinnerlicht in euren Studien; ihr alle, von der Barmherzigen Schwester Innos‘, die ein gefallenes Mädchen so lange mit Predigt und Disziplin kasteit, bis es wieder in die Gemeinschaft entlassen werden kann, um noch eine ehrbare Matrone zu werden – selbstverständlich ohne das beschämende Resultat ihres früheren Lebenswandels, das hinter den Klostermauern verbleibt und, wenn es alt genug ist, bei den Paladinen oder den Schwestern dienen muss, bis hin zu den großen Inquisitoren der Flamme, die den heidnischen Völkern die Gnade und Gerechtigkeit Innos‘ nötigenfalls mit dem Eisen einbläuten?
    Wie gerecht also ist dein gerechter Gott, wie gerecht sind seine Werke? Und wie gerecht ist der meine, der in Gleichgültigkeit auf Gerechte wie Ungerechte blickt und seine Reglosigkeit Ausgleich nennt?


    Du, lieber Bruder Xardas, hast ehrlich zu mir gesprochen, und nun will ich dir sagen, was der Kosmos mir eingibt, wenn ich das bestirnte Firmament über mir betrachte: Die Götter sind nicht zu rechtfertigen, das Leben ist entsetzlich und die Schönheit der Welt skrupellos. Gleichgültig, welchen der Götter es überhaupt gibt, habe ich keinen Zweifel daran, dass mein elendes Sterben IHM so wenig Mitleid abfordern wird wie das eines neugeborenen Kindes oder eines hoffentlich noch fernen Tages, verehrter Xardas, das deine.

    Werter Bruder, ich fasse mich kurz: Es besteht kein Grund zur Hoffnung, und selbst wenn die Götter anders zu rechtfertigen wären als durch ihre offenkundige Abwesenheit, so verblasst jedes gelehrte Argument vor dem Ausmaß des Schmerzes unter den Menschen und davor, dass alles immer und zu jeder Zeit unzureichend ist.

    Das einzige, was deinen Schafen hilft – bedenke es sehr gut, ehrwürdiger Bruder -, sind die wohligen Lügen wie die in deiner Heiligen Person verkörperte Würde der Flamme. Mögest du darin noch lange verharren.
    So wie der Wind dich allzeit begleitet, wird Adanos auf deinem Weg bei dir sein, und mögest du die Kraft finden, den Stürmen des Zweifels zu trotzen.

    Geh mit dem Segen Adanos'!

    In brüderlicher Hochachtung,

    Vatras

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    Ranger Avatar von GesustheG
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    GesustheG ist offline

    Antwort I

    Lieber Freund,

    ich entdecke eine Reinheit in deinem Wort und Glauben, die mich neidisch werden lässt. Eine Reinheit in der Balance von Hoffnung & Verzweiflung, Wachsamkeit & Gleichmut, meine Lüge & mein Durst nach Wahrheit. Doch ich will nicht blass sein und starren und untätig sein, aller Stürme der Zweifel, wie du sie so treffend benennst, zum Trotz!
    Ich werde deine Worte studieren; so wie die Bücher in unseren finsteren Gewölben.

    Dann werde ich dir Antwort leisten, oder dir mit meinen Fragen erneut solche abringen wollen - solang du gewillt bist.

    Du solltest wissen, deine Worte haben an mir mehr getan, als alle Predigten, Sprichwörter und Gedankensplitter die über die Lippen meiner Klosterbrüder kamen - so erging es mir in der Zeit zwischen deinem ersten und diesem Schreiben.

    Auf bald!
    Und, ich will es noch einmal probieren:
    Geht mit Innos Segen!
    Leuchte er deinen Weg, sodass ein jeder Schritt gen Ziel und Heil dich führt!

    von Hirte zu Hirte,
    Hochmagier Xardas

  4. Beiträge anzeigen #4 Zitieren
    Ranger Avatar von GesustheG
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    GesustheG ist offline
    Lieber Freund,

    ich schreibe dir in größter Bestürzung. Ich lebe in Furcht in diesen Tagen, denn ich habe die Bücher studiert. Auch solche, die nicht in unserer Bibliothek zu finden sind, sondern dort wo ein Diener Innos nicht wandern soll. Ich habe die Bücher der dunklen Künste gelesen.

    Doch ich halte mich selbst für einen gewappneten Krieger. Mag ich doch im Zweifel über meinen Glauben sein, so habe ich dennoch die Waffe, die mein Verstand ist. Vernunft sei uns von Innos gegeben und ich bin stolz sie tragen zu dürfen und ich weiß, ich weiß es sicher meiner hohen Stellung wegen, ich weiß diese Waffe ist scharf. Ich will einmal mit dieser Waffe Unwahrheit von Wahrheit trennen und diese neuen Befunde mit dir teilen. Mögest du sie spiegeln, wie ein stilles Wasser, ungetrübt durch den Streit der anderen Götter, sondern mit der Klarheit deiner Balance.

    Innos kennt keine Balance, er kennt die Reinheit und die Gerechtigkeit der Flamme mit der er die Beschmutzten niederschmettert und am Wegesrand vergehen lässt. Dessen ist sich ein jeder einig. Und noch ein Gott kennt keine Balance, so wurde es mir gelehrt, denn er kennt nur die Zerstörung - so die gängige Lehre. Beliar - Fixpunkt unseres Zorns, ewiger Feind, ewige Nacht und ewiger Schmerz, kennt nur die Reinheit der Finsternis, der Angst und Ungewissheit. Doch, so weiß ich nun, diese Lehre ist falsch.

    Lass mich dies erläutern, da ich die Finsternis nun studiert habe:
    Beliar wohnt im Chaos. Nicht in der Zerstörung, nein, im Chaos. Trifft seine Macht auf die der heiligen Flamme, dann, so haben meine Brüder wohl recht erkannt, sodann ist seine Macht die der Zerstörung. Denn sieht das Chaos sich der Ordnung gegenüber, folgt die Zerschlagung eben dieser. Doch was geschieht, wenn das Chaos ungestört bleibt, wenn es nicht streiten muss mit den Kräften, die es bedrängen? Dann, so wird mir nun aus den Schriften offenbart, wohnt im Chaos die Balance der Unordnung.

    Ich bin mir noch nicht sicher über den letzten Schluss dieser Schriften, doch mir wird langsam klar, dass vielleicht die Suche nach einem letzten Schluss, nach einer den Sieg erringenden Wahrheit, vielleicht ist das nicht mehr als die Doktrin der heiligen Flamme, die dort aus mir spricht. Aber eine Erkenntnis möchte ich mit dir teilen, und sie ist nicht geringer als die erste Rechtfertigung für meinen Zweifel, die mir ehrlich und sinnhaft erscheint:
    Während Innos die Gerechtigkeit erstrebt und doch immer wieder das Unrecht aufkeimen lässt, ganz so wie ich selbst Unehrlichkeiten im Namen seiner Heiligkeit sprechen soll, ist Beliar kein solch ein Heuchler. Beliars Lehren sind vollständig. Sie scheinen in sich geschlossen. Chaos hat kein Ziel und keinen Heldennamen, den es zu huldigen gibt. Unordnung kennt kein Gesetz, das ein Diener brechen könnte. Unordnung heißt walten lassen, wo die eigene Macht begrenzt ist. Innos will immer wieder richten, den Mensch und die Natur und ja, auch Schmerz lindern und Leid verringern, doch nur in seiner Ordnung, nur bei seinen Dienern. Beliar kennt diese Ungerechtigkeit nicht, diese Ungnade. Er kennt diesen Widerspruch in seinen Lehren nicht.

    Drum sag mir, welchem Gott gehört die wahre Balance? Ist es das stille Wasser oder die wilde Nacht? Welchem Gott gehört die wahre Gerechtigkeit? Der reinen Flamme oder der dunklen Nacht, dessen Finsternis kein Wissen erhellen kann?


    In Mut zur Furcht und Willen zum Wandel,

    Hohepriester Xardas
    Geändert von Lady Xrystal (25.08.2022 um 13:13 Uhr) Grund: Signatur ausgeblendet (siehe Regelthread)

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