-
Es gab nichts Besseres, die Situation zu entspannen, als eine zeternde Arzu.
Yarik und der Wachposten tauschten nur einen kurzen Blick aus, Worte waren gar nicht mehr nötig. Der Wachmann entspannte sich, setzte seinen Speer auf den Boden ab und grinste Arzu unverhohlen an.
„Raus aus Schwarzwasser? Du bist doch noch nicht mal richtig angekommen! Wenn du ein trockenes Plätzchen suchst, ich hätte da… Schon gut, schon gut! Ernst gemeinter Rat: Versucht nicht, nachts den Sumpf zu durchqueren. Wenn ihr nicht wieder umdrehen und dort hin zurücklatschen wollt, wo ihr hergekommen seid, solltet ihr in der Sumpflilie übernachten. Das ist die Taverne hier, befindet sich im großen Baum… Ich glaube, den werdet ihr finden.“ Zuletzt kniff er doch noch die Augen zusammen und hob mit einer Geste der Autorität kurz wieder den Speer: „Und lasst euch nicht einfallen, hier Ärger zu machen! Wir haben hier vielleicht nicht sonen Stock im Arsch wie die Blechdosen in Thorniara, aber das heißt noch lange nicht, dass wir irgendwelchen Mist durchgehen lassen. Klar?“
„Klar“, nickte Yarik und der Wachposten, zufrieden, seine Wichtigkeit deutlich gemacht zu haben, ließ sie passieren.
-
»Hier gibt es eine Taverne?«, wiederholte die Varanterin verwundert und rubbelte sich den Dreck endgültig von den Händen, ehe sie damit begann ihn auch unter den Fingernägeln zu entfernen. Aniron hatte zwar erwähnt, dass Menschen im Sumpf lebten. Dass das den Tatsachen entsprach, überraschte Arzu dennoch.
Als sie außer Hörweite des Wächters waren, wandte sich Arzu an Yarik.
»Ich traue dem Ganzen hier nicht. Aus welchem Grund sollte hier jemand freiwillig leben?«
Irgendwo in den Mangroven zog ein lautes Summen an ihnen vorbei. Wenig später sahen sie etwas, das wie ein großer, grüner Balloon aussah, zwischen den Bäumen schweben. Es wimmelte hier vor Viechern. Selbst wenn ihnen die Bewohner Schwarzwassers freundlich gesinnt waren, mussten sie nur einen falschen Schritt tun und würden entweder im Morast ersaufen oder von Monstern verschlungen werden.
Bald erreichten sie Stege, die besser in Stand gehalten waren und einige augenscheinlich leer stehende Hütten. Als sie dem Weg folgten, trafen sie auf einen weiteren Sumpfbewohner. Ein menschlicher Sumpfbewohner. Arzu war insgeheim froh darüber, auch wenn sie ihnen weiterhin skeptisch gegenüber stand. Auf Nachfrage zeigte man ihnen den Weg zur Taverne am Fuß des großen Baums.
Aus der Ferne hatte er bereits gewaltig ausgesehen. So nahe dran hätte es genauso gut ein von Rinde bedeckter Berg sein können. Es war ein ehrfurchtgebietender Anblick. Das musste der Grund sein, dachte die Varanterin. Zwischen den knotigen Windungen des gigantischen Baumes befand sich eine an dicken Seilen befestigte Plattform. Ein weiterer Wächter mit Speer stand dort und musterte sie.
»Wohin gehts?«, fragte er.
»Uns wurde gesagt, hier gibt es eine Taverne.«, antwortete die Varanterin und der Wächter nickte.
»Ich fahre mit euch hoch. Kommt, hier auf den Aufzug.«
Sie taten wie geheißen. Mit einem Ruck setzte sich die Vorrichtung in Bewegung und langsam entfernten sie sich vom sicheren Boden. Arzu blickte hoch und folgte mit den Augen den schweren Seilen. Sie verloren sich irgendwo weit oben im Geäst des großes Baums. Dies war wirklich ein seltsamer Ort.
-
Gerade war Ryu im Begriff dazu, etwas zu Ronjas... Intensiven Trinkbedürfnis zu äußern, da waren sie und seine Schülerin bereits von dannen gezogen. Mit gerunzelter Stirn und einem tatsächlich sehr überraschten Grinsen auf dem Gesicht hob er den Trinkschlauch auf und befühlte das Leder. Ronja hatte jeden Tropfen Wasser UND die komplette Luft hinaus... Geschlungen. Ein... Eindeutiges und durchaus faszinierendes Angebot. Aus rein männlicher Sicht... Durchaus verführerisch. Wo sie wohl so trinken gelernt hatte? Vielleicht hatte sie aber auch nur einen immensen Durst gehabt. Schließlich war das Training mit Freiya selbst für die Zuschauer so mitreißend gewesen, da konnte auch die Erschöpfung abfärben... Oder? Dennoch... So sehr er sich geschmeichelt fühlte, hingen seine Gedanken da noch woanders. "Zwei Tage..." wiederholte der Hauptmann schließlich flüsternd, schüttelte den Kopf und reagierte dann auf den Mann der ihn da von der Seite angesprochen hatte. Es war Kiyan. Und er hatte tatsächlich einen Warg dabei. Einen verdammten, waschechten Warg hatte der Speerträger erlegt und präsentierte diesen nun. Der Hauptmann stutzte nicht schlecht und begann anerkennend zu grinsen. Was war denn nur los gewesen in der letzten Zeit? All die 'neuen' Gesichter überraschten ihn stets aufs Neue. Fast schon, als erlebte der Sumpf eine neue Hochkultur an kompetenten Personal!
Mit einem Satz war der Templer von der etwas höher liegenden Plattform zu ihm auf die darunter liegende gesprungen und begann direkt damit, das Tier zu begutachten. Neugierig wanderten die Augen des Hüters über die Einzelteile der Bestie, während seine Ohren den Ausführungen Kiyans lauschten. Der Mann hatte Ahnung von den Orks. Er hatte Weisheit bewiesen, das Fleisch zurückzulassen. Seine Stiche und Hiebe waren, im Angesicht der Bedrohung der der Wächter gegenüber stand recht präzise und effizient. Hier und da vielleicht etwas schlampig angesetzt, aber diese Schuld wies der Templer den Bewegungen des Wargs zu. Die Biester konnten schneller sein als man ahnte. Aber alles in allem...
"Tze...", er schüttelte den Kopf und als die Wyvernaugen den Blick Kiyans trafen, begann der Hüter zu grinsen. Erneut nickte er langsam und anerkennend. Tatsächlich erhob der Hauptmann die Stimme nun in einem Ton in dem Anerkennung steckte. "Das war ganze Arbeit, Kiyan. Ich würde sagen, du hast dir eine ordentliche Mahlzeit, Schlaf und eine neue Waffe verdient."
Dann erhob sich der Templer langsam und reichte Kiyan die Hand zum Kriegergruß. "Wilkommen beim Waldvolk. Wächter. Du hast mehr als bewiesen, dass du fähig bist. Und, dass du dich sogar mit dem Wissen über deine Beute auseinander gesetzt hast... Ich bin beeindruckt. Du hast gehandelt wie es ein Krieger und Jäger tun würde.", verkündete der Hauptmann schließlich als Kiyan seinen Griff annahm, wobei er ihm noch einmal mit der Linken auf die Schulter klopfte. Der 'Neue' schwankte zwar auf diesen leichten Klaps etwas, aber wer konnte es ihm nach so einer Jagd verübeln? "Komm nachher zu mir, wenn du dich ausgeruht und von den Heilern auf Wunden oder Infektionen hast überprüfen lassen. So ein Warg ist nicht gerade für seine Sauberkeit bei der Jagd bekannt. Ich bin dann entweder hier oder in der Kommandantur. Wenn du willst, übernehm ich ab hier. Wollte ohnehin nach oben zu den Gerbern.", erklärte er und deutete am Ende auf den Warg.
Erst dieser einzigartige Moment mit Freiya, dann Ronjas durchaus faszinierendes Angebot und nun kam Kiyans Jagderfolg noch dazu. Mehr als drei Überraschungen auf einmal wäre selbst für den Hauptmann an diesem Tag zuviel gewesen! Und verdammt, hatte er plötzlich Lust auf ein großes Molerat-Steak. "Hrm, oooder... Wir können uns auch in der Sumpflillie bereden... Irgendwie hab' ich so das Gefühl, dass wir beide heute Steak essen werden!"
-
„Wir treffen uns in der Lilie, Hauptmann. Ich hab ehrlich gesagt ein kleines Hüngerchen.“
Endlich, dachte sich Kiyan, endlich gehöre ich dazu. Kein angehender Wächter mehr, kein elender Neuling, der sich erst noch beweisen muss. Mit dem Pelz des Wargs habe ich mir meine Aufnahme redlich verdient.
„Halt still, verdammt“, knurrte die junge Frau und schüttelte den Kopf, während sie eine übelriechende Paste auf die gesäuberten Wunden schmierte. Es handelte sich nicht um eine Druidin, einfach nur eine Wundärztin des Waldvolkes, die sich die Zeit nahm, um leicht verletzte Angehörige zu behandeln. Für alle schwereren Verwundungen würde man natürlich einen Druiden suchen, der der magischen Heilkunst mächtig war. Unwillkürlich dachte Kiyan an den Schwarzmagier Esteban, an die Schmerzen, die die Heilung des Beins des Gortharers verursacht hatte. Aber seitdem hatte er keinerlei Probleme mehr damit gehabt. Zauberei kannte wohl keine Grenzen.
„Stillhalten, Idiot!“, fluchte die Frau abermals und war scheinbar kurz davor, dem Kämpfer eine Ohrfeige zu verpassen, „Ich kann’s auch sein lassen und du verreckst innerhalb der nächsten paar Tage an irgendeiner Infektion. Bitte, wenn du das willst, hample eben herum!“
„Entschuldige“, murmelte Kiyan verlegen und hielt still. Zufrieden schnaubte die Frau, schmierte die letzten Reste der Salbe auf. „Was ist das denn?“, fragte der Wächter und verzog das Gesicht. Einerseits wegen dem Geruch, andererseits weil ein mildes Brennen eintrat, als würde er nah vor einem Kamin sitzen. Nicht schmerzhaft, aber auch nicht wirklich angenehm.
„Eine Paste aus Sonnenkraut vom Festland und Dunkelpilzen aus dem Sumpf“, erklärte die Frau, während sie ihre Utensilien verstaute. Dann reichte sie dem Wächter einen kleinen Behälter. „Hier ist noch etwas von der Paste. Regelmäßig die nächsten Tage auftragen, jeden Tag nach der Körperwäsche. Bis der Behälter leer ist. Narben werden zurückbleiben, das ist wohl so. Das Biest, das dich attackiert hat, hat gut zugeschlagen.“
„Aber sehe ich wenigstens noch gut aus?“, fragte Kiyan und grinste schief.
„Was weiß ich“, antwortete die Wundärztin trocken, „Es ist jedes Mal dasselbe mit euch Kerlen hier. Ich flicke euch wieder zusammen und ihr versucht Süßholz zu raspeln. Verschwinde, ich habe noch zu tun.“
Tja, früher warst du mal schlagfertiger, Kumpel, dachte sich Kiyan, als er die Unterkunft der Ärztin verließ und sich auf zur Sumpflilie machte und dort auf den Hauptmann wartete. Als dieser eintrat, hob der Speerkämpfer die Hand zum Gruß.
„Ich war so frei, etwas zu trinken zu bestellen, Hauptmann Hayabusa“, er nickte in Richtung von Mama Hooqua, die zwei Krüge brachte. „Wasser, richtig? Ich habe Euch noch nie Alkohol trinken sehen. Nun, Hunger? Ich könnte einen ganzen Troll verschlingen.“
Zum Glück schien die Salbe der Heilerin auch dafür zu sorgen, dass die Müdigkeit schwand. Der Magen des Gortharers knurrte, dass man meinen könne, ein Drache käme aus dem Sumpf hervor. Der Hunger war nun natürlich überwältigend.
„Was das Schwert angeht ... braucht Ihr da Hilfe? Soll ich Rohstoffe besorgen? Nichts gegen die Waffenkammer der Wächter, aber die Klinge, die ich da her habe, ist billige Massenware. Wurde wahrscheinlich irgendwo auf dem Festland in Vengard geschmiedet und fand über Schmuggler den Weg hier hin.“ Ein kurzes Zögern, gefolgt von einem Räuspern. „Ich weiß ja nicht, ob neben der Wächtertätigkeit noch ... eine Nebenbeschäftigung gefordert wird. Jagen kann ich, aber ich denke das kann jeder im Waldvolk ... von daher ...“
Geändert von Kiyan (20.08.2023 um 12:11 Uhr)
-
Warum sollte jemand freiwillig hier leben?
Yarik war Arzu eine Antwort auf die Frage zunächst schuldig geblieben. Am Bier lag es jedenfalls nicht. Es war wässrig und Yarik war sich zwar nicht ganz sicher, ob das nicht einfach an dem allgegenwärtigen Geruch nach Feuchtigkeit und Moder lag, aber er hatte den Eindruck, dass es auch ein wenig nach Algen schmeckte. Und was genau die Zutaten für die Suppe waren, wollte er lieber gar nicht erst wissen.
„Warum sollte jemand hier leben wollen…“, murmelte er mehr zu sich selbst als zu Arzu, die ihm gegenüber an einem der Tische in der Sumpflilie saß. Der Innenraum der Taverne selbst machte zumindest einen überraschend gemütlichen Eindruck, wenn man von den Trophäen der Biester absah, deren Köpfe über dem Tresen drapiert waren. Es waren seltsame Tiere… sie waren alle irgendwie falsch und verdreht. Die einen mehr, die anderen weniger, aber keines von ihnen sah wirklich gesund und natürlich aus. So wirkte die ganze Sammlung weniger wie eine tumbe Zurschaustellung von Jagdgeschick als vielmehr wie eine Mahnung an den Betrachter. Wirklich ein seltsamer Ort. Und das war nicht das Einzige…
„Vielleicht wegen der Freiheit?“, mutmaßte Yarik schließlich, „Soweit ich weiß, leben die Leute hier nach ihren eigenen Regeln, beugen sich keinem der beiden Könige. Das dürfte für manch einen schon Grund genug sein, nasse Füße und Mücken in Kauf zu nehmen.“ Er zuckte mit den Schultern und nahm noch einen Schluck von seinem Bier, leichte Brackwassernote hin oder her. „Andererseits… nein. Da könnte man auch in die Berge gehen. Oder zumindest in einen normalen Wald. Ich schätze, der Grund dafür, dass hier Menschen leben, ist einfach – der Baum selbst.“
Er lehnte sich zurück, entzündete einen Sumpfkrautstengel (zumindest wusste er jetzt, wo die Dinger tatsächlich herkamen) und nahm einen tiefen Zug. Nachdenklich ließ er den Blick über die Trophäen wandern.
„Dass der Baum hier nicht, mh, normal ist, sieht man ja. Aber ich finde, man… spürt es auch. Also würde etwas von ihm ausgehen, eine Art… Kraft… naja, etwas wie Magie vielleicht? Seit wir hier angekommen sind…“ Yarik unterbrach sich und schüttelte kurz den Kopf. Es war ein Gefühl, das er hatte, im Grunde schon seit sie den Sumpf betreten hatten. Und je näher sie dem großen Baum gekommen waren, um so stärker war es geworden. Das Problem war nur, dass er nicht einmal ansatzweise beschreiben konnte, was er da eigentlich fühlte. Dennoch, dieser Baum schien etwas tief in ihm zu berühren, etwas, von dem er bis heute noch nicht gewusst hatte, dass es überhaupt existierte.
Und von dem er sich nicht sicher war, ob er wollte, dass es existierte…
„Keine Ahnung, vielleicht rede ich auch nur Unsinn“, sagte er schließlich barscher, als er beabsichtigt hatte, „Wir sollten nicht zu lange machen. Morgen wird wieder ein anstrengender Tag. Je eher wir aus diesem Sumpf raus sind, umso besser.“
Geändert von Yarik (20.08.2023 um 20:02 Uhr)
-
Nachdem sich der Hauptmann in seinen Räumlichkeiten ein wenig erfrischt hatte, begab er sich, wie schon öfter die letzten Tage, barfüßig und lediglich in eine einfache Leinenhose und einem zerfransten, blauen Hemd hinunter zur Sumpflilie. Schließlich hatte er Kiyan versprochen, dass die beiden die ganze Schwertgeschichte näher besprechen würden. Außerdem hatte die kleine Pause ihm Raum gegeben, seine Gedanken erneut zu ordnen und sich auf den Rest des Tages mit hauptmännischen Hauptmannszeug zu befassen. Wobei der Laden aktuell ganz gut von selbst lief. Zumindest, solange man Leuten nicht nachrennen musste, wenn es um Lageberichte ging. Irgendwie beunruhigend und doch zufriedenstellend zugleich. Komische Situation. Aber vielleicht war er auch einfach zu misstrauisch gewesen. Wie auch immer. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, saß er im nächsten Moment auch schon Kiyan gegenüber an einem der Tische, nahe genug am Tresen um direkt bestellen zu können und doch so am Ende des Raumes, dass sie ihre Ruhe hatten.
"Wasser ist in Ordnung.", bestätigte der Templer ruhig und stemmte sich dabei unter einem tiefen Atemzug mit den Unterarmen auf die Tischplatte. "Aber keine Sorge... Hier und da ist auch mal ein Bier drin wenn sich die Gelegenheit bietet. Nur was das Essen angeht, gehen wir wohl in verschiedene Richtungen... Troll schmeckt ganz scheußlich. Hab ich mir sagen lassen."
Der Hauptmann grinste den frischgebackenen Wächter schief an. Ob der Gortharer nach dieser Aussage wohl darüber nachdachte, ob der Hüter wirklich schon einmal Troll gegessen hatte? Tja nun, manchmal hatte selbst Ryu Spaß daran, seltsame Gerüchte zu verbreiten. Irgendwie machten diese ja auch das Leben hier auf und um den großen Baum aus. Und gerade die letzten Tage hatten ihn irgendwie milder gestimmt und den Menschen hier auch etwas näher gebracht. Es fühlte sich gut an. Dann jedoch wechselte das Thema zu dem Schwert hin, über das Kiyan sprach. "Zeig mal her.", entgegnete der Templer daraufhin. Wie bestellt löste das neue Mitglied des Waldvolkes die Waffe von seinem Gürtel und legte das Schmiedestück auf den Tisch ohne blank zu ziehen. Es bedurfte keiner großen Analyse von Stahl und Wartungszustand um festzustellen, dass diese Waffe nicht aus der Schmiede des Hayabusa stammte. Dennoch zog er die Waffe, bereits unter den Argusaugen der Hooqua, einige Zentimeter aus ihrer Scheide und runzelte dabei die Stirn. "Puh... Dass das Ding überhaupt zusammen hält bei all den Haarrissen... Kann mir vorstellen, dass da irgendein Hufschmied versucht hat, Suppenkellen mit einer eisernen Jungfrau zu verheiraten und daraus 'ne Waffe zu machen...", kommentierte der Templer nur kopfschüttelnd, schob den 'Stahl' wenn man diese Abart einer Klinge so nennen konnte, wieder zurück in ihr ledernes Behältnis und legte die Waffe dann wieder auf den Tisch. Der Schmied erklärte schließlich weiter:
"Hier, sieh mal die Parierstange. Jede Waffe der Wächter trägt für gewöhnlich eine Gravur, die unseren Gruß und Grundsatz zeichnet. Das 'Bewahre' des Waldvolkes soll die Wächter immer daran erinnern, warum sie patroullieren, Wache halten und sich über Wachdienste bei Regen beschweren. Aber das... Das ist keine Waffe die über meinen Amboss gewandert ist."
Auf ein etwas angespanntes Räuspern der Wirtin blickten schließlich Hauptmann wie Wächter zu ihr. Das Nudelholz in ihrer Hand tätschelte bereits unruhig ihre andere Handfläche, während der warnende Blick alles verriet. Ryu indessen hob nur beschwichtigend die Hand. "Jaja, schon gut...". Dann blickte er wieder zu Kiyan und überlegte, das Angebot mit dem Rohmaterial anzunehmen oder auszuschlagen. An sich waren sie mit den Metallen hier im Sumpf immer etwas knapp beraten und so ein paar vernünftige Brocken Eisenerz würden sicher wieder ein paar gute Werkzeuge und Waffen ermöglichen. In erster Linie waren schließlich Transport und Beschaffung in dieser Region immer etwas schwierig. Selbst wenn die umliegenden Höhlen sicher den ein oder anderen Bodenschatz ihr eigen nennen konnten.
"Also, erstmal, bevor mir das wieder abhanden geht... 'Du' reicht. Ich bin Ryu, oder eben der Hauptmann. Solange wir uns mit Respekt begegnen seh ich das nicht so eng. Aber was dein Angebot angeht, Kiyan... Metalle sind hier tatsächlich immer etwas schwierig zu beschaffen. Du siehst ja immer wieder mal, in welchem Zustand sich die Stege befinden und ein größerer Transport wird durch das Umfeld einfach erschwert. Wenn du da Material beschaffen kannst, immer gerne. Das ist tatsächlich so eine Sache die mir schon länger Kopfzerbrechen bereitet. Für gewöhnlich ist es immer eine gute Sache, wenn die Leute nicht nur ihre Arbeit nach Plan machen sondern links und rechts schauen, wo es der Gemeinschaft fehlt und wo Mängel vorliegen. Wenn du es also nicht nur beim Jagen und Bewachen halten möchtest, wäre das zum Beispiel eine Sache der du dich gerne annehmen darfst. Ist auf jeden Fall aufregender, als Stege und Plattformen zu reparieren, hm?"
Einen Augenblick lang ließ der Templer seine Worte sacken, dann lehnte er sich zurück und blickte erneut zu Mama Hooqua. "Liebste Hooqua, wie steht es denn ums Essen heute? Hast du noch ein paar saftige Steaks für einen überarbeiteten Hauptmann und seinen neusten Wächter übrig?"
Normalerweise zog diese Masche immer und für gewöhnlich war die Hooqua auch immer in Stimmung, auf diese Weise mit dem Templer herum zu scherzen, doch dieses mal... Verfinsterte sich ihr Blick. Und in dem Moment, als sie aufhörte den ergriffenen Krug mit ihrem Handtuch glatt zu schrubben wurde dem Hüter bewusst, dass er da gerade in ein mögliches Wespennest gestochen hatte. "Pff... Fleisch... Riechts hier irgendwie nach Fleisch? Dein feines Näschen lässt nach, werter Herr Hauptmann! Dieses Weib das du eingeladen hast sollte jetzt schon eine Weile von der Molerat-Farm zurück sein und mir beim Einlegen und Pökeln helfen. Aber siehst du sie hier irgendwo? Ich nich'! Und ich hab keine Zeit, ihr hinterher zu rennen. Also wenn ihr euer feines Steak wollt, tut das wofür ihr da seid und kümmert euch drum!"
Ryu blinzelte. Diese Laune hatte er nur selten bei ihr erlebt. Vermutlich waren die beiden nicht die ersten, die heute nach einer vernünftigen Mahlzeit gefragt hatten. Und doch... "Hab' hier noch paar Krautwickel und Kartoffelsuppe..." kam es dann doch noch von der Wirtin nach. Schulterzuckend blickte der Templer zu Kiyan, dann wieder zur Hooqua. Kiyan folgte seinem Blick ebenso und beide nickten. "Suppe klingt gut!"
Als sich die beiden wieder ihrem Gespräch widmeten, schmunzelte der Templer stirnrunzelnd. "Tja, soviel zu Engpässen... Wäre das keine schöne Einstiegsaufgabe? Das Mysterium des verlorenen Fleisches?"
-
Sumpflilie
Tatsächlich teilte Arzu das Gefühl des alten Manns. Der Baum sah nicht nur beeindruckend aus, er besaß eine Art Ausstrahlung. In einem Menschen hätte es die Varanterin vielleicht Charisma genannt. Es wirkte anziehend, der unwirtlichen Umgebung zum Trotz. Erst Yariks Worte hatten Arzu vor Augen geführt, dass dieses Gefühl von dem Baum ausgelöst wurde. Bis jetzt hatte sie es auf ihr Unwohlsein geschoben, das der Sumpf bei ihr auslöste.
Fühlte sich so Magie an? Arzu hatte immer noch Hyperius' Worte im Gedächtnis, dass in ihr ein magisches Potential schlummerte. Doch würde das nicht auch bedeuten, dass dasselbe auf Yarik zutraf? Immerhin spürte auch er die Aura des Baumes. Es fiel der Varanterin schwer, sich den alten Mann in der feinen Robe eines Magiers vorzustellen.
»Ja. Hoffentlich sind die Stege im Süden besser als die in Richtung Orkwald.«, antwortete Arzu und ließ den Blick in der Schankstube schweifen. Am Ende des Raums saßen noch zwei Männer, von denen besonders der eine der Varanterin ins Auge fiel. Seine abgerissene Kleidung vermochte seinen muskulösen Körper nicht zu verbergen und Arzu gefiel, was sie sah. Ein Lichtblick im ansonsten abstoßenden Sumpf.
Doch Yarik hatte Recht. Sie sollten so früh wie möglich aufbrechen. Die Varanterin sehnte sich nach der Zivilisation. Etwas, das sie hoffentlich im Beliartempel bald finden würden.
Begleitet von einem missmutigen Stöhnen stocherte Arzu in der Suppe herum, die die Wirtin ihnen vorgesetzt hatte. Ihre Mutter hatte immer gesagt, dass man Dinge zumindest mal probieren sollte. Das hatte die Varanterin auch getan. Ein Stück gebratener Lachs oder Gans wäre ihr trotzdem lieber gewesen. Statt dessen sah sie lieber noch einmal zu dem muskelbepackten Krieger herüber. Wenn das Essen sie schon nicht satt machte, konnte sie sich an ihm zumindest satt sehen.
-
Kiyan hatte einen Moment überlegen müssen, wer denn die Dame war, die der Hauptmann aufgegabelt haben sollte. Dann fiel es ihm wieder ein. Kisha die Torgaanerin. Kisha, die fantasievoll Haarfarben umschreiben kann. Kisha, die gerüchteweise Valerion zum Mann gemacht hat. Kisha, die anderen Gerüchten zufolge einen Spielmannszug mit einem Haufen Goblins und einem Oger als Hauptakt gegründet hatte.
„Dann würde ich vorschlagen, Hauptmann Hayabusa… ich meine, Ryu, dass wir uns der Sache annehmen. Es kann ja nicht sein, dass die Leute hier – allen voran offenkundig Fremde“ – der Wächter nickte in Richtung einer südländischen Frau, die den Hayabusa immer wieder aufmerksam studierte, und ihres etwas abgerissen wirkenden, älteren Begleiters – „ein schlechtes Bild vom Waldvolk erhalten. Suppe, pah. Molerat hat hier auf den Tellern zu liegen!“
Die Mama legte wortlos Hand an ein Hackmesser, welches sie offenbar benutzte, um wahlweise Drachenknochen oder Golemherzen zu zerlegen. Vielleicht auch um magisches Erz zu zerkleinern. Der frisch ernannte Wächter schluckte nur, räusperte sich und lächelte verlegen.
„Die Suppe ist natürlich ausgezeichnet … aber ein ordentliches Moleratsteak wäre jetzt wirklich gut. So, wie nur du es zubereiten kannst, Mama Hooqua!“
Einigermaßen besänftigt nickte die Mama nur und wandte sich wieder dem Topf zu, in dem die fertige Suppe köchelte und zog.
„Gut, dann also auf zur Molerat-Farm? Kisha suchen und retten? Wobei du sie eher retten solltest, Hauptmann, du wirkst heroischer als ich. Dir traue ich epische Questen zur Rettung unschuldiger Maiden eher zu.“ Der Kämpfer verzog das versehrte Gesicht. „Ich bin mehr der Typ Übungsplatzromantiker, solltest du wissen. Du siehst ja was passiert, wenn ich auf Reisen gehe. Ein Warg zerlegt mir die Visage.“
Dann beugte er sich vor, winkte den Hauptmann näher heran.
„Übrigens, Ryu, ich glaub die Varanterin da steht auf dich. Nicht gucken! Doch, jetzt! Sie schaut gerade nicht! Nein, nicht der Kerl, das Mädel!“ Die Köpfe wandten sich ihnen kurz zu, doch zum Glück gingen die letzten Worte in einem gurgelnden Schluck Wasser unter. Er sollte es nicht übertreiben. Hunger, Müdigkeit, allgemeine Erschöpfung, all das forderte gerade seinen Tribut.
Geändert von Kiyan (20.08.2023 um 19:23 Uhr)
-
Was Kiyan da angesprochen hatte klang durchaus interessant. Nicht direkt die Sache mit der ausbleibenden Fleischlieferung, sondern eher die beiden Neuankömmlinge. Während Kiyan so sprach, hatte der Templer die Hälfte seines Gesichtes hinter dem Krug verborgen aus dem sich gerade köstlichstes Wasser mit einem Schuss Kirschnektar seinen Hals hinunter bewegte. Ja, die Hooqua wusste, wie sie ihn in seiner Pause den Tag versüßen konnte. Dennoch hielt er die Augen, zwar nur halb geöffnet, auf den Neuankömmlingen. Wenn auch eher subtil. Die beiden sahen wirklich wie ein sehr unpassendes Duo aus. Da war einmal die, für hiesige Verhältnisse, eher exotische junge Dame die dort missmutig in ihrer Suppe herum löffelte und ihm immer wieder einen verstohlenen Blick zuwarf.
Ryu musterte sie immer wieder über den Rand des Kruges hinweg, wenn er einen Schluck zu sich nahm. Ob es ihr schwer fiel, ihre Blicke geheim zu halten bei diesen großen, leicht mandelförmigen Augen die geküsst schienen vom Braun einer Haselnuss? Gemischt mit ihrer eher kleinen Statur die von einem, für diese Gegend eher unpraktischen, schwarzen Kleid umsäumt war, rundete das den Eindruck von Verletzlichkeit nur weiter ab. Und ansonsten? Da war noch ihr Haar. Auf den ersten Blick eher schwarz, typisch für jene Menschen aus dem eher trockenen Süden Myrtanas. Während der Templer zwischen einem Löffel der doch recht nahrhaften Suppe und einem kurzen Blick zu Kiyan an ihr vorbei über einige tanzende Staubflocken im Licht der zwischen den Dielen hindurch scheinenden Licht der Sonne schweifen ließ, fiel ihm noch etwas auf: Das Haar, welches, ähnlich ungünstig wie ihr Kleid hatte je nach Kontrast einen recht dunklen, aber doch merklichen Braunton an sich.
"Was glaubst du? Wollen die sich uns auch anschließen?", gab er nun in gedämmter Stimme und in Begleitung einer gehobenen Braue sowie eines schiefen Grinsens an seinen Kollegen aus Gorthar zurück. "Wenn das so weiter geht, müssen wir einen zweiten Baum pflanzen!"
Aber da war ja nicht nur die exotische, er würde sie doch schon als recht ansehnlich einstufen, junge Frau die ob ihrer Kleiderwahl etwas fehl am Platz wirkte. Da war ja noch ihr Begleiter. Diesen wiederum hätte Ryu tatsächlich schon eher in die Kategorie Wald- und Wiesenbewohner eingestuft. Nun, vielleicht auch Sumpfschrat. Auch er fand sich unter einer weiteren, subtilen Musterung des Hauptmannes wieder:
Er zählte offensichtlich schon ein paar Lenze mehr als seine junge Begleitung. Ganz im Gegenteil zu ihr war er hochgewachsen und die Statur ließ darauf schließen, dass harte Arbeit und das Leben auf Wanderschaft ihm nicht fremd schien. Die grauen Augen dieses Mannes wirkten seltsam auf den Hüter. Gerade auf ihn, dessen Augen selbst für so manche Irritation sorgten. Aber vielleicht gerade deswegen erkannte er den das unruhige Umherwandern. Nicht etwa, weil es sich hier um etwas völlig neues handelte. Nein. Ryu erkannte einen Menschen der von etwas gehetzt und getrieben wurde das demjenigen schlaflose Nächte bereitete. Entweder er hatte vor kurzem erst einen Angriff der Orks überlebt oder der Balast den er mit sich schleppte ließ sich selbst nach Jahren nicht abstreifen. Möglicherweise hatten die beiden eines dieser typischen Paare gebildet, welches durch das Schicksal zusammen geschweißt wurde: Ein stoischer, schweigsamer Riese und das junge Ding das ihm einen neuen Grund gab, jeden Morgen aufzustehen.
Schließlich nickte Ryu seinem Gegenüber, also Kiyan zu. "Wie wäre es, wenn du nach dem Essen erstmal ein Schläfchen machst? Du riechst immernoch nach Lazarettpampe und sollten Molerats aus einer anderen Sphäre die Farm übernommen haben, wärst du mir bei Kräften lieber."
Ohne großes Gebahren stieß der Templer mit seinem unteren Humpenrand an den oberen von Kiyans. Dann wandte er, dieses mal offen erkennbar den Blick zu der jungen Südländerin, hob leicht einen Mundwinkel an und prostete ihr zu ehe er noch einen kräftigen Schluck nahm. Hachja, der liebe Kirschnektar!
-
Die Sumpflilie
Bei Mungus heiligem Arsch, diese verdammte Schlepperei konnte das alles unmöglich wert sein! Welcher Idiot hatte nur die sagenhaft schwachsinnige Idee gehabt, auf diesem riesigen Baum diese Siedlung anzulegen? Kisha verfluchte innerlich alle, die an der schändlichen Umzimmerung dieses heiligen Wesens beteiligt waren, und wünschte sie alle in die tiefsten Abgründe dafür, dass sie nun auch noch ihren ganzen Ballast in die Höhe wuchten musste. Doch nun, nun war es beinahe geschafft! Die Taverne lag in Sicht, und zur Belohnung erspähte sie bereits das wunderschöne, feuerrote Haar von Freiya, die gerade in Begleitung einer zierlichen braungelockten Frau im Inneren des Schankhauses verschwand.
"Komm schon", keuchte sie sich selbst zu, rückte Holz und Taschen mit einem kleinen Hüpfer zurecht und marschierte entschlossen ihrem Ziel entgegen.
Die Tür zur Sumpflilie flog krachend auf, denn Kisha hatte wahrlich keinen Nerv und keine Kraft mehr für Zurückhaltung, und unter den aufmerksamen Blicken einer verdammt zahlreichen Tavernenkundschaft stapfte sie hinein.
"Wird ja auch mal Zeit", knurrte ein großgewachsener Dickbauch in seinen Vollbart, während er sie und ihr Gepäck musterte. "Wir sind verdammt nochmal am Verhungern."
"Baut eure scheiß Stege ein bisschen ordentlicher, Punda, dann muss ich auch nicht durch den chafu Sumpf schwimmen, eh?"
Sie schüttelte einen ihrer zutiefst von brackigem Schlamm durchzogenen Stiefel aus und ließ den Kerl mit einem gehässigen Lächeln links liegen, nachdem ein dicker Brocken Sumpfschlamm den Besitzer gewechselt und sich auf seiner Hose niedergelassen hatte.
Kishas Laune war nun schon deutlich besser, auch wenn ihr der Schweiß in Strömen über die Stirn lief und sie stinken musste wie ein verfluchtes Schwein. Es war interessant zu sehen, wer sich heute alles in der Taverne aufhielt. Da waren sogar noch andere Fremde, eine wirklich hübsche Frau und ein abgerissener alter Lump. "Hey", rief Kisha der Frau im Vorbeigehen mit einem Augenzwinkern entgegen und lief weiter. Sie erblickte Hooqua am anderen Ende des Raumes, und wäre sie nicht sie selbst gewesen, hätte Hooquas Blick ihr vermutlich das Blut in den Adern gefrieren lassen. Doch dafür, dass die Stege in so einem lausigen Zustand waren, konnte Kisha nun wirklich nichts, und für diese Verspätung würde sie sich sicher nicht die Schuld geben lassen.
"...die rote Snapperin", murmelte einer, der mit dem Rücken zu ihr saß, "Hast du gehört? Sie hat dem Hauptmann vorhin auf dem Übungsplatz den Dolch aus der Hose gezogen! Das soll ihr erstmal einer nachmachen."
Kishas Augen folgten seinem Handzeig, und mit einem Grinsen stellte sie fest, dass der Mann von Freiya sprach. Mit ihrem großen Stück Holz auf der Schulter marschierte sie gut gelaunt an der Rothaarigen vorbei, die sich gerade mit ihrer Begleiterin einen Platz gesucht hatte, und klopfte ihr mit der freien Hand auf die Schulter, dass sie vor Schreck - oder Erschütterung - zusammenzuckte.
"Du hast dir Mijusi gleich auf dem Übungsplatz genommen, Dada? Respekt, das hätte ich gar nicht von dir gedacht! Freut mich für dich! Schön, dass ich nicht die Einzige war, die eine gute Zeit mit einem Mann hatte, eh?"
Kisha zeigte mit dem strahlendsten Lächeln auf sie und bedachte die schockiert dreinschauende lockenköpfige Begleitung mit einem Luftkuss, bevor sie weiter ging.
"Mijusi!", grüßte sie den Hauptmann, "Freut mich mit dir und Freiya! Aber gleich mit Zuschauern? Shish!"
Sie nahm das Stück Holz von der Schulter, das eine Fingerspanne dick und so lang wie ihr Arm war, und warf es ihm entgegen.
"Hier, pass mal drauf auf, ja?" Sie wandte sich schon ab, drehte sich dann aber doch nochmal zu ihm um und reckte ihm den erhobenen Zeigefinger entgegen.
"Gut darauf aufpassen! Ist heiliges Holz, eh? Hey Shujaa, in wen bist du denn reingerannt?", fügte sie noch grinsend gegenüber Kiyan an, der mit dem Hauptmann gemeinsam am Tisch saß. "Ich hoffe, der andere sieht noch beschissener aus als du, damit sich das auch gelohnt hat!"
Und schließlich erreichte sie den Tresen, hinter dem die Hooqua mit verschränkten Armen und einem Messer in der Hand stand, das Gesicht zur Faust geballt und bereit, sie gebührend zu empfangen.
"Eh eh eh", würgte sie die Tavernenbesitzerin umgehend ab und wuchtete die beiden Ledertaschen mit dem Fleisch auf den Tresen. Was für eine Erleichterung das war! Zwei ganze Viecher hatte sie da als zerteiltes Fleisch mit sich durch den Sumpf geschleppt, und dazu noch das Stück Holz! Das würde sie sicher nicht nochmal machen.
"Eure Stege sind das Allerletzte, wenn man sich hier nicht auskennt. Ich bin auf dem Hin- und Rückweg mitten im Sumpf geendet! Nur deshalb bin ich so spät! Wenn es dir nichts ausmacht, setz' ich mich mal kurz hin, trink' einen Schluck Wasser und gehe mich waschen, bevor ich dir hier helfe, sawa? Es sei denn, du willst, dass ich so stinkend und dreckig hier aushelfe."
Kisha nahm sich ungefragt einen Krug vom Tresen, der hoffentlich mit Wasser gefüllt war, und zog sich umgehend aus Hooquas direkter Schlagreichweite zurück. Sie wollte gar nicht hören, was die Vettel zu meckern hatte, sondern sich lieber schöneren Dingen zuwenden. Kurzerhand ließ sie sich am Tisch von Freiya und ihrer Begleitung nieder.
"Und, wie war es so?", sagte sie an Freiya gewandt und prostete ihr grinsend zu. Dann hielt sie inne, schnüffelte einmal, zweimal, und rückte ein Stück näher an die Rothaarige heran.
"Oh verdammt, du riechst so gut! Wie machst du das? Also im Ernst, ich muss unbedingt diesen Sumpfgestank loswerden. Wenn ich so riechen könnte wie du, dafür würde ich töten." Sie nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Krug. "Die riechst so gut, dass ich am liebsten in dich reinbeißen würde, weißt du das? Oder ist das etwa...", Kisha biss sich schmutzig lächelnd auf die Unterlippe, "Ist das Mijusi-Duft? Hmm?"
-
Wasser. Sie waren umgeben davon in verschiedenster Form, brackig und stehend, fließend und gurgelnd, es war in der Luft, es war auf ihrer Haut. Hier im Sumpf gab es kein Entkommen vor dem lebenswichtigen Elixir. Und wie herrlich sich frisches Wasser auf verschwitzter, klebriger Haut anfühlte, hatte Freiya sich einmal mehr ins Gedächnis rufen können.
Gemeinsam mit Ronja war sie den Baum hinauf gestiegen und hatten Fridtjof aus ihrem Lager vertrieben - Ronja war es gewesen, Freiya hatte mit dem Jäger noch kein Wort gesprochen seit der Nacht, als er ihr wieder betrunken den Hof gemacht hatte - und Ronja hatte ihr sogar geholfen, den Zuber zu befüllen, damit sie sich waschen konnte. Und während Freiya sich den Schweiß vom Körper wusch, hatten die Frauen gescherzt und gelacht, als hätte es den Streit am Vorabend nicht gegeben. Freiya hatte sich befreit gefühlt, sie war froh, dass Ronja sich tatsächlich wieder beruhigt hatte.
"Bist du jetzt nicht mehr eifersüchtig auf mich wegen dem Hauptmann?"
Ronja schüttelte den Kopf:
"Ich bin gar nicht eifersüchtig auf dich wegen ihm, ich war eifersüchtig auf ihn wegen dir."
"Oh", entfuhr es Freiya. Und dann, als sie realisierte, was die Worte der Freundin bedeuteten, noch einmal: "Oh."
"Tut dir wenigstens alles weh?", erwiderte Ronja und verschränkte die Arme.
Freiya nickte: "Alles."
"Na, ich hoffe, es lohnt sich für dich. Sah echt übel und anstrengend aus. Aber irgendwie auch richtig gut. Vor allem das Ende. Wie war es denn so in den Armen des Hauptmanns?", fragte Ronja und kicherte.
Freiya machte eine Handbewegeung auf das Wasser im Zuber und spritzte Ronja damit nass.
Ihre vom Schwitzen durchnässte Kleidung warf sie direkt in den Zuber, als sie selber heraus gestiegen war. Sie würde sich später darum kümmern, diese ordentlich zu waschen. Stattdessen zog sie saubere Sachen an: ihre alte Leinenbluse und die schwarze Hose dazu. Auf das Mieder verzichtete sie, es war zu warm. Bereits jetzt, nur wenige Augenblicke nach ihrem Bad, war ihre Haut bereits wieder von einem feinen feuchten Film überzogen. Ihre Haare ließ sie offen zum Trocknen. Obwohl es warm war, hatte sie sich lange nicht mehr so gut gefühlt. Sie hatte das Gefühl, dass ihre Muskeln und Knochen weniger schmerzten. Die schöne Zeit mit Ronja gab ihr zusätzlich Auftrieb und eigentlich war sie auch sehr zufrieden damit, wie die Übungseinheit mit Ryu verlaufen war.
Mit eindeutig leichteren Schritten als sie den Baum hinauf gekommen war, ging sie ihn nun wieder hinunter. Sie hatte Hunger. Wirklich sehr großen Hunger. Das Training mit Ryu kam ihr nicht nur wie wenige Stunden vor, sondern fast wie Tage. Und Frühstück hatte sie keins gehabt außer dem Bissen Brot.
Hoffentlich konnte Hooqua etwas ähnlich Feines auf die Teller zaubern wie das Frühstück gestern.
Zu zweit also betraten sie die Sumpflilie und suchten sich einen Tisch. Unter einigen üblichen Gesichtern entdeckte Freiya zwei Gesichter, die sie nicht kannte: eine anmutige junge Frau mit wunderschönem dunklen Haar und Augen, die ihr die Welt zu Füßen legten, aber unpassend gewählter Kleidung für den Sumpf, und ein älterer Mann, dessen Kleidung und Antlitz von den Jahren und wahrscheinlich auch dem Leid des Lebens erzählten, das er schon gesehen hatte. Freiya nickte ihnen kurz zu. Sie erblickte schließlich auch Ryu, der in Begleitung des Mannes war, der an der Plattform erschienen war. Letzterer wirkte ebenfalls etwas frischer als bei seinem Erscheinen am Übungsplatz und das Vieh, das er mit sich getragen hatte, war er offensichtlich auch los geworden. Sie lächelte beiden kurz zu und ließ sich dann auf einen Stuhl an einem leeren Tisch fallen. Sie streckte ihre Beine von sich und legte ihre Hände hinter den Kopf. Kurz schloss sie die Augen. Ronja ließ sich neben ihr nieder und flüsterte:
"Warum setzen wir uns nicht zu -"
Freiya wusste genau, was ihre Freundin fragen wollte, jedoch wurde sie unterbrochen. Unterbrochen von einer Naturgewalt names Kisha, die soeben eingetroffen war.
Freiya versuchte sich ein Bild davon zu machen, was genau Kisha vorgefallen war. Sie warf einen Blick auf die Fleischpakete, die Kisha mitgebracht hatte und Kishas schmutzige Stiefel und bekam eine ungefähre Ahnung, was geschehen war. Kishas Zetern lieferte die restlichen Informationen. Die Stege, ja, die - Freiyas Gedankengänge wurden von Kisha unterbrochen, die neben ihr saß und ihr immer näher kam. Ronja hatte die Augenbrauen gehoben und die Lippen gespitzt. Sie wollte etwas sagen, aber Freiya hob die Hand:
"Nein, Kisha, im Gegensatz zu dir bin ich frisch gewaschen. Und, überhaupt, was meinst du -"
Freiya war etwas verwirrt ob Kishas Aussage, aber als sie Kishas Blick sah, wurde ihr mal wieder klar, was hier eigentlich Sache war. Noch bevor ihr die Röte ins Gesicht steigen konnte und sie nach dem Loch im Boden Ausschau halten konnte - gestern gab es keins, vielleicht ja heute? - kamen ihr die Worte in ruhigen Ton aus dem Mund gefallen:
"Das verstehst du falsch, der Hauptmann und ich haben trainiert."
Kishas Gesichtsaudruck wandelte sich jäh. Freiya blickte wieder auf die Ledertaschen mit dem Fleisch, die Mama Hooqua mit verbissenem Blick leerte.
"Du bist wirklich aufgebracht", stellte sie fest. "Du warst auf der Moleratfarm? Hm, ich befürchte, die Stege sind tatsächlich in äußerst schlechter Verfassung, zumindest, wenn man vom Hauptweg abkommt. Das kann schnell passieren hier im Sumpf. Gleichzeitig hat Mama Hooqua das Fleisch sicher dringend gebraucht. Es sind nunmal nur noch Relikte von dem, was der Ort unten in den Sümpfen einst gewesen ist."
Nachdenklich blickte sie wieder zur Wirtin hin, die mit immer noch grimmiger Mine das Fleisch zu bearbeiten begann.
Schwarzwasser, dachte Freiya. Damals, als sie bei diesem Volk im Sumpf angekommen war und Mama Hooqua in der Taverne ausgeholfen hatte.
Apropos Wasser, woher bekamen sie denn jetzt was zu trinken, wenn die Hooqua gerade so griesgrämig das Fleisch malträtierte?
-
Die Lider des Hauptmannes waren auf Halbmast gefallen. Was dachte sich dieses irre Weib eigentlich? Dass ihr der Laden hier gehörte? Reinkommen, zetern und pöbeln. Und das obwohl die Wächter in den letzten Monaten mit aller Kraft bemüht waren, die Stege in Schuss zu bringen. Gerade jetzt im Sommer war DIE Saison für solche Arbeiten. Und dann kritisierte sie die Sorgfalt der Arbeit der Gemeinschaft, nur weil sie nicht in der Lage war ihre Augen mal für einen Moment auf den Weg vor sich zu richten? Und jetzt sollte er ihr noch den Stöckchenhalter mimen? Nein. Nein, das ging definitiv zu weit. Entweder Valerion hatte kläglich dabei versagt ihr zu erklären, dass man sich hier nicht wie Rhobar im Schweinebordell aufführte oder sie hatte einfach kein Feingefühl für die Dinge, die sich hier gehörten. Und irgendwie kam dem Hüter der schnelle Schluss, dass es sich aus eine Mischung aus beiden Sachen handeln musste. Er zog scharf die Luft ein, stemmte sich mit beiden Handflächen auf den Tisch und wollte sich gerade erheben. Doch da ließ ihn etwas innehalten. Langsam und zeitlupenartig drehte der Templer sein Haupt in Richtung des Tresens wo der Schrecken der Natur bereits zu brodeln begann. Jener Naturgeist vor dem sich alle Bewohner Tooshoos zu beugen vermochten. "Grundgütiger...", entwich es dem Hauptmann nur mit aufgerissenen Augen, als er sie sah. Dort auf ihrer Stirn. DIE ADER. DIE ADER DER HOOQUA. Der Geist der Hooqua war erwacht! Und ihr Nudelholz lechzte nach einem Opfer! Für den Moment schien es, als zögen sich die Wolken zu und ein bedrohliches Grollen ertönte vom Himmelszelt.
Der Templer schluckte einmal und ließ sich sofort auf seinen Stuhl zurückfallen. "Ryu, was...?", begann Kiyan, doch Ryu deutete seinem Gegenüber nur mit einem energischen Fingerzeig den Kopf unten zu halten. Doch kaum hatte er den frischgebackenen Wächter gewarnt, schon schallte ein lauter Schrei durch die Taverne. Man hätte fast meinen können, es war eine andere Sprache, welche die Hooqua nutzte, so verzehrt wie das ganze in Ryus Ohren klang. Aber vielleicht war es auch die ungewohnte Tonart und die Strenge die in ihr mit schwang. Energisch rammte die Wirtin die Spitze des noch gerade gehaltenen Messers in den Tresen. Aber nicht irgendwie energisch, nein. Das gute Stück fraß sich zu einem Drittel in das Holz hinein, welches schon so viele Begegnungen mit allen möglichen Flüssigkeiten und Essensresten hatte machen müssen. Doch dem Zorn einer Hooqua vermochte es nichts entgegen zu setzen. "Für wen bei Beliars pockigen Arschbacken hältst du dich eigentlich, Mädchen!? Stapfst hier mit deinen krustigen Schlammstiefeln rein und maulst an der harten Arbeit meiner Jungs herum! Und dann versaust du auch noch die einzige gute Hose, die Bud noch hatte und belästigst meine Kunden!?"
Jedes Wort ließ den Hauptmann nur noch weiter den Kopf einziehen. "Dann klatschst du mir die trifigen Fleischsäcke auf den frisch gewischten Tresen und degradierst unseren Hauptmann auch noch zum Stöckchenhalter!? Was ist der Kerl für dich? Ein Köter? Oh, Fräulein! Nein, nein, nein. So nicht. In. Meiner. Taverne. Gelten. Regeln!"
Es schien, als hätte sich das komplette Machtparadigma in der Sumpflilie verschoben, so schnell und kaum für das menschliche Auge fassbar die Wirtin mit einem Mop in der einen, mit dem Nudelholz in der anderen bei Kisha stand. "Austrinken! Dann machst du hier sauber und hilfst mir beim Kartoffelschälen, Madamé! Uuund wenn ich noch einmal mitbekomme, dass du hier deine schlammigen Stiefel ausschüttest, setzt es was mit dem Nudelholz! Haben wir uns verstanden!?"
Gerade wollte Kisha den Mund öffnen, doch erneut erklang das unnatürliche Grollen der wütenden Tavernenbesitzerin. "HABEN WIR UNS VERSTANDEN!?", stauchte sie sie noch einmal zusammen. Es war fühlbar: Die gesamte Besucherschaft der Sumpflilie hatte sich schildkrötengleich mit den Hälsen zwischen ihre Schultern zurückgezogen. "Schön! Mensch, Kisha! Du bist so eine Hilfe und dann verhältst du dich hier wie so ein Trampel!", setzte sie, nun etwas weniger bedrohlich fort. Doch das war ihre Methode. Ihre Vorbereitung zur ultimativen Technik der Zerstörung des Geistes eines Menschen. "Ich bin nicht einmal böse. Nur enttäuscht."
Das war er. Der Glockenschlag. Die ultimative Technik der Mama, einen jeden in einem Meer aus Schuldgefühlen auf elendigste Art ersaufen zu lassen. Der finale Schlag. Das Ende. Die Hooqua wandte sich ab und ging herüber zu Ryu und Kiyan. Ihr Blick noch immer streng aber doch triumphant, als sie Kishas Knüppel vom Tisch nahm und damit in ihre Richtung wedelte. "Und dein Spielzeug hier bekommst du erst wieder, wenn du deine Arbeit erledigt hast!"
Damit war die natürliche Ordnung wiederhergestellt. Doch so wirklich traute sich niemand, gerade das Wort zu erheben. Ryu signalisierte mit einer hin und her Bewegung seiner rechten entlang seines Halses, dass das gerade noch einmal gut gegangen war. Niemand legte sich mit der Hooqua an. Niemand.
Geändert von Ryu Hayabusa (21.08.2023 um 12:20 Uhr)
-
Eben noch hatte der Hauptmann zwinkernd der Fremden zugeprostet, als erst die rothaarige Kumpanin vom Hayabusa mitsamt Freundin und wenig später lautstark Kisha eingetroffen waren. Kisha hatte sich natürlich wieder benommen wie Kisha. Laut, den Raum sofort übernehmend. Vielleicht war sie in ihrem Stamm ja sowas wie ein Häuptling gewesen oder eine Geschichtenerzählerin, denn so wirkte sie. Jemand, der aus der Menge herausstach und sofort in den Bann schlug. Als sie seine Verletzungen bemerkt und kommentiert hatte, hatte der Kämpfer verlegen gehüstelt und sich über die mit der Heilpaste bestrichenen Kerben gestrichen. Dann aber war das geschehen, was der Gortharer am allerwenigsten erwartet hatte.
Ryu war aufgestanden, ehe sein Blick an der Mama Hooqua hängen geblieben war. Ohne weitere Worte, ja ... fast verängstigt ... war der Hauptmann auf den Stuhl zurück gefallen und hatte Kiyans begonnene Frage fingerwedelnd abgeblockt und ihm so geraten, den Kopf einzuziehen und sich zu wappnen.
Was folgte war eine Tirade, so titanisch und die Fundamente des Erdenrunds erzitternd, dass jegliche Drachen auf der Welt sich wohl noch einige Meter tiefer in ihre Höhlen flüchteten, dass selbst Innos und Beliar einen Moment in ihrem göttlichen Ringen innehielten, um kurz zu schlucken und Adanos zu danken, die Mama nicht zur Frau genommen zu haben, um ihnen die Leviten zu lesen.
Dennoch war der Gortharer für einen Moment ernsthaft wütend geworden und aufgestanden, um seinerseits die Mama in ihre Schranken zu weisen, ehe die ansonsten eher ruhige, sanfte Stimme der Vernunft ihm eine sekundenbruchteilschnelle Kosten-Nutzen-Rechnung zugebrüllt hatte, die für ihn in einem krachenden Minus enden würde. So hatte er ein Stoßgebet gesandt, um Kisha viel Glück zu wünschen, sich wieder gesetzt und dabei das erleichterte Nicken des Hayabusas wahr genommen, der wohl befürchtet hatte, sich bald einen neuen Wächter besorgen zu müssen.
In dem Moment der Stille nach dem göttlichen Richtspruch der Titanin Hooqua, hatte wahrscheinlich auf ganz Argaan einen Moment alles Leben geschwiegen. Kiyans Blick war dabei zu den Fremden gewandert. Der Mann hatte gewirkt, als würde er sich fragen, in welchem Loch er hier gelandet war. Die Frau hingegen, als würde sie sich fragen, was sie getan haben musste, um hier zu landen.
Kiyan lächelte etwas gezwungen.
„Wir sollten einen Heiler rufen, um Kishas Verbrennung untersuchen zu lassen“, kommentierte er glucksend und trank den letzten Schluck Wasser aus dem Krug, „Aber immerhin haben wir das Mysterium um das verlorene Fleisch gelöst. Nun, letztendlich hat es sich selber aufgeklärt, aber das ist jetzt Erbsenzählerei.“ Der Kämpfer rieb sich über das unrasierte Kinn, dass es knisterte. „Ich habe über deine Worte nachgedacht, Ryu. Ich … habe ja erzählt, dass ich mal ein Händler war. Du brauchst Rohstoffe, andere Handwerker des Waldvolkes ebenso … und auch andere Dinge, Sachen, die man hier eben nicht erjagen oder ernten kann.“
Einen Moment blickte der Gortharer unschlüssig in den Krug. „Braucht das Waldvolk einen Quartiermeister? Lagermeister? Sowas ähnliches? Ich … könnte mich darum kümmern. Aus Stewark und Thorniara und anderswo Dinge beschaffen, die gebraucht werden.“ Er grinste einen Moment verschlagen. „Natürlich auf Art des Waldvolkes, versteht sich. Aber so könnte ich das, was ich einst gelernt habe und wovon ich Ahnung habe, zum Wohle der Gemeinschaft einbringen. Und was den Wert solcher Arbeit angeht, hast du ja gerade … ähem … klar gemacht, nicht wahr?“
Geändert von Kiyan (21.08.2023 um 19:11 Uhr)
-
Die Sumpflilie
Gerade noch erklärte Freiya ihr, dass das Gerücht, welches sie auf dem Weg durch den Schankraum aufgeschnappt hatte, nicht der Wahrheit entsprach. Gerade noch wollte Kisha ihr Bedauern ausdrücken, weil sie es dieser Frau wirklich gegönnt hätte, ein paar nette Stunden in den Armen eines anderen Menschen zu verbringen. Und gerade noch wollte sie ihr erklären, warum sie nicht gerade allerbester Stimmung war, dass sie erschöpft und müde und hungrig war, völlig überhitzt und vermutlich auch ausgetrocknet, und zu allem Überfluss hatte sie das Gefühl, sich beim Tragen des Holzes einen Nackenmuskel gezerrt zu haben – so ganz konnte und wollte sie alle Leiden, mit denen sie sich gerade herumplagte, eigentlich gar nicht aufzählen. Doch zu alledem kam sie gar nicht, denn es brach ein Sturm los im Inneren der Sumpflilie. Mama Hooqua sagte ihr die Meinung, und sie sagte sie ihr laut und deutlich. Kisha wandte sich nach den ersten Worten um, langsam zwar, doch ohne Furcht. Es kam ihr vor, als peitschte jedes Wort von Hooqua wie eine Waffe durch den Raum und schnappte direkt an ihren Ohren zu. Einen Moment lang musste sie darum kämpfen, Luft zu bekommen, während Hooquas Donnerhall die Luft aus dem Raum. Doch als der Sturm abgeebbt war, der erste Zorn verraucht, bot die Wirtin ihr die Hand – nicht körperlich, aber in Worten.
Eine gespenstische Stille kehrte ein in den Schankraum der Sumpflilie. Kisha sah sich um – keiner der Feiglinge wagte es auch nur, zu atmen! Doch sie selbst war zu stolz dafür. Ihr Kinn war erhoben, nicht hochmütig, doch ungebeugt.
„Erklärst du mir, wie ich mit dem ganzen Mambo beladen meine Schuhe ausziehen sollte?“, rief sie – nicht wütend, aber bestimmt. Es galt hier einen Standpunkt zu verteidigen. „Und Butt hatte nichts Besseres zu tun, als mich beim Hereinkommen blöd voll zu quatschen, nachdem ich im Sumpf fast ersoffen bin, um sein und euer Essen zu besorgen!“
Doch während sie sich rechtfertigte, zog sie bereits ihre Stiefel aus und stellte sie ordentlich neben sich ab. Sie bemerkte es erst wirklich, als sie damit fertig war. Hooqua war gut.
„Ich hab‘ doch gesagt, ich helfe dir, sobald ich mich sauber gemacht habe. Kwa ajili ya Mungu!“
So stand sie nun barfuß auf den alten, glatt gelaufenen Dielen, doch ihre Hose triefte weiterhin vor stinkendem Nass.
„Aber so werd‘ ich nie fertig mit Aufwischen, weil ich immer neue Flecken mache, Mama Bossi. Und da ich ja nicht gehen darf, um mich sauber zu machen…“
Sie löste die Schnüre ihrer Hose und schälte sich aus der beklemmenden Gefangenschaft.
„Jaaaa“, brüllte der vollbärtige Bud mit kehliger Stimme, „zeig uns mehr!“
Ein scharfer Blick von Mama Hooqua ließ ihn zurückschrecken. „Ich meine: zeig uns weniger!“
Doch es war schon zu spät. Die Stimmung war schlagartig wiederhergestellt, als Kisha nur noch in ihrem ärmellosen Oberteil und ihrem Lendenschurz vor den Leuten stand. Immerhin, das Oberteil war so lang, dass ihr Hintern und der Lendenschurz vollkommen bedeckt waren, es blieb also alles sittsam. Hooqua richtete ihren vorwurfsvollen Blick nun trotzdem wieder auf Kisha. Doch die lächelte nur unschuldig, hob die Arme und sah sich um – die Laune im Raum war wieder bestens, die Luft zum Atmen war in den Raum zurückgekehrt. Wollte die Mama da tatsächlich nochmal alle erstarren lassen?
„Wo ist der Putzlappen?“
Geändert von Maris (21.08.2023 um 20:12 Uhr)
-
Seit geraumer Zeit schon beobachteten die drei das ungleiche Duo, das unverblümt auf ihre Heimat zumarschierte und folgte ihnen mit der nötigen Distanz. Eine Ork und ein Mensch - zumindest vermutete Ricky, dass es sich bei der Begleitung der weiblichen Orkfrau um einen Menschen handeln musste.
Die beiden bewegten sich laut und langsam durch den Wald. Eine Kombination, die ihr sehr gut gefiel, wenn sie auf Patrouille war. Die Ork war ganz offensichtlich verletzt und der dicke Mann-Bär an ihrer Seite bewegte nicht nur aufgrund der zu tragenden Lasten behebe und schwerfällig. Die zwei hatten ganz offensichtlich vor nicht all zu langer Zeit eine Auseinandersetzung gehabt. Ob mit einander oder mit jemand anderem, das vermochte sie nicht zu sagen. Es war aber auch unerheblich. Die beiden gehörten hier nicht hin - die Ork am aller wenigsten.
Es wäre ein Leichtes gewesen, die beiden zu vertreiben. Sie sahen beide nicht sonderlich gefährlich aus. Aber irgendetwas gefiel der Waldläuferin nicht an der Art und Weise, wie der haarige Mann die Ork durch den Wald in Richtung Sumpf führte. Ihm fehlte etwas von der Zielstrebigkeit einer Person, die regelmäßig hier ein und aus ging. Auch kam er ihr nicht bekannt vor. Und dennoch stapfte er zielstrebig genug seines Weges, dass es ihr übel aufstieß. Er kannte den Weg nicht, aber er kannte sein Ziel. Tooshoo. Ihre Heimat.
Jazzy hatte sowohl ihr als auch Lee befohlen, sich vorerst zurückzuhalten und zu beobachten, bis sie das Signal gab. Wo sich die beiden gerade aufhielten war unwichtig - sie bewegten sich mindestens genauso lautlos durch das Unterholz und die Baumkronen wie sie selbst.
Das aufsteigende huit einer Nachtigall erklang dreimal.
Da war es wieder. Kaum merklich, aber der erfahrenen Waldläuferin entging es nicht. Der Fremdling reagierte auf ihre Rufe. Es war eine Winzigkeit. Ein kurzes Stocken in seinen Ausführungen. Ein verstohlener, kaum einen Herzschlag andauernder Seitenblick. Oder das beiläufige Schließen der Augen, genau zwei Wimpernschläge länger, als es nötig wäre, um sich dem wohlig heimatlichen Duft des nahen Sumpfes zu erfreuen. Wieder legte er Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Ihr schien es beinahe so, als würde er... schnüffeln?
Wieder sang die Nachtigall. Ein knarrendes karr gefolgt von zwei tack, tack.
Auf den wortlosen Befehl ihrer Anführerin hin schwang sie sich von ihrem Beobachtungsposten.
»Einen wunderschönen guten Abend zusammen.« Es war die raspelnde Stimme der Truppführerin. Ihre Hand lag ruhig aber bestimmt auf dem Knauf ihres Schwertes, als sie aus dem Dunkel des Waldes trat und ihren beiden Begleiterinnen mit einem kurzen Fingerzeig der anderen Hand bedeutete, es ihr gleich zu tun.
Ein wenig erschrocken blickte die Orkfrau zu den drei Waldläuferinnen und schien sich kampfbereit machen zu wollen. Der Dicke stoppte sie mit einer Handbewegung. Seinem Handeln fehlte jegliche Überraschung. Stattdessen blickte er die drei Frauen erwartungsvoll an und... verbeugte sich?
Griffin
-
Es war faszinierend, mit welcher Klarheit er die Welt wahrzunehmen vermochte, jetzt, da der Alkohol gänzlich aus seinem Körper verschwunden war. Er spürte den immer weicher werdenden Untergrund des nahen Sumpfes unter seinen Füßen, er spürte den Wind auf seiner schmutzigen, verklebten Haut, er roch die Natur und die klare, reine Luft, die im Gegensatz zu der modrigen Stadtleben in Thorniara vorherrschte. Und er hörte die ihm all zu vertrauten Rufe der Nachtigall. Zu dieser Uhrzeit konnte es kaum ein anderer Vogel sein. Und wie die Nachtigall sang. Eine Weile schon begleiteten die Gesänge die beiden. Er hatte nichts anderes erwartet.
»Einen ganz und gar wunderschönen guten Abend wünsche ich euch, meine wertesten.« Er erhob sich und grinste die offensichtliche Anführerin der drei Damen an. »Bewahret.«, fügte er an. Der Stein in seinem Magen war bereits vor Stunden zu einem ausgewachsenen Brocken herangewachsen. Aber jetzt, da er die Begrüßungsfloskel des Waldvolkes so unverblümt in den Mund nahm, wurde ihm das Ausmaß seiner Torheit bewusst. Er wollte wirklich zurückkehren? Nach all dem, was passiert war? Einfach zurück nach Tooshoo spazieren und hoffen, dass alles gut werden würde? Er schluckte schwer, versuchte verzweifelt den kleinen Trupp an Fröschen in seinem Hals herunterzuwürgen.
»Meine Freundin und ich hier-« Er deutete auf Ska'ri, die abwechselnd zu jeder der drei bewaffneten Frauen blickte. »sind auf der Suche nach Rast, Heilung und Information und hatten gehofft, dass wir beim Waldvolk für die Nacht unterkommen können.«
»Mit einer Ork?« Im letzten Wort lag so viel Abscheu, dass der ehemalige Hüter ernsthaft an seiner Idee zu zweifeln begann. Es war viel Zeit vergangen. Wer sagte ihm, dass das Waldvolk, das er einst zurückließ, noch immer dasselbe war? Die Anführerin gebot ihrer Begleiterin mit einer Handbewegung zu schweigen.
»Ich muss gestehen, dass ihr... ungewöhnliche Reisebegleitung pflegt.« Sie blickte mahnend zu ihrer Begleitung. »Nicht jeder wird das gutheißen. Unser Hauptmann ist... sagen wir streng.«
Die Dritte prustete halblaut los. Streng schien eine Untertreibung zu sein.
Sein Herzschlag beschleunigte sich.
»Ich bin mir sicher«, setzte er an und knetete seine Hände. Wie so oft kämpfte er gegen den leichten Tremor in den Händen, der ihn in Zeiten der Anspannung zu übermannen schien. »dass meine Begleiterin und ich euch nicht zur Last fallen werden. Ich versichere euch, dass wir ohne böse Absichten nach Tooshoo kommen.« Er taxierte die Anführerin, die seinem Blick mühelos standhielt. »Und nach meiner Erfahrung sind die Wächterinnen des großen Baumes nicht verblendet genug, eine Verletzte abzuweisen, die in guten Absichten das Volk des Waldes aufsucht.«, endete er. Ein letztes Mal ballte er die Fäuste.
Die Fremde nickte kurz und wandte sich an die lauteste der drei.
»Geh und bereite das Lager vor.« Eilig machte die Angesprochene sich auf den Weg und verschwand nach einigen Schritten zwischen den Bäumen. Die Anführerin wandte sich wieder an die zwei Neuankömmlinge. »Wir sind vielleicht nicht verblendet genug, eine Ork auf der Stelle zu töten, aber bei Adanos, ich bin nicht lebensmüde genug, eine Ork nach Tooshoo zu bringen. Ihr zwei campiert erstmal bei uns.«
Sie deutete auf Ska'ris Bein.
»Und dann sehen wir uns das mal an, damit ihr zwei hier schnell wieder verschwinden könnt, kapiert?«
Geändert von Griffin (22.08.2023 um 19:33 Uhr)
-
22.08.2023 00:04
#217
Manon´s Rückkehr
Vor einigen Stunden...
Finsternis umgab sie, als sie ihre Augen öffnete und in eine Dunkelheit starrte, die sie so noch nie zuvor erlebt hatte. Es gab einfach nichts, keinen schmalen Spalt oder Ausgang, der ein wenig Sonnenlicht oder Mondlicht durch lies oder fahles, flackerndes Licht einer Fackel oder gar ein Lagerfeuer... Absolut rein gar nichts, woran sie sich irgendwie orientieren konnte.
Manon bekam es langsam mit der Angst zu tun, zumal ihre Hände kopfüber gefesselt waren und unter ihr den Boden nicht spüren konnte. Sie hing!
Sie zog sich ein Stück hoch, versuchte die Fesseln zu lösen, schwang ein wenig, sie tat einfach irgendwas, um sich aus dieser misslichen Situation zu befreien.
Fehlende Kraft und starke, brennende Schmerzen in den Schultern zwangen sie dazu, auf zu geben.
So hing sie nun da, schlaff, ausgezerrt und der Verzweiflung nahe.
„Bandit! Racker“ flüsterte sie in die beklemmende Stille. Doch die kleinen Eichhörnchen kamen nicht. Wo waren sie nur? Wo war sie überhaupt und vor allem wann?...
Manon hatte jegliche Erinnerungen verloren. Verzweifelt startete sie einen weiteren Versuch sich zu befreien, Erfolglos!
„Hallo?“...
„Ist hier jemand?“......
„Irgendjemand..... Hilfe!“ Ihre Worte wurden immer schwächer, bis sie schließlich unter Tränen und schluchzen versiegten.
„Hilfe.“ formten ihre Lippen tonlos. Ihr Kopf nach vorne hängend und der Ohnmacht nahe.
Dann leise Schritte, die rasch näher kamen. Manon hob ihren Kopf, blickte in die Richtung aus der die Schritte kamen.
Große Hände tasteten sie ab und eine Hand legte sich sanft auf ihren Mund.
„Pssst.... Ich werde dich jetzt los machen.“ Hörte sie eine charmante, männliche Stimme flüsternd sagen. Sie nickte nur.
„Stütz dich an mir ab.“ Manon spürte, wie er ihre Beine um seinen starken, durchtrainierten Körper schlang, dann nach oben griff und die Fessel löste.
Kaum geöffnet, viel sie wie ein schlaffer Kartoffelsack in seine starken Arme. Er fing sie auf, ließ sie sachte hinunter gleiten, bis sie sicher mit beiden Füßen auf dem Boden stand. Ihre Arme und Schultern schmerzten, als sie diese langsam hinunterließ und sich wacklig an ihm festhielt.
Er hielt sie noch einen Moment fest in seinen Armen, sie spürte seinen Atem an ihrem Hals.
„Und jetzt lauf, bring dich in Sicherheit, Manon.“ hauchte er ihr ins Ohr.
„Wer bist du? Und Wohin?“
„Jemand, der dich gerettet hat.“ Ein zärtlicher Kuss landete auf ihren Lippen.
„Erinnere Dich, Manon.“ Dann löste sich die Umarmung und es wurde still.
Sie wollte noch etwas sagen, wusste aber nicht was.
Erdbeeren. schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Keine Ahnung, wie sie jetzt, in dieser Situation an Erdbeeren denken konnte. Aber dieses Wort löste eine Kette von Ereignissen aus. Erinnerungen. Eine Macht, die im Strudel der Ereignisse verloren gegangen zu sein schien und nun mit aller Gewalt zurück kommen wollte.
In der Finsternis, oder vor ihrem inneren Augen, vielleicht auch eine Einbildung... Zeichnete sich eine fahle Silhouette eines Baumes ab. Eines großen und mächtigen Baumes.
Tooshoo.... Suzuran... schoss es ihr zusammenhangslos durch den Kopf und jetzt war ihr auch klar, warum sie an Erdbeeren denken musste. Ihre Lehrmeisterin liebte diese roten Früchte!
Zur gleichen Zeit breitete sich in ihr ein wohlig, warmes Gefühl aus. Ein Gefühl der Geborgenheit, des Schutzes. Ihr Herz schlug schneller und diese warme Energie verteilte sich über ihre Arme in Richtung ihrer Hände. Ein hellgrünes Schimmern schlängelte sich wild um ihre Arme und manifestierte sich in den Händen zu einer leuchtenden Kugel.
Licht! Für sie etwas zu grell und so kniff sie ihre Augen zusammen. Es dauerte einen Moment, bis sie sich daran gewöhnt hatte und schaute sich um.
Eine Höhle?...
Ein lautes, unheilvolles Knurren war zu hören. Manon erschrak.
„Lauf, Manon. Sofort!“ Wieder hallte die charmante Stimme, dieses geheimnisvollen Mannes durch den Raum.
Manon rannte los, weg von diesem Knurren. Irgendwohin, einfach nur weg.
Sie rannte, so schnell ihre Beine sie trugen und ihre Kraft es zu ließen, den schmalen Gang entlang, nur beleuchtet von ihrer magischen Kugel. Allmählich fiel etwas Licht in die Höhle und sie spürte einen leichten Windzug. Sie war richtig!
Plötzlich, ein leises winseln und mauzen. Manon stoppte abrupt ab und entdeckte in einer kleinen Kuhle zwei in einen verrosteten Käfig eingepferchte Tierkinder. Daneben lagen ein paar Dinge, wie ein alter lädierter Bogen, ein Köcher mit ein paar Pfeilen, ein kleiner Dolch und eine Ledertasche...
„Dios mio, nicht schon wieder.“ Manon wusste ja noch nicht einmal, was mit ihren Eichhörnchen geschehen war.
Wieder knurrte es aus der Finsternis und die Kleinen -ein Wolfswelpe und eine Katze- versuchten sich verängstigt aus ihrem Gefängnis zu befreien.
Manon wurde weich bei diesem Anblick, befreite die Kleinen und steckte sie kurzerhand in die Ledertasche. Den Bogen und Köcher schulterte sie und den Dolch steckte sie sich an den Gürtel.
Erneutes Knurren, diesmal näher...
Manon rannte los.
Laute, stampfende Schritte waren zu hören.
Die junge Frau mobilisierte ihre letzten Energiereserven und beschleunigte ihre Schritte.
Vor ihr der sichere Ausgang.
Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter und erschrak. Große rote Augen, die sie verfolgten und wieder dieses entsetzliche, magenerschütterndes Knurren.
„Verdammt, was ist das?“ Sie rannte einfach weiter, bis sie aus der Höhle war.
Völlig außer Atem lief sie noch ein ganzes Stück weiter und blieb stehen, als ihr bewusst wurde, dass ihr das Ding nicht gefolgt war.
Manon suchte sich ein schattiges Plätzchen. Sie musste erst wieder zu Kräften kommen, ehe sie die Reise fortsetzen konnte.
An einem Baum ließ sie sich dann nieder. Sie holte die Kleinen aus der Tasche, die Neugierig um sie herum tobten
Wem die wohl gehören? überlegte sie und betrachtete die beiden schmunzelnd.
Der Wolfswelpe war weiblich und Manon gab ihr den Namen Tala.
Die Katze, bzw. im Licht der Sonne betrachtet ein kleiner Serval Kater, taufte sie auf den Namen Kymani.
Wenn keiner auf die beiden Anspruch erhob, würde sie die kleinen behalten und groß ziehen.
Manon formte eine magische Kugel, ließ diese über den Boden kullern und die kleinen stolperten verspielt hinterher und versuchten diese zu fangen.
Sie schloss ihre Hand, woraufhin die Kugel verschwand und zwei völlig verdatterte Tierkinder zurück blieben.
„Für mich Übung und für euch Spielzeug.“ lachte sie amüsiert und die kleinen kamen zu ihr zurück gelaufen.
Sie gönnten sich noch eine kleine Verschnaufpause, während Manon den Dolch inspizierte. Gekonnt ließ sie diesen durch ihre Finger gleiten und versuchte sich daran zu erinnern, wo sie den schon mal gesehen hatte, denn der Dolch kam ihr bekannt vor.
Ryu Hayabusa... schoss ihr dieser Name plötzlich durch den Kopf. Der Hauptmann von Tooshoo erinnerte sie sich und kicherte.
Sie ließ ihren Blick durch die Gegend schweifen und entdeckte in der Ferne den großen Baum.
„Paar Stunden Fußmarsch noch vor mir.“ murmelte sie leise und rappelte sich wieder auf. Die kleinen packte sie wieder in die Tasche und dann sah sie noch mal in Richtung der Höhle.
Wer der geheimnisvolle Mann wohl war?
Dann machte sie sich schleunigst auf den Weg... Sie war nicht begierig darauf herauszufinden, was das für ein Monster war, dem sie gerade entkommen war.
... ein paar Stunden später...
Mühsam stapfte sie durch die sumpfige Landschaft, immer weiter auf den großen Baum zu. Wenn es Holzstege gab, benutzte sie diese und wenn nicht, ging es querfeldein durch den Morast.
Völlig erschöpft von dem langen Marsch hatte sie endlich ihr Ziel erreicht.
Ein paar partrollierende Wächter musterten sie misstrauisch.
Manon lächelte freundlich und winkte.
Dabei fiel ihr ein, dass sie ihre Kapuze noch auf hatte. Sie nahm sie runter, um weiteren argwöhnischen Blicken zu entgehen.
Sie ging auf den Baum zu, blieb direkt davor stehen und blickte andächtig hinauf.
„Ich bin zurück...“
Die beiden Wollknäuels entließ sie aus der beengten Tasche, die vergnügt um ihre Füße tobten.
Sie hingegen ließ sich müde und erschöpft am Baum nieder...
Geändert von Manon (23.08.2023 um 12:58 Uhr)
-
Im Wald nördlich des Sumpfes...
Ska’ri nickte nur schwach. Als ob sie noch ernsthaft in der Lage wäre, irgendwelchen Unsinn anzustellen… Sie versuchte, es sich nicht allzu sehr anmerken zu lassen, aber während die Wunden in ihrem Arm und ihrer Schulter begannen, zu verheilen, war ihr Bein über Nacht nur schlimmer geworden. Ihr Oberschenkel schmerzte höllisch und fühlte sich heiß an, eine Hitze, die langsam in ihren restlichen Körper auszustrahlen begann, ihr den Schweiß auf die Strin trieb und die Welt vor ihren Augen verschwimmen ließ. Ska’ri wusste, was das bedeutete. Sie hatte ihren Vater auf diese Art sterben sehen.
Die Frage war allerdings, ob sie überhaupt noch die Gelegenheit bekommen würde, am Wundbrand draufzugehen. Oder ob ihr nicht die Morras, zu denen Griffin sie geführt hatte, schon vorher die Kehle durchschneiden würden.
„Meinst du… meinst du wirklich, das war so eine gute Idee?“, fragte sie Griffin leise, schüttelte dann aber kurz den Kopf, als sie sich die Frage selbst beantwortete. Was für eine Wahl hatte sie schon? Ihre eigenen Leute würden ihr nicht helfen. Nicht, wenn sie als Feigling aus einem Gefecht zurückkam, statt mit der Waffe in der Hand zu sterben. Und wenn sie im Wald blieb, würde ihr Bein sie umbringen.
Ihre einzige Chance waren die Morras…
-
»Natürlich!«, log er die Ork an und lächelte sie aufbauend an.
Er war sich ganz und gar nicht sicher, ob das wirklich die richtige oder überhaupt eine halbwegs gute Idee war. Unablässig hämmerte sein Herz in der Brust. Das war ganz und gar keine gute Idee, das war eine richtige Scheißidee gewesen. Wer auch immer gerade mit seinem haarigen Hintern auf dem Platz des Hauptmanns saß schien ganz und gar kein freundlicher Zeitgenosse zu sein. Unaufhörlich strömten Gedanken, Bilder und Versionen einer möglichen Zukunft in seinen Kopf. Er, wie er um die erschlagene Ska'ri trauert. Ska'ri, wie sie um den erschlagenen Griffin trauerte. Irgendwer, der ihre beiden erschlagenen Körper im Sumpf verbuddelte. Griffin, wie er auf einem Thron saß, die Füße auf dem Rücken des auf allen Vieren knienden Hauptmanns, der es gewagt hatte, ihn herauszufordern. Kurzum: Irgendwer wurde immer erschlagen. In den meisten Fällen er selbst oder seine orkische Begleiterin.
»Wart's nur ab. Im Nu sind wir hier wieder fort. Du wirst schon sehen!«, setzte er nach. Nur halblaut und mehr zu sich selbst als zu Ska'ri, aber irgendwer musste ihm ja gut zureden.
Nicht viel später wurden sie in ein kleines Lager geführt, das diese Bezeichnung wirklich nicht verdient hatte. Eine kleine Feuerstelle war im Boden eingelassen. Es brannte kein Feuer, aber der ehemalige Hüter war überzeugt davon, dass man auch in der tiefsten Nacht keinen Feuerschein hätte sehen können. Rund um diese Feuerstelle befanden sich drei trostlose Ruhestätten. Wie für das Waldvolk üblich fehlte jeglicher Luxus. Eine solche Lagerstätte war schnell auf und noch viel schneller wieder abgebaut, sollten sich ungebetene Gäste nähern. Ein Blick auf den Boden verriet dem Hüter, dass diese Lagerstätte noch nicht lange existierte und vermutlich in den nächsten Tagen verwaist sein durfte. Dann würden die drei Waldläuferinnen sich eine neue Stelle such und dort campieren.
»Das muss vorerst reichen.«, kommentierte die Anführerin der Waldläuferinnen die Blicke des Braunhaarigen. Es war ihm kein großes Anliegen, ihr mitzuteilen, dass er selbst mehr als eine Nacht in einem solchen Lager verbracht hatte. »Du« sie deutete auf die Ork. »bleibst erstmal hier. Dein Bein sieht scheiße aus, ich sehe bis hier, dass das bisher miserabel versorgt wurde. Irgendwer hat da mit seinen schmierigen Wichsgriffeln drin rumgepopelt und wenn du Glück hast, müssen wir dir das Bein abschneiden.« Griffin kratzte sich langsam an der Stirn. Nicht, weil es juckte, sondern um sein Gesicht hinter der geöffneten Handfläche zu verbergen. Beim Schläfer, er hatte ja gesagt, dass er kein Heiler war. Aber dass er alles noch schlimmer gemacht hatte, war ihm durchaus unangenehm.
»Und du« jetzt wandte sie sich an ihn. »kommst mit mir. Wir zwei gehen nach Tooshoo und- Bapapa!« Sie hob einen Zeigefinger in Griffins Richtung und ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. »Keine Widerrede. Wir bringen deine Freundin schon nicht um.« Sie blickte kurz zu Ska'ri. »Vorausgesetzt, sie benimmt sich!«
-
Nachdem der Horror des Geistes der Hooqua sich gelegt und selbst die aufmüpfige Kisha wohl kleinbei gegeben hatte, schien sich auch das Donnergrollen am Horizont zu verziehen und den warmen Sonnenstrahlen des Mittags den Vortritt zu lassen. Erleichtert atmete der Hauptmann auf, als er sich Kiyans Worte schließlich durch den Kopf gehen ließ. Ambitioniert! Das mochte er! Und die Idee mit dem Quartiermeister war bei näherer Betrachtung gar nicht mal so dämlich gewesen. Mit einem nachdenklichen Blick lehnte sich der Templer seitlich zurück, ließ dabei seinen rechten Arm locker über die Stuhllehne hängen. Mit den Fingern der Linken begann der Hauptmann kurz darauf auf der Tischplatte umher zu tippeln. Dann, als der gedankliche Abschluss langsam kam, nickte er bedächtig.
"So ein Quartiersmeister wäre nicht übel und würde mir auch einiges an Arbeit abnehmen. Momentan ist die Lage ja so bestellt, dass ich weitestgehend die Schmiede und Waffenkammer im Überblick habe. Aber bei all dem anderen Kram passieren dann genau solche Unfälle.", dabei deutete er mit einem leichten Nicken in Richtung von Kiyans Schwert. Im selben Zug versank der Hüter wieder ein wenig in die Erinnerungen an früher... Damals war er selbst noch wesentlich hitzköpfiger gewesen, während der ehemalige Quartiermeister mit seiner logischen und ruhigen Art oft einen Gegenpart zu dem Templer bildete. Was nicht selten zu kleinen Reibungen der beiden geführt hatte. Dennoch... Eine Schande, dass auch er fort war.
"Früher hatten wir einen wirklich fähigen Kerl, der das gemacht hat. Yared hieß er. Leider hat er die Sümpfe irgendwann verlassen und seitdem... Tja, keine Ahnung wo er sich gerade herum treibt. Ich sag dir was: Wenn du es hinbekommst, in den Lagerräumen und den Werkstätten Ordnung zu schaffen und ein paar Möglichkeiten zur Ressourcengewinnung auszuloten, werd' ich zusehen, dass die richtigen Leute davon Wind bekommen und du den Posten bekommst. Wie klingt das?"
Es war zumindest soviel wie der Hayabusa erledigen konnte. Am Ende des Tages war er weder der Anführer der Waldläufer, noch lag es an ihm allein das zu entscheiden. Andererseits schulterte er diese Aufgabe zu Teilen selbst mit einigen ausgewählten Leuten, seit Yared verschwunden war. Aber die Sache hätte besser laufen können und wenn Kiyan ohnehin schon Erfahrung mit solchen Dingen hatte... Warum ihm keine Chance geben?
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|