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Wenn ich dein Haus nicht stehle, dann stiehlt es jemand anderes! (aus PE)

  1. #41 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von ulix
    die Frage ist aber was die Hamas für eine Wahl hatte
    Welche Wahl man hat hängt davon ab, welches Ziel man eigentlich hat. Und nach den Zielen ist eine Organisation zu beurteilen (nach den Handlungen aber dann natürlich auch).

    Zitat Zitat von ulix
    Deshalb ist das hier auch vollkommen ausgeschlossen:
    Bis auf Weiteres wird die Armee aber dafür sorgen müssen, dass es keine Raketenangriffe mehr gibt. Man kann nur dann das Bild des straken Mannes innenpolitisch nutzen, wenn man sicherstellt, dass die Bedrohungslage auch ausgeschaltet ist. Ganz egal, ob man sie zuvor selbst herbeigeführt hat oder nicht. Was dann wieder in drei Jahren oder so ist, bleibt eine andere Frage. Mit militärisch komplett entmachten meinte ich eben auch nur militärisch und nicht, dass sie die Struktur der Hamas an sich zerschlagen. Aufrüsten werden die sich dann in den kommenden Jahren wieder können.


    Zitat Zitat von ulix
    Zweiteres ist aber nicht im Interesse Israels, da man auch das Scheinbild der palästinensischen Selbstverwaltung in der Westbank braucht.
    Auch das ist schwer zu sagen. Wäre Corona nicht gekommen, hätten sie vielleicht ihre Annexionsankündigung schon umgesetzt. Mit der Hamas als offizielle Selbstverwalter in der Westbank hätten sie deutlich weniger internationale Konsequenzen zu fürchten.

    Zitat Zitat von ulix
    Aber stimmst du auch zu, dass sie auch deshalb den perfekten Bösewicht abgibt, weil hier und anderswo im "Westen" ein vollkommen verzerrtes und reduktives Bild des Konfliktes vorherrscht?
    Nein, nicht wirklich. Dass die Hamas ein skrupelloser Mörderverein ist, gehört eben gerade nicht zur verzerrten Wahrnehmung des Konfliktes, es stimmt halt tatsächlich, sie ist tatsächlich der perfekte Bösewicht. Was verzerrt ist, ist der Blick auf die israelische Regierung als „die einzige Demokratie in dieser Region“.

    Zitat Zitat von ulix
    Dann mach einen Thread dazu auf.
    Nein, warum sollte ich? Das ist ein Diskussionsforum und kein Newsfeed. Ich habe hier nicht China angebracht, um nur darüber zu reden, sondern um Kritik an Deiner Art der Debatte über dieses Thema anzubringen.

    Zitat Zitat von jabu
    Was einen Ausweg erschwert:
    In beiden Kulturen gehört ein Anspruch auf Überlegenheit, ein sich Hinstellen als Opfer sowie ein unvernünftiger Umgang mit Traumata leider wie selbstverständlich mit dazu. Das führt zur Bildung von Hass- und Gewaltspiralen.
    Ich glaube Du überinterpretierst hierbei kulturelle Analysen.
    Die Hass- und Gewaltspirale entsteht dadurch, dass sich beide Parteien seit zig Jahrzehnten in einem politischen, militärischen und sozialen Konflikt befinden. Diese Lebensrealitäten sind das Maßgebende für die Frage nach dem Raum für andere Moralvorstellungen oder andere Menschenbilder. Es sind nicht die kulturellen Gegebenheiten, die die Dynamik erzeugen, es ist der tatsächliche Interessenskonflikt, der mit allen verfügbaren Mitteln ausgetragen wird.

    Auf dieser Ebene ist es nicht anders als jeder andere Bürgerkrieg, bzw. Krieg. Die Realität des Krieges vernichtet jede Moral, das war und ist in allen Konflikten so, unabhängig von der Kultur.

    Zitat Zitat von jabu
    Vielleicht wird es nur Frieden geben können, indem Israel die Hamas beseitigt.
    Die eigentliche Frage ist gar nicht, wann ein Friede im Sinne der Abwesenheit von gewaltsamen Kondflikt da sein würde, sondern wann und wie eine Form von gerechter Perspektive da sein kann. Es ist keine Frage von Sieg oder Niederlage der Hamas. Wenn Israel wollte, könnte es die Hamas jeder Zeit komplett und unwiderruflich auslöschen. Die Abwesenheit von gewaltsamen Auseinandersetzungen ist aber nicht dasselbe wie Frieden bzw. das Recht auf Selbstbestimmung der Völker.
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  2. #42 Zitieren
    Legende Avatar von jabu
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Ich glaube Du überinterpretierst hierbei kulturelle Analysen.
    Ich hatte das nicht als alleinigen Faktor gemeint. Sorry, falls ich das zu verkürzt dargestellt habe.

    Die Hass- und Gewaltspirale entsteht dadurch, dass sich beide Parteien seit zig Jahrzehnten in einem politischen, militärischen und sozialen Konflikt befinden. Diese Lebensrealitäten sind das Maßgebende für die Frage nach dem Raum für andere Moralvorstellungen oder andere Menschenbilder.
    Das ist mir bekannt. Für mich ist das Bekannte aber nicht mehr interessant, da sich alles darum dreht, ohne dass es noch zu etwas führen würde.

    Es sind nicht die kulturellen Gegebenheiten, die die Dynamik erzeugen, es ist der tatsächliche Interessenskonflikt, der mit allen verfügbaren Mitteln ausgetragen wird.
    Ich meinte nicht, dass kulturelle Besonderheiten den Konflikt (oder die Dynamik dazu) erzeugen. Für mich stellte sich die Frage, inwiefern kulturelle Prägung (z.B. einen Hang, sich immer als alleiniges Opfer zu sehen, um den Hass gegen die andere Seite moralisch zu legitimieren und das an die jeweils nächste Generation weiterzugeben) ein Stellen der Vernunft über die Reaktion erschwert.

    Es gibt bekanntlich einen Unterschied zwischen echt erleideten Traumata und solchen, die von Generation zu Generation weitererzählt werden und mit der heutigen Realität nichts mehr zu tun haben, außer dass sie Hass schüren. Sich auf solche Scheintraumata aus Vorväterzeit zu berufen, scheint dort eine beliebte Legitimation zu sein, z.B. wenn es darum geht, Palästinensern ihre Häuser wegzunehmen. Mit solchen Begründungen ließe sich vielleicht noch ein schöner Landbesitz finden, der meinen Vorvätern weggenommen wurde und der mir jetzt das Leben erleichtern würde, wenn ich ihn mir "zurückholen" könnte. Wenn es eine Familienerzählung gäbe, die ein Lied vom "schrecklichen Leid" und den "schrecklichen Verlusten" meiner Sippschaft sänge, dann würde ich mich womöglich auch trauen, mich als Opfer hinzustellen. Wie gut, dass ein solches Verhalten in unserer Kultur eher unerwünscht ist (wenngleich sich teilweise an Ostdeutschland "versündigt" wurde, ist aber nicht ganz dasselbe, aber ja, ganz frei davon sind wir leider doch nicht).

    Wenn es in einer Kultur fest verankert ist bzw. als legitim gilt, mit Blut und Boden zu argumentieren, wie es bei den Konfliktparteien üblich ist, dann dürfte das einer Konfliktlösung stark im Weg stehen.

    Es gibt leider auch Gründe dafür, dass die Hamas und die israelische Regierung nicht von ihren Völkern den Stinkefinger gezeigt bekommen. Und die dürften zu nicht zu vernachlässigenden Anteilen ziemlich abgründig sein. Das ist der Teil, der mich besonders interessiert.

    Auf dieser Ebene ist es nicht anders als jeder andere Bürgerkrieg, bzw. Krieg. Die Realität des Krieges vernichtet jede Moral, das war und ist in allen Konflikten so, unabhängig von der Kultur.
    Ich glaube nicht, dass sie jede Moral vernichtet, sondern dass es Unterschiede, die auch kulturelle Wurzeln haben, gibt.

    Zum Beispiel weiß ich etwas davon, wie einige meiner christlich geprägten Vorfahren sich im zweiten Weltkrieg verhalten haben und was wegen ihrer teilweisen Verweigerung mit ihnen angestellt wurde, z.B. wurde mal eben ein Familienvater zur Strafe als Kanonenfutter an die Front geschickt, woraufhin er in Gefangenschaft geriet (wogegen die Mitläufer im Dorf, darunter auch der Verräter, bei ihren Familien bleiben durften). Dass er alles überlebte, war besonderes Glück.
    Zumindest diese Seite meiner Vorfahren sah es gar nicht ein, Juden zu hassen oder die Nazis zu wählen, wodurch man ihr Steine in den Weg legte. Sie blieb standhaft, weil ihre kulturelle Prägung es ihr erlaubte, den gesunden Menschenverstand zu benutzen (der z.B. die Juden, die man kannte, als ganz normale Menschen zeigte und damit die Propaganda entlarvte) und ihr auferlegte, nicht die Hand über andere zu erheben.
    Leider waren manche Dorfbewohner anders gestrickt, wie eben auch der Verräter. Aber das waren eben jene, die auch sonst die Zehn Gebote nicht ernst nahmen. Sie hatten mit der Gemeinschaft der Christen nichts zu tun, außer dass sie an allem teilnahmen, soweit es ihnen nützt, was den Kirchgang natürlich mit einschloss (man wollte sich nicht blamieren, typisches Mitläufertum).
    Die Gesamtkultur hat den Krieg und andere Grausamkeiten leider nicht verhindern können, aber zu ihr gehörten auch immer Anteile, die sich dem entgegengestellt haben. Das waren nicht nur einzelne Sozialisierungen, sondern schon übergreifende Strömungen, z.B. solche, die sich christlichen oder aufklärerischen Werten verbunden fühlten. Man sollte, was das angeht, auch einfache Bauern nicht unterschätzen.

    Heutzutage sind wir etwas weiter, indem wir uns nicht als Christen verstehen müssen, um ungefähr dieselben Werte zu teilen. Die Mitläufer unter den Dorfbewohnern wären unter heutigen Bedingungen etwas aufgeklärter und nicht ganz so mies, da sie moderner aufgewachsen wären. Es ist ein Teil unserer Kultur geworden, frei über Vieles nachzudenken und das, soweit gewünscht, auch öffentlich mitzuteilen. Wir brauchen weder den Heiligen Geist noch Gerede von Blut und Boden (z.B. uralte Besitzansprüche in die heutige Zeit tragend), um unser Handeln zu begründen. Wir sind so weit, dass solches Geschwafel auf uns "pathologisch" wirken würde. In den Kulturen der Konfliktparteien ist es aber noch ziemlich normal (was Lösungen behindert), in unserer hingegen unnormal (was helfen könnte). Diese alten Zöpfe müssen endlich abgeschnitten werden, z.B. um klar zu sehen, wo Verbrechen beginnen. Ohne die alten Zöpfe fehlt das süße Gift der falschen moralischen Rechtfertigungen.

    Alte Zöpfe erkennt man an den Argumentationsweisen der Hausbesetzer und Landnehmer. Auf der anderen Seite gibt es das leider auch, z.B. eine Argumentation, dass das alles Land der Palästinenser gewesen sei und dass dieser Zustand wiederhergestellt gehöre. Beide Seiten dehnen ihren Opferbegriff weit über tatsächlich Erlebtes hinaus aus. Sie haben bereits mit der Muttermilch einen seltsamen Stellvertreter-Opferstatus vermittelt bekommen. Das muss aufhören. Es muss sich aus dem kulturellen Erbe ausschleichen. Ich denke schon, dass Aufklärung über solche Mechanismen helfen könnte und dass sich dadurch ein kultureller Wandel vollziehen könnte, und zwar auf beiden Seiten.

    Die eigentliche Frage ist gar nicht, wann ein Friede im Sinne der Abwesenheit von gewaltsamen Kondflikt da sein würde, sondern wann und wie eine Form von gerechter Perspektive da sein kann. Es ist keine Frage von Sieg oder Niederlage der Hamas. Wenn Israel wollte, könnte es die Hamas jeder Zeit komplett und unwiderruflich auslöschen. Die Abwesenheit von gewaltsamen Auseinandersetzungen ist aber nicht dasselbe wie Frieden bzw. das Recht auf Selbstbestimmung der Völker.
    Mir ist das schon bewusst. Ich meinte damit kein Friedensideal, sondern durchaus einen Zustand, wie du ihn beschreibst. Ich glaube schon, dass ein Leben unter der Ordnung Israels auch für Palästinenser ein besseres als das derzeitige wäre, auch dann, wenn vorerst an jeder Ecke ein Polizist mit Maschinengewehr stehen müsste. Die Radikalen könnten nicht mehr rekrutieren, es würde eine öffentliche Ordnung entstehen, und der Weg zu mehr Wohlstand wäre geebnet. Man kann den Israelis viel vorwerfen, aber nicht, dass sie untüchtig wären. In zwei Generationen wäre der Konflikt vergessen, es gäbe Universitäten, Industrie und Wohlstand.

    Im Gegensatz zu manchen anderen bin ich der Auffassung, dass es derzeit noch gar nicht gut wäre, wenn die Palästinenser, bevor die Hamas beseitigt ist, so viel Selbstbestimmung bekämen, weil das bloß wieder in Gewalt ausarten würde. Die Hamas hat ein Werkzeug, das sie zu bedienen gelernt hat, das ist Propaganda und Gewalt. Mit anderen Werkzeugen kennt sie sich nicht so gut aus. Die Palästinenser müssten erst eigeninitiativ die Hamas trockenlegen, um mit der Verantwortung umgehen zu können.

    Das aber bitte nicht als einen Wunsch meinerseits (falsch) verstehen. Mir wäre viel lieber, wenn alle friedlich an einen Tisch kämen und gewaltbehaftete Wege nicht beschritten werden müssten. Dann müsste die Hamas aber auch mal glaubhaft machen, dass sie Gewalt nicht duldet, solange es sich nicht um angemessene und zugleich zielführende Mittel der Verteidigung handelt, wobei nicht angemessen ist, dass man Raketen abfeuert, wenn nicht alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. Andere Mittel könnten eben darin bestehen, sich internationale Hilfe zu suchen, was aber nur dann bei den richtigen Parteien Erfolg haben kann, wenn man sich von Gewalt distanziert. Es funktioniert bisher nicht, weil man sich nicht von Gewalt distanziert. Auch finanzielle Hilfen bzw. Aufbauhilfen sind immer wieder dadurch stark gefährdet, dass das Geld manchmal in falsche Kanäle gerät. Außerdem war von Anfang an klar, dass Israel nicht nachgeben würde.

    Diese Vergeltungslogik (und dass sie nicht zielführend ist) sollte doch längst beiden Parteien ganz besonders bekannt sein, scheint sie aber nicht zu interessieren. Man ist ja ganz alleine Opfer und sowieso Gottes auserwähltes Volk, und schon immer war das der eigene Boden, seit Jahrhunderten, Jahrtausenden, jeder so, wie es ihm passt. Dabei waren diejenigen, die sich darauf berufen, zu der Zeit weder geboren noch in Planung. Endloses Aufrechnen eines längst vergangenen Krieges gehört auch dazu. Trotzdem kratzt man sich in den jeweils eigenen Reihen nicht daran, wenn sie den Schwachsinn öffentlich herausblöken, solange es den vordergründigen Interessen der eigenen Seite nützt. Das halte ich schon für ein Zeichen einer kulturellen Dimension. Solches schleicht sich nicht mal eben aus, sollte aber möglichst früh angegangen werden. Wir hatten eine Abrechnung mit dem Nationalsozialismus. Er ist gesellschaftlich geächtet, was mittlerweile als Bestandteil unserer Kultur gewertet werden kann. Ebenso könnte man mit dem Vergeltungsdenken (und dem Aufrechnen) der beiden Streitparteien abrechnen.

    Das rückwärtsgewandte Denken ist toxisch und sollte neuem Denken, welches mehr von aktuellen Möglichkeiten und Chancen ausgeht und die Zukunft mitberücksichtigt, weichen. Es müsste für die betroffenen Sprachen ein Begriff, eine Phrase oder ein Satz dafür gefunden werden, der das dermaßen verdeutlicht, dass es viral geht.

    Diese jahrzehntelange Totalverweigerung (kaum Lerneffekt), sich an die eigene Nase zu fassen, um erst mal Fehler bei sich selber (und auch bei der eigenen Regierung) abzubauen, finde ich schon sehr speziell (auf beiden Seiten). Die Israelis haben einigen Wohlstand, und dann sind sie wohl mit der Welt und sich zufrieden, solange dieser Wohlstand nicht zur Disposition steht? Auf die Straße geht man auch erst, wenn der eigene Wohlstand gefährdet ist? Darüber müsste man mal "mit Israel" (wen auch immer man zu sprechen bekommt) ein ernstes Wörtchen reden. Irgendwas scheint bei denen, so allgemein gesagt, im Großen und Ganzen nicht zu stimmen. Wenn einer besondere Macht zu friedensstiftenden Veränderungen hätte, dann doch wohl das israelische Volk, indem es, der Zukunft zugewandt, aufbegehrt und den Frieden einfordert.
    jabu ist offline Geändert von jabu (15.05.2021 um 05:41 Uhr)

  3. #43 Zitieren
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    Zitat Zitat von jabu
    Ich meinte nicht, dass kulturelle Besonderheiten den Konflikt (oder die Dynamik dazu) erzeugen. Für mich stellte sich die Frage, inwiefern kulturelle Prägung (z.B. einen Hang, sich immer als alleiniges Opfer zu sehen, um den Hass gegen die andere Seite moralisch zu legitimieren und das an die jeweils nächste Generation weiterzugeben) ein Stellen der Vernunft über die Reaktion erschwert.
    Deswegen hatte ich auf Bürgerkrieg oder allgemeinen Krieg verweisen. Hass auf die andere Seite ist integraler Bestandteil eines jeden solchen Konfliktes. Das Stellen des Hassas oder auch der Reaktion über die Vernunft ist mit Blick auf Kriege und nochmal viel mehr mit Blick auf ethnische Konflikte oder auf „Erbfeindschaften“ das typisch Menschlichste überhaupt, und zwar überkulturell. Wir, als geprägte von einer spezifischen Kultur sehen natürlich besonders die Unterschiede, aber anthropologisch gesehen funktioniert kulturelle Identität und Handlungssteuerung erstaunlich gleichförmig in allen Gesellschaftsstrukturen.

    Aus der Psychologie und der Pädagogik wissen wir, dass die tiefsten inneren Überzeugungen, diejenigen, die unser unmittelbares Handeln bestimmen, in erster Linie affektiv geprägt sind, sprich, sie sind über unmittelbares Erleben geprägt und nicht über eine metaphysische Vernunft. Gerade in den Neurowissenschaften zeichnet sich immer mehr ab, dass unsere Weltwahrnehmung und damit auch all das, was unsere kognitive Ordnung der Realität bestimmt, erfahrungsbasiert erfolgt und dass maßgebliche Änderungen auch nur über das Erfahren neuer, tatsächlicher Zustände funktioniert und nicht über Vernunft.
    Was ich damit sagen will ist, solange in einer Endlosschleife permanent tatsächliche Ungerechtigkeit, Bedrohung und impliziter Vernichtungswille erfahren wird, und das passiert seit Jahrzehnten, solange bleibt ein vernunftgeleiteter Ansatz der Macht der erlebten Realität zwangsläufig untergeordnet.

    Zitat Zitat von jabu
    Zum Beispiel weiß ich etwas davon, wie einige meiner christlich geprägten Vorfahren sich im zweiten Weltkrieg verhalten haben und was wegen ihrer teilweisen Verweigerung mit ihnen angestellt wurde, z.B. wurde mal eben ein Familienvater zur Strafe als Kanonenfutter an die Front geschickt, woraufhin er in Gefangenschaft geriet (wogegen die Mitläufer im Dorf, darunter auch der Verräter, bei ihren Familien bleiben durften). Dass er alles überlebte, war besonderes Glück.
    Zumindest diese Seite meiner Vorfahren sah es gar nicht ein, Juden zu hassen oder die Nazis zu wählen, wodurch man ihr Steine in den Weg legte. Sie blieb standhaft, weil ihre kulturelle Prägung es ihr erlaubte, den gesunden Menschenverstand zu benutzen (der z.B. die Juden, die man kannte, als ganz normale Menschen zeigte und damit die Propaganda entlarvte) und ihr auferlegte, nicht die Hand über andere zu erheben.
    Leider waren manche Dorfbewohner anders gestrickt, wie eben auch der Verräter. Aber das waren eben jene, die auch sonst die Zehn Gebote nicht ernst nahmen. Sie hatten mit der Gemeinschaft der Christen nichts zu tun, außer dass sie an allem teilnahmen, soweit es ihnen nützt, was den Kirchgang natürlich mit einschloss (man wollte sich nicht blamieren, typisches Mitläufertum).
    Die Gesamtkultur hat den Krieg und andere Grausamkeiten leider nicht verhindern können, aber zu ihr gehörten auch immer Anteile, die sich dem entgegengestellt haben. Das waren nicht nur einzelne Sozialisierungen, sondern schon übergreifende Strömungen, z.B. solche, die sich christlichen oder aufklärerischen Werten verbunden fühlten. Man sollte, was das angeht, auch einfache Bauern nicht unterschätzen.
    Es gab christlich geprägten Widerstand und es gab christlich geprägte Nazis, Stichwort Kirchenkampf. Die Deutschen Christen (die Organisation) waren eine der gesellschaftlichen Vorreiter für die Nazis.

    Es lässt sich im Nachhinein immer schwer sagen, was es denn genau ist, was den einen Menschen zu diesen, den anderen zu diesen Handlungen führt. Religiosität hat nach allem, was man empirisch darüber sagen kann, tatsächlich Einfluss auf Resilienz. Gleichzeitig hat sie aber auch unbestreitbar einen Einfluss auf die Anfälligkeit für arbiträre Absolutheitsansprüche. Bei meiner Familie mütterlicherseits kam mein Opa durch die NS-Zeit zum Christentum. Nachdem die eine Ordnung komplett zusammengefallen war, suchte er sich eine andere, absolute Ordnung und Struktur.

    Ich will gar nicht abstreiten, dass tradierte Werte natürlich einen Einfluss darauf haben, inwieweit sich Menschen wozu bereitfinden. Das ist natürlich so. Der Knackpunkt daran ist aber, dass es dann doch eher individuelle Überzeugungen sind. Denn das übergeordnete Konstrukt, sei es ein religiöser Kodex oder ein aufklärerischer, lässt sich interpretieren und anpassen auf die jeweilige Situation. Ideologien sind adaptiv. Ich kann je nach Situation rational begründen, warum ein Angriff auf Zivilisten im größeren Bild zur Stärkung aufklärerischer Werte beitragen wird. Ebenso kann ich rational begründen, warum es mit Gottes Plan oder Willen konform geht, wenn ich die Feinde des Glaubens bekämpfe.

    Viel stärker wirkt da meines Erachtens das Bestehen tatsächlicher Verhältnisse. Wenn ich den sozialen Raum habe, in dem Perspektiven entstehen können und in denen vernunftgeleitetes Handeln gedeihen kann (und diesen Raum gibt es nicht, wenn es ums reine Überleben geht), dann haben solche Strömungen eine Aussicht auf Erfolg. Erst muss die Lebenswirklichkeit die Erfahrung bereithalten, dass es auch anders geht. Nur dann können solche real gemachten Erfahrungen auch zu einer gesellschaftlichen Änderung führen.

    Zitat Zitat von jabu
    Wir brauchen weder den Heiligen Geist noch Gerede von Blut und Boden (z.B. uralte Besitzansprüche in die heutige Zeit tragend), um unser Handeln zu begründen. Wir sind so weit, dass solches Geschwafel auf uns "pathologisch" wirken würde.
    Ich würde mir nichts lieber wünschen, als dass Du damit tatsächlich Recht hast, aber ich bin da mehr als skeptisch. Unsere scheinbare Resilienz gegen allzu extreme Ideologien ist meines Erachtens nur eine sehr fragile äußere Schale. Schau mal nach Nordirland, wie wenig nur nötig ist (eine Zolllinie im Ozean), um alte Gräben wieder aufzureißen. Wie viel wäre dann nötig, um wieder alles Erreichte über Bord zu werfen? Ich glaube nicht viel.

    Oder schau Dir die immer weiter voranschreitende Polarisierung in Deutschland an. Nach meiner Einschätzung ist der Hauptgrund für das Erstarken der AfD der systematische Wegfall sozialer Sicherheit. Und damit wäre es ein weiteres Beispiel dafür, dass es zuallererst die Lebensrealtiäten sind, unmittelbares Handeln bestimmen.

    Zitat Zitat von jabu
    Ohne die alten Zöpfe fehlt das süße Gift der falschen moralischen Rechtfertigungen.
    Ohne ein Land ohne ein Recht auf Selbstbestimmung und ohne eine soziale Perspektive und einem Dach über dem Kopf kann ich mit neuen Zöpfen nichts anfangen.
    Genau an der Stelle liegt auch der wichtigste Punkt in der Zuschreibung von Verantwortung und Schuld im jetzigen Konflikt. Die eine Seite hat ein eigenes Land, ein Selbstbestimmungsrecht und eine soziale Perspektive. Die andere hat nichts von alledem und sie ist obendrein maximal unterlegen, was Ressourcen sowie militärische und finanzielle Mittel angeht.

    Zitat Zitat von jabu
    Mir ist das schon bewusst. Ich meinte damit kein Friedensideal, sondern durchaus einen Zustand, wie du ihn beschreibst. Ich glaube schon, dass ein Leben unter der Ordnung Israels auch für Palästinenser ein besseres als das derzeitige wäre, auch dann, wenn vorerst an jeder Ecke ein Polizist mit Maschinengewehr stehen müsste. Die Radikalen könnten nicht mehr rekrutieren, es würde eine öffentliche Ordnung entstehen, und der Weg zu mehr Wohlstand wäre geebnet. Man kann den Israelis viel vorwerfen, aber nicht, dass sie untüchtig wären. In zwei Generationen wäre der Konflikt vergessen, es gäbe Universitäten, Industrie und Wohlstand.
    Ich glaube ich weiß, was Du damit meinst, aber mit Verlaub, was Du tatsächlich beschreibst ist letzten Endes ein kolonialer Gedanke. Die Tüchtigen müssen den kulturell Festgefahrenen halt beibringen, wie gut es doch sein kann. Mir ist schon klar, dass Du das gar nicht ausdrücken willst, also versteh mich nicht falsch, ich will Dir damit nichts unterstellen. Aber der springende Punkt ist, dass diese Deine Überlegung den Kern des ganzen Konflikts ad absurdum führt, nämlich das Recht auf Selbstbestimmung. Die Palästinenser wollen nicht unter israelischer Ordnung leben und dass ihre eigene Ordnung durchsetzt ist von Korruption, Extremismus und Gewalt ist eine direkte Konsequenz des Einflusses der israelischen Ordnung.
    Wie sich israelische Ordnung auswirkt, wenn es keine Hamas an der Spitze gibt, lässt sich in der Westbank doch ganz klar sehen. Es geht von der Westbank seit langer Zeit kein Terror mehr aus. Es hat absolut nichts an der israelischen Politik geändert. Im Gegenteil, sie hat sogar ganz offiziell verkündet, dass sie demnächst schlicht alles annektieren wollen. Israel hat faktisch die Kontrolle und es entsteht für die Palästinenser genau durch diese Kontrolle und Ordnung das absolute Gegenteil von dem, was Du in Aussicht stellst. Kein Wohlstand und Bildung sondern Enteignung und Entrechtung. Es ist gar kein Gedankenexperiment nötig, um sich vorzustellen was wäre, wenn Israel die volle Kontrolle hätte – die haben sie.

    Zitat Zitat von jabu
    Das aber bitte nicht als einen Wunsch meinerseits (falsch) verstehen. Mir wäre viel lieber, wenn alle friedlich an einen Tisch kämen und gewaltbehaftete Wege nicht beschritten werden müssten. Dann müsste die Hamas aber auch mal glaubhaft machen, dass sie Gewalt nicht duldet, solange es sich nicht um angemessene und zugleich zielführende Mittel der Verteidigung handelt, wobei nicht angemessen ist, dass man Raketen abfeuert, wenn nicht alle anderen Mittel ausgeschöpft sind.
    Du setzt hier aber die Voraussetzung für Verhandlungen an der ganz falschen Stelle an. In allen solchen Konflikten sollte internationales Recht binden sein. Ab wann Gewalt gerechtfertigt ist – darüber hat immer jede Seite ihren eigenen Narrativ. Der Beginn muss sein, erst mal das aufzugeben, was eindeutig und nach allen international geltenden Maßstäben völkerrechtswidrig ist. Stopp aller Siedlungsprojekte und Stopp aller militärischer, wirtschaftlicher und sozialer Sabotage der palästinensischen Selbstverwaltung in der Westbank. Eroberung (und nichts anders passiert dort) ist nach keinem ernstzunehmenden Maßstab ein Aspekt von Verteidigung und daher muss dies der Beginn von allem sein. Israel hat die volle Kontrolle und Israel operiert seit Jahrzehnten völkerrechtswidrig auf einem Territorium, das nicht das eigene Territorium ist und daher ist es nach allen geltenden Maßstäben jeglicher Moral, sei sie aufklärerisch, christlich, nationalistisch, internationalistisch oder basisdemokratisch, erforderlich, dass Israel die Partei ist, die mit Zugeständnissen beginnen muss. Alles andere widerspricht jeder geltenden Vorstellung von Moral und Ethik.

    Ich hatte es ja schon beschrieben, das Verhalten der Hamas hat weder ursächlich noch perspektivisch irgendeinen Einfluss auf Israels West-Bank-Politik. Sie nehmen sich das Land, wenn Raketen fliegen, und die nehmen sich das Land wenn keine Raketen fliegen. Sie nehmen es, wenn es eine Intifada gibt, und sie nehmen es, wenn es keine Intifada gibt.

    Auch hier, es benötigt kein Gedankenexperiment, um zu sehen, was die Konsequenz eines kompletten Gewaltverzichts von Seiten der Palästinenser wäre. Denn in der Westbank war dies genau der Fall, bis zur jetzigen Eskalation, die ihren Beginn genau daran nahm, dass trotz Abwesenheit von Terror die Enteignung und Entrechtung weiter ging.


    Zitat Zitat von jabu
    Diese Vergeltungslogik (und dass sie nicht zielführend ist) sollte doch längst beiden Parteien ganz besonders bekannt sein, scheint sie aber nicht zu interessieren.
    Ich glaube das siehst Du zu symmetrisch. Dieser Konflikt ist aber auf allen Ebenen asymmetrisch. Die Vergeltungslogik vernichtet die eine Seite, wärend die andere Seite dadurch immer mehr an Boden gewinnt. Für die israelische Regierung ist es eben gerade nicht so, dass die alten Muster von ererbtem Hass nicht zielführend wären. Sie sind sogar enorm zielführend, wenn man sich die Entwicklung der letzten 20 Jahre anschaut. Wie wahrscheinlich ist Einsicht, wenn es doch langfristig genau so läuft, wie man es haben will?

    Zitat Zitat von jabu
    Wir hatten eine Abrechnung mit dem Nationalsozialismus. Er ist gesellschaftlich geächtet, was mittlerweile als Bestandteil unserer Kultur gewertet werden kann. Ebenso könnte man mit dem Vergeltungsdenken (und dem Aufrechnen) der beiden Streitparteien abrechnen.
    Ja, wir hatten eine Abrechnung, nachdem Deutschland vollkommen besiegt war. Hätten die Nazis einen Status Quo mit den Amerikanern ausgehandelt, und hätte der gemeinsame Feind dann plötzlich Sowjetunion geheißen, für wie wahrscheinlich hältst Du es dann, dass wir heute alle ganz selbstverständlich Nationalsozialisten wären?

    Der gesellschaftliche Wandel in Deutschland wäre ohne den wirtschaftlichen Wandel nicht möglich gewesen und den gab es nur deswegen, weil Deutschland für die Alliierten strategisch so wichtig war. Erst das Erfahren, dass dieses neue System Wohlstand und Frieden bringt, hat den Erfolg ausgemacht. Und machen wir uns nichts vor, wenn es für die USA nicht von strategisch so enormer Wichtigkeit gewesen wäre, was mit Blick auf das kommunistische Schreckgespenst mit Westdeutschland passiert, dann hätte es auch ganz anders hier ausgesehen. Aus deutscher Sicht waren das unvergleichbar perfekte Bedingungen in Anbetracht dessen, dass man gerade besiegt worden ist, nachdem man das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte zu verantworten hatte. So gut das hier damals funktioniert hat, so wenig kann es Beispiel für andere Konflikte sein. Diese Einsicht hat bei den USA Jahrzehnte gedauert, dass das Exportieren von Demokratie eben schlicht nicht funktioniert, es ist während und nach dem Kalten Krieg fundamental gescheitert und hat unzähliges Elend und Leid hervorgebracht.

    Um es zusammenzufassen. Ich stelle nicht in Abrede, dass kulturell tradierte Werte ihren Teil zu allen Dynamiken beitragen. Und ich gebe Dir natürlich Recht, dass tradierter Hass ein wirkmächtiger Faktor im Palästinakonflikt ist. Aber so, wie tradierter Hass eben die Konsequenz aus realen Konflikten ist, so kann auch nur die real erfahrene Verbesserung zu einem Abbau tradierten Hasses führen. Die Reihenfolge von Ursache und Wirkung ist hier meiner Meinung nach klar verteilt. Kulturelle Werte und Lebensrealitäten korrelieren natürlich miteinander. Aber, um es abschließend mit christlicher Analogie zu sagen, der „Sprung in den Glauben“ funktioniert bei Individuen, nicht aber bei ganzen Gesellschaften. Dafür müssen zuerst andere Realitäten geschaffen werden, in denen neue Gedanken die Chance haben, durch real erfahrene Erlebnisse Fuß zu fassen um dann vielleicht selbst wiederum zu tradierten Werten zu werden.
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  4. #44 Zitieren
    Moderator Avatar von DWS
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    Es sind ja nach 1948, dem 6-Tagekrieg und der Intifada Palästinenser im Land geblieben, man nennt sie arabische Israelis. Die sollen ca. 20% der Israelis ausmachen. Unter ihnen sind viele hoch gebildet, Mediziner, Wissenschaftler. Sie hatten auch mal die gleichen Rechte und Perspektiven wie die jüdischen Israelis*, unter Jitchak Rabin hauptsächlich eingeführt. In letzter Zeit fühlen sich die arabischen Israelis wie Menschen 2. Klasse, was ist da passiert?
    Nationalstaatsgesetz, Arabisch verliert den Status als zweite Amtssprache. 2017 Trump erkennt Jerusalem als Hauptstadt Israels an, 2019 Trump erkennt Israels Souveränität über Golanhöhen an, kurz vor der aktuellen Eskalation (zu der auch Lynchmobs und Bürgerkrieg zwischen arabischen und jüdischen Israelis in gemischten Gemeinden gehört, Menschen werden aus ihren Autos gezerrt und halbtot geprügelt) werden die Wahlen ausgesetzt (dazu interessant, wie verzweifelt Netanjahu sich an die Macht klammert) - und dann ist wohl ein Knoten geplatzt. Wobei man dazu sagen muss, es freut nicht gerade viele arabische Israelis, was Hamas da gerade veranstaltet (oder ausnutzt?). Ich vermute, dahinter stecken auch noch weitere Interessen, Iran z.B.

    *Den Zustand wiederherzustellen + ein Stopp der Annektions- und Siedlungspolitik + dafür sorgen, dass die Palästinenser in den umstrittenen Gebieten Strom+Essen und ein sicheres Dach über dem Kopf haben, wäre m.E. ein kleiner Teil der Lösung; die Israel's Premier hauptsächlich in der Hand hat. Dazu müsste er einen weiteren Rückwärtssalto vollziehen, oder abtreten. Wie wahrscheinlich ist das?

    Es ist ein wahrer politischer Rückwärtssalto, der unterstreicht, wie verzweifelt Netanjahu nach Wegen sucht, sich an der Macht zu halten.
    Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.
    DWS ist offline Geändert von DWS (15.05.2021 um 12:50 Uhr)

  5. #45 Zitieren
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    Welche Wahl man hat hängt davon ab, welches Ziel man eigentlich hat. Und nach den Zielen ist eine Organisation zu beurteilen (nach den Handlungen aber dann natürlich auch).
    Das Ziel wäre es, von seinem zweifellos vorhandenen völkerrechtlichen Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch zu machen.
    Also, welche Wahl hat man mit diesem Ziel, als Hamas?

    Welche hat man als normaler Zivilist in Gaza? Wenn man an die Mauer demonstrieren geht, jubelt nämlich ein Israelischer Sniper wenn er einen verkrüppeln oder ermorden kann. Einer mehr für die Strichliste, yeah!

    P.S. Was gern vergessen wird (und die israelische, deutsche usw. Propaganda niemals erwähnen würde), Hamas ballert auch diesmal wieder hauptsächlich Feuerwerkskörper, die den Namen "Rakete" nicht verdient haben. Hier und da, vielleicht jede zehnte oder hundertste, ist mal eine richtige Rakete dabei.

    https://www.foreignaffairs.com/artic...bottle-rockets
    ulix ist offline Geändert von ulix (15.05.2021 um 13:55 Uhr)

  6. #46 Zitieren
    Moderator Avatar von DWS
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    Die Kassams (erinnert sich noch jemand?) dürften aber inzwischen Geschichte sein. Das waren ja zum Teil mit Schrott gefüllte Straßenlaternen mit einem Treibsatz drunter (kein Witz).
    Auch das lässt mich glauben, dass Hamas inzwischen ziemlich gut versorgt werden dürfte.
    Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.
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  7. #47 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Nein, nicht wirklich. Dass die Hamas ein skrupelloser Mörderverein ist, gehört eben gerade nicht zur verzerrten Wahrnehmung des Konfliktes, es stimmt halt tatsächlich, sie ist tatsächlich der perfekte Bösewicht. Was verzerrt ist, ist der Blick auf die israelische Regierung als „die einzige Demokratie in dieser Region“.
    Wenn du sagst die Hamas wäre ein perfekter Mörderverein, dann gehe ich natürlich davon aus dass du die IDF genauso beurteilst, oder schlimmer, da das objektiv halt richtig wäre. Richtig?

    Die Realität ist nämlich ziemlich langweilig: die Hamas ist eine - durchaus radikale - politische Partei, die einen Landtstrich, das größte Konzentrationlager der Geschichte, das größte Gefängnis der Geschichte, so gut es geht (in Anbetracht Israels Politik nicht sehr gut) verwaltet. Deshalb frage ich mich auch immer, wenn Israel mal wieder einen Hamas-"Operative" tötet (und zwei drei Frauen und ein dutzend Kinder dazu), war das jetzt der Chef der Raketenentwicklung, der Beamte bei der Wasserversorgung, oder der Schulminister?

    Zitat Zitat von DWS Beitrag anzeigen
    Es sind ja nach 1948, dem 6-Tagekrieg und der Intifada Palästinenser im Land geblieben, man nennt sie arabische Israelis. Die sollen ca. 20% der Israelis ausmachen. Unter ihnen sind viele hoch gebildet, Mediziner, Wissenschaftler. Sie hatten auch mal die gleichen Rechte und Perspektiven wie die jüdischen Israelis*
    Das ist eine gern verbreitete israelische Propaganda-Lüge. Erstens ist sie schon auf dem Papier falsch, selbst die Gesetze sind nicht gleichberechtigt. Right of Return ist so das offensichtlichste Beispiel, gibt aber noch über 60 weitere solche Gesetze die direkt Araber diskriminieren, oder Juden Vorteile verschaffen. Aber selbst wenn es auf dem Papier richtig wäre, wäre es de facto, in der Realität, falsch.

    Zwischen Bürgerkrieg und Bürgerrechtsbewegung hatten Schwarze in den USA ca. 100 Jahre lang gleiche Rechte. Würdest du sagen sie waren gleichberechtigt? "Seperate but equal"? Hatten sie die "gleichen Perspektiven"?
    ulix ist offline Geändert von ulix (15.05.2021 um 14:41 Uhr)

  8. #48 Zitieren
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    1966 wurde das Kriegsrecht vollständig aufgehoben; die Regierung begann damit, die meisten diskriminierenden Gesetze zu ändern, und arabische Bürger erhielten die gleichen gesetzlichen Rechte wie jüdische Bürger.

    Es ging mir darum, was davon in letzter Zeit wieder zurückgenommen wurde. Du versteifst dich aber lieber auf "Propagandalügen" und Haare in der Suppe, als auf den Kern der Sache auch nur ansatzweise einzugehen. Kannst du alleine machen. Den Friedensnobelpreis gewinnt man so aber nicht.

    €: Ohnehin wollte ich mich da eigentlich heraushalten, nachdem ich eine Diskussion mit 2 zugeschalteten arabischen Israelis vor ein paar Tagen gesehen habe. Wie aggressiv die auf jedes "überhebliche Gelaber" von deutschen Nahost-Experten reagiert haben - und war es auch noch so gut gemeint.

    [Video]

    [Video]
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    DWS ist offline Geändert von DWS (15.05.2021 um 16:10 Uhr)

  9. #49 Zitieren
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    Die Frage ist halt was es bringt zu sagen, arabische Bürger hätten gleiche Rechte gehabt, wenn das nicht nur in der Realität nicht stimmt (oder jemals stimmte), sondern auch nicht auf dem Papier.

    Die Frage ist außerdem, was es aussagt dass Israel zwar 1966 auf dem Papier mehr oder weniger (!) gleiche Rechte für arabische Israelis eingeführt hat, dann aber ein halbes Jahr später neue Provinzen erobert hat, in denen die arabische Bevölkerung dann seitdem noch entrechteter wurde als es die israelischen Araber vor 1966 waren. Und in denen dann - für die arabischen Bewohner, natürlich nicht für sie späteren Siedler - auch wieder das Kriegsrecht galt.

    Man kann es nicht oft genug erwähnen: Gaza und die Westbank waren israelische Provinzen. Heute ist die Westbank eine israelische Provinz. Gaza ist heute was Besonders, ob Provinz oder nicht, es ist ein Höllenloch von Israels Gnaden. Dafür, dass es den Menschen dort noch beschissener geht als den Unterdrückten in der Militärdiktatur Westbank, trägt Israel die Hauptverantwortung.

    Mal ein anderer Aspekt dieses Themas:
    In den letzten Jahren haben sich Israel und diverse arabische Staaten ja ziemlich angenähert und wunderbare Geschäfte miteinander gemacht. Israel verkauft Unterdrückungstechnologie, die Araber Rohstoffe. Win-Win.
    Nach der erneuten Eskalation, und vor allem dem überzogenen Angriff auf die Betenden in der drittheiligsten Stätte des Islam während des Ramadan, hat sich Israel da sicherlich außenpolitisch keinen Gefallen getan.

    Der öffentliche Druck in diesen Staaten dürfte riesig sein, und auch irgendwelche Autokraten können sich diesem nicht vollständig entziehen.
    ulix ist offline Geändert von ulix (15.05.2021 um 15:18 Uhr)

  10. #50 Zitieren
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    Zitat Zitat von ulix
    Das Ziel wäre es
    Wäre es wo? Erstens hatte die Hamas nicht das Ziel, irgendjemanden zu verteidigen, was das „wäre“ völlig irrelevant macht und zweitens ist der Beschuss von Zivilisten noch nicht einmal dann eine Verteidigung, wenn es theoretisch die tatsächliche Absicht wäre. Faktisch hat die Hamas keine reale Möglichkeit irgendeiner Selbstverteidigung, wenn Israel sie wirklich komplett angreifen würde.

    Zitat Zitat von ulix
    Die Realität ist nämlich ziemlich langweilig: die Hamas ist eine - durchaus radikale - politische Partei, die einen Landtstrich, das größte Konzentrationlager der Geschichte, das größte Gefängnis der Geschichte, so gut es geht (in Anbetracht Israels Politik nicht sehr gut) verwaltet.
    Es reicht bei Dir schon aus, die Hamas Mörder zu nennen und schon explodiert bei Dir die Rhetorik und es entsteht das größte KZ der Geschichte, wobei der Nazisubtext selbstverständlich nur die „passende Kategorie“ ist und nichts mit den impliziten Assoziationen zu tun hat…

    Bilde Dir gerne weiter ein, dass Du damit keine abschreckende Wirkung bei allen erzeugst, die nicht zu 100% mit Deinen Talkingpoints übereinstimmen…
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  11. #51 Zitieren
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    Kannst auch die israelischen Juden, die die menschenverachtende Politik ihrer eigenen Regierung anklagen, gern vorwerfen, Nazivergleiche zu machen.

    [Video]

    Gaza ist ein Konzentrationslager.

    Die Hamas trägt dafür kaum Verantwortung.

    Und falls du es vergessen hast, und mir deshalb schon wieder dreist irgendeine Pathologie unterstellst.

    Zitat Zitat von Thread von ulix
    "Whatsapp benutzt? Ab ins Gehirnwäsche-Lager!" - Chinas Konzentrationslager für Muslime.
    Lass diese Unverschämtheiten.

    P.S. Das israelische Konzentrationslager Gazas ist ein deutlich grausameres als die chinesischen für Uighuren.
    Hattest du irgendwas dagegen, als ích die chinesischen Konzentrationslager Konzentrationslager genannt habe?
    ulix ist offline Geändert von ulix (15.05.2021 um 18:56 Uhr)

  12. #52 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von ulix
    Kannst auch die israelischen Juden, die die menschenverachtende Politik ihrer eigenen Regierung anklagen, gern vorwerfen, Nazivergleiche zu machen.
    Wenn sie Nazivergleiche machen, dann würd ich sie auch Nazivergleiche nennen.

    Zitat Zitat von ulix
    Und falls du es vergessen hast, und mir deshalb schon wieder dreist irgendeine Pathologie unterstellst.
    Natürlich, wie dumm von mir zu unterstellen, der Begriff KZ hätte seinen Hauptbezugspunkt bei den Nazis, sorry.

    Zitat Zitat von ulix
    P.S. Das israelische Konzentrationslager Gazas ist ein deutlich grausameres als die chinesischen für Uighuren.
    Und das weißt Du jetzt woher? Gibt es dafür eine Formel, mit der Du einerseits Grausamkeit exakt berechnen kannst und gleichzeitig das weitgehende Fehlen von Informationen zu extrapolieren vermagst?
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  13. #53 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Und das weißt Du jetzt woher? Gibt es dafür eine Formel, mit der Du einerseits Grausamkeit exakt berechnen kannst und gleichzeitig das weitgehende Fehlen von Informationen zu extrapolieren vermagst?
    Sogut wie niemand kommt raus, egal was die Person tut, weil Israel sie nicht rauslässt.
    Israel bombardiert alle paar Jahre großflächig zivil bewohnte Gebiete.
    Wer sich wehrt - zum Beispiel friedlich demonstriert - kommt nicht ins Gehirnwäsche-Lager, sondern kriegt ggf. eine Kugel in den Kopf oder eine Cruise Missile ins Wohnzimmer.
    Die gesamte Bevölkerung ist auf Diät, die Arbeitslosigkeit extrem hoch (momentan ca. 50%), die Mehrheit der Bevölkerung auf internationale Hilfslieferungen angewiesen, alles aufgrund der israelischen Blockade. Das Wasser ist giftig, wenn man Glück hat gibt es 2 Stunden am Tag Strom.
    Es gibt keine - gar keine - Möglichkeit für die Bevölkerung den Kopf unten zu halten um ein den Umständen entsprechend relativ normales Leben zu führen.
    Das geht jetzt seit fast 15 Jahren so.
    Etc. pp.

    Der Grad der Menschenverachtung ist ein anderer, schlimmerer. China sieht - auf seine eigene menschenverachtende Weise - Uighuren als potentiell nützliche Staatsbürger die es umzuerziehen (die KP würde sagen: zu integrieren) gilt.
    Wär "schön", wenn das in Israel so wäre. "Humanistischer", sozusagen.
    ulix ist offline Geändert von ulix (16.05.2021 um 21:08 Uhr)

  14. #54 Zitieren
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    Es erfreut mich momentan doch etwas, wie überraschend scharf die Reaktion in großen Teilen der amerikanischen Öffentlichkeit ausfällt. CNN, MSNBC und andere liberale Mainstream-Medien sind überraschend kritisch, lassend überraschend viele Palästinenser überraschend offen von ihren Erfahrungen berichten.

    IGN (die besucherstärkste Spielewebseite der Welt) hatte kurz eine Palästina-Flagge neben dem Logo auf der Webseite! Die Flagge ist zwar wieder weg, aber Gamespot und IGN sammeln weiterhin (gut sichtbar auf der Startseite) Geld für palästinensische Opfer, und benennen dabei die israelische Täterschaft. Kotaku ruft zu politischem Aktivismus auf, und dazu sich über BDS zu informieren.

    Mehrere Kongressabgeordnete verurteilen Israels Täterschaft in Reden im Repräsentantenhaus scharf.

    Das sind für sich betrachtet keine große Meldungen, es zeigt aber einen riesigen Umschwung in der öffentlichen Wahrnehmung in den USA. Viele der Kommentatoren dort bringen das mit einem Lernprozess der Öffentlichkeit im Zuge der Black Lives Matter Bewegung in Verbindung, was ich plausibel finde. Es sind ganz ähnliche (wenn auch schlimmere) Mechanismen der institutionalisierten weißen Vorherrschaft (White Supremacy) im Spiel.

    Es ist auf jeden Fall bemerkenswert, dass die Hemmschwelle israelische Verbrechen zu benennen und anzuklagen, in großen Teilen der US-Öffentlichkeit weggefallen zu sein scheint, auch wenn das noch nicht ganz bei den "liberalen" Medienkonglomeraten und in der demokratischen Partei angekommen ist.

    Das dürfte damit aber nur eine Frage der Zeit sein. Das Overton Window bewegt sich, ausnahmsweise mal in die richtige Richtung.

    Edit: Der IGN Aufruf ist weg, ebenso der von Game Informer. Haben sich wohl die Corporate Overlords zu Wort gemeldet. Nichtsdestotrotz bemerkenswert.
    ulix ist offline Geändert von ulix (17.05.2021 um 00:01 Uhr)

  15. #55 Zitieren
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    Die Haltung der Bundesregierung auf der heutigen PK war interessant. Israel habe das Recht auf verhältnismäßige Selbstverteidigung. Auf die Frage, ob sie es denn für verhältnismäßig halte, dabei ein Hochhaus mit Büros internationaler Medien zu zerstören und x Zivilisten, darunter 90(? habe die Zahlen nicht mehr parat) Kinder zu töten, wurde geantwortet: Hamas nimmt die Zivilbevölkerung in Geiselhaft, baut ihre unterirdischen Anlagen insbesondere unter Schulen. Benutzt sie als menschliche Schutzschilde. Israel hat das Recht auf verhältnismäßige Selbstverteidigung. Damit wäre alles dazu gesagt.

    Das erinnert mich an die Fragen, die 2001 hochkochten, ob oder ab wann man entführte zivile Flugzeuge abschießen dürfe.

    Seit 2014 gibt es auf Seiten der Bundesregierung keine aktuellen Statements mehr zur Lage im nahen Osten. Man hat sich im Westen der Illusion hingegeben, dass da Ruhe eingekehrt sein könnte, es gibt keine Verhandlungskanäle zur Hamas (außer Ägypten). Joe Biden ruft Netanjahu an, gleich danach Abbas und das war's dann auch schon. Abbas hatte aus Angst um die Macht, die Wahlen verschoben, was m.E. ein weiterer Auslöser gewesen ist; die Palästinenser insbesondere die junge Generation hätten durch die Wahlen noch eine klitzekleine Perspektive gehabt, das war verpufft. Die Palästinenser waren und sind einfach nur noch desillusioniert und enttäuscht vom jahrelangen Nichtstun des Rests der Welt. Da würde wahrscheinlich jeder irgendwie auf sich aufmerksam machen wollen, bevor es zu spät ist, und man vollends in Vergessenheit gerät.

    Pro Jahr pumpt übrigens die EU eine Milliarde Euro nach Palästina. Aber wieviel davon versickert wohl in den korrupten Strukturen?
    Will damit sagen, eine Lösung dafür haben auch die besten Diplomaten und Nahost-Experten nicht gefunden. Milliarden an Entwicklungshilfen und auch die 2-Staatenlösung wird es nicht befrieden. Das gelobte Land, der Tempelberg, die heilige Stadt, können so einfach nicht brüderlich (Hamas, Fatah, Araber, Christen und Juden) geteilt werden - wie man sich das von hier aus als Gottloser so vorstellen mag.
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    DWS ist offline Geändert von DWS (17.05.2021 um 14:39 Uhr)

  16. #56 Zitieren
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    Zitat Zitat von ulix
    Der Grad der Menschenverachtung ist ein anderer, schlimmerer. China sieht - auf seine eigene menschenverachtende Weise - Uighuren als potentiell nützliche Staatsbürger die es umzuerziehen (die KP würde sagen: zu integrieren) gilt.
    Wohl kaum:

    https://www.derstandard.de/story/200...zid-an-uiguren

    Zwei Millionen Betroffene
    Zitiert werden unter anderem Aussagen von hochrangigen Regierungsmitgliedern wie Staatschef Xi Jinping aus dem Jahr 2014, als Peking den "Volkskrieg gegen Terror" in Xinjiang ausrief. Damals war davon die Rede, "jeden zusammenzutreiben, der zusammengetrieben werden soll", und die Uiguren "vollkommen auszulöschen (...) ihre Wurzeln und Äste zu zerstören". Um das zu erreichen, wurden Han-Chinesen zur Kontrolle von Uiguren in die Region umgesiedelt, Frauen im gebärfähigen Alter sterilisiert und Männer im zeugungsfähigen Alter interniert.
    Laut Schätzungen wurden bis zu zwei Millionen Uiguren und Angehörige anderer muslimischer Minderheiten in Internierungslager gebracht. Ehemalige Häftlinge erzählten in mehreren Berichten, dass es dort zu Folter, sexueller Gewalt und Gehirnwäsche kommt.

    Zitat Zitat von DWS
    Die Haltung der Bundesregierung auf der heutigen PK war interessant. Israel habe das Recht auf verhältnismäßige Selbstverteidigung. Auf die Frage, ob sie es denn für verhältnismäßig halte, dabei ein Hochhaus mit Büros internationaler Medien zu zerstören und x Zivilisten, darunter 90(? habe die Zahlen nicht mehr parat) Kinder zu töten, wurde geantwortet: Hamas nimmt die Zivilbevölkerung in Geiselhaft, baut ihre unterirdischen Anlagen insbesondere unter Schulen. Benutzt sie als menschliche Schutzschilde. Israel hat das Recht auf verhältnismäßige Selbstverteidigung. Damit wäre alles dazu gesagt.
    Es dürfte dazu auch ganz bestimmt kein Zufall sein, dass mit der Zerstörung dieses Gebäudes eine Berichterstattung aus Gaza, die nicht durch Israel kontrolliert und gefiltert ist, fast unmöglich wird.
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  17. #57 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Hmmm...

    ‘Independent’ report claiming Uyghur genocide brought to you by sham university, neocon ideologues lobbying to ‘punish’ China

    [...] Others are members of the hawkish Inter-Parliamentary Alliance on China, former US State Department officials, and ardent supporters of US military interventionism. The report relies most substantially on the “expertise” of Adrian Zenz, the far-right evangelical ideologue, whose “scholarship” on China has been demonstrated to be deeply flawed, riddled with falsehoods and dishonest statistical manipulation.

    The reliance on the voluminous but demonstrably fraudulent work of Zenz is not surprising, given that the report was financed by the Newlines Institute’s parent organization, the Fairfax University of America (FXUA). FXUA is a disgraced institution that state regulators moved to shut down in 2019 after finding that its “teachers weren’t qualified to teach their assigned courses”, academic quality was “patently deficient,” and plagiarism was “rampant” and ignored.
    https://thegrayzone.com/2021/03/17/r...-punish-china/

    (Paar dutzend Primärquellen im Artikel verlinkt)

    Herrn Zenz, und die Tatsache dass sich westliche Berichterstattung oft auf die "Erkenntnisse" dieses verblendeten Ideologen mit Messias-Komplex bezieht, hatte ich im anderen China-Thread schon angesprochen. Ziemlich sicher dass China jede Menge Dreck am Stecken hat, vieles davon gut sichtbar und absolut unstrittig. Aber sich auf die "Expertise" solcher "unabhängiger" "Beobachter" und ähh "Experten" zu verlassen, naja.

    Ist aber auch ein sehr gutes Beispiel für Medien-Bias - und deinen! Wenn es um China geht wird jede Horrormeldung, egal aus welche Quelle, unhinterfragt und ohne Einordnung reproduziert, wenn es um Israel geht ist es genau umgekehrt.

    Gibt doch genug andere Quellen, vertrauenswürdige und wirklich unabhängige Quellen ohne sekundäre Agenda (außer Menschenrechten), wie z.B. HRW. Auch die lassen China nicht gut aussehen, und das ganz ohne substanzlose Behauptungen.

    2012 verfasste Adrian Zenz gemeinsam mit seinem Schwiegervater das Buch "Worthy to Escape" über die Endzeit in der Bibel.[6] In diesem Buch verurteilt Zenz unter anderem die Gleichstellung der Geschlechter sowie Homosexualität als ein Werk Satans[14][15]. Die Prügelstrafe für Kinder als Erziehungsmethode beschreibt er als Werkzeug "liebevoller Erziehung"[16]. Zenz bekennt sich als Wiedergeborener Christ.[6] Er leitete christliche Entwicklungsarbeit in China und wurde 2017 als Dozent an der evangelikalen Akademie für Weltmission bei Stuttgart geführt.[7]

    Gegenüber dem Wall Street Journal gab Zenz im Mai 2019 an, die Motivation für seinen Einsatz für religiöse Minderheiten vor allem aus seiner christlichen Religion zu schöpfen und betonte, er fühle sich dabei „von Gott geleitet“.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Adrian_Zenz

    Das ist - leider - weltweit der wichtigste Advokat der Uighuren. Dieser "Experte" wird in fast jedem Artikel zum Thema (auf Deutsch und Englisch) zitiert. Ich trau dem Braten kein Bisschen. Ich glaube Dinge nicht einfach, weil sie dem entsprechen was ich hören will.
    ulix ist offline Geändert von ulix (17.05.2021 um 19:55 Uhr)

  18. #58 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von ulix
    Ist aber auch ein sehr gutes Beispiel für Medien-Bias - und deinen! Wenn es um China geht wird jede Horrormeldung, egal aus welche Quelle, unhinterfragt und ohne Einordnung reproduziert, wenn es um Israel geht ist es genau umgekehrt.
    Jaja, da sind wir dann wieder bei der Wahrnehmung. Ich hätte es in Bezug auf Dich nicht besser formulieren können. Und dass ein Herr Blumenthal jetzt die vertrauensvolle Quelle ist ergibt sich woraus? Vielleicht aus seinen Auftritten im chinesischen und russischen Staatsfernsehen?

    Die Vorwürfe und Auswertungen der chinesischen Dokumente kamen nicht nur von Herrn Zenz. The Associated Press behauptet dies ebenso:

    https://apnews.com/article/ap-top-ne...41a514f78d764c
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  19. #59 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Jaja, da sind wir dann wieder bei der Wahrnehmung. Ich hätte es in Bezug auf Dich nicht besser formulieren können. Und dass ein Herr Blumenthal jetzt die vertrauensvolle Quelle ist ergibt sich woraus? Vielleicht aus seinen Auftritten im chinesischen und russischen Staatsfernsehen?
    Ahja, die wunderbare Diskussionstaktik der israelischen Propaganda: Shooting the messenger.
    Irgendwas gegen die Argumente und dutzenden Quellen zu sagen? Ist dir aufgefallen, dass der Artikel nicht von Blumenthal verfasst wurde?

    Was hältst du nebenbei für das klarere Anzeichen, dass man nicht besonders vertrauensvoll ist:
    Im russischen Fernsehen auftreten, oder ein radikaler evangelikaler Christ zu sein?

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Die Vorwürfe und Auswertungen der chinesischen Dokumente kamen nicht nur von Herrn Zenz. The Associated Press behauptet dies ebenso:

    https://apnews.com/article/ap-top-ne...41a514f78d764c
    Und beruft sich dabei allein im verlinkten Artikel sieben mal (!) auf Zenz. Soll ich diesen Einwand ernst nehmen? Hast du den Artikel auch nur überflogen?

    Wir wissen schlicht nicht genau, was in Xianjian abgeht. Aber allein die Tatsache, dass sich dort irgendwelche Uighuren halbwegs frei bewegen dürfen ist Beweis, dass es dort weniger schlimm ist als in Gaza. Und natürlich sind Zwangssterilisierung schlimm, wenn sie stattfinden, noch schlimmer wenn es im behaupteten Umfang passiert. Aber das ist nix was nur China macht.

    https://www.pbs.org/independentlens/...omens-prisons/

    Wo ist deine Kritik der USA, na? Was ist das für eine chinafeindliche Pathologie, Jean-Luc? Bei Adrian Zenz zur Schule gegangen?

    Die US-Konzentrationslager, die unter Biden weiter bestehen, sind übrigens auch Konzentrationslager. Genau wie Gaza. Aber auch deutlich weniger schlimm.
    Die Konzentrationslager, die die EU in Libyen mit Hilfe libyischer Warlords als Subunternehmer unterhält, sind ebenfalls Konzentrationslager. Die sind vielleicht sogar schlimmer als das KZ Gaza.

    P.S. Was beim fortschreitenden Wandel der Wahrnehmung Israels in der US-Öffentlichkeit sicher auch eine Rolle gespielt hat ist der beliebteste Politiker der USA, Bernie. Dem kann zum Glück auch niemand ernsthaft ans Bein pissen, wenn es Israel kritisiert. Die typischen Rufmordkampagnen funktionieren bei ihm nicht.
    ulix ist offline Geändert von ulix (17.05.2021 um 22:34 Uhr)

  20. #60 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von ulix
    Im russischen Fernsehen auftreten, oder ein radikaler evangelikaler Christ zu sein?
    Wenigsten scheinst Du bei dieser Farge nachvollzogen zu haben, dass Du dasselbe tust, was Du mir in Deinem ersten Satz vorwirfst…denn beides ist shooting the messenger…

    Du hast im letzten Post noch großtrabend davon geredet, dass man keinen Quellen mit Agenda trauen soll und verlinkst dann völlig selbstverständlich eine Quelle, deren Gründer gerne mal bei Tucker Carlson oder Russia Today darüber berichtet, dass Russiagate ein hetzerischer Narrativ sei oder der eben dasselbe, was als Kritik in diesem von Dir verlinkten Artikel steht im chinesischen Staatsfernsehen erläutert.

    Aber klar, da gibt es natürlich keine Agenda – ist ja ne Quelle von Dir, gelle? Wie war das noch:

    Zitat Zitat von ulix
    Ich glaube Dinge nicht einfach, weil sie dem entsprechen was ich hören will.
    Dass Herr Blumenthal rein zufällig exakt dieselbe Israel-Rhetorik an den Tag legt wie Du ist sicher nicht weiter relevant…Hauptsache keine Agenda…

    Zitat Zitat von ulix
    Und beruft sich dabei allein im verlinkten Artikel sieben mal (!) auf Zenz. Soll ich diesen Einwand ernst nehmen? Hast du den Artikel auch nur überflogen?
    Ja, Du solltest ihn ernst nehmen, da AP sich eben nicht nur auf ihn beruft, sondern eine eigene Recherche angestellt hat. Steht da recht klar drin.

    Zitat Zitat von ulix
    Wo ist deine Kritik der USA, na? Was ist das für eine chinafeindliche Pathologie, Jean-Luc? Bei Adrian Zenz zur Schule gegangen?
    Hm, ja, woran das wohl liegt, dass ich mich dazu nicht geäußert habe. Vielleicht ja daran, dass ich davon bis gerade nichts wusste und dass es außerdem in den USA von vorne bis hinten illegal war und ist und keine geplante Staatskampagne gegen eine ganze Volksgruppe…
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