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Wenn ich dein Haus nicht stehle, dann stiehlt es jemand anderes! (aus PE)

  1. #21 Zitieren
    General Avatar von Norrik
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    Zitat Zitat von ulix Beitrag anzeigen
    Wie so oft bei Israel-apologetischen Ausführungen, ist es auch hier so dass sich viele Fehler, Verzerrungen und Unwahrheiten in deinem Beitrag finden, dabei ist dein Beitrag noch ein harmloses Beispiel für Pro-Israel-Propaganda.
    Da stecken so viele merkwürdige Vorwürfe drin, dass ich gar nicht weiss, wo anfangen. Sag mir bitte einen Satz in meinem Post, der "Israel-apologetisch" ist. Du wirst keinen finden. Und wo sind die vielen Fehler? Falls ich mit dem Apartheid Begriff falsch liegen sollte, wäre das ein Fehler, wo sind die anderen "vielen" Fehler?

    Erstens, die Zionazis. Wie ich ja schon sagte ist das nicht der passendste Begriff, da nicht jeder Faschist ein Nazi ist (aber jeder Nazi ein Faschist). Nun ist es aber so, dass anders als du suggerierst, nicht nur NSDAP Mitglieder als Nazis bezeichnet werden. Es gibt etliche Leute die heute existieren, die Nazis sind, die treffenderweise so genannt werden, oder sich sogar stolz selbst so nennen. Und im allgemeinen Sprachgebrauch ist es eingebürgert, dass man jegliche Art von Faschisten als Nazis bezeichnet, auch wenn das nicht 100% korrekt ist.
    Du bist nicht auf die von mir angesprochene Problematik eingegangen, dass man sich als deutscher bei gewissen Themen anders äussern sollte, und sich Positionen niemand unabhängig von der eigenen politischen Vergangenheit äussert. Die Korrektheit und Definition des Begriffs Nazi ist eine Sache, Wir könnten uns jetzt an den Punkten der Faschismusdefinition von Umberto Eco abarbeiten, aber darauf habe ich keine Lust.

    Das Problem hier ist die historische Dimension. Wenn Opfer das Holocaust und damit der historisch real existierenden Nazis (das gilt übrigens genau) selber als Nazis bezeichnet werden, ist das nicht einfach ein unpassender Begriff, sondern es ist eine explizite Umkehrung der Opfer-Täter Verhältnisse und somit explizit sekundär antisemitisch und hat, gewollt oder ungewollt, eine apologetische Wirkung für NS-Verbrechen.

    Der stellvertretende Bürgermeister von Jerusalem ist ein Faschist. Ein echter Faschist. Nicht so eine weichgespülte Version von Faschist wie Marine Le Pen oder Bernd Höcke, sondern ein echter Faschist. Und er ist Zionist.
    Das weiss ich nicht, ist möglich, aber für die Diskussion nicht relevant. Wenn du ihn einfach als Faschisten bezeichnet hättest wäre das etwas anderes. Stattdessen hast du das Wortspiel Zionazi verwendet, das ähnlich wie der Begriff Feminazi eine bewusst eine Assoziation zwischen Nationalsozialismus und Zionismus aufstellt. Da Zionismus von faschistischen oftmals als Code für Weltjudentum verwendet wird, und die solche Begriffe selber als Kampfbegriffe verwenden, um die Schuld des Holocausts auf die Juden zu lenken, bedienst du dich hiermit solchen Diskursen und bekräftigst sie dadurch.


    Zweitens, der Apartheid-Begriff. Dazu gleich mehrere Punkte:
    Die von dir genannten Gruppen mögen Israel als Apartheidsstaat definieren und viele tun dies. Ich halte es dennoch für inkorrekt aus mehreren Gründen. Ich halte grundsätzlich sehr wenig von historischen Vergleichen von Unrechtsregimen. Je mehr man sich mit Genoziden/Kolonialismus/etc. auseinandersetzt, desto mehr ergibt sich ein Bild, wie abhängig die entsprechenden Systeme und Handlungen von den zeitlichen und örtlichen Begebenheten abhängig waren und wie schlecht sie sich meist auf andere Systeme übertragen lassen.

    Es mag sein, dass in der UN-Resolution Apartheid als universeller Begriff verwendet wird. Die emotionale Assoziation ist jedoch eng mit dem Fall Südafrika verknüpft, so wie der Begriff Nationalsozialismus mit dem dritten Reich assoziiert wird. Wenn du den Begriff googelst, zeigt sich das. Anders sieht es bei Begriffen wie Kolonialismus, Rassentrennung oder Faschismus aus, denn diese werden im allgemeinen Sprachgebrauch mit verschiedenen Systemen assoziiert. Bei Gruppen wie BDS geht es nicht darum, eine korrekte ANalysekategorie zu finden, für was in Israel/Palästina passiert, sondern eine emotionale Bindung zu Südafrika herzustellen, da dort effektiv boykottiert werden konnte. Es handelt sich also schlichtweg um eine politische Instrumentalisierung eines Unrechtsregimes für die Bekämpfung eines Anderen und davon halte ich nichts.

    C) Es gibt in der politischen Bewegung Palästinas keine relevanten Strömungen, die nicht anerkennen, dass Israel ein Apartheidsstaat ist.
    Ich gehe davon aus, dass es sich wie gesagt um politische Instrumentalisierungen des Begriffs handelt. Aber ich würde mir nicht einfallen lassen, den Palästinensern vorzuschreibeb, welche Begriffe sie verwenden sollen und welche nicht.

    Das liegt auch nicht daran dass - anders als Israel-Apologeten gern insinuieren - alle Palästinenser, oder besser noch "die Araber" alle Antisemiten sind, sondern daran dass der Begriff passt.
    Also zunächst einmal, inwiefern ist die Ablehnung des Begriffs Apartheids apologetisch. Nur weil man der Ansicht ist, dass der Begriff zu unterschiedlich ist, um hier zu passen, heisst noch nicht viel. Nur weil es nicht Apartheid ist, ist es ja nicht weniger verabscheuenswert, was dort passiert. Es geht ja nur darum, ob der Begriff analytisch passt oder nicht. Wie das ganze zu verurteilen ist, ist eine andere Frage.

    D) Deshalb nennen auch sehr viele - es werden mehr und mehr - linke Juden Weltweit das Kind beim Namen, und erkennen an dass Israel ein Apartheidsstaat ist. Manche, wie Chomsky, bringen den korrekten Einwand, dass es eigentlich, genau genommen, eine Verharmlosung ist, Israel Apartheid zu nennen, da die Situation für die meisten Entrechteten dort eben deutlich prekärer ist als im Südafrika der Apartheid.
    Chomsky setzt sich auch dafür ein, dass Holocaustleugner an Universitäten frei dozieren können. Wieso der innerhalb der Linken so eine Ikone ist, ist mir schleierhaft. Aber wenn er recht hat, dann würde es ja meine Aussage bestätigen, das der Begriff nicht korrekt ist. Es ist nunmal etwas anderes, was in israel passiert, als damals in Südafrika. Die Diskussion, was schlimmer ist, halte ich für grundfalsch und unnötig. Eine Oppressions-Olympiade bringt niemandem etwas. Vor allem wir in unserem gemütlichen Privilegiensessel sollten und mit Urteilen zurückhalten.

    E) Auch linke Israel-Apologeten neigen zu schwarz-weiß Denken. Da wird so getan als sei Israel ein Monolith, und sich nur auf die Positionen rechter, rassistischer (oft faschistischer) Israels bezogen, und diese werden als gut und richtig dargestellt. Die Stimmen linker Israelis werden komplett ausgeblendet.
    Das mag in vielen Fällen zutreffen, aber der Punkt ist: Israelische und palästinensische Linke sind in der Position, die israelische Regierung zu kritisieren, wie sie wollen. Denn sie sind entweder direkt betroffen oder privilegiert durch die Situation. Weisse Menschen sind in der Position, dass sie einen unaussprechlich grausamen Völkermord am jüdischen Volk und eine abscheuliche Kolonialgeschichte mit arabischen Völkern hinter sich hat, und sich damit zurückhalten soll, diese unreflektiert zu kritisieren.

    Meine Forderung an Linke weltweit - aber insbesondere in Deutschland - ist: hört auf die israelische Linke. Diese haben Positionen die weitgehend deckungsgleich sind zur palästinensischen Linken. Das kommt von so einem angestaubten Konzept namens internationaler Solidarität. Auf der anderen Seite wird so getan, als seien auch Palästinenser ein ideologischer Monolith. Als gäbe es keinen Unterschied zwischen säkulären BDS-Anhängern und Hamas-Mitgliedern. Hier spiegelt sich dann oft ziemlich offensichtlicher anti-arabischer Rassismus wider.
    Grösstenteils stimme ich zu, nur das auch die israelische Linke kein Monolith. Und die Frage ist, ob man wirklich Solidarität zeigt, indem man antisemitische Muster reproduziert.

    Wenn so genannte Linke die Talking Points der Vertreter einer rechten völkischen Bewegung nachplappern, dann fass ich mir an den Kopf. Das ist etwas, was es so wirklich nur in Deutschland gibt.
    Nein, Linke, die rechtes Geschwafel gibt es überall auf der Welt und nicht nur im Zug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Siehe Sara Wagenknecht oder Noam Chomsky.

    Anti-Deutsche sind das kartoffeligste überhaupt.
    Gut aber hier sind soweit ich weiss keine Anti-Deutschen. Nur weil man sich kritisch mit Themen wie sekundärem Antisemitismus auseinandersetzt, ist man kein Antideutscher.

    Das typisch Deutsche erklärt aber - anders als Jean-Luc andeutet - nicht die deutsche Außenpolitik zu Israel. Es erklärt sie teilweise. Aber bis auf Irland hat beinahe jedes europäische Land ein gutes, also unkritisches - Verhältnis zu Israel. Ja klar, es wird mal hier und da offen kritisiert. Reale Konsequenzen gibt es in 99-100% der Fälle, und seit Jahrzehnten: keine.
    Das ist noch einmal eine Diskussion für sich, aber Deutschland ha aus historischen Gründen an der Spitze von Israel-Gegnern nichts verloren.


    Es mag zynisch klingen, aber Sam Seder sagt am Ende etwas Wahres - Glück im Unglück sozusagen:
    Israel verliert innerhalb der amerikanischen Linken (und auch anderswo) langsam (aber sicher) seinen Propagandakrieg. Der Konsens bröckelt. In 5 oder 10 Jahren werd ich vielleicht für palästinensische Menschenrechte eintreten können ohne (von Linken!) Antisemit genannt zu werden, und Juden werden es tun können ohne als "selbsthassende Juden" verunglimpft zu werden. Mal sehen. Wär schön.

    Noch schöner wärs natürlich, wenn Palästinenser bis dahin demokratische Rechte hätten. Aber machen wir uns nix vor.
    Dieser Teil deines Posts zeigt das Problem am deutlichsten: Vielen (ob linken oder nicht-linken) Israelritikern geht es nicht um die Rechte der Palästinenser, sondern um das Recht, Israel kritisieren zu können, wie man will, ohne den eigenen Antisemitismus zu hinterfragen. Judenhass ist nach einer jahrhunderlangen Geschichte von Antijudaismus und späterem Antisemitismus tief im europäischen Bewusstsein verankert und Linke sind davon genau so betroffen wie rechte. Und dieser Antisemitismus zeigt sich auch in der Israelkritik weisser Menschen, bzw. wurde sogar zu einem der Hauptventile für versteckten Antisemitismus, da er sich dort moralisch rechtfertigen lässt. Und wenn Linke in 10 Jahren auf ihren Antisemitismus nicht mehr für ihren Antisemitismus kritisiert werden, dann nur, weil dieser Salonfähig geworden ist. Und das ist nichts, worüber man sich freuen sollte.
    Norrik ist offline

  2. #22 Zitieren
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    Nur um das nach der Verschiebung des Thema mal vorweg zu nehmen, wenn der weitere Verlauf der Diskussion zu persönlich wird (und das befürchte ich) dann werde ich löschen und schließen.

    Nachdem wir jetzt schon über so absurde Ätzbegriffe wie Zionnazi diskutieren und jetzt auch noch gleich der Bezug zur Sklaverei hervorgezaubert wurde, hoffe ich einfach mal, dass die Superlative zur maximalen Anklage damit jetzt auch ausgereizt sind.

    Aus den Erfahrungen heraus gehe ich nicht davon aus, dass zum jetzigen Zeitpunkt aus diesem Thema noch etwas Konstruktives werden wird, aber noch will ich das Ganze nicht schließen – aber viel fehlt auch nicht. Also bitte alle Provokationen ab jetzt lassen und ich will auch kein BlaBla hören, inwieweit eindeutige Provokationen und persönliche Anfeindungen ja keine seien, weil man ja Recht hat, etc…
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  3. #23 Zitieren
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    Manche Begriffe, die für bestimmte Menschen wie Superlative klingen, sind schlicht akkurate Beschreibungen der Wirklichkeit:
    "Ethnische Säuberung Palästinas durch Israel" wäre so ein Beispiel.

    Wie auch immer, danke Norrik für deine ausführliche Antwort, heute werde ich dir nicht mehr darauf antworten. Morgen nehme ich mir Zeit dafür, und werde dabei hoffentlich den nötigen Ernst wahren. Mal gucken. Soviel sei gesagt: bloß weil deutsche Antisemitismus-Forscher, und idR sind das deutsche Nicht-Juden, etwas für antisemitisch halten, muss es nicht antisemtisch sein. Nicht jeder dumme, übertriebene Kommentar zu Israel ist antisemitisch, viele sind einfach dumm und übertrieben. "Kindermörder Israel" ist zum Beispiel eine vollkommen unnötige Polemik, ist aber natürlich prägnanter als "Todesopfer bei Kindern als Kollateralschäden wissentlich und bewusst in Kauf nehmender Terrorstaat Israel".

    Ich lass mal den guten alten selbsthassenden Juden Norman Finkelstein da, Cancel-Survivor, mit sehr erhellenden Einordnungen der Thematik. Er spricht hier mit der ebenfalls selbsthassenden Jüdin Katie Halper. Beide ganz schlimme Antisemit*Innen.

    Das war Ironie... bis auf den Teil, dass die Einordnungen erhellend sind. Das sind sie wirklich.

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  4. #24 Zitieren
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    Sehr gut zu Norriks Beitrag passt auch was Micheal Brooks (RIP) in diesem Video hier sagt (~bei Minute 14). Das ist das Problematischste an Norriks Ausführungen:
    There is a way in which the conversation about Israel/Palestine becomes very specialized, I think in a way that robs us of understanding of how it fits into a bigger supply-chain, a bigger sort of western-colonial-system, a bigger securitization of the world.
    [Video]

    Israel muss als Verbrecherstaat kritisiert werden, eben weil man einen konsistenten moralischen Kompass und einen gesamtheitlichen historischen und soziologischen Blick auf die Situation hat. Natürlich hat der israelische Kolonialismus Eigenheiten, natürlich hat die israelische Apartheid Eigenheiten, natürlich hat die israelische Militärdiktatur Eigenheiten, natürlich hat die israelische Kampagne ethnischer Säuberung Eigenheiten. Aber eben auch Gemeinsamkeiten mit den gegenwärtigen und historischen Situationen in anderen Staaten.

    Zitat Zitat von Jeff Halper
    Israel over Palestine is a microcosm of the global north over the global south.
    Und für eine solche Analyse muss man weder Jude noch Israeli sein, und vor allem muss man sich mit solch einer Analyse auch nicht aufgrund irgendeiner imaginären Erbschuld zurückhalten. Viel mehr würde ich mir wünschen, dass Kritik nicht aufgrund des Überbringers der Kritik zur Seite gekehrt wird, shooting the messenger usw. usf.

    Auch generell sehr sehenswert, Jeff Halper ebenfalls mit sehr gutem faktischen und moralischem Fundament in seiner Argumentation. Und natürlich auch in gewisser Weise repräsentativ für die sehr erfreuliche Entwicklung im amerikanischen Judentum, wo glücklicherweise sehr viele ihr Gewissen entdecken, bzw. die Augen nicht länger vor den Verbrechen des Apartheid-Regimes in Israel verschließen können. Die Unterstützung Israels bröckelt dort massiv, leider nicht bei den Evangelikalen. Bei amerikanischen Juden ist halt nur eine kleine Minderheit total verblendet, bei den Evangelikalen gehört es zum Markenkern. Das bedeutet aber auch, dass die demokratische Partei irgendwann die Kurve kriegen wird, und sich von Israel abwenden wird (wenn Israel so weiter macht). Leider wurde nicht der alte linke Jude aus Brooklyn Präsident, sondern ein Kreditkartenlobbyist, sonst wäre es vielleicht schon jetzt so weit.

    Im Beitrag wird auch richtig zusammengefasst, dass Israel ein kolonialistisches Siedler-Projekt war und ist, und auf Basis eines linken Nationalismus gegründet wurde - ohne zu viel auf die angestammte Bevölkerung zu geben. Heute hat der Zionismus in seiner populären Form jegliches linke Gedankengut hinter sich gelassen, auf die Rechte der autochtonen Bevölkerung hat er aber schon immer geschissen, auch als er noch ein "linkes" Projekt weißer europäischer Kolonialisten war, von denen sich viele sogar als Sozialisten verstanden.

    Anti-Zionismus (als Ablehnung eines jüdischen Nationalismus) ist kein Anti-Semitismus, sondern gesunder Menschenverstand - sofern man humanistische Grundprinzipien hat. Die Ablehnung einer politischen Ideologie, die seit gerade mal etwa 130 Jahren existiert, die seit nicht mal 5% der Zeit der Religion des Judentums existiert, die eine Erfindung weißer europäische Kolonialisten in der Tradition des weißen europäischen Kolonialismus ist, die sich als Ideologie aber innerhalb der Religion des Judentums breitgemacht hat und mit diesem vermischt wurde, bedeutet nicht dass man die Religion oder ihre Anhänger an sich ablehnen würde. genauso wenig wie es islamophob oder anti-muslimisch ist, die moderne Ideologie des Salafismus abzulehnen, und als verblendete, menschenfeindliche Kackscheiße zu brandmarken.

    Das haben auch historisch glücklicherweise viele Juden begriffen, von Martin Buber über Albert Einstein bis hin zu Hannah Ahrendt.

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    ulix ist offline Geändert von ulix (13.05.2021 um 10:44 Uhr)

  5. #25 Zitieren
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    Zitat Zitat von ulix
    Israel muss als Verbrecherstaat kritisiert werden, eben weil man einen konsistenten moralischen Kompass und einen gesamtheitlichen historischen und soziologischen Blick auf die Situation hat.
    Genau das wird der Israelkritik, die sich über Begriffe wie Apartheit, Kolonialmacht und so aberwitzigen Begriffen wie Zionnazi definiert vorgeworfen, dass sie eben gerade nicht moralisch konsistent ist.
    Ich habe Dich noch nie über China pauschal als Verbrecherstaat sprechen hören. Du würdest nie auch nur auf die Idee kommen, mit Begriffen wie Han-Nazi oder KP-Nazi rhetorisch zu arbeiten. Du sprichst auch nicht über China als kolonialistische Verbrecher und auch nie über China als Apartheitsregime, obwohl man hier diese Begriffe mindestens genauso gut rein definitorisch anbringen kann:

    https://www.tagesschau.de/ausland/ch...eiten-101.html

    https://www.dw.com/de/kommentar-apar...ang/a-52418016

    Ich kann mich nicht an ein einziges von Dir erstelltes Thema erinnern, indem Du mit auch nur annähernd so akribischer Motivation die Verbrechen der chinesischen Regierung analysierst, zum Kampf dagegen aufrufst oder Aktivisten gegen die chinesische Regierung auch nur im Ansatz das Lob und die Verbundenheit zuteilwerden ließest, wie Du es im Palästinakonflikt tust.

    Versteh mich nicht falsch, ich weiß, dass Du die Handlungen der chinesischen Regierung verurteilst und ich weiß auch, dass Du sie beim Namen nennst. Aber Deine Rhetorik zwischen diesen beiden Themen ist nicht mal ansatzweise miteinander zu vergleichen. Warum ist das so und wie kann das moralisch konsistent sein?

    Wenn Dir, wie beispielsweise hier im Therad aber ja auch in den vergangenen Therads von mir argumentativ entgegengehalten wird, dass die Verwendung der Begriffe wie Apartheit eine rein rhetorische Bedeutung zukommt, um Emotionen zu erzeugen, dann hast Du stets mit Verweis unter anderem auf Chomsky erwidert, dass Israels Politik gegenüber den Palästinensern in Teilen schlimmer sei, als die Apartheit in Südafrika. Somit bist Du zwangsläufig in Deiner moralischen Argumentation bei absoluten Vergleichen. Und wenn wir die nehmen, dann müsstest Du um ein hundertfaches engagierter sein, Chinas Politik zu brandmarken und dagegen anzuschreiben und einen wiederkehrenden Updatefeed zu den voranschreitenden Verbrechen, wie Du es bei Israel gerne machst, vorfolgen. Machst Du aber nicht. Warum nicht?
    Chinas Verbrechen betreffen in Tibet, der inneren Mongolei und in Xinjiang Abermillionen von Menschen und Chinas Verhältnis zu Bürgerrechten selbst gegenüber der Mehrheitsbevölkerung würde den Vergleich zu Israel jeder Zeit verlieren, auf allen erdenklichen Ebenen. Hinzu ist Chinas Position im Gegensatz zu Israel international und perspektivisch so stabil und einflussreich wie nie.

    Und wenn es um die Gefahr von politischer Einflussnahme und um die Gefahr von gesellschaftlicher Ignoranz gegenüber Verbrechen gegen die Menschlichkeit geht, dann toppt China in Bezug auf Deutschland vom Gefahrenpotenzial her ebenfalls alles andere:

    https://www.destatis.de/DE/Presse/Pr...21_077_51.html

    Erklär es mir? Und sag jetzt nicht, dass es kein Entweder-Oder sei, denn darum geht es nicht. Und um das auch noch klarzustellen, das ist keine rhetorische Frage. Ich unterstelle Dir damit explizit keine Form eines verkappten Antisemitismus; ich habe Dir schon häufig gesagt, dass ich Dich definitiv nicht für einen solchen halte.
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  6. #26 Zitieren
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    Du scheinst ein sehr schlechtes Gedächtnis zu haben, oder deine Erinnerung wird vom Wunsch mich zu verunglimpfen vernebelt:

    "Whatsapp benutzt? Ab ins Gehirnwäsche-Lager!" - Chinas Konzentrationslager für Muslime.
    Das war ein Titel eines Threads, den ich letztes Jahr erstellt habe. China ist ein Unrechtsregime, aber im Verhältnis, im Durschnitt, kann der Chinese freier leben als der Bewohner de facto Israels. Natürlich kann der Israeli mit israelischem Pass freier leben als der durchschnittliche Chinese, das gilt sogar für palästinensische Israelis, aber dann gibt es halt auch noch die Palästinenser ohne israelische Staatsbürgerschaft, die ebenfalls Bewohner des de facto Staates Israels sind, die 30% der Bevölkerung dieses Gebietes ausmachen, und die würden sich sicher manchmal wünschen auch nur annähernd so frei leben zu können wie die meisten Chinesen.

    China unterdrückt eben nicht 30% seiner Bevölkerung in dem Ausmaß, wie Israel es tut. 5% vielleicht. Eher 2% (Uyghuren + Tibeter = etwa 20 Millionen menschen, von über einer Milliarde).

    In absoluten Zahlen unterdückt China mehr Menschen auf schlimmere Weise. Proportional aber - also sinnvoll betrachtet - ist China ein freieres Land als Israel.

    Wenn ein Chinese im Ausland studieren will, dann scheitert das idR nicht an der KP, sondern am Geld der Eltern.
    Wenn ein Chinese von der Regierung aus dem eigenen Haus geworfen wird (Dammbau oder so), dann bekommt er idR eine Entschädigung oder ein neues Haus.

    Usw.

    Und auch das habe ich dir schon öfters erklärt:
    Es ist ziemlich langweilig, und bringt gar nichts, vollkommen unstrittige Punkte anzubringen. Dass Saudi-Arabien oder Nordkorea (etc. pp) beschissene Unterdrücker- und Mörder-Regime sind ist halt vollkommen unstrittig. Dass Israel ein Unrechtsregime und ein Terrorstaat ist, wird gern ausgeblendet oder abgestritten.

    Und hast du dir mal die Threads und Posts durchgelesen, wenn ich über Erdogan und seine Machenschaften herziehe?

    Aber mit wessen Panzern soll denn dann der Erdolf kurdische Dörfer plattwalzen? Und wessen Waffen soll er den islamistischen Milizen geben, die in seinem Auftrag die völkerrechtlich besetzten Gebiete ethnisch säubern und anschließend arabisieren und türkisieren?
    Was ist der qualitative Unterschied in der Rhetorik?

    P.S. Ich gefalle mir - das ist sicher neu für dich - auch sehr in der Rolle des https://en.wikipedia.org/wiki/Contrarian. Das ist - neben der Tatsache dass Israels Verbrechen nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen - wohl meine Hauptmotivation für scharfe Rhetorik.
    ulix ist offline Geändert von ulix (13.05.2021 um 13:46 Uhr)

  7. #27 Zitieren
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    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Du bist nicht auf die von mir angesprochene Problematik eingegangen, dass man sich als deutscher bei gewissen Themen anders äussern sollte, und sich Positionen niemand unabhängig von der eigenen politischen Vergangenheit äussert. Die Korrektheit und Definition des Begriffs Nazi ist eine Sache, Wir könnten uns jetzt an den Punkten der Faschismusdefinition von Umberto Eco abarbeiten, aber darauf habe ich keine Lust.

    Das Problem hier ist die historische Dimension. Wenn Opfer das Holocaust und damit der historisch real existierenden Nazis (das gilt übrigens genau) selber als Nazis bezeichnet werden, ist das nicht einfach ein unpassender Begriff, sondern es ist eine explizite Umkehrung der Opfer-Täter Verhältnisse und somit explizit sekundär antisemitisch und hat, gewollt oder ungewollt, eine apologetische Wirkung für NS-Verbrechen.
    Ich bin kein Täter, und die Opfer des Holocaust in Israel sind eine kleine Minderheit. Ist halt 75 Jahre her, dieses schlimmste Verbrechen der Menschheitsgeschichte, begangen hauptsächlich von Deutschen, begangen von Mitgliedern meiner Familie, ein Verbrechen das niemals vergessen werden darf. Ich halte aber absolut gar nichts vom Konzept der Erbschuld, und noch weniger davon die Beurteilung von Aussagen davon abhängig zu machen, wer diese tätigt. In dem Sinne, dass die nationale, ethnische, religiöse Identität der Person keine Rolle spielen sollte, natürlich sollte man beurteilen dürfen was die Person vorher so gesagt hat. Wenn jemand der früher von der jüdischen Weltverschwörung faselte auf einmal nur noch Israel kritisiert ist das was anderes, als wenn (z.B.) ich das tue.

    Meinetwegen kann ich aber auch den ganzen Tag Israelis und Juden zitieren, die inhaltlich auch nix anderen sagen als ich. Gibt ja genug, vor allem in den USA.

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Das weiss ich nicht, ist möglich, aber für die Diskussion nicht relevant. Wenn du ihn einfach als Faschisten bezeichnet hättest wäre das etwas anderes. Stattdessen hast du das Wortspiel Zionazi verwendet, das ähnlich wie der Begriff Feminazi eine bewusst eine Assoziation zwischen Nationalsozialismus und Zionismus aufstellt. Da Zionismus von faschistischen oftmals als Code für Weltjudentum verwendet wird, und die solche Begriffe selber als Kampfbegriffe verwenden, um die Schuld des Holocausts auf die Juden zu lenken, bedienst du dich hiermit solchen Diskursen und bekräftigst sie dadurch.
    Sicherlich ist der Begriff Zionazi polemisch. Gleichzeitig ist die Assoziation, die geweckt wird, aber ziemlich passend für eine bestimmte Gruppe der israelisch-jüdischen Bevölkerung, eine Gruppe die leider stetig wächst, und aus Leuten besteht die gerade jetzt in Israel auf auf Araberjagd gehen, die in Israel mit Schusswaffen in der Hand Moscheen stürmen, die Feiern und Tanzen weil sie die Al Aqsa Moschee brennen sehen, etc.

    Diese Leute sind - ähnlich wie "echte" und klassische Nazis - motiviert von einer faschistischen "Blut und Boden"-Ideologie.

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Die von dir genannten Gruppen mögen Israel als Apartheidsstaat definieren und viele tun dies. Ich halte es dennoch für inkorrekt aus mehreren Gründen. Ich halte grundsätzlich sehr wenig von historischen Vergleichen von Unrechtsregimen. Je mehr man sich mit Genoziden/Kolonialismus/etc. auseinandersetzt, desto mehr ergibt sich ein Bild, wie abhängig die entsprechenden Systeme und Handlungen von den zeitlichen und örtlichen Begebenheten abhängig waren und wie schlecht sie sich meist auf andere Systeme übertragen lassen.
    Historische Vergleiche sind bei jeder Beurteilung der Gegenwart unabdingbar, wenn diese seriös sein soll. Und unbewusst tust auch du das ständig. Jeder tut es.
    Du findest ja auch Israels Taten nicht so schlimm wie die des 3. Reiches (ich auch nicht), machst also im Kopf irgendeine qualitative und/oder quantitative Abwägung.

    Umso mehr man sich mit den von dir angesprochenen Themen auseinander setzt, umso eindeutiger werden die Parallelen, siehe das Gespräch zwischen Michael Brooks und Jeff Halper das ich verlinkt habe. Ich kann dir hier also nur direkt und vehement widersprechen, ich sehe das wirklich genau andersherum wie du es siehst, ich sehe es also so wie die meisten Historiker es sehen, und so wie die meisten Gesellschaftswissenschaftler und Linken es sehen.

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Es mag sein, dass in der UN-Resolution Apartheid als universeller Begriff verwendet wird. Die emotionale Assoziation ist jedoch eng mit dem Fall Südafrika verknüpft, so wie der Begriff Nationalsozialismus mit dem dritten Reich assoziiert wird. Wenn du den Begriff googelst, zeigt sich das. Anders sieht es bei Begriffen wie Kolonialismus, Rassentrennung oder Faschismus aus, denn diese werden im allgemeinen Sprachgebrauch mit verschiedenen Systemen assoziiert. Bei Gruppen wie BDS geht es nicht darum, eine korrekte ANalysekategorie zu finden, für was in Israel/Palästina passiert, sondern eine emotionale Bindung zu Südafrika herzustellen, da dort effektiv boykottiert werden konnte. Es handelt sich also schlichtweg um eine politische Instrumentalisierung eines Unrechtsregimes für die Bekämpfung eines Anderen und davon halte ich nichts.
    Jede politische Organisation, die irgendwas erreichen will, und die irgendwas erreicht hat, hat und musste an Emotionen appellieren. Besonders schön ist es natürlich, wenn die emotionalen Apelle und die analytischen, faktischen Bewertungen zueinander passen, was dank materialistischer Weltsicht in seriöser linker Kritik meist der Fall ist. So auch in diesem Fall. Kannst dir gern die Berichte von HRW und B'Tselem durchlesen, wie diese nach langem Hin & Her zum Schluss kamen: "Ja, Israel ist ein Apartheids-Regime." Soviel sei gesagt: Emotionale Apelle spielen in dieser Beurteilung keine bedeutende Rolle. Der Begriff passt - so wie er durch internationales Recht gleich doppelt definiert ist - schlicht zur Situation in de facto Israel, also dem Gebiet Israel + Westbank (und Gaza).

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Ich gehe davon aus, dass es sich wie gesagt um politische Instrumentalisierungen des Begriffs handelt. Aber ich würde mir nicht einfallen lassen, den Palästinensern vorzuschreibeb, welche Begriffe sie verwenden sollen und welche nicht.
    Das ist ziemlich nichtssagend, und eine nicht nachvollziehbare Kritik. Ich habe das ja eben schon angedeutet. Wenn du politisch irgendwas erreichen willst, dann musst du auch emotional argumentieren, anders wirst du niemals Mehrheiten rekrutieren können. Die Kommunisten der Vergangenheit haben auch nicht "Das Kapital" an die arbeitenden Massen verteilt, sondern das "Kommunistische Manifest." Aus genau diesem Grund.

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Also zunächst einmal, inwiefern ist die Ablehnung des Begriffs Apartheids apologetisch. Nur weil man der Ansicht ist, dass der Begriff zu unterschiedlich ist, um hier zu passen, heisst noch nicht viel. Nur weil es nicht Apartheid ist, ist es ja nicht weniger verabscheuenswert, was dort passiert. Es geht ja nur darum, ob der Begriff analytisch passt oder nicht. Wie das ganze zu verurteilen ist, ist eine andere Frage.
    Ich sage dir ja, dass deine Assoziation des Begriffes als bestimmt auf Südafrika gemünzt falsch ist. In diesem Zusammenhang gibt es halt zwei Definitionen, die den Begriff recht genau im Sinne des internationalen Rechtes - ganz unemotional - definieren. Und ich habe ja auch schon erklärt, dass man natürlich auch die Unterschiede benennen sollte. Die Apartheid in Südafrika war im Gegensatz zu der in der Westbank zum Beispiel nicht auch gleichzeitig eine Militärdiktatur.

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Chomsky setzt sich auch dafür ein, dass Holocaustleugner an Universitäten frei dozieren können. Wieso der innerhalb der Linken so eine Ikone ist, ist mir schleierhaft. Aber wenn er recht hat, dann würde es ja meine Aussage bestätigen, das der Begriff nicht korrekt ist. Es ist nunmal etwas anderes, was in israel passiert, als damals in Südafrika. Die Diskussion, was schlimmer ist, halte ich für grundfalsch und unnötig. Eine Oppressions-Olympiade bringt niemandem etwas. Vor allem wir in unserem gemütlichen Privilegiensessel sollten und mit Urteilen zurückhalten.
    Chomsky ist hier nur konsistent. Er hatte schon immer ein absolutes Verständnis der Meinungsfreiheit. Er ist halt Anarchist. Soll er dann einen Brief nicht unterschreiben, bloß weil die falschen Leute das (in seinen Augen) Richtige sagen?

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Das mag in vielen Fällen zutreffen, aber der Punkt ist: Israelische und palästinensische Linke sind in der Position, die israelische Regierung zu kritisieren, wie sie wollen. Denn sie sind entweder direkt betroffen oder privilegiert durch die Situation. Weisse Menschen sind in der Position, dass sie einen unaussprechlich grausamen Völkermord am jüdischen Volk und eine abscheuliche Kolonialgeschichte mit arabischen Völkern hinter sich hat, und sich damit zurückhalten soll, diese unreflektiert zu kritisieren.
    Die herrschende Klasse Israels sind alte, weiße Männer.
    Der Zionismus ist ein Projekt alter weißer Männer, basierend und sich direkt berufend auf den Kolonialismus nicht-jüdischer alter weißer Männer.
    Das nur zur Einordnung. Das heißt nicht, dass er deshalb mehr oder weniger legitim ist, ich möchte nur Zweifel an deiner Schwarz-Weiß-Einordnung anbringen.

    Theodor Herzl hat den europäischen Kolonialismus verehrt, und auf dessen Basis den Zionismus entwickelt. Das ist ein historischer Fakt. Der Zionismus steht in direkter Tradition der abscheulichen europäischen Kolonialgeschichte in Bezug auf die Araber, die du ja richtig anerkennst. Aber um das zu erkennen, braucht es eben historisches Interesse und historischen Kontext, und bei dir scheint es mir so als würdest du beides gern ausblenden um dich nicht mit unangenehmen Fakten konfrontiert zu sehen.

    Zitat Zitat von Theodor Herzl in einem Brief an den britischen Kolonialminister Rhodes, anno 1902
    You are being invited to help make history. It doesn’t involve Africa, but a piece of Asia Minor; not Englishmen but Jews … How, then, do I happen to turn to you since this is an out-of-the-way matter for you? How indeed? Because it is something colonial.
    Ziemlich eindeutig, würdest du nicht sagen?

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Gut aber hier sind soweit ich weiss keine Anti-Deutschen. Nur weil man sich kritisch mit Themen wie sekundärem Antisemitismus auseinandersetzt, ist man kein Antideutscher.
    Dieser sekundäre Antisemitismus ist eine deutsche Erfindung, eine Erfindung eines alten weißen deutschen Mannes. Eines ziemlichen Arschloches noch dazu. Auch eines Juden, ja. Aber Henrik M. Broder irgendeine seriöse Betrachtung zuteil werden zu lassen, das macht niemand außerhalb Deutschlands. Deshalb gibt es dieses Konzept auch nur in der deutschen Forschung. Im Prinzip beruht es darauf, berechtigte Kritik an Israel zu delegitimieren, indem man sagt: "Mag ja stimmen was du sagst, aber Nazis sagen das auch!"

    Shooting the messenger schon wieder, Kontaktschuld schon wieder, die Lieblingsinstrumente der israelischen (und Israel-apologetischen) Propaganda. Dazu siehe der Punkt weiter oben. Natürlich sollte man schauen, wenn jemand Israel kritisiert, in welchen inhaltlichen Kontext dies passiert, was hat die Person vorher gesagt und geschrieben, mit wem umgibt sie sich politisch, etc. Aber dafür braucht es kein so unscharfes, den Rufmord einladendes Konzept wie den sekundären Antisemitismus, der dann so Blüten treibt wie dass kritische Juden keine Vorträge in Deutschland halten dürfen, weil sie zu israelkritisch sind.

    Die Beispiele dafür sind zahlreich, hier eines davon: https://taz.de/Umstrittene-Konferenz...furt/!5415933/
    Der wichtigste Historiker Israels durfte in Deutschland nicht auftreten, weil einige deutsche Israel-Apologeten meinten, das würde Israel delegitimieren.
    Ja Leute, Herr Beck, Frau Dittfurth, wenn die historischen Fakten Israel delegitimieren, was soll dann diese Scheiße?

    Zitat Zitat von Norrik Beitrag anzeigen
    Dieser Teil deines Posts zeigt das Problem am deutlichsten: Vielen (ob linken oder nicht-linken) Israelritikern geht es nicht um die Rechte der Palästinenser, sondern um das Recht, Israel kritisieren zu können, wie man will, ohne den eigenen Antisemitismus zu hinterfragen. Judenhass ist nach einer jahrhunderlangen Geschichte von Antijudaismus und späterem Antisemitismus tief im europäischen Bewusstsein verankert und Linke sind davon genau so betroffen wie rechte. Und dieser Antisemitismus zeigt sich auch in der Israelkritik weisser Menschen, bzw. wurde sogar zu einem der Hauptventile für versteckten Antisemitismus, da er sich dort moralisch rechtfertigen lässt. Und wenn Linke in 10 Jahren auf ihren Antisemitismus nicht mehr für ihren Antisemitismus kritisiert werden, dann nur, weil dieser Salonfähig geworden ist. Und das ist nichts, worüber man sich freuen sollte.
    Du verwechselst hier zwei Dinge:
    A) Was ich mir wünsche
    B) Was ich für realistisch halte.

    Ich halte es für realistisch, dass Israel in den nächsten Jahren international Verbündete verliert, dass mehr und mehr Leute die Zusammenarbeit mit Israel in Frage stellen, dass die Verbrechen Israels nüchterner betrachtet werden. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass das schneller geht.
    Leider halte ich es für deutlich weniger realistisch, dass die Palästinenser von Israel Bürgerrechte kriegen, oder selbst einfach nur universelle Menschenrechte.

    Also konzentriere ich mich auf den Teil, bei dem ich meine mehr erreichen zu können.
    ulix ist offline Geändert von ulix (13.05.2021 um 14:55 Uhr)

  8. #28 Zitieren
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    Zitat Zitat von ulix
    Du scheinst ein sehr schlechtes Gedächtnis zu haben, oder deine Erinnerung wird vom Wunsch mich zu verunglimpfen vernebelt:
    "Whatsapp benutzt? Ab ins Gehirnwäsche-Lager!" - Chinas Konzentrationslager für Muslime.
    Sollen wir das jetzt mal in ein Verhältnis zur Menge und Umfang deiner Isreal-Therads bringen?

    Zitat Zitat von ulix
    In absoluten Zahlen unterdückt China mehr Menschen auf schlimmere Weise.
    Und das speilt für Dein Engagement keine Rolle? Warum misst Du Unrecht in Prozenten und nicht in absoluten Zahlen? Und machst Du das immer oder nur hierbei?

    Käme Dir beim Holocaust in den Sinn, nach Bevölkerungsanteil der Juden in Europa zu werten um ihn dann mit anderen Genoziden als weniger schlimm anzusehen, wenn die Proportionalität dies hergeben würde?

    Zitat Zitat von ulix
    Proportional aber - also sinnvoll betrachtet - ist China ein freieres Land als Israel.
    Nach welchen Maststäben sollte diese Betrachtung sinnvoll sein?
    Nach welcher moralischen Maxime sollten absolute Zahlen „nicht sinnvoll“ sein für einen Vergleich?
    Relativiert sich individuelle Leid durch Anteilhaftigkeit an der Bevölkerung?

    Zitat Zitat von ulix
    Wenn ein Chinese im Ausland studieren will, dann scheitert das idR nicht an der KP, sondern am Geld der Eltern.
    Zitat Zitat von KP
    Chinesen im Ausland sollten sich „verantwortungsvoll“ verhalten, wenn sie über ihr Heimatland redeten. Man unterstütze chinesische Studenten im Ausland, „solange sie von tiefem Herzen ihr Land lieben.“
    https://www.tagesspiegel.de/wissen/v.../24370522.html

    Zitat Zitat von ulix
    Wenn ein Chinese von der Regierung aus dem eigenen Haus geworfen wird (Dammbau oder so), dann bekommt er idR eine Entschädigung oder ein neues Haus.
    Nein, wenn Sie überhaupt was bekommen haben, dann war es nichts, was vergleichbar mit dem war, was sie verloren haben.

    https://www.amnesty.ch/de/ueber-amne...siedlung-china

    Oder aber sie werden eingeschüchtert oder landen für Jahre im Knast, wenn Sie nicht einverstanden sind…
    Es ist völlig willkürlich, dass Du hier einerseits versuchen willst, graduelle Maßstäbe von "nicht ganz so schlimm wie" einzuhalten, gleichzeitig, aber absolute Zahlen, bei denen wir von zig Millionen Betroffenen reden, nicht „sinnvoll“ als Maßstab sehen willst.

    Zitat Zitat von ulix
    Was ist der qualitative Unterschied in der Rhetorik?
    Deine Bereitschaft, über jegliches Maß hinaus polemisch zu werden, siehe Zionnazi oder seinerzeit Dein „Terror-Schmerror“. Vielleicht hab ich es ja einfach noch nicht von Dir gelesen, aber mir ist sonst kein Kontext bekannt, in dem Du die Bereitschaft gezeigt hast, Morde und Verbrechen zu relativieren.

    Zitat Zitat von ulix
    Es ist ziemlich langweilig, und bringt gar nichts, vollkommen unstrittige Punkte anzubringen.
    Mit Blick auf China ist rein gar nichts unstrittig, denn die Abhängigkeit wächst und wächst und wächst. Es gibt keine ernstzunehmende Debatte darüber, dass Handel mit China diesbezüglich überdacht werden müsste. Unstrittig ist eher, dass diesbezüglich politisch nix passieren wird. Das ist nach meiner Meinung um ein vielfaches sicherer, als die Frage danach, ob in den nächsten 10 Jahren etwas positives in Isreal passiert.

    Mit Blick auf unsere Gesellschaft ist dieses Thema von deutlich höherer Relevanz als Israel.

    Zitat Zitat von ulix
    Das ist - neben der Tatsache dass Israels Verbrechen nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen - wohl meine Hauptmotivation für scharfe Rhetorik.
    Und berechnest Du dabei eigentlich mit ein, wie die Reaktionen auf diese deine Rhetorik sind? Ich bin kein Hellseher, aber wenn ich hier das Forum als Beispiel nehme, dann würde ich behaupten, dass Du mit dieser Rhetorik auch bei tendenziell israelkritisch eingestellten Usern eher abschreckst als für mehr Aufmerksamkeit in deinem Sinne zu sorgen.
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  9. #29 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Sollen wir das jetzt mal in ein Verhältnis zur Menge und Umfang deiner Isreal-Therads bringen?
    Was würde das bringen?
    Welche Aussagekraft hätte das, außer über meine politischen Interessen, meine Steckenpferde, und die Tatsache dass ich ungern in Threads schreibe oder Threads erstelle, wo absehbar ist dass eh alle ins gleiche Horn blasen.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Und das speilt für Dein Engagement keine Rolle? Warum misst Du Unrecht in Prozenten und nicht in absoluten Zahlen? Und machst Du das immer oder nur hierbei?
    Das mache ich fast immer.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Käme Dir beim Holocaust in den Sinn, nach Bevölkerungsanteil der Juden in Europa zu werten um ihn dann mit anderen Genoziden als weniger schlimm anzusehen, wenn die Proportionalität dies hergeben würde?
    Klar. Genau nach diesem Maßstab ist der Holocaust das schlimmste Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Nach diversen anderen Maßstäben auch, aber eben auch genau nach diesem.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Nach welchen Maststäben sollte diese Betrachtung sinnvoll sein?
    Nach welcher moralischen Maxime sollten absolute Zahlen „nicht sinnvoll“ sein für einen Vergleich?
    Relativiert sich individuelle Leid durch Anteilhaftigkeit an der Bevölkerung?
    Es relativiert die Schuld der Täter. Und um diese geht es hier hauptsächlich.
    Warum diese übrigens für mich bedeutender ist als das Leid der Opfer der israelischen Politik, ist die oben erklärte realpolitische Einsicht, dass die Israelis den Palästinensern mittel-fristig keine nennenswerten Rechte geben werden, die ethnische Säuberung fortführen werden, etc... da ist nix zu holen. Bei der öffentlichen Wahrnehmung Israels in Deutschland und im "Westen" ist aber was zu holen. Und das hat dann ggf. einen Einfluss auf Israel.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Nein, wenn Sie überhaupt was bekommen haben, dann war es nichts, was vergleichbar mit dem war, was sie verloren haben.
    Die Bespitzelung chinesischer Studierender im Ausland unterscheidet sich nicht groß von der palästinensischer Studierender im Ausland durch israelische Geheimdienste
    Wobei, die Israelis dürften die bessere Technik haben.

    Und wenn du sagst: "Wenn sie überhaupt was bekommen", dann heißt das ja dass sie manchmal was bekommen. Begreifst du den Unterschied?

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Oder aber sie werden eingeschüchtert oder landen für Jahre im Knast, wenn Sie nicht einverstanden sind…
    Der palästinensische Poet, der gestern auf CNN sprechen durfte (überraschend wie viele Palästinenser dort gerade zu Wort kommen, die US-Medien scheinen da echt weiter als die Deutschen), wurde heute von der israelischen Armee verschleppt. https://www.youtube.com/watch?v=Zk5mlpiShDc

    Mal sehen wann er wieder auftaucht. Und ob er schon in zwei oder sechs Monaten einen Anwalt sehen darf.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Deine Bereitschaft, über jegliches Maß hinaus polemisch zu werden, siehe Zionnazi oder seinerzeit Dein „Terror-Schmerror“. Vielleicht hab ich es ja einfach noch nicht von Dir gelesen, aber mir ist sonst kein Kontext bekannt, in dem Du die Bereitschaft gezeigt hast, Morde und Verbrechen zu relativieren.
    Morde und Verbrechen... merkste was? Das in höchst aufgeladene Begriffe. Frag mich mal, ob ich das Töten von Menschen in bestimmten Situationen gerechtfertigt finde, oder nicht so schlimm. Das wird eine lange Liste. Ein Beispiel das mir spontan in den Sinn kommt: als irgendeine PKK-Splittergruppe türkische Sicherheitskräfte getötet hat. Da denk ich mir auch so:

    Das einzige was beide Seiten hier (genau wie im Türkei/Kurdistan Beispiel) groß unterscheidet, ist dass eine ein anerkannter Staat ist, und damit impliziert wird dass die eigene Gewalt kein Terror sein kann, dass die Gewalt dieser Seite "legitim" sei, während die andere Seite als Terroristen gebrandmarkt wird, und deren Gewalt als "illegitim". Und natürlich, dass eine Seite deutlich schlimmeren "Terror" anrichtet, als die andere. Also Israel deutlich schlimmeren Terror als Hamas, und die Türkei deutlich schlimmeren als die PKK (jeweils proportional UND absolut).

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Mit Blick auf China ist rein gar nichts unstrittig, denn die Abhängigkeit wächst und wächst und wächst. Es gibt keine ernstzunehmende Debatte darüber, dass Handel mit China diesbezüglich überdacht werden müsste.
    Hier müssen wir die politische Sphäre und die Öffentlichkeit unterscheiden. Die Öffentlichkeit sieht China größtenteils sehr kritisch. Die Medien sowieso. Das ist bei Israel anders, siehe die Lügen und Verzerrungen selbst der Tagesschau.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Unstrittig ist eher, dass diesbezüglich politisch nix passieren wird. Das ist nach meiner Meinung um ein vielfaches sicherer, als die Frage danach, ob in den nächsten 10 Jahren etwas positives in Isreal passiert.

    Mit Blick auf unsere Gesellschaft ist dieses Thema von deutlich höherer Relevanz als Israel.
    Aber nicht Thema dieses Threads. Und China schmeißt gerade auch keine Bomben auf uighurische Kinder. Was China macht ist schlimm genug, aber siehe oben.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Und berechnest Du dabei eigentlich mit ein, wie die Reaktionen auf diese deine Rhetorik sind? Ich bin kein Hellseher, aber wenn ich hier das Forum als Beispiel nehme, dann würde ich behaupten, dass Du mit dieser Rhetorik auch bei tendenziell israelkritisch eingestellten Usern eher abschreckst als für mehr Aufmerksamkeit in deinem Sinne zu sorgen.
    Diesen Eindruck habe ich nicht. Der sieht eher so aus: "Vielleicht etwas radikal formuliert, aber stimmt schon was der ulix sagt."
    ulix ist offline Geändert von ulix (13.05.2021 um 15:40 Uhr)

  10. #30 Zitieren
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    Zitat Zitat von ulix
    Was würde das bringen?
    Es macht deutlich, dass es keine Verblendung meinerseits ist, dass Du diesbezüglich ein Vielfaches an Interesse, Aktivismus und Energie reinsteckst. Und die diesbezügliche Relevanz bezog sich auf meine Frage danach, wie das eigentlich moralisch konsistent sein kann, was Du wiederum verlangt hast, wenn es um die Beurteilung Israels ging.

    Zitat Zitat von ulix
    Klar. Genau nach diesem Maßstab ist der Holocaust das schlimmste Verbrechen der Menschheitsgeschichte.
    Nein, das ist absolut falsch, es ist eben gerade nicht dieser Maßstab, sondern es sind die absoluten Zahlen. Proportional gesehen gab es Genozide, bei denen die Opfer eine höhere Prozentzahl an der Gesamtbevölkerung des Landes ausgemacht haben. Ein Beispiel wäre Ruanda…bei ca. 1 Millionen Tote entsprach das in den 90ern fast 20% der Bevölkerung. 6 Millionen Juden entsprachen längst nicht 20% der Bevölkerung Europas.

    Zitat Zitat von ulix
    Es relativiert die Schuld der Täter.
    Bitte was? Es relativiert die Schuld der Täter? Jemand, der also 10 Menschen töten könnte und nur zwei tötet hat also mehr Schuld als der, der 1000 töten könnte aber nur hundert tötet? Ernsthaft?

    Zitat Zitat von ulix
    Morde und Verbrechen... merkste was? Das in höchst aufgeladene Begriffe.
    Welche Begriffe wären denn nicht aufgeladen?

    Zitat Zitat von ulix
    Das einzige was beide Seiten hier (genau wie im Türkei/Kurdistan Beispiel) groß unterscheidet, ist dass eine ein anerkannter Staat ist, und damit impliziert wird dass die eigene Gewalt kein Terror sein kann, dass die Gewalt dieser Seite "legitim" sei, während die andere Seite als Terroristen gebrandmarkt wird, und deren Gewalt als "illegitim".
    Was die Willkürlichkeit von Gut und Böse angeht stimme ich zu. Was ich bei Dir kritisiere ist aber gerade die Inkonsistenz, zu der dies bei Dir führt, nämlich dass Du den staatlichen Terror maximal verurteilst, während Du beim nichtstaatlichen Terror weniger Entrüstungspotenzial zu haben scheinst. Und wenn Du jetzt sagst, dass der staatliche Terror eben zu mehr Tot und Leid führt, dann sind wir wieder bei absoluten Zahlen…

    Zitat Zitat von ulix
    Hier müssen wir die politische Sphäre und die Öffentlichkeit unterscheiden. Die Öffentlichkeit sieht China größtenteils sehr kritisch. Die Medien sowieso. Das ist bei Israel anders, siehe die Lügen und Verzerrungen selbst der Tagesschau.
    Aber wenn es um politische und gesellschaftliche Verantwortung gehen soll, dann sind kritische Berichte irrelevant, solange nichts weiter passiert. Mit der ständig wachsenden Abhängigkeit zu China und dem immer höheren Handelsvolumen, das für uns so viele Annehmlichkeiten und Vorteile bringt, tragen wir aktiv viel mehr zur Unterstützung eines Unrechtsregimes bei, als wir es mit der parteiischen Berichterstattung über Palästina tun. Und wir tragen mit unserer Beziehung zu China aktiv viel mehr zur aktiven Unterdrückung von viel, viel, viel mehr Menschen bei, als wir es in Palästina tun.

    Zitat Zitat von ulix
    Aber nicht Thema dieses Threads.
    Womit wir wieder bei der Frage wären, warum so viele Therads zu Israel und kaum welche zu China, wenn doch China für unsere gesellschaftliche Verantwortung gegenüber Millionen von unterdrückten Menschen viel schwerer wiegt?

    Zitat Zitat von ulix
    Diesen Eindruck habe ich nicht. Der sieht eher so aus: "Vielleicht etwas radikal formuliert, aber stimmt schon was der ulix sagt."
    Dann haben wir hier ein weiteres Mal komplett gegensätzliche Wahrnehmungen.
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  11. #31 Zitieren
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    Ich interessiere mich mehr für Thema X als Thema Y. Was ist daran problematisch?
    Dementsprechend kenne ich mich mehr mit Thema X aus als mit Thema Y. Was ist daran problematisch?
    Thema X ist außerdem ein Thema, in dem Propaganda die öffentliche Wahrnehmung stärker dominiert als bei Thema Y - hier in Deutschland. Weshalb es mehr Energie verlangt, diese Propaganda zu benennen. Frag mal einen beliebigen halb Politik-Interessierten, wer den ersten Schuss im 6-Tage-Krieg abgegeben hat, und du wirst sehen was ich meine. Was daran problematisch ist, sollte klar sein.
    Du unterstellst mir unterschwellig eine Pathologie, weil mich ein bestimmtes Thema interessiert und ich zu bestimmten Schlüssen gekommen bin. Unterstellst du diese Pathologie auch den Redakteuren der Tagesschau, oder anderen die in dem Konflikt eher an der Seite Israels stehen?

    Wenn du den Holocaust relativierst, dann nimmst du einige falsche Einordnungen vor. Erstens kontrollierten die Nazis nicht ganz Europa. Zweitens töteten die Nazis im Holocaust zwar hauptsächlich, aber nicht nur Juden. Drittens schließlich ist der Anteil der getöteten Juden in Europa eben deutlich höher als 20%, das ist also auch eine Frage der Perspektive.

    Ich überlas den Begriff "individuelle" in deiner Frage nach der Relativierung. Die Antwort auf diese Frage wäre - wenn ich sie richtig gelesen hätte - "nein" gewesen. Mit der Folgebemerkung, dass es hier nicht (hauptsächlich) um individuelles Leid geht. Wenn wir auf der Ebene des individuellen Leides argumentieren, dann ist der SS-Offizier nicht unbedingt ein schlimmerer Verbrecher als der Blackwater-Söldner, mal als Random-Beispiel.Es geht auch nicht um individuelle Schuld. Hier geht es um institutionalisierte bzw. institutionelle Verbrechen, also die Schwere der Schuld von Institutionen, nicht von Individuen. Das habe ich auch versucht im Eingangspost klar zu machen.

    Welche Begriffe (zum Beispiel) nicht aufgeladen wären, habe ich dir direkt gesagt, den Teil hast du aber nicht zitiert und gehst auch nicht darauf ein.

    Ich unterscheide bei der Beurteilung der Schwere der Schuld von Terroristen nicht danach, ob sie staatlich sind oder nicht - das ist genau das was ich kritisiere. Ich unterscheide aber sehr wohl nach dem Status, nach den Privilegien. Und der Konflikt in Israel/Palästina ist eben kein in irgendeiner Weise symettrischer Konflikt. Eigentlich ist Konflikt schon fast ein Euphemismus. Israelisches Massaker wäre passender. Und dieses Massaker fängt gerade erst an. Ich sprech das bei 1.000 zivilen Todesopfern (in 1-2 Wochen? Hoffentlich nicht schneller) nochmal an. Dann können wir auch gern wieder die Proportionalität betrachten, und schauen ob meine Maßstäbe inkonsistent sind.

    Das ist halt auch so ein Thema. Der Konflikt in Israel/Palästina fängt immer wieder an lichterloh zu brennen, wird immer wieder ein heißer Konflikt. Klar mach ich dann einen Thread auf, wenn niemand anderes es tut.

    Wie beurteilst du denn, nach den zwei weiteren Beispielen, die Berichterstattung konkret der Tagesschau? Wie die falschen Einordnungen der Korrespondenten?
    Wie sollte sich Deutschland deiner Meinung nach in Anbetracht der jetzigen Situation - und allgemein in Anbetracht der anhaltenden Situation - außenpolitisch verhalten?
    China: klare Kante. Hab ich verstanden. Wie sieht es mit Israel aus? Ändert diese erneute Eskalation, das noch stärkere Aufflammen von Konflikten auch innerhalb de jure Israels, die fortschreitende ethnische Säuberung in der Westbank, der fortschreitende Rechtsruck in Israel, die fortschreitende Unterdrückung der Palästinenser, die immer größer werdende Offensichtlichkeit dass die Zweistaatenlösung tot ist und von Israel hingerichtet und verscharrt wurde, ändert irgendwas davon deine bisherige Position?

    Das ganze ist übrigens auch eine Frage des Zugangs und der Informationsdichte. Über Israel erfährt man viel, in deutschen Medien sowie auf Englisch, der einzigen Fremdsprache die ich spreche. Die meisten Israelis sprechen exzellentes Englisch. Viele hebräische Zeitungen haben englisch-sprachige Ausgaben und Webseiten.

    Ich würd auch gern mehr über Lateinamerika wissen, aber da ist es eben deutlich schwieriger sich überhaupt zu informieren, ohne Spanisch (bzw. Portugiesisch) zu sprechen. Von China ganz zu schweigen. Was ist daran problematisch?

    Willst du dafür nicht mal einen eigenen Thread aufmachen, denn das ist ja durchaus ein interessantes Thema. Aber halt schon ziemlich meta.

    Habe noch weitere Fragen zum eigentlichen Thema:
    Was sagst du dazu, dass der junge palästinensische Dichter, kurz nachdem er auf CNN seine Ansichten frei und relativ unwidersprochen wiedergeben konnte, durch die israelische Armee festgenommen wurde?
    Wie beurteilst du die Asymmetrie des Konfliktes? Welche Seite trägt für dich die größere Verantwortung und warum? Wie definierst du diese Seiten?
    Wie beurteilst du die Droh-SMS, die der israelische Geheimdienst flapsig verschickt hat?
    Was denkst du über die Pogrome, die gerade in Teilen Israels stattfinden, und die vor allem gegen arabische Israelis gerichtet sind?
    Welche Lösung des Konfliktes schwebt dir idealerweise vor, und welche findest du realistisch und in diesem Zusammenhang am "Besten" bzw. am wenigsten schlecht?
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  12. #32 Zitieren
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    Ich werde Dir später ausführlich antworten. Aber eins vorweg:

    Zitat Zitat von ulix
    Wenn du den Holocaust relativierst, dann nimmst du einige falsche Einordnungen vor.
    Ich habe nirgendwo in irgendeiner Weise den Holocaust relativiert und ich verbitte mir ohne Wenn und Aber, dass Du sowas andeutest.

    Ich mag Dir vielleicht Pathologien unterstellt haben oder ideologische Verblendung oder moralische Inkonsitenz, aber ich habe explizit davon Abstand genommen, Dir sowas wie das hier zu unterstellen. Also lass Du es auch!
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  13. #33 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Nein, das ist absolut falsch, es ist eben gerade nicht dieser Maßstab, sondern es sind die absoluten Zahlen. Proportional gesehen gab es Genozide, bei denen die Opfer eine höhere Prozentzahl an der Gesamtbevölkerung des Landes ausgemacht haben. Ein Beispiel wäre Ruanda…bei ca. 1 Millionen Tote entsprach das in den 90ern fast 20% der Bevölkerung. 6 Millionen Juden entsprachen längst nicht 20% der Bevölkerung Europas.
    Zitat Zitat von Duden
    Relativieren: zu etwas anderem in Beziehung setzen und dadurch in seinem Wert o. Ä. einschränken
    Das war auch kein normatives Urteil. Relativierung ist nichts prinzipiell schlechtes und gezwungenermaßen Bestandteil jeder ernsthaften Diskussion.

    Nebenbei bemerkt erklärst du damit die absoluten Opferzahlen zum absoluten Maßstab. Das ist ja mindestens genauso problematisch, wie meine Position. Ich würde sagen sogar reduktiver, denn ich sprach nie so absolutistisch. Oder wie war der erste Satz gemeint?

    Hamas: Beidseitiger Waffenstillstand, okay?
    Netanyahu: Nö, wir sind lange nicht fertig.
    Gantz: Gaza wird brennen.
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  14. #34 Zitieren
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    Zitat Zitat von ulix
    Relativieren: zu etwas anderem in Beziehung setzen und dadurch in seinem Wert o. Ä. einschränken
    Fett markiertes ist der Unterschied zwischen in Beziehung setzen als solchem oder eben Relativieren also explizit den Wert einschränken. Und das ist nicht zwingend Bestandteil einer Diskussion und ich habe nirgends den Wert eingeschränkt!

    Zitat Zitat von ulix
    Oder wie war der erste Satz gemeint?
    Damit war gemeint, dass es nicht stimmt, was Du gesagt hast, nämlich dass sich nach dem Maßstab der Proportionalität am Bevölkerungsanteil beim Holocaust unter anderem sein Alleinstellungsmerkmal ableitet, da es Genozide gibt, bei denen diese Proportionalität höher ist.

    Die Formulierung „es sind die absoluten Zahlen“ sollte diesbezüglich nicht bedeuten, dass es die reine Zahl 6 Millionen ist, die das Alleinstellungsmerkmal ausmacht, das war in der Tat missverständlich. Was ich damit meine ist, dass es das absolute Ausmaß ist, mit allen Bestandteilen, dass das Entscheidende ist.

    Zitat Zitat von ulix
    Ich interessiere mich mehr für Thema X als Thema Y. Was ist daran problematisch?
    Dementsprechend kenne ich mich mehr mit Thema X aus als mit Thema Y. Was ist daran problematisch?
    Thema X ist außerdem ein Thema, in dem Propaganda die öffentliche Wahrnehmung stärker dominiert als bei Thema Y - hier in Deutschland. Weshalb es mehr Energie verlangt, diese Propaganda zu benennen.
    Es ist prinzipiell nichts Problematisches daran, dass unterschiedliches Interesse besteht. Es wird nur immer dann problematisch, wenn es mit Vergleichen und Analogien beginnt bei staatlichen Verbrechen. Beim Thema Israel argumentierst Du nämlich nicht selten exakt nach dem Muster, dass wer A schlecht findet, B bei Israel noch viel schlimmer finden müsste und noch viel Aufgebrachter zu sein hätte, wenn er ein moralisch konsistenter Mensch sein will. So hast Du schon mehrmals den Nutzen und Zweck des Apartheitsbegriffs argumentiert.

    Genau dann aber, wenn man diese Logik konsequent gegen Dich wendet, dass wer schon schlimm findet, wenn hunderttausende entrechtet und entmenschlicht werden, der muss es bei zig Millionen noch viel schlimmer finden, wechselst Du die Ebenen und fängst mit Proportionen an oder mit differenzierteren Herangehensweisen, wogegen Du es als völlig einfach und eindeutig darstellst, wenn es um Analogien und Vergleiche bei Israel geht.

    Zitat Zitat von ulix
    Du unterstellst mir unterschwellig eine Pathologie, weil mich ein bestimmtes Thema interessiert und ich zu bestimmten Schlüssen gekommen bin. Unterstellst du diese Pathologie auch den Redakteuren der Tagesschau, oder anderen die in dem Konflikt eher an der Seite Israels stehen?
    Ich weiß nicht, ob Pathologie das richtige Wort ist, aber zumindest sehe ich bei Rechtfertigungen Israels definitiv jede Menge moralische Inkonsistenz und würde diese auch genau so benennen. Dazu weiter unten mehr, wenn es um die Frage nach meiner Meinung zur derzeitigen Eskalation geht.

    Zitat Zitat von ulix
    Erstens kontrollierten die Nazis nicht ganz Europa. Zweitens töteten die Nazis im Holocaust zwar hauptsächlich, aber nicht nur Juden. Drittens schließlich ist der Anteil der getöteten Juden in Europa eben deutlich höher als 20%, das ist also auch eine Frage der Perspektive.
    Alles ist eine Frage der Perspektive. Was Du aber behauptest hast war das genaue Gegenteil, nämlich dass es bei der Beurteilung von Schlimm und Schlimmer ganz klar um Proportionen geht und dass Du dies fast immer so machst. Und genau das habe ich widerlegt mit dem Verweis darauf, dass es Genozide gab, bei denen die Proportionen an der Gesamtbevölkerung größer sind.

    Zitat Zitat von ulix
    Hier geht es um institutionalisierte bzw. institutionelle Verbrechen, also die Schwere der Schuld von Institutionen, nicht von Individuen. Das habe ich auch versucht im Eingangspost klar zu machen.
    Das ändert aber nichts an dem, wogegen ich bei Dir argumentiere. Auch wenn es institutionelle Schuld ist, dann erzeugt diese individuelles Leid. Proportionen in der Bevölkerung ändern nichts daran, dass es sich im Falle von China um zig Millionenfaches Leid handelt. Es ist daher in meinen Augen zynisch darauf zu verweisen, dass dies aber nur 5% der Bevölkerung sei und damit nicht so schlimm wie das Leid in Palästina, wo es ja 30% der Bevölkerung wäre. Und so wenig dies für das Leid funktioniert, funktioniert es für Schuld.

    Ob Institution oder nicht, die Frage nach den potenziellen Möglichkeiten des Tötens und der tatsächlichen Anzahl des Tötens von vorhin wäre Dir auch jetzt noch zu stellen, wenn es um Institutionen geht, die die Verantwortung über größere oder kleinere Bevölkerungen haben.

    Zitat Zitat von ulix
    Welche Begriffe (zum Beispiel) nicht aufgeladen wären, habe ich dir direkt gesagt, den Teil hast du aber nicht zitiert und gehst auch nicht darauf ein.
    Auch hier misst Du wieder mit verschiedenem Maß. Du argumentierst, dass es eben passende Kategorien wären, wenn Du bei Israel von Apartheit oder von „weißen Kolonialisten“ redest, kritisierst aber Mord und Verbrechen als „aufgeladen“ wenn ich sie in Bezug auf eine Organisation verwende, die nachweislich Morde und Verbrechen begangen hat, denn genau das hat die PFLP, um die es damals ging.

    Zitat Zitat von ulix
    Das ist halt auch so ein Thema. Der Konflikt in Israel/Palästina fängt immer wieder an lichterloh zu brennen, wird immer wieder ein heißer Konflikt. Klar mach ich dann einen Thread auf, wenn niemand anderes es tut.
    Ich sehe das eher genau gegenteilig. Mag die deutsche Presselandschaft unterm Strich klar parteiisch bei diesem Thema sein, aber es ist auf jeden Fall immer und immer wieder Thema. Denn wie Du schon sagst, es brennt immer wieder. In China weiß man noch nicht mal wirklich, was eigentlich die ganze Zeit immer und immer wieder passiert. Es gibt auch keine Repräsentanz für die Unterdrückten, wie es sie in der Westbank oder in Gaza gibt. Niemand vertritt diese Massen und interessiert sich über maximal einen kurzen mahnenden Bericht hier und da für sie, ohne irgendeine Konsequenz.

    Womöglich gelingt es der PLO sogar in Zukunft, vom Beobachterstaus in der UN auch eine Stimme zu bekommen. Ich hoffe es inständig. Aber bei den Uiguren ist das nicht mal annähernd auch nur irgendwie absehbar. Der Konflikt Palästina ist permanent präsent, aus China sind dagegen so ziemlich alle Alltagsgegenstände präsent.

    Zitat Zitat von ulix
    Ändert diese erneute Eskalation, das noch stärkere Aufflammen von Konflikten auch innerhalb de jure Israels, die fortschreitende ethnische Säuberung in der Westbank, der fortschreitende Rechtsruck in Israel, die fortschreitende Unterdrückung der Palästinenser, die immer größer werdende Offensichtlichkeit dass die Zweistaatenlösung tot ist und von Israel hingerichtet und verscharrt wurde, ändert irgendwas davon deine bisherige Position?
    Nein, die gegenwärtige Eskalation ändert nichts an meiner bisherigen Position, denn es hat sich nichts an dem geändert, was ich im letzten Thread formuliert habe. Denn was ich bisher gesagt hatte war, dass ich für eine klar konsequente Ächtung der israelischen Verbrechen bin. Ich wäre auch für einen Boykott von Waren, die in Zusammenhang mit den Verbrechen in der Westbank stehen. Und ich wäre für maximalen diplomatischen und wirtschaftlichen Druck, um Einfluss auf dieses Unrecht auszuüben.

    Aber ich bin nach wie vor gegen die Form von BDS, über die wir diskutiert haben und ich verurteile nach wie vor ebenso die Verbrechen der Hamas. Denn ich sehe in den radikalen Auswüchsen diesbezüglich genau null Potenzial auf irgendetwas Positives, im Gegenteil, diese Radikalität lässt sich von der israelischen Regierung wie gerufen vor den Karren spannen um weiter mit den Finger zeigen zu können „seht da, wie sehr sie uns hassen, deshalb müssen wir so handeln, wie wir handeln…“

    Ich hatte es schon an anderer Stelle geschrieben, der ständig bemühte Satz „Israel hat das Recht sich zu verteidigen“ ist in dieser vollkommen asymmetrischen Situation einfach nur zynisch. Denn was die Hamas macht oder nicht macht, wie viele Raketen sie abschießt oder nicht abschießt, all das ändert rein gar nichts an dem langfristigen strategischen Vorgehen der israelischen Regierung. Das Land wird enteignet und einverleibt, wenn es eskaliert und wenn es nicht eskaliert – es speilt diesbezüglich gar keine Rolle. Die Hamas hat faktisch null echte Machtposition gegenüber Israel.

    Das bedeutet aber im Gegenzug, dass die Raketen der Hamas ebenfalls nichts mit Verteidigung oder mit dem Leid in der Westbank zu tun haben. Denn die Hamas weiß selbst ebenso gut, dass sie damit nichts ändern werden und dass sie damit keinem einzigen Palästinenser helfen können. Und das ist der springende Punkt, sie machen es trotzdem und eskalieren damit eine Situation, die zu noch mehr Toten auf beiden Seiten (und wie immer zu mehr Toten auf der eigenen Seite) führt, im vollen Wissen, dass es außer Tod absolut und rein gar nichts bringt.

    Zitat Zitat von ulix
    Von China ganz zu schweigen. Was ist daran problematisch?
    Eben genau das. Wenn Du kritisierst, dass bei der sehr hohen Medienpräsenst des Palästinakonfliktes der Rahmen der Berichterstattung so schief hängt, sollte das weitgehende Fehlen von detaillierteren Informationen im Hinblick auf Chinas Verbrechen nicht noch viel besorgniserregender sein?

    Zitat Zitat von ulix
    Wie beurteilst du die Asymmetrie des Konfliktes? Welche Seite trägt für dich die größere Verantwortung und warum? Wie definierst du diese Seiten?
    Das hatte ich Dir schon in allen anderen Therads immer wieder gesagt. Ich sehe natürlich die bei weitem größere Verantwortlichkeit bei Israel. Denn Israel hat die Kontrolle und nur wer die Kontrolle hat, kann auch wirklich etwas verändern.

    Dass bedeutet aber nicht, dass die andere Seite nicht ihren Teil der Schuld und der Verantwortung hat.

    Zitat Zitat von ulix
    Welche Lösung des Konfliktes schwebt dir idealerweise vor, und welche findest du realistisch und in diesem Zusammenhang am "Besten" bzw. am wenigsten schlecht?
    Gar keine. Ich sehe schlicht gar keine, zumindest dann nicht, wenn Du unter Lösung etwas Positives verstehst. Das Wahrscheinlichste ist meiner Meinung nach derzeit, dass die Hamas im Zuge der jetzigen Eskalation militärisch mehr oder minder komplett entmachtet werden wird von der israelischen Armee und dass es in der Westbank weiter so läuft wie bisher. Nur durch eine grundlegende Änderung der amerikanischen Interessenlage in Palästina könnte sich etwas zum Positiven ändern. Aber das sehe ich nicht.
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    Jean-Luc Picard ist offline Geändert von Jean-Luc Picard (13.05.2021 um 23:08 Uhr)

  15. #35 Zitieren
    Deus Avatar von Lemimus
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    Sehr gut erklärt, JLP, wer denn im Nahostkonflikt in wie weit der "Aggressor" ist und wer das "gereizte Lamm".
    [SIZE="4"] Binger sind Pinscher![/FONT]

    Leute, liest ein Buch! Das Internet ist sowieso schon kaputt genug, durch die vielen Quarantänemaßnahmen! Lasst auch den Armen das Recht auf ein BISSCHEN Internet! Ich blockiere hier gar nichts! IHR TUT DAS!!!!
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  16. #36 Zitieren
    banned
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    Wenn du von den Verbrechen der Hames spric hst, was meinst du?
    Rakenabschüsse, oder was die Hamas innerhalb Gazas tut?

    Falls du Raketenabschüsse meinst, hat Israel ein Selbstverteidigungsrecht? Haben die Palästinenser auch eins?
    Und wenn sie eins haben, wie soll eine Hamas, die eben auch eine (mehr oder weniger) demokratisch legitimierte politische Partei ist die ganz langweilig einen Landstrich verwaltet, dieses Selbstverteidungsrecht wahrnehmen?

    Anders gefragt: haben sie - unter der Prämisse, dass sie sich irgendwie wehren - irgendeine Möglichkeit sich anders zu wehren als sie es tun?

    Wie sollen sich arabische Israelis gerade verhalten, die von Zionazis (Zitat aus einem Zionazi Chat zur Absprache der Pogrome: "Heute Abend sind wir Nazis!") gelyncht werden, und die Polizei diese Zionazis meist direkt unterstützt?

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Eben genau das. Wenn Du kritisierst, dass bei der sehr hohen Medienpräsenst des Palästinakonfliktes der Rahmen der Berichterstattung so schief hängt, sollte das weitgehende Fehlen von detaillierteren Informationen im Hinblick auf Chinas Verbrechen nicht noch viel besorgniserregender sein?
    Das ist beine extrem realitätsfremde Frage. Du könntest auch fragen:
    Ist es nicht besorgniserregend dass nicht jede Nachrichtensendung 4 Stunden lang ist?

    Auch realitätsfremd an der Sache ist, dass wenn über China berichtet wird, es meist angemessen kritisch ist - im Gegensatz zur extrem einseitigen Berichterstattung in den meisten Mainstream-Medien über Israel.
    Stell dir mal folgende Überschrift vor: Nach Angriffen von Uighuren reagiert China mit Härte.

    Diese gäbe es nicht, oder deutlich unwahrscheinlicher, denn hier würde ein Symptom von Unterdrückung als Ursache einer chinesischen Reaktion dargestellt. Man würde mit der Berichterstattung an Punkt 2 anfangen, statt am Anfang. Genau so sieht aber 90% der Berichterstattung zum aktuellen israelischen Massaker aus. Israel reagiert doch nur!

    Zeig mir doch bitte einen einzigen Artikel aus der deutschen Mainstreampresse mit einem Tenor der ungefähr so lautet: "China reagiert auf uighurische Provokationen, hat keine andere Wahl".
    Da du das nicht schaffen wirst ist die Frage: Verstehst du den Unterschied?

    Verstehst du, dass es keinen Konflikt auf der Erde gibt, der so verzerrt und realitätsfremd, so einseitig durch die deutschen Medien dargestellt wird?

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Gar keine. Ich sehe schlicht gar keine, zumindest dann nicht, wenn Du unter Lösung etwas Positives verstehst. Das Wahrscheinlichste ist meiner Meinung nach derzeit, dass die Hamas im Zuge der jetzigen Eskalation militärisch mehr oder minder komplett entmachtet werden wird von der israelischen Armee und dass es in der Westbank weiter so läuft wie bisher. Nur durch eine grundlegende Änderung der amerikanischen Interessenlage in Palästina könnte sich etwas zum Positiven ändern. Aber das sehe ich nicht.
    Durch Sanktionen der EU könnte eine (einige) EU Israel genau morgen, vielleicht auch in einer Stunde oder 5 Minuten, Israel zum weitgehenden Einlenken zwingen. 1/3 der Exporte, 1/3 der Importe. Und wenn man die Straße von Gibraltar für israelische Schiffe schließt, hat man ein Einlenken vielleicht schon in einer Minute.

    #BDS
    ulix ist offline Geändert von ulix (14.05.2021 um 15:57 Uhr)

  17. #37 Zitieren
    Starfleet's Finest  Avatar von Jean-Luc Picard
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    Zitat Zitat von ulix
    Wenn du von den Verbrechen der Hames spric hst, was meinst du?
    Rakenabschüsse, oder was die Hamas innerhalb Gazas tut?

    Falls du Raketenabschüsse meinst, hat Israel ein Selbstverteidigungsrecht? Haben die Palästinenser auch eins?
    Und wenn sie eins haben, wie soll eine Hamas, die eben auch eine (mehr oder weniger) demokratisch legitimierte politische Partei ist die ganz langweilig einen Landstrich verwaltet, dieses Selbstverteidungsrecht wahrnehmen?
    Was die Hamas innerhalb Gazas macht ist nochmal ein anderes Thema. Aber wie ich schon sagte, die Raketen sind faktische keine Selbstverteidigung. Dass die Hamas das gemacht hat, diente weder dem Schutz der Hausbesitzer, die zwangsgeräumt werden sollen noch dem Schutz oder der Verteidigung der Menschen in Ostjerusalem. So wie ich das sehe war das ein politisches Schauspiel um sich als die wahren Führer der Palästinenser zu zeigen, um so für die verschobenen Wahlen Stimmung zu machen.

    Die Hamas wusste ganz genau, dass die einzige Konsequenz aus ihren Angriffen nur eine Menge Tote sein können. Und das zeigt, dass ihr Menschenleben, selbst die der eigenen Bevölkerung, völlig schnuppe sind. Ich hab mich mit dem Thema der israelischen Unterstützung für die Hamas noch nicht ausgiebig genug beschäftigt, aber für mich ergibt es durchaus Sinn, dass sich die israelische Regierung nichts lieber wünschen kann, als dass die Hamas auch in der Westbank die offizielle Vertretung der Palästinenser wird. Es würde allem, was sie verfolgen, zu 100% in die Hände spielen.

    Zitat Zitat von ulix
    Da du das nicht schaffen wirst ist die Frage: Verstehst du den Unterschied?
    Es gibt nicht nur einen Unterscheid, sondern viele. Es ist jetzt auch müßig immer wieder zu sagen, dass sich der grundsätzlichen Ungleichheit der Berichterstattung zustimme. Aber ich sehe dafür in weiten Teilen deutlich andere Gründe als Du.

    Ich hatte im letzten Post schon angemerkt, dass im Gegensatz zum Palästinakonflikt die Uiguren eben auch völlig gesichtslos sind. Es gibt keine offizielle Organisation, keine internationale agierende Partei, die Repräsentant für diese Menschen wären. Inwieweit es überhaupt nachvollziehbar ist, dass es in Xinjiang in den letzten Jahrzehnten vermehrt zu Angriffen oder Terroranschlägen kam, ist zu 90% von der chinesischen Medienkontrolle abhängig.

    Die Hamas hat ein sehr deutliches Gesicht und es gibt aus sehr vielen Staaten einen Konsens über die Kategorisierung dieser Organisation, nämlich eine islamistische Terrororganisation. Das prägt in hohem Maße den Blick auf die derzeitige Eskalation. Ich sage damit nicht, dass dieser Blick auch angemessen wäre, aber es ist faktisch so. Gerade weil sich die Hamas so verhält, wie sich verhält, sowohl im Inneren als auch im Äußeren, ist sie das perfekte Schreckgespenst für die Berichterstattung des sich verteidigenden Israels. Die Hamas ist der perfekte Bösewicht und in einer Geschichte gibt es in aller Regel immer nur einen Hauptbösewicht.

    Zitat Zitat von ulix
    Durch Sanktionen der EU könnte eine (einige) EU Israel genau morgen, vielleicht auch in einer Stunde oder 5 Minuten, Israel zum weitgehenden Einlenken zwingen. 1/3 der Exporte, 1/3 der Importe. Und wenn man die Straße von Gibraltar für israelische Schiffe schließt, hat man ein Einlenken vielleicht schon in einer Minute.
    Mal unabhängig davon, ob ich für eine komplette Sanktionierung wäre von der Du offenbar sprichst (ich sehe dieses Mittel bei Israel genauso kritisch wie bei anderen Staaten auch), wenn die USA dagegen wären, dann würde ein diesbezüglicher Beschluss der EU zu entsprechenden Gegenreaktionen durch die USA gegen die EU führen.

    Aber bei der Frage nach notwendigen Sanktionen schließt sich dann der Kreis zu China wieder…
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  18. #38 Zitieren
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    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Was die Hamas innerhalb Gazas macht ist nochmal ein anderes Thema. Aber wie ich schon sagte, die Raketen sind faktische keine Selbstverteidigung. Dass die Hamas das gemacht hat, diente weder dem Schutz der Hausbesitzer, die zwangsgeräumt werden sollen noch dem Schutz oder der Verteidigung der Menschen in Ostjerusalem.
    Das ist aber der offizielle Zweck. Die Hamas hatte Israel ein Ultimatum gestellt, die Al-Aqsa Moschee zu räumen und die Hausräumungen einzustellen, oder es würden Raketen geschossen. Das waren die offiziell kommunizierten Bedingungen. Natürlich war vollkommen ausgeschlossen, dass Israel darauf eingehen würde, die Frage ist aber was die Hamas für eine Wahl hatte, nach dem überzogenen Angriff der israelischen Sicherheitskräfte auf arabische Demonstranten, und vor allem auf die drittheiligste Stätte des Islam im Ramadan, einen Tag vor einem geplanten, alljährlichen Aufmarsch israelischer Siedler-Faschisten in Ostjerusalem.

    Das lässt mich auch vermuten, dass die israelische Politik diese Eskalation (mal wieder) ganz gezielt und bewusst ausgeführt hat, vor allem den Angriff auf Al Aqsa. Und wie immer ist auch Ziel der Israelischen Kriegspolitik, am Ende die Hamas wieder in Ruhe zu lassen, weil man die Hamas braucht. Man braucht die Eskalation alle 2-3 Jahre. Die Hamas ist viel zu nützlich für die israelische Politik.

    Deshalb ist das hier auch vollkommen ausgeschlossen:
    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Gar keine. Ich sehe schlicht gar keine, zumindest dann nicht, wenn Du unter Lösung etwas Positives verstehst. Das Wahrscheinlichste ist meiner Meinung nach derzeit, dass die Hamas im Zuge der jetzigen Eskalation militärisch mehr oder minder komplett entmachtet werden wird von der israelischen Armee und dass es in der Westbank weiter so läuft wie bisher. Nur durch eine grundlegende Änderung der amerikanischen Interessenlage in Palästina könnte sich etwas zum Positiven ändern. Aber das sehe ich nicht.
    Natürlich wird Israel behaupten (also bewusst herbeilügen), den Kopf der Hydra abgeschlagen zu haben. Aber am Ende wird wieder der bisherige Status Quo angestrebt, also muss man noch genug Hamas-Leute (Islamischer Djihad, usw.) am Leben lassen. Die Hamas wird bei einer Bodenoffensive auch wieder israelische Gefangene nehmen, und sich damit Zugeständnisse aushandeln können. Alles die alte Leier. Und alles vom technologischen Weltmarktführer in Überwachungs- und Unterdrückungstechnologie natürlich einkalkuliert.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    So wie ich das sehe war das ein politisches Schauspiel um sich als die wahren Führer der Palästinenser zu zeigen, um so für die verschobenen Wahlen Stimmung zu machen.
    Wären die Wahlen nicht (gegen den Willen der Hamas, die diese Wahl wohl gewonnen hätte, aufgrund des absoluten Scheiterns der Putschregierung der Fatah in der Westbank) verschoben worden, wäre die Reaktion der Hamas genauso ausgefallen, oder - wenn die logistische Möglichkeit bestanden hätte - noch krasser. Die Wahl wäre nämlich erst am 22. gewesen. Und viele Palästinenser, auch säkuläre und solche, die die Hamas generell eher ablehnen, sind froh dass überhaupt irgendwer sich gegen die israelische Menschenverachtung physisch wehrt.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Die Hamas wusste ganz genau, dass die einzige Konsequenz aus ihren Angriffen nur eine Menge Tote sein können. Und das zeigt, dass ihr Menschenleben, selbst die der eigenen Bevölkerung, völlig schnuppe sind.
    Das hat sie mit der israelischen Politik gemeinsam. Die israelische Politik ist aber, ganz nüchtern betrachtet, für mehr Terror verantwortlich als die Hamas, absolut und proportional.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Ich hab mich mit dem Thema der israelischen Unterstützung für die Hamas noch nicht ausgiebig genug beschäftigt, aber für mich ergibt es durchaus Sinn, dass sich die israelische Regierung nichts lieber wünschen kann, als dass die Hamas auch in der Westbank die offizielle Vertretung der Palästinenser wird. Es würde allem, was sie verfolgen, zu 100% in die Hände spielen.
    Das glaube ich nicht, denn im Gegensatz zur Westbank gibt es in Gaza keine israelischen Siedler mehr. Diese wären bei einer Herrschaft der Hamas in der Westbank gefährdeter, und zwar mehr als sie es jetzt sind. Außerdem herrscht Israel de facto in der Westbank. Würde die Hamas dort die Herrschaft erringen, hätte Israel zwei Wahlmöglichkeiten: entweder wieder einen Putsch durch die Subunternehmer der Militärdiktatur - Fatah - unterstützen, oder gleich jegliches Schauspiel der Selbstverwaltung über Bord werfen und die volle Kontrolle ohne Selbstverwaltungs-Theater übernehmen. Zweiteres ist aber nicht im Interesse Israels, da man auch das Scheinbild der palästinensischen Selbstverwaltung in der Westbank braucht. Es ist auch ausgeschlossen, dass Fatah die Wahl ohne den Segen Israels verschoben hätte.

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Die Hamas ist der perfekte Bösewicht und in einer Geschichte gibt es in aller Regel immer nur einen Hauptbösewicht.
    Wir sind uns einig. Aber stimmst du auch zu, dass sie auch deshalb den perfekten Bösewicht abgibt, weil hier und anderswo im "Westen" ein vollkommen verzerrtes und reduktives Bild des Konfliktes vorherrscht?

    Zitat Zitat von Jean-Luc Picard Beitrag anzeigen
    Aber bei der Frage nach notwendigen Sanktionen schließt sich dann der Kreis zu China wieder…
    Dann mach einen Thread dazu auf.
    ulix ist offline Geändert von ulix (14.05.2021 um 18:58 Uhr)

  19. #39 Zitieren
    Legende Avatar von jabu
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    Ein paar laienhafte Gedanken von mir:

    Beide Seiten sind so weit traumatisiert und moralisch verwahrlost, dass sie die Gegenseite maximal schädigen würden, wenn sie könnten.

    Was einen Ausweg erschwert:
    In beiden Kulturen gehört ein Anspruch auf Überlegenheit, ein sich Hinstellen als Opfer sowie ein unvernünftiger Umgang mit Traumata leider wie selbstverständlich mit dazu. Das führt zur Bildung von Hass- und Gewaltspiralen.

    Was einen Ausweg erleichtern würde:
    Eine veränderte Moral und ein verändertes Menschenbild, welche dadurch gekennzeichnet sind, dass Menschen ein Recht darauf haben, in Ruhe und Frieden zu leben und dass man sie in Ruhe und Frieden leben lässt. Das würde z.B. Abwesenheit von Machogehabe, Vergeltungsstreben, Krawallmacherei, Häuserklau (der Krieg ist so lange vorbei, dass man sich nicht darauf berufen kann) usw. voraussetzen.

    Zu einer Veränderung von Moral und Menschenbild wird es aber nur sehr langsam, eher über mehrere Generationen hinweg, kommen. Zu schnellen Veränderungen durch Einsicht sind Menschen in der Masse (einzelne bessere gibt es immer) weder flexibel noch intelligent genug (und damit zu unfrei). Es zählt, gerade wo Tradition und Religion einen hohen Stellenwert haben, doch mehr, was von den Eltern vermittelt wurde, als was einem der eigene Verstand sagen könnte, wenn es ein gelerntes und anerkanntes Konzept wäre, auf diesen zu hören.

    Vielleicht wird es nur Frieden geben können, indem Israel die Hamas beseitigt. Dann hätte zwar eine unaufrichtige Seite über die andere unaufrichtige gesiegt, aber der Schwelbrand wäre zu guten Teilen gelöscht. Solange die Hamas besteht, wird es keinen Frieden geben können. Die Hamas wird Israel niemals Zugeständnisse abringen können, was sie natürlich weiß. Wenn es doch gelänge, dann würde die Hamas das als Sieg verkaufen und noch mehr Terror veranstalten. Solange die Hamas mächtig bleibt, wird es niemals Frieden geben können. Im Endeffekt müssen beide entmachtet werden, die Hamas wie auch die israelische Regierung. Jedoch wird man Terroristen wie die Hamas niemals mit friedlichen Mitteln entmachten können. Wenn man der Hamas weiteren Raum lässt, wird sie sich ihn nehmen und sich noch gefährlicher aufstellen. Das trägt mit dazu bei, dass Israel so schwer zu Zugeständnissen zu bewegen ist.

    Bei der Siedlungspolitik (insbes. Häuserklau bzw. Vertreibung) hat Israel zweifellos schwere Schuld auf sich geladen und gehört daher international gerügt. Ich finde es abscheulich, dass dieses nicht mal in annähernd angemessenem Umfang geschieht. Damit befeuern die Staaten, die eine angemessene Rüge unterlassen, den Konflikt. An ihren Händen klebt Blut, natürlich auch ganz besonders an Deutschland, da deutsche Kritik, gerade an Israel, eine besonders deutliche Signalwirkung hervorrufen würde. Falls nötig, müssten auch Sanktionen gegen Israel verhängt werden. Bei anderen verbrecherischen Regimes konnten wir das doch auch. Ach, das waren, im Gegensatz zu Israel, keine Freunde der USA. Trotzdem sind die Wähler so blöd, immer wieder diese USA-Arschkriecherfreunde an die Macht zu bringen. An den Händen unserer Wähler klebt demnach ebenfalls Blut. Man möge auch darauf achten, wer Palästinensern leichtfertig, sodass sie allzu leicht in die Hände der Hamas fallen konnten, Gelder gegeben hat oder wer eine allzu unkritische Verbindung zu Palästinensern aufgebaut hat. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Der Wähler hat es also beim Identifizieren des geringsten Übels nicht leicht, muss ich zugestehen.

    Man kann Israel auch rügen, ohne die Hamas moralisch zu stärken. Man könnte auch gleichzeitig Maßnahmen gegen die Hamas ergreifen. Man sollte unparteiisch agieren und niemals Zweifel daran lassen. Das wäre (leider) neu.
    jabu ist offline Geändert von jabu (14.05.2021 um 19:26 Uhr)

  20. #40 Zitieren
    banned
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    Das Gesicht der Apartheid:

    [Video]

    Rechtsradikale Israelis werfen Steine auf Palästinenser, die Sicherheitskräfte schauen gemütlich zu und mischen sich unter die nicht uniformierten Faschisten.
    Innerhalb de jure Israels! Nicht in der illegal besetzten israelischen Provinz Westbank, wo sowas an der Tagesordnung ist.
    ulix ist offline Geändert von ulix (14.05.2021 um 19:51 Uhr)

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