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Brauche Hilfe beim Buch "Göttliche Komödie" von Dante Alighieri

  1. #1 Zitieren
    Neuling
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    Ich habe Schwierigkeiten gewisse Geschehnisse zu verstehen im Buch.
    (Liegt vermutlich auch daran das ich nicht in einem christlichen Kontext aufgewachsen bin, habe also keine Vorbildung diesbezüglich)
    Es würde mir sehr helfen wenn sich jemand bereit erklären würde mir da einiges zu erklären so das ich es nachvollziehen kann...
    z.B der Zirkel der Verräter worin Menschen im gefrorenen Fluss Cocytus gefangen sind, worin nur ihre Köpfe herausragen.
    Warum gilt das als die drakonischste Bestrafung für einen Verräter? Ich meine er hat ja seine Gemeinschaft verraten um sich selbst zu bereichern, wäre da nicht soziale Isolation als Bestrafung "passender"?
    Allgemein ist anscheinend Einsamkeit in der Hölle nie ein Problem...

    Gibt es einen historischen Kontext für jede Art der Bestrafung die in Zirkeln dargestellt werden? Fehlt mir irgendwas in der menschlichen Geschichte in der Allgemeinbildung? Ist da irgendeine versteckte Symbolik die ich nicht verstehe?
    Ich muss sagen das ich die Geschichte etwas platt finde...fühle mich da enttäuscht und will daher wissen was mir da entgangen ist.
    BoiBoi ist offline

  2. #2 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Zitat Zitat von BoiBoi Beitrag anzeigen
    Ich habe Schwierigkeiten gewisse Geschehnisse zu verstehen im Buch.
    (Liegt vermutlich auch daran das ich nicht in einem christlichen Kontext aufgewachsen bin, habe also keine Vorbildung diesbezüglich)
    Es würde mir sehr helfen wenn sich jemand bereit erklären würde mir da einiges zu erklären so das ich es nachvollziehen kann...
    z.B der Zirkel der Verräter worin Menschen im gefrorenen Fluss Cocytus gefangen sind, worin nur ihre Köpfe herausragen.
    Warum gilt das als die drakonischste Bestrafung für einen Verräter? Ich meine er hat ja seine Gemeinschaft verraten um sich selbst zu bereichern, wäre da nicht soziale Isolation als Bestrafung "passender"?
    Allgemein ist anscheinend Einsamkeit in der Hölle nie ein Problem...

    Gibt es einen historischen Kontext für jede Art der Bestrafung die in Zirkeln dargestellt werden? Fehlt mir irgendwas in der menschlichen Geschichte in der Allgemeinbildung? Ist da irgendeine versteckte Symbolik die ich nicht verstehe?
    Ich muss sagen das ich die Geschichte etwas platt finde...fühle mich da enttäuscht und will daher wissen was mir da entgangen ist.
    Die Göttliche Komödie hat unsere popkulturelle Vorstellung von der Hölle stark mitgeformt. Das war vorher kein ausdefinierter Ort. In der Bibel wird recht vage von einem Feuersee gesprochen, in den nach dem Jüngsten Gericht alle endgültig negativ abgeurteilten Seelen müssen. Es gibt Erwähnungen einer feurigen Unterwelt und einen Ort des Zähneschlotterns. Das ist mit zwei Problemen verbunden, der Frage wie die Bibel zu lesen sei wortwörtlich oder in zu interpretierenden Metaphern und der Versionsgeschichte des Neuen Testaments. Es liegt nämlich keine Urfassung des Neuen Testaments vor, kein Originaltext auf den man sich problemlos Beziehen könnte um Fragen zu entwirren. Das Neue Testament wurde so oft abgeschrieben und verändert, dass heute salopp gesprochen mehr Unterschiede zwischen den Versionen bekannt sind, als es an Worten enthält.

    Diese erwähnten "Höllenorte" sind allerdings jeweils Orte, die nicht extra für das Neue Testament erdacht wurden. Luther übersetzte z.B. Ortserwähnungen wie den Hades als "Hölle", die in aktuelleren Übersetzungen schlicht mit Begriffen wie Totenwelt oder Jenseits übersetzt werden. Das Neue Testament hat sich in der Sache bei entsprechenden Kosmologien beholfen, die bereits während seiner Entstehung bzw. Entwicklung verbreitet waren. Strafende Jeneseits Vorstellungen sind insofern so alt wie Religionen und Mythen und haben sich gegenseitig befruchtet. Auch Kälte oder besonders spezifische Strafvorstellungen lassen sich anderen Jenseitsideen finden z.B. in Hel/Nifelheim in der germanischen Mythenwelt oder den 8 Höllen des Buddhismus. Solche Vorstellungen von Strafen müssen nicht unbedingt tieferen Symbolcharakter aufweisen, sondern einfach "schlimm" sein.

    Ich würde auch behaupten, dass die eigentliche Strafe in der Hölle nicht die Einsamkeit ist (im Sinne des christlichen Gedankens), sondern das absolute Getrenntsein von Gott und Gottes Gnade.

    Dante Alighieri lebte im Spätmittelalter und schrieb die Göttliche Komödie im Exil in Florenz. Er war ein gebildeter Mann und Politiker, der in der Göttlichen Komödie immer wieder auf Menschen aus seinem eigenen Leben anspielt, politische Gegner, Verbündete...
    HerrFenrisWolf ist offline Geändert von HerrFenrisWolf (04.03.2021 um 10:01 Uhr)

  3. #3 Zitieren
    Neuling
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    Das ist eine sehr informative Antwort, vielen dank!


    Ich bin sehr interessiert am Mindset der Menschen aus vergangenen Epochen und ich kann mich schwer mit der Idee abfinden das Angst allein sie zur Religion gebracht haben.
    Spiritualität als tyrannisches Dogma wirkt mir so abstrus und konträr, doch sprechen die Geschichtsbücher leider eine andere Sprache.


    Was ist deine persönliche Meinung zu dem Werk von Alighieri? Das würde mich sehr interessieren!
    BoiBoi ist offline

  4. #4 Zitieren
    Bücherwolf  Avatar von HerrFenrisWolf
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    Das ist eine sehr informative Antwort, vielen dank!


    Ich bin sehr interessiert am Mindset der Menschen aus vergangenen Epochen und ich kann mich schwer mit der Idee abfinden das Angst allein sie zur Religion gebracht haben.
    Spiritualität als tyrannisches Dogma wirkt mir so abstrus und konträr, doch sprechen die Geschichtsbücher leider eine andere Sprache.


    Was ist deine persönliche Meinung zu dem Werk von Alighieri? Das würde mich sehr interessieren!
    Habe die Göttliche Komödie nicht vollständig gelesen, nur in Inferno reingeschnuppert und kenne sonst nichts weiter von ihm. Ich weiß nur die Göttliche Komödie war ein sehr prägendes Werk, ähnlich wie das nicht ganz so alte Paridise Lost von Milton.
    HerrFenrisWolf ist offline

  5. #5 Zitieren
    Legende Avatar von Ajanna
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    Das ist eine sehr informative Antwort, vielen dank!


    Ich bin sehr interessiert am Mindset der Menschen aus vergangenen Epochen und ich kann mich schwer mit der Idee abfinden das Angst allein sie zur Religion gebracht haben.
    Spiritualität als tyrannisches Dogma wirkt mir so abstrus und konträr, doch sprechen die Geschichtsbücher leider eine andere Sprache.


    Was ist deine persönliche Meinung zu dem Werk von Alighieri? Das würde mich sehr interessieren!
    Das Christentum hat viele Menschen überzeugt, weil in ihm auch einfache Menschen einen Weg zum Heil finden konnten. Sowohl bei den Griechen und Römern, als auch im Alten Ägypten oder bei den Germanen gab es ein Jenseits eigentlich nur für die Oberschicht, bzw. für berühmte Persönlichkeiten.
    Das Christentum hat auch in bestimmten Regionen dadurch profitiert, dass es mit dem römischen Recht verbunden wurde und eine Perspektive für die (Re-)Etablierung geordneter Verhältnisse in und nach der Völkerwanderungszeit bot.
    Die Angst kam eigentlich eher zu Beginn der Neuzeit dazu, als das Christentum bereits etabliert war.
    Ajanna ist offline

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