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Meine (und eure) Reviews - mit Spoilern!

  1. #1 Zitieren
    #16  Avatar von Forenperser
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    Irgendwo da draußen.....
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    Da ich finde dass der "Eindrücke" Thread langsam zu voll und überbenutzt wird, dachte ich mache ich es wie Raider und mache mal einen allgemeinen Thread für Reviews für die Leute auf, die das Spiel schon durch haben.
    Gibt hierbei keinerlei Richtlinien oder vorgeschriebene Mindestlängen, jeder wie er will!

    Ich persönlich habe Cyberpunk 2077 nach 84 Stunden und 50 min nun abgeschlossen. Erfolge habe ich zwar nur 48%, aber ich bin auch niemand der in dieser Hinsicht Wert auf Vollständigkeit legt. Die Nebenaufträge hingegen habe ich sehr gründlich abgearbeitet.

    Um das Ende vorwegzunehmen:
    Mein V, Streetkid, hat Night City mit seiner Freundin Panam und den Aldecaldos den Rücken gekehrt und sucht sein Glück nun in den weiten der Wüste. Leider haben nicht alle überlebt, allen voran Saul.
    Johnny blieb im Cyberspace als Konstrukt zurück, zusammen mit Alt.

    Das Ende war schon sehr stimmig und auch actionreich. Nur der Bosskampf gegen Adam Smasher war ein echter Witz. Bosskämpfe allgemein waren nicht so die Stärke des Spiels.

    Und mit dieser Überleitung einmal zu den allgemeinen Stärken und Schwächen des Spiels. Die größte Stärke ist, Achtung Überraschung, natürlich die Story und die Charaktere.
    Die Dynamik zwischen V und Johnny Silverhand ist natürlich über alle Zweifel erhaben. Aber auch andere Charaktere wissen zu überzeugen, wie z.B. Goro, River, Panam, Judy......hier hat CDPR wirklich tolle Arbeit geleistet.
    Ebenso wissen einige Nebenaufgaben schöne Geschichten zu erzählen. Wobei "schön" nicht unbedingt der beste Begriff ist, bei einigen wurde es einem wirklich mulmig zumute, wie z.B. bei Pop-Ikone "Lizzy Wizzy". Wirklich ganz creepy.

    Leider sind wir da auch schon bei einem großen Negativpunkt, denn nicht alle Nebenaufgaben wissen zu unterhalten, im Gegenteil. Die Fixer-Aufgaben sind in großen Teilen sehr stupide Copy-Paste Aufträge. Da hat man wirklich viel Potenzial verschenkt, ebenso wie bei den respawnenden Straßenverbrechen.
    Oder auch dass man zu kaufende Autos als Nebenaufträge markiert ist wirklich ein Witz. Überhaupt, ich wünschte mir manchmal Johnny hätte noch eine 2. Atombombe über, für all die nervigen Fixer und ihre sch...... Karren die sie mir ständig andrehen wollten.

    Über die Open World wurde wohl schon oft genug geredet, hier liegt definitiv der größte Schwachpunkt des Spiels, sie ist nichts als eine ziemlich leblose Kulisse, die nichts bietet außer Schauplatz für Quests zu sein. Hier wären vielleicht größere Hubs, die dafür mit Leben gefüllt sind (wie in Witcher 1 und 2) die bessere Alternative gewesen.

    Was das Kampfsystem angeht, so kann man durchaus damit Spaß haben. Ich habe den Kampf mit dem Katana favorisiert, gegen Ende bin ich noch drauf gekommen wie cool und abwechslungsreich Quickhacks sein können.

    Man kann die Schwächen des Spiels leider nicht klein reden. Egal ob größere und kleine Bugs (häufigste Probleme: musste mehrfach neuladen wegen nicht abzuschließender Quests, und Autos, die ständig aus dem Nichts gespawnt und mir um die Ohren geflogen sind), unfertige Spiel-Elemente oder auch die oben erwähnten Probleme, Cyberpunk hätte in diesem Zustand einfach noch nicht auf den Markt kommen dürfen und CDPR hat sich einfach eine Menge vertrauen verspielt. Bei den Konsolen umso mehr.

    Trotz allem war es am Ende keine komplett negative Erfahrung, im Gegenteil, hatte Spaß damit.
    Das Spiel bekommt aber schlussendlich "nur" gut gemeinte 77% von mir.
    Ideen sind eben nicht alles, Feinschliff muss sein. Nächstes Mal bitte besser machen!
    Forenperser ist offline

  2. #2 Zitieren
    Relentless Nightmare Avatar von Defc
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    Ich habe Cyberpunk am vergangenen Wochenende beendet und bin sehr zufrieden.
    Bevor ich ins Detail gehe, hier einmal eine (grobe) Übersicht meines Spielstandes und Fortschritts:

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    Spielerstufe: 32
    Street-Cred-Stufe: 50
    Anfangspfad: Corpo
    Spielweise: Quickhacks/Scharfschütze
    Primärattribute: Intelligenz/Coolness
    Schwierigkeitsgrad: Schwer
    Spielzeit (dieser Spielstand): ~50 Stunden
    Spielzeit (alle Spielstände): ~65 Stunden
    Plattform: XBOX Series X


    Abgeschlossene Missionen:

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    • Hauptquest
    • Questreihe Judy
    • Questreihe Panam
    • Questreihe Johnny
    • Questreihe Rogue
    • Questreihe Corpo
    • Ausrüstung von Johnny und Porsche 911er
    • Tarotkartensuche (Graffitis)


    Ausrüstung:

    Spoiler:(zum lesen bitte Text markieren)
    • Scharfschützengewehr von Panam
    • Power-Pistole von Johnny
    • Set von Johnny
    • Legendäre Quickhacks
    • Legendäres OS


    Alles in allem bin ich, wie bereits erwähnt, sehr zufrieden mit dem Spiel. Die Haupt- und größeren Nebenquests haben mich gut unterhalten und waren in ihrer Qualität ziemlich hoch.

    Das Gameplay (in meinem Fall Stealth mittels Quickhacks/Scharfschützengewehr) hat mir Anfangs ein paar Probleme bereitet, vorrangig weil es an allen Ecken und Enden an Stärke fehlt.

    Das regulierte sich zur Mitte des Spiels und fortan war das weitere Vorgehen größtenteils ziemlich einfach (wenn es nicht gerade Bosskämpfe waren). Ich konnte selbst große Gruppen von Gegnern mit Quickhacks dezimieren, ohne auch nur einmal den Abzug zu betätigen.

    Meine meist genutzten Quickhacks waren Verseuchung, Cyberpsychose und Selbstmord. Kurzschluss und Überhitzen kamen zwar auch hin und wieder zum Einsatz, im Grunde waren die meisten Gegner durch die Verkettung von Verseuchung aber bereits dem Tode geweiht.

    Es war das erste Mal überhaupt dass ich Skills in einem Spiel genutzt habe, die die Gegner von allein zermürben, ohne dass ich mit direkten Angriffen in die Konflikte eingreifen musste und das hat mir, trotz der späteren Einfachheit, ziemlich viel Spaß gemacht.

    Neben den Haupt- und (größeren) Nebenmissionen habe ich die meiste Zeit mit Verbrechensmeldungen, Cyberpsychos, Bandenkriminalität, Überfällen und den etlichen Lagern diverser Gangmitglieder verbracht (wie man unschwer an meinem Street-Cred-Level sehen kann).
    Diese Events sind für sich genommen zwar ziemlich eintönig, waren aber eine gute Auflockerung zwischen den Missionen oder auf den teilweise langen Wegen zum nächsten Ziel.

    Die Spielwelt selbst lud an vielen Ecken zum Erkunden ein, allerdings waren die Funde meist ziemlich identisch und es gab nur selten wirklich starken/seltenen Loot.
    Das beschreibt auch gleich das meiner Meinung nach größte Problem von Cyberpunk: neben den Haupt- und (größeren) Nebenmissionen gibt es leider nicht besonders viel zu sehen oder zu entdecken.

    Die Stadt wirkt auf den ersten Blick gigantisch und verworren, was sie tatsächlich auch ist, allerdings fungiert sie mehr als Kulisse und weniger als großer Spielplatz für Erkundungen und Aktivitäten.
    Es gibt zwar alle paar Meter ein paar Gangmitglieder, eine Verbrechensmeldung und dementsprechend viel Loot, hierbei handelt es sich aber (leider) um sehr repetitive Aktivitäten und genauso eintönigen Loot.

    Fernab davon bietet Night City, bis auf ein paar RPG-typische Shops (Waffen- und Kleidungsgeschäfte, Geschäfte für Quickhacks, Ripperdocs für verbaute Cyberware und ein paar Bars, in denen man Getränke kaufen kann), leider keinerlei Aktivitäten und das ist, bei dem Potenzial welches diese Stadt bietet, ziemlich schade.

    Es gibt weder Friseure, noch kleinere Minispiele (hier würden sich die Spielautomaten z.B. anbieten) oder in die Stadt integrierte Events (Autorennen, Freizeitaktivitäten in Form von Sport, frei wählbare Unternehmungen mit Freunden). Hier liegt meine Hoffnung auf die noch kommenden Patches und DLCs, zum jetzigen Stand fehlen diese Dinge jedoch und das ist - wie mehrfach erwähnt - einfach schade.

    Ich persönlich konnte mich mit den wiederholenden Events trotzdem anfreunden, weil ich sie meist zwischendurch oder auf den Wegen zu den Missionszielen (wie oben erwähnt) erledigt habe. Einige der Verbrechensmeldungen und Überfälle finden zudem in größeren Lagerhallen/Arealen statt und machen, trotz des identischen Inhalts im Vergleich zu anderen Events dieser Art, ebenfalls viel Spaß.

    Weitere Kritikpunkte wären einige optische Bugs (Grafikfehler, nachladende Texturen, aufpoppende Passanten/Fahrzeuge oder Hinweise zu Notizen/Missionen, die nicht mehr verschwinden) und 3 Abstürze, bei denen einer gar die ganze Konsole abgeschaltet hat.

    Wirklich störend waren die Ton-Bugs, bei denen man nur noch die Umgebung und V selbst gehört hat, was gerade in Missionen die komplette Immersion zerstört hat. Hier half nur ein kompletter Neustart vom Spiel, glücklicherweise wurde ich in Summe nur 4 mal Opfer dieses Bugs, 2 mal in der selben Mission.

    Ansonsten hat das Spiel typische RPG-Probleme: Anfangs ist man zu schwach, ab der Mitte viel zu stark und es gibt haufenweise Loot, den kein Mensch braucht. Einige Fertigkeiten, wie bspw. das Crafting, sind total unnötig und boten mir, in meinen Tests, keinen großen Mehrwert (im Vergleich zu gefundener Ausrüstung).

    Die Stärken wiegen diese Kritikpunkte aber mehr als auf.
    Die Geschichte ist spannend und interessant inszeniert, die Dialoge sind toll und die größeren Nebenquests fügen sich sehr angenehm in das Spiel ein.
    Die Charaktere sind ziemlich einzigartig und ich habe erstmals seit langer Zeit wieder eine richtige Bindung zu ihnen aufgebaut (im Vergleich zu anderen Videospielen).

    Alles in allem hat mich das Spiel, trotz einzelner Schwächen, sehr überzeugt und ich denke, dass die kommenden Patches und DLCs mich erneut nach Night City führen werden.

    Basierend auf vergangenen Bewertungen meinerseits (im allg. Videospielforum), vergebe ich daher 85%.

    Das Spiel hat mir alles, was ich von Videospielen verlange (Spielspaß/Motivation zum weiterspielen/tolle Geschichten), geboten und hat sich diese hohe Wertung daher durchaus verdient.

    Ich werde diesen Spielstand noch etwas weiterspielen, vorrangig um das maximale Level zu erreichen, es kann also sein dass dieses Review noch aktualisiert wird.

    Am Ende entschied ich mich übrigens für die Rückkehr zur Erde, hier endete das Spiel dann auch (in einer Szene, in der mein V zur Erde blickte). Es gab im Anschluss, bei den Credits, noch ein paar Anrufe und nette Worte einiger Charaktere, mehr nicht.
    Defc ist offline Geändert von Defc (04.01.2021 um 09:12 Uhr)

  3. #3 Zitieren
    Demigod Avatar von Sumpfkrautjunkie
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    In der Kürze: Ein super inszeniertes "Witcher 3" in einem futuristischen Szenario mit leider vielen Gameplay-Problemen.

    Die Inszenierung (und dazu trägt die wunderhübsche Grafik bei) ist super, Charaktere und Dialoge sind toll und das Voice Acting top. Einzig Keanu wirkt an manchen Stellen ein klein wenig unmotiviert.
    Ich habe alle (bis auf das geheime) Enden durchgespielt und war überrascht, wie viel Mühe in das oft vernachlässigte Ende reingesteckt wurde (mal keine billigen Slideshows ).
    Empfand persönlich das Corpo-Ende als das interessanteste.

    Die Side Quests waren auch interessant. Leider ist da aber viel durch den Fixer-Spam verwässert worden und untergegangen. Wenige "prominente" Fixer Quests (nicht die Karte damit zukleistern und V per Telefon zuspammen) hätten dem Spiel besser getan. Bei Witcher 3 waren die ?-Locations auch wesentlich dezenter gemacht.
    Trotz der guten Inszenierung ist der Questablauf leider sehr linear. Alternative Lösungsmöglichkeiten (außer verschiedene Dialogoptionen bei einem NPC) gibt es kaum. Dazu hängt man zu sehr am faulen Questdesign mit Questmarkern vor der Nase und Mini-Map. Dies war schon bei Witcher 3 ein Problem, dort gab es aber immerhin mehr Auswirkungen durch verschiedene Entscheidungen.
    Die spaßigste Quest empfand ich tatsächlich den Stalker von Blue Moon ausfindig zu machen, da man dort nicht stupide einen Questmarker ins Gesicht geknallt bekommen hat.

    Hier auch ein weiteres Problem: Auswirkungen fühlen sich recht minimal an (bis auf das Ende). Man entscheidet quasi, indem man Quests NICHT macht. So konnte ich bei meinem letzten Save bis auf das geheime Ende alle auswählen, bloß weil ich fleißig gequestet hab.

    Musikalisch ist bei mir bis auf das Radio leider nichts hängen geblieben. Der Witcher 3 Soundtrack war für mich wesentlich besser.
    Über Bugs wurde überall schon viel erzählt, bei mir hielt sich das in akzeptablen Grenzen.

    Nun zum größten Manko für mich: Gameplay.
    Man kann natürlich trotz City-Setting kein GTA erwarten. Polizei-System ist quasi nicht da, sowie NPC-Verhalten. War bei Witcher 3 nicht viel besser und ich konnte darüber hinwegsehen.
    Störender war das fehlen von jeglichem Balancing, man wird zu schnell so mächtig, dass alle Kämpfe trivial sind und ohne Freizeit-Aktivitäten in Night-City kann man recht wenig außerhalb der kämpfe machen. Fahrphysik macht keinen Spaß, z.B. drehen sich die Autos beim Lenken einfach in der Mitte um ihre Achse, statt der Fahrspur zu folgen, sowas wirkt eigentlich unprofessionell. Die Minimap ist beim Fahren auch extremst frustrierend, weil man nie sieht, wo man abbiegen soll.
    Was mich schon bei Witcher 2 genervt hat und bei den Spielen von CDPR irgendwie immer schlimmer wurde, ist das Loot System. Man sammelt ständig massenweise Müll ein (zufallsgenerierte Ausrüstung) und muss fast ständig im Inventar aussortieren. Es mag sicherlich Leute geben, denen es Spaß macht, ständig in Menüs irgendwas aufzuräumen, ich vermute aber dass der Großteil der Spielerschaft lieber das eigentliche Spiel spielen möchte . Zudem nimmt die Überflutung mit Loot jegliche Freude am finden von Ausrüstung: "Hey, eine Pistole mit 2 DMG mehr, nah, lohnt sich nicht auszurüsten, in 5 Minuten find ich eine mit 5 DMG mehr".

    Genug gemeckert ^^
    Ich denke die gröbsten Probleme (Balancing, AI, lebendiger Stadt) lassen sich mit Patches beheben, wenn CDPR es so wie mit ihren bisherigen Titeln macht.
    Wer etwas sandkastenhafteres wie Skyrim oder GTA erwartet, wird stark enttäuscht werden. Wer aber sich gut mit einem interaktiven Film unterhalten lassen kann, kann gut auf seine Kosten kommen. Ich empfehle dabei die Fixer-Aufträge und blauen Icons möglichst zu ignorieren.
    Sumpfkrautjunkie ist offline

  4. #4 Zitieren
    Ritter Avatar von Ghost Rider
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    Auch ich habe das Spiel mittlerweile durchgespielt und auch schon eine Review dazu verfasst und bei Gamestar als User-Review eingereicht (bisher noch nicht veröffentlicht).

    Meine Spielzeit: Knapp 120 Stunden
    Erreichter Spieler-Level: 50
    Erreichter Street-Cred-Level: 50

    Story (ohne Spoiler)

    Die Hauptstory von CP2077 ist spannend und wird fantastisch präsentiert. Das ist ein richtiger Erlebnistrip mit auch ein paar wenigen emotional starken Momenten und ein wenig Dramatik. Wenn man sich in dem Spiel nur der Hauptstory und den wichtigen Nebenstories widmet, dann kann CP2077 irre viel Spaß machen und man würde die vielen Unzulänglichkeiten im Gameplay nicht so sehr bemerken. Die Hauptstory und die wichtigen Nebenquests sind die einzige große Stärke des Spiels, aber leider ist auch hier noch Luft nach oben.

    Enden (ohne Spoiler)

    Es ist toll, dass CP2077 insgesamt 8 verschiedene Enden bietet. Traurig daran ist, dass man sieben verschiedene Enden erleben kann, indem man einfach nur den Savegame eine Stunde vor Schluss erneut lädt und jeweils andere Entscheidungen auswählt. Das gesamte Spiel davor hat keinen echten Einfluss auf sieben der acht Enden und nur ein einziges (geheimes) Ende kann man nur erreichen, indem man in wichtigen Dialogen mit Johnny die passenden Dialoge auswählt. Ohne Hilfe im Internet würde mir das nicht gelingen, da die essentiellen Dialogoptionen für mich teilweise nicht infrage kommen. Auch hier wurde viel Potential verschenkt und der Wiederspielwert des Spiels stark verringert.

    Origns / Charakter-Hintergründe

    Anfangs habe ich mich auch total auf die drei verschiedenen Origins (Hintergründe) vom eigenen Charakter gefreut und habe wie bei Dragon Age: Origins eine zweistündige Origin-Story erwartet. Auch hier wurde ich leider massiv enttäuscht. Die Origins ändern den Anfang nur marginal und es gibt keine richtige Origin-Storyline. Geil wäre es z. B. gewesen, wenn man als Nomade auch wirklich erst einmal in der Nomadenfamilie gewesen wäre und die Auflösung der Bakkers miterlebt hätte, und zwar in einer zweistündigen spannenden Geschichte. Auch die Auswirkungen auf die Hauptstory sind nicht vorhanden. Hier und da ein paar zusätzliche Dialogoptionen, in 90 % der Fälle absolut unnütz und nicht spielentscheidend, doch dazu gleich noch mehr. Ich war Nomade, doch ich fühlte mich nicht so. Ich wusste anfangs nicht einmal, was es genau mit den Nomaden auf sich hat, weil mir das gar nicht richtig gezeigt wurde.

    Lore / Hintergrundgeschichte

    Die Hintergrundgeschichte des Cyberpunk-Universums ist interessant und bietet eine Menge Potential. Aber auch hier wurde leider viel Potential verschenkt. Die meisten Computer im Spiel beinhalten nur Spam-Mails, und auch hier immer und immer wieder dieselben. Hintergrundinfos zur Lore oder zur direkten Location sind selten und wenn, dann eher oberflächlich. Jeder Computer ist zudem bereits entsperrt, reinhacken muss man sich da nicht. Sowas wie eine Computersperrung kennt man in Night City wohl nicht. Aber da sowieso fast niemand relevante E-Mails bekommt, scheint das auch nicht wichtig zu sein. Sogar die Computer in einem wichtigen Konzernbüro enthalten nur Spam-Mails. Wer hier pikante E-Mails von Arasaka oder anderen hochrangigen Mitarbeitern erwartet, wird enttäuscht. Auch die PDA’s (Splitter) im Spiel enthalten zwar einige interessante Hintergrundinfos zum Universum, zu Night City, den Konzernen, den Gangs und der Polizei, doch findet man jedes einzelne PDA gefühlt hundertfach im Spiel. Jedes der Splitter wird mir dann als „neu“ angezeigt, obwohl ich ihn schon dreißig Mal eingesammelt habe. Langweilig, unbefriedigend und sogar frustrierend. Hier habe ich mich mit Wehmut an Deus Ex: HR / MD, Mass Effect oder Fallout: NV zurückerinnert. Die Welt von Cyberpunk strotzt vor Ideen, Kreativität und Potential, das nur leider viel zu selten ausgeschöpft, meistens sogar nur ansatzweise angekratzt wird.

    Auch schade finde ich, dass die Gangs in Night City zu simplen Kugelfängern degradiert werden. Sie haben keine echten Geschichten, ich kann nicht mit ihnen reden und ich kann mich auch nicht mit ihnen gutstellen oder mir einen Ruf bei ihnen erarbeiten. Leider ist das ein kleiner Immersionskiller. V‘s bester Freund Jackie ist Mitglied der Valentinos. Und wenn man in Night City auf Valentinos trifft, kann man sie meist nur töten, weil sie feindlich sind. Klar, kann ja nicht sein, dass die Gangmitglieder nicht auch mal so wie Jackie eigene nette Persönlichkeiten haben könnten. 99 % der Gangmitglieder sind hirnlose Feinde. Gut und böse, Zwistigkeiten innerhalb der Gang erlebt man selten, die Gangs fühlen sich nur wie hingeklatscht an, ohne echten Sinn und Verstand. Sie sind nur selten Teil der Welt, sondern meist nur Fremdkörper, die man entfernen muss. Kanonenfutter.

    Nebenquests

    Die Nebenquests unterteilen sich in simple Aufgaben für Fixer (Tötungen, Sabotagen, Diebstähle, Cyberpsychos, Autos kaufen, Organisierte Verbrechensbanden ausschalten, etc.) und in etwas größere Nebenmissionen, die mir teilweise sogar noch besser gefallen haben als so manche Hauptmission. Spannend und emotional. Leider gibt es zu wenige davon. Aber auch hier haben die Entscheidungen keinerlei Relevanz auf den Ausgang der Hauptstory, was ich schon etwas schade finde.

    Charaktere (leichte Spoiler)

    Kommen wir zu den Charakteren. Hauptcharakter V ist mir unsympathisch. Er weiß oft nicht, was er eigentlich will. Ihm geht es fast immer nur um sich selbst, sein eigenes Überleben und sein Ego, das größer ist als Night City. In den Dialogen (oder Monologen) ist er häufig frech, undankbar, egoistisch, egomanisch und ein Arschloch. Manchmal heult und jammert er mir zu viel rum und dann markiert er wieder den Dicken Macker. Da überrascht es umso mehr, dass er manchmal plötzlich nett und selbstlos sein kann. Leider habe ich als Spieler selten die Möglichkeit, auch mal nett, freundlich und selbstlos zu sein, auch wenn ich es gerne will. V hat seinen eigenen Kopf, und der ist oftmals voll von Scheiße. Häufig faselt er was davon, dass es um sein (oder ihr) Leben geht, tötet dabei aber unzählige andere Menschen und nimmt oft nicht einmal Rücksicht auf seine Freunde. Was für ein schlechter Mensch. Mit ihm will ich nicht befreundet sein.
    Johnny Silverhand hingegen mag oft wie ein Arschloch und Egomane wirken, aber sehr oft merkt man, dass in ihm ein emotionalerer und weicher Kern steckt, der viel mehr zu bieten hat als dumme Sprüche. Johnny ist der wahre Held, nicht der oder die dumpfe V, der/die Johnny bei fast jeder Gelegenheit beleidigt, ohne dass ich als Spieler ein Mitspracherecht habe. Viele Gespräche laufen nämlich automatisiert ab. Aber manchmal ist auch Johnny wieder ein echter Idiot, weil er plötzlich wieder ganz anders ist als noch einen Moment vorher. Die beiden Haupt-Charaktere sind nicht immer konsequent in ihren Verhaltensweisen.

    Was die anderen Charaktere im Spiel angeht, so gibt es eine handvoll Charaktere, die mir wirklich ans Herz wachsen. Andere wiederum sind mir völlig egal, weil diese mir einfach zu wenig Hintergrund haben oder weil sie nicht genug mit mir sprechen oder sie einfach nur nebensächlich sind, obwohl ich sie gerne besser kennenlernen würde. Sogar die ganzen Fixer, für die man haufenweise Aufträge erledigt, bleiben nur sehr blass und sind völlig irrelevant für die Geschichte. Da hätten die Entwickler viel mehr draus machen können und sollen.

    Romanzen

    Echte Romanzen gibt es im Spiel scheinbar auch nur sehr wenige, und diese enden schneller als sie beginnen. So richtig einfühlen kann ich mich in die Beziehungen nicht. Hier haben Mass Effect 1-3 oder The Witcher 2 & 3 wesentlich besser und emotionaler abgeliefert.

    Dialoge

    Kommen wir zu den Dialogen. In vielen Dialogen der Haupt- und Nebenmissionen habe ich mehrere Dialogoptionen zur Auswahl. Leider haben diese nur selten eine echte Auswirkung und unterscheiden sich nur marginal voneinander. Schade finde ich auch, dass die eigenen Attribute, die eigene Herkunft und die Skills kaum relevant sind bei den Dialogen der Haupt- und Nebenstories. Hier und dort kann man zusätzliche Dialogoptionen auswählen, aber die haben nur selten einen echten Einfluss und sind mehr Beiwerk als dass sie einen echten Mehrwert bieten. Zudem haben die fünf verschiedenen Attribute (Konstitution, Reflexe, Technik, Coolness und Intelligenz) völlig unausgewogene Relevanz bei den zusätzlichen Dialogoptionen. Technik, Reflexe und Intelligenz kommen am häufigsten vor, während Konstitution weniger relevant ist und Coolness praktisch gar keine Relevanz hat. Manchmal hat man als Voraussetzung 5 bis 10 Punkte, dann plötzlich eine Mission später Intelligenz und Tech 20. Auch hier wirkt das wenig durchdacht und schlecht balanced.

    Zudem ist mir nicht ein einziges Mal aufgefallen, dass ich durch das Beobachten der Umgebung auch nur eine zusätzliche Dialogoption bekommen habe. Wurde das nicht im Vorfeld immer so vollmundig angepriesen, dass man durch Beobachtungen zusätzliche Dialogoptionen freischalten kann? Bei den Dialogen wurde seitens CD Projekt viel Potential verschenkt. Wenn ich an geniale Spiele wie Deus Ex: Mankind Divided, Fallout 1 & 2 & New Vegas, Dragon Age: Origins oder Mass Effect 1-3 denke, werde ich traurig, wie viel Potential hier verschenkt wurde.

    Gameplay

    Kommen wir zu den problematischen Teilen des Spiels: dem Gameplay, der Open World und dem Balancing.

    Kämpfe

    Die Kämpfe sind zwar spaßig, aber auch sehr oberflächlich und stumpf. Fernkampf macht mir am meisten Spaß, aber auch diese sind weit weg von einem „sehr gut“. Es gibt unzählige Waffen und Waffengattungen, aber innerhalb der Gattungen sind die Mengen sehr unausgewogen. Es gibt gefühlt unendlich viele Faustfeuerwaffen, aber nur ca. 8 verschiedene MP’s, Sturmgewehre und Schrotflinten, noch weniger Scharfschützengewehre und nur EIN leichtes Maschinengewehr. Dann gibt es da noch die „Präzisionsgewehre“, bei denen mir erst sehr viel später aufgefallen ist, dass diese gar nicht zur Gattung der „Scharfschützengewehre“ zählen. Auch hier gibt es nur drei verschiedene. Dann gibt es die Kategorien „Power-Waffen“, „Smart-Waffen“ und „Tech-Waffen“. Power-Waffen sind mehr oder weniger absolut irrelevant und nutzlos. Geschosse prallen von Wänden ab. Hm, naja… nutzlos und wenig präzise. Tech-Waffen schießen durch Wände, was durchaus Spaß machen, besonders als Scharfschütze. Allerdings ist es oftmals auch unbefriedigend, denn wenn man Gegner durch Wände anpingt und sehen kann, dann weiß man leider nicht, wie viele Wände oder Gegenstände sich zwischen mir und dem Gegner befinden. Tech-Waffen schießen jedoch meist nur durch eine einzige Wand, wobei die Stärke der Wand völlig unerheblich ist. Zwei dünne Wände gehen oft nicht. Auch hier gibt es jedoch manche Tech-Waffen, die auch durch mehrere Wände schießen. Ob es sich dabei um einen Bug oder Absicht handelt, kann ich nicht sagen. Eine Logik ist dahinter nicht erkennbar.

    Mit dem Nahkampf habe ich nur wenig Erfahrung, da dieser mir von Anfang an nicht gefallen hat. Die Schwünge der Waffen sind viel zu schnell und die Kämpfe sehr unübersichtlich. Hier hätte man sich lieber mal an Spielen wie Dark Messiah of Might & Magic oder Dying Light orientieren sollen. Zudem gibt es für meinen Geschmack viel zu wenige Nahkampfwaffen. Auf Faustkampf habe ich noch weniger Lust, weil es hier einfach nicht so geile Faustwaffen wie z. B. bei Fallout: NV gibt.

    Weiterhin sind die Skills und deren Koppelung an Fernkampfwaffen unlogisch. Konstitution ist für Schrotflinten zuständig, Reflexe für Gewehre und Faustfeuerwaffen, Technik wiederum aber für Tech-Waffen, wodurch man zusätzlich zu Konstitution oder Athletik noch Tech benötigt, wenn man mit Tech-Waffen effektiv sein will. Zudem hatte ich Reflexe auch nur auf Level 10, was für das Wegpusten aller Gegner auf „schwer“ locker ausreicht. Höhere Werte sind völlig unnötig.

    Dann gibt es da noch den Skill-Tree „Kampfmaschine“, der sich –aufgepasst- unter dem Attribut „Coolness“ verbirgt. Unter Coolness befindet sich übrigens auch der Skilltree „Stealth“. Das wirkt auch irgendwie an den Haaren herbeigezogen.

    Schleichen

    Das „Schleichen“ ist ebenfalls mehr als unbefriedigend. Das hat mehrere Gründe. Zum einen reagieren Gegner völlig unterschiedlich auf bestimmte Aktionen. Wenn ich z. B. Flaschen umwerfe oder dank der „tollen“ Physik Gegenstände zum Zerbersten bringe, weil ich nur dran vorbeigehe, dann interessiert das die Gegner überhaupt nicht. Eigentlich zum Glück, denn manche Gegenstände berührt man eigentlich gar nicht. Weiterhin nervt es, dass Feinde sich nach einem Saveload plötzlich ganz woanders befinden als beim Speichern. Wenn sie beim Saveload plötzlich direkt vor mir stehen, ist das ziemlich ärgerlich. Weiterhin ist das Neutralisieren eines Feindes umständlich. Man muss nah heran gehen, den Feind mit einer Taste in den Schwitzkasten nehmen und ihn dann mit derselben Taste töten oder mit einer anderen Taste bewusstlos machen. Statt den Körper dann direkt aufzunehmen, lässt man ihn erst einmal fallen und muss ihn mühsam wieder aufheben. Wenn man nicht-tödlich vorgehen möchte, kommt ein weiteres Problem hinzu: Dank der “tollen“ Physik muss man aufpassen, an welchen Stellen man den bewusstlosen Körper ablegt. Manchmal passiert es nämlich, dass beim Ablegen der Körper zermatscht und einen Fleisch- und Bluthaufen zurücklässt. Dieses Problem hatte ich nicht selten. Im Schnitt kam auf zehn abgelegte bewusstlose Körper einer, der mir zermatscht ist. Andererseits ist es sowieso irrelevant, ob man die Gegner tötet oder nur bewusstlos macht, denn es hat keinerlei Auswirkungen. In sehr wenigen Auftrags-Missionen bekommt man die Anweisung, nicht aufzufallen oder zu töten. Tut man es doch, bekommt man nur etwas weniger Geld und einen Rüffel. Auch das ist letztlich absolut irrelevant. Das Spiel belohnt lautloses und unbemerktes Vorgehen in keinster Weise, und auch das Bewusstlos-Machen wird nicht honoriert. Ganz im Gegenteil. Tötet man einen bewusstlos gemachten Feind nachträglich, sahnt man sogar doppelte Erfahrungspunkte ab. Wäre schön gewesen, wenn ein pazifistisches Vorgehen auch eine Auswirkung auf V‘s oder Johnny‘s Moralvorstellungen und auf bestimmte Dialoge und auf das Ende gehabt hätte. Übrigens wurde im Vorfeld immer versprochen, dass man CP2077 komplett ohne Töten oder Gewalt durchspielen kann. Das ist definitiv nicht so. Man kann praktisch keine Mission einfach nur durch „Reden“ gewaltlos lösen. Man muss immer Gewalt anwenden, sei es durch Hacking oder durch Waffengewalt.

    Beim Schleichen sind mir noch einige Fehler aufgefallen. Oft ist es so, dass ich mitten in einer Mission plötzlich von weit entfernten Gegnern entdeckt werde, die dann alle alarmieren. Dies lässt sich leider auch nach einem Saveload reproduzieren. Ich habe alle bewusstlosen Feinde sicher und weit weg deponiert und irgendwann bemerkt mich ein Feind, der weder mich noch einen bewusstlosen Körper sehen dürfte, weil er sich am anderen Ende des Lagers befindet, an dem ich noch nicht einmal gewesen bin. Auch das ist das ein oder andere Mal bei mir frustrierend gewesen.
    Schade finde ich auch, dass es kein Diebstahlsystem gibt und es niemanden interessiert, wenn ich einfach alles stehle, was nicht niet- und nagelfest ist. Das stört die Immersion auch sehr stark.

    Hacking / Sonstiges

    Das Hacking ist ebenfalls ein zweischneidiges Schwert. Einerseits macht das Hacking sehr viel Spaß. Man kann Gegner brutzeln, kurzschließen oder gar zum Selbstmord oder zur Cyberpsychose treiben, was bei mir immer wieder für einen Lacher gesorgt hat. Leider jedoch ist das Hacking auch absolut übermächtig. Wenn man erst einmal Gegner durch Wände und auf große Entfernungen hacken kann, ist man quasi Gott. Was mich beim Hacken aber auch gewaltig stört, ist das „Anpingen“ der Feinde (und elektrischen Gegenstände). Später hält ein Ping über 60 Sekunden lang an. Wenn jedoch zwanzig Feinde und massenhaft Geräte wie Automaten in knalligem rot aufleuchten, kann ich in meiner direkten Umgebung quasi nichts mehr richtig erkennen. Das führt zu extremer Unübersichtlichkeit. Ein großer Wunsch von mir ist ein „Ein-Aus-Schalter“ dafür.

    Schade auch, dass es keine Augmentierung gibt, mit der man gezielt durch Wände schauen kann. Auch fehlt mir, dass man Gegner anderweitig ausschalten kann als durch Waffen, Hacken oder Schwitzkasten. Ich darf keine Fallen stellen, keine Betäubungspfeile abschießen, keine Taser verwenden. Klar kann man Waffen als „Taser“ missbrauchen, indem man eine Mod „nicht tödlich“ anbringt. Dann ist diese Waffe aber grundsätzlich nicht mehr tödlich, egal ob man auf den Kopf schießt oder die Gegner verbrennen. Sie bleiben dennoch einfach am Leben. Das ist nur leider völlig unrealistisch und ein Immersionskiller. Ich schieße mit einer Tech-Waffe durch eine 1-Meter-dicke Wand und der Feind dahinter wird am Kopf getroffen, bleibt aber am Leben. Welch ein Wunder diese „nicht-tödliche“ Mod doch ist.

    Weiterhin finde ich, dass es innerhalb einer kleinen Mission zu wenige Lösungswege gibt. Es gibt meistens drei Eingänge in ein Haus. Eine Tür kann man nur mit roher Gewalt (Konstitution) öffnen. Hat man nicht genügend Konstitution, geht’s zur zweiten Tür. Die kann man dann ausschließlich durch „Technik“ öffnen (also sowas wie Schlossknacken). Komisch nur, dass man in der Zukunft keine einzige Tür durch Hacking öffnen kann. Gibt es in der Zukunft keinerlei digitale Schlösser mehr? Tresore braucht man übrigens niemals zu knacken, denn diese sind immer offen. Über die Dächer kommt man meistens ohne Fähigkeiten rein. Durch reines Reden kommt man nicht weiter, weil man nicht einmal jemanden ansprechen kann.

    Auch die Augmentierungen haben mir das alle zu wenig Relevanz. Ein „Gorilla-Arm“ soll laut Beschreibung helfen, Türen aufzubrechen. Leider stimmt das nicht. Ein Gorilla-Arm ändert nichts an der Fähigkeit, Türen gewaltsam zu öffnen. Und weshalb man Türen immer nur auf eine Weise öffnen kann, erschließt sich mir auch nicht. Mal NUR mit Gewalt, mal NUR mit Technik. Beides geht nicht. Hacking gibt‘s nicht. Man sollte meinen, dass in der Zukunft viele Türen auch durch elektronische Geräte oder Schalttafeln gesichert sein sollten, aber es gibt quasi fast nie die Möglichkeit, Türen elektronisch zu entriegeln.

    Apropos Hacking: Das sogenannte „Breaching“ ist irgendwie auch komplett nutzlos. Man kann damit diverse Geräte hacken, aber als Ergebnis bekommt man immer nur Geld und Komponenten zur Herstellung von Hacking-Mods. Auf Dauer eintönig und nervig. Computer muss man nie hacken, um an Infos zu gelangen. Die sind immer entsperrt. Auch auf Sicherheitsterminals kann man jederzeit zugreifen, ohne sie erst freischalten zu müssen. Übrigens sind auch die Sicherheitsterminals oftmals unlogisch. Beispielsweise macht man gerade eine kleine Auftragsmission in einem kleinen Gebäude mit drei Stockwerken. In diesem Haus befinden sich drei Sicherheitsterminals und sechs Kameras. Sicherheitsterminal Nummer 1 ist verbunden mit 8 Geräten. Ich schalte ab. Von sechs Kameras laufen noch drei. Hmmm…. Sicherheitsterminal 2 ist verbunden mit…. 11 Geräten. Wow… denke ich mir. Alle abschalten. Weiß der Teufel, wo sich diese Kameras alle befinden sollen. Terminal 3 ist auch wieder mit haufenweise Kameras verbunden, die gar nicht existent sind.

    Hin und wieder gibt es auch die Möglichkeit, einen Stromkasten (?) zu manipulieren und dort eine Karte zu entfernen. Welche Auswirkungen das haben soll, hat sich mir nach 120 Spielstunden nicht erschlossen. Gestrichenes Feature?

    Charaktersystem / Skills

    Was die vielen Skillbäume und Skills angeht, so ist für meinen Geschmack die Hälfte davon unbrauchbar und manche scheinen nicht einmal korrekt zu funktionieren. Z. B. konnte ich mit dem Skill „Qualitätsstufe einer Waffe erhöhen“ dennoch keine epische Waffe zur legendären machen. Das hat irgendwie nicht funktioniert. Es gibt scheinbar keinen neuen Button dafür und auch zufällig beim Upgraden passierte das bei mir nie. Entweder ist das ein Bug oder ich war zu blöd, um zu verstehen, wie das funktionieren soll. Auch blöd ist, dass es praktisch unmöglich ist, auch nur einen Skilltree auf Level 20 zu bringen. Nicht einmal bei den Skilltrees, die ich am häufigsten eingesetzt habe (Hacking, Gewehre, Item-Herstellung) bin ich am Ende nach 120 Spielstunden höher als Level 14 gekommen. Dann sind da Skill-Trees wie „Athletik“, die quasi gar nicht hochgehen. Ich habe Athletik am Ende gerade mal auf Level 6 bekommen. Level 20 zu erreichen, scheint mir bei manchen Skills unmöglich zu sein.

    Auch der Skill, dass man unter Wasser nicht entdeckt werden kann, ist nutzlos und lässt mich vermuten, dass unter Wasser viel mehr geplant war, jedoch am Ende nicht umgesetzt wurde. Allgemein ist es kaum interessant oder nötig, mal zu schwimmen oder zu tauchen. Zu entdecken gibt es unter Wasser praktisch nichts.

    Leider ist das gesamte Gameplay vom Hacken über das Schleichen und über die Skills bis hin zum Kampf sehr unausgewogen und vor allem sehr undurchdacht und unausgewogen.

    Loot / Items

    Bei den Items und dem Loot wollte CD Projekt mit CP2077 anscheinend echte Konkurrenz zu Borderlands und Co. Erschaffen. Leider ist dies nach hinten losgegangen. Die besten Items erhält man während der Story oder bei den Händlern. Alles, was man an Loot findet, ist zu 99 % Schrott und dient nur dazu, es zu zerlegen oder zu verkaufen. Geld und Material hat man zum Abwinken genug und das Aufwerten von Waffen ist spätestens nach der sechsten Aufwertung so extrem teuer, dass es sich nicht mehr lohnt. Weiterhin ist es am Ende sogar fast egal, welche Waffen oder Rüstungen man nutzt, selbst auf „schwer“. Auch die Übersichtlichkeit im Inventar ist mangelhaft. Von einigen Waffen werden nicht einmal die Werte angezeigt, weil der Kasten scheinbar zu groß ist für die Bildschirmhöhe. Manchmal gehen Texte vom Hintergrund auch in die Waffentexte über.

    Auch bei den Rüstungsteilen habe ich einiges auszusetzen. Zum Einen ist es lächerlich, dass ein BH mehr Rüstung bieten kann als eine Schutzweste. Zum Anderen sieht man, wenn man immer das beste anzieht, total lächerlich aus. BH, Pennerhose, Cowboystiefel und Pudelmütze. Nee, das ist nicht gut gelöst worden. Hier hätte ich mir lieber 25 bis 30 verschiedene Gesamt-Körper-Outfits gewünscht, die alle ihre Vor- und Nachteile haben und die optisch auch zusammen passen und gut aussehen.

    Fahrzeuge

    Die Fahrzeuge sind auch mehr Schein als Sein. Es gibt ein paar coole und toll designte Fahrzeuge, doch relevant ist es am Ende wieder nicht, was man fährt. Kein NPC reagiert auf mein Fahrzeug und manche Fahrzeuge steuern sich unter aller Sau. Zudem schalten die Fahrzeuge manchmal gar nicht hoch. Da fährt man dann mit gefühlten 4.000 U/Min. und die Schaltung reagiert nicht.

    Open World

    Nun komme ich zur Open World: Die Open World ist vom Design her wirklich gelungen und toll anzusehen. Die Menschenmengen sind auf Märkten auch schön dicht und es gibt den einen oder anderen Dialog zwischen NPC’s. Auch ein paar nette einzigartige Dialoge sind dabei. Das war es aber leider auch schon. Die Stadt ist einfach nur eine Kulisse, die wieder einmal unnötig mit Firlefanz gefüllt wurde (unzählige Auftragsmissionen, die fast immer nach Schema F ablaufen; Organisiertes Verbrechen, das man kurzerhand zerschlagen muss; etc.). Es gibt ein paar handgesetzte Belohnungen in der Open World (z. B. Waffe Skippy) sind zwar ganz nett, aber durch die schiere Größe der Welt ist es fast unmöglich, diese zu entdecken. In einer solch großen Welt erkunde ich doch nicht jede einzelne Gasse. Erst recht nicht, wenn es in 95 % der Gassen nichts Relevantes zu entdecken gibt. Ein weiteres Problem der Open World und den vielen Nebenaufgaben ist, dass dies die Story torpediert. In der Story geht es um Zeit, aber letztlich ist Zeit auch wieder völlig irrelevant. Wie schon erwähnt, gibt es auch unter Wasser nichts zu entdecken. Und leider gibt es auch keinerlei Kanalisationen oder richtige unterirdische Abschnitte. Und Hochhäuser sind auch nur Kulisse. Wenn man ein Hochhaus mal betreten kann, dann nur mit dem Fahrstuhl in eine bestimme Etage für eine Mission. Ansonsten zu 99 % verschlossene Türen und kaum eine erkundbare Welt.

    Das Schnellreisesystem ist wieder mal sehr uninspiriert und langweilig. Schnellreisepunkte, die man erst finden muss und dann darf man nur von diesen zu anderen bereits gefundenen Schnellreisepunkten reisen. Es wäre so toll gewesen, wenn es möglich wäre, an jedem Punkt im Spiel ein Taxi (Hallo Delemain!?!) rufen zu können und frei einen Zielort auf der Karte wählen zu können, wo ich dann in Echtzeit hinkutschiert werde. Dann könnte man sich entspannt zurücklehnen und die Stadtkulissse genießen, während man kutschiert wird. Genau das hat mir oft in so mancher Mission gut gefallen: Beifahrer zu sein und einfach nur die Fahrt zu genießen. Ist fast so schön wie in der Realität, wo ich auch gern Beifahrer bin und die Umgebung beobachte und genieße. Und wenn man möchte, sollte man man die Fahrten auch einfach überspringen können. Genauso fehlen auch die U-Bahn / Stadtbahn-Fahrten oder Magnetschwebebahnen in luftiger Höhe. Das wäre so geil gewesen!

    Grafik

    Die Grafik ist meist ziemlich hübsch, vor allem so manche Textur, die Beleuchtung, die Schatten oder auch die volumetrischen Effekte. Aber die Vegetation z. B. sieht in CP2077 ekelhaft aus. Der Park mit den Bäumen und Pflanzen sieht scheußlich aus. Da wundert man sich, dass The Witcher 2 & 3 auf derselben Engine basieren. Und leider sehen auch diverse Gesichter und Gesichtsanimationen schlecht aus. Mit einer 1080 Ti, einem Ryzen 5800X, 32 GB RAM und einer m.2 SSD läuft es auf 3440 x 1440 mit mittleren Details mit ca. 45 stabilen fps recht flüssig. Könnte aber auch besser laufen. Horizon Zero Dawn z. B. läuft auf maximalen Details mit durchweg 60 fps, sieht dabei aber mindestens so gut aus.

    Was HDR betrifft: Ob eingeschaltet oder ausgeschaltet, ich sehe optisch keine wirklichen Veränderungen in Cyberpunk 2077. Sieht immer gleich aus. Ich habe ein wenig mit verschiedenen Einstellungen herumgespielt, aber ich sehe keine wirklichen Veränderungen oder Verbesserungen. Auch hier verweise ich gerne wieder auf Horizon Zero Dawn: HDR sorgt hier für eine sichtbare Verbesserung des Gesamtbildes bei den Farben, Kontrasten und Lichtstimmungen. SO muss HDR integriert werden, nicht so wie bei CP2077. Schämt euch, CD Projekt!

    Deutsche Synchronisation

    Ein paar Worte noch zur deutschen Synchronisation: Diese ist einfach nur fantastisch! Jeder Haupt- und Nebencharakter hat eine eigene Stimme bekommen. Die Betonungen passen kontextbezogen zu 99 % perfekt und die Sprecher haben sich unglaublich ins Zeug gelegt. Auch die Lippensynchronisation passt meistens sehr gut. Allerdings bewegen sich die Münder so mancher Statisten und kleinen Charaktere gar nicht und bleiben einfach geschlossen, obwohl sie gerade reden. Sowas muss heute nicht mehr sein.

    Bugs / Glitches / Bedienung

    Was die Bugs und Glitches angeht: Darüber wurde ja nun schon ausführlich überall diskutiert und gesprochen, daher gehe ich darauf nun nicht mehr groß ein. Hier nur noch einmal eine Auflistung der zehn nervigsten Bugs und schlechten Bedienungskonzepten, die ich bemerkt habe:

    1. Man kann bestimmte Tasten im Steuerungsmenü nicht neu belegen (z. B. „E“ oder „R“ oder die WASD-Tasten auf Pfeiltasten umlegen)
    2. Die Schrittgeräusche des eigenen Charakters verschwinden ganz häufig, was doch schon ziemlich stört. Auch andere Geräusche sind dann nicht mehr zu hören.
    3. Es gibt bei vielen Interaktionen im Spiel oder im Inventar / Skillmenü keinerlei Geräusche, z. B. beim Herstellen von Items. Sowas stört mich.
    4. Polizeieinheiten ploppen einfach so neben einem auf. Und manchmal mag es die Polizei auch nicht, wenn ich Gangmitglieder erschieße und greift mich einfach an. Aber genauso schnell, wie sie aufploppen, verschwinden sie auch wieder, wenn ich 500 Meter weit wegfahre.
    5. Fahrzeuge auf der Straße ploppen direkt vor einem auf oder Verschwinden einfach so direkt.
    6. Man kann viele Items nicht anvisieren und einsammeln
    7. Einige Skills scheinen nicht korrekt zu funktionieren.
    8. Man kann während eines Gesprächs keine richtigen Items einsammeln, ohne versehentlich eine Dialogoption auszuwählen.
    9. Der Charakter wechselt oft ungefragt von der Hockposition in die Stehposition nach bestimmten Aktionen wie durch ein Fenster springen oder beim herunterspringen von höheren Ebenen.
    10. Die Ausweichen-Funktion ist beim Schleichen extrem nervig. Zwei Mal eine Bewegungstaste hintereinander drücken führt leider oftmals ungewollt zu einem Ausweichschritt, womit man sich häufig beim Schleichen verrät. Sowas muss man als Betatester doch merken! Spielen die ihre Spiele denn nicht selbst?

    Questbugs, Plotstopper oder Abstürze / Freezes oder Savegame-Bugs hatte ich nicht. Nie. Dahingehend läuft das Spiel - zumindest bei mir - sehr rund.

    Fazit

    Abschließend lässt sich nur sagen, dass CD Projekt sich offensichtlich massiv übernommen hat und dass durch die vielen hochgesteckten Ziele am Ende leider fast alle Aspekte des Spiels nur mittelmäßig sind, das Balancing mies ist und einzig und allein die Hauptstory und einige der wichtigen Nebenmissionen das Spiel noch retten können. Es wäre besser gewesen, wenn CD Projekt sich auf seine Stärken fokussiert hätte (Story, Charaktere, Atmosphäre, Dialoge, Entscheidungen, Konsequenzen, mehrere Enden auf Basis ALLER Entscheidungen im Spiel). Die Open World, das Lootsystem, das mangelhafte Charaktersystem und auch die vielen langweiligen Nebenaufträge sind leider eine dicke Schwäche des Spiels. Und leider wurde an vielen Ecken Potential verschenkt.

    CP2077 ist stellenweise sehr emotional, aber leider sind mir diese Momente im Spiel zu selten. Es hätte mehr solcher emotionalen Momente geben müssen.

    Doch trotz der vielen Mängel und Probleme hat CP2077 bei mir eine echte Sogwirkung erzeugt, die mich bis spät in die Nächte weiterspielen ließ. Das zeigt, dass das Spiel halt auch sehr vieles richtig macht. Dennoch ist es leider weit von einem grandiosen oder sehr guten Spiel entfernt. Vieles wirkt unfertig, es gibt unzählige kleinere Bugs und Fehler und das Gameplay ist nur mittelmäßig. Ein Jahr mehr Entwicklungszeit hätten dem Spiel sicher sehr gut getan.

    Ich bin gespannt, was CD Projekt noch aus dem Spiel machen wird und wie das Spiel sich in den nächsten 12 Monaten entwickeln wird.

    Auf eine Zahlenwertung verzichte ich an dieser Stelle, weil diese praktisch keine echte Aussagekraft besitzt. MÜSSTE ich eine Bewertung abgeben, würde ich mich wohl für 7,5/10 entscheiden. Aber wie gesagt, auf den Text kommt es an, nicht auf eine Zahl.
    Ghost Rider ist offline Geändert von Ghost Rider (30.01.2021 um 09:53 Uhr)

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